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SG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 26.05.2020 – S 9 BK 10/20
Titel:

Leistungen, Arbeitslosengeld, Einkommen, Jobcenter, Kindergeld, Nachzahlung, Berufung, Bescheid, Gerichtsbescheid, Kinderzuschlag, Grundsicherungsleistungen, Verpflichtungsklage, Verfahren, Beiladung, Arbeitslosengeld II, Anspruch auf Arbeitslosengeld, erstinstanzliche Entscheidung

Schlagworte:
Leistungen, Arbeitslosengeld, Einkommen, Jobcenter, Kindergeld, Nachzahlung, Berufung, Bescheid, Gerichtsbescheid, Kinderzuschlag, Grundsicherungsleistungen, Verpflichtungsklage, Verfahren, Beiladung, Arbeitslosengeld II, Anspruch auf Arbeitslosengeld, erstinstanzliche Entscheidung
Rechtsmittelinstanzen:
LSG München, Urteil vom 10.05.2021 – L 7 BK 11/20
BSG Kassel, Beschluss vom 16.09.2021 – B 14 KG 3/21 BH
Fundstelle:
BeckRS 2020, 51516

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1
Streitig ist die Höhe der für Dezember 2012 gewährten Grundsicherungsleistungen und die Verzinsung der Nachzahlung für Dezember 2012 durch Urteil vom 24. September 2012 (L 7 BK 12/17).
2
Der Kläger zu 1. (A.B.) lebt zusammen mit seiner Ehefrau C.D., der Klägerin zu 2., und den gemeinsamen Kindern (Klägerinnen zu 3., 4. und 5.) E. (geboren 2003), F. (geboren 2005) und G. (geboren 2007) in einem gemeinsamen Haushalt.
3
Erstmals am 29. August 2007 beantragte die Klägerin zu 2. Kinderzuschlag bei der Beklagten. Die Beklagte hat an die Klägerin zu 2. ab August 2007 bis Dezember 2007 und an den Kläger zu 1. ab Oktober 2008 bis Oktober 2011 Kinderzuschlag bewilligt.
4
Die Kläger und ihre Töchter erhalten seit 1. September 2015 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom Jobcenter H..
5
Das Sozialgericht Bayreuth hat mit Urteil vom 15. November 2017 (Az. S 9 BK 6/15) die Klage der Kläger für den Zeitraum von November 2012 bis April 2013 abgewiesen. Im Berufungsverfahren (Az.: L 7 BK 12/17) wurde das Jobcenter A-Stadt Stadt nach Beiladung durch das Bayerische Landessozialgericht (LSG) verurteilt, an die Antragsteller für Dezember 2012 Leistungen zur Sicherung nach dem SGB II in Höhe von 577,80 € (Kläger zu 1.), 503,00 € (Kläger zu 2.) bzw. 233,00 € bzw. 233,00 € bzw. 195,00 € (für Töchter der Kläger) zu gewähren, im Übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen.
6
Im Klageverfahren S 9 BK 6/15 war Kinderzuschlag für den Zeitraum November 2012 bis April 2013 streitig. Das Sozialgericht Bayreuth hat mit Urteil vom 15. November 2017 (Az.: S 9 BK 6/15) die Klage der Kläger und ihrer drei Töchter E., F. und G. gegen den Bescheid vom 13. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 11. Februar 2015 als unbegründet zurückgewiesen. Im Berufungsverfahren L 7 BK 12/17 hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das örtlich zuständige Jobcenter zum Verfahren beigeladen. Mit Urteil vom 24. September 2019 hat das Bayerische LSG den Beigeladenen zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Dezember 2012 (577,80 € (Kläger zu 1.), 503,00 € (Kläger zu 2.) bzw. 233,00 € bzw. 233,00 € bzw. 195,00 € (für Töchter der Kläger)) verurteilt und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Das Urteil vom 24. September 2019 wurde den Klägern am 6. November 2019 zugestellt.
7
Ab dem 13. November 2019 und ab 30. November 2019 wandten sich die Kläger mit mehreren Schriftsätzen an das Bayerische LSG und das Sozialgericht Bayreuth (Az. S 9 BK 6/15) und beantragten unter anderem die Wiederaufnahme der Verfahren in beiden Instanzen. Das erhaltene Urteil sei für sie eine Restitutionsurkunde. Ihnen sei nicht bekannt gewesen, dass sie aufgrund des Zahlstopps im Dezember 2012 kein Einkommen gehabt hätten, was zum Wegfall von Kinderzuschlag in diesem Monat und zum Anspruch auf Arbeitslosengeld II führen würde. Der Meistbegünstigungsgrundsatz sei zu beachten. Am 4. Dezember 2019 reichten die Kläger Klage (Az.: S 9 BK 11/19) ein. Das Bayerische LSG hätte im Urteil L 7 BK 12/17 für Dezember 2012 das Kindergeld vergessen.
8
Gegen das Urteil vom 24. September 2019 erhoben die Kläger am 11. Dezember 2019 Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG, Az.: B 4 KG 6/20 B). Diese wurde mit Beschluss vom 6. Februar 2020 als unzulässig verworfen.
9
Das Sozialgericht Bayreuth hat im Verfahren S 9 BK 11/19 mit Beschluss vom 7. Januar 2020 das Jobcenter H. zum Verfahren nach § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig beigeladen.
10
Das Bayerische LSG hat mit Urteil vom 13. Februar 2020 die Wiederaufnahme der Kläger gegen das Urteil des Senats vom 24. September 2019 L 7 BK 12/17 verworfen. Die Wiederaufnahmeklage sei nicht statthaft. Durch die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG sei der Eintritt der Rechtskraft gehemmt worden. Es würde an einem rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens, dessen Wiederaufnahme die Kläger begehren würden, fehlen. Nichtigkeitsgründe nach § 579 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) noch Restitutionsgründe nach § 580 ZPO jeweils i.V. m. § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien weder von den Klägern behauptet worden noch anderweitig ersichtlich.
11
Mit Gerichtsbescheid vom 21. April 2020 hat das Sozialgericht Bayreuth die Klage im Verfahren S 9 BK 11/19 abgewiesen. Bislang habe der Beigeladene noch keinen Bescheid hinsichtlich einer möglichen Verzinsung der Nachzahlung für Dezember 2012 erlassen. In einer solchen Entscheidung werde zu berücksichtigen sein, ob möglicherweise der Antragseingang bei der Beklagten berücksichtigt werden müsste (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 1995 - 5 RJ 6/94 - juris; Groth in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Auflage, § 44, Stand 9. April 2020, Rdnr. 35).
12
Ferner hat das Sozialgericht Bayreuth mit Gerichtsbescheid vom 21. April 2010 die Wiederaufnahmeklage der der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 15. November 2017 - S 9 BK 6/15 - verworfen.
13
Die Kläger reichten am 25. April 2020 ein weiteres Eilverfahren (S 9 BK 8/20 ER) und ein weiteres Hauptsacheverfahren (S 9 BK 10/20) ein. Es werde ausdrücklich beantragt, das Jobcenter gemäß § 75 SGG beizuladen. Es werde Feststellungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage sowie Untätigkeitsklage erhoben.
14
Am 12. Mai 2020 beantragten die Antragsteller im Hinblick auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 21. April 2020 (S 9 BK 11/19) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und reichten Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 21. April 2020 (S 9 BK 6/15) ein.
15
Die Kläger bringen vor, dass auf die Feststellung des Gerichtsbescheids zu S 9 BK 11/19 (Restanspruch Dezember 2012 - Verzinsung) Bezug genommen werde. Der Antrag auf Kinderzuschlag würde auf den Ersatzpflichtigen - hier Jobcenter H. - übergehen. Es würden hier die Leistung des Kindergeldes sowie die Verzinsung des Gesamtbetrages mit 4 Prozent seit Februar 2013 ausstehen.
16
Die Kläger beantragen (sinngemäß),
die Leistungen für Dezember 2012 um Kindergeld zu erweitern und die Leistungsnachzahlung für Dezember 2012 insgesamt ab Februar 2013 zu verzinsen bzw. dies festzustellen bzw. die Beklagte zu verpflichten bzw. über den Antrag der Kläger vom 25. April 2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
17
Die Beklagte stellt ausdrücklich keinen Klageantrag.
18
Sie weist darauf hin, dass sich keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte ergeben würden.
19
Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 7. Mai 2020 zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG angehört. Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 18. Mai 2020 mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
20
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten S 9 BK 6/15,
21
S 9 BK 11/19, S 9 BK 8/20 ER und S 9 BK 10/20 sowie den vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22
Da die Sache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, hat das Gericht von der Möglichkeit, durch Gerichtbescheid nach § 105 SGG zu entscheiden, Gebrauch gemacht. Die Beklagte hat ihr Einverständnis zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erteilt. Die Kläger wurden zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
23
Die Klage der Kläger ist unzulässig.
24
Hinsichtlich eines Anspruch auf Erweiterung der Leistungen für Dezember 2012 ist die anderweitige Rechtshängigkeit im Verfahren S 9 BK 11/19 zu berücksichtigen. Das Gericht hat bereits mit Gerichtsbescheid vom 21. April 2020 (S 9 BK 11/19) über diesen Streitgegenstand entschieden. Diese Entscheidung ist aufgrund der Beantragung einer mündlichen Verhandlung durch die Kläger noch nicht rechtskräftig. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergeht eine abschließende erstinstanzliche Entscheidung zum o. g. Streitgegenstand.
25
Im Hinblick auf einen Anspruch auf Verzinsung der Nachzahlung der Grundsicherungsleistungen für Dezember 2012 besteht kein Rechtsschutzbedürfnis der Kläger. Das angestrebte Ergebnis kann auf einfachere Weise erreicht werden (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, Vor § 51, Rdnr. 16a - BAYERN.RECHT). Ein Vorgehen gegen die Beklagte ist rechtsmissbräuchlich, da sie vom Bayerischen Landessozialgericht nicht zu Leistungen für Dezember 2012 verurteilt worden ist. Eine Notwendigkeit der Beiladung des Jobcenters H. ist unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten erkennbar. Seit dem Antrag der Kläger vom 25. April 2020 (nachts) sind nur vier Wochen bzw. 19 Werktage ergangen. Die Fristen des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG - sechs Monate nach Ablauf des Antrags - sind erkennbar noch nicht abgelaufen. Aus der zeitgleichen Einreichung eines Eilantrags sowie der hier vorliegenden Hauptsacheklage sowie eines Antrags auf Verzinsung beim Jobcenter H. sind Anhaltspunkte für ein querulatorisches Verhalten der Kläger zu erkennen. Eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Gerichte durch die Kläger ist nicht zulässig.
26
Folglich war die Klage abzuweisen.
27
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.