Inhalt

LG Augsburg, Beschluss v. 31.08.2020 – 054 T 1374/20
Titel:

Erkrankung, Beschwerde, Betreuung, Behinderung, Krankheit, Gutachten, Facharzt, Demenz, Vollmacht, Betreuerbestellung, Wohnung, Kontrollbetreuung, FamFG, Berufsbetreuer, nicht ausreichend, Psychiatrische Untersuchung, Art und Weise

Schlagworte:
Erkrankung, Beschwerde, Betreuung, Behinderung, Krankheit, Gutachten, Facharzt, Demenz, Vollmacht, Betreuerbestellung, Wohnung, Kontrollbetreuung, FamFG, Berufsbetreuer, nicht ausreichend, Psychiatrische Untersuchung, Art und Weise
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Beschluss vom 27.02.2020 – 5 XVII 3111/19
AG Augsburg, Beschluss vom 27.02.2020 – 352 XVII 3111/19
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 25.08.2021 – XII ZB 436/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 51338

Tenor

1. Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 27.02.2020 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 27.02.2020 wird verworfen.

Gründe

I.
1
Unter dem 16.12.2019 wurde die Bestellung eines Betreuers für die Betroffene angeregt (Bl. 1 ff d. A.).
2
Gemäß Stellungnahme der Betreuungsbehörde vom 02.01.2020 wurde dem Gericht empfohlen, eine Kontrollbetreuung einzuleiten und die Betroffene begutachten zu lassen (Bl. 16 d. A.).
3
Unter dem 22.01.2020 erstattete der Sachverständige Dr. S. sein psychiatrisches Gutachten zu den medizinischen Voraussetzungen der Anordnung einer Kontrollbetreuung gemäß § 1896 Abs. 3 BGB (Bl. 32 ff d. A.).
4
Die Betreuungsbehörde nahm erneut mit Schreiben vom 14.02.2020 Stellung (Bl. 58 d. A.). Nach der Betreuungsbehörde komme der Sohn seinen Pflichten als Bevollmächtigter nicht ausreichend nach. Die Voraussetzungen für die Überwachung der bestehenden Vollmacht lägen vor. Ggf. müsse die Vollmacht widerrufen werden und eine umfassende Betreuung erfolgen.
5
Die Betroffene wurde in Anwesenheit ihres Sohnes am 20.02.2020 angehört (Bl. 49/50 d. A.).
6
Mit Beschluss vom 27.02.2020 wurde sodann die Betreuung der Betroffenen angeordnet. Die Betreuung umfasst den Aufgabenkreis der Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber dem Bevollmächtigten. Rechtsanwalt L. wurde als Berufsbetreuer zum Betreuer bestellt.
7
Bereits mit Schreiben vom 06.03.2020 legte die Betroffene und der Bevollmächtigte im Namen seiner Mutter und den eigenen Namen Beschwerde ein (Bl. 54 d. A.). Die Beschwerde wurde mit Schreiben vom 02.04.2020 weiter begründet und die Aufhebung des Beschlusses beantragt (Bl. 56 ff. d. A.). Der Beschluss beuge das Recht, wozu der Beteiligte zu 1) im Schreiben weiter ausführte.
8
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09.04.2020 nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 05.05.2020 (Bl. 61/63 d. A.) und vom 15.05.2020 (Bl. 64/79 d. A.) wurde die Beschwerde weiter begründet. Darin wird wiederum u.a. ausgeführt, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts Grund- und Freiheitsrechte der Betroffenen und ihres Bevollmächtigten verletzten und fahrlässig das Recht beugten. Es seien im Beschluss vom 09.04.2020 unter der Überschrift Gründe diverse Ausführungen gemacht, die die Rechtspflegerin als Rechtfertigung für die von ihr beschlossenen massiven Grundrechtseingriffe und Freiheitsbeschränkungen begreife. Keiner der dortigen elf Sätze beinhalte einen Grund für die von ihr beschlossene Betreuerbestellung. Es finde sich kein Wort, kein Gedanke zum Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit, der das gesamte Verfahren durchziehen und bestimmen müsse, keine Benennung, keine Konkretisierung des von ihr wahrgenommenen Problems, keine Abwägung, rein gar nichts. Stattdessen läge eine abstrakte unkritische Bezugnahme auf Dokumente anderer vor. Darüber hinaus wurden seitens des Beteiligten zu 1) in beiden Schriftsätzen weitere Gründe, die gegen die Richtigkeit des Beschlusses sprächen, vorgetragen.
II.
9
1. Die Beschwerde, die im Namen der Betroffenen eingelegt wurde (§ 303 Abs. 4 FamFG) ist zulässig, aber unbegründet.
10
Es war zutreffend, hinsichtlich des genannten Aufgabenkreises der Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber dem Bevollmächtigten eine Kontrollbetreuung anzuordnen.
11
a) Zum Wohle eines Betroffenen kann es angezeigt sein, eine Betreuung trotz einer wirksamen Vollmacht anzuordnen, z.B. wenn die Angelegenheiten durch den Bevollmächtigten nicht ebenso gut wahrgenommen werden können wie durch einen Betreuer.
12
Dabei kommt eine Kontrollbetreuung in Betracht, wenn der Betroffene den Bevollmächtigten nicht mehr überwachen kann, Überwachungsbedarf aber entsteht. Grund hierfür ist, dass der Bevollmächtigte, anders als ein Betreuer, zunächst nicht unter der Aufsicht des Betreuungsgerichts steht. Der Betroffene als Vertragspartner und Vollmachtgeber kontrolliert ihn vielmehr selbst. Es kann aber die Lage eintreten, dass der Vollmachtgeber zu dieser Überwachung nicht mehr in der Lage ist, vor allem wenn er geschäftsunfähig wird. Dann besteht die Gefahr, dass er unter eine unkontrollierte, in der Regel auch zeitlich unbeschränkte Fremdbestimmung eines Bevollmächtigten gerät. Selbst dann, wenn von der Vollmacht gegen die Selbstbestimmungs- und sonstigen Interessen des Betroffenen Gebrauch gemacht würde, könnte keine Überwachungsinstanz einschreiten. Bei Gefahr für das Wohl des Betroffenen müsste dann ein Betreuer bestellt werden, der die Vollmacht widerruft und die betreffenden Angelegenheiten übernimmt. In § 1896 Abs. 3 BGB bietet das Gesetz für diesen Fall allerdings eine weniger einschneidende Alternative. Danach kann auch ein Betreuer bestellt werden, dessen Aufgabenkreis sich auf die Geltendmachung von Rechten des Vollmachtgebers gegenüber seinem Bevollmächtigten beschränkt.
13
Notwendig ist der konkrete, durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reichen konkrete Anhaltspunkte dafür aus, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (vgl.: MüKoBGB/Schneider, 8. Aufl. 2020 Rn. 261, BGB § 1896 Rn. 256 ff, 261; BGH NJW 2015, 3575; BGH NJW 2012, 2885).
14
Die Kammer hat dabei nicht verkannt, dass der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten gerade auch für den Fall der eigenen Geschäftsunfähigkeit sein Vertrauen schenken will. Die Vorsorgevollmacht hat gerade den Sinn, staatliche Intervention auch für den Fall eigener Geschäftsunfähigkeit zu vermeiden und sich in gewisser Weise in die Hand des Bevollmächtigten zu begeben. Der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer Kontrollbetreuung grundsätzlich zu beachten (vgl. § 1896 Abs. 1 a BGB). Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen. Maßstab ist dabei die Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (vgl.: BGH NJW 2015, 3575; BGH NJW 2012, 2885; NJW 2015, 3575; OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1762).
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b) Die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Kontrollbetreuung gemäß § 1896 Abs. 3 BGB sind im vorliegenden Fall zu bejahen.
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aa) Die formellen Vorgaben der Einrichtung einer Kontrollbetreuung wurden gewahrt. Trotz der entsprechenden Einwände des Beteiligten zu 1) vermag die Kammer keinen Verfahrensverstoß durch das Amtsgericht festzustellen.
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So wurde § 278 Abs. 2 FamFG von der Rechtspflegerin nicht übergangen, da die Betroffene, wie aus der Verfahrensakte ersichtlich ist, stets schriftlich über die einzelnen Verfahrensschritte informiert wurde.
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Es fand eine Anhörung der Betroffenen in Anwesenheit des Beteiligten zu 1) statt (§ 278 Abs. 1 FamFG statt). Dabei mag es sein, dass der Anhörungsvermerk vom 20.02.2020 nicht sämtliche Umstände der Anhörung wiedergibt, wie der Beteiligte zu 1) ein seinem Schreiben vom 15.05.2020 geltend macht. Die vom Beteiligten zu 1) vermissten Darlegungen könnten jedoch an der Entscheidung in der Sache nichts ändern (siehe sogleich unter bb). Auf eine erneute Anhörung der Betroffenen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens konnte gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG verzichtet werden. Es ist nicht mit weiteren zusätzlichen Erkenntnissen bei erneuter Anhörung zu rechnen. Zudem hat sich die Sach- und Rechtslage nicht geändert.
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Darüber hinaus trifft auch der weitere Vorwurf des Beteiligten zu 1), dass § 279 FamFG in dem von der Rechtspflegerin geleiteten Verfahren überhaupt keine Rolle gespielt habe und das Gesetz von ihr insoweit vollständig übergangen worden sei, nicht zu. Sonstige Beteiligte und die zuständige Behörde wurden vor Bestellung des Kontrollbetreuers angehört. Insbesondere hatte der Beteiligte zu 1) ja im Rahmen der Anhörung der Betroffenen Gelegenheit, seine Position darzustellen. Zudem lässt sich der Akte entnehmen, dass der Inhalt etwaiger mündlicher Äußerungen des Beteiligten zu 1) gegenüber dem Amtsgericht stets im Rahmen eines Vermerks festgehalten wurden.
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Ferner wurde auch § 280 FamFG beachtet. Anders als der Beteiligte zu 1) meint, wurde eingehalten, was der Gesetzgeber dort vorsieht. Es wurde ein Gutachten eines entsprechenden Facharztes erholt, der die Betroffene persönlich exploriert hat. Letztlich hätte bei der Entscheidung über die Einrichtung einer Kontrollbetreuung gemäß § 1896 Abs. 3 BGB sogar ein ärztliches Zeugnis - anstelle eines Sachverständigengutachtens - genügt (§ 281 Abs. 1 Nr. 2 FamFG; MüKoBGB/Schneider, 8. Aufl. 2020, § 1896 Rn. 277).
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Es kann schließlich dahin stehen, ob in der knappen Begründung des Amtsgerichts vom 27.02.2020 ein Verstoß gegen die Begründungspflicht des § 38 Abs. 3 Satz 1 FamFG zu sehen ist. Jedenfalls wäre ein entsprechender Verfahrensverstoß durch die nun erfolgte Begründung der Kammer geheilt.
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bb) Auch die materiellen Voraussetzungen für eine Einrichtung einer Kontrollbetreuung sind erfüllt. Mit der Vollmacht wird dem Betreuungsbedarf der Betroffenen nicht Genüge getan. Der Beteiligte zu 1) handelt nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse der Betroffenen.
23
(a) Die Kammer stützt sich hierbei insbesondere auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. S. vom 22.01.2020.
24
Die Vorbehalte des Beteiligten zu 1) gegen den Sachverständigen und dessen Gutachten teilt die Kammer dabei nicht. Der Sachverständige ist der Kammer aus zahlreichen anderen Verfahren als kompetenter, zuverlässiger und erfahrener Sachverständiger bekannt. Er erstellt dabei stets seine Gutachten nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst. Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit des Sachverständigen vermag die Kammer nicht zu erkennen. Der Sachverständige ist bei entsprechender Beauftragung durch das Gericht gehalten, den Gutachtensauftrag auszuführen, was die Vorgehensweise des Sachverständigen, um eine Exploration der Betroffenen zu ermöglichen, die der Beteiligte zu 1) als „erschreckend und demütigend“ bezeichnet, erklärt. Wäre der Sachverständige nicht so vorgegangen, wäre gemäß § 283 FamFG auch eine Vorführung der Betroffenen zur Durchführung der Untersuchung gesetzlich möglich gewesen, was das Vorgehen des Sachverständigen letztlich als milderes Mittel qualifiziert.
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Die im Schriftsatz vom 15.05.2020 vom Beteiligten zu 1) im Einzelnen vorgebrachten Einwendungen gegen Ablauf, Art und Weise der Begutachtung sind nicht geeignet, die Überzeugung der Kammer an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen zu den kognitiven Beeinträchtigungen der Betroffenen und der daraus gezogenen medizinischen Schlussfolgerungen zu erschüttern.
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Es ist auch nicht weiter ungewöhnlich, dass sich im Gutachten keine Ausführungen zur Notwendigkeit einer Überwachung des Bevollmächtigten fänden. Der Sachverständige kann und darf nur zu den medizinischen Voraussetzungen Stellung nehmen. Die Subsumtion unter die gesetzlichen Vorgaben findet durch das Gericht statt.
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(b) Nach den medizinischen, fachärztlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. in seinem psychiatrischen Gutachten vom 22.01.2020 (Bl. 32 ff d. A.) sei die Gesprächssituation zunächst schwierig gewesen, zumal der Beteiligte zu 1) bei der Befragung der Betroffenen anfangs stark habe intervenieren wollen. Schließlich sei es dennoch gelungen, eine freundliche Atmosphäre herzustellen, das initiale Misstrauen abzubauen und dem Beteiligten zu 1) auf seinen Wunsch hin einige Anregungen in Bezug auf eine Diagnostik und Behandlung der Betroffenen zu vermitteln, so der Sachverständige. Die Betroffene weise erhebliche kognitive Einschränkungen auf und sei auch bei einfachen Fragen sehr rasch an ihre Grenzen gekommen. Deutlich sei ein sehr dominantes Wesen der Betroffenen geworden, auch im Umgang mit dem Beteiligten zu 1). Ein zielführendes Gespräch sei mit der Betroffenen nicht möglich gewesen.
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Bei der Betroffenen bestehe eine ausgeprägte Einschränkung des Kurzzeitgedächtnisses. Auch in der längerfristigen Behaltensleistung zeigten sich deutliche Defizite. Eine Erhebung der Biografie sei nicht gelungen. Handschriftlich vom Beteiligten zu 1) verfasste Verhaltensregeln, beispielsweise ausreichend zu trinken, habe sie stockend vorgelesen, ohne dass der Eindruck bestanden habe, dass sie deren Inhalt ausreichend verstehe. In ruhigen Momenten wiederhole sie teilweise, was ihr der Beteiligte zu 1) unmittelbar zuvor gesagt habe. Teilweise habe die Betroffene Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, es zeigten sich Wortfindungsschwierigkeiten. Sie sei angespannt, teilweise erregt und laut. Bei Überforderung und Konfrontation mit ihren Defiziten werde sie wütend.
29
Bei der Betroffenen läge eine fortschreitende Demenz vor, so die medizinische Feststellung. In einer durch das Gesundheitsamt veranlassten psychiatrischen Untersuchung im August 2017 sei eine annähernd mittelschwere Demenz festgestellt worden. Eine psychiatrische Untersuchung in dem daraufhin eingeleiteten Betreuungsverfahren habe nicht abgeschlossen werden können. Eine eingehende Demenzdiagnostik habe nicht stattgefunden. Die Betroffene befinde sich auch sonst nicht in regelmäßiger ärztlicher Behandlung und nehme auch keine Medikamente. Eine genaue diagnostische Festlegung auf eine bestimmte Demenzform sei deswegen aktuell nicht möglich. Es könnte sich hier einerseits um eine Demenz bei AlzheimerKrankheit mit spätem Beginn handeln (ICD-10: F00.1) oder aber auch um eine Demenz bei Alzheimer-Krankheit, atypische oder gemischte Form (ICD-10: F00. 2).
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Unabhängig von der letztendlich erfolgenden diagnostischen Zuordnung liege eine fortschreitende und auch nicht reversible Demenzform vor, die im Verlauf der letzten Jahre einen erheblichen Ausprägungsgrad erreicht habe. Die Betroffene sei zeitlich, örtlich, situativ und zur Person nicht ausreichend orientiert. Sie weise eine ausgeprägte Störung des Kurzzeitgedächtnisses auf und erhebliche Defizite im Langzeitgedächtnis. Auffassung und Aufmerksamkeitsspanne sowie Konzentrationsvermögen seien erheblich eingeschränkt. Affektiv sei sie wiederkehrend gespannt, verunsichert und misstrauisch. Vorbestehende dominante Wesenszüge hätten sich infolge der Erkrankung offenkundig verstärkt. Das Urteils- und Überblicksvermögen sei praktisch aufgehoben.
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Aufgrund ihrer schweren Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sei die Betroffene nicht in der Lage, die für eine vernünftige Entscheidungsfindung notwendigen Gedankeninhalte ausreichend aus ihrem Gedächtnis abzurufen und in diesem abzuspeichern und in erforderlicher Weise miteinander zu verknüpfen. Sie könne reale Begebenheiten nicht ausreichend für ihre Entscheidungsfindung nutzen, aus Erfahrungen nicht lernen und sei auch nicht imstande, aus Argumenten und Erläuterungen ausreichend logische Schlüsse abzuleiten, um sie in ihre Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. Ihr Urteils- und Überblicksvermögen sei so weitgehend eingeschränkt, dass sie ihren Willen nicht frei bestimmen könne und entsprechend ihrer Einsicht handeln könne. Sie sei nicht in der Lage ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen und könne den Bevollmächtigten ebenfalls nicht überwachen, so der Sachverständige.
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Ob die Betroffene im Januar 2016 (Erstellung der Vorsorgevollmacht) geschäftsfähig gewesen sei, lasse sich nicht mit Sicherheit beantworten. Die dementielle Erkrankung habe 2014, spätestens 2015, eingesetzt. Wie fortgeschritten sie jedoch im Januar 2016 gewesen sei, könne anhand der vorhandenen Angaben nicht genau beantwortet werden, so der Sachverständige. Erst im August 2017 habe eine psychiatrische Untersuchung stattgefunden, die den Schluss zulasse, dass zu diesem Zeitpunkt die Geschäftsfähigkeit nicht mehr gegeben gewesen sei.
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(c) Die Kammer hat sich dabei davon überzeugt, dass der Sachverständige unter Heranziehung zutreffender Anknüpfungstatsachen und sorgfältiger Auswertung aller vorliegenden Unterlagen sein Gutachten erstellt hat, indem er die Problematik verständlich und anschaulich darstellt, die aufgeworfenen Fragen kritisch erörtert und in einem lückenlosen, logisch begründeten Gedankengang präzise, widerspruchsfrei und nachvollziehbar beantwortet. Sie macht sich daher den Inhalt seines Gutachtens nach eingehender Überprüfung und Würdigung in vollem Umfang zu Eigen. Die Kammer hat keinen Zweifel an der fachlichen Kompetenz des Sachverständigen sowie an der Richtigkeit seiner Ausführungen.
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Die Feststellungen des Sachverständigen verstehen sich dabei als sachlich im Rahmen der medizinischen Diagnosestellung und nicht als abwertend oder absichtlich demütigend, wie es wohl seitens des Beteiligten zu 1) empfunden wird. Es ist auch kein Widerspruch, wenn der Sachverständige schildert, die Betroffene habe keinen freien Willen mehr und der Beteiligte zu 1) im Beschwerdeschreiben vom 15.05.2020 darauf hinweist, die Betroffene habe auch für den Sachverständigen hinreichend deutlich klar zu erkennen gegeben, dass ihr die Vorgehensweise des Sachverständigen nicht gefalle. Mit dem Kriterium, dass ein Betroffener seinen Willen nicht frei bestimmen und auch nicht entsprechend seiner Einsicht handeln könne, wird beurteilt, ob eine Betreuung erforderlich ist oder nicht. Dadurch werden allerdings keine Aussagen gemacht, ob nicht auch eine Art natürlicher Wille bestehen kann, der sich in Unmutsäußerungen, wie die der Betroffenen im Rahmen der Exploration, zeigen kann.
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Im übrigen kann letztlich nur ein medizinischer Sachverständiger klären, ob ein freier Wille besteht oder nicht. Ein medizinischer Laie kann das nicht. So mag der Beteiligte zu 1) die Betroffene noch für geschäftsfähig halten und dem Befund widersprechen, die Betroffene könne ihren Willen nicht frei bestimmen. Die Kammer folgt jedoch den Angaben des medizinischen Sachverständigen. Danach ist die Betroffene aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht mehr in der Lage, ihren eigenen Willen frei zu bestimmen, frei zu formulieren und entsprechend einem frei getroffenen Willen zu handeln.
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(d) Auch wenn sich die Betroffene gegen die Einrichtung einer (Kontroll-)Betreuung gewandt hat, so steht dies jedoch nicht der Einrichtung einer Betreuung entgegen, § 1896 Abs. 1a BGB. Wie vom Sachverständigen ausgeführt, kann die Betroffene gerade keinen freien Willen mehr bilden, so dass ihr Wunsch, auf die Bestellung eines (Kontroll-)Betreuers zu verzichten, der Anordnung einer Betreuung nicht entgegensteht. Steht - wie hier - zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Ablehnung der Betroffenen nicht auf ihrem freien Willen beruht, kann die Einwendung des § 1896 Abs. 1a BGB nicht erfolgreich erhoben werden. Die Betreuerbestellung muss erfolgen, soweit auch die sonstigen Erfordernisse gegeben sind (MüKoBGB/Schneider, 8. Aufl. 2020, BGB § 1896, Rn. 37).
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(e) Der Kammer ist bewusst, dass sich der Beteiligte zu 1) um die Betroffene kümmert und sich für sie einsetzt. Dies wird seitens der Kammer mit der entsprechenden Wertschätzung gewürdigt.
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Das Engagement des Beteiligten zu 1) zeigt sich einerseits im Sachverständigengutachten. Der Sachverständige merkte positiv an, dass der Beteiligte zu 1) bestrebt gewesen sei, beruhigend und beschwichtigend auf die Betroffene einzuwirken, wenn sie gereizt reagiert habe und laut geworden sei, was jeweils für einige Zeit Erfolg gehabt habe. Er besuche sie regelmäßig abends und koche dann auch für sie. Sie selber koche nicht und bediene insofern auch nicht die Herdplatten. Er versuche, seine Mutter mit Erinnerungszetteln auf die Notwendigkeit des Trinkens hinzuweisen.
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Andererseits lässt sich dies aus dem Anhörungsvermerk der Rechtspflegerin vom 20.02.2020 ableiten. Die Betroffene ist nunmehr in Pflegegrad 2 eingestuft, derzeit werde Pflegegrad 3 beantragt. Nach den Angaben des Beteiligten zu 1) besuche er die Betroffene täglich ab dem Nachmittag und bleibe dann bis in den Abend hinein. Er kaufe mit ihr ein und richte ihr das Essen her. Er bereite auch das Trinken für den nächsten Tag zu. Alleine würde sich die Betroffene nämlich nichts zu Trinken nehmen. Die Betroffene trägt nunmehr ein Halsband mit einem Schlüssel. Im Rahmen der Anhörung konnten auch Hinweiszettel festgestellt werden (Wohnungsschlüssel mitnehmen, welcher Schalter für das Licht ist).
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So mag die Betroffene auch der Rechtspflegerin in der Anhörung vom 20.02.2020 nichts mitzuteilen gehabt haben, was auf Unzufriedenheit mit dem Beteiligten zu 1) schließen lasse, und sich gegenüber der Rechtspflegerin derart zufrieden über die Unterstützung durch ihren Sohn geäußert haben, dass es diesem beim Zuhören nach einiger Zeit zu kitschig geworden sei und er interveniert habe und die Betroffene aufgefordert habe, der Rechtspflegerin doch bitte alles aufzuzählen, was er nicht richtig und nicht gut genug mache. Die Kammer hat auch berücksichtigt, dass der Beteiligte zu 1) im Schreiben vom 05.05.2020 und vom 15.05.2020 vorträgt, er habe eine Begutachtung durch den Leiter des Gesundheitsamtes veranlasst, einen Beratungseinsatz durch die Leiterin eines führenden Augsburger Pflegedienstes sowie eine Aktualisierung einer Begutachtung durch einen Facharzt im April 2020, wobei ihm ausreichende Unterstützung der Betroffenen und intensives sich Kümmern attestiert worden sei.
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(f) Gleichwohl ist unter den gegebenen Umständen eine Kontrollbetreuung einzurichten, da der Beteiligte zu 1), auch wenn er sich nachweisbar um die täglichen Bedürfnisse der Betroffenen kümmert, den Ernst der Gesamtsituation der Betroffenen nicht erkennt. Zum Wohle der Betroffenen ist es mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen daher erforderlich, im vorliegenden Fall hinsichtlich des Aufgabenkreises der Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber dem Bevollmächtigten eine Kontrollbetreuung anzuordnen.
42
Trotz aller Fürsorge für die Betroffene kümmert sich der Beteiligte zu 1) zum einen nicht ausreichend darum, dass der Gesundheitszustand der Betroffenen und ihre Erkrankung ärztlich überprüft werden kann.
43
Die Kammer ist nach Prüfung der Aktenlage davon überzeugt, dass der Beteiligte zu 1) die gesundheitliche Lage der Betroffenen nicht richtig einschätzt und nicht entsprechend des gesundheitlichen Zustands der Betroffenen handelt. Wie auch ein Betreuer (vgl. § 1901 Abs. 4 BGB) hat auch ein Vollmachtsinhaber dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.
44
Bei der Betroffenen hat ausweislich des Sachverständigengutachtens eine eingehende internistische Diagnostik, u. a. um vaskuläre, auch zerebrovaskuläre Risikofaktoren zu erkennen, soweit erkennbar, in den letzten Jahren nicht stattgefunden, sollte aber unbedingt erfolgen. Demenz sei einer kausalen Behandlung nicht zugänglich, so der Sachverständige. Dennoch könnten nach Schilderung des Sachverständigen Auswirkungen einer Fehlernährung, die mit einer Hypovitaminose einhergehen, die kognitiven Einschränkungen verstärken und sollten daher durch eine geeignete Untersuchung ausgeschlossen werden. Der Sachverständige sieht den Bedarf einer Demenzdiagnostik, ferner auch einer internistischen Untersuchung, um - sollte doch eine vaskuläre Verursachung der Demenz vorliegen - durch eine geeignete Behandlung deren Voranschreiten hinauszuzögern. Außerdem sollte die Gabe eines Antidementivums in Betracht gezogen werden, so der Sachverständige. Notwendig sei darüber hinaus die Gewährleistung einer ausreichenden Ernährung und Trinkmenge.
45
Das bisherige Verhalten des Beteiligten zu 1) zeigt jedoch, dass er nicht gewillt ist, in dieser Richtung tätig zu werden. Eine psychiatrische Untersuchung in dem im Jahr 2018 eingeleiteten Betreuungsverfahren konnte nicht abgeschlossen werden, da diese vom Beteiligten zu 1) verhindert wurde. Eine eingehende Demenzdiagnostik fand deshalb nicht statt. Die Betroffene befindet sich auch sonst nicht in regelmäßiger ärztlicher Behandlung und nimmt auch keine Medikamente. Selbst wenn die Betroffene vor allem unter Phobien vor sozialmedizinischen Begutachtungen leide, wie vom Beteiligten zu 1) gegenüber dem Sachverständigen angegeben, oder es Schwierigkeiten gebe, gemeinsam mit ihr Termine wahrzunehmen: es ist für die Verhinderung einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes erforderlich und unumgänglich, dass die Betroffene untersucht wird und eine regelmäßige ärztliche Behandlung erfährt. Zwar trägt der Beteiligte zu 1) im Schriftsatz vom 15.05.2020 vor, er hätte im April 2020 eine Aktualisierung einer Begutachtung durch einen Facharzt veranlasst. Ein schriftliches Ergebnis dieser Aktualisierung, aus dem erkennbar gewesen wäre, dass die Diagnostik jetzt abgeklärt ist, wurde seitens des Beteiligten zu 1) allerdings nicht vorgelegt. Der Beteiligte zu 1) macht nur geltend, dass ihm ausreichende Unterstützung der Betroffenen und intensives SichKümmern attestiert wurden.
46
Zudem ist nicht gewährleistet, ob die Betroffene bis zum Eintreffen des Beteiligten zu 1) am Nachmittag ausreichend isst und trinkt, auch wenn der Beteiligte zu 1) ihr alles herrichten mag. Auch diesem Gesundheitsaspekt wird seitens des Beteiligten zu 1) nicht ausreichend Genüge getan.
47
Zum anderen verkennt der Beteiligte zu 1), dass die Wohnsituation der Betroffenen nicht mehr tragbar ist und verändert werden müsste. Mit Blick auf die Einstufung in Pflegegrad 2 und mit Blick auf ihre Erkrankung kann die Betroffene nicht mehr alleine bleiben. Sie kommt ohne Unterstützung nicht mehr zurecht. Es ist daher nicht mehr ausreichend, täglich ab dem Nachmittag zu kommen und dann bis in den Abend hinein zu bleiben oder ad hoc bei Problemen nach Anruf vorbei zu schauen.
48
Bereits mit Schriftsatz vom 30.08.2017 regte das Gesundheitsamt der Stadt Augsburg - Bereich psychische Gesundheit die Bestellung eines Betreuers für die Betroffene an, da es im März 2017 durch die Polizei Augsburg in Kenntnis gesetzt wurde, dass die Betroffene verwirrt im Stadtgebiet aufgegriffen worden sei. Ebenso erhielt das Gesundheitsamt am 25.08.2017 einen Bericht der PI Mitte, nach dessen Inhalt die Betroffene am 17.08.2017 gegen 19.07 Uhr erneut als verwirrt aufgegriffen worden sei und nicht habe sagen können, wo sie wohne, noch, wer zu benachrichtigen sei.
49
Zu solchen Vorfällen ist es bislang immer wieder gekommen, was auch der Beteiligte zu 1) letztlich nicht in Abrede stellte. Die Betroffene sperrt sich immer wieder aus und irrt im Haus umher. Einmal ist die Betroffene im Treppenhaus gestürzt, als die dort unterwegs war, weil sie sich ausgeschlossen hatte, woraufhin der Notarzt alarmiert wurde. Am 14.01.2020 sperrte sich die Betroffene in ihrer Wohnung ein und fand den Schlüssel nicht mehr. Sie machte sich daraufhin lautstark bemerkbar und fing schließlich an, um Hilfe zu rufen. Die Nachbarin verständigte dann bei Nichterreichbarkeit des Beteiligten zu 1) die Polizei, die eine Wohnungsöffnung durch die Feuerwehr veranlasste. Noch am 27.01.2020 gab der Beteiligte zu 1) dann aber im Rahmen der Akteneinsicht gegenüber der Rechtspflegerin an, die Betroffene könne noch allein in der Wohnung leben. Gemäß Mitteilung des Kontrollbetreuers befand sich die Betroffene am 17.04.2020 in verwirrtem Zustand auf dem Hinterhof und habe den Rückweg in ihre Wohnung nicht mehr gefunden. Die Nachbarin habe nach Rücksprache mit dem Betreuer die Polizei verständigt. Diese habe den Sohn informiert. Weiter sei das Gesundheitsamt informiert worden. Die Nachbarin habe sich bis zum Eintreffen des Sohnes um die Betroffene gekümmert.
50
Der Beteiligte zu 1) nimmt hier seine Pflichten als Vollmachtsinhaber nicht ausreichend wahr. Trotz Kenntnis aller Umstände hat er keine Abhilfe geschaffen.
51
Er gab zwar am 27.01.2020 an, er suche nach einer geeigneten Wohnung, um mit der Betroffenen zusammenzuziehen. Die Betroffene wolle weder ins betreute Wohnen noch in ein Pflege-/Altenheim einziehen. Seither ist aber diesbezüglich nichts geschehen bzw. wurde diesbezüglich nichts vorgetragen. Auch wenn der Beteiligte zu 1) zudem angibt, dass er jedes Mal sofort gekommen sei, um die Betroffene wieder in die Wohnung zu lassen und dort ein Sicherheitsschloss eingebaut sei, so dass auch bei innen steckendem Schlüssel aufgeschlossen werden könne, so erfordert der Zustand der Betroffenen, eine Lösung für die Zukunft zu suchen, die solche Situationen ausschließt. Es ist auch nicht zutreffend, dass der Beteiligte zu 1) immer erreichbar ist. Oftmals mussten doch Dritte verständigt werden, um der Betroffenen zu helfen.
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Die Betroffene mag jetzt auch einen Band mit dem Wohnungsschlüssel um den Hals tragen. Es ist angesichts des Gesundheitszustandes der Betroffenen jedoch höchst fraglich, ob sie den Schlüssel als Wohnungsschlüssel erkennen würde und diesen im Notfall finden und auch benutzen könnte. Hinzu kommt, dass der Beteiligte zu 1) selbst gegenüber dem Sachverständigen erklärte, es gelinge der Betroffenen seit acht Monaten nicht mehr, ihn anzurufen. Angesichts dieser Angabe ist fraglich, wie sich die alleinlebende Betroffene beim Beteiligten zu 1) am Vormittag oder nachts überhaupt Hilfe holen könnte.
53
Ad hoc die Betroffene jedes Mal wieder in die Wohnung zu bringen, ist unzureichend. Eine Situation, wie die vorliegende (vgl. Erkrankung und Zustand der Betroffenen), erfordert es jedoch, dass die Betroffene engmaschig kontrolliert wird, wenn man nicht sogar annehmen will, dass sie gar nicht mehr alleine gelassen werden kann. Immerhin könnte sie sich, wenn sie das Treppenhaus einmal verlässt, auch im Stadtgebiet verirren, ganz zu schweigen davon, dass die Betroffene durch den Straßenverkehr gefährdet wäre. Da der Beteiligte zu 1) dies nicht erkennen kann oder will, handelt er gegen die Interessen der Betroffenen. Daher musste zum Wohle der Betroffenen eine Kontrollbetreuung angeordnet werden.
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Mit Blick darauf ist die Kammer davon überzeugt, dass durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte belegt ist, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf der Betroffenen nicht Genüge getan wird und der Beteiligte zu 1) nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse der Betroffenen handelt.
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(g) Es sei noch ausgeführt, dass dies keine „Entmündigung“ nach dem Maßstab des BGB darstellt. Zum Aufgabenkreis des Berufsbetreuers gehört nicht der Widerruf der Vollmacht. Dies zeigt, dass dem Wunsch der Betroffenen grundsätzlich entsprochen wird. Denn die Rechtsstellung des Bevollmächtigten bestimmt sich somit nach wie vor ausschließlich nach der Vollmacht und dem ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Die Rechtsstellung des Beteiligten wird somit durch die Bestellung des Betreuers nicht gemindert; denn der Betreuer fungiert als gesetzlicher Vertreter des Betroffenen, hat also nicht mehr Rechte und Befugnisse als dieser selbst (Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 1896, Rn. 252). Die Anordnung der Kontrollbetreuung bedeutet also, dass der Vollmachtsinhaber, hier z.B. der Beteiligte zu 1), grundsätzlich die Vollmacht ausüben kann, so wie es auch nach dem Akteninhalt ja der Wunsch der Betroffenen ist.
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2. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) selbst ist bereits unzulässig, und war daher zu verwerfen.
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Ein eigenes Beschwerderecht des Vorsorgebevollmächtigten folgt weder aus § 303 Abs. 4 FamFG noch aus § 59 Abs. 1 FamFG. Der Bevollmächtigte ist durch die Bestellung eines Betreuers nicht in seinen eigenen Rechten beeinträchtigt. Die Vollmacht stellt kein subjektives Recht dar. Auch das zugrunde liegende Rechtsverhältnis begründet kein eigenes subjektives Recht, in das durch die Betreuerbestellung unmittelbar eingegriffen wird (BGH FamRZ 2015, 249; BGH FamRZ 2015, 1015; MüKoFamFG/Schmidt-Recla, 3. Aufl. 2019, FamFG § 303, Rn. 16; Keidel, FamFG, 20. Auflage, § 59, Rn. 76; MüKoBGB/Schneider, 8. Aufl. 2020, BGB § 1896). -