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LG München I, Endurteil v. 01.04.2020 – 20 O 8084/19
Titel:

Schaden, Versicherungsleistung, Erstattung, Ersatzbeschaffung, Berechnung, Anspruch, Klage, Privatgutachten, Naturalrestitution, Anpflanzung, Verkauf, Voraussetzungen, Ersatz, Brand, Kosten des Rechtsstreits, Erstattung der Kosten, Koch Methode

Schlagworte:
Schaden, Versicherungsleistung, Erstattung, Ersatzbeschaffung, Berechnung, Anspruch, Klage, Privatgutachten, Naturalrestitution, Anpflanzung, Verkauf, Voraussetzungen, Ersatz, Brand, Kosten des Rechtsstreits, Erstattung der Kosten, Koch Methode
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Urteil vom 26.11.2020 – 29 U 2518/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 51067

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung einer Thujenhecke.
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Der Kläger beauftragte den Beklagten, in dem im Eigentum des Klägers stehenden Anwesen am V. 22, 8... G., Hausmeisterarbeiten durchzuführen, insbesondere Unkraut auf den Gehwegplatten zu entfernen. Im Zuge dessen versuchte ein Mitarbeiter des Beklagten unterhalb einer 4 Meter hohen und ca. 30 Meter langen Hecke mit einem Flammenwerfer das Unkraut zu bekämpfen. Dadurch brannte die Hecke weitgehend ab.
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Der Beklagte erkennt an, den entstandenen Schaden vollumfänglich ersetzen zu müssen.
4
Der Kläger beauftragte den Sachverständigen S. E., Diplom-Forstwirt, mit der Ermittlung der Schadenshöhe. Insoweit liegt ein Gutachten vom 09.12.2018 als Anlage K 2 vor. Darin ermittelt der Sachverständige den Schaden zum einen auf der Basis der Anpflanzung von 80 Thujen in Höhe von 175 bis 200 cm, sowie zum anderen - auf Wunsch des Klägers - auf der Grundlage der Anpflanzung von 98 Stück Thujen mit einer Höhe von 350 bis 400 cm entsprechend dem Altbestand. In ersterem Fall kommt der Sachverständige auf einen Nettoschadensbetrag von € 35.672,37, dieser Betrag wurde dem Kläger von der Versicherung ersetzt. Im zweiten Fall kommt der Sachverständige auf einen Schaden von netto € 130.058,60. Die Differenz macht der Kläger als Schadensbetrag geltend.
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Der Kläger ist der Auffassung, er besitze einen Anspruch auf Naturalrestitution, d. h. auf Erstattung der Kosten für die Anpflanzung mit 4 Meter hohen Thujen, entsprechend der vorher bestehenden Pflanzdichte. Der Differenzbetrag zwischen ermitteltem Schaden und der erfolgten Versicherungsleistung sei ihm zu ersetzen.
6
Mit Schriftsatz vom 20.02.2020 behauptete der Kläger, dass der Wiederverkaufswert des Grundstückes dauerhaft mindestens in Höhe der Klageforderung reduziert sei. Der beschädigten Hecke komme primär eine Sichtschutzfunktion zu, welche durch die Anpflanzung von bis zu 2 Meter hohen Pflanzen nicht erfüllt werden könne.
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Der Kläger stellt daher folgenden Antrag:
Der Beklagte wird zur Zahlung von € 94.386,23 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klage an die Klagepartei verurteilt.
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Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
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Er ist der Auffassung, dass der Kläger gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht die Kosten für die Anpflanzung einer Hecke gemäß dem Altbestand verlangen könne, sondern nur die Kosten für den Ersatz der Hecke durch junge Pflanzen. Der Schaden des Klägers berechne sich nach der Methode Koch, die vom Sachverständigen in dem Privatgutachten richtigerweise herangezogen worden sei. Einen weiteren Schaden als den bereits beglichenen könne der Kläger nicht geltend machen.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Urkunden sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Kläger besitzt keinen Anspruch gegen den Beklagten aus Vertrag oder Delikt, da der dem Kläger bei dem Vorfall entstandene Schaden vollständig beglichen ist durch die bereits erfolgte Zahlung. Ein weiterer Schadensersatzanspruch steht dem Kläger nicht zu.
13
Eine Ersatzbeschaffung der gewachsenen Thujen, so wie sie vor dem Brand bestanden haben, ist gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen, weil sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre. Insoweit wird auf die von der Beklagtenseite zitierte Entscheidung BGH VersR 13, 635 Bezug genommen.
14
Der Kläger besitzt vielmehr einen Wertersatzanspruch in Höhe der Wertminderung des Grundstücks, wobei nach der zitierten Rechtsprechung dieser dem Wertverlust der Hecke entspricht. Der Wertverlust ist zu ermitteln nach der sogenannten „Methode Koch“. Dabei wird der Wertverlust bestimmt, indem die für die Herstellung des geschädigten Gehölzes bis zu seiner Funktionserfüllung erforderlichen Anschaffungs-, Pflanzungs- und Pflegekosten sowie das Anwachsrisiko berechnet und kapitalisiert werden; der danach errechnete Wert wird gegebenenfalls mit Blick auf eine Alterswertminderung, Vorschäden und sonstige Wert beeinflussende Umstände bereinigt (BGH a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige E. für beide denkbaren Arten des Ersatzes der Hecke, nämlich Anpflanzung von kleineren, jüngeren Pflanzen sowie Pflanzung von 4 m hohen Pflanzen, den Wertverlust jeweils nach der „Methode Koch“ berechnet. Die Klageseite hat diese Berechnungen ihres Privatgutachters auch nicht angegriffen. Die Frage, ob der Kläger nur Nachpflanzung mit Jungpflanzen oder Anpflanzung von Gehölzen, die dem Altbestand entsprechen, verlangen kann, ist eine Rechtsfrage, welche von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen eindeutig dahingehend beantwortet wurde, dass er nur Nachpflanzung mit Jungpflanzen beanspruchen kann.
15
Soweit der Kläger darüber hinaus einen zusätzlichen Schaden annehmen will dergestalt, dass der Veräußerungswert des Grundstücks durch den nunmehr lückenhaften Sichtschutz gemindert sei, ist ein derartiger Schaden zwar grundsätzlich denkbar, jedoch sind die Voraussetzungen hierfür nicht vorgetragen. Der Kläger stützt seinen behaupteten, auf dieser Überlegung basierenden Schaden, ebenfalls rechnerisch auf die dafür nicht passende Berechnung des Sachverständigen E.; der Sachverständige E. hat zum Wertverlust des Grundstücks wegen mangelnden Sichtschutzes überhaupt nicht Stellung genommen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb ein etwaiger Veräußerungsschaden gerade in Höhe dieser Berechnung vorliegen sollte, der völlig andere Erwägungen zugrunde liegen. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die nachgepflanzte Hecke wachsen und in absehbarer Zeit wieder den erforderlichen Sichtschutz bieten wird. Insoweit liegt keinesfalls eine dauerhafte Schädigung des Grundstücks vor. Der Kläger hat aber nicht vorgetragen, dass der Verkauf des Grundstücks aktuell anstehe und er durch einen Mindererlös tatsächlich eine Vermögenseinbuße erleide.
16
Die Klage war daher abzuweisen.
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Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 24.3.20 eine Schriftsatzfrist zum Schriftsatz der beklagten Partei vom 18.3.20 beantragt, war eine solche nicht zu gewähren, weil der Schriftsatz vom 18.3.20 keinen entscheidungserheblichen neuen Sachvortrag enthält. Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bestand kein Anlass (§ 156 ZPO).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.