Titel:
Rechtmäßigkeit einer polizeilichen Gefährderansprache (Anforderungen an das Fortsetzungsfeststellungsinteresse)
Normenketten:
VwGO § 43 Abs. 1, § 58 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 4, § 154 Abs. 1, § 167
StGB § 123, § 185, § 238, § 240
BayPAG Art. 4, Art. 11
BGB § 839
BayVwVfG Art. 35 S. 1
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 34
ZPO §§ 708 ff.
Leitsätze:
1. Die polizeiliche Gefährderansprache stellt keinen Verwaltungsakt iSd Art. 35 S. 1 BayVwVfG dar, sondern ist als schlicht-hoheitliches Handeln zu qualifizieren (vgl. VGH Mannheim BeckRS 2017, 137291 Rn. 32; VG Köln BeckRS 2016, 51913 Rn. 39; VG Düsseldorf BeckRS 2018, 33397 Rn. 20). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Regelung durch eine Gefährderansprache liegt vor, wenn diese sich nicht auf warnende Hinweise beschränkt, sondern vielmehr dem Kläger konkret aufgegeben wird, bestimmte Verhaltensweisen zu unterlassen. Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht eines verständigen Empfängers zu beurteilen, dh es kommt maßgeblich auf den Empfängerhorizont und nicht auf den Erklärungswillen der Behörde an (vgl. OVG Magdeburg BeckRS 2012, 51353 Rn. 30). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der mit der Gefährderansprache verbundene Einschüchterungs- und Abschreckungseffekt soll dazu genutzt werden, auf die Entschließungsfreiheit einzuwirken; dabei ist auch davon auszugehen, dass sich die Maßnahme mit ihrer Durchführung erledigt hat (vgl. VG Düsseldorf BeckRS 2018, 33397 Rn. 21). (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für ein berechtigtes Interesse im Sinn eines Feststellungs- bzw. (auch) Fortsetzungsfeststellungsinteresses (in Bezug auf Verwaltungsakte) ist grundsätzlich jedes nach vernünftigen Erwägungen nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art ausreichend (vgl. BVerwG BeckRS 1989, 31274784; BeckRS 2009, 42328). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (vgl. BVerwG BeckRS 2016, 113764 Rn. 3; BeckRS 2013, 54296 Rn. 20; VGH München BeckRS 2018, 7009 Rn. 28). Dabei obliegt es dem jeweiligen Kläger, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (vgl. BVerwG BeckRS 9998, 48354 Rn. 13; VGH München BeckRS 2015, 46384). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
6. Ein schutzwürdiges Rehabilitationsinteresse liegt vor, wenn die begehrte Feststellung, dass der angegriffene Verwaltungsakt – bzw. das schlicht-hoheitliche Handeln – rechtswidrig war, als "Genugtuung" und/oder zur Rehabilitierung erforderlich ist, weil der Verwaltungsakt (bzw. das schlicht-hoheitliche Handeln) diskriminierenden Charakter hatte und sich aus ihm eine objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen ergeben hat (vgl. BVerwG BeckRS 2006, 26700 Rn. 10). Die objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss dabei geeignet sein, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen und in der Gegenwart noch fortbestehen (vgl. VGH München BeckRS 2015, 46454 Rn. 13). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
7. Es besteht nur dann, wenn der Kläger durch den Verwaltungsakt (bzw. das schlicht-hoheitliche Handeln) selbst, seine Begründung oder die Umstände seines Zustandekommens noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in seiner Menschenwürde, seinem Persönlichkeitsrecht oder in seinen beruflichen oder gesellschaftlichen Ansehen objektiv erheblich beeinträchtigt ist und die abträglichen Nachwirkungen des erledigten Verwaltungsakts (bzw. des schlicht-hoheitlichen Handelns) nur durch eine gerichtliche Sachentscheidung ausgeglichen werden können (vgl. VGH München BeckRS 2018, 21843 Rn. 28). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
8. Ein bloß ideelles Interesse an der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit eines erledigten Verwaltungshandelns ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungen dieses Handelns fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Sachentscheidung wirksam begegnet werden könnte, reicht demgegenüber für die Annahme eines schutzwürdigen Rehabilitierungsinteresses nicht aus (vgl. BVerwG BeckRS 1992, 8201 Rn. 9; VGH München BeckRS 2012, 58638 Rn. 6). Allein das Interesse, nachträglich eine Bestätigung der eigenen Rechtsansicht zu erlangen, das beeinträchtigte Rechtsgefühl und der Wunsch nach Genugtuung rechtfertigen demnach ein solches Interesse nicht (vgl. VGH München BeckRS 2018, 21843 Rn. 28). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
9. Ein anerkennenswertes Rehablilitationsinteresse fehlt, wenn die Gefährderansprache ohne jeglichen Öffentlichkeitsbezug erfolgt, sodass sie per se auch nicht geeignet war, das Ansehen des Klägers – in der Gegenwart noch fortbestehend – in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen (vgl. VGH Mannheim BeckRS 2017, 137291 Rn. 33). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
10. Fortdauernde abträgliche Auswirkungen auf den Kläger sind darzulegen (vgl. VG München BeckRS 2018, 4696 Rn. 22). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
11. Ist ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt der betreffenden Maßnahme, so kann ein Feststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. VGH München BeckRS 2015, 46454 Rn. 8). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
12. Ein Feststellungsinteresse kann sich daraus ergeben, dass die Gefährderansprache mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung (vgl. BVerwG BeckRS 2013, 54139 Rn. 18 ff.; VGH München BeckRS 2017, 105395 Rn. 8 ff.) verbunden war. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfG BeckRS 2013, 54085 Rn. 19) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) oder die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG; vgl. BVerfG BeckRS 2012, 56306) tangieren. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
13. Begründet das polizeiliche Handeln schon keinen gewichtigen Eingriff in ein Grundrecht des Klägers, kommt es nicht mehr darauf an, dass es sich möglicherweise um einen Eingriffsakt handeln könnte, der wegen seiner typischerweise kurzfristigen Erledigung kaum einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden kann (vgl. BVerfG BeckRS 2016, 49833 Rn. 11, 14; BeckRS 2017, 109049 Rn. 16). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
14. Das Erfordernis einer typischerweise vor Erlangung von Rechtsschutz eintretenden Erledigung hat eine den Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO einengende Funktion, die es ausschließt, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in ein Grundrecht anzunehmen (vgl. BVerwG BeckRS 2013, 54139 Rn. 27). Eine Ausweitung dieser von der Rechtsprechung ausgestalteten Fallgruppe des besonderen Rechtsschutzinteresses wäre mit seiner prozessrechtlichen Funktion, eine Fortsetzungsfeststellungsklage nur in bestimmten Fällen zuzulassen, nicht vereinbar (vgl. OVG Schleswig BeckRS 2018, 4002 Rn. 32). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
15. Ein begründetes Feststellungsinteresse kann aus der Präjudizialität folgen, wenn die Feststellung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB oder von sonstigen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen erheblich ist und ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG BeckRS 9998, 46679 Rn. 13). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gefährderansprache, Allgemeine Feststellungsklage, Fehlendes Feststellungsinteresse, Abschiebungshaft, berechtigtes Interesse, Feststellungsinteresse, Feststellung, Freiheit der Person, konkrete Gefahr, Rehabilitierung, Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Trennung, Wiederholungsgefahr, Einschüchterungs- und Abschreckungseffekt, Rehabilitationsinteresse, Präjudizialität
Fundstelle:
BeckRS 2020, 5093
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen eine ihm gegenüber erfolgte polizeiliche Gefährderansprache.
2
Am 14. Oktober 2018 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage im Hinblick auf eine gegenüber dem Kläger durch Beamte der Polizeiinspektion W. mittels zweier Telefongespräche im Juni und Juli 2016 durchgeführte Gefährderansprache. Zur Begründung wurde vorgetragen, der Kläger sei im Januar 2016 erkrankt und einen Monat arbeitsunfähig gewesen. Als Ursache sei eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert worden. Diese sei durch das - 30 Jahre zurückliegende - unaufgeklärte Ende der vierjährigen Beziehung mit seiner Lebensgefährtin Frau M. „ausgemacht“ worden. Im Juni 2016 habe der Kläger daher schriftlich und auf dem Postweg seine frühere Lebensgefährtin kontaktiert. Er habe ihr seine aktuelle Situation erklärt und um Antwort gebeten, um die Geschehnisse aufzuklären. Sollte er von ihr keine Aufklärung erhalten, würde er einen privaten Ermittler bemühen. Kurze Zeit später, nach Erinnerung des Klägers Mitte Juni 2016, habe ihn Herr. U. von der Polizeiinspektion W. angerufen. Beim Telefonat habe er dem Kläger mitgeteilt, dass Herr und Frau M. bei ihm gewesen seien und Rat und Hilfe gewollt hätten. Sie seien sehr beunruhigt gewesen und hätten wohl den Eindruck gemacht, dass sie sich bedroht gefühlt hätten. Er habe daher bereits Erkundigungen über den Kläger eingeholt. Das Gespräch sei eine sog. Gefährderansprache, er müsse sich zudem ein Bild über die Gefahrenlage machen. Er habe den Kläger aufgefordert, keinen Kontakt mehr zu Frau M. aufzunehmen. Ansonsten müssten weitere Schritte eingeleitet werden, unter anderem müsse er eine „eidesstaatliche Versicherung“ abgeben, sich von ihr fernzuhalten. Am 2. Juli 2016 habe ein weiteres Telefongespräch zwischen Herrn U. und dem Kläger stattgefunden. Frau M. habe mittlerweile zugegeben, dass ein anderer Mann der Grund für die Beendigung der Beziehung gewesen sei. Außerdem habe sie der Kläger während der Beziehung auf Schritt und Tritt kontrolliert. Herr U. habe den Kläger aufgefordert, Frau M. nicht auf dem Weg zur Arbeit aufzulauern. Der Kläger sei hierüber sehr verärgert gewesen und habe darauf hingewiesen, dass er 600 km entfernt wohne und keinerlei Interesse habe, Frau M. überhaupt wieder zu sehen. Es sei niemals die Absicht des Klägers gewesen, Frau M. oder ihren Mann zu bedrohen oder gar zu „stalken“. Er habe auch keinerlei Anstrengungen unternommen, sich Frau M. in irgendeiner Form körperlich zu nähern. Ermittlungsverfahren gegen den Kläger sowie Frau M. seien im Rahmen dieser Vorgänge eingeleitet, jedoch allesamt eingestellt worden. Der Kläger könne sich nicht erklären, warum die Polizei ihn in dieser Weise behandelt und Verdachtsmomente gegen ihn geäußert habe. Die deswegen beantragte Akteneinsicht, die schließlich durch die Staatsanwaltschaft T. gewährt worden sei, habe ebenfalls keinen Aufschluss darüber gegeben. Der Kläger sei sich sicher, dass es weitere Vermerke oder Akten gebe, aus denen sich zusätzliche Informationen ergeben würden, die Rechtsverstöße der Gegenseite offen legten. Die Gegenseite bleibe insoweit aufgefordert, vollständige Akteneinsicht zu gewähren. Die Gefährderansprache sei rechtswidrig gewesen. Bei den Telefonaten habe es sich um sog. Gefährderansprachen gehandelt. Dies ergebe sich schon aus der ausdrücklichen Aussage des durchführenden Polizisten. Davon abgesehen habe aber auch die Zielrichtung des Gesprächs keinen Zweifel daran gelassen, dass es sich nicht lediglich um eine bloß informatorische Kontaktaufnahme, sondern um eine polizeiliche Maßnahme gegen den Kläger gehandelt habe. Zudem seien bereits weitere Schritte, namentlich das Abverlangen einer „eidesstattlichen Versicherung“ in Aussicht gestellt worden. Die der Polizei vorliegenden Erkenntnisse hätten unter keinem Gesichtspunkt die Annahme gerechtfertigt, der Kläger stelle mit seinem derzeitigen oder zukünftigen Verhalten eine Gefahr für die Rechtsgüter anderer Personen dar oder gebe sonst einen Anlass für präventives polizeiliches Einschreiten. Es bestehe auch ein Feststellungsinteresse des Klägers. Die Einordnung als „Gefährder“ werde von ihm als diskriminierend empfunden. Gerade heute, da eine erhebliche Sensibilität in Fällen von „Stalking“ oder anderen Belästigungen bestehe, sei diese Einschätzung stigmatisierend. Es sei sein Recht feststellen zu lassen, dass die seitens der Polizei gemutmaßte Gefahr tatsächlich nicht gegeben sei. Dies bedürfe gerade der offiziellen gerichtlichen Feststellung, da nur auf diese Weise die notwendige Rehabilitierungswirkung hergestellt werden könne. Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2019 wurde weiter ausgeführt, es werde auf einer Feststellungsklage bestanden, da der Gefährderansprache jegliche rechtliche Grundlage gefehlt habe und sie somit rechtswidrig gewesen sei. Der Kläger habe lediglich an Frau K., eine damalige gemeinsame Bekannte von Frau M., einen Brief geschickt, mit der Bitte um ein Gespräch, um Klarheit über die damaligen Geschehnisse zu bekommen. Er habe bewusst diesen Weg gewählt, da er aus persönlichen Gründen jeglichen Kontakt zu Frau M. habe vermeiden wollen. Da Frau K. noch Kontakt zu Frau M. habe und sie genauestens mit den damaligen Geschehnissen von Frau M. vertraut gewesen sei, sei keine Antwort gekommen. Daraufhin habe der Kläger Frau M. ein Schreiben auf dem Postweg zukommen lassen. Er habe ihr darin offen die aktuelle Situation erklärt und sie darum gebeten, nach so vielen Jahren nun endlich die Wahrheit zu sagen. Der Kläger habe in diesem Schreiben explizit darauf hingewiesen, dass er Frau M. weder sehen, hören noch sprechen wolle, eine Aufklärung könne nur schriftlich auf dem Postweg oder per E-Mail erfolgen. Es habe niemals eine potenzielle und erst recht keine konkrete Gefahr vorgelegen und somit sei die Gefährderansprache rechtswidrig gewesen. Auf eine Klärung dieses Rechtsstreits durch ein Gericht lege der Kläger höchsten Wert. Bei der Gefährderansprache seien zusätzlich noch zahlreiche Grundrechte des Klägers in erheblichem Maße verletzt worden. Herr U. habe dem Kläger jeglichen Kontakt zu Frau M. und Frau K. verboten. Er dürfe sich auch nicht in der Nähe von Frau M. aufhalten oder sie gar auf dem Weg zur Arbeit oder in ähnlichen Situationen abfangen, ansonsten werde er eine „eidesstattliche Erklärung“ einfordern und weitere polizeiliche Maßnahmen gegen den Kläger einleiten. Dies seien eindeutige Ankündigungen gewesen, um die Willensentschließung und das freie Verhalten des Klägers zu beeinflussen. Die Gefährderansprache und die damit zusammenhängenden Drohungen nehme der Kläger sehr ernst. Sie belasteten ihn bis heute und dies werde auch künftig der Fall sein. Er sei von der Polizei fernmündlich angesprochen worden, da ihn diese als Gefahr für wenigstens eine andere Person angesehen habe. Damit sei eine Kategorisierung verbunden, die von vornherein eine diskriminierende Wirkung entfalte. Die Gefährderansprache umfasse die Persönlichkeit eines Menschen, gepaart mit einer prognostischen Einschätzung seines Gefahrenpotentials. Es handle sich nicht um eine Gefährdungsansprache, die eine bestimmte Situation beruhigen solle, sondern um eine Gefährderansprache. Der Adressat werde schon begrifflich zum Gefährder, also zu einer (gemein-)gefährlichen Person, gestempelt. Anders als bei Sportveranstaltungen oder Demonstrationen, bei denen ein fixer Veranstaltungstermin feststehe, auf den die Gefährderansprache ausgerichtet sei, gelte die Gefährderansprache von Herrn U. samt Androhungen auf unbestimmte Zeit, mitunter sogar lebenslang. Somit bestehe ein konkretes, streitiges, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Der Kläger habe bei dieser ungeklärten Rechtslage ein berechtigtes Interesse, diese Angelegenheit durch ein Gericht konkret klären zu lassen. Darüber hinaus besitze der Kläger ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Gefährderansprache. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsverfahren anzuerkennen. Hierzu zählten namentlich Feststellungsbegehren, die - wie hier - polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hätten. Danach habe der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung. Auch hätten Dritte, jedenfalls Frau M., Kenntnis von der Durchführung der Gefährderansprache. Da aktuell noch gemeinsame Verknüpfungen damaliger Bekannter bestünden, könne Frau M. jederzeit behaupten, dass mit dem Kläger eine Gefährderansprache durchgeführt worden und diese auch rechtmäßig gewesen sei, also der Kläger als potenzieller Gewalttäter behandelt worden und dies auch aktenkundig sei. Diese Informationen könnten dann Bekannte des Klägers schnell erreichen oder hätten es mittlerweile schon. Mit Schriftsatz vom 26. Juni 2019 wurde weiter vorgetragen, die Gegenseite vermische Dokumente, die vor der Gefährderansprache geschrieben worden seien, mit den Schreiben, die danach geschrieben worden und ausschließlich an die Polizei gegangen seien. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Gefährderansprache könnten nur die Schreiben sein, die davor geschrieben worden seien. In beiden Schreiben sei eindeutig erkennbar, dass noch nicht einmal der Anschein einer Gefahr bestanden habe und sogar ein weiterer Kontakt zu Frau M. seitens des Klägers kategorisch ausgeschlossen worden sei. Auch ergebe sich aus keinem Protokoll oder einem ähnlichen Schriftstück, in welcher Weise die erheblichen und zahlreichen Behauptungen und Beschuldigungen durch Frau M. gemacht worden seien. Dabei gehe es insbesondere um sehr konkrete Vorhaltungen wie denjenigen einer „ständigen Kontrolle“, dass sie nämlich „keinen Schritt unkontrolliert“ habe machen können. In der aktuellen Stellungnahme des Herrn U. werde gelesen, dass Frau M. den Kläger beschuldigt haben solle, dass er damals in München häuslich psychische Gewalt in Form von ständiger Kontrolle ausgeübt habe. Diese Behauptung entbehre jeder Grundlage. Herr U. habe dies dem Kläger zunächst am Telefon mitgeteilt. In einer späteren Kurzmitteilung an die Staatsanwaltschaft T. habe Herr U. dieser jedoch mitgeteilt, dass er dies nicht geäußert habe und der Kläger die Unwahrheit sage. In der aktuellen Stellungnahme vom 12. November 2018 finde sich diese Aussage dann aber doch wieder. Da insoweit anscheinend eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Tatsachen bestehe, erscheine es unerlässlich, Frau M. dazu zu befragen, ob und ggf. in welchem Zusammenhang sie dies gegenüber dem Polizeipräsidium W. geäußert habe. Mit weiterem Schriftsatz vom 7. August 2019 wurde vorgetragen, das Feststellungsinteresse des Klägers stelle weiterhin einen hohen ideellen Wert für ihn dar, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Die Vollständigkeit der Akte sei dem Kläger weiterhin ein besonderes Anliegen. Entscheidend dürfte der Kenntnisstand des damals durchführenden Polizeibeamten Herrn U. sein. Der Kläger erwarte daher weiterhin eine Bestätigung von Herrn U., dass keine weiteren Bestandteile zu diesem Vorfall existierten als die, die durch das Polizeipräsidium dem Verwaltungsgericht übersandt worden seien. Eine weitere Äußerung erfolgte mit Schriftsatz vom 30. Januar 2020.
Es wird festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger durch Beamte der Polizeiinspektion W. mittels zweier Telefongespräche im Juni und Juli 2016 durchgeführte Gefährderansprache rechtswidrig war.
4
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
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Hierzu wurde mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2018 vorgetragen, die Klage sei bereits unzulässig. Ein besonderes Feststellungsinteresse des Klägers gemäß § 43 Abs. 1 VwGO sei nicht gegeben. Das vom Kläger geltend gemachte Rehabilitationsinteresse setze nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Verwaltungsakt mit diskriminierender Wirkung voraus. Dies treffe immer dann zu, wenn der rechtseingreifende Einsatz der Polizei vor den Augen Dritter erfolgt sei und dadurch der soziale Geltungsanspruch des Betroffenen herabgewürdigt worden sei. Inwiefern dies bei zwei Telefonaten ohne Öffentlichkeitsbezug erfolgt sein solle, habe der Kläger selbst nicht vorgetragen. Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2019 wurde weiter vorgetragen, das Feststellungsinteresse sei objektiv zu bestimmen und nicht nach den subjektiven Ansichten und Wünschen des Klägers. Die Gefährderansprachen seien rechtmäßig gewesen. Die Befugnisnorm ergebe sich aus Art. 11 PAG. Die hierfür notwendige konkrete Gefahr sei in diesem Fall eindeutig gegeben gewesen. Die damalige Lebensgefährtin des Klägers habe sich aus Angst vor diesem an die Polizeiinspektion W. gewandt. Dies habe sie durch das Vorlegen von Briefen untermauert, welche der Kläger ihr geschrieben habe. In diesen Briefen habe er Frau M. gedrängt, den damaligen Grund für die Trennung im November 1987, vor fast 29 Jahren, zu erklären. Der Inhalt dieser Schreiben reiche von einfachen Unterstellungen und Beleidigungen (unter anderem: „…fehlt dir der Charakter …“, „… bist einfach zu feige …“, „…so benimmt sich ein Schw…“) bis hin zu drohenden Aufforderungen („Du wirst mir bestätigen, dass ich dich immer mit Respekt behandelt habe.“). Frau M. habe Herrn PHK U. erklärt, dass der Kläger bereits vor ca.15 Jahren persönlich in K. vor ihrem Haus erschienen sei und sie sogar mit einem Fahrzeug verfolgt hätte. Darüber hinaus verfüge er immer noch über Kontakte in München, sodass er nicht die große Entfernung zurücklegen müsste. Weiter habe der Kläger in seiner E-Mail an den Dienststellenleiter der Polizeiinspektion W. geschrieben, dass er „LAUT“ werde, sollten seine Gesprächswünsche nicht angenommen werden. Darüber hinaus habe er geschrieben, dass er 5000 Flyer drucken werde, welche das aus Sicht des Klägers „feige Verhalten“ der Frau M. verbreiten solle. Weiter wolle er „…eine Lawine nach der anderen lostreten…“, um das zu bekommen, was er erreichen wolle. Sämtliche aufgeführten Passagen aus der Korrespondenz des Klägers seien offenkundig darauf gerichtet gewesen, Frau M. in ihrer Privatsphäre zu beeinträchtigen. Die angekündigten Verhaltensweisen deuteten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass der Kläger in absehbarer Zeit die Kontaktaufnahme zu Frau M. intensivieren werde, wenn diese auf seine Kontaktversuche nicht reagiert hätte. Dazu sei die vom Kläger an den Tag gelegte Akribie gekommen, mit der er die Adresse von Frau M. herausgefunden habe. Aufgrund der ablehnenden Haltung der Frau M. gegenüber dem Kläger und ihrem ausdrücklichen Wunsch, keinerlei Kontakt mit diesem zu haben, habe die berechtigte Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, in Form des Individualrechtsguts der Frau M. bestanden. Insbesondere Delikte wie Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), Nötigung (§ 240 StGB), Nachstellung (§ 238 StGB) und Beleidigung (§ 185 StGB) seien zu erwarten gewesen. Folglich sei zumindest eine Anscheinsgefahr gegeben gewesen. Die Beamten hätten unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach Art. 4 PAG das mildeste wirksame Mittel, eine Gefährderansprache beim Kläger gewählt. Diese sei am Telefon vorgenommen worden, sodass es zur geringstmöglichen Beeinträchtigung des Klägers gekommen sei. Die Maßnahme sei darüber hinaus bestimmt genug gewesen, da dem Kläger das durch Frau M. gewünschte vollumfängliche Kontaktverbot erläutert worden sei. Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2019 wurde weiter vorgetragen, die dem Gericht vorgelegte Akte sei aus Sicht des Beklagten vollständig.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage bleibt ohne Erfolg, da sie unzulässig ist.
8
Zwar ist die Klage als allgemeine Feststellungsklage im Sinne von § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO als statthaft anzusehen, dem Kläger fehlt jedoch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche berechtigte Feststellungsinteresse.
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Zunächst ist wohl davon auszugehen, dass im Rahmen der beiden Telefonate durch einen Beamten der Polizeiinspektion W. gegenüber dem Kläger noch kein Kontaktverbot im Sinne eines verbindlichen Verbots mit Regelungscharakter ausgesprochen wurde, obwohl in dem schriftlichen Klagevorbringen teilweise zum Ausdruck kommt, dass der Kläger aus seiner Sicht ein solches angenommen haben könnte.
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Die polizeiliche Gefährderansprache enthält im Allgemeinen keine über eine Warnung und Hinweise hinausgehende Regelungswirkung. Sie hat zum Ziel, auf die Willensentschließung des Betroffenen einzuwirken. Ein bestimmtes Verhalten gibt sie diesem aber nicht auf und enthält folglich keine verbindliche Regelung. Somit stellt die polizeiliche Gefährderansprache keinen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar, sondern ist als schlicht-hoheitliches Handeln zu qualifizieren (vgl. VGH BW, U.v. 7.12.2017 - 1 S 2526/16 - juris Rn. 32 m.w.N.; vgl. auch VG Köln, U.v. 20.11.2014 - 20 K 2466/12 - juris Rn. 39; VG Düsseldorf, U.v. 25.10.2018 - 18 K 2340/18 - juris Rn. 20; vgl. auch Hebeler, NVwZ 2001, 1364/1365). Eine Regelung wäre dann anzunehmen, wenn die Maßnahme der Behörde ihrem objektiven Gehalt nach darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen und Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden. Dies wäre dann der Fall, wenn sich die Gefährderansprache nicht auf warnende Hinweise beschränkt hätte, sondern vielmehr dem Kläger konkret aufgegeben worden wäre, bestimmte Verhaltensweisen zu unterlassen. Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht eines verständigen Empfängers zu beurteilen, d.h. es kommt maßgeblich auf den Empfängerhorizont und nicht auf den Erklärungswillen der Behörde an (vgl. OVG LSA, U.v. 21.3.2012 - 3 L 341/11 - juris Rn. 30). Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung zuletzt persönlich vorgetragen hat, der Polizeibeamte habe zu ihm gesagt, dass er ihm versprechen müsse, dass er Frau K. und Frau M. nicht nahekommen werde, und ansonsten weitere Maßnahmen erfolgen würden, wie etwa, dass der Kläger eine eidesstattliche Erklärung abgeben müsse, lässt dies die Annahme zu, dass sich die Gefährderansprache auf hinweisende, empfehlende und warnende Elemente beschränkt hat, ohne ein Unterlassen der Kontaktaufnahme zu den genannten Personen bereits rechtsverbindlich vorzugeben (vgl. hierzu auch Hebeler, NVwZ 2001, 1364/1365; vgl. auch Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, S. 541).
11
Eine weitere diesbezügliche Sachverhaltsaufklärung war nicht veranlasst, denn die Klage wäre auch bei Annahme des Vorliegens eines Verwaltungsakts infolge der Versäumung der Klagefrist unzulässig. Da es sich bei einem Kontaktverbot nicht um einen sich typischerweise kurzfristig erledigenden Verwaltungsakt handelt, bei dem Rechtsschutz nur nachträglich erlangt werden könnte, wäre hiergegen eine Anfechtungsklage spätestens innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO zu erheben gewesen. Diese Frist hätte der Kläger mit der Klageerhebung erst über zwei Jahre nach den Telefongesprächen jedoch nicht eingehalten.
12
Bei der Annahme schlicht-hoheitlichen Handelns ist die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft.
13
Mit einer Feststellungsklage nach dieser Vorschrift kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Mit der Gefährderansprache ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges, mithin feststellungsfähiges Rechtsverhältnis bildet (vgl. VGH BW, U.v. 7.12.2017 - 1 S 2526/16 - juris Rn. 33). Ein Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechts setzt kein Handeln durch Verwaltungsakt voraus, sondern ist auch bei polizeilichem Handeln sonstiger Art denkbar. Ebenso ist nicht erforderlich, dass durch das polizeiliche Handeln ein Verhalten ausdrücklich verboten wird. Ausreichend für die Annahme, eine staatliche Maßnahme berühre den Schutzbereich eines Grundrechts, kann vielmehr auch dessen faktische oder mittelbare Wirkung sein. Maßgeblich für die Qualifikation einer solchen Maßnahme ist in diesem Fall nicht, ob ein bestimmtes, vom Betroffenen in Betracht gezogenes Handeln rechtlich noch zulässig ist, sondern ob die staatliche Maßnahme auf den Betroffenen in der Weise wirken soll, dass dessen Entscheidungsspielraum faktisch eingeschränkt wird. Mit der Gefährderansprache wird in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen. Beabsichtigte Wirkung einer Gefährderansprache ist, dass der Betroffene vernünftigerweise keinen anderen Entschluss mehr treffen kann, als der Empfehlung Folge zu leisten. Dieser auffordernde Charakter entspricht der Intention der Ansprache; sie soll gerade so nachdrücklich hervortreten, dass das gewünschte Ergebnis in der Form eintritt, dass eine, von der Polizei als potentiell gefährlich beurteilte Handlung unterlassen wird. Der mit der Ansprache verbundene Einschüchterungs- und Abschreckungseffekt soll dazu genutzt werden, auf die Entschließungsfreiheit einzuwirken (vgl. VGH BW, U.v. 7.12.2017 - 1 S 2526/16 - juris Rn. 33 m.w.N.). Dabei ist auch davon auszugehen, dass sich die Maßnahme mit ihrer Durchführung erledigt hat (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 25.10.2018 - 18 K 2340/18 - juris Rn. 21).
14
Der Kläger hat jedoch kein schutzwürdiges rechtliches Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Gefährderansprache.
15
Für ein berechtigtes Interesse im Sinn eines Feststellungs- bzw. (auch) Fortsetzungsfeststellungsinteresses (in Bezug auf Verwaltungsakte) ist grundsätzlich jedes nach vernünftigen Erwägungen nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art ausreichend (vgl. BVerwG, U.v. 12.9.1989 - 1 C 40.88 - juris Rn. 10; BVerwG, B.v. 11.11.2009 - 6 B 22.09 - juris Rn. 4). Nach der Rechtsprechung kann sich ein solches Interesse insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch ergeben. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 3; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 7.3.2018 - 3 BV 16.2040 - juris Rn. 28). Dabei obliegt es dem jeweiligen Kläger, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 42.90 - juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 12.5.2015 - 10 ZB 13.632).
16
Der Kläger beruft sich hier maßgeblich auf das Vorliegen eines Rehabilitierungsinteresses, welches im konkreten Fall jedoch als maßgeblicher Gesichtspunkt für die Annahme eines schutzwürdigen Feststellungsinteresses nicht ausreicht.
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Ein hinreichendes Feststellungsinteresse ist dann anzunehmen, wenn ein Rehabilitierungsinteresse bei vernünftiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls als schutzwürdig zu erachten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 113 Rn. 142). Dies ist der Fall, wenn die begehrte Feststellung, dass der angegriffene Verwaltungsakt - bzw. hier das schlicht-hoheitliche Handeln - rechtswidrig war, als „Genugtuung“ und/oder zur Rehabilitierung erforderlich ist, weil der Verwaltungsakt (bzw. das schlicht-hoheitliche Handeln) diskriminierenden Charakter hatte und sich aus ihm eine objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen ergeben hat (vgl. BVerwG, B.v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10). Die objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss dabei geeignet sein, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen und in der Gegenwart noch fortbestehen (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2015 - 10 ZB 13.629 - juris Rn. 13 m.w.N.). Ein Rehabilitierungsinteresse besteht nur dann, wenn der Kläger durch den Verwaltungsakt (bzw. das schlicht-hoheitliche Handeln) selbst, seine Begründung oder die Umstände seines Zustandekommens noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in seiner Menschenwürde, seinem Persönlichkeitsrecht oder in seinen beruflichen oder gesellschaftlichen Ansehen objektiv erheblich beeinträchtigt ist und die abträglichen Nachwirkungen des erledigten Verwaltungsakts (bzw. des schlicht-hoheitlichen Handelns) nur durch eine gerichtliche Sachentscheidung ausgeglichen werden können (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.2018 - 10 BV 17.2405 - juris Rn. 28 m.w.N.). Ein bloß ideelles Interesse an der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit eines erledigten Verwaltungshandelns ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungen dieses Handelns fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Sachentscheidung wirksam begegnet werden könnte, reicht demgegenüber für die Annahme eines schutzwürdigen Rehabilitierungsinteresses nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 5 C 44.87 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 10.10.2012 - 10 ZB 12.1445 - juris Rn. 6). Allein das Interesse, nachträglich eine Bestätigung der eigenen Rechtsansicht zu erlangen, das beeinträchtigte Rechtsgefühl und der Wunsch nach Genugtuung rechtfertigen demnach ein solches Interesse nicht (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.2018 - 10 BV 17.2405 - juris Rn. 28 m.w.N.).
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist im Fall des Klägers ein anerkennenswertes Rehabilitierungsinteresse nicht anzunehmen.
19
So ist die Gefährderansprache hier ausschließlich telefonisch - und damit ohne jeglichen Öffentlichkeitsbezug - erfolgt, so dass sie per se auch nicht geeignet war, das Ansehen des Klägers - in der Gegenwart noch fortbestehend - in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen (vgl. im konkreten Zusammenhang mit einer Gefährderansprache auch Hebeler, NVwZ 2011, 1364/1365: stigmatisierende Wirkung der Ansprache, insbesondere wenn diese einer Mehrzahl von Personen bekannt wird; so auch VGH BW, U.v. 7.12.2017 - 1 S 2526/16 - juris Rn. 33: Durchführung der Gefährderansprache wurde im selben Haus wohnenden Nachbarn bekannt).
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Soweit davon auszugehen ist, dass Frau M. Kenntnis von dem Umstand hat, dass gegenüber dem Kläger eine Gefährderansprache erfolgt ist, handelt es sich bei ihr um die Betroffene in Bezug auf die Aktivitäten des Klägers und nicht um Öffentlichkeit oder sein soziales Umfeld. Zudem ist nicht davon auszugehen, dass in Anbetracht des Gesamtverhaltens des Klägers gerade der Umstand der erfolgten Gefährderansprache geeignet gewesen wäre, das Ansehen des Klägers bei ihr herabzusetzen. Soweit der Kläger vorträgt, Frau M. könnte jederzeit behaupten, dass mit dem Kläger eine Gefährderansprache durchgeführt worden sei, und diese Informationen könnten dann Bekannte des Klägers schnell erreichen oder hätten es mittlerweile schon, handelt es sich lediglich um unsubstantiierte Vermutungen. Zudem bestehen auch angesichts der konkreten Art und Weise der Kontaktaufnahme zu Frau M., wie sie in den Schreiben des Klägers zum Ausdruck kommt, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es überhaupt einen gegenwärtig aktiven gemeinsamen Bekanntenkreis des Klägers und Frau M. gibt. Dass es tatsächlich insoweit zu abträglichen Auswirkungen auf den Kläger gekommen wäre, wurde nicht dargelegt (vgl. hierzu auch VG München, U.v. 7.3.2018 - M 7 K 16.4201 - juris Rn. 22). Auch der Umstand, dass die Klageerhebung erst weit - über zwei Jahre - nach der Gefährderansprache erfolgt ist, spricht gegen das Bestehen eines berechtigten Rehabilitierungsinteresses des Klägers. Im Falle des Fortbestehens abträglicher Nachwirkungen des polizeilichen Handelns wäre vielmehr davon auszugehen gewesen, dass der Kläger zeitnah um gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht hätte. Im Übrigen drängt sich in diesem Zusammenhang - ohne dass es für die Entscheidung darauf ankäme - der Eindruck auf, dass das Klageverfahren (jedenfalls auch) dazu dienen sollte, weitere Informationen über bzw. von Frau M. zu erhalten.
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Ein schützenswertes Feststellungsinteresse folgt hier auch nicht aus der Fallgruppe der Wiederholungsgefahr, auf die sich der Kläger im Übrigen auch selbst nicht beruft.
22
Erforderlich ist hierfür eine hinreichend bestimmte Gefahr, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut eine gleichartige Maßnahme ergehen wird. Ist ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt der betreffenden Maßnahme, so kann ein Feststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2015 - 10 ZB 13.629 - juris Rn. 8 m.w.N.). Eine solch hinreichend bestimmte Gefahr ist im konkreten Fall jedoch nicht ersichtlich. Hierbei sind zum einen die Einlassungen des Klägers zum Nichtbestehen einer von ihm ausgehenden Gefahr zu berücksichtigen, zum anderen der lange Zeitablauf sowie weiterhin insbesondere auch der Umstand, dass im Falle erneuter gefahrenträchtiger Handlungen des Klägers eine veränderte Sachlage vorläge.
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Das erforderliche berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich hier auch nicht deshalb, weil die Gefährderansprache mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris Rn. 18 ff.; BayVGH, B.v. 13.3.2017 - 10 ZB 16.965 - juris Rn. 8 ff.) verbunden gewesen wäre. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (z.B. BVerfG, B.v. 5.7.2013 - 2 BvR 370/13 - juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) oder die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; BVerfG, B.v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 - juris: Abschiebungshaft) tangieren. Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall jedoch deutlich nicht gegeben.
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Vermag das hier streitgegenständliche polizeiliche Handeln aber schon keinen gewichtigen Eingriff in ein Grundrecht des Klägers zu begründen, kommt es nicht mehr darauf an, dass es sich möglicherweise um einen Eingriffsakt handeln könnte, der wegen seiner typischerweise kurzfristigen Erledigung kaum einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 11, 14; B.v. 13.3.2017 - 1 BvR 563/12 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 13.3.2017 - 10 ZB 16.965 - juris Rn. 10). Eine Annahme, dass ein Feststellungsinteresse bei derartigen polizeiliche Maßnahmen grundsätzlich zu bejahen sei, weil sich diese typischerweise vor Klageerhebung erledigen und Rechtsschutz somit niemals zu erlangen wäre, würde übersehen, dass bei einer solchen Betrachtung angesichts des umfassenden Schutzes der Rechtssphäre des Bürgers durch die Grundrechte - letztlich durch Art. 2 Abs. 1 GG - das Kriterium des berechtigten Interesses praktisch leerlaufen würde und damit jede noch so geringfügige erledigte Polizeimaßnahme Gegenstand einer zulässigen Fortsetzungsfeststellungsklage sein könnte. Das Erfordernis einer typischerweise vor Erlangung von Rechtsschutz eintretenden Erledigung hat dementsprechend eine den Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO einengende Funktion, die es ausschließt, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in ein Grundrecht anzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2017 - 10 ZB 16.965 - juris Rn. 10 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris Rn. 27). Eine beanspruchte Ausweitung dieser von der Rechtsprechung ausgestalteten Fallgruppe des besonderen Rechtsschutzinteresses wäre mit seiner prozessrechtlichen Funktion, eine Fortsetzungsfeststellungsklage nur in bestimmten Fällen zuzulassen, nicht vereinbar (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2017 - 10 ZB 16.965 - juris Rn. 10; vgl. auch OVG SH, U.v. 25.1.2018 - 4 LB 36/17 - juris Rn. 32). Die Konsequenz, dass nicht jede polizeiliche Maßnahme einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden kann, ist hinzunehmen. Dies ist im Bereich des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO dem Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung immanent. In den Fällen der polizeilichen Maßnahmen ist es im Hinblick auf die von der Verfassung gebotenen rechtsstaatlichen Kontrollmöglichkeit ausreichend, die Fortsetzungsfeststellungsklage in den von der Rechtsprechung etablierten Fallgruppen und darüber hinaus in den Fällen von geltend gemachten Grundrechtseingriffen von erheblichem Gewicht zu eröffnen (vgl. OVG SH, U.v. 25.1.2018 a.a.O.).
25
Ein begründetes Feststellungsinteresse folgt schließlich auch nicht aus der Fallgruppe der Präjudizialität. Nach dieser Fallgruppe besteht ein solches Interesse, wenn die Feststellung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB oder von sonstigen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen erheblich ist und ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, U.v. 28.8.1987 - 4 C 31.86 - juris Rn. 13 m.w.N.). Hierfür bestehen jedoch vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte und wurden von Seiten des Klägers auch nicht vorgebracht.
26
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
27
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.