Titel:
Berufung, Minderung, Rechtsmittel, Beweislast, Berufungsverfahren, Mangelhaftigkeit, Form, Minderwert, Stellungnahme, Beurteilung, Schriftsatz, Errichtung, Voraussetzungen, Anlage, Kosten des Rechtsstreits, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg
Schlagworte:
Berufung, Minderung, Rechtsmittel, Beweislast, Berufungsverfahren, Mangelhaftigkeit, Form, Minderwert, Stellungnahme, Beurteilung, Schriftsatz, Errichtung, Voraussetzungen, Anlage, Kosten des Rechtsstreits, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg
Vorinstanz:
LG Landshut, Urteil vom 19.09.2019 – 74 O 298/12
Fundstelle:
BeckRS 2020, 51433
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 19.09.2019, Aktenzeichen 74 O 298/12, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Landshut ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.127,57 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Kläger machen gegenüber dem Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Werkvertrag über die Errichtung eines Kellers geltend.
2
Die Kläger beauftragten den Beklagten gem. Kostenangebot vom 30.09.2009 (Anlage K 1) mit der Errichtung eines Neubaukellers für ihr Haus im M. 10 in A. Unstreitig wurde der Keller nicht in Form einer sog. „weißen Wanne“ ausgeführt.
3
Die Kläger behaupten, der vom Beklagten errichtete Keller sei mangelhaft, da der Beklagte den Einbau einer „weißen Wanne“ geschuldet hätte. Dem tritt der Beklagte entgegen. Ferner behaupten die Kläger, der Keller sei mit Schimmel belastet und undicht, was der Beklagte bestreitet. Da keine „weiße Wanne“ eingebaut worden sei, führe dies zu einem merkantilen Minderwert des Hauses der Kläger von mindestens 50.000,00 Euro, was der Beklagte ebenfalls bestreitet. Ferner sei der Keller aufgrund der Feuchtigkeit und des laufenden Rechtsstreits nicht nutzbar gewesen. Der Beklagte behauptet dagegen, dass der Keller jederzeit nutzbar gewesen sei.
4
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Landshut vom 19.09.2019 Bezug genommen. Änderungen oder Ergänzungen im Sachverhalt haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben.
5
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 19.09.2019 die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass den Klägern kein Schaden entstanden sei. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des vorgenannten Urteils Bezug genommen.
6
Die Kläger haben gegen das Urteil Berufung eingelegt und zunächst beantragt,
- 1.
-
Das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 19.09.2019 wird aufgehoben.
- 2.
-
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 27.127,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
- 3.
-
Der Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen einschließlich der Kosten des vorausgegangenen Beweissicherungsverfahrens vor dem Landgericht Landshut, Az. 73 OH 1548/10.
7
Der Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
8
Der Senat hat mit Beschluss vom 20.03.2020 (Bl. 410/418 d.A.) darauf hingewiesen, dass er die einstimmige Zurückweisung des Rechtsmittels gem. § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
9
Daraufhin haben die Kläger in ihrer Gegenerklärung vom 05.05.2020 (Bl. 423/426 d.A.) den Rechtsstreit für erledigt erklärt und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, hilfsweise haben sie die oben aufgeführten Anträge weiterhin aufrechterhalten.
10
Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung der Kläger mit Schriftsatz vom 11.05.2020 (Bl. 427/428 d.A.) widersetzt.
11
Der Senat hat mit weiterem Beschluss vom 19.05.2020 (Bl. 429/433 d.A.) darauf hingewiesen, dass er auch unter Berücksichtigung der Erledigungserklärung der Kläger beabsichtigt, die Berufung der Kläger gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
12
Hierzu haben die Kläger mit Schriftsatz vom 03.06.2020 (Bl. 434/436 d.A.) Stellung genommen.
13
Hinsichtlich des Vorbringens in zweiter Instanz wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung der Kläger vom 30.12.2019 (Bl. 403/409 d.A.), ihre Gegenerklärung vom 05.05.2019 (Bl. 423/426 d.A.) und ihre weitere Gegenerklärung vom 03.06.2020 (Bl. 434/436 d.A.) sowie den Schriftsatz des Beklagten vom 11.05.2020 (Bl. 427/428 d.A.).
14
1. Grundsätzlich ist im Fall einer einseitigen Erledigungserklärung durch die Klagepartei, in der eine stets zulässige Beschränkung und Änderung des Klageantrags zu erkennen ist (vgl. Zöller/Althammer, 33. Aufl. 2020, § 91a Rn. 34 m.w.N.) und die auch noch in der Berufungsinstanz statthaft erscheint (vgl. Zöller/Althammer, aaO, § 91 a Rn. 44), durch streitiges Sachurteil festzustellen (vgl. Zöller/Althammer, aaO, § 91a Rn. 45), ob der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, also ob die eingereichte Klage zulässig und begründet war (vgl. Zöller/Althammer, aaO, § 91a Rn. 44). Die Entscheidung hierüber kann dabei statt durch Urteil - nach mündlicher Verhandlung - auch im Wege des Beschlusses nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergehen (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 01.02.2006, 6 U 164/05, juris Rn. 2; OLG München, Beschluss vom 24.01.2011, 5 U 4010/10, juris Rn. 1). Denn die der Sachentscheidung durch Urteil innewohnende materielle Rechtskraft kann ebenso durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO herbeigeführt werden, weil nämlich der Beschluss an die Stelle des Berufungsurteils tritt und ebenso wie aus dem Berufungsurteil auch aus dem Zurückweisungsbeschluss der Umfang der Rechtskraft herzuleiten ist (vgl. Zöller/Heßler, aaO, § 522 Rn. 9).
15
Die Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 ZPO sind auch im Übrigen gegeben, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
16
Auf die vorausgegangenen Hinweise des Senats vom 20.03.2020 und 19.05.2020 wird Bezug genommen, an denen nach erneuter Überprüfung in vollem Umfang festgehalten wird. Richterin am Oberlandesgericht Dr. G., die an den Hinweisbeschlüssen nicht mitgewirkt hat, aber nunmehr zur Mitwirkung an der Entscheidung berufen ist, macht sich deren Inhalt vollumfänglich zu eigen.
17
Auch die Ausführungen der Kläger in ihrer neuerlichen Gegenerklärungen vom 03.06.2020 führen zu keiner anderen Beurteilung.
18
2. Der Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits ist unbegründet. Denn die Klage war von Anfang an unbegründet; sie ist nicht erst nachträglich gegenstandslos geworden, was Voraussetzung für die beantragte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits wäre (vgl. Thomas/Putzo-Hüßtege, 41. Aufl. 2020, § 91a Rn. 33 m.w.N.). Insoweit wird auf den Hinweis vom 19.05.2020 vollumfänglich Bezug genommen (vgl. S. 2, Bl. 430 d.A.).
19
Soweit die Kläger in der Gegenerklärung vom 03.06.2020 nunmehr die Ansicht äußern, dass der Beklagte nachweisen müsse, dass der von ihm errichtete Keller genauso dicht sei wie er gewesen wäre, wenn eine „weiße Wanne“ eingebaut worden wäre, und ihm angesichts dessen die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen seien, kann dem nicht gefolgt werden. Wie mit Hinweis vom 20.03.2020 dargelegt, trägt bei der Geltendmachung eines Anspruchs aus §§ 634 Nr. 4, 633, 280 Abs. 1 BGB die Beweislast für den Eintritt eines Schadens der Geschädigte (vgl. Bl. 411 d.A. mit Verweis auf Palandt-Grüneberg, 79. Aufl. 2020, § 280 Rn. 34 sowie vor § 249 Rn. 128).
20
3. Auch die hilfsweise aufrechterhaltenen Anträge sind unbegründet. Insoweit wird ebenfalls auf die vorausgegangenen Hinweise des Senats Bezug genommen.
21
a. Soweit die Kläger in der Gegenerklärung vom 03.06.2020 erneut ausführen, dass ein Sachverständigengutachten zum merkantilen Minderwert hätte eingeholt werden müssen, kann dem weiterhin nicht gefolgt werden. Insoweit wird auf die Ausführungen in den Hinweisen vom 20.03.2020 (S. 6, Bl. 415 d.A.) und 19.05.2020 (S. 2 f., Bl. 430 f. d.A.) Bezug genommen. Soweit die Kläger nunmehr zur Substantiierung ihres Beweisantrags vortragen, dass allein die verbleibende Unsicherheit, dass der Keller nicht dauerhaft so dicht sei, wie wenn eine „weiße Wanne“ eingebaut worden wäre, zu einer Minderung des Weiterverkaufspreises führen könnte, steht dem entgegen, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen E. der Keller „als dauerhaft dicht“ zu beurteilen ist (vgl. Stellungnahme des Sachverständigen vom 27.02.2019 S. 1, Bl. 341 d.A.). Die hier zitierte Stellungnahme des Sachverständigen, die ebenfalls bereits in den Hinweisen vom 20.03.2020 (S. 6, Bl. 415 d.A.) und 19.05.2020 (S. 2 f., Bl. 430 f. d.A.) angeführt wurde, erteilte der Sachverständige im Übrigen - entgegen den Darstellungen der Kläger in der Gegenerklärung vom 03.06.2020 - nach Entnahme der Bohrkernproben.
22
c. Soweit die Kläger den Schaden erneut damit begründen, dass die Kellerräume jahrelang nicht nutzbar gewesen seien, kann dem auch weiterhin nicht gefolgt werden.
23
aa. Soweit die Kläger die fehlende Nutzungsmöglichkeit in der Gegenerklärung vom 03.06.2020 erneut auf den fehlerhaften Estrichaufbau stützen, kann dem wie bereits in den Hinweisen vom 20.03.2020 (S. 6, Bl. 415 d.A.) und 19.05.2020 (S. 3, Bl. 431 d.A.) ausgeführt, nicht gefolgt werden. Die Kläger haben ausdrücklich die behaupteten Mängel bzgl. des Estrichaufbaus nicht zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht (vgl. Klageschrift vom 01.02.2012 S. 6, Bl. 6 d.A.), daher können sie sich hierauf nun auch nicht zur Begründung des Schadens berufen. Voraussetzung für die Bejahung eines Schadens wäre nämlich, dass der Estrichaufbau mangelhaft war. Die Kläger können die Mangelhaftigkeit nicht als unstreitig annehmen, da der Beklagte im Verfahren keinerlei Veranlassung hatte, diese streitig zu stellen, da die behaupteten Mängel zum Estrichaufbau von den Klägern ausdrücklich nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden waren. Allein aus der Tatsache, dass der Estrich vom Beklagten mittlerweile teilweise ausgebaut worden ist, kann nicht geschlossen werden, dass der Beklagte die Mangelhaftigkeit des Estrichaufbaus unstreitig stellt.
24
cc. Im Übrigen hält der Senat an seiner Bewertung, dass es sich bei den Kellerräumen nicht um solche Lebensgüter handelt, deren ständige Verfügbarkeit von zentraler Bedeutung sind, fest. Für die Beurteilung, ob für einen Kellerraum diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es, entgegen der Ansicht der Kläger, nicht darauf an, wie lange die Nutzung des Kellerraums nicht möglich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Betroffenen typischerweise auf seine ständige Verfügbarkeit für ihre eigenwirtschaftliche Lebenshaltung nachhaltig angewiesen sind (vgl. OLG Celle, Urteil vom 25.09.2013, 7 U 56/12, BeckRS 2015, 3284). Daran fehlt es hier, da den Klägern, wie sie selbst vortragen, anderweitige Aufbewahrungsmöglichkeiten für die abgelegte Kleidung bzw. eine andere Abstellmöglichkeit für den Kühlschrank zur Verfügung standen. Auch für Büroarbeiten stand den Klägern nach ihrem eigenen Vortrag ein anderweitiger Raum im Wohnbereich zur Verfügung. Inwieweit die Kläger zwingend auf die ausschließliche Nutzung des zwischenzeitlich als Büro verwendeten Zimmers als Gästezimmer angewiesen waren, haben die Kläger nach wie vor nicht dargetan. Allein die Tatsache, dass in dem als Büro genutzten Zimmer auch vertrauliche Unterlagen aufbewahrt werden, führt nicht dazu, dass das Büro nicht auch als Gästezimmer genutzt werden kann.
25
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
26
2. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
27
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.
1. Beschluss vom 19.06.2020 hinausgeben an:
|
Prozessbevollmächtigter der Berufungsklägerin zu 1, 2 …
|
zustellen
|
|
Prozessbevollmächtigter des Berufungsbeklagten …
|
zustellen
|