Titel:
Bescheid, Gutachten, Berufsbezeichnung, Anerkennung, Ausbildung, Erlaubnis, Aufhebung, Ablehnung, Auskunft, Erteilung, Anspruch, Klage, Ausland, Kostenentscheidung, Kosten des Verfahrens, Anspruch auf Anerkennung
Schlagworte:
Bescheid, Gutachten, Berufsbezeichnung, Anerkennung, Ausbildung, Erlaubnis, Aufhebung, Ablehnung, Auskunft, Erteilung, Anspruch, Klage, Ausland, Kostenentscheidung, Kosten des Verfahrens, Anspruch auf Anerkennung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.09.2021 – 21 ZB 21.385
Fundstelle:
BeckRS 2020, 51265
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Podologin“.
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Von 2004 bis 2007 hat sie eine Doppellehre im österreichischen Lehrberuf „Kosmetikerin und Fußpflegerin“ gemacht. Sie besuchte die entsprechenden Fachklassen der Berufsschule … in Ö.. Die betriebliche Ausbildung als Kosmetikerin erfolgte vom 1.9.2004 bis 30.11.2005 im Lehrbetrieb … GmbH in … Die betriebliche Ausbildung als Kosmetikerin und Fußpflegerin absolvierte die Klägerin im Lehrbetrieb … in … vom 16.5.2006 bis 10.12.2006, vom 9.1.2007 bis 3.6.2007 und vom 2.7.2007 bis 30.9.2007. Ferner besuchte sie von 2005 bis 2007 auch die Fachklasse für den Lehrberuf „Masseurin“. Sie legte dem Beklagten entsprechende „Schulbesuchsbestätigungen“ und Nachweise der genannten ausbildenden Betriebe vor.
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Am 23.11.2005 meldete die Klägerin das Gewerbe „Einzelhandel mit Kosmetikartikeln, Kosmetikerin und Fußpflege, Wellnessmassagen“ an.
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Am 4.7.2018 stellte sie auf einem entsprechenden Formblatt den Antrag auf Anerkennung ihrer in Österreich abgeschlossenen Ausbildung zur Fußpflegerin und die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Podologin“.
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Mit Bescheid vom 16.11.2018, der Klägerin zugestellt am 20.11.2018, wurde der Antrag abgelehnt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass ein Zeugnis über die Fachausbildung zur Fußpflegerin und Kosmetikerin nicht vorgelegt worden sei. Zudem handele es sich bei dem österreichischen Beruf der Fußpflegerin und Kosmetikerin um einen Lehrberuf im Bereich der Körperpflege, der vom Bereich der Heilberufe abzugrenzen sei. Nach der Lehrabschlussprüfung dürften nur Behandlungen durchgeführt werden, die nicht ausdrücklich in den Bereich ärztlicher bzw. orthopädischer Behandlung fallen. Ein der deutschen Podologin gleichartiger Beruf liege nicht vor und damit auch keine Qualifikation, die unter die RL 2005/36/EG falle. Eine Anerkennung müsse deshalb abgelehnt werden. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 20.12.2018, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, ließ die Klägerin Klage erheben.
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Zur Begründung wird geltend gemacht, es sei unzutreffend, dass die Klägerin kein Zeugnis über die Ausbildung zur Fußpflegerin und Kosmetikerin vorgelegt habe. Sie habe eine Schulbesuchsbestätigung vorgelegt. Eine andere Art der Bestätigung oder eines Zeugnisses gebe es nicht. Die Klägerin habe noch vor Bescheidserlass mit der Sachbearbeiterin telefoniert und nachgefragt, ob sie eine Befähigungsprüfung nachreichen könne. Sie habe die Auskunft erhalten, dass der Antrag auch abgelehnt würde, wenn sie eine solche Prüfung nachreiche. Lediglich kosmetische Fußpflege erlerne man in Österreich während einiger Wochenendkurse. Die Klägerin habe dagegen eine dreijährige Ausbildung abgeschlossen. Sie habe während der ersten sechs Monate pro Woche zwei Tage schulische Veranstaltungen wahrgenommen. Anschließend sei die Schulung auf einen Tag pro Woche begrenzt gewesen. Zusätzlich habe sie die Ausbildung zur Masseurin absolviert. Ferner belege das Gutachten der Wirtschaftskammer Wien vom 5.11.2006 mit dem Betreff „Tätigkeit als Podologe bzw. Herstellung propriozeptiver Therapiesohlen („Aktiveinlagen“); gewerberechtliche Zuordnung“, das die Klägerin dem Gericht vorlegen ließ, das Gegenteil dessen, was seitens des Beklagten dargestellt werde. Nach dem Gutachten sei ein vergleichbares Niveau zu der in Deutschland bestehenden Ausbildung erst dann anzunehmen, wenn die Berufszugangsvoraussetzungen zur selbständigen Ausübung des Gewerbes der Fußpflege vorliegen würden. Der bloße Lehrabschluss würde dem Gutachten zur Folge nicht ausreichen, um eine Gleichwertigkeit annehmen zu können. Die Klägerin sei seit 2004 in dem Beruf tätig und seit 2008 selbständig, sodass diese Voraussetzung erfüllt sei. Aus dem Gutachten ergebe sich schließlich, dass das reglementierte Gewerbe der Fußpflege in Österreich im Sinne der österreichischen Gewerbeordnung schon immer auch den Bereich der sogenannten medizinischen Fußpflege erfasse.
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Die Klägerin lässt beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der Regierung von Niederbayern vom 4.7.2018 zu verpflichten, der Klägerin die in Österreich abgeschlossene Ausbildung zur Fußpflegerin anzuerkennen und ihr die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Podologin“ zu erteilen.
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Der Beklagte führt im Wesentlichen aus, dass die Qualität der Ausbildung, die von der Klägerin in Österreich absolviert worden sei, ihr in Österreich die Qualifikation und Kompetenz für die kosmetische Fußpflege verleihe. Beim Fußpfleger in Österreich und beim Podologen in Deutschland handele es sich aufgrund voneinander abweichender Berufsbilder aber nicht um gleichartige Qualifikationen.
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Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer (nicht abgeschlossenen) österreichischen Ausbildung zur Fußpflegerin und auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Podologin“. Die Ablehnung des hierauf gerichteten Antrags der Klägerin vom 4.7.2018 durch den Bescheid des Beklagten vom 16.11.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Wer die Berufsbezeichnung „Podologin“ führen will, bedarf gemäß § 1 Abs. 1 Podologengesetz (PodG) der Erlaubnis. Eine Voraussetzung hierfür ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 PodG, dass die Antragstellerin die vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden hat. Dies ist vorliegend unstreitig nicht der Fall.
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Auch die in Österreich erworbenen Qualifikationen sind nicht geeignet, der Klägerin einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zu vermitteln.
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Zwar erfüllt gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 PodG eine außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes erworbene abgeschlossene Ausbildung die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 PodG, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Zudem sieht die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 PodG vor, dass für Antragsteller, die eine Erlaubnis anstreben, die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 PodG als erfüllt gilt, wenn aus einem Europäischen Berufsausweis oder aus einem in einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes erworbenen Prüfungszeugnis hervorgeht, dass der Inhaber eine Ausbildung erworben hat, die in diesem Staat für den unmittelbaren Zugang zu einem dem Beruf des Podologen entsprechenden Beruf erforderlich ist.
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Ungeachtet der vielen Detailfragen, die sich im Zuge einer solchen Berücksichtigung von im Ausland erworbenen Qualifikationen stellen können, ist jedenfalls unabdingbare Voraussetzung, dass eine „abgeschlossene Ausbildung“ (§ 2 Abs. 2 Satz 1 PodG) vorliegt oder der Antragsteller eine „Ausbildung erworben hat“, die zum unmittelbaren Berufszugang berechtigt (§ 2 Abs. 3 Satz 1 PodG). Dies ist hier jeweils nicht der Fall. Die Klägerin hat zwar in Österreich die Berufsschule für den Lehrberuf „Fußpflegerin und Kosmetikerin“ besucht und dies durch entsprechende Schulbesuchsbestätigungen nachgewiesen. Das Gericht verkennt auch nicht, dass die Klägerin in den jeweiligen Fächern sehr gute oder gute Resultate erzielt hat.
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Sie hat aber, wie sie auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigte, nicht an der Lehrabschlussprüfung in Österreich teilgenommen. Von einer abgeschlossenen Lehre nach österreichischem Recht kann aber erst dann ausgegangen werden, wenn die Lehrabschlussprüfung erfolgreich bestanden ist, die sich nach § 6 Abs. 1 der österreichischen Fußpfleger-Ausbildungsverordnung in eine praktische und theoretische Prüfung gliedert. Ebenso hat die Klägerin dementsprechend nicht an der sogenannten „Befähigungsprüfung“ teilgenommen, deren erfolgreiches Ablegen gemäß § 1 Nr. 2 der österreichischen Fußpflege-Verordnung auch im Falle eines vorherigen erfolgreichen Ablegens der Lehrabschlussprüfung eine Zugangsvoraussetzung für das reglementierte Gewerbe der Fußpflege in Österreich darstellt.
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Die Begründung der Klägerin für die mangelnde Teilnahme an der Abschlussprüfung, dass sie wegen ihres Wohnsitzes in Deutschland nicht zu dieser Prüfung zugelassen worden sei, ist demgegenüber unbeachtlich. Abgesehen davon, dass für diese Einlassung keine Belege entsprechender öffentlicher Stellen aus Österreich vorgelegt wurden und daher nicht nachgeprüft werden kann, ob der Klägerin tatsächlich die Teilnahme an der Prüfung verwehrt worden ist, kann dies, selbst wenn es zutrifft, nicht eine Abkehr von den zwingenden gesetzlichen Vorgaben des Podologengesetzes ermöglichen. Die Klägerin hätte diesen Umstand ggf. mit den zuständigen österreichischen Behörden klären müssen.
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Außer den Schulbesuchsbestätigungen kann die Klägerin daher keine Qualifikationsnachweise aus Österreich vorlegen. Nach alledem hat die Klägerin daher in Österreich keine abgeschlossene Ausbildung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 PodG und sie hat auch keine Ausbildung erworben, die sie im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 PodG zum unmittelbaren Zugang zu einem dem Beruf des Podologen entsprechenden Beruf berechtigen würde.
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Das von der Klägerseite vorgelegte Gutachten der Wirtschaftskammer Wien vom 5.11.2006 führt zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere ist die Erkenntnis des Gutachtens, dass in Österreich ein vergleichbares Niveau zu der in Deutschland bestehenden Ausbildung (eines Podologen) erst dann anzunehmen sei, wenn die Berufszugangsvoraussetzungen zur selbständigen Ausübung des Gewerbes der Fußpflege vorliegen und der bloße Lehrabschluss für sich gesehen nicht ausreichen würde (Seite 12 des Gutachtens), für die Situation der Klägerin nicht von Vorteil. Denn sie hat schon keinen Lehrabschluss und erfüllt insbesondere nicht die Zugangsvoraussetzungen gemäß § 1 Nr. 2 der österreichischen Fußpflege-Ausbildungsverordnung. Soweit die Prozessbevollmächtigte der Klägerin aber zu dieser Passage des Gutachtens anführt, dass die Klägerin diese Voraussetzung (zur selbständigen Ausübung des Gewerbes) erfülle, da sie seit 2004 in dem Beruf tätig sei und seit 2008 selbständig sei, kann dies nicht nachvollzogen werden. Die Klägerin hat, wie soeben dargelegt, die entsprechenden Abschlüsse in Österreich nicht erworben und sie kann auch keine podologische Berufserfahrung in Deutschland für ihren Erlaubnisantrag nutzbar machen, da sie in Deutschland gegenwärtig keine podologischen Behandlungsmaßnahmen im Sinne des Podologengesetzes durchführen darf, weil sie hierfür gerade die beantragte Erlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 PodG benötigen würde. Sie hat zwar in Deutschland seit 2005 ein Gewerbe angemeldet, kann aber insoweit nur kosmetische Fußpflege frei ausüben.
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Auf den von der Beklagtenseite zudem geltend gemachten Einwand gegen eine Anerkennung der österreichischen Qualifikation, dass es sich bei dem Lehrberuf des Fußpflegers in Österreich und bei dem Podologen nach deutschem Recht um formal und inhaltlich nicht gleichgeartete Qualifikationen handelt, kommt es demgegenüber nicht mehr streitentscheidend an, da die Klärung der insoweit aufgeworfenen Fragen im Ausgangspunkt voraussetzen würde, dass ein entsprechender Abschluss tatsächlich vorliegt. Ebenso muss in vorliegender Streitsache schließlich die in der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten erörterte Problematik offen bleiben, ob im Falle einer beabsichtigten Ausbildung in Deutschland die nicht abgeschlossene Ausbildung in Österreich angerechnet werden kann. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 PodG können zwar bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nur abgeschlossene Ausbildungen angerechnet werden, doch gibt es in der Literatur auch Überlegungen zu einer teleologischen Reduktion (vgl. Nomos-BR/Haage PodG/Heinz Haage PodG § 6 Rn. 9). Auch insoweit handelt es sich aber um keine im Rahmen des Streitgegenstandes zu klärende Fragestellung.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 ff. ZPO.