Titel:
Beweiswürdigung bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen – Anwendung des Jugendstrafrechts bei Heranwachsenden – Bemessung der Jugendstrafe
Normenketten:
StGB § 52, § 53, § 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 6 S. 1, S. 2 Nr. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2, § 234 Abs. 1, § 235 Abs. 1 Nr. 1, § 239 Abs. 1, § 240 Abs. 1, Abs. 2
JGG § 1 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Hs. 2, § 17, § 18 Abs. 2, § 32, § 74, § 105 Abs. 1 Nr. 1
AufenthG § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 95 Abs. 1 Nr. 3, § 96 Abs. 1 Nr. 1b
StPO § 267 Abs. 4, § 464, § 465 Abs. 1, § 472 Abs. 1
BGB § 1674
Leitsätze:
1. Bei der Glaubhaftigkeitsprüfung in Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen ist von der sog. „Null-Hypothese“ (vgl. BGH BeckRS 1999, 30068766 zu den Anforderungen an wissenschaftliche Glaubwürdigkeitsgutachten) auszugehen, das heißt zu Beginn der Gesamtwürdigung ist zunächst im Rahmen einer Hypothese davon auszugehen, dass die Angaben der Zeugin zu den einzelnen Tatgeschehen frei erfunden sind und nicht auf einem tatsächlich Erlebten beruhen. (Rn. 351) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Prüfung erfordert ausgehend von einer inhaltsorientierten Glaubhaftigkeitsanalyse (Realkennzeichen), der Darstellung der Aussagegenese, der Prüfung der Aussagetüchtigkeit, der Aussageanalyse (Konstanzanalyse) und der Motivationsanalyse (fehlendes Motiv für eine Falschaussage) eine Gesamtwürdigung. (Rn. 353), (Rn. 363), (Rn. 367), (Rn. 370 – 371) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der subjektive Tatbestand des § 234 Abs. 1 StGB verlangt die Absicht des Täters, das Opfer in hilfloser Lage auszusetzen, es also in eine Lage zu bringen, in der es zur Selbsthilfe unfähig, auf fremde Hilfe angewiesen und konkret an Leib oder Leben gefährdet ist (vgl. BGH BeckRS 2010, 12943). (Rn. 404) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Entziehen liegt vor, wenn der Täter den wesentlichen Inhalt des Rechts auf Personensorge, das heißt vornehmlich Pflege, Erziehung und Aufenthaltsbestimmung, durch räumliche Trennung von gewisser, nicht nur vorübergehender Dauer so beeinträchtigt, dass dieses Recht nicht ausgeübt werden kann (vgl. BGHBeckRS 9998, 35349). (Rn. 409) (redaktioneller Leitsatz)
5. Können Zweifel bzgl. des Vorliegens von Reifeverzögerungen nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten trotz erfolgter Ermittlungen nicht beseitigt werden, ist zugunsten des Angeklagten das Jugendrecht anzuwenden (vgl. BGH BeckRS 2003, 30310236). (Rn. 415) (redaktioneller Leitsatz)
6. Bei Zweifeln bzgl. des Vorliegens des Schwerpunkts im Erwachsenen- oder im Heranwachsendenalter ist von Erwachsenenstrafrecht auszugehen (vgl. BGH BeckRS 2005, 4571). (Rn. 422) (redaktioneller Leitsatz)
7. Bei der Bestimmung des Schwerpunkts ist eine Gesamtbetrachtung aller wesentlichen Gesichtspunkte vorzunehmen, wie sich die einzelnen Taten als besonderes Ereignis in den Lebenslauf, in die Entwicklungsphase des Angeklagten und in die stete Wechselwirkung persönlicher und sozialer Faktoren einfügen (vgl. BGH NStZ 2003, 493 ff. = BeckRS 2003, 2570). Den Tatwurzeln und der Persönlichkeitsentwicklung nachgehend kann oftmals eher der Weg zur Straftat als deren Fortsetzung das Schwergewicht anzeigen (vgl. BGH BeckRS 9998, 85389). (Rn. 424) (redaktioneller Leitsatz)
8. Erforderlich für die Vergewaltigung ist der finale Einsatz der Gewalt zur Durchführung der sexuellen Handlungen durch den Angeklagten (vgl. BGH BeckRS 2018, 17415). Das Legen auf das Opfer und Fixieren des Opfers am Bett stellt eine finale Gewaltanwendung dar (vgl. BGH BeckRS 2002, 8727). Rein überraschende sexuelle Handlungen stellen keine finale Gewaltanwendung dar (vgl. BGH BeckRS 9998, 103008). (Rn. 431 – 433) (redaktioneller Leitsatz)
9. Für die Erfüllung des Qualifikationstatbestands des § 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB genügt, dass das Tatopfer an die Ernsthaftigkeit der Drohung glauben und dass die Drohung nach dem Vorsatz des Täters Zwangswirkung entfalten soll (vgl. BGH BeckRS 9998, 168798; BGH BeckRS 2004, 9370). (Rn. 445) (redaktioneller Leitsatz)
10. Die Annahme eines minder schweren Falles des § 96 Abs. 1 AufenthG erfordert nicht das Vorliegen ganz außergewöhnlicher Milderungsgründe (vgl. BGH BeckRS 2015, 6200). (Rn. 456) (redaktioneller Leitsatz)
11. Schädliche Neigungen sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen (vgl. BGH BeckRS 2012, 17491). (Rn. 475) (redaktioneller Leitsatz)
12. Bei der Beurteilung der Schuldschwere kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung nach allgemeinem Strafrecht keine selbständige Bedeutung zu, sondern es ist in erster Linie auf die innere Tatseite abzustellen (vgl. BGH BeckRS 2014, 7855). (Rn. 486) (redaktioneller Leitsatz)
13. Das Persönlichkeitsbild und die in der Tat zum Ausdruck gekommene charakterliche Haltung des Angeklagten begründen die Schwere seiner Schuld, wenn sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Angeklagten in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben (vgl. BGH BeckRS 2014, 4686). (Rn. 490) (redaktioneller Leitsatz)
14. Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn die Verhängung der Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld begründet wird (BGH BeckRS 2014, 7855). Dabei ist ausgehend von einer Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH BeckRS 2012, 18906) eine Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände vorzunehmen und unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens sowie unter Abwägung des Gewichts des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten die Dauer der Jugendstrafe zu bemessen. (Rn. 491) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aussage-gegen-Ausage-Konstellation, Glaubwürdigkeit, inhaltsorientierte Glaubhaftigkeitsanalyse, Realkennzeichen, Aussagegenese, Aussagetüchtigkeit, Aussageanalyse, Konstanzanalyse, Motivationsanalyse, Gesamtwürdigung, Menschenraub, Entziehen, Schwerpunkt, finale Gewaltanwendung, rein überraschende sexuelle Handlungen, schädliche Neigungen, Schwere der Schuld, Bemessung der Jugendstrafe, Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.03.2021 – 6 StR 22/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 50864
Tenor
1. Der Angeklagte … ist schuldig der Entziehung Minderjähriger in Tateinheit … mit Nötigung sachlich zusammentreffend mit der Einschleusung von Ausländern.
Er wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 3 Monaten verurteilt.
2. Der Angeklagte … ist schuldig der Vergewaltigung in 4 Fällen sachlich zusammentreffend mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen.
Er wird deshalb zu einer Jugendstrafe von 6 Jahren verurteilt.
3. Der Angeklagte … trägt die Kosten des Verfahrens.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten … die Kosten und Auslagen des Verfahrens aufzuerlegen. Der Angeklagte … trägt jedoch die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.
Angewendete Vorschriften:
Angeklagter …: §§ 235 Abs. 1 Nr. 1, 240 Abs. 1, Abs. 2, 52, 53 StGB; §§ 95 Abs. 1 Nr. 3, 96 Abs. 1 Nr. 1b), 14 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 1 AufenthG
Angeklagter … §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 6 S. 1 und S. 2 Nr. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 239 Abs. 1, 52, 53 StGB; § 1 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 2. Halbsatz, 17, 18, 105 JGG
Tatbestand
1
Der Angeklagte … hat zur Überzeugung der Kammer unter anderem seiner damals zukünftigen Schwiegertochter … deren Hochzeit mit seinem Sohn … (Angeklagter) zwischen ihm und dem Vater von … vereinbart wurde, und mindestens vier weiteren Personen in der Zeit von März 2018 bis 14.05.2018 geholfen, ohne die erforderlichen Einreisepapiere zu besitzen, von Syrien über die Türkei und die sog. Balkanroute nach Deutschland einzureisen.
2
Die Kammer hat ihn deshalb der Einschleusung von Ausländern schuldig gesprochen.
3
Ferner hat der Angeklagte … zur Überzeugung der Kammer beginnend ab dem 21.06.2019 seine Schwiegertochter … nachdem es zu Gewalttätigkeiten und sexuellen Übergriffen durch seinen Sohn … ihr gegenüber gekommen war und zudem … auch nicht bereit war, sich dem von ihm und dem Angeklagten … erwarteten Rollenverständnis einer Frau in einer muslimischen Ehe unterzuordnen bzw. anzupassen und es zu einer Vielzahl an lautstarken Streitigkeiten innerhalb der Familie kam, gegen deren Willen unter Drohungen und mittels einer List ohne ihr am … geborenes Kind von … aus in die … erbracht, mit dem Ziel, dass sie von dort wieder zurück in das Heimatland … abgeschoben wird, so dass sie auf diese Weise „aus dem Weg geräumt“ wird.
4
Auf diese Weise erhoffte sich der Angeklagte … zum einen, dass der am … geborene erste … bei seinem ältesten Sohn … bleiben wird und … nach der ohnehin befürchteten Trennung bzw. Offenbarung der Taten bei der Polizei ihnen nicht das Sorge- bzw. Umgangsrecht bzgl. des Kindes streitig macht, so dass sie das Kind in ihrer Familie behalten können.
5
Zum anderen wollte der Angeklagte … dadurch erreichen, dass dadurch endlich die Streitigkeiten in der Familie und die Gefahr beseitigt wird, dass … seinen Sohn … wegen der Gewalt- und Sexualtaten bei den deutschen Behörden anzeigen wird, nachdem für alle klar war, dass die Ehe zwischen beiden gescheitert war und es letztlich nur eine Frage der Zeit ist, bis beide sich trennen.
6
Beide Ziele konnte der Angeklagte … dadurch erreichen, indem er … zurück nach … bringt, da er davon ausging, dass sie dann mangels weiterer finanzieller Mittel als alleinstehende Frau, wobei nicht klar war, ob sie ihre Familie in … wieder aufnehmen wird, jedenfalls auf absehbare Zeit keine reelle Chance mehr hat, erneut nach Deutschland zu gelangen. … wurde aufgrund des Handelns des Angeklagten … vom 21.06.2019 bis mindestens 11.09.2019 von ihrem erst wenige Monate alten … dadurch gegen ihren Willen getrennt, konnte jedoch schließlich am 11.09.2019 mit Hilfe der deutschen Botschaft in … wieder zurück nach Deutschland zu ihrem … gelangen.
7
Die Kammer hat den Angeklagten … deshalb der Nötigung in Tateinheit mit der Entziehung Minderjähriger schuldig gesprochen.
8
Den Straftatbestand des Menschenraubs gem. § 234 StGB hat die Kammer dabei als nicht gegeben erachtet.
9
Die Kammer hat den voll schuldfähigen Angeklagten … zu einer Gesamtstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt, wobei Einzelstrafen in Höhe von 2 Jahren (Nötigung mit Entziehung Minderjähriger) und 6 Monaten (Einschleusen von Ausländern) gebildet wurden.
10
Die Urteilsgründe wurden insoweit gem. § 267 Abs. 4 StPO abgekürzt.
11
Der Angeklagte …, dessen Hochzeit mit … zwischen seinem Vater und dem Vater seiner Ehefrau vereinbart wurde und er und seine zukünftige Frau sich zuvor noch nicht kannten, hat zur Überzeugung der Kammer seine Ehefrau … bereits am Tag nach ihrer Ankunft in Deutschland (15.05.2019) erstmals körperlich misshandelt, indem er mit einem Gürtel sowie mit der metallenen Gürtelschnalle auf sie mehrfach eingeschlagen hat, nachdem diese ihn aufgefordert hatte, dass er ihre sog. Morgengabe von seinem Vater … zurückfordert, welche dieser … im Rahmen der Flucht von … zur Bezahlung der Schleuser abgenommen hat.
12
Die Kammer hat den Angeklagten … daher insoweit der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen.
13
Ferner hat der Angeklagte … zur Überzeugung der Kammer seine Ehefrau … wenige Wochen nach ihrer Ankunft Mitte/Ende Juni 2018, nachdem diese wegen diverser Beleidigungen und Körperverletzungen nach ca. einem Monat nicht mehr bereit war, mit ihm jedwede sexuellen Handlungen vorzunehmen, oral vergewaltigt, indem er sich in ihrer damaligen Wohnung in … auf sie setzte, ihr seinen Penis gegen ihren Willen in ihren Mund einführte und ihn dort mehrfach hin und her bewegte. Sodann führte er seinen Penis gegen den erkennbaren und geäußerten Willen seiner Frau zwischen ihre Brüste ein, welche er zusammendrückte, und bewegten diesen hier ebenfalls mehrfach hin und her, bis er schließlich vor ihrem Gesicht masturbierte und sein Ejakulat schließlich in ihr Gesicht und in ihren Mund spritzte, was für seine Frau bekanntermaßen sehr ekelhaft und erniedrigend war.
14
Zudem hat der Angeklagte … seine Frau zur Überzeugung der Kammer im November 2018 in der Wohnung in … anal vergewaltigt.
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Seine Ehefrau war auch weiterhin, wie sie ihm immer wieder erklärte, wegen seiner schlechten Behandlung nicht bereit, mit ihm sexuelle Handlungen auf freiwilliger Basis vorzunehmen, insbesondere den vom Angeklagten … immer wieder angefragten und eingeforderten Analverkehr mit ihm auszuführen, da sie diesen zudem auch als besonders unrein und als in ihrer Religion als verboten ansah. Gleichwohl entkleidete der Angeklagte … im November 2018, als seine Frau sich im ca. sechsten Schwangerschaftsmonat befand, nachdem er nachts vom Weggehen heimkam, seine Frau … teilweise und drang sodann gegen ihren erklärten Willen gewaltsam mit seinem erigierten Penis in ihren After ein, wodurch seine Frau am After eine blutende Verletzung erlitt.
16
Schließlich vergewaltigte der Angeklagte … wenige Monate bevor es zu der erzwungenen Ausreise am 21.06.2019 seiner Frau mit seinem Vater … kam und sie bereits in ihrer neuen Wohnung in … wohnten, sie erneut (mindestens) zwei Mal oral, indem er seinen Penis abermals in den Mund seiner Frau gegen deren erklärten Willen einführte und ihn dort mehrfach gegen deren Willen hin und her bewegte, bis er schließlich erneut vor ihrem Gesicht masturbierte und schließlich sein Ejakulat in ihr Gesicht und ihren Mund sowie an ihren Oberkörper spritzte, was für seine Frau - wie er auch wusste - als besonders ekelhaft und unrein angesehen wurde.
17
Die Kammer hat den Angeklagten daher zudem der Vergewaltigung in vier Fällen schuldig gesprochen.
18
Schließlich zog der Angeklagte …, wenige Tage vor der erzwungenen Ausreise am 21.06.2019, zu einem nicht mehr näher eingrenzbaren Zeitpunkt im Juni 2019, seine Frau …, nachdem diese mit dem gemeinsamen Kind versuchte von der Familie … zu flichen, an den Haaren zurück in die Wohnung in …, wo er dann mehrfach mit einem Kleiderbügel auch dann noch auf diese einschlug, als der Kleiderbügel durch die Wucht der Schläge zerbrochen war. Seine Frau erlitt dadurch neben einer Vielzahl an Hämatomen am ganzen Oberkörper auch mindestens zwei blutende Wunden am Unterarm, welche zu einer Narbenbildung bei ihr führten.
19
Insoweit hat die Kammer den Angeklagten wegen einer weiteren gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen.
20
Die Überzeugung der Kammer beruht bzgl. der Taten zum Nachteil von … im Wesentlichen auf ihren glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung zu den einzelnen Tatgeschehen. Die Kammer hat dabei ihre Aussage aufgrund der gegebenen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation besonders sorgfältig gewürdigt.
21
Der Angeklagte … hat sich weder zu seiner Person noch zur Sache eingelassen.
22
Die Angaben von … konnten teilweise auch durch andere Beweismittel, insbesondere Zeugenangaben, bestätigt und belegt werden, so dass die Kammer im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung zu der Überzeugung gelangt ist, dass ihre Angaben zu den einzelnen Tathandlungen umfassend glaubhaft waren, zumal auch durch die Kammer eine Vielzahl an Indizien bzw. Realkennzeichen festgestellt werden konnte, welche für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprach.
23
Die Kammer hat bzgl. des Angeklagten … welcher zu den Tatzeitpunkten teilweise noch Heranwachsender war, insgesamt Jugendstrafrecht angewendet, da zum einen der Schwerpunkt der Straftaten noch im Heranwachsendenalter des Angeklagten gem. § 32 JGG von der Kammer gesehen wurde und zudem bei ihm auch Reifeverzögerungen nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG letztlich nicht sicher ausgeschlossen werden konnten.
24
Aufgrund festgestellter schädlicher Neigungen sowie aufgrund der Schwere der Schuld war eine Jugendstrafe auszusprechen.
25
Wegen der o.g. Taten wurde der Angeklagte … daher zu einer Jugendeinheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt, welche die Kammer für eine erzieherische Einwirkung im Sinne des § 18 Abs. 2 JGG zu entfalten für erforderlich erachtete.
Entscheidungsgründe
(abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO bzgl. des Angeklagten …)
I. Persönliche Verhältnisse
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Der am … in … bei … geborene Angeklagte … ist … Staatsangehöriger.
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Der Angeklagte wuchs mit sechs Brüdern und drei Schwestern, wobei der Angeklagte der dritte in der Geschwisterfolge ist, bei seinen verheirateten Eltern bei … auf. Der Vater des Angeklagten war als Angestellter in einem landwirtschaftlichen Betrieb und die Mutter als Hausfrau tätig.
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Der Angeklagte besuchte in … bis zur sechsten Klasse die Schule. Danach war er in einem Gemüseanbaubetrieb beschäftigt bis er ca. für sieben Jahre als Taxifahrer in … arbeitete. Eine berufliche Ausbildung machte der Angeklagte nicht. Nach Aufkommen des Bürgerkrieges in … ist der Angeklagte schließlich Ende 2013/Anfang 2014 in die … geflohen, wo er sich ca. eineinhalb Jahre aufhielt.
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Bereits im Jahr 1997 ging der Angeklagte die Ehe mit seiner Ehefrau … geboren am …, ein. Aus dieser Ehe resultieren nunmehr 8 Kinder, wobei der Angeklagte … welcher am … geboren ist, das älteste Kind ist. Die weiteren sieben Kinder wurden im Zeitraum von 2001 bis zuletzt … geboren und leben alle noch beim Angeklagten … und seiner Ehefrau in einem Anwesen in der … Straße 22 in … Die Ehefrau des Angeklagten … ist nicht berufstätig.
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Der Angeklagte … floh im Jahr 2015 aus … und wurde nach seiner Ankunft in Deutschland zunächst in einer Wohnung in … Straße 22) untergebracht. Nach ca. 6 bis 7 Monaten nach seiner Ankunft in Deutschland holte er schließlich auch seine weiteren Familienmitglieder, darunter auch der Angeklagte … nach Deutschland nach. Ab 01.04.2019 wurde der ganzen Familie eine größere Wohnung im Anwesen … Straße 22 in … zugewiesen, wo die Familie bis heute lebt.
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Der Angeklagte …, seine Ehefrau und die 8 Kinder sind anerkannte Kriegsflüchtlinge und als solche im Besitz eines Reiseausweises für Flüchtlinge, mit welchen sie - mit Ausnahme ihres Heimatlandes … in jedes Land reisen können.
32
Die Miete für das Anwesen, in welchem die Familie des Angeklagten lebt, wird vom Jobcenter bezahlt. Daneben erhält der Angeklagte … für sich und seine Familie monatliche Nettozahlungen in Höhe von ca. 2.500 €, welche ebenfalls vom Jobcenter getragen werden. Der Angeklagte war teilweise bei der Stadtverwaltung sowie als Aushilfe bei der Tafel in … auf geringfügiger Basis beruflich tätig.
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Zuletzt ging der Angeklagte keiner Berufstätigkeit mehr nach.
34
Der Angeklagte … verfügt weder über Vermögen noch über Schulden.
35
Mit Ausnahme einer Schussverletzung an der rechten Schulter sowie einem Oberschenkelbruch blieb der Angeklagte … bislang vor größeren Unfällen und Krankheiten verschont.
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Der Angeklagte … ist gläubiger Sunnit und betet täglich mehrfach.
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Der Angeklagte konsumiert weder Alkohol noch illegale Drogen. Der Angeklagte … raucht täglich ca. 50 Zigaretten.
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Der Angeklagte … ist bislang in Deutschland strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
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Er befindet sich nach seiner vorläufigen Festnahme seit dem 27.09.2019 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Weiden vom 26.09.2019 (Gz. …) ununterbrochen in Untersuchungshaft in der JVA Weiden i.d.OPf.
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Der am … geborene Angeklagte ist … Staatsangehöriger.
41
Wie ausgeführt, wurde der Angeklagte … als ältestes Kind der Eheleute … und in … geboren und wuchs dort mit seinen Geschwistern bis zu der gemeinsamen Flucht im Jahr 2015 nach Deutschland auf.
42
Nach Besuch des Kindergartens wurde der Angeklagte altersgerecht in die Grundschule in … bei … eingeschult. Nach den vier Grundschuljahren absolvierte der Angeklagte … dann die Schuljahre fünf bis acht an einer Mittelschule in …. Die Schuljahre neun bis zwölf besuchte er dann wieder an einer weiterführenden Schule, vergleichbar dem hiesigen Gymnasium, welche er mit dem Abitur abschloss.
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Nachdem absehbar wurde, dass der Angeklagte … zum Militärdienst herangezogen werden sollte, setzte sich seine Familie schließlich im Jahr 2015 nach Deutschland ab.
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In Deutschland besuchte der Angeklagte nach seiner Ankunft zunächst ca. 4 Monate lang die Wirtschaftsschule in …. Im Jahr 2016 wechselte er dann auf die Mittelschule nach … wo er im Jahr 2017 seine Schulzeit beenden und gute Deutschkenntnisse erwerben konnte. Ab Herbst 2017 besuchte der Angeklagte die Berufsschule und begann eine Lehre zum Altenpflegehelfer im Berufsbildungszentrum …. Diese Ausbildung wurde jedoch vom Angeklagte Mitte 2019 abgebrochen und er begann sodann den Fachkundenachweis für das Sicherheitsgewerbe an einer Akademie abzulegen, was ihm im September 2019 noch vor seiner Inhaftierung dort gelang.
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Nach Vereinbarung durch die jeweiligen Väter ging der Angeklagte … nach islamischem Recht die Ehe mit … (geboren am … in …) ein, welche er vor der Heirat nicht kannte.
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Nach der Ankunft seiner Ehefrau …im Rahmen einer Flucht aus … nach …/Deutschland am 14.05.2018 wurde die Ehe nach islamischem Recht vollzogen und in Gang gesetzt. Diese Ehe ist staatlich nicht anerkannt. Der Angeklagte … lebte zunächst mit seiner Ehefrau zusammen mit seinen Geschwistern und seinen Eltern in der zugewiesenen Wohnung seiner Eltern in der … Straße 22 in …
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Aus der Ehe mit … resultiert der am … geborene gemeinsame …. Der Angeklagte … hat die Vaterschaft des Kindes anerkannt. Über weitere Kinder verfügt der Angeklagte … nicht.
48
Nach der Geburt des … wurde dem Angeklagten … und seiner Ehefrau … seitens des Jobcenters ab 01.04.2019 eine eigene Wohnung in der … straße 15 in … zugewiesen, welche von dem Paar bis zur Inhaftierung des Angeklagten gemeinsam jedoch nicht genutzt wurde. Vielmehr hielten sich darin bisweilen lediglich der Angeklagte … und seine damalige Geliebte … auf. Der Angeklagte … und seine Ehefrau … kamen weiterhin vielmehr mit dem gemeinsamen Kind in einem Zimmer im elterlichen Wohnanwesen im 4. Obergeschoss in der … Straße 22 in … unter, welches dem Angeklagten … und seiner Ehefrau - wie ausgeführt - seit dem 01.04.2019 vom Jobcenter zugewiesen wurde.
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Der Angeklagte … bezog zuletzt neben der gezahlten Miete für die Wohnung in der … straße 15 in … für sich noch staatliche Leistungen in Höhe von ca. 400 € monatlich.
50
Der Angeklagte … hat Schulden beim Jobcenter in Höhe von ca. 1.300 € sowie bei der Familienkasse in Höhe von ca. 1.200 €.
51
Der Angeklagte blieb mit Ausnahme kleinerer Verletzungen bislang vor größeren Unfällen und Krankheiten verschont.
52
Der Angeklagte … ist bislang einmal strafrechtlich in Deutschland in Erscheinung getreten:
18.12.2018, Amtsgericht Weiden i.d.OPf., Az. …, rechtskräftig seit 15.02.2019, Tatbezeichnung: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Datum der Tat: … 50 Tagessätze zu je 10 € Geldstrafe, Sperre für die Fahrerlaubnis bis 17.06.2019
53
Der Angeklagte … befindet sich nach seiner vorläufigen Festnahme seit dem 27.09.2019 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Weiden (Gz. …) vom 26.09.2019 seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft in der JVA Amberg.
54
Der … geborene Angeklagte … floh, nachdem in … der Bürgerkrieg ausgebrochen war, im Jahr 2015 zunächst allein von … nach Deutschland. Seine Familie, welche der Angeklagte … zunächst zurückließ, holte er schließlich als er in Deutschland angekommen war, im Wege der Familienzusammenführung noch im Jahr 2015 nach Deutschland nach. Der Angeklagte … und seine Familie, darunter auch der … geborene Angeklagte … wurden als Kriegsflüchtlinge anerkannt und wurden zunächst in einer Wohnung in der … Straße 22 in … untergebracht.
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Nachdem der Angeklagte … bereits 19 Jahre alt war und seine Eheschließung anstand, vereinbarten im August 2017 der Angeklagte … und der Vater von … welche sich aus der Heimat in … her kannten, dass ihre beiden Kindern miteinander vermählt werden sollten und nach islamischen Recht die Ehe miteinander eingehen sollten. Der Angeklagte … und seine zukünftige Ehefrau … kannten sich hingegen zuvor nicht. Die Heirat wurde nur aus Veranlassung der beiden Väter betrieben.
a) Schleusung von … und drei weiteren Personen durch den Angeklagten … von März 2018 bis 14.05.2018
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Um die Heirat zu vollziehen, kamen die beiden Väter überein, dass … welche zu diesem Zeitpunkt noch bei ihrer Familie bei … in … war, nach Deutschland zu ihrem zukünftigen Ehemann, zum Angeklagten … gebracht bzw. geschleust werden sollte, da sie nicht über gültige Einreisepapiere für die Bundesrepublik Deutschland verfügte.
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Der Angeklagte … welcher bereits Kontakte zu diversen Schleusern unterhielt, erklärte sich bereit, die illegale Verbringung seiner Schwiegertochter … von … aus nach Deutschland zu organisieren.
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Vor dem Hintergrund dieser Vereinbarung setzte sich daher … Mitte März 2018 von ihrem Heimatdorf bei … aus in Bewegung und wurde von ihrem Vater in Rücksprache mit dem Angeklagten … zu einem Treffpunkt an die … Grenze gebracht, wo sie auf Veranlassung durch den Angeklagten … von einem von ihm beauftragten und bezahlten Schleuser abgeholt wurde und zunächst in die … gebracht werden sollte. Mit … wurde dabei auch die Nichte des Angeklagten … und die Tante des Angeklagten, … auf Betreiben des Angeklagten … mit abgeholt, um durch seine Veranlassung auch diese nach Deutschland (… und …) bzw. nach … illegal, d.h. ohne die erforderlichen Einreisepapiere zu besitzen, zu verbringen.
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Nach mehreren illegalen Grenzübertrittsversuchen haben es die drei Frauen zusammen mit weiteren Personen schließlich geschafft, mit Hilfe des beauftragten Schleusers, zu Fuß die Grenze zur … zu überqueren. Unmittelbar nach Grenzübertritt wurden die drei Frauen von einer weiteren Person, welche vom Angeklagten … beauftragt und bezahlt wurde, übernommen und an die Grenze zu … gebracht, wo sie und weitere Personen von dieser beauftragten und bezahlten Person schließlich mit 7-8 weiteren Personen in Schlauchbooten nach … bzw. auf eine … Insel ohne die erforderlichen Grenzübertrittspapiere zu besitzen gebracht und dann weiter nach … auf das … Festland gebracht wurden.
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In … hat der Angeklagte … wie mit den beauftragten Schleusern vereinbart, die drei Frauen zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im April 2018 übernommen und sich hierzu eigens von Deutschland nach … begeben. In … hatte der Angeklagte … bereits zuvor für sie alle ein Hotelzimmer reserviert, wo der Angeklagte und die drei Frauen zunächst drei Nächte blieben. Hinzu kamen dann noch ein … Mann und dessen … Frau, welche seitens des Angeklagten … zusammen mit den … und … ebenfalls ohne die erforderlichen Einreisepapiere zu besitzen, nach Deutschland gegen Bezahlung an den Angeklagten für seine Dienste gebracht werden sollten.
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Der Angeklagte … versuchte zunächst von … aus, die Schleusung der drei … Frauen und des …Ehepaares über den Luftweg nach Deutschland mittels ihn bekannter Schleuser unter Verwendung von falschen Ausweispapieren zu organisieren. Hierzu erhielt der Angeklagte von diesen Pässen von ähnlich aussehenden Personen für den Flug von … nach Deutschland, wobei ihm von den Schleusern jedoch erklärt wurde, dass eine Ausreise über … nach Deutschland derzeit aufgrund strenger Kontrollen schwierig sei und sie lieber über … nach Deutschland ausreisen bzw. fliegen sollten. … war es jedoch gelungen, da sie ohnehin nach … und nicht nach Deutschland wollte, von … nach … zu fliegen.
62
Der Angeklagte … begab sich daher nach dem Hinweis der ihm bekannten Schleuser mit … seiner Nichte … und dem Ehepaar nach … wo eine Ausreise über den Luftweg jedoch auch scheiterte, so dass der Angeklagte … nun vorgab, dass sie über die sog. Balkanroute größtenteils zu Fuß nach Deutschland kommen sollten. Um diese Reise zu finanzieren nahm der Angeklagte … auch die Goldarmreifen von … und seiner Nichte … an sich. Die Goldarmreifen waren als sog. Morgengabe für die bevorstehende Hochzeit von … vom Bräutigam … für sie bestimmt. Der Angeklagte … mietete bis zum weiteren Fortkommen für sich und seine vier Begleiter eine Wohnung in … wo sie sich ca. 20 Tage aufhielten, wobei der Angeklagte … in dieser Zeit kurzzeitig für 2-3 Tage abwesend war und wohl kurzzeitig nach Deutschland zurückreiste.
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Sie traten schließlich auf Betreiben des Angeklagten … den Landweg über die Balkanroute mit dem Ziel Deutschland an. Dazu begaben sie sich zunächst über mehrere Tage Fußmarsch nach … von wo aus sie nach einer kurzzeitigen Inhaftierung durch die dortige Polizei schließlich Richtung … aufbrachen. Nach mehreren gescheiterten Grenzübertritten zu Fuß nach … organisierte und bezahlte der Angeklagte … schließlich eine Person, welche sie mit dem Auto über die Grenze nach … brachte. Von … aus erreichten sie nach ein paar Tagen Fußmarsch schließlich die … Grenze und überschritten diese schließlich. Von … aus konnten sie schließlich nach ein paar gescheiterten Grenzübertrittsversuchen zu Fuß die … Grenze überqueren, nachdem der Angeklagte … telefonisch Kontakt zu einer Person aufnahm, welche ihnen half, diese Grenze zu passieren.
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In … begaben sie sich schließlich an einen vom Angeklagten … vorgegebenen Treffpunkt in einem Waldstück, von wo aus sie von einem vom Angeklagten … beauftragten und bezahlten Fahrer mit dem Fahrzeug des Angeklagten … der Marke Opel abgeholt wurden. Ein weiteres Fahrzeug fuhr, wie vom Angeklagten … organisiert, voraus und klärte ab, ob Polizeikontrollen stattfinden, damit das hinterherfahrende Fahrzeug gewarnt hätte werden können. Das Fahrzeug fuhr den Angeklagten und seine vier Begleiter, wie vom Angeklagten vorgegeben, in … in ein Waldstück, von wo aus sie die Grenze zur … wegen befürchteter Kontrollen auf der Straße zu Fuß überquerten. In … wurden sie dann vom Fahrer mit dem Fahrzeug an einem vereinbarten Treffpunkt wieder abgeholt und zu einem Bahnhof gefahren, wo der Angeklagte für sich und seine vier Begleiter Zugtickets nach … kaufte und sie sich schließlich auch mit dem Zug vom … aus nach … begaben.
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In … am Hauptbahnhof, wo sie am 14.05.2019 abends ankamen, wurde der Angeklagten und seine vier Begleiter von dem beauftragten Fahrer, welche sie bereits von … bis nach …brachte, abgeholt und nach … in die Wohnung der Familie … gebracht, wo … bei ihrer Ankunft in den Abendstunden erstmals ihren zukünftigen Ehemann, den Angeklagten … traf und es zum ersten (einvernehmlichen) sexuellen Kontakt der beiden kam, womit die Ehe nach islamischen Verständnis in Vollzug gesetzt wurde.
b) Körperverletzungshandlungen durch den Angeklagten … zum Nachteil von … am 15.05.2018 mit einem Gürtel in …
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Am Morgen des Folgetages (15.05.2019) bekam … mit, dass seitens des Angeklagten … an die noch anwesende Nichte … die ihr in … von ihm abgenommenen Goldarmreifen zurückgegeben wurden, was … veranlasste, bei ihrem Mann, dem Angeklagten …, anzufragen, warum sie denn ihre Goldarmreifen, welche sie von ihm als Morgengabe empfangen hatte, nicht zurückbekommen würde.
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Diese Frage ärgerte den Angeklagten … und es entstand ein lautstarker Streit, an dessen Ende sich der Angeklagte … schließlich nach unten zu seinen Eltern begab. Nach einer Zeit kam der Angeklagten … schließlich von seinen Eltern weinend wieder zurück, zog seinen Gürtel aus der Hose und peitschte damit auf die noch unbekleidete … welche sich am Boden zusammenkauerte und versuchte mit ihren Armen die Gürtelschläge abzufangen, im Bereich ihres Oberkörpers mehrfach ein. Dann ging der Angeklagte … dazu über, den Gürtel umzudrehen und mit der metallenen Schnalle voraus auf den Kopf und den ganzen Oberkörper von … einzuschlagen, wodurch diese auch mehrfach am Kopf getroffen wurde und dadurch neben vielen Hämatomen am Oberkörper auch starke Kopfschmerzen sowie eine Beule am Kopf erlitt, was der Angeklagte jedenfalls für möglich erachtete und für sich billigend in Kauf nahm.
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Nach ein paar Minuten ließ er schließlich wieder von … ab und beruhigte sich.
c) Orale Vergewaltigung durch den Angeklagten … zum Nachteil von … Mitte/Ende Juni 2018 in der Wohnung in …
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Nach circa einem Monat, nachdem … ankam, war sie wegen dieser und diverser anderer körperlicher Misshandlungen, wegen vieler Beleidigungen und der schlechten und unfreundlichen Behandlung durch ihren Ehemann, den Angeklagten … nicht mehr bereit, mit ihm den Geschlechtsverkehr auszuführen, was sie diesem gegenüber auch immer wieder klar zum Ausdruck brachte, was hingegen vom Angeklagten … welcher dies wegen seiner von ihm so aufgefassten gehobenen Stellung als Mann in der Ehe nicht akzeptiert wurde.
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Der Angeklagte … war dabei der Ansicht, dass seine Ehefrau ihm bedingungslos gehorchen und ihm gefügig sein sollte, insbesondere wenn er von ihr den Geschlechtsverkehr oder andere sexuelle Handlungen einforderte. Der Angeklagte … welcher seine deutliche körperliche Überlegenheit erkannte, war aufgrund dessen nicht bereit, die von seiner Frau ausgesprochene Verweigerung von jedweden sexuellen Handlungen für sich zu akzeptieren, sondern ging vielmehr dazu über, die von ihm beanspruchten und eingeforderten sexuellen Handlung gewaltsam oder mittels Drohungen von seiner Ehefrau einzufordern.
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Neben der Befriedigung seines Sexualtriebs ging es dem Angeklagten …, bei den nachfolgend genannten sexuellen Handlungen auch um die Erniedrigung seiner Ehefrau, indem er ihr seine körperliche Stärke und seine Macht über sie gerade auch im Rahmen der erzwungenen sexuellen Handlungen eindrucksvoll vor Augen führen und er ihre innere Gegenwehr ihm gegenüber damit brechen wollte.
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… welche nicht bereit war, sich wie vom Angeklagten … gefordert, bedingungslos ihm unterzuordnen und ihm nach seinem Willen sexuell gefügig zu sein, hatte auch auf der Grundlage der islamischen Weltanschauung ein anderes Verständnis, was den Umgang eines Ehemannes mit seiner Ehefrau anbelangt. Deshalb war sie bereits nach circa einem Monat nach ihrer Ankunft beim Angeklagten … und der Invollzugsetzung der Ehe nach islamischen Recht nicht mehr bereit, mit dem Angeklagten … auf freiwilliger Basis den Geschlechtsverkehr oder andere sexuelle Handlungen an ihm vorzunehmen oder zu vollziehen. Neben der klaren wörtlichen Artikulation gegenüber dem Angeklagten … brachte sie dies auch dadurch zum Ausdruck, dass sie, nachdem sie zuvor zum Schlafen nur leichte Kleidung trug oder teilweise auch nackt zu Bett ging, ab dieser Zeit Schlafanzüge mit Ärmeln und langen Hosenbeinen trug und zu anderen Zeiten zu Bett ging als der Angeklagte, um ihn auf diese Weise aus dem Weg zu gehen.
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Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Tag zwischen Mitte bzw. Ende Juni 2018 ging … daher erneut in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer in der Wohnung in … vor dem Angeklagten zu Bett, um ihm auch auf diese Weise wieder aus dem Weg zu gehen. Sie wollte bereits schlafen, wenn der Angeklagte später zu Bett ging.
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Der Angeklagte … welcher zum Schlafen regelmäßig nur eine Unterhose trug, folgte ihr später um ca. 23 Uhr nach ins Bett und versuchte sie aufzuwecken. … welche auch in dieser Nacht - wie der Angeklagte wusste - keinen Sex mit ihm wollte, stellte sich daher schlafend und reagierte zunächst auf das Ansinnen des Angeklagten nicht. Der Angeklagte begann jedoch sodann sie auszuziehen und sie täuschte ihm dabei vor, als ob sie dadurch erst aufwachen würde.
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Der Angeklagte … welcher verärgert darüber war, dass sie nicht früher „aufgewacht“ war, schlug ihr mit den Händen ins Gesicht und verlangte von ihr, nun den Geschlechtsverkehr mit ihm zu vollziehen. … welche auch dadurch verletzt war, dass er sie den ganzen Tag zuvor beleidigt hatte, weigerte sich und drehte ihm den Rücken zu und deckte sich wieder zu.
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Der Angeklagte … welcher nicht bereit war diese Ablehnung seiner Ehefrau zu akzeptieren, zog seine Unterhose aus und packte seine Frau an ihren langen Haaren und zog sie auf diese Weise auf seine Seite des Bettes herum. Er schlug ihr dabei erneut mit der Hand ins Gesicht und schlang zunächst ein Bein um ihren Hals und setzte sich sodann mit seinem Körpergewicht auf eine Schulter bzw. einen Oberarm seiner Frau, so dass sie diesen Arm bzw. diese Schulter nicht mehr bewegen konnte. Sein Penis befand sich dabei unmittelbar vor dem Gesicht seiner Frau. Mit einer Hand fixierte er sodann die andere Hand seiner Frau, welche mit dem Rücken auf dem Bett lag, und steckte ihr dann seinen erigierten Penis in den Mund.
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Seine Frau versuchte sich zunächst hiergegen noch zu wehren. Sie erkannte jedoch schnell, dass sie in der konkreten Lage, wo der Angeklagte auf der einen Körperseite auf ihrem Oberkörper saß und so ihren einen Arm fixierte und den anderen Arm mit seiner Hand am Bett festhielt, keine Chance hatte sich den erzwungenen Handlungen zu entziehen oder gar aufzustehen.
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Der Angeklagte steckte seinen Penis dabei anfangs kurze Zeit sehr tief in den Mund seiner Frau, so dass diese dadurch zu würgen begann. Anschließend zog er ihn wieder etwas zurück und bewegte seinen Penis im Mund seiner Frau mehrfach hin und her. Seine Frau, welche diese Art des sexuellen Verkehrs als ekelhaft empfand, würgte und hustete auch weiterhin, so dass er seinen Penis schließlich wieder ganz aus dem Mund seiner Frau zog. … wollte sich daraufhin abermals aufrichten, was ihr wegen des Gewichts des Angeklagten und des Festdrückens am Bett durch ihn jedoch nicht gelang.
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Der Angeklagte … legte sich nunmehr mit seinem Gewicht auf seine Frau und begann diese am Hals und später an ihren Brüsten zu küssen. Seine Frau versuchte ihn auch in dieser Position wegzudrücken und forderte ihn auf, von ihr wegzugehen, da sie keine Lust auf Sex haben würde. … begann schließlich zu weinen.
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Der Angeklagte versuchte nun ihr Schlafenzugoberteil, welches sie noch trug, ganz nach oben zu schieben und dieses ihr auszuziehen. Da sie sich hiergegen wehrte, riss er ihr Oberteil ein Stückweit auf, so dass ihre Brüste dadurch offen lagen. Der Angeklagte setzte sich nun auf den Bauch seiner Frau, hielt seinen erigierten Penis zwischen ihre nun nackten Brüste und drückte diese zusammen und bewegte dabei seinen Penis zwischen den Brüsten hin und her. Die körperlich weit unterlegene Ehefrau versuchte dabei erneut vergeblich ihn von sich runterzuschieben oder sich unter ihm wegzudrehen, was ihr jedoch wegen des Körpergewichts und der ausgeübten Kraft durch den Angeklagten nicht gelang.
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Nach einiger Zeit hörte er schließlich damit auf und forderte sie nunmehr auf, seinen Penis wieder in ihren Mund zu nehmen, was sie jedoch verweigerte und ihm erneut aufforderte, von ihr wegzugehen.
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Der Angeklagte, welcher auch dies nicht akzeptieren wollte, versuchte sodann mit seinen Händen, wobei er immer noch auf dem Oberkörper seiner Frau, welche rücklings am Bett lag, saß, gewaltsam ihren Mund zu öffnen, indem er im Bereich ihrer Wangen kraftvoll in ihre Kiefer drückte.
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Nachdem es ihm auf diese Weise jedoch nicht gelang, den Mund seiner Frau zum erneuten Eindringen mit seinem Penis zu öffnen, begann er an seinem Penis, welcher sich vor dem Gesicht seiner vor ihm liegenden Frau befand, zu masturbieren. Sein Ejakulat spritzte er schließlich seiner Frau auf ihr Gesicht, insbesondere an und in ihren Mund.
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Nachdem seine Frau ihn nach dem Samenerguss erneut aufforderte, nun von ihr runterzugehen, ließ er schließlich von ihr ab und entfernte sich von ihr.
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Der gesamte Vorgang vom Aufwecken bis zum Samenerguss dauerte ca. eine halbe Stunde.
d) Anale Vergewaltigung durch den Angeklagten … zum Nachteil von … im November 2018 in der Wohnung in …
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In den Folgemonaten versuchte der Angeklagte … mehrfach, den Geschlechtsverkehr mit seiner Frau, welche auch weiterhin, was sie ihm auch weiter klar kommunizierte, zu keinerlei sexuellen Handlungen mit ihm auf freiwilliger Basis bereit war, vorzunehmen. Teilweise ließ sich seine Ehefrau nach erfolgten Schlägen und aus Angst vor weiteren Schlägen auf das Ansinnen ihres Ehemannes gezwungenen Maßen ein, wobei sie ihm jeweils klar kommunizierte, dass sie dazu nicht freiwillig bereit sei.
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Der Angeklagte bestand gegenüber seiner Frau jedoch immer mehr darauf, dass diese mit ihm auch den Oral- und den Analverkehr ausübt, … welche diese beide Sexualpraktiken für sich sehr ekelhaft und herabwürdigend als Frau empfand, was sie dem Angeklagten auch mehrfach in Gesprächen hierzu zum Ausdruck brachte, lehnte dies jedoch auch weiterhin ihm gegenüber ab, auch gerade deshalb, weil diese beide Arten des Geschlechtsverkehrs im islamischen Glauben ihrer Einschätzung nach als besonders unrein gelten und ihrer Ansicht nach auch verboten sind.
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… wurde vom Angeklagten … schließlich schwanger und befand sich im November 2018 ca. im sechsten Schwangerschaftsmonat, so dass sie auch vor diesem Hintergrund - unabhängig vom allgemein geäußerten Willen, nicht mit dem Angeklagten Geschlechtsverkehr jeder Art haben wollte und insbesondere auch nicht bereit war, diese Sexualpraktiken des Oral- und Analverkehrs mit ihm vorzunehmen.
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An einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt in einer Nacht im November 2018 schlief … in ihrem Bett im gemeinsamen Schlafzimmer in der Wohnung in (… Straße 22).
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Der Angeklagte … welcher zuvor ausgegangen war, kehrte spät nachts zurück und begab sich ins Bett zu seiner Frau. Er näherte sich ihr an und zog ihr ihre Schlafanzughose bis zu den Knien hinunter, um mit ihr nun den bereits lange eingeforderten Analverkehr vorzunehmen.
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Seine Frau, welche aufgrund der Schwangerschaft auf der Seite schlief, wurde dadurch wach. Der Angeklagte versuchte nun, indem er sich mit seinem Körper von hinten an seine auf der Seite liegende Frau drückte, mit seinem erigierten Penis in den After seiner Frau einzudringen. Hierzu zog er sie mit seinen Händen zu sich hin.
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Nachdem seine Frau versuchte, Abstand von ihm zu gewinnen und von ihm wegrutschte, hielt er für ein paar Minuten inne, so dass sie ihre Hose wieder hochziehen konnte.
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Dann packte der Angeklagte seine Frau jedoch erneut und drehte sie gewaltsam auf den Bauch, zog ihre Hose erneut herunter und legte sich in völlig unbekleidetem Zustand mit seinem ganzen Körpergewicht auf seine Frau, was ihr angesichts der fortgeschrittenen Schwangerschaft in dieser Liegeposition sehr unangenehm und für sie schmerzhaft war.
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Der Angeklagte versuchte nun mit seinem erigierten Penis abermals in den After seiner Frau einzudringen, was ihm schließlich erst mit erheblichem Kraftaufwand gelang. Seine Frau hatte in dieser Position, gerade angesichts des auf ihr lastenden Körpergewichts des Angeklagten, keine Chance, sich zu bewegen oder sich zu entziehen. Sie konnte sich nicht bewegen und empfand dadurch und durch das gewaltsame Eindringen große Schmerzen im Afterbereich und begann laut zu schreien und bettelte darum, dass der Angeklagte damit endlich aufhören solle, was dieser zunächst jedoch nicht tat. Vielmehr schlug der Angeklagte seiner Frau, als diese laut zu schreien begann, noch mit der Hand auf den Kopf und drückte dann ein Kissen auf ihren Hinterkopf, um ihr Schreien dadurch abzudämpfen.
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Nachdem seine Frau durch das gewaltsame Eindringen mit seinem Penis am After zu bluten begann, ließ er schließlich nach kurzer Zeit wieder von ihr ab und zog seinen Penis wieder vollständig aus dem After seiner Frau heraus.
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Zu einem Samenerguss war es nicht gekommen.
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Seine Frau … wurde dadurch am After verletzt und hatte jedenfalls über mehrere Tage hinweg Schmerzen, was vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen wurde.
e) Zwei orale Vergewaltigungen durch den Angeklagten … zum Nachteil von … in der Zeit vom 01.04.2019 bis 21.06.2019 in der Wohnung in …
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Auch vor und nach der Geburt des gemeinsamen … am 07.02.2019 forderte der Angeklagten von seiner Frau den Geschlechtsverkehr, was diese jedoch weiterhin auf freiwilliger Basis ablehnte.
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Ab 01.04.2019 wurde der Familie des Angeklagten … eine größere Wohnung im Anwesen … Straße 22 in … seitens des Jobcenters zugewiesen.
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Dem Angeklagten … und seiner Frau … wurde eine eigene Wohnung in der … straße 15 in … zugewiesen, welche vom Angeklagten … und seiner Frau … jedoch nicht gemeinsam bewohnt wurde. Vielmehr lebte … und der Angeklagte … in einem Zimmer im vierten Geschoss der dem Angeklagten … zugewiesenen Wohnung in den … Straße 22, wobei sich der Angeklagte … nur gelegentlich dort auch zum Übernachten mit aufhielt.
101
Circa seit Mai 2019 unterhielt der Angeklagte … auch eine sexuelle Beziehung zu einer Mitschülerin türkischer Abstammung, zu … wobei er sich mit … hauptsächlich in der ihm und seiner Frau … eigentlich zugewiesen Wohnung in der …straße 15 in … traf und es dort auch zu sexuellen Handlungen zwischen dem Angeklagten … und … auch im Rahmen des vom Angeklagten präferierten Analverkehrs, kam.
102
…bekam vom Angeklagten auch mit, dass er eine sexuelle Beziehung zu einer anderen Frau unterhielt.
103
Nach einem durchgeführten Analverkehr mit … kam es nach der Rückkehr des Angeklagten … auch wieder dazu, dass dieser unmittelbar daran anschließend den Oralverkehr mit seiner Frau … erzwang [nicht Gegenstand der Angeklagte und der Verurteilung]. Nachdem dieser durch ihn beendet wurde, erklärte er seiner Frau … gegenüber, dass er gerade zuvor bei seiner Bekannten gewesen sei und mit ihr Analverkehr gehabt habe und sich, bevor er mit ihr … gerade den Oralverkehr vollzogen habe, sich nicht am Penis gewaschen habe, um seine Frau neben dem erzwungenen Oralverkehr - wie von ihm beabsichtigt - zusätzlich dadurch herabzuwürdigen und zu entehren, was seine Frau zusätzlich psychisch stark belastete und verletzte. Auch vor dem Hintergrund dieses Ereignisses lehnte … es auch weiterhin strikt ab und empfand es für sich als äußerst ekelhaft und entehrend, mit dem Angeklagten den Oralverkehr vollziehen zu müssen, was sie ihn immer wieder kommunizierte.
104
Im Zeitraum vom 01.04.2019 bis 21.06.2019 kam es in der Wohnung in der … Str. 22 in … im Schlafzimmer im 4. Obergeschoss jedenfalls zu zwei weiteren Fällen des erzwungenen Oralverkehrs durch den Angeklagten … gegenüber … welche für sie deshalb zudem besonders erniedrigend und belastend empfunden wurden, da er hierbei jeweils in bzw. an ihren Mund ejakulierte und in einem Fall davon diese sexuellen Handlungen auch auf seinem Mobiltelefon filmte.
105
Der erste Fall fand an einem Nachmittag im o.g. Zeitraum statt. Der Angeklagte … forderte im gemeinsamen Schlafzimmer im 4. Geschoss der Wohnung in der … Straße 22 in … erneut von seiner Frau den Oralverkehr mit ihm ein und wollte diesen auf seinem Mobiltelefon aufnehmen. Seine Frau erklärte ihm, dass sie weder mit dem Oralverkehr noch mit dem Aufnehmen auf dem Mobiltelefon einverstanden sei, woraufhin der Angeklagte … mehrfach heftig mit den Händen auch gegen den Kopf schlug. Er äußerte ihr dabei auch, dass sie sich bei der Videoaufnahme nicht wehren, sondern mitmachen soll, da das Video „gut rauskommen“ solle.
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Der Angeklagte befahl schließlich seiner Frau, welche bereits aufgrund der vorausgegangenen Vorfälle insbesondere mit Schlägen keine Kraft mehr hatte, ihm Widerstand zu leisten, und auch Angst hatte, erneut von ihm heftig geschlagen zu werden, was der Angeklagte erkannte, dass sie sich vor ihm auf dem Teppichboden hinknien solle und er ihr dann seinen erigierten Penis in ihren Mund einführen werde und sie dabei mitmachen und sich nicht wehren solle.
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… nicht mehr bereit und fähig dem Angeklagten Widerstand zu leisten, kam dieser Aufforderung daher für den Angeklagten erkennbar gegen ihren Willen nach und kniete sich vor ihm hin und nahm seinen erigierten Penis in den Mund, den der Angeklagte schließlich in ihrem Mund hin und her bewegte. Dabei hielt er … mit der einen Hand an ihren Haaren am Kopf fest und führte so auch ihren Kopf zu seinem Penis hin und her. Mit der anderen Hand hielt er sein Mobiltelefon und filmte die Handlungen. Nach ein paar Minuten zog der Angeklagte schließlich seinen Penis aus dem Mund seiner Frau und masturbierte vor ihrem Gesicht in dieser Position weiter, bis es schließlich zum Samenerguss kam und der Angeklagte sein Ejakulat seiner Frau ins Gesicht und insbesondere in und an ihren Mund sowie auf ihren Oberkörper spritzte, was von dieser - wie er auch wusste und merkte - als besonders ekelhaft und erniedrigend empfunden wurde.
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Der weitere Vorfall dieser Art ereignete sich im oben genannten Zeitraum zur Nachtzeit beim Bettgehen. Auch hier forderte der Angeklagte von seiner Frau den Oralverkehr mit ihm ein, was diese jedoch erneut ablehnte. Nachdem der Angeklagte jedoch damit drohte, sie erneut zu schlagen und das zuvor erstellte Video vom vorausgegangenen gefilmten Oralverkehr zu veröffentlichen, willigte die Geschädigte entgegen ihrem, für ihn erkennbaren Willen schließlich doch ein und vollzog mit ihm den Oralverkehr, wobei sie sich auch hierbei vor dem Angeklagten hinknien und seinen Penis in den Mund nehmen musste. Nachdem der Angeklagte auch hier seinen Penis mehrfach in den Mund seiner Frau hin und her bewegt hatte und schließlich vor ihrem Gesicht bis zum Samenerguss masturbiert hatte, spritzte er ihr schließlich sein Ejakulat erneut in ihr Gesicht, insbesondere in und an ihren Mund und auf ihren Oberkörper, was von ihr erneut - wie er wusste und merkte - als besonders ekelhaft und erniedrigend empfunden wurde.
f) Körperverletzungshandlungen durch den Angeklagten … zum Nachteil von … im Juni 2019 mit einem Kleiderbügel in …
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Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im Juni 2019, jedenfalls vor dem 21.06.2019, unternahm … zusammen mit ihrem damals ca. 4 Monate alten … (geboren am …) den Versuch, aus der gemeinsam genutzten Wohnung in der … Str. 22 in … zu fliehen, als sie kurzzeitig einmal allein in der Wohnung war. Beim Verlassen des Hauses traf sie jedoch auf den Angeklagten … und dessen Bruder …. Der Angeklagte … welcher das Ansinnen von … sofort erkannte, eilte zu ihr hin, packte sie an den Haaren und zog sie nach oben in das Schlafzimmer. Der Bruder … nahm ihr dabei das Kind aus dem Arm.
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Im gemeinsamen Schlafzimmer schlug der Angeklagte …aus Verärgerung und Wut über den Fluchtversuch mehrfach mit seinen Händen und mit einem Holzkleiderbügel auf den Kopf und den Oberkörper von … ein. Auch nachdem der Kleiderbügel durch die Wucht der Schläge auf seine Frau zerbrach, schlug der Angeklagte … mit dem abgebrochenen Kleiderbügel weiterhin auf seine Frau in der beschriebenen Weise mehrfach ein.
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Diese erlitt dadurch diverse Hämatome über den ganzen Oberkörper, an den Armen und Händen, welche sie schützend vor ihr Gesicht bzw. ihren Kopf hielt, sowie durch die scharfkantige Abbruchstelle des Kleiderbügels, wo spitzige Holzspreißel nach dem Zerbrechen im Bereich der Bruchkante hervorstanden, mehrere blutende kleinere Verletzungen im Bereich der rechten Unterarmbeugeseite. Diese blutendenden Verletzungen führten zur Narbenbildung bei … wobei hier zwei Narben in einer Länge von ca. 1 cm und von ca. 3 cm verblieben sind.
g) Außer-Landes-Bringen von … und Trennung von ihrem … durch den Angeklagten … vom 21.06.2019 bis 11.09.2019
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Aufgrund vieler körperlicher und verbaler Auseinandersetzungen zwischen dem Angeklagten … und … kam es bereits ab Juni 2018 häufig zu lautstarken Streit zwischen dem Angeklagten … und seiner Frau und deshalb zu lautem Schreien von ihr, welche jedenfalls sämtliche im Haus mitlebenden Familienangehörige, insbesondere auch der Angeklagte … und seine Ehefrau, mitbekamen und deshalb befürchteten, dass dies auch die Nachbarn im bewohnten Doppelhaus mitbekommen würden. Zudem bemerkten der Angeklagte … und seine Ehefrau, dass die Schwiegertochter nicht nach ihrem Verständnis „funktionierte“ und nicht bereit war, sich bedingungslos ihrem Sohn … unterzuordnen. Auch wurde ihnen bewusst, dass die Ehe zwischen ihrem Sohn … und …, auch nach der Geburt des gemeinsamen …, nicht funktionierte und letztlich eine Trennung der beiden unausweichlich war.
113
Da man jedoch befürchtete, dass die lautstarken Gewalthandlungen des Angeklagten … gegenüber … von außenstehenden Personen, insbesondere Nachbarn, mitbekommen werden könnten bzw. dass … gerade nach ihrem letzten gescheiterten Fluchtversuch - einmal doch entweichen und die Polizei verständigen könnte und die Taten damit zur Anzeige gebracht werden könnten, was dann zur endgültigen Trennung und zum Verlust des erstgeborenen … führen würde, entschloss sich jedenfalls der Angeklagte …, seine Schwiegertochter … notfalls auch gegen deren Willen - ohne das Kind außer Landes und zurück nach … zu bringen.
114
Der Angeklagte … ging dabei davon aus, dass dann … wegen nicht mehr zur Verfügung stehender Mittel die Flucht nach Deutschland nicht erneut mehr schaffen bzw. antreten könnte, so dass auf diese Weise eine endgültige Trennung zwischen seinem Sohn … und … herbeigeführt würde und sein Enkel … so für immer bei ihnen in Deutschland bleiben kann.
115
Andererseits, wenn eine Trennung der beiden in Deutschland vollzogen werden würde, war - wie der Angeklagte … gerade vor den ihn bekannt gewordenen Gewalthandlungen seiner Schwiegertochter gegenüber erkannte - zu befürchten, dass das Sorgerecht für das Kind … der Schwiegertochter von den deutschen Gerichten zugesprochen wird, was der Angeklagte … unbedingt vermeiden wollte, gerade weil es sich bei dem Kind um das erstgeborene … Kind seines erstgeborenen Sohnes … handelte.
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… weigerte sich jedoch beharrlich in Gesprächen mit dem Angeklagten … sowie mit ihrem Ehemann … ohne ihr Kind Deutschland zu verlassen.
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Nachdem jedenfalls der Angeklagte … erkannte, dass seine Schwiegertochter jedenfalls nicht freiwillig das Land verlassen würde, ging er bereits ca. eine Woche nach der Geburt des Kindes … am … dazu über, sie unter Druck zu setzen und sie notfalls durch Drohungen oder durch List dazu zu veranlassen mit ihm aus Deutschland auszureisen.
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Zunächst erklärte ihr der Angeklagte …, dass ihre Aufenthaltserlaubnis für Deutschland bald enden würde und sie, um diese zu verlängern, nach … ausreisen müsse, da sie sonst von Deutschland aus in den Iran abgeschoben werde, was - wie der Angeklagte … wusste - nicht der Wahrheit entsprach. Der Angeklagte wollte sie dadurch veranlassen, mit ihm - ohne das Kind - aus Deutschland auszureisen.
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Jedenfalls der Angeklagte … drohte … später auch damit, als er erkannte, dass seine vorausgegangenen Täuschungen nicht funktionierten, dass sie ihren … nie mehr wiedersehen würde, wenn sie nicht mit ihm, dem Angeklagten … nach Griechenland fliegen würde. Der Angeklagte … gab ihr dabei erneut vor, dass ihr Aufenthaltstitel für Deutschland nur von dort … aus verlängert werden könnte, was - wie der Angeklagte … wusste - nicht zutrifft. Der Angeklagte … wollte … durch diese List vielmehr dazu veranlassen, mit ihm auszureisen und nach … zu fliegen, von wo aus er sie dann über weitere Wege über dies … zurück nach … bringen wollte bzw. sie ohnehin von der … Polizei dorthin abgeschoben werden würde.
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Der Angeklagte … schwor schließlich auch zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitraum vom 14.02.2019 bis 21.06.2019 auf den Kopf seines eigenen ebenfalls erst neugeborenen Sohnes gegenüber … dass er sie binnen drei Tagen wieder nach Deutschland bringen würde, was - worauf es ihm ankam und was er wusste - nicht zutreffend war. Zudem äußerte er ihr gegenüber dabei, dass für den Fall, dass sie nicht mit ihm dorthin fliegen würde, er dafür sorgen würde, dass sie ihren … nie mehr wiedersehen würde, was … sehr ernst nahm und für sie das größte Übel darstellte, das man ihr in ihrer Lage noch hätte antun können.
121
Um auf diese Weise, wie vom Angeklagten … angedroht, ihren … nicht zu verlieren, erklärte sich … schließlich nach langen und vielen Gesprächen mit den oben aufgeführten Inhalten doch bereit, das Risiko einzugehen und mit dem Angeklagten … zur vorgetäuschten Aufenthaltstitelverlängerung nach … zu fliegen und ihren … dabei zurückzulassen.
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Jedenfalls der Angeklagte … wollte auf diese Weise erreichen, dass … dauerhaft von ihrem … getrennt und in … verbleiben würde.
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Die beiden Angeklagten fuhren daher mit … am 21.06.2019 von ihrer Wohnung in … frühmorgens los in Richtung des Flughafens in … Am Flughafen … nahm der Angeklagten … ihre Geldbörse an sich, in der sich unter anderem ihr Aufenthaltstitel für Deutschland und ihre Versicherungskarte befand. Der Angeklagte … checkte sodann am Flughafen … für einen Flug nach … für sich und … ein.
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In … gab der Angeklagte … der Wahrheit zuwider, wie er wusste, … gegenüber an, dass er sie von dort aus nun nach … bringen würde, wo sich eine Anwältin befinden würde, welche die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels veranlassen würde. Tatsächlich brachte er sie von … aus in einem dort bestiegenen Bus an die … Grenze.
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Nachdem … im Bus von einer Mitreisenden erfuhr, was das eigentliche Ziel der Busfahrt war, war ihr klar, dass … sie in die … bringen wollte. Sie versuchte daher beim Stop des Busses zu fliehen und sich vom Angeklagten … abzusetzen, was ihr aber nicht gelang und sie vom Angeklagten … eingefangen wurde. Dabei gab er ihr der Wahrheit zuwider, wie er auch wusste, nun vor, dass die Anwältin, welche für die Verlängerung des Aufenthaltstitels zuständig sei, sich nunmehr in der … aufhalten würde und sie daher dorthin gehen würden.
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Nach Übertritt der … Grenze wurden der Angeklagte … und … von der … Grenzpolizei ergriffen und in ein Flüchtlingscamp gebracht.
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… welche nun konkret befürchtete, von dort wieder nach … abgeschoben zu werden und deshalb im Flüchtlingslager oft weinte und dadurch Aufsehen auch bei den Beamten erregte, offenbarte sich schließlich einer dort eingesetzten Flüchtlingshelferin, indem sie dieser unter anderem mitteilte, dass sie gegen ihren Willen vom Angeklagten … aus Deutschland hierher gebracht und so von ihrem Baby getrennt worden sei.
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Der Angeklagte … reiste sodann, nachdem er aus dem Flüchtlingslager entlassen wurde, illegal zunächst wieder nach … ein und traf sich dort in seinem Heimatdorf mit diversen Personen. Schließlich reiste er von der … aus am 06.07.2019 wieder über …, wo er von seinen Familienangehörigen abgeholt wurde, zurück nach … wurde aus dem Flüchtlingslager in der … nahe der … Grenze, in ein Frauenhaus nach … gebracht. Von dort aus nahm sie Kontakt mit der deutschen Botschaft in … auf, welche den Rücktransport von … nach Deutschland zu ihrem Kind organisierte.
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Am 11.09.2019 kam sie nach knapp drei Monaten von … aus über den Luftweg wieder zurück nach Deutschland und hält sich seitdem in einem Frauenhaus in Deutschland auf.
130
Ihr … wurde behördlicherseits aus der Familie … genommen und befindet sich nunmehr wieder bei ihr im Frauenhaus.
131
Bereits zuvor wurde beim Amtsgericht Weiden i.d.OPf. mit Schriftsatz vom 30.07.2019, bei Gericht eingegangen am 01.08.2019, seitens des Angeklagten … durch einen Rechtsanwalt die Übertragung der elterlichen Sorge für den gemeinsamen … beantragt. Zur Begründung wurde in dem Antrag unter anderem ausgeführt, dass … mehrfach den Wunsch geäußert hätte, wieder nach … zurückkehren zu wollen, weil ihre Eltern dort leben würden. Am 21.06.2019 habe sie erklärt, für ein paar Tage zu Verwandten in Deutschland fliegen zu wollen, wobei sie den … nicht mitnehmen habe wollen. Der Aufenthalt hätte nur wenige Tage dauern sollen. Der Antragsteller … habe sie daraufhin zum Flughafen gefahren. Wohin der Flug gegangen sei und ob sie überhaupt geflogen sei, wisse der Antragsteller nicht. Die Antragsgegnerin habe offensichtlich kein Interesse an ihrem Kind und habe ohne … das Land verlassen. Es sei davon auszugehen, dass sie mit der Situation in Deutschland überfordert gewesen sei und der Wunsch, wieder in … zu leben, zu stark gewesen sei. Diesen Wunsch habe sie mit einem kleinen Baby nicht umsetzen können, weshalb sie … bei seinem Vater … zurückgelassen habe. Bei der Kinderbetreuung werde der Antragsteller von seinen Eltern unterstützt, die ebenfalls in … Ieben würden. Zur Mutter bestehe kein Kontakt. Der Kindsvater müsse handlungsfähig sein, weshalb ihm die alleinige elterliche Sorge zu übertragen sei.
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Eine endgültige Entscheidung über das Sorgerecht ist nach der vorläufigen Festnahme des Angeklagten … abgesehen von der Feststellung des derzeitigen Ruhens seiner elterlichen Sorge nach § 1674 BGB, noch nicht getroffen worden.
1. Einlassung der Angeklagten
aa) Einlassung in der Hauptverhandlung
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Der Angeklagte … hat sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen.
bb) Angaben als Zeuge gegenüber KOK … im Vermisstenverfahren … am 23.07.2019
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Der Zeuge KOK … führte in der Hauptverhandlung als Zeuge aus, dass er den Angeklagten … am 23.07.2019 im Vermisstenverfahren bezüglich … zur weiteren Sachaufklärung als Zeuge vernommen habe. Dabei habe der Angeklagte ihm gegenüber ausgeführt, dass … seiner Einschätzung nach ganz offensichtlich Ihre Eltern vermisst habe und es ihr in Deutschland offenbar nicht gut gegangen sei bzw. nicht gefallen habe. Er, der Angeklagte … habe dann ihren Vater angerufen und zu ihm gesagt, dass er in … alles organisiert habe und seine Tochter zurückkommen könne. Er, der Angeklagte … solle sie nur in die … bringen und sie auf dem Weg dorthin begleiten bzw. beschützen. Er (Angeklagter …) habe dann gemeinsam mit seinem Sohn vor ca. einem Monat vor der Zeugenvernehmung, seine Schwiegertochter in seinem Fahrzeug nach …gefahren. Sein Sohn … habe zu dem Zeitpunkt nicht gewusst, dass sie in die … fahren würden. Seine Schwiegertochter habe seinem Sohn vielmehr erzählt, dass sie nur vier bis fünf Tage in … eine Tante besuchen wollten. Zudem habe der Angeklagte … ihm gegenüber ausgeführt, dass die Geschädigte selbst sich die Flugtickets organisiert gehabt habe und die Reise vorher mit ihrem Vater organisiert gehabt habe. Am Flughafen habe … ihm dann sein Flugticket übergeben, wobei sie dies so gemacht habe, dass sein Sohn … nichts davon erfahren würde. Sie seien dann nach … in … geflogen, wo sie von einem Fahrzeug abgeholt und zu einem Hotel gebracht worden seien. Dort seien sie von einem weiteren Auto abgeholt worden und nach … in die … gebracht worden, wo sie nach Grenzübertritt der … Grenze vom … Militär aufgegriffen worden seien und in einen Militärstützpunkt gebracht worden seien.
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Dort habe seiner (Zeuge …) Einlassung nach … auch angefangen zu weinen. Sie hätten dort das Wort „Abschiebezentrum“ gelesen, sich zu den … begeben sollen. Als … dies gelesen habe, habe sie angefangen zu weinen. Dann seien Personen auf ihn herangetreten und er habe mitgeteilt, dass sie seine Schwiegertochter sei und nach … möchte, um ihre Eltern zu besuchen. … sei daraufhin zur Seite genommen worden und ihm sei mitgeteilt worden, dass sie zu einem UN-Hilfswerk gebracht werde. Danach habe er sie nicht mehr gesehen. Er habe dann schließlich einem Soldaten im Camp sein Handy angeboten, welcher ihm dann geholfen habe, den Stützpunkt zu verlassen. Er sei dann mit einem Taxi nach … gefahren und von dort nach … zurückgeflogen.
136
Zudem führte der Zeuge KOK … aus, dass dem Angeklagten in seiner Zeugenvernehmung vorgehalten worden sei, dass seine Schwiegertochter ernsthaft ihren 5 Monate alten … trotz Heimweh allein in Deutschland zurücklasse. Daraufhin habe der Angeklagte als Zeuge ihm gegenüber ausgeführt, dass er … in der … genügend Probleme gehabt habe, da … dort erzählt habe, dass er sie gezwungen habe, ihr Kind zu verlassen. Er, …, habe gedacht, dass sie vielleicht das Kind zurücklasse, um es sich überlegen zu können, dass sie eventuell später wieder nach Deutschland zurückkehren könne. Jeder wisse, wie die Lage in … sei, und keiner wolle dort einen Tag länger zurück, was auch … selbst wisse.
137
Zudem führte der Angeklagte ihm gegenüber aus, dass es zwischen … und seinem Sohn zu keinerlei Problemen gekommen sei.
138
Weiter führte der Zeuge KOK … aus, dass dem Angeklagten auch die Zeugenvernehmung des Zeugen … auszugsweise vorgehalten worden sei, insbesondere dessen Angaben, wonach er Angeklagte … gegenüber dem Zeugen … am Telefon erklärt habe soll, dass er der Schwiegertochter … „eine Lektion“ habe erteilen wollen, daraufhin habe der Angeklagte ihm gegenüber ausgeführt, dass er nur gesagt habe, das solle ihr eine Lektion sein. In jeder Familie gebe es Probleme, auch in jeder Ehe gebe es Probleme. Auf Vorhalt, dass es in der Ehe doch nach seinen vorherigen Angaben keine Probleme gegeben habe, bestätigte der Angeklagte schließlich, dass es doch keine Probleme in der Ehe gegeben habe.
139
Ergänzend führte der Zeuge KOK … aus, dass ihm Rahmen der Aussage, wie an dieser Stelle, einige Widersprüche entstanden seien, so dass die Angaben des Angeklagten ihm im Ergebnis nicht glaubhaft erschienen seien. Weiter habe der Angeklagte ihm gegenüber angegeben, dass … nachdem er aus der … zurückgekommen sei, bei seinem Sohn … angerufen habe und ihm gesagt habe, dass sie nach … fahre und nicht mehr zurückkomme.
cc) Einlassung bei der Haftbefehlseröffnung gegenüber dem Ermittlungsrichter RiAG … am 27.09.2019
140
Der Zeuge RiAG …führte in der Hauptverhandlung aus, dass er den Angeklagten … im Rahmen der Haftbefehlseröffnung am 27.09.2019 als Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Weiden vernommen habe. Dabei habe der Angeklagte ihm gegenüber zunächst angegeben, dass es nicht zutreffend sei, dass sie … nach Deutschland gebracht hätten. Sie sei selbst nach Deutschland gekommen bzw. von Schleusern nach Deutschland gebracht worden. Er habe mit dieser Angelegenheit nichts zu tun gehabt. Der Grund, weshalb sie nach Deutschland gekommen sei, sei die bevorstehende Heirat mit seinem Sohn … gewesen. Es sei auch nicht zutreffend, dass es nach der Geburt des gemeinsamen Kindes Streit und Ärger zwischen dem Paar gegeben habe. Die beiden hätten, jedenfalls ab 01.04.2019, wie der Zeuge … auf Vorhalt bestätigen konnte, eine eigene Wohnung gehabt und nicht mehr bei ihnen ein Zimmer bewohnt, seien lediglich tagsüber noch bei ihnen gewesen.
141
Ferner habe der Angeklagte ihm gegenüber angegeben, dass es auch nicht zutreffend sei, dass sie … aus Deutschland hätten wegbringen wollen. Sie sei auch nicht von ihnen bedroht worden, sie hätte jederzeit zur Polizei gehen können. Es sei auch nicht zutreffend, dass … von ihnen, seiner Aussage zu Folge, gesagt worden sei, sie könne den Aufenthalt nur in … verlängern.
142
Zudem führte der Zeugen aus, dass der Angeklagte ihm gegenüber eingeräumt habe, dass er mit … nach … geflogen sei und … sie dabei zum Flughafen gefahren habe. … Vater habe ihn angerufen und er habe … nach und sodann wieder zurück nach Deutschland verbringen wollen. … habe nach der Aussage des Angeklagten … dort eine Tante und es sollten dorthin auch noch weitere Verwandte kommen, welche sie dort besuchen habe wollen. Von … aus seien sie abgeholt worden und sodann von dort aus in die … gereist. In der … seien sie schließlich von der Polizei aufgegriffen worden.
143
Auf Frage warum sie denn nun in die … gefahren seien, habe der Angeklagte ihm gegenüber angegeben, dass sich die Verwandten von … in der … befinden würden. Sie seien schließlich zu einem Camp gebracht worden, wo … dort erzählt habe, dass er (Angeklagter … sie nach … zurückbringen habe wollen, woraufhin sie getrennt worden seien. Er, der Angeklagte … sei dann schließlich allein von der … zurück nach … geflogen. Seinem Sohn …sei nur bewusst gewesen, dass sie einen Besuch mache. Er habe nicht gewusst, wo es genau hingeht, auch nicht, dass es ins Ausland gehe.
144
Der Angeklagte habe ihm (Zeugen RiAG…) gegenüber auf ausdrückliche Frage auch ausgeführt, dass es nicht richtig sei, dass … nach … gebracht werden habe sollen. Von ihrem Vater sei er nur gebeten worden, sie nach … zu begleiten. Bei einem Tankstopp unterwegs auf der Fahrt zum Flughafen habe sie ihm dann die Flugtickets überreicht.
145
Ferner bestätigte der Zeuge …, dass er dem Angeklagten in der Vernehmung schließlich seine Zeugenaussage vom 23.07.2019 vorgehalten habe, insbesondere, dass … Vater ihn angerufen habe und gesagt haben soll, dass er in … alles organisiert habe, sie zurückkommen könne und er (Angeklagter) sie nur in die … bringen solle, dazu habe der Angeklagte ihm (Zeuge …) ausgeführt, dass seine Rolle nur gewesen sei, sie nach … zu begleiten. Die Reise sei ursprünglich nach … geplant gewesen. Erst in … habe ihn dann … Vater angerufen und ihn gebeten, sie weiter in die … zu begleiten.
146
Auf Frage habe der Angeklagte ihm gegenüber auch angegeben, dass es keine Probleme und keinen Streit mit … und seinem Sohn gegeben habe. Er wisse auch nichts von Schlägen. … sei ein wunderbarer Mensch gewesen, sein Sohn habe nur Streit mit seiner Schwiegermutter, der Mutter von …, gehabt. Wenn … und sein Sohn ein Problem gehabt hätten, hätte sie gehen können und … seinen Enkel, auch mitnehmen dürfen.
147
Der Zeuge KOK … führte weiter aus, dass der Angeklagte … als Beschuldigter im Ermittlungsverfahren mit Ausnahme seiner Angaben beim Ermittlungsrichter keine weiteren Angaben zur Sache gemacht hat.
aa) Einlassung in der Hauptverhandlung
148
Der Angeklagte … hat sich in der Hauptverhandlung weder zu seinen persönlichen Verhältnissen noch zur Sache eingelassen.
bb) Angaben als Zeuge gegenüber PHK… im Vermisstenverfahren … am 21.07.2019
149
Der Zeuge PHK … führte in der Hauptverhandlung aus, dass am 20.07.2019 durch Herrn … bei seinen Kollegen zuvor in der Nachtschicht angerufen worden sei und mitgeteilt worden sei, dass der Anrufer im Auftrag eines Bekannten namens … anrufe und mitteilen möchte, dass er befürchte, dass Frau … möglicherweise ins Ausland verschleppt worden sei. Die Vermisste sei vom Bekannten … seit drei Wochen nicht mehr erreichbar gewesen. Aus einer Internetrecherche habe sich dann schließlich ergeben, dass ein gleichgelagerter Sachverhalt bereits am 13.07.2019 bei der PI 16 in München zur Anzeige gebracht worden sei. Bereits am Vortag (20.07.2019) sei durch Kollegen der Nachtschicht im Rahmen einer freiwilligen Nachschau in der Wohnung in der … straße 15 sowie in der … Straße 22 in … festgestellt worden, dass die Vermisste dort nicht aufhältig sei.
150
Er, der Zeuge PHK … habe schließlich den Freund bzw. Ehemann der Vermissten, den Angeklagten … am 21.07.2019 informatorisch befragt, um die Hintergründe des Verschwindens von … zunächst abklären zu können. Dabei habe der Zeuge … ihm gegenüber ausgeführt, dass er mit seiner Mutter und sechs Geschwister nach Deutschland gekommen sei und sein Vater bereits zuvor hier gewesen sei. Seine Frau sei vor ca. 1 … Jahren nach Deutschland gekommen, wobei sie sich vorher nicht gekannt hätten. Am 07.02.2019 sei das gemeinsam Kind …. zur Welt gekommen und sie hätten zuvor mit seinen Eltern in … in der … Straße 22 gewohnt, bis sie schließlich im April in die …, straße 15 in … umgezogen seien.
151
Zu irgendwelchen Problemen zwischen ihm und seiner Frau sei es nach seinen Angaben ihm (Zeugen … gegenüber nicht gekommen. Seine Frau habe auch immer Kontakt zu ihrem Vater aufnehmen können und dürfen.
152
Auf Frage, wohin seine Frau gegangen sei, habe … ihm gegenüber ausgeführt, dass sie zu ihm gesagt habe, dass sie zu Verwandten in Deutschland gefahren sei und er (…) sie mit dem Pkw zu einem Flughafen gefahren habe, wobei er nicht wisse, wo genau der Flughafen sei. Später habe er geäußert, dass er glaube, dass es … gewesen sei. Er habe sie am Flughafen lediglich aussteigen lassen und sei dann zurück nach … gefahren.
153
Sie habe nur gesagt, dass sie dort noch Verwandte habe treffen wollen. Sie habe ihm gegenüber nicht gesagt, wann sie wiederkommen wolle. Er habe sich gedacht, dass sie nach ein oder zwei Wochen wieder da sei. Auf Frage, wann der letzte telefonische Kontakt erfolgt sei, habe … ihm gegenüber ausgeführt, dass dies der Donnerstag zuvor gewesen sei und sie ihm im Gespräch mitgeteilt habe, dass sie in der … sei und nicht wisse, wann bzw. ob sie wiederkomme.
154
Ferner habe er, der Zeugen …, sodann … gefragt, ob er auch mit seinem Schwiegervater Kontakt aufgenommen habe, was dieser bejaht habe. Auch der Schwiegervater (Vater von … wisse nicht, wo sie sich aufhalte. Er vermute, dass ihre Mutter wisse, wo sie sich aufhalte. Das Verhältnis zwischen ihm … und seiner Schwiegermutter sei belastet.
155
Auf Frage, ob er sich vorstellen könne, warum sie nicht mehr da sei, habe … zeytun ihm gegenüber ausgeführt, dass er glaube, dass sie wegen ihren Eltern weggegangen sei, welche sie vermisse. Er kenne die Verwandtschaft seiner Frau nicht und wisse auch nicht, ob diese in … oder in der Nähe davon leben würden.
156
Auffällig an der Aussage von … sei auch gewesen, dass diese teilweise widersprüchlich gewesen sei. So habe er einmal ausgeführt, dass die damalige Route zum Flughafen auf ihrem Handy gespeichert gewesen sei. Auf Frage der Nummer ihres Handys habe … dann ausgeführt, dass sie gar kein Handy habe, was für ihn (Zeugen …) einen Widerspruch dargestellt habe.
cc) Einlassung bei der Haftbefehlseröffnung gegenüber dem Ermittlungsrichter RiAG … am 27.09.2019
157
Der Angeklagte … hat, anwaltlich beraten, im Rahmen der Haftbefehlseröffnung keine Angaben zur Sache gemacht, wie der Zeuge RiAG … in der Hauptverhandlung ausführte.
158
Der Zeuge KOK … führte aus, dass der Angeklagte … als Beschuldigter im Ermittlungsverfahren keine Angaben zur Sache gemacht hat.
2. Überzeugung der Kammer
a) Feststellungen zur Sache
aa) Schleusung von … und … durch den Angeklagten … von März 2018 bis 14.05.2018
159
Die Kammer ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte … jedenfalls … seine Nichte … und ein … Ehepaar unter Zuhilfenahme von ihm bekannten Schleusern, welche von ihm auch bezahlt wurden, von … aus über die … und die sog. Balkanroute nach … und schließlich dann nach Deutschland verbrachte, ohne dass diese die dafür erforderlichen Einreisepapiere hatten, was der Angeklagte … auch wusste.
160
Diese Überzeugung der Kammer ergibt sich im Wesentlichen aus den glaubhaften Angaben der Zeugin … in der Hauptverhandlung sowie ihren Angaben im Ermittlungsverfahren gegenüber dem Zeugen KOK … welcher diese in der Hauptverhandlung darstellte. Ferner beruht die Überzeugung auch auf den Angaben der Zeugin … welche in der Hauptverhandlung zunächst bereit war Angaben zu machen, nachdem es bei der Befragung jedoch um eine mögliche Beteiligung des Angeklagten … ging, machte die Zeugin … schließlich doch von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch und war nicht mehr bereit zur Sache auszusagen. Ihre Aussage im Ermittlungsverfahren, im Rahmen derer sie auch von einer Beteiligung des Angeklagten … berichtete, wurde schließlich über die Vernehmungsbeamtin KOKin … in die Hauptverhandlung eingeführt. Die Zeugin … machte ebenfalls von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und wollte keine Angaben zur Sache machen.
161
So führte die Zeugin KOKin … insbesondere aus, dass … ihr in ihrer Vernehmung mitgeteilt habe, dass sie mit …, und … unterwegs gewesen sei und sie gemeinsam in … miteinander aufgebrochen seien. Über die … seien sie schließlich durch die Hilfe von Schleusern nach … gekommen, wo sie auf den … getroffen seien, der für sie alle in … eine Wohnung gemietet gehabt habe. … habe auch ihre Schulden für die Schleusung bezahlt, wobei sie nicht habe angeben können, wieviel … für sie im einzelnen an die verschiedenen Schleuser bezahlt habe. Dann hätten sie sich getrennt und sie sei von … nach … geflogen, da sie von den Schleusern Ausweise bekommen hätten. Sie (die Zeugin …) sei der Meinung gewesen, wie die Zeugin … ausführte, dass … und … zwar selber keine Schleuser seien, dies aber alles gemacht hätten, da es ja ihre Familie gewesen sei.
162
Die Zeugin … hat den Ablauf ihrer Reise von … aus bis nach Deutschland in der unter Ziffer II, 2., a) dargestellten Weise in der Hauptverhandlung dargestellt. Diese Angaben erscheinen zur Überzeugung der Kammer plausibel und schlüssig. Die Angaben erscheinen auch konstant im Verhältnis zu ihren Angaben im Ermittlungsverfahren gegenüber dem Vernehmungsbeamten KOK … welcher diese in der Hauptverhandlung darstellte.
163
Der Zeugin war es unproblematisch und uneingeschränkt möglich, im chronologischen Ablauf der Reise bzw. der Flucht aus … in ihrer Erzählungen zu springen und detailliert auf Fragen einzugehen, was aus Sicht der Kammer für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben spricht. So berichtete die Zeugin auch von Komplikationen bei einzelnen Grenzübertritten bzw. konnte widerspruchsfrei erläutern, weshalb die ursprünglich vom Angeklagten … vorgesehene Ausreise aus … über den Flugweg von … und später … scheiterte, weshalb er sich schließlich dann doch für den beschwerlichen Landweg über die sog. Balkanroute entschieden hat. Diese Schilderung von Komplikationen im Handlungsablauf belegt zur Überzeugung der Kammer als Realkennzeichen auch eindrucksvoll die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin …
164
Auch stimmen die Angaben der Zeugin … mit den Angaben der Zeugin… im Ermittlungsverfahren, soweit diese hierzu detaillierte Angaben machte, überein, insbesondere dass der Angeklagte … in … zu ihnen gestoßen ist, dort eine Wohnung für sie alle angemietet hat und für ihre Schleusung auch bezahlt hat. Auch dies spricht für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin …. Die Angaben des Angeklagten … gegenüber dem Ermittlungsrichter RiAG … wonach er mit der Schleusung von … nach Deutschland nichts zu tun habe, sind damit zur Überzeugung der Kammer klar widerlegt und als reine Schutzbehauptungen einzustufen. Zu sehen ist hierbei auch, dass der Angeklagte … auch ein Motiv hatte, der Zeugin bei ihrer illegalen Einreise nach Deutschland behilflich zu sein, indem er ihre Einschleusung für sie als Frau organisierte, da die Heirat mit seinem Sohn … in Deutschland anstand und sie zu diesem Zweck zu ihm nach Deutschland gebracht werden musste.
bb) Körperverletzungshandlungen durch den Angeklagten … zum Nachteil von … am 15.05.2018 mit einem Gürtel
165
Auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise ist die Kammer bzgl. der Tat vom 15.05.2018 zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte … die unter Ziffer II, 2., b) dargestellte gefährliche Körperverletzung mittels des verwendeten Gürtels zum Nachteil seiner Frau … beging.
166
Die Überzeugung der Kammer beruht im Wesentlichen auf den glaubhaften Angaben der Zeugin … in der Hauptverhandlung, welche aus Sicht der Kammer konstant zu ihren Angaben im Ermittlungsverfahren sind, welche über den Zeugen KOK … in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Die Angaben der Zeugin weisen eine Vielzahl an Realkennzeichen auf, welche im Einzelnen unter III, 2., a), hh) dargestellt sind. Die Zeugin zeigte keinen erkennbaren Belastungseifer zum Nachteil des Angeklagten … so dass ihre Angaben letztlich angesichts der gegebenen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation im Rahmen einer sehr sorgfältig vorgenommen Gesamtwürdigung ihrer Aussage durch die Kammer als umfassend glaubhaft erachtet wurden.
167
Ferner sprach auch die Aussagegenese der Geschädigten für ihre Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben. Auch insoweit wird auf die Ausführungen unter III, 2., a), hh) Bezug genommen.
168
Die Zeugin … führte in der Hauptverhandlung aus, dass sie in den Abendstunden des 14.05.2018 nach ihrer illegalen Einreise nach Deutschland mit dem Angeklagten …, sowie mit dessen Nichte … in der Wohnung der Familie … in … angekommen sei. Dabei habe sie erstmals ihren Ehemann …, persönlich getroffen. Zuvor hätten sie sich nur mit Erlaubnis ihrer Eltern über das Handy miteinander ausgetauscht. Bereits in der ersten Nacht in … mit ihrem Ehemann sei die Ehe nach islamischen Recht vollzogen worden, dass heiße, dass sie erstmals miteinander Geschlechtsverkehr gehabt hätten. Dieser Geschlechtsverkehr sei einvernehmlich gewesen. Auch innerhalb des ersten Monats, obwohl es bereits hier zu ersten Gewalttätigkeiten und Beleidigungen ihr gegenüber durch ihren Ehemann … gekommen sei, habe sie einvernehmlich mit ihm trotz dieser Vorkommnisse den Geschlechtsverkehr ausgeübt.
169
Irgendwann nach ca. einem Monat seien die Beleidigungen und körperlichen Misshandlungen, hauptsächlich in Form von Schlägen, durch ihren Ehemann immer mehr und stärker geworden, bis sie schließlich bereits nach ca. einem Monat nicht mehr bereit gewesen sei, mit ihm irgendwelche sexuellen Handlungen, insbesondere den Geschlechtsverkehr, freiwillig vorzunehmen. Dies habe sie ihrem Ehemann auch mehrfach in Gesprächen erklärt, dass sie nicht bereit sei, wegen der vielen Schläge, mit ihm weiter intim zu werden. Zudem habe sie seit dieser Zeit, also seit ca. Mitte Juni 2018, nachdem sie zuvor nur mit leichter Schlafbekleidung oder nackt ins Bett gegangen sei, lange Schlafanzüge und körperbedeckende Kleidung getragen. Sie sei auch vor ihrem Ehemann ins Bett gegangen, um ihn auch auf diese Weise aus dem Weg zu gehen. Ihr Ehemann habe sich davon aber unbeeindruckt gezeigt und habe weiterhin auf sie regelmäßig eingeschlagen, sei sehr unfreundlich zu ihr gewesen und habe sie nicht liebevoll behandelt.
170
Es habe letztlich während der ganzen Zeit in … und in … von Mai 2018 bis Juni 2019 so viele Auseinandersetzungen, auch körperliche Auseinandersetzungen mit ihrem Ehemann … gegeben, dass sie sich im einzelnen schwertue, sich an alle Vorfälle im einzelnen noch konkret zu erinnern, insbesondere da auch der Ablauf und das Vorgehen bei den Schlägen häufig ähnlich gewesen sei. Sie könne sich jedoch noch an die schwereren körperlichen und sexuellen Übergriffe ihres Mannes erinnern.
171
Insbesondere sei ihr im Gedächtnis geblieben, dass bereits am Tag nach ihrer Ankunft, also am 15.05.2018, ihr Ehemann sie erstmals massiv geschlagen habe, so dass sie viele blaue Flecken an ihrem Körper sowie eine „Delle am Kopf dadurch erlitten habe. Vorausgegangen dieser Gewalthandlungen durch ihren Ehemann sei, dass sie bei ihrer Ankunft in … mitbekommen habe, dass seitens ihres Schwiegervaters … die durch ihn in … abgenommenen Goldarmreifen an ihre Reisebegleiterin, die Nichte des Angeklagten …, zurückgegeben worden seien. Demgegenüber habe sie vom Angeklagten … ihrem Schwiegervater, ihre Armringe jedoch nicht zurückerhalten, was sie geärgert habe. Diese Goldarmreifen seien die sogenannte Morgengabe anlässlich ihrer Heirat, als Geschenk ihres Ehemannes an sie, gewesen. Sie habe daraufhin ihren Ehemann aufgefordert, ihr ihren Goldschmuck von seinem Vater wieder zu bringen, was ihren Mann beleidigt habe und sie sich schließlich erstmals gestritten hätten.
172
Dann sei ihr Mann jedoch zu seinen Eltern nach unten im Haus gegangen. Nach ein paar Minuten sei er zurück in ihr Zimmer gekommen und habe geweint. Was zwischen ihm und seinen Eltern genau vorgefallen sei, könne sie nicht sagen. Ihr Mann habe jedoch sofort damit begonnen, mit seinen Händen und mit einem gezogenen Gürtel auf sie einzuschlagen. Wo genau am Kopf und im Gesicht und am Oberkörper er sie getroffen habe und wie oft genau er hingeschlagen habe, könne sie heute nicht mehr genau sagen. Sie wisse jedoch noch, dass er auch mit „dem eisernen Teil“ des Gürtels auf ihren Kopf eingeschlagen habe, wodurch sie schließlich eine „Delle am Kopf“ erlitten habe. Sie sei sich jedenfalls sicher, dass sie auf den Kopf damit geschlagen worden sei.
173
Auf Frage, ob sie bekleidet oder unbekleidet gewesen sei, führte sie aus, dass sie sich insoweit heute nicht mehr sicher sei, da es eine Vielzahl ähnlicher Vorfälle, auch im Rahmen des Zuschlagens mit einem Gürtel, gegeben habe. Sie könne sich auch noch an einen anderen Vorfall erinnern, wo ihr Mann ihre Hände und Füße mit mehreren Gürteln gefesselt habe und dann mit einem anderen Gürtel auf ihre ausgestreckten Beine, am Bett sitzend, auch mit der metallenen Schnalle des Gürtels, eingeschlagen habe. Auch habe er bei diesem Vorfall auf ihren Kopf eingeschlagen bis er schließlich müde geworden sei und von ihr abgelassen habe. Er habe schließlich den Gürtel an ihren Beinen gelöst, sich auf einen Stuhl gesetzt und von ihr verlangt, dass sie seine Hände und Füße küssen solle, da er sie andernfalls wieder schlagen würde. Dies habe sie schließlich aus Angst vor weiteren Schlägen dann gemacht. Dies sei sehr, sehr schwer für sie gewesen.
174
Die Zeugin beginnt an dieser Stelle in der Hauptverhandlung laut zu weinen.
175
Sie sei der Auffassung, dass man so einen Mensch nicht behandle. Die Schläge seien so stark gewesen, dass sie zwei Tage lang nicht auf ihren Beinen habe laufen können. Auch habe sie durch die Schläge starke Kopfschmerzen erlitten, ihr sei auch schwindelig gewesen. Es habe auch Tage und Vorfälle gegeben, an denen ihr Ehemann sie längere Zeit an der Wand stehen habe lassen, während er im Bett gelegen bzw. geschlafen habe.
176
Sie habe gedacht, sie sei ein Tier, wobei die Zeugin sich erneut hier sehr emotional in der Hauptverhandlung zeigte und erneut laut zu weinen begann.
177
Die ganze Familie habe das Handeln ihres Ehemannes ihr gegenüber mitbekommen, ihn jedoch nicht davon abgehalten, vielmehr sein Verhalten ihr gegenüber toleriert.
178
Auf Frage des Gerichts, weshalb bzw. aus welchem Grund sie vom Angeklagten ihrer Ansicht nach häufiger geschlagen worden sei, führte sie aus, dass es ihrer Ansicht nach zwei Erklärungen gebe. Die eine sei, dass er dadurch seine innere Wut, welche er immer gehabt habe, entladen habe können, indem er mit aller Kraft so lange auf sie eingeschlagen habe, bis er sich wieder beruhigt habe. Die andere Erklärung sei, dass er, jedenfalls nachdem sie den Geschlechtsverkehr mit ihm verweigert habe, sie durch die Schläge auch gezwungen habe, gegen ihren Willen mit ihm den Geschlechtsverkehr oder andere sexuelle Handlungen auszuüben. Seine Familie habe gewusst, dass er sie schlage, da sie auch oft laut dabei geschrien habe und sie dies im Haus sicher mitbekommen hätten. Von ihnen habe sich jedoch keiner eingemischt oder gar den Angeklagten davon abgehalten, vielmehr hätten sie sein Verhalten ihr gegenüber toleriert.
179
Der Zeuge KOK … führte in der Hauptverhandlung aus, dass er die Zeugin … erstmals am Tag ihrer Ankunft in Deutschland, noch am Flughafen in München, am 11.09.2019 zu den Vorfällen vernommen habe. Bei dieser ersten Vernehmung, welche in den Abendstunden nach ihrer Rückreise von der … aus erfolgt sei, seien jedoch nicht alle Sachverhalte bereits umfassend abgefragt worden, da die Zeugin schließlich angesichts der Strapazen an diesem Tag müde geworden sei und infolgedessen weitere Vernehmungstermine bestimmt worden seien.
180
In ihrer ersten Vernehmung habe die Geschädigte ihm gegenüber ausgeführt, dass sie mit ihrem Mann … direkt nach ihrer Einreise am 14.05.2018 nach islamischen Recht geheiratet habe und sie ihren Ehemann vorher nicht persönlich gekannt habe. Die Hochzeit sei von ihren Eltern organisiert worden und sie sei hierzu illegal von … über die … nach … und schließlich nach Deutschland eingereist, wobei ihr Schwiegervater dies alles organisiert habe. Von … aus habe sie ihr Schwiegervater persönlich nach Deutschland auch begleitet. Teilweise seien sie zu Fuß gegangen, teilweise auch mit dem Fahrzeug gefahren.
181
Sie und ihr Ehemann hätten bereits von Anfang an viel miteinander gestritten. Sie habe bereits in dieser Vernehmung grundlegend davon berichtet, dass sie mit Gürteln sowie mit einem Kleiderbügel im Rahmen diverser Vorfälle von ihm geschlagen worden sei. Die sexuellen Übergriffe seien in dieser Vernehmung nur kurz angerissen worden, seien jedoch letztlich Gegenstand einer späteren Vernehmung, welche durch seine weibliche Kollegin KHKin … durchgeführt worden sei, gewesen.
182
In der zweiten Vernehmung, welche er mit der Geschädigten … am 23.9.2019 geführt habe, habe diese ihm gegenüber angegeben, dass sie als Morgengabe drei Goldringe im Wert von 3500 US $ erhalten habe. Diese drei Ringe seien ihr vom Vater ihres Mannes in … bereits abgenommen worden und dem Schleuser dort übergeben worden. Ihr Schwiegervater würde in einem großen Schleusernetz arbeiten und auch viele Schleuser persönlich kennen. Diese würden … nach Europa schleusen. Sie habe dies auch bei Telefongesprächen öfters so mitbekommen. Er gehe dabei so vor, dass er den deutschen Pass oder den deutschen Ausweis eines seiner Kinder mit sich nehme und die Person bzw. das Aussehen des jungen … welcher geschleust werden müsse, entsprechend anpasse, so dass diese Person mit dem deutschen Pass nach Deutschland dann einreisen könne. Für ein solches „Ausleihen“ der Dokumente sei ihm, was sie mitbekommen habe, einmal 6000 € bezahlt worden.
183
Weiter führte der Zeuge … in der Hauptverhandlung aus, dass die Zeugin … ihm gegenüber angegeben habe, dass es bereits am Folgetag ihrer Ankunft zur ersten Körperverletzungshandlungen durch ihren Ehemann ihr gegenüber gekommen sei. Sie habe dabei am nächsten Tag in der Früh gesehen, wie der Vater ihres Lebensgefährten seiner Nichte die … abgenommenen Goldringe wieder zurückgegeben habe. Ihr aber habe er ihre Ringe jedoch nicht wieder zurückgegeben. Sie sei dann zu ihrem Lebensgefährten gegangen und habe nach ihrer Aussage ihm gegenüber gesagt und gefragt, warum sie ihre Ringe nicht auch wieder zurückbekommen würde, was diesen, ihren Mann, offensichtlich beleidigt habe. Sie hätten sich dann miteinander gestritten, wobei ihr Mann ihr gesagt habe, „das kannst du selber zu meinem Vater sagen“. Ihr Mann sei dann zu seinen Angehörigen runtergegangen und sie habe ein lautstarkes Wortgefecht gehört. Dann sei ihr Mann weinend zu ihr hochgekommen, habe seinen Gürtel aus der Hose gezogen und ihr mehrmals zunächst mit dem Ende des Gürtels auf den Oberkörper und im Anschluss mit der Gürtelschnalle auf den Kopf geschlagen, wie wenn man mit einer Peitsche zuschlagen würde. Sie sei dabei noch unbekleidet gewesen und habe sich auf dem Boden mit den Armen vor ihrem Gesicht und dem Körper zusammengekauert. Durch die Schläge habe sie starke Kopfschmerzen gehabt und ihre Oberarme seien dadurch angeschwollen gewesen.
184
Die Kammer hat nicht verkannt, dass die Geschädigte bei ihrer polizeilichen Vernehmung nicht von einer „Delle am Kopf“, bei der es sich nach hiesigem Sprachgebrauch wohl um eine Beule nach einem Treffer mit der metallenen Gürtelschnalle handelte, berichtet hat, sondern vielmehr, wie der Zeuge … ausführte, unter anderem nur von „starken Kopfschmerzen“ nach den Gürtelschlägen berichtete. Darin sieh die Kammer jedoch keinen Widerspruch in der Aussage der Geschädigten, da auch die Beule, welche die Geschädigte in der polizeilichen Vernehmung von sich aus nicht explizit benannte, sicherlich mit zu den Kopfschmerzen beitragen hat. Allein der Umstand, dass die Geschädigte, ohne genau dazu, mangels damaliger Veranlassung, befragt worden zu sein, von sich aus nicht von der Beule berichtete, schmälert daher die im Übrigen in sehr hohen Maße gegebene Aussagekonstanz der Geschädigten zur Überzeugung der Kammer nicht. Die Geschädigte kann in ihren Vernehmungen, auch insoweit konstant, einen plausiblen und nachvollziehbaren Grund anführen, weshalb es bereits am ersten Tag nach ihrer Ankunft zu den ersten massiven Gewalttätigkeiten ihres Ehemannes ihr gegenüber kam.
185
Die Kammer verkannte bei der Würdigung der Aussage der Geschädigten auch nicht, dass mit Ausnahme ihrer Angaben keine weiteren objektiven Beweismittel zur Verfügung stehen.
186
Insoweit sind jedoch die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. … Leiter des Rechtsmedizinischen Instituts der Universität … zu sehen, welcher ausführte, dass angesichts des Zeitablaufs und angesichts des eingetretenen Heilungsprozesses, es aus seiner Sicht plausibel und nachvollziehbar erscheint, dass insoweit bzgl. der von der Geschädigten beschriebenen „blauen Flecken“ und der beschriebenen Beule am Kopf zum Zeitpunkt der Exploration keine Verletzungen mehr festgestellt werden konnten. Der Umstand, dass keine objektiven Verletzungsfolgen mehr festgestellt werden konnten, widerlegt damit nicht die Aussage der Geschädigten.
187
Die Kammer verkannte bei der Würdigung ihrer Aussage auch nicht, dass es der Zeugin … jedenfalls in der Hauptverhandlung nicht mehr sicher möglich war, zu belegen, ob sie bei der Gewalthandlung durch ihren Ehemann am Morgen des 15.05.2019, nachdem es in der Nacht zum ersten Geschlechtsverkehr gekommen war, noch nackt bzw. unbekleidet war als dieser auf sie einschlug. Vielmehr hatte sie dazu in der Hauptverhandlung keine sicheren Erinnerungen mehr, was sie auch deutlich zum Ausdruck brachte.
188
Es wäre zur Überzeugung der Kammer für sie ein leichtes gewesen, hier - ohne konkrete Erinnerung mehr zu haben - blindlings zu behaupten, dass sie noch nackt oder bereits angezogen gewesen wäre. Gerade dies hat sie jedoch nicht gemacht, sondern hat ihre Zeugenpflicht zur Überzeugung der Kammer sehr ernst genommen und deutlich gemacht, dass sie sich insoweit nicht mehr sicher sei, was angesichts der niedrigen Relevanz im Handlungsgeschehen aus Sicht der Kammer auch nachvollziehbar erscheint. Letztlich belegt dieses Aussageverhalten der Zeugin indiziell die Glaubwürdigkeit der Zeugin, da daraus deutlich wird, dass sie ihre Zeugenpflicht sehr ernst nahm.
189
Auch ist zu sehen, dass die Geschädigte bei ihrer Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung, welche sich über 4 Verhandlungstage nach erfolgter intensiver Befragung durch die Verfahrensbeteiligten, insbesondere die Verteidiger, und das Gericht zu den einzelnen Tatkomplexen erstreckte, teilweise sehr emotional berührt war und teilweise sogar zu weinen begann. Diese gezeigten Emotionen erscheinen zur Überzeugung der Kammer auf einem reellen Erlebten zu beruhen, was ebenfalls für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben spricht.
190
Ferner ist zu sehen, dass sie in ihren Schilderungen, sowohl bei der Polizei als auch in der Hauptverhandlung von Handlungskomplikationen berichtete, welche für den Fall einer falschen Beschuldigung des Angeklagten in ihrer Schilderung nicht erforderlich gewesen seien, um den Angeklagten zu belasten. So führte die Geschädigte aus, dass der Angeklagte … als er von seinen Eltern zurückkam und damit begann auf sie einzuschlagen, geweint hat. Diese Handlungskomplikation würde im Falle einer falschen Beschuldigung nur zu einer unnötigen Verkomplizierung des einstudierten und vorüberlegten, nicht auf der Realität basierenden Handlungsgeschehens führen, so dass die Schilderung solcher Handlungskomplikationen als Realkennzeichen für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprach.
191
Zudem war es der Geschädigten uneingeschränkt möglich, diesen Vorfall von anderen Vorfällen ähnlicher Art, wo der Angeklagte … auf sie ebenfalls mit einem Gürtel einschlug, auseinander zu halten und die Taten hinreichend zu differenzieren sowie zwischen den Vorfällen im chronologischen Ablauf zu springen und geordnet hierzu vorzutragen, was ebenfalls die Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten belegt.
192
Der Geschädigten war eine kontextuelle Einbettung des Geschehens, nämlich am Tag nach ihrer Ankunft, nachdem es zu Unstimmigkeiten zwischen ihr und ihrem Ehemann über die Rückforderung der Goldarmreifen von ihrem Schwiegervater kam, unproblematisch sowohl in ihrer polizeilichen als auch bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung möglich.
193
Insgesamt erscheinen daher die Angaben der Geschädigten zum Tatgeschehen schlüssig und plausibel und anhand mehrerer feststellbarer Realkennzeichen sowie angesichts gegebener Aussagekonstanz auch zur Überzeugung der Kammer glaubhaft, so dass die Kammer sich hier ihre Überzeugung bilden konnte.
cc) Orale Vergewaltigung durch den Angeklagten … zum Nachteil von … Mitte/Ende Juni 2018 in der Wohnung in …
194
Die Kammer konnte sich im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme auch die Überzeugung bilden, dass es im Tatzeitraum Mitte/Ende Juni 2018, also nach ca. 4-6 Wochen nach der Ankunft von … in Deutschland, zur ersten durch den Angeklagten … erzwungenen sexuellen Handlung in der Wohnung in den … Straße …, in am.
195
Auch hier beruht die Überzeugung der Kammer im Wesentlichen auf den schlüssigen und glaubhaften Angaben der Geschädigten … in der Hauptverhandlung, welche aus Sicht der Kammer konstant zu ihren Angaben im Ermittlungsverfahren sind, welche - wie ausgeführt - über den Zeugen KOK … und KHKin … in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Die Angaben der Zeugin weisen auch bzgl. dieses Tatgeschehens eine Vielzahl an Realkennzeichen auf, welche indiziell für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben auch zu diesem Tatgeschehen sprachen.
196
Die Kammer geht dabei auf der Grundlage der glaubhaften Angaben der Geschädigten davon aus, dass es zutreffend ist, wie von der Geschädigten geschildert, dass diese jedenfalls ab ca. einem Monat nach ihrer Ankunft, also ca. ab Mitte Juni 2018, wegen der bereits zu diesem Zeitpunkt aufgetretenen körperlichen Misshandlungen und Beleidigungen durch ihren Ehemann … ihr gegenüber, nicht mehr bereit war, mit ihm sexuelle Handlungen auf freiwilliger Basis vorzunehmen. Die Kammer ist ebenso auf der Grundlage ihrer glaubhaften Angaben davon überzeugt, dass die Geschädigte dies ihrem Ehemann sowohl verbal als auch durch ihr gezeigtes Verhalten vermittelte, indem sie, nachdem sie zuvor auch nackt und leicht bekleidet gemeinsam mit dem Angeklagten zu Bett ging, seit dieser Zeit nurmehr mit langer Schlafkleidung und teilweise auch zeitlich versetzt vor dem Angeklagten zu Bett ging, um ihn auf diese Weise aus dem Weg zu gehen.
197
Zudem ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte … diese Weigerung seiner Frau akustisch verstanden und angesichts ihres geänderten Verhaltens diese auch bemerkt hat, gleichwohl aufgrund seines Rollenverständnisses als Mann gegenüber seiner Ehefrau, welche ihm nach seinem Verständnis zu gehorchen und zu parieren hatte, nicht akzeptiert und toleriert hat.
198
Vor diesem Hintergrund ging der Angeklagte … welcher seine deutliche körperliche Überlegenheit gegenüber seiner Frau erkannte, dazu über, die von ihm begehrten und von seiner Frau verweigerten sexuellen Handlungen mittels Gewalt sowie teilweise auch durch Drohungen mit Gewalt zu erzwingen. Neben der Befriedigung seines Sexualtriebs kam es dem Angeklagten … dabei zur Überzeugung der Kammer auch auf die durch die Erzwingung von Sexualmaßnahmen gegebene und zum Ausdruck gebrachte Erniedrigung seiner Ehefrau, welche ihn nicht gehorchte, an.
199
Die Kammer ist auf der Grundlage der glaubhaften Angaben der Zeugin … zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagter … seine Frau, die Geschädigte … erstmals Mitte/Ende Juni 2018 zunächst zum Oralverkehr mittels Gewalt zwang, sodann gegen ihren erkennbaren Willen, ebenfalls mittels Gewalt, seinen Penis zwischen ihren Brüsten hin und her bewegte und sodann, nach einem gescheiterten Versuch seinen Penis wieder in ihren Mund einzuführen, vor ihrem Gesicht masturbierte und schließlich ihr sein Ejakulat über das Gesicht und an sowie teilweise auch in ihren Mund spritzte, was für die Geschädigte als besonders ekelhaft und erniedrigend empfunden wurde, was der Angeklagte zur Überzeugung der Kammer erkannte.
200
So führte die Zeugin … der Hauptverhandlung aus, dass sie, nachdem sie ihrem Mann mehrfach klar gesagt habe, dass sie keinen Sex mehr mit ihm haben wolle und dies auch durch ihr gezeigtes Verhalten deutlich zum Ausdruck gebracht habe, indem sie nurmehr mit langer Schlafbekleidung, teilweise auch vor ihrem Mann zu Bett gegangen sei, um ihn auf diese Weise auch aus dem Weg zu gehen, noch an den ersten Vorgang erinnern könne, bei welchem ihr Ehemann sie zu sexuellen Handlungen gezwungen habe.
201
Die Verweigerung von sexuellen Handlungen sei von ihr deshalb erfolgt, da es bereits im ersten Monat, wie ausgeführt sogar bereits am ersten Tag nach ihrer Ankunft, zu ersten körperlichen Gewalthandlungen ihr gegenüber gekommen sei. Zudem habe ihr Mann sie auch häufig beleidigt und sei nicht liebevoll mit ihr umgegangen, was ihr auch psychisch stark zugesetzt habe und sie deshalb auch sehr häufig geweint habe. Schließlich sei sie nicht mehr bereit gewesen, mit ihm zu schlafen oder andere sexuelle Handlungen mit zu machen, was sie ihm auch mehrfach klar gesagt habe. Ihr Mann habe diese Weigerung, jedoch nicht akzeptieren wollen, sondern sei der Meinung gewesen, dass sie zu jeder Zeit bereit sein müsse, wenn er dies wolle, mit ihm den Geschlechtsverkehr auszuführen.
202
Sie sei deshalb auch an einem Abend Mitte Juni bzw. gegen Ende Juni 2018 hin wieder einmal vor ihrem Mann allein zu Bett gegangen. Sie habe sich hingelegt und so getan, als ob sie bereits schlafe. Später, ganz grob gegen 23:00 Uhr, sei er dann zu ihr ins Bett gekommen und habe versucht sie zu wecken. Sie habe daraufhin sich zunächst nicht bewegt und sich schlafend gestellt. Er habe sie daraufhin versucht auszuziehen und sie geschlagen, wobei sie zunächst so getan habe, als ob sie erst dadurch erwachen würde. Er habe dann von ihr den Geschlechtsverkehr eingefordert, was sie ihm gegenüber jedoch abgelehnt habe. Er sei dann auf sie drauf gestiegen und habe sich im Bereich ihres Bauches zunächst auf sie gesetzt und mit seinem Bein, welches er nach oben hin abgelegt habe, ihren Arm bzw. ihre Schulter damit fixiert. Ihren zweiten Arm habe er mit seiner Hand am Bett fest gedrückt bzw. dort fixiert. Er habe es auf diese Weise nicht zugelassen, dass sie aufstehe und sich ihm entziehen könne.
203
Auf Frage führte die Zeugin aus, dass sie der Meinung sei, dass ihre rechte Körperseite bzw. ihr rechter Arm mit dem Bein ihres Mannes auf diese Weise fixiert gewesen sei und er ihren linken Arm mit seiner Hand am Bett festgehalten habe.
204
Plötzlich habe ihr Mann, welcher nackt gewesen sei, seinen Penis in ihren Mund gesteckt und ihn dann mehrmals rein und raus geschoben. Sie habe dabei versucht ihn wegzudrücken, was ihr angesichts seines auf ihr lastenden Körpergewichts und angesichts der Fixierung am Bett nicht gelungen sei. Dies sei sehr schlimm für sie gewesen, da sie sich davor geekelt habe, seinen Penis in den Mund zu nehmen. Er sei dabei am Anfang sehr tief mit seinem Penis in ihren Hals eingedrungen, so dass sie sich auch gewürgt habe.
205
Schließlich habe er seinen Penis wieder leicht zurückgezogen und ihn weiter hin und her in ihrem Mund bewegt. Dann habe er seinen Penis wieder ganz aus ihrem Mund gezogen, sei leicht mit seinem Körper, welcher immer noch auf ihr gewesen sei bzw. gesessen sei, etwas nach unten auf ihrem Bauch gerutscht, und habe ihre Brüste zusammengedrückt und seinem Penis zwischen die Brüste hineingesteckt und ihn hier erneut hin und her bewegt.
206
Auf Frage führte die Zeugin aus, dass sie der Meinung sei, dass er ihr dabei zuvor ihr Oberteil bereits ausgezogen gehabt habe. Auf Vorhalt ihrer polizeilichen Zeugenvernehmung von 23.10.2019, wonach sie angegeben habe, dass er ihr dabei ihr Schlafanzugoberteil zerrissen habe und dann sein Geschlechtsteil zwischen ihre Brüste hineingelegt und es dann zwischen ihren Brüsten hin und her gerieben habe, führte sie aus, dass sie sich nicht mehr ganz sicher sei, da es häufiger vorgekommen sei, dass er sie gegen ihren Willen entkleidet habe. Sie glaube sich nun zu erinnern, dass er es, wenn ihr dies nun so vorgehalten werde, er ihr Oberteil dabei auch zerrissen habe und es zuvor nur nach oben geschoben habe, als er versucht habe sie aufzuwecken.
207
Sie habe sich auch hier nicht entziehen können, da ihr Mann mit seinem ganzen Gewicht auf ihr gesessen sei. Sie habe auch laut geschrien, dass sie das nicht wolle. Zudem sei sie nackt gewesen und hätte somit das Zimmer ohnehin gar nicht verlassen können.
208
Ihr Ehemann habe dann erneut, nachdem er seinen Penis aus ihren Brüsten gezogen habe, versucht, seinen Penis in ihren Mund zu bringen, was sie aber nicht mehr zugelassen habe und ihre Kiefern fest zusammengedrückt habe. Er habe dann schließlich versucht, durch seitliches Eindrücken in ihre Kiefern ihren Mund gewaltsam zu öffnen, was ihm jedoch nicht gelungen sei, da sie ganz fest zusammengepresst habe. Er habe dann, wobei er sich weiterhin mit seinem Körpergewicht auf ihrem Oberkörper befunden habe und sie rücklings im Bett vor ihm gelegen sei, damit begonnen an seinem „Teil zu reiben“. Schließlich sei Flüssigkeit herausgekommen, welches er in ihrem ganzen Gesicht und auf ihrer Brust verteilt habe. Dies sei für sie sehr, sehr schlimm und sehr unangenehm gewesen. Sie habe dabei das Gefühl gehabt, sich erbrechen zu müssen, da insbesondere auch Sperma in den Mund gekommen sei, was für sie besonders ekelhaft gewesen sei. Sie habe ihn dann erneut aufgefordert, endlich von ihr unterzugehen, was er dann gemacht habe. Dieser Vorfall sei für sie der erste Vorfall dieser Art und für sie sehr, sehr schwer zu ertragen gewesen. Sie habe danach noch lange geweint.
209
Auf Frage führte die Zeugin aus, dass sie schätze, dass der Vorgang ab dem Aufwecken bis zum Spritzen der Flüssigkeit in ihr Gesicht ca. eine halbe Stunde gedauert habe.
210
Zu diesem Vorfall führte die Zeugin KHKin … in der Hauptverhandlung aus, dass sie die Geschädigte am 23.10.2019 gemeinsam mit dem Kollegen KOK … als Zeugin vernommen habe. Der Geschädigten sei es jedoch unangenehm gewesen, die Sexualvorwürfe in Anwesenheit ihres männlichen Kollegen zu schildern, so dass sie die Vernehmung der Zeugin allein weitergeführt und sie zu den einzelnen Sexualvorwürfen vernommen habe.
211
So habe die Geschädigte ihr gegenüber insbesondere ausgeführt, dass die erste Vergewaltigung Mitte Juni 2018 gewesen sei. Es habe in der Beziehung bereits zu diesem Zeitpunkt viele Beleidigungen gegeben, wo er sie auch in Anwesenheit der Familie mit verschiedenen Tiernamen, beispielsweise als Bär, bezeichnet habe. Sie habe darunter psychisch sehr viel gelitten, da er keinerlei Respekt vor ihr gehabt habe. Deshalb habe sie ihm auch mitgeteilt, dass sie aufgrund dessen keinen Sex mehr mit ihm haben wolle. Dies habe sie ihm auch dadurch vermittelt, dass sie meist vor ihm hoch ins Schlafzimmer gegangen sei, um dort schon zu schlafen, wenn er komme. Bei der ersten Vergewaltigung sei es nach ihrer Schilderung der Zeugin … gegenüber so gewesen, dass sie erneut vor ihrem Mann schlafen gegangen sei und er später versucht habe, sie aufzuwecken, wobei sie so getan habe, als ob sie bereits schlafen würde, da sie genau gewusst habe, was er zu dieser Zeit nun von ihr wolle. Er habe dann angefangen sie auszuziehen, wobei sie hierbei so getan habe, als ob sie dadurch erst aufwachen würde. Er habe sie dann geschlagen und zu ihr gesagt, dass er schon lange versuchen würde, sie aufzuwecken, woraufhin sie zu ihm gesagt habe, dass sie müde sei und schlafen möchte. Er habe ihr mitgeteilt, dass er jetzt mit ihr schlafen wolle, wobei er einen vulgären Ausdruck wie „ficken“ verwendet habe und sie habe ihm dazu geantwortet habe, da er sie tagsüber beleidigt habe, dadurch ihr Herz verletzt habe und sie nun auch keine Lust auf Sex mit ihm habe.
212
Sie habe ihn daraufhin den Rücken zugedreht und sich wieder zugedeckt. Dann habe er sie an den Haaren gezogen und zu ihm hingezogen. Er habe ihr nun mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen und ihr gesagt, dass wenn er mit ihr rede, sie ihm nicht den Rücken zudrehen solle. Er habe dann ein Bein um ihren Hals geschlungen und sein Geschlechtsteil in ihrem Mund hineingesteckt. Er sei dabei quasi auf ihr gesessen und habe eine ihrer Arme mit seiner Hand am Bett festgehalten. Ihren zweiten Arm habe er mit seinem Bein am Bett fixiert und sie gleichzeitig mit seiner anderen Hand auch an ihren Haaren gezogen.
213
Er habe sein Teil auch so tief hineingesteckt, dass sie angefangen habe, sich zu würgen, als ob sie brechen müsse. Dann habe er ihn (seinen Penis) wieder etwas herausgenommen, woraufhin sie immer noch gehustet habe. Ferner habe sie hier angegeben, so die Zeugin …, dass sie mehrfach versucht habe sich aufzurichten, was dieser jedoch nicht zugelassen habe und sie immer wieder nach unten gedrückt habe.
214
Er habe schließlich angefangen, ihren Hals und ihre Brüste zu küssen, was sie vergeblich versucht habe, zu verhindern. Sie habe dann, nachdem sie eine Hand frei bekommen habe, Versucht ihn von sich wegzuschieben und auch sein Gesicht von ihr wegzudrücken. Ferner habe sie ihm dabei gesagt, dass sie keine Lust habe und habe auch geweint. Dann habe er ihr gewaltsam ihr Schlafanzugoberteil nach oben geschoben bis zum Bereich der Brust, was sie versucht habe zu verhindern. Schließlich habe er ihr dann das Schlafoberteil zerrissen und sein Geschlechtsteil zwischen ihre Brüste hineingeschoben und es dann zwischen ihren Brüsten hin und her gerieben. Auch hier habe sie versucht, sich dagegen zu wehren, was ihr aber erneut nicht gelungen sei. Sie habe das Zimmer auch gar nicht verlassen können, da ihr Schlafanzug zerrissen gewesen sei und sie in diesem Zustand nicht aus dem Zimmer habe gehen können. Dann habe er zu ihr gesagt, dass sie sein Geschlechtsteil in den Mund wieder nehmen solle, was sie jedoch verweigert habe. Er habe dann versucht ihren Mund aufzumachen, indem er mit seinen Händen in ihre beiden Wangen im Bereich des Kiefers gedrückt habe. Sie habe aber zugebissen und ihren Mund zusammengedrückt. Er habe sich dann selbst mit der Hand befriedigt bis es zum Samenerguss gekommen sei. Er habe dann alles auf ihr Gesicht und in ihren Mund gelassen. Das ganze Sperma in ihrem Gesicht sei für sie ziemlich ekelhaft gewesen.
215
Die Zeugin KHKin … führte weiter aus, dass ihr auch anhand ihrer langjährigen Erfahrungen als Sachbearbeiterin bei der Kriminalpolizei in … für Sexualdelikte, die Schilderungen der Geschädigten … zum Ablauf der einzelnen Sexualdelikte schlüssig und plausibel vorgekommen seien. Insbesondere könne sie auch die von der Zeugin … beschriebene Stellung des Angeklagten … auf ihr nachvollziehen, als er zunächst einen Teil ihres Oberkörpers mit seinem Bein fixiert habe. Da es sich bei solchen Vorgängen immer um dynamische Vorgänge handele, sei es aus ihrer Sicht durchaus plausibel, dass ihr Mann von dieser Ausgangsposition aus, nämlich wenn er nur leicht auf ihr nach oben rutsche, so dass sein Penis näher an ihren Mund bringe, diesen auch in ihren Mund einführen könne.
216
Die Zeugin stellte auf Frage der Verteidigung des Angeklagten auch klar, dass sie zu keinem Zeitpunkt der Vernehmung das Gefühl bekommen habe, dass die Zeugin … ihren Mann zu Unrecht belasten wolle. Sie habe einen „festen und sicheren“ Eindruck bei der Schilderung der Vorfälle auf sie gemacht. Sie habe die Vorfälle auch in einem Stück und ohne größere Unterbrechungen oder Zeitabschnitte, wo sie länger überlegen habe müssen, schildern können. Die ganzen Vorfälle hätten auf sie so gewirkt, als ob sie präsent bei der Zeugin … gewesen seien. Nur wenn es um ihr Kind gegangen sei, habe sie große Angst gehabt und sei sehr besorgt um ihr Kind gewesen. Die Zeugin … habe sich während der ganzen Vernehmung nach den Ausführungen der Zeugin KHKin … in keinerlei Widersprüche ihrer Ansicht nach verwickelt.
217
Die Angaben der Geschädigten auch bzgl. dieser Tat erscheinen zur Überzeugung der Kammer umfassend glaubhaft.
218
Dies zum einen deshalb, da die Geschädigte in ihren Angaben auch hier ein sehr hohes Maß an Aussagekonstanz aufwies, wobei sie in der Hauptverhandlung in Anwesenheit des Angeklagten …und weiterer männlicher anwesender Personen wie Polizeibeamte und Dolmetscher sowie ihres Schwiegervaters zunächst Probleme hatte, über die Vorfälle zu berichten, was darin deutlich wurde, dass sie zunächst ihre Hand teilweise vor Gesicht hielt und sich jedenfalls zu Beginn der Vernehmung zu den Sexualvorwürfen nur auf das Kerngeschehen beschränkte, so dass Details, wie etwa ob das Oberteil durch den Angeklagten zerrissen oder zuvor schon ausgezogen wurde, vom Gericht abgefragt werden mussten.
219
Nach nur kurzer Zeit hatte sich die Geschädigte nach Auffassung der Kammer jedoch an diese Situation gewöhnt gehabt und hat über die einzelnen Tatvorwürfe zusammenhängend und dann ohne größere Nachfragen zu erfordern, berichtet, was indiziell für ihre Glaubwürdigkeit sprach. Die anfangs gezeigte Scham und Scheu, über die intimen Vorgänge in Anwesenheit des Angeklagten … und weiterer, insbesondere männlicher Personen berichten zu müssen, erscheint aus Sicht der Kammer nachvollziehbar und ist nicht Ausdruck davon, dass sie über Unwahres berichten würde.
220
Die Zeugin hat das Kerngeschehen auch zu diesem Vorfall in ihrer polizeilichen Vernehmung sowie in der Hauptverhandlung mit sehr großer Konstanz berichtet. So berichtete sie in beiden Vernehmungssituationen davon, dass sie nur so getan habe, dass sie schlafen würde, als der Angeklagten gekommen sei und den Geschlechtsverkehr von ihr eingefordert habe.
221
Auch die kontextuelle Einordnung des Vorgangs erfolgte konstant. Die Zeugin berichtete übereinstimmend, die anfängliche Körperhaltung, mit welcher er sie am Bett fixierte, sowie den Beginn des Geschehens, als er zu Beginn des Geschehens seinen Penis in ihren Mund sehr weit führte und zwar so, dass sie sich zunächst würgte, da er sehr tief in ihren Hals eindrang, was sie als sehr „ekelhaft“ beschrieb. Die Umschreibung ihres Gefühls dabei als „ekelhaft“ wertet die Kammer als ein Realkennzeichen und damit als Indiz für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben. Das Beschreiben von Gefühlen und Empfindungen im Rahmen der Handlungsbeschreibung ist ein Indiz dafür, dass über tatsächlich Erlebtes und nicht über eine fiktive Handlung berichtet wird, da auch diese Umstände, wie auch Handlungskomplikationen die zurecht gelegte Schilderung eines fiktiven Vorganges erschweren, so dass ein Zeuge der Unwahres berichtet, diese Dinge tendenziell eher weglassen wird, da sie seine zurecht gelegte Geschichte für ihn nur unnötig komplizieren und für ihn eine zusätzliche intellektuelle Herausforderung darstellen.
222
Die Geschädigte hat aber sowohl und auch insoweit konstant von diesen Empfindungen berichtet. Auch schilderte sie übereinstimmend eine Handlungskomplikation, nämlich dass es dem Angeklagten ein zweites Mal nicht mehr gelang, ihren Mund durch Eindrücken in die Kiefermuskulatur gewaltsam zu öffnen. Die Schilderung dieser Handlungskomplikation wäre im Falle einer fiktiven Geschichte nicht erforderlich gewesen, so dass dies letztlich auch indiziell dafür spricht, dass hier von der Geschädigten über tatsächlich Erlebtes berichtet wurde.
223
Die Kammer hat bei der Würdigung der Konstanz ihrer Aussage nicht verkannt, dass es zu kleineren Abweichungen oder Unsicherheiten in ihren Schilderungen zu diesem Tatgeschehen gekommen ist.
224
So hat die Zeugin insbesondere bei ihrer polizeilichen Vernehmung ausgeführt, dass der Angeklagte bevor er seinen Penis zwischen ihre Brüste einführte, ihr Schlafanzugoberteil zerrissen gehabt habe, wohingegen sie in der Hauptverhandlung auf Frage zunächst ausführte, dass sie der Meinung sei, dass er ihr Oberteil bereits zuvor ausgezogen habe. Auf Vorhalt ihrer polizeilichen Vernehmung stellte sie dies nach kurzer Überlegung jedoch insoweit klar, als dass sie ausführte, dass sie nun nach erfolgter Überlegung doch glaube, dass er ihr bei dieser Gelegenheit ihr Oberteil zerrissen habe. Sie habe es zuvor anders angegeben, da es mehrere Vorfälle gegeben habe, wo er sie gegen ihren Willen ausgezogen habe, so dass sie dies durcheinandergebracht habe. Dies erscheint für die Kammer plausibel und nachvollziehbar, zumal es auch nicht das Kerngeschehen betrifft. Für die Geschädigte ist es aus ihrer Sicht irrelevant, wie es dazu kam, dass ihre Brüste freilagen, ob im Rahmen eines vorherigen Ausziehens des Oberteils oder durch gewaltsames Zerressen desselben passierte. Die Abweichung in ihrer Aussage spricht daher zur Überzeugung der Kammer nicht für ihre Unglaubwürdigkeit.
225
Auch hat die Kammer nicht verkannt, dass sie in ihrer polizeilichen Vernehmung davon berichtete, dass der Angeklagte ein Bein zuvor überraschend um ihren Hals geschlungen habe und sie auch an den Haaren gezogen habe, als er ihr unerwartet seinen Penis in den Mund eingeführt habe. Hier ist zunächst zu sehen, dass die Zeugin in der Hauptverhandlung davon sprach, dass er auf sie drauf gestiegen sei und sich im Bereich ihres Bauchs zunächst auf sie gesetzt habe und mit seinem Bein, welches er nach oben hin abgelegt habe, ihren Arm bzw. ihre Schulter damit fixiert habe. Dies ähnelt durchaus der Beschreibung in der polizeilichen Vernehmung, wonach sie angab, dass er sein Bein um ihren Hals geschwungen habe und er ihr somit ihre Hand fixierte. Im Übrigen ist auch zu sehen, dass ein solcher Vorgang immer ein dynamisches Geschehen ist, so dass die beschriebenen Positionen sich auch nicht gegenseitig ausschließen müssen und damit die eine Beschreibung wahr und die andere unwahr sein muss. Schließlich ist auch zu sehen, dass beide Vernehmungen mittels einer Dolmetscherin geführt wurden, so dass sich die Umschreibung „ein Bein um den Hals geschwungen“ auch als freie Übersetzung desselben beschriebenen Vorganges darstellen kann. Aus dieser leicht abweichenden Umschreibung will die Kammer jedenfalls angesichts der übrigen sehr hohen Aussagekonstanz nicht den Schluss ziehen, dass die Zeugin hier die Unwahrheit berichtete.
226
In Übereinstimmung mit der Ansicht der Zeugin KHKin … ist es aus Sicht der Kammer anatomisch durchaus möglich, dass der Angeklagte auf der Geschädigten, welche rücklings am Bett liegt und er auf ihren Oberkörper quasi sitzt, seinen Penis in ihren Mund einführen kann, was seitens der Verteidigung teilweise bezweifelt wurde. Auch hier ist in den Blick zu nehmen, dass dieser ganze Vorgang ein dynamisches Geschehen darstellt. Wenn die Geschädigte also ausführt, dass der Angeklagte eine Körperhälfte von ihr und den darunter liegenden Arm mit seinem nach oben ausgestreckten Bein fixierte und den anderen Arm am Bett festhielt, so ist nicht davon auszugehen, dass diese Position des Angeklagten während des ganzen Vorganges quasi starr bei lebensnaher Betrachtung so beibehalten wurde. Vielmehr ist davon auszugehen, wie die Geschädigte auch ausführte, dass er sich zunächst etwas aufrichtete und nach oben hin am Oberkörper der Geschädigten mit seinem Körpergewicht rutschte, so dass er ihren ganzen Oberkörper in dieser Position so fixierte, wobei sich ihre Arme jeweils unter dem Körper des auf ihr sitzenden Angeklagten befinden. In dieser Position ist dann auch davon auszugehen, ohne dass die Geschädigte, was aus Sicht der Kammer nachvollziehbar erscheint, eine konkrete Erinnerung daran hatte, wo sich dann das zunächst ausgestreckte Bein des Angeklagten befand, dass er dieses wieder einzog und anschließend eine Sitzstellung auf der Geschädigten, wie von ihr auch beschrieben, einnahm. In dieser Sitzstellung ist es aufgrund der räumlichen Nähe des Penis zum Mund aus Sicht der Kammer dann unproblematisch möglich, diesen auch in den Mund der Geschädigten einzuführen.
227
Die Geschädigte hat in beiden Vernehmungen auch insoweit konstant davon berichtet, dass die Flüssigkeit bzw. das Sperma auch in ihren Mund gespritzt bzw. gekommen sei, was für sehr ekelhaft gewesen sei. Als der Angeklagte fertig gewesen sei, habe sie lange geweint. Auch hier werden von der Geschädigten Gefühle beschrieben bzw. bezeichnet, welche die Kammer ebenfalls indiziell für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben wertet.
228
Im Rahmen der vorgenommenen Gesamtwürdigung konnte sich daher die Kammer die Überzeugung bilden, dass die Zeugin auch bzgl. dieses Tatgeschehens von tatsächlich Erlebtem und damit die Wahrheit berichtete.
dd) Anale Vergewaltigung durch den Angeklagten … zum Nachteil von … im November 2018 in der Wohnung in …
229
Schließlich konnte sich die Kammer auf der Grundlage der glaubhaften Angaben der Zeugin … auch die Überzeugung bilden, dass der Angeklagte … diese in einer nicht näher bestimmbaren Nacht im November 2018 in der Wohnung in der … Straße in … in ihrem gemeinsamen Zimmer im Obergeschoss, nachdem die Geschädigte sich bereits ca. im sechsten Monate ihrer Schwangerschaft befand, anal vergewaltigte.
230
Auch diesbzgl. beruht die Überzeugung der Kammer auf den glaubhaften und schlüssigen Angaben der Geschädigten … in der Hauptverhandlung. Die Kammer konnte auch bei diesem Tatgeschehen eine sehr hohe Aussagekonstanz der Angaben der Geschädigten im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung und ihren Angaben in der Hauptverhandlung feststellten. Ferner ist auch dieser Aussageteil geprägt von einer Vielzahl an Realkennzeichen, welche, wie auch die festgestellte sehr hohe Aussagekonstanz, für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zum konkreten Tatgeschehen sprechen. Zur generellen Glaubwürdigkeit der Geschädigten und Glaubhaftigkeit ihrer Angaben wird auch insoweit auf die Ausführungen unter III, 2., a), hh) Bezug genommen.
231
Der Sachverständige Prof. Dr. … Leiter des Rechtsmedizinischen Instituts der Universität … wurde als Sachverständiger zu den Verletzungen der Geschädigten am After gehört. Durch seine Ausführungen konnten die Angaben der Geschädigten nach Ansicht der Kammer weder belegt noch widerlegt werden.
232
Die Kammer erachtet zunächst die Ausführung der Geschädigten, dass ihr Ehemann von ihr immer mehr auch den Analverkehr verlangt habe, welchen sie jedoch ebenso verweigert habe, zumal sie diesen als besonders ekelhaft und erniedrigend empfinde und da dieser nach ihrer Auffassung nach ihrem Glauben auch als besonders unrein und als verboten angesehen werde, als glaubhaft.
233
Die Angaben der Geschädigten werden insoweit durch die Ausführungen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugin … der Geliebten des Angeklagten … bestätigt.
234
So führte die Zeugin … in der Hauptverhandlung aus, dass sie den Angeklagten … schon in der Akademie, wo sie einen Sachkundenachweis für Sicherheitsfachkräfte abgelegt hätten, kennengelernt habe. Vorher hätten sie sich schon flüchtig gekannt, da sie beide zuvor in … gewohnt hätten. Ihr sei vom Bruder von … im März 2019 mitgeteilt worden, dass der Angeklagte nicht mehr mit seiner Frau zusammen sei. Sie habe sich schließlich in … verliebt und ihm Ende Mai/Anfang Juni 2019 ihre Gefühle offenbart. Seit dieser Zeit habe sich auch eine intime Beziehung zu … entwickelt. Sie hätten sich unter anderem in der Wohnung von … Ein der … in … sowie auch im Freien getroffenen und hätten miteinander Sex gehabt. Dabei sei es auch zu dem von … gewünschten Analverkehr mit ihr gekommen. Im August, nachdem sie aus ihrem Urlaub aus der Türkei zurückgekommen sei, habe sie die Beziehung zu … schließlich wieder beendet.
235
Damit werden die Ausführungen der Geschädigten insoweit bestätigt, als dass auch die Zeugin … bestätigen konnte, dass der Angeklagte … den Analsex präferierte und diesen auch mit der Zeugin … mehrfach vollzogen hat.
236
Die Zeugin … führte weiter in der Hauptverhandlung aus, dass es auch nach dem ersten erzwungenen Sex in den folgenden Monaten trotz ihrer weiter bestehenden Weigerung aufgrund von Schlägen durch ihren Ehemann gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr mit ihm gekommen sei. Auf diesen habe sie sich jeweils schließlich aufgrund von Schlägen bzw. aufgrund der Drohung mit Schlägen durch ihren Mann gezwungenermaßen eingelassen. Irgendwann in den Folgemonaten sei ihr Mann immer mehr dazu übergegangen, von ihr auch den Analverkehr einzufordern, was sie jedoch jedes Mal strikt abgelehnt habe und ihm erklärt habe, dass sie zu dieser Art des Geschlechtsverkehrs unter kleinsten Umständen bereit sei, da dieser aus ihrer Sicht als unrein gelte und ihrer Ansicht nach in ihrem Glauben auch verboten sei. Er habe zunächst in Gesprächen mit ihr dann auch immer versucht, zum Analverkehr mit ihr zu kommen, indem er ihr versprochen habe, sie nicht mehr zu schlagen und er es dann auch zulassen würde, dass sie sich von ihm scheiden lassen dürfe, wenn sie nur einmal mit ihm den Analverkehr mache. Gleichwohl sei sie damit nicht einverstanden gewesen und bei ihrer Meinung geblieben.
237
Sie sei von ihrem Ehemann schließlich schwanger geworden und habe sich im November 2018 ca. im 6. Schwangerschaftsmonat befunden. Zu dieser Zeit sei es auch zu einem weiteren für sie sehr gravierenden und schlimmen Sexualverkehr mit ihrem Ehemann gekommen. Sie habe sich allein abends ins Bett begeben, wobei ihr Ehemann ohne sie noch ausgegangen sei. Irgendwann in der Nacht, genau könne sie dies nicht mehr sagen, sei er heimgekehrt und habe sich zu ihr ins Bett begeben. Er sei nackt gewesen und habe sich ihr angenähert und dabei dann auch ihre Schlafanzughose bis zu den Knien heruntergezogen. Dadurch sei sie aufgewacht. Sie habe zu dieser Zeit auf der Seite geschlafen, da ihr dies angesichts der fortgeschrittenen Schwangerschaft leichter gefallen sei.
238
Ihr Ehemann habe sich ihr von hinten angenähert und, nachdem er ihr die Hose bis zu den Knien heruntergezogen habe, versucht, mit seinem Penis in ihren After gewaltsam einzudringen. Dabei habe er sie mit den Händen zu sich hingezogen bzw. festgehalten. Nachdem ihm zunächst nicht gelungen sei, seinen Penis in ihren After zu schieben und sie auch versucht habe, sich von ihm wegzurücken, habe sie schließlich ihre Hose wieder hochziehen und habe Abstand von ihm gewinnen können.
239
Nach kurzer Zeit sei er jedoch wieder zu ihr im Bett rübergekommen und habe ihre Schlafanzughose erneut runtergezogen und sie dabei gewaltsam dieses Mal auch auf den Bauch gedreht bzw. so auf das Bett hingedrückt, was angesichts ihrer Schwangerschaft und des nunmehr auf ihr und ihrem Bauch lastenden Gewichts sehr unangenehm und schmerzhaft gewesen sei. Ihr Mann sei dabei auf ihr gesessen bzw. gelegen und habe wieder versucht, mit seinem Penis in ihren After einzudringen.
240
Nach einiger Zeit und mit erheblicher Kraft sei es ihm dieses Mal schließlich auch gelungen. Sie habe in dieser Lage keine Chance gehabt, sich unter ihm wegzudrehen bzw. ihm Widerstand zu leisten. Das Sitzen auf ihr sowie das kraftvolle Eindringen in ihren After sei sehr schmerzhaft für sie gewesen. Sie habe sehr laut geschrien. Sie habe ihn dabei auch gesagt, dass sie schwanger sei und er damit aufhören solle. Sie habe große Schmerzen im Afterbereich gehabt. Er habe sie aufgefordert mit dem Schreien endlich aufzuhören und sie dabei auch auf den Kopf geschlagen. Nach kurzer Zeit habe er sein Geschlechtsteil jedoch wieder aus ihrem After gezogen. Sie habe mitbekommen, dass sie dadurch am After verletzt worden sei und sei zur Toilette gegangen. Dort habe sie festgestellt, dass sie aus dem After geblutet habe.
241
Auf Frage führte die Zeugin … aus, dass es ihrer Ansicht nach nicht zu einem Samenerguss gekommen sei. Der Penis ihres Mannes habe sich nur für kurze Zeit in ihrem After befunden. Aufgrund dieser Verletzung habe sie mehrere Tage lang Schmerzen im Bereich ihres Afters, auch beim Stuhlgang, gehabt. Sie habe nach ca. 10 Tagen festgestellt, dass sich dort eine Art Narbe gebildet habe. Auch heute habe sie aufgrund dieser Verletzung noch Probleme mit dem Stuhlgang, da dort noch eine Art Delle, etwas „Kugelförmiges“, heute noch vorhanden sei.
242
Die Zeugin KHKin … führte weiter in der Hauptverhandlung aus, dass die Geschädigte ihr im Rahmen der Vernehmung vom 23.10.2019 überdies angegeben habe, dass es einen weiteren Fall von erzwungenen Sexualhandlungen gegeben habe, als sie (die Geschädigte) sich im 6. Schwangerschaftsmonat befunden habe. Ihr Mann habe immer wieder versucht, indem er sie unter Druck gesetzt habe, dass er mit ihr den Analverkehr ausführen könne. Die Geschädigte habe ihm gegenüber angegeben, dass sie dies unter keinen Umständen wolle, da dies in ihrer Kultur als unrein bzw. als Tabu gelte.
243
Gleichwohl sei der Angeklagte einmal, als sie bereits geschlafen habe, zur Nachtzeit heimgekommen und ins Zimmer gekommen und habe damit begonnen, ihre Hose auszuziehen. Da sie im sechsten Monat schwanger gewesen sei, habe sie damals auf der Seite geschlafen. Er habe ihren Schlafanzug bis auf Kniehöhe runtergezogen und sein Geschlechtsteil in ihren Anus gedrückt und sie mit beiden Händen zu sich hingezogen. Sie habe versucht, von ihm Abstand zu gewinnen, woraufhin er sich nicht mehr bewegt habe und es ihr gelungen sei, ihre Hose wieder hochzuziehen.
244
Nach ein paar Minuten sei er dann erneut auf sie zu gekommen und habe sie auf den Bauch gedreht und sich auf ihren Rücken gelegt. Er habe dann wieder ihre Schlafanzughose bis zu den Knien heruntergezogen und versucht, ihr von hinten sein Geschlechtsteil in ihren After zu drücken. Dabei habe sie starke Schmerzen verspürt und sich auch nicht bewegen können. Er habe sein Geschlechtsteil fest in ihren Hintern gedrückt. Soweit die Zeugin … dies nach ihren Schilderungen mitbekommen habe, sei er mit seinem Geschlechtsteil nicht komplett, d.h. mit der ganzen Länge, in ihren After eingedrungen gewesen. Sie habe dann wegen sehr großer Schmerzen sofort laut zu schreien begonnen, woraufhin er sie auf den Kopf geschlagen habe und auch ein Kopfkissen genommen habe und ihr dieses auf den Hinterkopf gedrückt habe, damit sie nicht mehr schreien könne. Er habe sie richtig ins Bett hineingedrückt. Sie habe, so wie die Geschädigte ihr (Zeugin KHKin … dies berichtet habe, versucht irgendwie loszukommen, was ihr jedoch nicht gelungen sei.
245
Es sei für sie sehr schlimm gewesen und sie habe darum gebettelt, dass er von ihr ablasse, da sie sehr große Schmerzen gehabt habe. Er habe dann sein Geschlechtsteil aus ihrem After herausgezogen und sie sei dann zur Toilette gegangen, wo sie festgestellt habe, dass sie am After geblutet habe.
246
Auf Vorhalt, ob dieser Vorgang, nachdem sie sich im 6. Schwangerschaftsmonat ihren Angaben zufolge befunden habe, im November 2018 gewesen sein könne, habe die Geschädigte ihr gegenüber ausgeführt, dass dies gut passen würde, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits einen großen runden Bauch gehabt habe.
247
Auf Frage habe sie ihr gegenüber auch ausgeführt, dass sie wegen der erlittenen Verletzungen und der Schmerzen nicht zum Arzt habe gehen dürfen. Diese Art des Sexualverkehrs sei für sie sehr ekelhaft und erniedrigend gewesen.
248
Vor dem Hintergrund dieser beiden Aussagen ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass auch insoweit von einer sehr hohen Aussagekonstanz ausgegangen werden kann, was für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin … spricht. Die Zeugin schildert das Kerngeschehen sowohl in ihrer polizeilichen Vernehmung als auch im Rahmen der Hauptverhandlung konstant. Demnach sei, als sie sich bereits im ca. sechsten Schwangerschaftsmonat befunden habe, ihr Mann zur Nachtzeit vom Ausgehen nach Hause gekommen und habe zunächst im Rahmen eines ersten gescheiterten Anlaufs versucht, gewaltsam in ihren After mit seinem erigierten Penis einzudringen. Nachdem dies nicht gelungen sei, habe er zunächst für ein paar Minuten wieder von ihr abgelassen und sodann einen zweiten Versuch gestartet, der diesmal aus seiner Sicht gelungen sei, indem er seinem Penis kurzzeitig in den After seiner Frau einführen habe können. Nachdem sie heftige Schmerzen dadurch erlitten habe und laut zu schreien begonnen habe, habe der Angeklagte schließlich, ohne einen Samenerguss zu haben, von ihr abgelassen, da er möglicherweise auch eine Blutung am After erkannte, und sie habe sich zur Toilette begeben, wo sie die blutende Verletzung an ihrem After feststellen habe können.
249
Ferner war bei der Würdigung ihrer Aussage zu sehen, dass sie auch Handlungskomplikationen im Tatablauf beschreibt, welche als Realkennzeichen für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprechen. So schildert die Zeugin… in ihren Vernehmungen konstant, dass ein erster Versuch, in sie anal einzudringen, zunächst gescheitert sei und ihr Mann für kurze Zeit von ihr abgelassen habe. Die Schilderung dieser Handlungskomplikation wäre im Rahmen einer falschen Anschuldigung ihres Ehemannes nicht erforderlich gewesen, sondern verkompliziert vielmehr den von ihr konstant beschriebenen Handlungsablauf, was für den Täter einer falschen Anschuldigung eine zusätzliche intellektuelle Herausforderung darstellen würde. Gleichwohl wurde seitens der Geschädigten diese Handlungskomplikation in sämtlichen Vernehmungssituationen geschildert, was dafür spricht, dass sie über tatsächlich Erlebtes berichtet.
250
Auch ist bei der Würdigung ihrer Aussage zu diesem Tatkomplex zu sehen, dass auch hier seitens der Geschädigten mehrmals Gefühle beschrieben wurden, was ebenfalls für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprach.
251
Ferner war in den Blick zu nehmen, dass der Geschädigten in sämtlichen Vernehmungssituationen eine sehr gute kontextuelle Einbettung des Handlungsgeschehens möglich war. So führte sie aus, dass zum Zeitpunkt dieser Tat ihr Bauch bereits sehr rund gewesen sei und sie sich im 6. Schwangerschaftsmonat befunden habe, so dass eine Eingrenzung des Tatzeitraums im November 2018 möglich war. Auch diese ihr anhand von objektiven Gegebenheiten mögliche Einbettung des Handlungsgeschehens sprach zur Überzeugung der Kammer für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.
252
Schließlich war zu würdigen, dass die Geschädigte bei der Schilderung dieses Handlungsgeschehens keinerlei Belastungseifer, sondern vielmehr entlastende Umstände benannte, was ebenfalls für ihre Glaubwürdigkeit sprach. So führte die Geschädigte - wie oben dargestellt - aus, dass ihr Mann „nur kurze Zeit“ mit seinem Penis in ihrem After gewesen sei und es auch zu keinem Samenerguss gekommen sei. Zudem führt sie aus, dass er „nicht mit der gesamten Länge“ seines Penis in ihrem After gewesen sei. Hier ist zu sehen, dass es für die Geschädigte ein Leichtes gewesen wäre, hier entgegen der Wahrheit zu behaupten, dass es beispielsweise auch zum Samenerguss gekommen wäre oder er mit der vollen Länge seines Penis in ihrem After gewesen sei, so dass ihr Ehemann dadurch zusätzlich belastet werden würde. Dies hat sie jedoch in all ihren Vernehmungen nicht gemacht, was ebenfalls für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zur Überzeugung der Kammer sprach.
253
Die glaubhaften Angaben der Geschädigten werden zur Überzeugung der Kammer durch die Ausführungen des Sachverständigen Prof. … weder belegt noch widerlegt. So führte der Sachverständige aus, dass im Rahmen der körperlichen Untersuchung der Geschädigten am 01.10.2019 an der Afteröffnung ein kleiner, schlaffer Hautlappen festgestellt worden sei, bei dem es sich um eine sog. Mariske handele. Von sog. primären Marisken, welche als Folge lokal überschießenden Hautwachstums angesehen werden, seien sog. sekundäre Marisken zu unterscheiden, welche auch als Vorpostenfalten bezeichnet würden und meist im Bereich von chronischen Schleimhautfissuren entstehen würden. Solche Marisken könnten daher grundsätzlich infolge einer analen Penetration entstehen. Es seien jedoch auch andere Ursachen vorstellbar, wie insbesondere mechanische Irritationen z.B. bei chronisch hartem Stuhlgang. Damit könne dadurch eine behauptete anale Penetration weder belegt noch widerlegt werden.
254
Nicht nachvollziehen könne er die Ausführung der Geschädigten, wonach sich ca. nach 10 Tagen nach dem behaupteten Analverkehr diese Mariske bei ihr erst gebildet habe.
255
Darin sieht die Kammer jedoch kein Indiz dafür, dass die Geschädigte - abgesehen von den Vielen Indizien, welche für ihre Glaubwürdigkeit sprechen - die Unwahrheit berichtete. Da es sich hier um eine Körperregion handelt, welche nicht eingesehen werden kann und infolgedessen auch nicht regelmäßig inspiziert wird, kann es aus Sicht der Kammer durchaus sein, dass eine unerkannte Mariske bei der Geschädigten bereits vor der erzwungenen analen Penetration vorhanden war oder diese in kürzer Zeit danach entstanden ist, von ihr jedoch erst nach ca. 10 Tagen erstmals festgestellt wurde. Zwingende Rückschlüsse darauf, dass sie hier bewusst die Unwahrheit berichtete, sind demnach zur Überzeugung der Kammer nicht möglich.
256
Die Kammer ist jedenfalls in diesem Kontext zugunsten des Angeklagten … davon ausgegangen, dass die zur Überzeugung der Kammer stattgefundene gewaltsame anale Penetration nicht ursächlich für diese Mariskenbildung bei der Geschädigten war und auch die noch andauernden Beschwerden der Geschädigten beim Stuhlgang nicht auf die erzwungene Penetration zurückzuführen sind, wenngleich - wie der Sachverständige ausführte - diese durchaus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf beruhen können.
257
Die Kammer hat bei der Würdigung der Aussage der Geschädigten auch nicht verkannt, dass die sie im Rahmen der Schwangerschaft behandelnde Frauenärztin, die sachverständige Zeugin Dr. … insgesamt keine Verletzungen nach deren Ausführungen in der Hauptverhandlung bei ihr festgestellt habe. Insoweit ist jedoch zu sehen, dass die Geschädigte nach ihren Angaben diese Verletzung am After auch nicht im Rahmen eines der regelmäßigen Termine in der Schwangerschaft bei ihrer Frauenärztin vorgebracht habe. Vor diesem Hintergrund bestand daher auch keine Veranlassung durch die Zeugin Dr. … die Geschädigte auch am After anlasslos zu untersuchen, so dass eine damals möglicherweise noch feststellbare Verletzung am After von der Zeugin deshalb nicht festgestellt werden konnte. Auch ist zu sehen, dass die Kommunikation mit der nicht arabisch sprechenden Frauenärztin über Familienangehörige des Angeklagten … nach den Angaben der Zeugin Dr. … erfolgt ist, so dass aus Sicht der Kammer auch nicht auszuschließen ist, dass diese möglicherweise nicht alle Informationen von der Geschädigten an die Frauenärztin durch die Familienangehörigen vermittelt bekommen hat. Insgesamt spricht daher der Umstand, dass keine Verletzungen bei der Geschädigten, insbesondere am After, festgestellt werden konnten, damit nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit.
258
Im Rahmen der Gesamtwürdigung konnte sich die Kammer daher auf der Grundlage der glaubhaften Angaben der Geschädigten die Überzeugung bilden, dass sich die Tat wie unter II, 2., d) dargestellt tatsächlich ereignet hat.
ee) Zwei orale Vergewaltigungen durch den Angeklagten … zum Nachteil von … in der Zeit vom 01.04.2019 bis 21.06.2019 in der Wohnung in …
259
Die Kammer konnte sich im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller erhobenen Beweise in der Hauptverhandlung zudem die Überzeugung bilden, dass der Angeklagte … seine Frau … mindestens zwei weitere Male, als sie bereits in der Wohnung in der … Str. … in … mit der übrigen Familie … wohnten, also in der Zeit vom 01.04.2019 bis zu ihrer erzwungenen Ausreise am 21.06.2019, oral vergewaltigte und einmal davon die erzwungenen sexuellen Handlungen auch auf seinem Mobiltelefon filmte. Diese beiden Vorfälle wurden von der Zeugin … deshalb als besonders ekelhaft und erniedrigend erinnert, da der Angeklagte … dabei jeweils auf der Grundlage ihrer glaubhaften Angaben in ihr Gesicht und damit an und in ihren Mund ejakulierte, so dass ihr diese Fälle neben weiteren Fällen besonders in Erinnerung geblieben sind.
260
Ferner beruht auch hier die Überzeugungsbildung der Kammer auf den auch insoweit uneingeschränkt glaubhaften und schlüssigen Angaben der Geschädigten in der Hauptverhandlung sowie im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung, welche über die Zeugin KHKin … erneut in die Hauptverhandlung eingeführt wurden.
261
Wie auch bei den übrigen Taten konnte die Kammer auch hier eine sehr hohe Aussagekonstanz bei den Angaben der Geschädigten feststellen. Zudem wird auch hier die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben durch mehrere Realkennzeichen für tatsächlich Erlebtes belegt. Auch der Zeuge … dem die Geschädigte nach ihrer Rückkehr in Deutschland einen Teil der Taten rudimentär berichtete, konnte ihre Angaben zum Tatgeschehen bestätigen.
262
Die Zeugin … führte bzgl. dieser beiden Taten in der Hauptverhandlung aus, dass sie und die Familie … ab 01.04.2019 in eine neue Wohnung bzw. in ein Haus in … umgezogen seien. Auch hier sei es in gleicher Weise wie zuvor weitergegangen, dass heiße, dass ihr Mann sie durch Schläge bzw. durch Drohungen mit Schlägen mehrfach dazu gezwungen habe, mit ihr den Geschlechtsverkehr auch in Form von Oralverkehr auszuführen. Zu einem weiteren Analverkehr sei es hingegen nicht mehr gekommen.
263
Er habe dann auch irgendwann eine Beziehung zu einer türkischen Frau namens … unterhalten, mit welcher er auch, wie er ihr (Zeugin …) mitgeteilt habe, den Analverkehr ausübe. Dies sei für diese Frau kein Problem gewesen, habe er ihr jedenfalls so erzählt.
264
Sie könne sich auch an ein konkretes Mal erinnern, als er bei dieser Frau gewesen sei. Er habe sie (Zeugin …) erneut zum Oralverkehr mit ihm gezwungen gehabt. Nach diesem habe er ihr mitgeteilt, dass er zuvor bei dieser Frau gewesen sei und mit dieser, ohne sich zu waschen, Analverkehr gehabt habe. Dies habe sie sehr verletzt. Zudem habe sie auch Angst gehabt, eine Krankheit dadurch zu bekommen.
265
Ganz konkret könne sie sich auch noch an zwei weitere Fälle des erzwungenen Oralverkehrs in ihrer neuen Wohnung in … erinnern. Sie hätten dabei in einem Zimmer, welches eigentlich das Zimmer für seine Schwestern gewesen sei, gemeinsam gewohnt, das heiße eigentlich sie und ihr Kind. Nur wenn … da gewesen sei, habe er auch mit in diesem Zimmer geschlafen.
266
Die Zeugin … führte anhand der eingeführten Lichtbilder auf Blatt 289 (unten) bis 292 (oben) aus, dass es sich dabei um dieses auf den Lichtbildern abgebildete Zimmer im 4. Geschoss des Hauses mit Dachschräge gehandelt habe, wo diese beiden Vorfälle stattgefunden hätten. Das Hochbett, welches auf den Lichtbildern abgebildet sei, sei damals nicht dort gewesen. Es sei aber noch ein Tisch darin gestanden, welcher jetzt in einem anderen Zimmer der eingeführten Lichtbildern zu den Wohnungen in der … und der … Str. … zu sehen sei. Die Zeugin führte aus, dass es sich dabei um den Glastisch handle, welcher jetzt im Wohnzimmer der Wohnung … stehe, wie auf dem eingeführten Lichtbild auf Blatt 335/336 zu ersehen sei.
267
In diesem Zimmer im 4. Geschoss, in dem sie geschlafen hätten, habe sich der auf dem oberen Lichtbild auf Blatt 292 abgebildete Kleiderschrank bereits damals dort befunden, in welchen die Schwestern ihres Mannes ihre Sachen untergebracht gehabt hätten. Neben dem genannten Glastisch sei ein Koffer am Boden gestanden, in welchen sie die Sachen ihres Kindes untergebracht gehabt habe. Neben dem Schrank sei eine Matratze gelegen, ohne dazugehöriges Bettgestell. Die Matratze sei größtenteils tagsüber hochgeklappt gewesen, an der Wand gelehnt, und nur abends zum Schlafen durch sie oder ihren Mann runter geklappt worden. Die Matratze sei ungefähr dort gelegen, wo jetzt auf den Lichtbildern das Hochbett stehe.
268
Sie könne sich konkret an zwei Fälle des erzwungenen Oralverkehrs durch ihren Mann erinnern, welche in diesem Zimmer erfolgt seien. Diese beiden Fälle seien im Vergleich zu den anderen Fällen des erzwungenen Oralverkehrs besonders ekelhaft und erniedrigend für sie gewesen, da ihr Mann dabei jeweils „seine Flüssigkeit“ in ihr Gesicht und in ihren Mund gespritzt habe.
269
Vom Ablauf seien beide Fälle ähnlich gewesen, mit der Ausnahme, dass der erste der beiden Fälle von ihrem Mann auf dessen Mobiltelefon gefilmt worden sei. Sie könne nicht mehr sicher sagen, ob ihr Ehemann dabei bekleidet gewesen sei. Sie jedenfalls habe, da sie sich in ihrem Zimmer befunden habe, dort kein Kopftuch getragen. Er sei bei beiden Fällen vor ihr gestanden und sie habe sich vor ihn hinknien müssen „wie ein Pferd“.
270
Auf Frage führte die Zeugin … konkretisierend aus, dass sie sich in dieser knienden Stellung mit ihren Knien am Teppich befunden habe.
271
Auf Frage führte die Zeugin zudem aus, dass dieser erste Fall, wo ihr Ehemann sie gefilmt habe, sich an einem Nachmittag abgespielt habe. Er habe sie zuvor erneut aufgefordert mit ihm den Oralverkehr zu machen. Bei diesem Mal habe er dies auch auf seinem Mobiltelefon aufnehmen wollen. Sie habe ihm gegenüber erklärt, dass sie weder mit dem Oralverkehr noch mit dem Filmen einverstanden sei.
272
Er habe sie daraufhin mehrfach mit der Hand in ihr Gesicht geschlagen und habe ihr klargemacht, dass sie mitmachen solle und sich während der Videoaufnahme auch nicht mehr wehren solle, damit das Video „gut rauskomme“. Ihr Mann habe sie dabei „sehr viel“ und „sehr hart“ ins Gesicht geschlagen. Sie habe letztlich keine Kraft mehr gehabt, ihm zu widersprechen und ihm Widerstand zu leisten. Zudem habe sie auch Angst davor gehabt, von ihm erneut geschlagen zu werden, wenn sie bei den von ihm gewünschten Handlungen nicht mitmachen würde.
273
Sie habe sich daher, wie von ihm befohlen, vor ihm hingekniet, seinen Penis in den Mund genommen, wo in ihr Mann dann hin und her bewegt habe. Dabei habe er sie teilweise auch an den Haaren am Kopf festgehalten und so auch ihren Kopf bewegt. Mit der anderen Hand habe er dabei sein Mobiltelefon gehalten und die Handlungen mitgefilmt.
274
Sie könne nicht mehr sicher sagen, ob er während des Filmens auch noch Drohungen ausgesprochen habe. Sie glaube sich jedoch zu erinnern, dass er sie auch währenddessen noch geschlagen habe. Jedenfalls habe er sie an den Haaren währenddessen gezogen und ihren Kopf somit festgehalten. Er habe seinen Penis dann mehrfach, wie oft genau könne sie nicht mehr sagen, in ihrem Mund hin und her bewegt. Schließlich hat er seinen Penis aus ihrem Mund genommen und daran vor ihrem Gesicht noch gerieben bis Flüssigkeit herausgekommen sei. Diese Flüssigkeit habe er auf ihr Gesicht und in ihren Mund gespritzt. Dann sei er zufrieden gewesen und habe sich im Zimmer auf die Matratze gelegt. Sie selbst sei zum Bad gegangen und habe sich sauber gemacht.
275
Sie könne sich auch an ein „weiteres schlimmes Mal“ in diesem Zimmer erinnern. Der Ablauf sei hier ähnlich gewesen, dass heiße, er habe vor ihr gestanden und sie habe sich vor ihm wieder hinknien müssen.
276
Auf Frage führte die Zeugin aus, dass es dieses Mal zur Nachtzeit, kurz vor dem Bettgehen, gewesen sei.
277
Er habe sie dieses Mal nicht geschlagen, sondern ihr nur gedroht zuzuschlagen, wenn sie nicht das mache, was er von ihr verlange. Aus Angst vor Schlägen habe sie schließlich gleich getan, was er gesagt habe.
278
Er habe erneut seinen Penis in ihren Mund gesteckt, ihn darin mehrfach hin und her bewegt und dabei ihren Kopf festgehalten und sie an den Haaren gepackt bzw. gezogen. Schließlich habe er „ihn“ wieder herausgezogen, daran gerieben und sodann seine Flüssigkeit wieder in ihr Gesicht und in ihren Mund gespritzt, was sie sehr, sehr ekelhaft empfunden habe. Wie sie sich dabei gefühlt habe, sei ihm völlig egal gewesen. Er habe kein Herz ihr gegenüber gehabt.
279
Es habe aber auch noch weitere Male in Eschenbach gegeben, wo er seinen Penis in ihren Mund hineingetan habe.
280
Diese beiden beschriebenen Male seien für sie jedoch am schlimmsten bzw. am ekelhaftesten gewesen, da er seine Flüssigkeit in ihr Gesicht und in ihren Mund getan habe. Auch habe er sie beim ersten Mal sehr heftig geschlagen gehabt, so dass sie diesen Vorgang auch nicht vergessen habe.
281
Auf Frage führte die Zeugin aus, dass es in … und in … in der Summe ganz grob geschätzt 11-13 Fälle gegeben habe, in denen ihr Mann sie gezwungen habe, seinen Penis in den Mund zu nehmen. Die von ihr beschriebenen Fälle seien jedoch aus den genannten Gründen die schlimmsten und ekelhaftesten dieser Fälle gewesen.
282
Die Zeugin KHKin … führte in der Hauptverhandlung aus, dass sie die Geschädigte … im Rahmen der Vernehmung von 23.10.2019 gefragt habe, wie oft es in etwa zu einem nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit ihrem Ehemann gekommen sei. Dabei habe die Geschädigte ihr gegenüber angegeben, dass es nur im ersten Monat nach ihrer Heirat zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr zwischen ihnen gekommen sei. Alle weiteren sexuellen Handlungen danach seien nicht von ihr gewollt gewesen und sie habe sich nur entweder aus Angst vor Schlägen oder weil sie keine Kraft mehr gehabt habe, sich zu wehren, darauf eingelassen. Sie habe ihren Mann auch mehrmals gesagt, dass sie nicht möchte, dass er mit ihr den Geschlechtsverkehr ausübe. Es sei nahezu täglich gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr mit ihrem Ehemann in dieser Zeit gekommen.
283
Sie habe letztlich niemanden von diesen Handlungen berichten können. Zum einen habe sie, da sie auch das Haus nie habe allein verlassen dürfen, keinerlei Freunde in Deutschland kennen gelernt und sie habe nicht Deutsch gesprochen. Bei Terminen, etwa bei der Frauenärztin, sei sie immer in Begleitung ihres Mannes und dessen Schwester … gewesen, so dass sie sich nicht getraut habe, dort irgendetwas zu sagen. Auch habe sie Angst davor gehabt, dass die beiden etwas falsch übersetzen würden.
284
Nachdem mit der Zeugin die Tat vom 15.05.2018, unmittelbar nach ihrer Ankunft, erörtert worden sei, habe sie (Zeugin KHKin …) die Zeugin gefragt, ob es weitere solche Fälle des erzwungenen Oralverkehrs gegeben habe, woraufhin sie ihr gegenüber angegeben habe, dass es viele solche Situationen gegeben habe und dass es auch ein Video auf dem Mobiltelefon ihres Mannes geben müsse, wo dies zu sehen sei. Das erste Video habe sie ihm vermasselt, da sie geschrien und sich gewehrt habe, so dass sie glaube, dass ihr Mann diese erste Aufnahme gelöscht habe. Beim anschließend aufgenommenen zweiten Video habe sie sich nicht mehr wehren können. Er habe in der Folgezeit immer wieder damit gedroht, dass er dieses Video veröffentlichen würde, wenn sie zur Polizei gehen würde oder Probleme wegen dem Sorgerecht bezüglich des Kindes machen würde. Sie habe diese Aufnahme und die Handlungen darauf nur zugelassen, da sie letztlich wegen der vorausgegangenen Schläge keine andere Wahl mehr gehabt habe.
285
Auf Frage führte die Zeugin … aus, dass sie die Geschädigte nicht konkret danach gefragt habe, wie oft es in … bzw. in … zu einem solchen erzwungenen Oralverkehr dann gekommen sei. Sie habe zudem auch nicht konkret abgefragt, wie die einzelnen erzwungenen Fälle des Oralverkehrs abgelaufen seien, da diese nach den Schilderungen der Zeugin … in einer Vielzahl erfolgt sein sollen.
286
Der Zeuge … führte in der Hauptverhandlung zudem aus, dass er ca. nach vier Monaten, als seine Verwandte … von der Türkei wieder zurück nach Deutschland gekommen sei, mit ihr wieder Kontakt gehabt habe und sie angerufen bzw. mittels Textnachrichten angeschrieben habe. Dabei habe sie die Vorgänge, wie es zu der erzwungenen Ausreise aus Deutschland gekommen sei, ihm gegenüber grob geschildert. Auch habe sie ihm davon erzählt, dass sie von ihrem Ehemann geschlagen und misshandelt worden sei und die Frage aufgeworfen, dass dies in dieser Form doch nicht normal sein würde.
287
Sie habe auch davon berichtet, dass er sie mit einem Gürtel festgebunden habe und mit einem anderen Gürtel auf sie eingeschlagen habe.
288
Er sei sehr gewalttätig ihr gegenüber gewesen und habe sie „mit viel Gewalt“ und oft geschlagen. Im Detail habe sie ihm dies jedoch nie näher ausgeführt. Er habe gemerkt, dass ihr diese Vorgänge sichtlich unangenehm seien, so dass er deshalb auch nicht bei ihr näher nachgefragt habe.
289
Auf Frage führte der Zeuge … zudem aus, dass sie auch von sexueller Gewalt ihres Ehemannes ihm gegenüber berichtet habe. Ihr Ehemann sei nach ihrer Schilderung in der Nacht oft weg gewesen und sie habe vermutet, dass er eine Freundin habe. Als er dann einmal nachts heimgekommen sei, habe er auch mit ihr schlafen wollen, was sie jedoch nicht gewollt habe. Schließlich habe er gegen ihren Willen mit ihr geschlafen, was nach ihren Erzählungen mehr als einmal passiert sein soll. Einzelheiten habe sie ihm jedoch nicht berichtet. Er habe auch nicht nachgefragt, da ihr dies unangenehm gewesen sei und ihm auch nichts angehört habe.
290
Er wisse auch nicht genau, ob es zu Oral- und Analverkehr nach ihren Schilderungen gekommen sei, da sie ihm gegenüber nicht so ins Detail gegangen sei, weil ihr, da er ja auch ein Mann sei, diese Dinge unangenehm gewesen seien und er auch nicht näher nachgefragt habe. Von der Art und Weise, wie sie ihm berichtet habe, glaube er nicht, dass sie ihm „Geschichten erzählt“ habe, da sie dabei sehr emotional gewesen sei und sehr betroffen gewirkt habe. Er halte daher ihre Schilderungen für wahr.
291
Daraus ergibt sich erneut zur Überzeugung der Kammer eine sehr hohe Aussagekonstanz in den Schilderungen der Zeugin … gerade bzgl. des erzwungenen Oralverkehrs in …, welchen ihr Ehemann auf dem Mobiltelefon aufnahm. Wie die Zeugin … bestätigte, habe die Geschädigte ihr von einer Vielzahl von Fällen des erzwungenen Oralverkehrs berichtet, so dass sie jeden einzelnen auch nicht näher abgefragt habe.
292
Die Zeugin … konnte diese beiden Fälle, was die Verhältnisse im Zimmer, die eingenommenen Körperpositionen und den Ablauf der Handlungen betrifft, relativ detailliert beschreiben, wenngleich - was die Kammer nicht verkannte - sie beispielsweise nicht mehr sicher angeben konnte, ob sie dabei jeweils selbst bekleidet war oder nicht. Auch war ihr eine Einordnung der beiden Geschehen bzgl. der Tageszeit möglich. Sie zeigte bei diesen Fällen auch keinen übermäßigen Belastungseifer, was unter anderem darin deutlich wird, als dass sie ausführte, dass er sie beim zweiten Mal gar nicht geschlagen habe, sondern ihr „nur“ mit Schlägen gedroht habe, so dass sie deshalb bereits aus Angst vor Schlägen mitgemacht habe.
293
Die Kammer hat bei der Würdigung ihrer Angaben nicht verkannt, dass sie den zweiten Fall des erzwungenen Oralverkehrs, wo ihr ihr Mann sein Ejakulat auch in den Mund spritzte, im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung, wie die Zeugin … berichtete, nicht näher beschrieben hat. Dies erscheint aus Sicht der Kammer aber insoweit erklärbar und nachvollziehbar, da es nach ihren Schilderungen ja eine Vielzahl solcher Fälle gegeben habe, wenngleich ihr Mann nicht jedes Mal sein Ejakulat auf ihr Gesicht gespritzt hat, so dass die Zeugin … in ihrer polizeilichen Vernehmung auch keine Veranlassung hatte, auf diesen Vorfall dezidiert einzugehen und sie, was die Zeugin … bestätigte, auch nicht konkret zu dem Ablauf der weiteren Fälle des erzwungenen Oralverkehrs befragt habe.
294
Entgegen den Ausführung der Verteidigung im Plädoyer, wonach es angesichts der Körpergröße des Angeklagten … auch gar nicht möglich sei, dass wenn sie sich „wie ein Pferd“, wie von ihr berichtet wurde, sich vor ihm hinknien habe müssen, er ihr gegenüberstehe und sie in dieser Position seinen Penis in den Mund nehmen könne, sieht die Kammer hier keinen Widerspruch in ihrer Aussage. Die Verteidigung verkennt, dass die Zeugin … nicht berichtete, dass sie auf allen Vieren, wie ein Pferd vor ihm knien musste, sondern nur davon, dass sie vor ihm wie ein Pferd knien habe müssen. Dass sie dabei auch ihre Hände am Boden gehabt hat, hat die Zeugin damit nicht zum Ausdruck gebracht. Sie wollte aus dem Kontext dieser Äußerung aus Sicht der Kammer mit diesem Vergleich nur zum Ausdruck bringen, dass sie ihrem Ehemann gegenüber dabei eine unterwürfige Körperhaltung einnehmen habe müssen, wohingegen er aufgerichtet mit erigiertem Penis vor ihr bzw. über ihr in einer übergeordneten Position gestanden habe.
295
Zudem war zu würdigen, dass auch der Zeuge … bei dem es sich um einen Verwandten der Geschädigten handelte, was die Kammer bei der Würdigung seiner Aussage nicht verkannte, die Ausführungen der Zeugin … jedenfalls dem Grunde nach bestätigen konnte. Die Zeugin … hat ihm gegenüber zwar keine näheren Details zu den Taten ausgeführt, vielmehr nur allgemein von körperlicher und sexueller Gewalt durch ihren Ehemann berichtet, so dass die Ausführungen des Zeugen … für die Beurteilung der Aussagekonstanz der Geschädigten zwar nicht herangezogen werden konnten, jedoch ist auch hier zu sehen, dass sie nur kurze Zeit nach ihrer Rückkehr jedenfalls dem Grunde nach davon berichtete, was indiziell für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben spricht, wobei die Kammer diesem Umstand keine gesteigerte Bedeutung in der Würdigung beigemessen hat. Es erscheint indes aber aus Sicht der Kammer nachvollziehbar, dass die Zeugin …, wenngleich es sich um einen Verwandten handelt, keine Details der Vorkommnisse von sich aus offenbarte, da die Vorkommnisse zweifelsohne sehr intime Dinge betreffen, die auch einem Verwandten, bei dem es sich auch noch um einen Mann handelt, anlasslos für gewöhnlich nicht mitgeteilt werden und überdies der Zeuge …, wie er ausführte, danach auch nicht näher eingegangen dies, da der Zeugin … es merklich unangenehm gewesen sei, darüber zu sprechen.
296
Die Kammer hat bei der Würdigung auch nicht verkannt, dass, wie der Zeuge … in der Hauptverhandlung ausführte, im sichergestellten Mobiltelefon des Angeklagten … keine tatrelevanten Inhalte (mehr) festgestellt werden konnten. Hier ist zu sehen, dass die Sicherstellung erst viele Monate nach der Tat, welche mit auf dem Mobiltelefon aufgenommen wurde, erfolgt ist. Gerade vor dem Hintergrund, dass seine Frau in der Türkei seinen Vater zur Anzeige brachte, dass er sie gegen ihren Willen hierher brachte, was der Angeklagte … auch mitbekam, erscheint es aus Sicht der Kammer sehr naheliegend, dass der Angeklagte dieses Video, um eine mögliche Belastung in der Folgezeit bereits im Ansatz zu verhindern, gelöscht oder in ähnlicher Weise unterdrückt hat. Jedenfalls können zur Überzeugung der Kammer aus dem Umstand, dass das Video nicht mehr auf dem Mobiltelefon des Angeklagten aufgefunden werden konnte, keine Rückschlüsse auf die Unglaubwürdigkeit der Geschädigten gezogen werden.
297
Insgesamt konnte sich daher im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch hier die Kammer die Überzeugung bilden, dass diese beiden Taten sich so ereignet haben, wie von der Zeugin … in der Hauptverhandlung berichtet wurde.
ff) Körperverletzungshandlungen durch den Angeklagten … zum Nachteil von … im Juni 2019 mit einem Kleiderbügel
298
Schließlich ist die Kammer auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller erhobenen Beweise auch zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte … die Zeugin … im Juni 2019, noch vor ihrer erzwungenen Ausreise am 21.06.2019, nachdem sie versucht hatte zu fliehen, vom Angeklagten und dessen Bruder beim Verlassen des Hauses gestellt wurde und wieder hoch in ihr Zimmer in der Wohnung in der …cher Str. 22 in … an den Haaren gezogen wurde, aus Wut und aus Verärgerung über ihren Fluchtversuch mit einem Holzkleiderbügel derart heftig auf den Kopf, den Oberkörper und die Arme geschlagen wurde, dass zum einen der Kleiderbügel aufgrund der Wucht der Schläge zerbrach und zum anderen die Zeugin … davon auch blutende Verletzungen an der rechten Unterarmseite erlitt, welche zu einer Narbenbildung bei der Geschädigten führten.
299
Neben den auch insoweit glaubhaften Angaben der Geschädigten beruht hier die Überzeugung der Kammer zudem auf den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. …. Die Geschädigte hat auch hier sehr emotional bewegt und für die Kammer überzeugend den Tatablauf geschildert. Zudem konnte auch hier eine hinreichende Aussagekonstanz festgestellt werden, was ebenso für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprach. Die Narbenbildung am rechten Unterarm wurde durch die Kammer in Augenschein genommen. Daraus ergab sich, dass zwei sichtbare Narben am rechten Unterarm der Geschädigten in einer Länge von ca. 1 cm und 3 cm vorhanden sind.
300
Weiter führte die Zeugin … aus, dass es aus ihrer Sicht letztlich kein vernünftiges Leben bei der Familie … und bei ihrem Mann mehr gewesen sei. Ihr Mann und ihr Schwiegervater hätten sie auch, vor allem als sie nach … umgezogen gewesen seien, derart massiv zum erstrebten Zweck unter Druck gesetzt, dass sie mit ihrem Schwiegervater ohne ihr Kind kurzzeitig das Land verlasse. Sie hätten es dabei dann teilweise auch auf die liebevolle und freundliche Art bei ihr versucht, indem ihr Mann ihr Sachen gekauft oder mit ihr Ausflüge in dieser Zeit unternommen habe. Auch habe ihr ihr Ehemann in Aussicht gestellt, dass sie die ihnen zugewiesene Wohnung (…straße 15) nach ihrer Rückkehr in Deutschland, welche sie bezweifelt habe, ausbauen würden und dort miteinander ein neues Leben anfangen würden und er sie auch nicht mehr schlagen würde. Dieser freundliche Umgang mit ihr sei jedoch nur kurzzeitig gewesen und es sei mit den Beleidigungen und Schlägen, vor allem nachdem sie sich weiterhin geweigert habe, ohne ihr Kind das Land mit ihrem Schwiegervater zu verlassen, wieder weitergegangen wie vorher.
301
Sie habe dabei, soweit sie sich erinnern könne, auch zweimal versucht aus der Wohnung zu fliehen, was jedoch jedes Mal gescheitert sei. Ein erster Fluchtversuch sei gewesen als sie ihrem Ehemann gegenüber gedroht habe, dass sie zur Polizei gehen werde und ihn anzeigen werde, da dieser falsche Angaben bei der Polizei im Hinblick auf eine von seinem Bruder … verübte Unfallflucht gemacht habe. Nach diesem verbalen Streit sei sie sehr heftig von ihrem Mann geschlagen worden und sie habe versucht aus der Wohnung zu kommen, was ihr jedoch nicht gelungen sei bzw. von ihrem Mann unterbunden worden sei.
302
Ein anderes Mal, wo sie versucht habe zu fliehen, sei gewesen, als sie in … gewesen seien, kurz bevor es zur Ausreise aus Deutschland mit dem Schwiegervater gekommen sei. Sie habe letztlich keine andere Lösung mehr gesehen und erkannt, dass sie sich nicht auf Dauer dagegen wehren könne und sie letztlich mit ihrem Vater Schwiegervater doch irgendwann gezwungen sei, das Land zu verlassen. Es seien auch „zu viele Schläge und zu viel Druck“ gewesen, ein vernünftiges Leben sei nicht mehr zu führen gewesen, so dass sie, als sie einmal kurzzeitig allein zu Hause gewesen sei, versucht habe, mit ihrem damals erst wenige Monate alten Kind aus der Wohnung zu fliehen. Der Bruder ihres Mannes, …, und ihr Mann hätten sie jedoch beim Verlassen des Hauses erwischt. … habe ihr das Kind abgenommen. Ihr Ehemann habe sie an den Haaren gepackt und hoch in ihr Zimmer gezogen. Dort habe er (Angeklagter …) sie sehr viel geschlagen. Sie könne sich auch daran erinnern, dass ihr Mann sie dabei mit einem Kleiderbügel geschlagen habe, wodurch sie kleine Narben am rechten Unterarm davongetragen habe. Außerdem habe sie rote und blaue Flecken am ganzen Körper gehabt. Sie habe versucht, sich mit den Händen vor den Schlägen mit den Holzkleiderbügel, welche auf ihren Kopf auch gezielt hätten, zu schützen, so dass sie hauptsächlich an den Armen und am Oberkörper getroffen worden sei.
303
Auf Frage, ob dies auch dieser Vorfall gewesen sei, wo ihr Ehemann sie mit einem Gürtel bzw. einer Gürtelschnalle auf den Fuß bzw. den Zeh geschlagen habe, führte die Zeugin aus, dass sie der Meinung sei, dass diese Verletzung im Rahmen eines anderen Vorganges ihrer Erinnerung nach entstanden sei.
304
Am dritten Verhandlungstag führte Zeugin … ergänzend zu diesem Vorfall aus, dass die Verletzungen an ihrem Unterarm, welche zur Narbenbildung geführt hätten, durch den Kleiderbügel entstanden seien. Sie habe sich danach nur die „Hände“ gewaschen und die Verletzungen nicht verbunden. Sie habe sich zu keinem Zeitpunkt an dieser Stelle selbst irgendwelche Verletzungen beigebracht.
305
Auf Frage des Sachverständigen Prof. Dr. … führte die Zeugin aus, dass die Verletzungen am Unterarm geblutet hätten, welche sie nur mit Wasser abgewaschen habe.
306
Der Sachverständige Prof. Dr. … führte schließlich in der Hauptverhandlung aus, dass an der rechten Unterarmbeugeseite, im mittleren Drittel, zwei in einem Abstand von etwa 2,5 cm übereinander gelegene, teilweise schwach sichtbare, in Armlängsachse ausgerichtete, feinstreifige, reizlose Narben, wobei die obere etwa 1 cm, die untere ca. 3 cm lang sei, im Rahmen der körperlichen Exploration der Zeugin … hätten festgestellt werden können.
307
Die Geschädigte habe bei der Exploration diesbezüglich angegeben, dass diese Narben infolge von Schlägen mit einem Kleiderbügel entstanden seien.
308
Zwischen den Narben bestehe eine nahezu quer zur Armlängsachse ausgerichtete, ca. 3,5 cm lange und bis 0,6 cm breite, feinstreifige, im Randbereich bräunlich pigmentierte Hautveränderung, wobei diese zentral etwas heller und dadurch angedeutet doppeltkonturiert imponiert habe.
309
Der Sachverständige führte auf Frage zudem aus, dass eine Narbenbildung in der Regel eine offene, blutende Wunde voraussetzte, welche aus seiner Sicht durch den Schlag mit einem (intakten) Holzkleiderbügel nur schwer darstellbar sei, da es hierbei eher zu einer stumpfen Gewalteinwirkung komme und ein Kleiderbügel, mit Ausnahme des metallenen Aufhängers, eher keine scharfkantigen Stellen aufweise. Dies scheine aus seiner Sicht nur schwer darstellbar, gänzlich ausschließen könne er dies jedoch nicht. Derartige Hautläsionen seien aus rechtsmedizinischer Sicht durch scharfkantige Gegenstände, aber eher nicht durch einen Kleiderbügel, aus seiner Sicht denkbar. Bei den Narben handele es sich um Residuen ursprünglich tiefergreifender Verletzungen der Haut, die unter Ersatz der geschädigten Hautschichten durch Bindegewebe abgeheilt seien. Eine Eingrenzung des Entstehungszeitraumes dieser Befunde sei in der Regel nicht möglich.
310
Etwaige Hämatome würden binnen Tagen in der Regel abheilen, so dass diese bei der am 01.10.2019 erfolgten Exploration unter Zugrundelegung eines fiktiven Tatzeitpunkts im Juni 2019 naturgemäß nicht mehr nachzuweisen seien.
311
Der Zeugin … wurden schließlich durch die Kammer im Rahmen der anschließenden Fortsetzung ihrer Vernehmung die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. … vorgehalten und sie aufgefordert, den verwendeten Kleiderbügel näher zu beschreiben. Hierzu führte die Zeugin aus, dass es sich um einen Holzkleiderbügel gehandelt habe, wobei der Aufhänger aus Eisen gewesen sei. Der Kleiderbügel sei dreieckig gewesen, wobei auch der untere Teil, der die beiden Schenkel verbinde, aus Holz gewesen sei. Dieser Holzkleiderbügel sei zunächst intakt gewesen, sei jedoch im Rahmen des Einschlagens durch ihren Mann auf sie zerbrochen. Gleichwohl habe ihr Mann, auch nachdem dieser zerbrochen sei, weiterhin auf sie eingeschlagen. Die Verletzungen am Unterarm müssten aus ihrer Sicht irgendwie dadurch entstanden sein, da sie dort mit dem abgebrochenen Kleiderbügel auch getroffen worden sei und danach an dieser Stelle geblutet habe. Mit welcher genauen Stelle des Kleiderbügels sie dort getroffen worden sei, könne sie nicht sicher sagen.
312
Auf Frage der Verteidigung führte die Zeugin aus, dass sie die konkrete Abbruchstelle des Kleiderbügels, an welcher dieser im Rahmen des Schlagens zerbrochen sei, nicht genau mehr beschreiben könne. Es seien jedenfalls mehrere Teile gewesen, in die der Kleiderbügel zerbrochen sei, was sie danach beim Aufräumen des Zimmers habe feststellen können.
313
Der Zeuge KOK … führte überdies in der Hauptverhandlung aus, dass die Zeugin … ihm im Rahmen ihrer Vernehmung vom 23.09.2019 mitgeteilt habe, dass die Familie … sie, als sie bereits in … gewohnt hätten, damit unter Druck gesetzt habe, dass ihre Aufenthaltserlaubnis ablaufen würde und sie nun in den … abgeschoben werde. Sie habe dem Ganzen entfliehen wollen und habe auch versucht, mit ihrem Sohn zur Polizei zu kommen. Dabei habe ihr Mann sie jedoch erwischt und sie an den Haaren wieder nach oben in ihre Wohnung gezogen. Er habe sie dann oben im Zimmer mit einem Kleiderbügel so massiv geschlagen, dass sie sogar das Bewusstsein kurzzeitig verloren habe.
314
Auf Frage führte der Zeuge … aus, dass die näheren Umstände dieser Tat im Rahmen dieser Vernehmung durch ihn nicht weiter abgefragt worden seien, da sie hierzu auch bereits im Rahmen ihrer ersten Vernehmung vom 11.09.2019 Angaben gemacht und von diesem Vorfall berichtet habe. Sie habe angegeben, dass ihr Mann zu ihr gesagt habe, dass sie und sein Vater kurz nach dem Ramadan-Fest ausreisen müssten, was sie verweigert habe. Sie habe dann schließlich ihren Koffer gepackt und habe versucht, mit ihrem Sohn von dort fliehen. Sie sei jedoch von ihrem Ehemann erwischt worden, welcher nicht allein, sondern in Begleitung seines Bruders gewesen sei. Der Ehemann habe sie geschlagen und sie hoch in die Wohnung gebracht. Ihr Schwager habe ihr Kind genommen, oben in der Wohnung habe ihr Ehemann sie erneut geschlagen. Er habe auch mit einem Kleiderbügel auf sie eingeschlagen. Bei diesem Vorgang sei auch ihr Zeh beim Schlagen getroffen worden, welcher deshalb immer noch schwarz eingefärbt gewesen sei. Sie sei dann auch 2 Tage lang im Zimmer von ihm eingeschlossen worden, um anscheinend nicht noch einmal zu fliehen.
315
Die Angaben der Zeugin … erscheinen zur Überzeugung der Kammer glaubhaft, da zunächst ihre Angaben in der Hauptverhandlung als auch in ihren polizeilichen Vernehmungen am 11.09.2019 und am 23.09.2019 eine hohe Aussagekonstanz aufweisen. So hat die Geschädigte konstant davon berichtet, dass sich diese Tat im Anschluss an einen gescheiterten Fluchtversuch zugetragen hat, so dass ihr aufgrund dessen eine kontextuelle Einbettung dieses Tatgeschehens sehr leicht möglich war. Die Geschädigte hat den Handlungsablauf im Kerngeschehen jedenfalls konstant geschildert, wonach sie mehrfach durch ihren Ehemann mit einem Kleiderbügel geschlagen worden sei.
316
Entgegen ihren Angaben im Ermittlungsverfahren wollte die Geschädigte in der Hauptverhandlung insoweit nicht mehr aufrechterhalten, dass es auch dieser Vorfall gewesen sei, bei welchem durch das Zuschlagen mit einem Gürtel bzw. einer Gürtelschnalle ihr großer Zeh verletzt worden sei. Sie glaubte, dass sie diese Verletzung bei einer der vielen anderen Übergriffe durch ihren Ehemann erlitten habe. Zudem hielt die Geschädigte in der Hauptverhandlung auch nicht aufrecht, dass sie bis zur Bewusstlosigkeit durch den Angeklagten mit dem Holzkleiderbügel geschlagen worden sei und anschließend noch zwei Tage von ihm in der Wohnung eingesperrt worden sei. Auch insoweit führte sie aus, dass sie auf der Grundlage ihrer derzeitigen Erinnerungen davon ausgehe, dass sich auch dies bei einem anderen Vorfall ereignet habe. Wenn sie dies jedoch so bei der Polizei geschildert habe, könne es durchaus sein, dass sie da das Geschehen bei verschiedenen Vorgängen vermische. Heute jedenfalls könne sie sich daran nicht mehr erinnern. Vor diesem Hintergrund, wenngleich die Geschädigte dies bei ihrer polizeilichen Vernehmung anders darstellte, konnte sich die Kammer nicht sicher davon überzeugen, dass auch bei diesem Vorgang unmittelbar nach ihrer misslungenen Flucht, sie auch bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen und sodann noch zwei Tage in der Wohnung eingesperrt wurde.
317
Die Kammer sieht in diesen Abweichungen in ihren Vernehmungen jedoch kein Indiz dafür, dass die Geschädigte das übrige Tatgeschehen erfunden haben könnte. Hier erscheint zunächst für die Kammer nachvollziehbar, dass aufgrund der Vielzahl erlebter ähnlicher Situationen bzw. Handlungsabläufe die Geschädigte gerade vor dem Hintergrund, dass sich die Tat bereits vor über einem Jahr abgespielt hat, Einzelheiten durcheinanderbringt bzw. miteinander vermischt. Es wäre für die Geschädigte ein Leichtes gewesen, nach dem Vorhalt durch die Kammer zu behaupten, dass sie bei diesem Vorfall auch am Zeh verletzt und bis zur Bewusstlosigkeit vom Angeklagten … geschlagen worden sei, was sie indes gerade nicht gemacht hat. Darin zeigt sich, dass die Geschädigte keinen Belastungseifer gegenüber ihrem Ehemann hegte, was die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben vielmehr indiziell belegte.
318
Auch war bei der Würdigung zu sehen, dass die Geschädigte sogar belanglose Details in ihren Vernehmungen konstant schilderte, was ebenfalls für ihre Glaubhaftigkeit spricht. So führte die Zeugin … in allen Vernehmungen aus, dass sie von ihrem Mann an den Haaren gepackt wurde und nach oben in die Wohnung gezogen wurde und ihr das Kind vom Bruder … aus den Armen genommen wurde. Auch in derart nebensächlichen Details zeigt sich die hohe Aussagekonstanz der Geschädigten, wenngleich sie teilweise Handlungskomponenten durcheinanderbrachte, was die Kammer hier bei der Würdigung nicht verkannte.
319
Die Kammer hat bei der Würdigung ihrer Aussage nicht verkannt, dass sie erst auf Vorhalt der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. …, wonach zu einer Narbenbildung in der Regel ein scharfkantiger Gegenstand erforderlich sei und ein Kleiderbügel eher ungeeignet erscheine, eine derartige Hautläsion herbeizuführen, ausführte, dass der Kleiderbügel bei den Schlägen auch zerbrochen sei. Dies erscheint aus Sicht der Kammer jedoch nachvollziehbar, da sie als medizinischer Laie von sich aus keine Relevanz darin sah, davon zu berichten, welches Schicksal der verwendete Kleiderbügel durch die Schläge erlitt. Die Kammer wertet den Umstand, dass sie davon zunächst nicht berichtete tendenziell als Indiz dafür, dass sie keinen Belastungseifer gegen ihren Mann hegte, als ein Indiz für ihre Unglaubwürdigkeit. Zudem konnte die Geschädigte den Kleiderbügel noch relativ gut beschreiben, wenngleich, was die Kammer nicht verkannte, sie die genaue Abbruchstelle nachvollziehbarer Weise nicht näher beschreiben konnte, da dies aus ihrer damaligen Sicht sich in Erinnerung zu behalten, völlig ohne Relevanz war. Zudem konnte die Zeugin … sofort nach Vorhalt der Angaben von Prof. Dr. … den Handlungsablauf mit Zerbrechen des Kleiderbügels präzisieren, ohne näher überlegen zu müssen. Letzteres wäre aber erforderlich gewesen, hätte die Zeugin Unwahres berichtet.
320
Die Kammer sieht entgegen der Ansicht der Verteidigung auch keinen Widerspruch darin, wonach sie in der Hauptverhandlung ausführte, dass sie sich nach den Schlägen das Blut von den „Händen“ und nicht von den „Unterarmen“ gewaschen hat, wo es zur Narbenbildung kam. Hier ist zum einen zu sehen, dass die Dolmetscherin hierzu ausführte, dass in der arabischen Sprache nicht wie im Deutschen zwischen „Arm“ und „Hand“ differenziert werde. Jedenfalls ist hier aus Sicht der Kammer zu würdigen, dass die Geschädigte bei jeder Vernehmung und auch im Rahmen ihrer Exploration durch den Sachverständigen die erlittenen Narben an ihrem Unterarm der Verletzungshandlung im Rahmen des Zuschlagens mit einem Kleiderbügel konstant und widerspruchsfrei zuordnete. Soweit sie demnach in der Hauptverhandlung ausführte, dass sie sich danach das Blut von ihren „Händen“ wusch, sieht die Kammer daher darin keinen Widerspruch.
321
Insgesamt erscheinen die Angaben der Geschädigten daher zur Überzeugung der Kammer im Rahmen der erfolgten Gesamtwürdigung auch zu diesem Tatgeschehen umfassend glaubhaft und plausibel.
gg) Außer-Landes-Bringen von … und Trennung von ihrem … durch den Angeklagten … vom 21.06.2019 bis 11.09.2019
322
Die Kammer ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller in der Hauptverhandlung erhobenen Beweis schließlich auch zu der Überzeugung gelangt, dass jedenfalls der Angeklagte … seine Schwiegertochter …, mit welcher es innerhalb der Familie, insbesondere mit seinem Sohn … zu großen Schwierigkeiten kam und diese nach ihrem Rollenverständnis einer muslimischen Ehefrau nicht so „funktionierte“ wie sie sollte und zu befürchten war, dass diese die ihr zugefügten körperlichen und sexuellen Misshandlungen bei den deutschen Behörden zur Anzeige bringen wird und damit eine Trennung und ein Verlust des gemeinsamen Kindes … unausweichlich sein würde, gegen ihren Willen mittels Drohungen und durch List aus Deutschland brachte, in der Absicht, sie wieder zurück nach … zu bringen. Dem Angeklagten war dabei zur Überzeugung der Kammer bewusst, dass sie, wenn sie von der … aus wieder nach … zurückgeschoben wird bzw. in … ankommt, von dort keine reelle Chance, insbesondere mangels hinreichender finanzieller Mittel als alleinstehende Frau …, mehr hat, wieder nach Deutschland in absehbarer Zeit zu kommen, so dass das gemeinsame Kind …, bei dem es sich um das erstgeborene … Kind seines ältesten Sohnes … handelt, letztlich bei ihnen in der Familie bleiben kann.
323
Diese Überzeugung der Kammer beruht im Wesentlichen auf den glaubhaften und schlüssigen Angaben der Zeugin …. Wie zuvor dargestellt, konnte sich die Kammer die Überzeugung bilden, dass es zum Nachteil von … jedenfalls zu vier Vergewaltigungen und zwei gefährlichen Körperverletzungen durch den Angeklagten … kam und sie auch mindestens einmal versuchte aus der Familie zu fliehen, was ihr jedoch nicht gelang.
324
Vor diesem Hintergrund war zur Überzeugung der Kammer greifbar aus Sicht des Angeklagten …, welcher die körperlichen und sexuellen Misshandlungen seines Sohnes gegenüber seiner Schwiegertochter, welcher mit … im gleichen Haushalt lebte, aufgrund der lauten und häufigen Schreie von … zur Überzeugung der Kammer auch mitbekam und selbst das von ihm als „Aufmüpfigkeit“ empfundene Verhalten von … nicht duldete, dass eine Trennung der beiden unausweichlich sei. Daher befürchtete er auch in nachvollziehbarer Weise, sofern die Trennung in Deutschland erfolgen sollte, dass seine Schwiegertochter gerade vor dem Hintergrund der ihr zugefügten Misshandlungen den Enkel … für sich beanspruchen wird und das alleinige Sorgerecht über ihn anstrebt, welches ihr angesichts der Vorkommnisse aus seiner Sicht von den deutschen Gerichten wohl auch zugesprochen worden wäre. Dies hätte damit den Verlust des gemeinsamen Kindes … bedeutet, was der Angeklagte … dadurch verhindern wollte, indem er … zurück nach … bringen wollte, so dass diese quasi „aus dem Weg“ geräumt ist und ihnen das Sorgerecht nicht streitig machen könnte. Außerdem wären dadurch auch die ständigen Streitereien in der Familie, insbesondere zwischen seinem Sohn und ihr, welche möglicherweise auch die Nachbarn in der Doppelhaushälfte allmählich mitbekommen hätten können und damit das Ansehen der Familie hätte schmälern können und welche auch ihn und die Familie belasteten, beendet. Der Angeklagte … hatte daher aus Sicht der Kammer ein Motiv, … aus Deutschland zu verbringen und zwar so, dass diese jedenfalls in absehbarer Zeit nicht mehr zurückkehren könnte.
325
Dafür spricht auch der eingeführte anwaltliche Antrag beim Amtsgericht - Familiengericht - Weiden i.d.OPf. des Angeklagten … vom 30.07.2019, der also etwas mehr als einen Monat nach der erzwungenen Ausreise von … am 21.06.2019, bei Gericht im Verfahren Az. … eingereicht wurde. Darin strebt der Angeklagte …, anwaltlich vertreten, die alleinige Sorge über das am 07.02.2019 geborene gemeinsame Kind … mit der Begründung an, dass die Kindsmutter (…) nach … zurückgegangen sei, nachdem sie mehrfach den Wunsch hierzu geäußert habe, und „offensichtlich kein Interesse an ihrem Kind“ mehr habe und ohne ihre … das Land verlassen habe. Es sei davon auszugehen, dass sie mit der Situation in Deutschland überfordert gewesen sei und der Wunsch wieder in … zu leben zu stark gewesen sei, welchen sie mit einem kleinen Baby nicht umsetzen habe können und das Kind daher bei seinem Vater zurückgelassen habe.
326
Die Kammer hat dabei nicht verkannt, dass es sich dabei nicht um eine unmittelbare Erklärung durch den oder die Angeklagten handelte, sondern der Sachvortrag vielmehr von einem Anwalt erfolgt ist. Jedoch ist davon auszugehen, dass ein Anwalt in der Regel den Sachvortrag bei Gericht inhaltlich von den Parteien vermittelt bekommt, so dass er überhaupt inhaltlich in der Lage ist, etwas vorzutragen. Auch ist zu sehen, dass dieser anwaltliche Vortrag mit den Angaben des Angeklagten … vom 23.07.2019 gegenüber dem Zeugen KOK …, welche diese in der Hauptverhandlung darstellte, jedenfalls insoweit übereinstimmt, als dass der Angeklagte hier ausführte, dass es … in Deutschland jedenfalls nicht gefallen habe und sie ihre Eltern vermisse. Zudem habe ihn ihr Vater angerufen und ihm gesagt, dass dieser in … bereits alles organisiert habe, damit sie zurückkommen könne und er seine Tochter bei der Rückkehr nur „beschützen“ und sie in die … bringen solle.
327
Diese Antragstellung beim Familiengericht, gerade im zeitlichen Kontext, belegt daher zur Überzeugung der Kammer indiziell die Angaben der Zeugin … nämlich dass es der Familie …, jedenfalls auch dem Angeklagten … primär darauf ankam, das alleinige Sorgerecht für das Kind zu erlangen und andererseits das Kind im Falle einer Trennung auch nicht an … zu verlieren. Ferner war zu würdigen, dass der Angeklagte … auch objektiv in seiner Zeugeneinvernahme am 23.07.2019 gegenüber KOK … einräumte, dass er mit … über … und über … in die … gereist sei, wo sie dann in ein Flüchtlingslager gekommen seien. Der objektive Reiseverlauf wurde daher vom Angeklagten … selbst eingeräumt.
328
Demgegenüber erscheinen die Angaben des Angeklagten … gegenüber dem Vernehmungsbeamten KOK … im Vermisstenfall im Übrigen widersprüchlich und nicht schlüssig, weshalb sie aus Sicht der Kammer auch nicht glaubhaft erscheinen und bloße Schutzbehauptungen darstellen.
329
So führte der Angeklagte darin insbesondere aus, dass er vom Vater von … gebeten worden sei, sie in die … zu begleiten und sie auf dem Weg dorthin zu beschützen und er (Vater von …) in … schon alles für ihre Rückkehr vorbereitet habe. Dem Sohn … sei dies so aber nicht kommuniziert worden. … sei vielmehr gesagt worden, dass sie nur 4-5 Tage eine Tante in … besuchen würde. … habe selbst die Rückreise organisiert und habe ihn schließlich auf einem Stopp zum Flughafen sein Flugticket überreicht. Alles sei über … Telefon organisiert und ausgemacht worden, da er mit der Sache nichts zu tun habe. Sie hätten am Flughafen beim automatischen Checkin eingecheckt. Zudem sei vorher mit ihrem Vater ausgemacht gewesen, dass sie beim Checkin zueinander Abstand halten sollen, um keine Gefahr einzugehen, so dass sie auch im Flugzeug getrennt voneinander gesessen seien. In der … in dem Flüchtlingslager, in welches sie schließlich gekommen seien, habe … den dort Anwesenden schließlich erzählt, dass er sie gezwungen habe, ihr Kind zu verlassen. Er habe sich gedacht, dass sie ihr Kind vielleicht deshalb in Deutschland zurücklasse, damit sie es sich später noch einmal überlegen könne und doch wieder nach Deutschland zurückkommen könne. Jeder wisse ja wie die Lage in … sei und keiner wolle dort auch nur einen Tag zurück. Sein Sohn … und … hätten keinerlei Probleme miteinander gehabt. Der Angeklagte habe, so der Zeuge …, auch eingeräumt, dass er gegenüber … (Verwandten von … in Deutschland) gesagt habe, „das soll ihr eine Lektion sein“. Ergänzend hierzu habe er jedoch ausgeführt, dass es in jeder Familie und in jeder Ehe einmal Probleme gebe. Auf Vorhalt, dass es doch nach seiner vorherigen Aussage keine Probleme gegeben habe, bestand er auch darauf, dass es zwischen beiden keine Probleme gegeben habe. Auf Frage habe der Angeklagte auch angegeben, dass … seinen Sohn später nachdem er (…) wieder in Deutschland gewesen sei, angerufen habe und seinem Sohn … gesagt habe, dass sie in der … sei und nach … fahre und nicht mehr zurückkomme.
330
Diese Aussage steht zum einen im Widerspruch zu den Angaben des Vaters von …, welche über den Zeugen … in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Der Zeuge … führte aus, dass er mit dem Vater von … nachdem dies wegen des Bürgerkrieges und erfolgter Bombardierungen zunächst nicht möglich gewesen sei, im Rahmen eines WhatsApp-Telefongesprächs unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers schließlich doch gelungen sei, einen Kontakt herzustellen und ihn als Zeugen auf diese Weise zu befragen. Dieser habe ihm gegenüber angegeben, dass … über eine Schleusung durch eine Schleuserbande, welche … organisiert und abgeschlossen habe und auch die Schleuser kontaktiert und alles mitverfolgt habe, nach Deutschland zur Hochzeit, welche er und der Vater von … zuvor vereinbart gehabt hätten, gekommen sei. Seit ihrer Ankunft in Deutschland habe er nur Kontakt über die Familie des … zu ihr gehabt. In einem Gespräch sei … ihm (Vater von …) gegenüber einmal der Meinung gewesen, dass … nach … durch ihn (…) gebracht werden müsse, da dies aufgrund der Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis notwendig gewesen sei und das Kind in Deutschland dabei zurückbleiben hätte sollen, was er nicht nachvollziehen habe können. Im Rahmen der Familienzusammenführung hätte sie dann später die Flüchtlingseigenschaft bekommen und hätte wieder nach Deutschland einreisen können. Er, der Vater, habe dies jedoch nicht geglaubt und habe … nach seiner Aussage erklärt, dass er damit nicht einverstanden sei, dass … nach … gebracht werde. Seitdem habe es zwischen ihnen „kein Vertrauen“ mehr gegeben und der Kontakt sei zunächst beendet worden. Später habe … ihm (Vater von …) dann mitgeteilt, dass er versucht hätte, … in die … zu bringen und dass etwas Schlimmes passiert sei, was er jedoch nicht weiter begründet habe. Sie hätten nur gesagt, dass … in der … verschwunden sei. Er habe dann, nachdem kein Kontakt über längere Zeit mit seiner Tochter mehr zustande gekommen sei, Kontakt zu einem Verwandten in München … aufgenommen und ihn beauftragt, dass er sich mit der deutschen Polizei in Verbindung setze und Anzeige erstatte.
331
Weiter führte der Zeuge KOK … aus, dass er auch auf dieselbe Weise die Mutter von … in … mittels eines Dolmetschers vernommen habe.
332
Auch sie habe zunächst bestätigt, dass die ganze Schleusung ihrer Tochter von … nach Deutschland von … organisiert worden sei und … selbst in … auf … gewartet habe. Sie sei dann mit ihm nach Deutschland gekommen. Nach der Geburt des Kindes … sei dann Streit zwischen ihren Familien entstanden, da … ihnen gegenüber erklärt habe, dass er … nach … bringen wolle, da … in Deutschland abgelehnt worden sei und sonst abgeschoben werde. Im Rahmen der Familienzusammenführung zu ihrem Sohn … könne sie dann später wieder zurück nach Deutschland kommen und hier dann als anerkannter Flüchtling leben. Sie hätten dies jedoch nicht geglaubt und seien skeptisch gewesen, was ihnen auch ein Bekannter namens … bestätigt habe, dass dies nicht stimmen würde. Nachdem ihr Ehemann dann … dies vorgehalten und ihn als Betrüger bezeichnet habe, sei dieser nicht mehr ans Telefon gegangen und habe dann ca. 4 Monate jeden Kontakt zu … abgeblockt. Auch … Ehemann habe sie immer verleugnet und keinen Kontakt zu ihrer Tochter herstellen lassen. Erst später einmal habe … bei ihr angerufen und mitgeteilt, dass sich … in der … befinden würde. Auf Frage habe … ihr dann geantwortet, dass sein Vater … die … zurück nach … habe bringen wollen. Ihnen (Familie …) würde es auch nicht gut gehen, da ihre Tochter … ihn (…) nun verklagen würde und gesagt habe, dass sie von … entführt worden sei. Ca. eine Stunde später habe … wieder bei ihr angerufen und gesagt, dass sein Vater … in der … im Gefängnis gewesen sei, jedoch von dort habe fliehen können und er (…) gerne zu ihnen nach … kommen würde. Am nächsten Tag sei auch dann tatsächlich … bei ihnen im Dorf erschienen und habe sich auch mit ihrem Mann kurz getroffen. Sie sei bei dem Treffen zwar nicht dabei gewesen, habe jedoch von ihrem Mann danach erfahren, dass es darum gegangen sei, dass … entschädigt oder versöhnt habe werden wollen, was ihr Mann abgelehnt habe, da er nichts über das Schicksal von … wisse. Sie hätten auch in der Folgezeit nichts von … gehört und sich große Sorgen gemacht, dass … von … in einen Fluss geworfen worden sei und tot sei. Ca. drei Monate später habe sich dann jedoch schließlich ihre Tochter wieder bei ihnen gemeldet.
333
Die Zeugen … und … konnten im Rahmen der Vernehmung sehr viele Details und Wissen offenbaren, so dass die Kammer keine Zweifel hatte, dass es sich bei den vernommenen Zeugen auch tatsächlich um den Vater und die Mutter von … handelte. Die Kammer hat bei der Würdigung auch nicht verkannt, dass der Inhalt der Aussagen mittelbar über den Zeugen … eingeführt wurde, so dass den Angaben ein geringerer Beweiswert beizumessen und diese besonders sorgfältig zu würdigen waren. Die Angaben erscheinen hingegen glaubhaft, da diese zum einen inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmen, obwohl die Zeugen unabhängig voneinander vernommen wurden.
334
Die Angaben des Angeklagten stehen demnach im klaren Widerspruch zu den übereinstimmenden Angaben des Vaters und der Mutter von ….
335
Auch stehen die Angaben in Widerspruch zu den glaubhaften Angaben der Zeugin … welche den Verlauf der Ausreise aus Deutschland gemeinsam mit dem Angeklagten … in der unter Ziffer II, 2., g) dargestellten Weise schilderte.
336
Die Angaben von … korrelieren insoweit mit den Angaben ihrer beider Eltern, dass sie nach den Angaben von … nach … verbracht werden sollte, um dort ihren Aufenthaltstitel zu verlängern bzw. ihr weiteres Bleiberecht in Deutschland zu begründen. Auch dies belegt indiziell die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben und widerlegt die Angaben des Angeklagten …, wonach die Rückkehr von … nach … mit ihrem Vater abgestimmt worden sei.
337
Die Angaben der Eltern von …, welche über den Vernehmungsbeamten KOK … eingeführt wurden, korrelieren ihrerseits mit den Angaben der Zeugen … und ….
338
So führte zunächst der Zeuge … in der Hauptverhandlung aus, dass er vom Vater von …, erfahren habe, dass der Kontakt zu dessen Tochter seit ein paar Monaten abgerissen sei und ihre Eltern derzeit nicht mehr wüssten, wo ihre Tochter sei und sich sehr große Sorgen machen würden. Ihre Eltern seien die langjährigen Nachbarn von ihm und seiner Familie in … gewesen, so dass der Vater sich deshalb, da er (Zeuge …) sich in Deutschland aufhalte, an ihn gewandt habe und um Unterstützung gebeten habe, so dass er sich im Auftrag von … Vater an die deutsche Polizei gewendet habe und in München am Hauptbahnhof ca. 20 Tage nach ihrem Verschwinden Anzeige erstattet habe. Er, der Vater von …, habe bereits seit mehreren Monaten keinen Kontakt mehr zu seiner Tochter zuvor herstellen können. Der Vater von … habe auch erfahren, dass … mit ihrem Schwiegervater in die … sei und dort nun verschwunden sei. Der Schwiegervater soll zuvor von ihr nach den Schilderungen von … Vater verlangt haben, dass sie mit ihm nach … gehe, um dort Dokumente für sie zu holen. Es sei dabei irgendwie um die Familienzusammenführung gegangen oder um sie wieder nach … oder in den … zu schicken, so genau wisse er, der Zeuge … dies nicht mehr.
339
Der Schwiegervater habe ihm (… Vater) auch gesagt, wie der Zeuge … ausführte, dass … ausreisen müsse, weil ihre Aufenthaltserlaubnis ablaufe und sie sonst von Deutschland womöglich in den … abgeschoben werde, wo auch … aufgenommen werden würden. Der Vater von … sei jedenfalls dagegen gewesen, dass … mit ihrem Schwiegervater nach … gehe. Irgendwann habe … Vater dann seiner Schilderung nach erfahren, dass … irgendwo in der … sei und von ihr jede Spur fehle, so dass er sich sehr große Sorgen gemacht habe und er nun Anzeige bei der deutschen Polizei in seinem Namen erstattet habe.
340
Der Zeuge KOK … konnte bestätigen, dass seitens des Zeugen … am 13.07.2019 bei der PI 16 München (Hauptbahnhof) das Verschwinden von … erstmals angezeigt worden sei.
341
Auch der Zeuge … führte in der Hauptverhandlung aus, dass er vor ein paar Monaten bevor … verschwunden sei von … Vater, der ein Verwandter von ihm sei und auch wisse, dass er (Zeuge …) sich in Deutschland aufhalte, angerufen worden sei und um seinen Rat gebeten habe. Der Vater von …, der ein Cousin von ihm sei, habe ihn mitgeteilt, dass … von ihrem Mann geschlagen werde und ihr seit ca. 2 Monaten verboten worden sei Kontakt zu ihnen, ihrer Familie, aufzunehmen. Sie würden daher nicht wissen, ob sie zuhause von ihrem Ehemann eingesperrt werde oder sonst verschwunden sei. Die Mutter von … habe am Telefon oft geweint und sich große Sorgen um ihre Tochter gemacht. Ihm (Vater von …) sei auch vom Schwiegervater seiner Tochter in einem Telefonat einmal mitgeteilt worden, dass … ausreisen müsse.
342
Der Zeuge … führte auch aus, dass er erinnerlich 26 Tage nach dem Verschwinden von … erneut von ihrem Vater angerufen worden sei. Ihm sei dabei von … Vater mitgeteilt worden, dass … aus Deutschland ausreisen müsse, um wieder einen neuen Aufenthaltstitel bekommen zu können, indem sein Sohn … dann die Familienzusammenführung mache, so dass sie wieder einen Aufenthaltstitel von 3 Jahren erlangen würde. Er, der Zeuge …, habe den Schwiegervater dann am Telefon erklärt, dass er auch im Internet recherchiert habe und glaube, dass dies so nicht sein könne, nämlich dass … zur Verlängerung ihres Titels erst einmal ins Ausland verbracht werden müsse. Weiter habe … Vater ihm erzählt, dass er nach ein paar Tagen nach ihrem Verschwinden von … angerufen worden sei und dieser ihm mitgeteilt habe, dass … zusammen mit … in der … festgenommen worden sei. … Vater führte ihm (Zeugen …) gegenüber am Telefon auch aus, dass er von … am Telefon erfahren habe, dass er mit ihr zunächst nach … sei und dann in die … wo sie festgenommen worden seien. … habe dort viel geweint und geschrien und sei dann von einer Organisation mitgenommen worden. Er, …, habe dann für sie einen Rechtsanwalt beauftragt. … habe ihn aber wegen Entführung in der … angezeigt gehabt. Zur Ausreise aus Deutschland habe … ihr den Ausweis von einer anderen Person besorgt, so dass die Ausreise möglich gewesen sei. … sei dann von der … nach … abgeschoben worden. Er habe sich dann auch kurz zur Aussprache mit … Vater in … getroffen.
343
Er, der Zeuge …, habe sich daher, da er selbst nicht hinreichend deutsch spreche, an einen Bekannten, …, gewandt und diesen gebeten, Anzeige bei der deutschen Polizei zu erstatten, was dieser zunächst in … getan habe, dort aber keinen erreicht habe, so dass er sich an die Polizei in …, dem letzten Wohnort von …, gewandt habe.
344
Der Zeuge PHK … konnte bestätigen, dass am 20.07.2019 durch Herrn … im Namen von … Anzeige wegen des Verschwindens von … erstattet worden sei und es auf dieser Grundlage zunächst zu zwei erfolglosen freiwilligen Wohnungsnachschauen in der … Str. 22 und der …straße 12 in … gekommen sei. Die förmliche Vernehmung des Zeugen … bei der Polizei in … sei darauf zudem veranlasst worden.
345
Weiter führte der Zeuge … in der Hauptverhandlung aus, dass er nachdem er Anzeige bei der Polizei erstattet habe noch in der gleichen Nacht von … angerufen worden sei und dieser ihm aufgefordert habe, „seine Hand von der Sache zu nehmen“ und sie die Sache unter sich klären sollten, was er verweigerte habe, da er und die Familie von … als Verwandte wissen wollten, wo sie sei und ob sie am Leben sei. Auf Vorhalt, ob … ihm gegenüber dabei auch gesagt habe, wie dies in seiner polizeilichen Zeugenvernehmung vermerkt ist, dass er … nur „eine Lektion“ habe erteilen wollen, bestätigte er dies und führte ergänzend aus, dass auch er (Zeuge …) sich vor einiger Zeit von seiner Frau habe scheiden lassen und ihm damals … den Tipp gegeben habe, seine Ehefrau zurück in die … zu bringen, da sie dann von dort zurück nach … abgeschoben werde und er sie dann aus Deutschland loshätte und dadurch seine Kinder „gewonnen“ hätte, da die Kinder im Falle einer Scheidung ohnehin zur Mutter gehen würden. Da … ihn damals bei seiner Scheidung diesen Tipp, die Ehefrau loszuwerden und die Kinder „zu gewinnen“, gegeben habe, vermute er, der Zeuge …, dass … hinter der ganzen Sache stecke. Auch die Schilderungen von … Vater würden diesen Verdacht bei ihm bestätigen.
346
Auf Frage führte der Zeuge auch aus, dass er sich unter keinen Umständen vorstellen könne, dass … ihr Baby freiwillig in Deutschland zurückgelassen hätte, so wie er sie einschätze.
347
Er habe auch, als … von der … wieder nach Deutschland später gekommen sei, auch mit ihr telefonischen Kontakt aufgenommen. Sie habe ihm dabei mitgeteilt, dass ihr von … zunächst vorgegeben worden sei, sie müsse nach … zu einer Tante, wo sie bleiben sollte, bis irgendetwas mit ihren Unterlagen geregelt worden sei. … habe ihr auch erzählt, dass … dann während sie sich noch bei dieser Tante aufhalten sollte, die Familienzusammenführung machen würde und sie dann einen Aufenthaltstitel für 3 Jahre bekommen würde. Ob sie bis … von … gezwungen oder bedroht worden sei, mitzugehen, habe sie nicht von sich aus erzählt, er habe sie aber auch nicht konkret danach befragt.
348
Diese Ausführungen des Zeugen … wurden auch vom Zeugen … in der Hauptverhandlung insoweit bestätigt, als dass er ausführte, dass er im Namen seines Freundes …, welcher sich völlig erregt und besorgt an ihn gewandt habe, bei der Polizei in … und in … wegen des Verschwindens von … Anzeige erstattet habe. Der Zeuge … führte auch aus, dass er ein Telefongespräch zwischen dem Zeugen … und dem Schwiegervater von … live in der Wohnung von seinem Freund mitverfolgt habe, in dem der Schwiegervater seinem Freund in bedrohlicher Art und Weise, vorgeworfen habe, dass er Anzeige bei der Polizei erstattet habe und es besser gewesen wäre, wenn sie die Sache unter sich geregelt hätten. Der Schwiegervater habe … auch eindringlich aufgefordert, die Anzeige bei der Polizei zurückzuziehen, damit sich die ganze Sache für ihn (…) erledigt habe, was sich für den Zeugen … so angehört habe, als dass … sonst Ärger bekommen würde, wobei auf Frage nicht konkret mit einem Verbrechen gedroht worden sei. Sein Freund … habe daraufhin durch dieses Telefonat Angst bekommen und habe gesagt, dass dies gefährliche Leute seien, die auch Verwandtschaft in Deutschland haben würden. Die Familie des Schwiegervaters sei eine große Familie, welche auch mit der Mafia in … etwas zu tun hätten. … habe ihn auch mitgeteilt, dass … ihn gesagt habe, dass er jemanden zu seiner Verwandtschaft nach … schicken könne. Tatsächlich habe dann wenig später auch der Bruder von … bei … angerufen seinen Bruder gefragt, was er gemacht habe, offenbar sei auch der Bruder von … von irgendjemanden über die Anzeige in Kenntnis gesetzt worden. Sein Freund … sei aber letztlich nicht bereit gewesen, die Anzeige zurückzuziehen, habe jedoch aus offenbarer Angst vor der Familie des Schwiegervaters an einem der Folgetage seine Wohnung in … verlassen und zu seinem Bruder nach … wollen. Er habe ihn gerade noch am Bahnhof erwischt, wobei … ihm gesagt habe, dass er Angst habe und zu seinem Bruder gehe.
349
Vor diesem Hintergrund ist die Kammer letztlich zu der Überzeugung gelangt, dass auf der Grundlage der glaubhaften Angaben von … und ihrer Eltern, welche durch die Zeugen … und … bestätigt werden konnten, sich die Tat, wie unter Ziffer II., 2., g) dargestellt, ereignet hat. Insbesondere das vom Angeklagten … gegenüber dem Zeugen … vorgeschlagene Vorgehen bei dessen Scheidung, nämlich die unliebsame Ehefrau in die … zur Abschiebung nach … zu bringen, und auf diese Weise diese loszuwerden und das Kind „zu gewinnen“, belegt, dass der Angeklagte … diese Lösung bereits kannte und präferierte. Diese Lösung war auch geeignet, um sein Problem, nämlich die Ehefrau seines Sohnes loszuwerden und das Kind … „zu gewinnen“, zu lösen. Eindrucksvoll belegt die Glaubhaftigkeit der Angaben von … auch, dass der Angeklagte … selbst in seiner ermittlungsrichterlichen Vernehmung ausführte, dass … ihn in der … angezeigt habe und dort gesagt habe, dass er sie nach … habe zurückbringen wollen. Die Angaben des Angeklagten … im Ermittlungsverfahren, wonach ihre Rückkehr ohne ihr Kind nach … von ihr gewünscht und mit ihrem Vater abgestimmt worden sei, sind angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme wiederlegt und als reine Schutzbehauptung zur Überzeugung der Kammer zu würdigen. Im Übrigen ist zu sehen, dass es auf der Grundlage der Angaben des Angeklagten … im Ermittlungsverfahren keinen Sinn ergibt, dass sich die Geschädigte im Flüchtlingslager in der … wie von ihr angeblich beabsichtigt, nicht von dort, was sicher ein Leichtes gewesen wäre, in ihr Heimatland … hat abschieben lassen, sondern dann im Folgenden vielmehr, wie objektiv belegt, wie der Zeuge KOK … in der Hauptverhandlung darstellte, an die deutsche Botschaft in … wandte und ihre Rückkehr nach Deutschland anstrebte. Derselbe Zeuge hat auch von der übergroßen Sorge der Zeugin … um ihr Kind in der polizeilichen Vernehmung berichtet, was eine freiwillige Ausreise aus Deutschland ohne das Kind als kaum nachvollziehbar erscheinen lässt. Auch vor diesem Hintergrund erscheinen die Angaben des Angeklagten … nicht schlüssig und plausibel.
hh) Glaubwürdigkeit der Zeugin … und Glaubhaftigkeit ihrer Angaben
350
Die Kammer erachtet die Zeugin …, nach einer wegen der vorliegend gegebenen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation besonders sorgsam durchgeführten Würdigung ihrer Aussage und der sonstigen getroffenen Feststellungen, zur vollen Überzeugung für umfassend glaubwürdig und ihre Angaben ergänzend zu den bisherigen Ausführungen im Rahmen einer durchgeführten Gesamtwürdigung für umfassend glaubhaft.
351
Dabei ist die Kammer zunächst von der sog. „Null-Hypothese“ (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.1999, Az.: 1 StR 618/98 zu den Anforderungen an wissenschaftliche Glaubwürdigkeitsgutachten) ausgegangen, das heißt zu Beginn der Gesamtwürdigung wurde zunächst im Rahmen einer Hypothese davon ausgegangen, dass die Angaben der Geschädigten … zu den einzelnen Tatgeschehen frei erfunden sind und nicht auf einem tatsächlich Erlebten beruhen.
352
Die Aussage der Geschädigten wurde sodann nach gewissen Gesichtspunkten, welche im Folgenden dargestellt werden, untersucht und gewürdigt.
353
Letztlich kam die Kammer dann im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu der Überzeugung, dass die Angaben glaubhaft sind und auf tatsächlich Erlebtem beruhen und die sog. „Null-Hypothese“ damit widerlegt ist.
(1) Inhaltsorientierte Glaubhaftigkeitsanalyse - Realkennzeichen
354
Die Aussage der Geschädigten war zunächst auf das Vorliegen von sog. Realkennzeichen, welche als Indiz für tatsächlich Erlebtes anzusehen sind, zu untersuchen.
355
Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen zu den einzelnen Tatgeschehen Bezug genommen. Wie dargestellt, weist die Aussage der Zeugin … an vielen Stellen die Schilderung von Gefühlen auf, wie sie sich in den konkreten Situationen fühlte, was sie in der Hauptverhandlung für die Kammer auch glaubhaft veranlasste, immer wieder zu weinen, so dass ihre Vernehmung deshalb teilweise auch kurzzeitig unterbrochen werden musste. Die von der Geschädigten insoweit gezeigten Emotionen in der Hauptverhandlung bei der Schilderung der einzelnen Geschehen erschienen der Kammer als real und authentisch, wenngleich die Kammer hier nicht verkannte, dass ein solches emotionales Verhalten von Zeugen grundsätzlich auch „vorgespielt“ worden sein könnte. Diese geschilderten und gezeigten Emotionen sprachen indiziell für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.
356
Zudem war der Geschädigten bei fast allen Tatgeschehen auch eine kontextuelle Einbettung, wie bereits dargestellt wurde, möglich. So konnte sie beispielsweise anhand ihrer Ankunft in … am 14.05.2018 festmachen, dass es bereits am Folgetag (15.05.2018) zur ersten körperlichen Misshandlung im Rahmen des Zuschlagens mit dem Gürtel kam, nachdem sie die Rückgabe der ihr vom Angeklagten … in … abgenommenen Goldarmreifen einforderte. Die orale Vergewaltigung in … konnte sie anhand ihres Schwangerschaftsmonats einordnen und die körperliche Misshandlung mit dem Kleiderbügel konnte sie im Anschluss an den zweiten misslungenen Fluchtversuch wenige Tage vor der erzwungenen Ausreise aus Deutschland am 21.06.2019 einordnen, nachdem der Druck durch die beiden Angeklagten immer stärker geworden sei. Diese kontextuellen Einbettungen der einzelnen Handlungsgeschehen, welche im Übrigen auch konstant in ihren polizeilichen Aussagen und in ihrer Aussage in der Hauptverhandlung war, sprechen zudem indiziell als Realkennzeichen dafür, dass es sich dabei um tatsächlich Erlebtes handelt.
357
Der Geschädigten war auch eine sog. ungeordnete Reproduktionsweise bzgl. der Schilderung der einzelnen Tatgeschehen möglich. Die Geschädigte wurde an vier Hauptverhandlungstagen sehr eingehend und umfangreich durch die Verfahrensbeteiligten befragt. Ihr war es dabei möglich, wenngleich die Vernehmung tathandlungsbezogen erfolgte, erneut auftauchende Fragestellungen zu bereits abgehandelten Tatkomplexen sehr detailliert und plausibel zu erörtern und damit in ihrer Schilderung sowohl chronologisch als auch örtlich zu springen. Sie konnte sie, nachdem im Rahmen der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. … beispielsweise erstmals thematisiert wurde, dass eine blutende Wunde, welche auch grundsätzlich zu einer Narbenbildung führen kann, grundsätzlich einen scharfkantigen Gegenstand voraussetzt und ein Kleiderbügel hierzu tendenziell ungeeignet nach den Ausführungen des Sachverständigen erscheint, wieder unproblematisch sofort und ohne größere Überlegungen auf diesen bereits abgehandelten Tatkomplex zurückkommen und hierzu ergänzende und weitere detaillierte Angaben, wie ausgeführt, machen. Für einen Zeugen, welcher nicht real Erlebtes berichtet, ist es, wenngleich dies grundsätzlich nicht unmöglich ist, was die Kammer nicht verkannte, tendenziell schwieriger, einen Sachverhalt, für den man keine eigene Erlebnisgrundlage hat, losgelöst vom chronologischen Ablauf sprunghaft und unstrukturiert darzustellen.
358
Ferner weist die Aussage teilweise Schilderungen von Handlungskomplikationen auf. Hier war zu sehen, dass in nicht erlebnisbasierten Aussagen sich nur sehr selten Schilderungen von Komplikationen finden lassen, da diese eine zusätzliche intellektuelle Herausforderung des falsch aussagenden Zeugen darstellen, sich zusätzlich auch diese, zur Belastung unnötigen, Handlungskomponenten zu merken, so dass Zeugen, welche von nicht tatsächlich Erlebten berichten, diese Handlungskomplikationen tendenziell eher weglassen. Die Geschädigte schilderte jedoch beispielsweise, wie dargestellt, im Hinblick auf den erzwungenen Analverkehr im November 2018, dass der Angeklagte … nach dem ersten Versuch in sie anal einzudringen zunächst für kurze Zeit von ihr abgelassen hat.
359
Die Geschädigte schilderte auch ungewöhnliche bzw. originelle Details, welche bei einem falsch aussagenden Zeugen tendenziell auch weniger zu erwarten sind, da sie einem verbreiteten Stereotyp widersprechen. So schilderte sie beispielsweise, dass sie nach einem (nicht abgeurteilten) erzwungenen Oralverkehr, nachdem ihr ihr Mann nach dem Verkehr sagte, dass er zuvor bei seiner Freundin gewesen sei und mit dieser den Analverkehr ausgeführt habe und sich nicht gewaschen habe, dass sie Angst gehabt habe, dass sie dadurch eine Krankheit bekommen würde, da sie ja den ungewaschenen Penis im Mund gehabt habe.
360
Überdies schilderte die Zeugin in ihrer Vernehmung auch nebensächliche oder überflüssige Details, welche mit dem Tathergang selbst nichts zu tun haben und für das Kerngeschehen der Aussage unnötig waren, aber von der aussagenden Person im Zusammenhang mit dem Handlungsablauf erwähnt werden, welche als Realkennzeichen ebenfalls indiziell für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprachen. So führte sie im Hinblick auf die beiden oralen Vergewaltigungen in … aus, dass sie sich, als sie vor ihm „wie ein Pferd“ habe knien müssen, dass sie sich mit ihren Knien auf dem Teppich im Raum befunden habe. In einem anderen Kontext führte sie auch aus, dass die Familie … es aus ihrer Sicht nicht zugelassen habe, dass sie ihr Kind stille, sondern diesem die Flasche gebe. Zu der oralen Vergewaltigung im Juni 2018 in … führte sie aus, dass ihr Schlafanzugoberteil zerrissen gewesen sei und deshalb auch nicht das Zimmer habe verlassen können, weil sie sich auch gegenüber Familienangehörigen nicht derart unbekleidet zeigen habe können, was ebenfalls ein nebensächliches Detail im Zusammenhang mit dem Handlungsablauf darstellt. Die Schilderung dieser und weiterer nebensächlicher Details belegen als Realkennzeichen indiziell die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.
361
Die Zeugin … zeigte in der Hauptverhandlung auch kein Aussageverhalten, welches es nahelegen würde, dass sie darauf bestrebt ist, dass ihre Aussage besonders glaubhaft wirkt. Diesem Realkennzeichen liegt die Überlegung zugrunde, dass ein falsch aussagender Zeuge grundsätzlich bestrebt ist, sich einem Zuhörer gegenüber insbesondere hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit und seiner Glaubwürdigkeit in ein möglichst positives Licht zu setzen. Er wird deshalb grundsätzlich Äußerungen vermeiden, die nach seiner Meinung diesen angestrebten Eindruck beeinträchtigen könnten. Wenn sich dagegen auch derartigen scheinbar ungünstigen Äußerungen in der Aussage feststellen lassen, kann indiziell darauf geschlossen werden, dass die Erzeugung eines glaubwürdigen Eindrucks jedenfalls kein dominantes Motiv beim Zeugen war, was als Realkennzeichen indiziell die Glaubhaftigkeit seiner Aussage belegt. Hier war zu sehen, dass die Geschädigte aufgezeigte Erinnerungslücken in der Hauptverhandlung klar und ohne Umschweife belegte und trotz erfolgter Vorhalte bei diesen Erinnerungslücken blieb. So blieb die Zeugin … wie ausgeführt, dabei, dass sie bzgl. der Körperverletzungshandlung mit dem Kleiderbügel im Juni 2019 nicht mehr genau heute wisse, ob bei diesem Vorfall - wie sie dies in der polizeilichen Vernehmung noch angegeben hat - sie auch durch die Schläge kurzzeitig bewusstlos wurde bzw. die Verletzung an ihrem großen Zeh im Rahmen dieser Auseinandersetzung oder im Rahmen einer anderen Auseinandersetzung erlitten hat. Dies und auch andere Aussageteile belegen, dass die Geschädigte in ihrem Aussageverhalten nicht bestrebt war, sich als besonders zuverlässig und glaubwürdig erscheinen zu lassen, so dass dies jedenfalls kein dominierendes Motiv in ihrer Aussage war, was indiziell auch für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprach.
362
Schließlich weist die Aussage der Zeugin … auch eine Vielzahl an den Angeklagten … entlastenden Umständen auf. So schilderte die Zeugin, dass es (kurzzeitig) auch gute Zeiten mit dem Angeklagten gegeben habe, und er ihr Geschenke gemacht habe, mit ihr Ausflüge gemacht habe, ihr auch in Aussicht gestellt habe, dass sie nach ihrer Rückkehr nach Deutschland auch wieder neu miteinander anfangen würden und sich hierzu die zugewiesene Wohnung in der …straße in … schön herrichten würden. Bzgl. der analen Vergewaltigung schilderte die Zeugin, dass er nur kurze Zeit und nicht „mit der vollen Länge“ in ihrem After mit seinem Penis gewesen sei und es auch nicht zum Samenerguss gekommen sei. Betreffend ihre Verbringung nach … und in die … mittels Drohungen und List entlastete die Zeugin den Angeklagten … indem sie angab, sie glaube nicht, dass dieser in das Vorgehen von dessen Vater eingebunden gewesen sei. Diese Schilderungen belegen, dass die Zeugin keinen besonderen Belastungseifer gegenüber dem Angeklagten … hegte, was indiziell auch für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprach.
363
Weiter spricht auch die Aussagegenese zur Überzeugung der Kammer indiziell für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.
364
Ausgangspunkt der Aussage war auf der Grundlage der insoweit übereinstimmenden Angaben des Angeklagten … und der Geschädigten …, dass diese im Flüchtlingslager in der … voneinander getrennt worden seien, da die Geschädigte ihren Schwiegervater dort bezichtigt habe und auch gegenüber einer Flüchtlingshelferin angezeigt habe, dass er sie gegen ihren Willen von Deutschland hierher gebracht habe und sie so von ihrem Kind gegen ihren Willen getrennt habe. Dies führte dazu, wie auch der Zeuge KOK … anhand der erfolgten Ermittlungen bestätigten konnte, dass die Geschädigte in … in eine Art Frauenhaus zunächst kam und mit Hilfe der deutschen Botschaft schließlich am 11.09.2019 per Luftweg wieder zurück nach Deutschland gebracht wurde. Noch am 11.09.2019 wurde sie durch den Zeugen KOK …, wie dieser bestätigte, bei der KPI in Erding am Flughafen bei ihm erstmals zu den Vorgängen vernommen, wo sie zunächst davon berichtet habe, wie sie von Deutschland im Juni 2019 in die … gekommen sei und die Hintergründe, weshalb sie aus Deutschland gegen ihren Willen habe ausreisen müssen. Dazu habe sie dann auch ihr Verhältnis zur Familie … insbesondere zu ihrem Ehemann … geschildert und hierzu auch insbesondere von körperlichen Übergriffen und von sexuellen Übergriffen erst gegen Ende der Vernehmung hin ansatzweise berichtet. Die Zeugin KHKin …, welche die Geschädigte am 23.10.2019 vernahm, führte aus, dass es der Zeugin … bei ihren Schilderungen nach ihrer Einschätzung nicht um eine Belastung des Angeklagten …, sondern vielmehr um die Wiedererlangung ihres Kindes gegangen sei, von welchem sie gegen ihren Willen für ca. 3 Monate getrennt worden sei. Der Zeuge KOK … führte aus, dass ein konkretes Vernehmungsprotokoll zu den Angaben der Geschädigten bei der deutschen Botschaft in … nicht erstellt worden sei, ihm ein solches jedenfalls nicht vorliege. Die Geschädigte selbst führte in ihrer Vernehmung aus, dass sie bei der Botschaft, zwar von Gewalterfahrungen durch ihren Ehemann berichtet habe. Diese seien im Detail jedenfalls von Botschaftsseite nicht näher abgefragt worden, da den Mitarbeitern dort vielmehr interessiert habe, wie sie von Deutschland aus in die … gekommen sei. Von Vergewaltigungsvorwürfen habe sie dort, da sich auch nicht explizit danach gefragt worden sei, gar nicht berichtet.
365
Vor diesem Hintergrund ist die Kammer der Überzeugung, dass es der Geschädigten darum ging, möglichst schnell wieder zu ihrem wenige Monate alten … zu kommen und nicht darum, den Angeklagten mit möglichst vielen Gewalt- und Sexualtaten zu bezichtigten, was sich auch in der Hauptverhandlung gezeigt hat. So wurde, wie auch die Zeugin … bestätigte, die zweite (nicht gefilmte) orale Vergewaltigung in …, bei der es zur Ejakulation in ihren Mund bzw. Gesicht kam, von der Geschädigten von sich aus gar nicht berichtet und von ihr (Zeugin …) nicht näher abgefragt. In Übereinstimmung mit den Angaben des Angeklagten … im Vermisstenverfahren als Zeuge mit den Angaben des Zeugen KOK … ist davon auszugehen, dass die Geschädigte im Flüchtlingslager in der … und anschließend in der Deutschen Botschaft primär vorbrachte, da dies für sie wichtiger war, dass sie von ihrem … getrennt worden sei und möglichst bald wieder zu ihm zurück möchte. Die Geschädigte hat jedoch auch bei der Botschaft bereits rudimentär von Gewalterfahren durch ihren Ehemann berichtet, welche sie dann unmittelbar nach ihrer Ankunft in München noch vor Ort dem Polizeibeamten KOK … im Detail berichtet hat und in den Folgevernehmungen am 23.09.2019 und am 23.10.2019 noch weiter konkretisiert hat.
366
Dieser Ablauf in der Entstehung ihrer Aussage spricht indiziell für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben, da die Geschädigte von Anfang an jedenfalls von Gewalterfahrungen durch ihren Ehemann zur Überzeugung der Kammer berichtete, wenngleich es ihr nicht primär um die Anzeige ihres Mannes, sondern vielmehr um die Wiedererlangung ihres Sohnes ging. Bzgl. der Anzeige der Sexualtaten ist zu sehen, da ihr ein Berichten davon von sich aus unangenehm, noch dazu gegenüber einem männlichen Botschaftsmitarbeiter, war und sie zudem auch nicht explizit danach gefragt wurde, dass sie davon zwar noch nicht bei der Botschaft berichtete, gleichwohl bereits im Rahmen ihrer ersten Vernehmung noch in … am 11.09.2019 unmittelbar nach ihrer Rückkehr nach Deutschland diese gegenüber dem Polizeibeamten KOK … dem Grunde nach angab. Da ihr, wie die Zeugen … und … übereinstimmend angaben, eine Befragung zu den Einzelheiten zu den Sexualtaten durch einen männlichen Polizeibeamten unangenehm war, wurde die Vernehmung bzgl. dieser Taten im Wesentlichen durch die Zeugin KHKin … am 23.10.2019 vorgenommen.
367
Die Zeugin … ist zur Überzeugung der Kammer auch uneingeschränkt aussagetüchtig.
368
Im Rahmen der viertägigen, sehr umfangreichen und dezidierten Vernehmung der Zeugin … haben sich zur Überzeugung der Kammer keinerlei Anhaltspunkte für Faktoren ergeben, welche die allgemeine Zeugentauglichkeit per se in Frage stellen könnten. Im Rahmen der Vernehmung haben sich zudem keinerlei Hinweise auf Wahrnehmungseinschränkungen bei der Geschädigten ergeben.
369
Die Zeugin konnte über Geschehensabläufe, welche sich bereits vor ca. einem Jahr oder länger abgespielt haben, zusammenhängend und ohne größere Nachfragen treffen zu müssen plausibel und schlüssig berichten, über welche sie mit einer hohen Aussagekonstanz auch bereits, wie dargestellt, im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmungen ohne größere Widersprüche berichtet hat. Abgesehen von kleineren und auch nachvollziehbaren Erinnerungslücken zeigte die Geschädigte hier ein gutes Erinnerungsvermögen, da sie die einzelnen Tatgeschehen im Rahmen der einzelnen Vernehmungen mit hoher Aussagekonstanz zum weit überwiegenden Teil sicher reflektieren konnte und es der Zeugin auch chronologisch und örtlich möglich war, in den Geschehensabläufen in ihren Vernehmungen zu springen.
370
Anhand der Beantwortung der gestellten Fragen und der Schilderung des Tatgeschehens offenbarte sich auch keine Einschränkung oder Minderung der intellektuellen Leistungsfähigkeit der Zeugin. Die Dolmetscherin hatte keinerlei Probleme, die Geschädigte in ihrer Muttersprache zu verstehen und ihren Ausführungen zu folgen.
(4) Aussageanalyse - Konstanzanalyse
371
Im Hinblick auf die Konstanzanalyse wird auf die Ausführungen zu den einzelnen Tatgeschehen Bezug genommen. Die Aussage der Geschädigten zu den einzelnen Taten weist, wie dargestellt, zur Überzeugung der Kammer eine hohe Aussagekonstanz auf, welche ebenfalls indiziell für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben im Rahmen der Gesamtwürdigung einzustellen war.
(5) Fehlendes Motiv für eine Falschaussage - Motivationsanalyse
372
Für die Kammer ist kein schlüssiges Motiv der Geschädigten, den Angeklagten … zu Unrecht zu belasten, erkennbar.
373
In Betracht zu ziehen war hier zunächst, dass die Geschädigte den Angeklagten … aus Rache für ihr zugefügtes Leid belastet haben könnte, indem sie ihn darüber hinaus auch für Taten belastet haben könnte, welche durch ihn gar nicht begangen wurden. Hier ist jedoch zu sehen, dass die Geschädigte, wie dargestellt, keinen Belastungseifer zeigte und auch entlastende Umstände hinreichend vorbrachte. Ferner war auch zu sehen, dass die Geschädigte aufgezeigte Erinnerungslücken in der Hauptverhandlung klar und ohne Umschweife einräumte und trotz erfolgter Vorhalte bei diesen Erinnerungslücken blieb. So blieb die Zeugin … wie ausgeführt, dabei, dass sie bzgl. der Körperverletzungshandlung mit dem Kleiderbügel im Juni 2019 nicht mehr genau heute wisse, ob bei diesem Vorfall - wie sie dies in der polizeilichen Vernehmung noch angegeben hat - sie auch durch die Schläge kurzzeitig bewusstlos wurde bzw. die Verletzung an ihrem großen Zeh im Rahmen dieser Auseinandersetzung oder im Rahmen einer anderen Auseinandersetzung erlitten hat. Die Geschädigte zeigte demnach kein Verhalten, dass sie den Angeklagten über ein ihr zugefügtes Leid hinaus aus gesteigertem Belastungseifer zu Unrecht aus Rache für das ihr zugefügte Leid belastet habe könnte, so dass die Kammer ein solches Motiv für eine falsche Beschuldigung ausschließt. Im Übrigen war hier zu sehen, dass die Geschädigte jedenfalls auch im Falle einer falschen Beschuldigten sich möglicherweise verstärkt Repressalien durch Familienangehörige der Familie … in Deutschland ausgesetzt gesehen haben würde, zumal sie selbst ja keine näheren Familienangehörigen hier in Deutschland hat.
374
Die Kammer hat auch in Betracht gezogen, dass die Geschädigte den Angeklagten … deshalb zu Unrecht belastet haben könnte, um den Angeklagten auf diese Weise im Rahmen einer Inhaftierung aus dem Weg zu räumen, um ihren Sohn bzw. das Sorgerecht für diesen allein zu erlangen. Insoweit ist jedoch zu sehen, dass es nicht die Geschädigte, sondern vielmehr ihr Ehemann … war, welcher bereits nach ca. einem Monat nach ihrer erzwungenen Ausreise aus Deutschland beim Amtsgericht - Familiengericht - … das alleinige Sorgerecht für sich beanspruchte. Wie sich aus den Angaben der Geschädigten, welche durch das beigezogene familiengerichtliche Sorgerechtsverfahren, welches insoweit auszugsweise eingeführt wurde, bestätigt werden, ergibt, hat sie jedenfalls bis zum Ende der Hauptverhandlung noch nicht das alleinige Sorgerecht für sich beansprucht bzw. dieses beantragt. Vielmehr steht dieses derzeit grundsätzlich noch beiden Eltern zu. Aufgrund der Inhaftierung des Angeklagten ruht derzeit vielmehr sein Sorgerecht. Das von der Geschädigten im Nachgang zu den Taten gezeigte Verhalten lässt daher nicht den Schluss zu, dass es ihr im Rahmen einer falschen Beschuldigung darum gegangen sein könnte, das alleinige Sorgerecht für das Kind zu erlangen.
375
Zudem hat die Kammer auch in den Blick genommen, dass die Geschädigte ihren Ehemann deshalb zu Unrecht belastet haben könnte, um wegen der sich dann für sie ergebenden, erschwerenden humanitären Gründe als Opfer von Gewalt- und Sexualstraftaten, zumal als dann alleinerziehende Mutter, eine bessere Chance für ein weiteres oder längeres Bleiberecht in Deutschland zu erlangen. Insoweit ist jedoch zu sehen, dass - wie die Geschädigte auch selbst mitbekommen hat - sie mit Hilfe der deutschen Botschaft wieder nach Deutschland zurückgebracht wurde und hier auch ein - jedenfalls befristetes - weiteres Aufenthaltsrecht erlangt hat, so dass aus ihrer Sicht - jedenfalls derzeit - gar kein Bedürfnis bestand, weitere gewichtige Gründe für ein Bleiberecht zu generieren. Dass sie ihm daher deshalb zu Unrecht mit den Taten belastet haben könnte, schließt die Kammer für sich mithin aus, da ihr zudem derzeit ohnehin ein praktisches Abschiebehindernis zur Seite stand und deshalb ihre Abschiebung auch nicht konkret zu befürchten hat.
376
Schließlich hat die Kammer auch erwogen, dass die Geschädigte den Angeklagten aus Eifersucht und Rache, da dieser ein Verhältnis zu einer anderen Frau, zur Zeugin … unterhielt, zu Unrecht angezeigt haben könnte. Insoweit ist jedoch zu sehen, dass nach den Schilderungen der Zeugin … diese erst Ende Mai/Anfang Juni 2019 eine intime Beziehung zum Angeklagten unterhielt, also zu einem Zeitpunkt, wo die Geschädigte nach ihren glaubhaften Angaben gar kein Interesse an einer Beziehung mit dem Angeklagten mehr hatte und sogar auch einen Fluchtversuch, von ihm loszukommen, in dieser Zeit unternahm. Es erscheint zur Überzeugung der Kammer daher wenig plausibel, wenn die Geschädigte sich aus Frust oder Eifersucht wegen dieses Verhältnisses ihres Mannes an diesem dadurch rächen will, indem sie ihn zu Unrecht der Straftaten bezichtigt, wenn sie zu dieser Zeit doch ohnehin von ihm loskommen wollte.
377
Die Kammer ist schließlich im Rahmen der oben aufgeführten Erwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung zu der Überzeugung gelangt, dass die Angaben der Zeugin … zu den einzelnen Taten umfassend glaubhaft erscheinen. Der Angeklagte selbst hat sich zu den einzelnen Taten nicht näher eingelassen.
378
Die Kammer hat bei der Würdigung nicht verkannt, dass die Geschädigte die Aussage in ihrer polizeilichen Vernehmung vom 23.09.2019, welche über den Zeugen KOK … eingeführt wurde, wonach sie ausführte, dass sie im Falle einer Rückkehr nach Syrien wegen der gescheiterten Ehe und der Vorkommnisse von ihrer Familie nicht mehr angenommen worden wäre, da sie eine Schande für sie sei und sie deshalb vielmehr auch umgebracht werden würde, in der Hauptverhandlung nicht weiter aufrecht erhalten hat.
379
Vielmehr führte sie in der Hauptverhandlung, wie auch die Zeugen … und … bestätigten, aus, dass sie nicht zu befürchten habe, dass sie von ihrer Familie getötet werden würde. Insoweit ist aus Sicht der Kammer jedoch zu sehen, dass die ursprüngliche Aussage dahingehend am 23.09.2019, also zu einem Zeitpunkt als sie noch keinen Kontakt zu ihrer Familie herstellen konnte und damit nicht einschätzen konnte, wie diese die Vorkommnisse bewertet und welche Schlüsse bzw. Taten diese daraus ziehen würde, erfolgt ist. Es erscheint daher durchaus plausibel und nachvollziehbar, dass die Geschädigte, zu einem Zeitpunkt, als sie diese Aussage in der Form tätigte für sich subjektiv davon ausging, dass sie von ihrer Familie verstoßen und getötet werden würde, was sich erst im Nachgang für sie als eine falsche Einschätzung herausgestellt hat. Daraus lässt sich jedenfalls kein stichhaltiges Indiz dafür ableiten, dass die Geschädigte unwahre Angaben gemacht haben könnte.
380
Ebenso hat die Kammer bei der Gesamtwürdigung nicht verkannt, dass die Zeugin … bzgl. des Wesens und des Verhaltens des Angeklagten … ausführte, dass dieser sehr liebevoll und freundlich mit ihr umgegangen sei und es zu keinerlei Gewalthandlungen oder Sexualhandlungen gegen ihren Willen gekommen sei. Daraus lässt sich jedoch kein Schluss ziehen, dass die Angaben der Geschädigten, wonach es zu den geschilderten Gewalt- und Sexualtaten gekommen sei, unzutreffend sind. Hier ist zum einen in den Blick zu nehmen, dass die intime Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Zeugin … von Ende Mai/Anfang Juni bis August nur wenige Monate andauerte, so dass daraus bzgl. des Wesens oder der Einstellung des Angeklagten bei der Ausübung des Sexualverkehrs wegen der kurzen Dauer der Beziehung keine endgültigen Schlüsse möglich sind. Auch ist zu sehen, dass die Zeugin … nach ihren eigenen Schilderungen sich zu allen Sexualhandlungen, insbesondere auch zu dem vom Angeklagten … präferierten Analverkehr mit ihm bereit erklärt hat und sich damit ihm auch unterwürfig und nachgebend - anders als die Geschädigte … - gezeigt hat. Es bestand daher aus Sicht des Angeklagten auch gar keine Veranlassung zur Erzwingung seines Willens gewalttätig oder sexuell übergriffig zu werden, so dass durch die Aussage der Zeugin … auch keine entlastenden Umstände für den Angeklagten … gesehen werden konnten.
381
Ebenso lassen auch die Angaben der einvernommenen Frauenärztin der Geschädigten, der Zeugin Dr. … keine entlastenden Umstände für den Angeklagten zur Überzeugung der Kammer erkennen.
382
So führte die Zeugin Dr. … insbesondere aus, dass … zum ersten Mal am 10.09.2018 bei ihr gewesen sei und bei ihr eine Schwangerschaft in der 20. Schwangerschaftswoche festgestellt worden sei. Ohne die weiteren Termine noch im Einzelnen zu erinnern, gehe sie davon aus, dass Frau … dann bis zur 32. Schwangerschaftswoche alle vier Wochen und ab der 32. Schwangerschaftswoche alle zwei Wochen bei ihr zur Untersuchung der Schwangerschaft gewesen sei, wie es die Regel bei einer schwangerschaftsbegleitenden gynäkologischen Untersuchung sei. Der errechnete Entbindungstermin sei der 31.01.2019 gewesen, nach ihren Unterlagen habe die Entbindung jedoch am 07.02.2019 nach einem Blasensprung im Wege eines Notkaiserschnitts im Klinikum stattgefunden. Frau … sei immer in Begleitung gewesen. Sie habe sich mit ihr, da sie nicht arabisch spreche nur eingeschränkt und über ihre Begleiterinnen verständigen können. Bei den Untersuchungen sei ihr erinnerlich nichts Besonderes aufgefallen, insbesondere keine Verletzungen oder Blutungen. Auch in ihren Unterlagen sei diesbezüglich nichts dokumentiert. Auf Vorhalt konnte die Zeugin Dr. … bestätigen, dass es zutreffend sein müsste, dass Frau … am 12.11.2018 unter anderem bei ihr gewesen sei. Auch dabei seien ihr keine Verletzungen oder Besonderheiten bei ihr aufgefallen.
383
Der Umstand, dass bei der Frauenärztin im Rahmen der regelmäßig erfolgten frauenärztlichen Untersuchungen keine Verletzungen festgestellt werden konnten, belegt zur Überzeugung der Kammer nicht, dass die Ausführungen der Geschädigten, insbesondere dass es im November 2018 zu der beschriebenen analen Vergewaltigung gekommen sei, unwahr sind. Hier war zunächst in den Blick zu nehmen, dass der genaue Tatzeitpunkt im November nicht näher eingegrenzt werden konnte, so dass es auch möglich erscheint, dass diese Tat erst nach dem Untersuchungstermin am 12.11.2018 erfolgt ist und aufgrund dessen keine Feststellung getroffen werden konnten und diese im nächsten planmäßigen Untersuchungstermin nicht mehr festzustellen waren. Zum anderen war zu sehen, dass es sich bei der erlittenen Verletzung im Rahmen dieser Tat um eine Verletzung am After handelte, welcher ohne gegebenen Anlass im Rahmen der gynäkologischen Routineuntersuchung während der Schwangerschaft auch nicht untersucht wurde, was auch die Geschädigte bestätigte und ergänzend ausführte, dass sie diese Verletzung bei der Frauenärztin auch nicht angesprochen habe. Bzgl. einfacher Hämatome ist zu sehen, wie der Sachverständige Prof. Dr. … ausführte, dass diese binnen Tagen in der Regel abheilen. Auch sind einfache Hämatome am Körper nichts Besonderes und daher bei einer Untersuchung auch nichts Besonderes auffällig, da diese bei jedem Menschen regelmäßig im Rahmen des Alltags passieren. Der Umstand, dass die behandelnde Frauenärztin bei den regelmäßigen Untersuchungen keine Verletzungen bei der Geschädigten feststellen konnte, lässt damit keine zwingenden Schlüsse aus Sicht der Kammer zu, dass die Geschädigte die Unwahrheit gesagt haben könnte. Vielmehr sind andere Umstände denkbar und plausibel, weshalb zu diesem Zeitpunkt die durch die Tat erlittenen Verletzungen nicht festgestellt wurden.
384
Schließlich konnten in der Aussage der Zeugin … bei der es sich um eine Nachbarin der Familie … handelt, im Rahmen der vorgenommenen Gesamtwürdigung auch keine entlastenden Umstände aus Sicht der Kammer gefunden werden.
385
So führte die Zeugin … in der Hauptverhandlung insbesondere aus, dass sie mit ihren beiden Töchtern und ihrem Mann seit März 2019 im Anwesen in der … Straße … in … leben würden und sie damit die direkten Nachbarn der Familie … seien. Sie hätten seit dieser Zeit quasi Tür-an-Tür gewohnt, wobei sie relativierend ausführte, dass sie die ersten paar Monate nicht oft vor Ort, sondern an ihrem Zweitwohnsitz sich aufgehalten hätten. Sie seien nur montags, dienstags und donnerstags regelmäßig dort in ihrer Wohnung in … gewesen und hätten überhaupt keine Probleme mit der Familie … welche auch heute noch ihre Nachbarn seien, gehabt. Auch hätten sie von Problemen innerhalb der Familie … nichts gehört oder sonst feststellen können. Sie habe die Frau des ältesten Sohnes mit ihrem Kind ca. drei Mal getroffen, vor allem bei Aufenthalten auf den direkt nebeneinander liegenden Terrassen. Eine Verständigung mit ihr sei nicht möglich gewesen, da sie keine gemeinsame Sprache gesprochen hätten. Auf Vorhalt bestätigte die Zeugin …, dass der Nachbar … ihr einmal davon berichtet habe, dass er einen der ältesten Söhne der Familie einmal angesprochen habe, da er den Verdacht gehabt habe, dass sie ihre Frauen schlecht behandeln würden. Näheres könne sie jedoch nicht dazu sagen. Auch die Nachbarin …, welche zwei Türen weiter wohne, habe ihr einmal im Gespräch gesagt, dass sie gehört habe, dass eine Frau im Haus der … geweint habe. Sie, die Zeugin …, könne derartiges aus eigener Erfahrung jedoch nicht bestätigen.
386
Auch aus diesen Angaben kann zur Überzeugung der Kammer nicht der Schluss gezogen werden, dass die Angaben der Geschädigten …, insbesondere wonach es auch zu lautstarken Streitigkeiten zwischen ihr und ihrem Mann, dem Angeklagten … gekommen sei, unzutreffend ist. Hier war insbesondere zu würdigen, dass die Familie … und die Familie … erst mit dem Einzug der Familie … ab April 2019 als Nachbarn nebeneinander lebten und die Auseinandersetzungen mit der Geschädigten auf der Grundlage ihrer Angaben mit der erzwungenen Ausreise am 21.06.2019 auch endeten, so dass die beiden Familien damit nur ca. zweieinhalb Monate nebeneinanderlebten. Hier kommt noch einschränkend hinzu, dass die Familie … sich während dieser kurzen Zeit auch nur tageweise in … aufhielt, so dass aus dem Umstand, dass die Zeugin … jedenfalls selbst keine Streitigkeiten oder Auseinandersetzungen mitbekam, keine Schlüsse darauf möglich sind, dass die Geschädigte insoweit die Unwahrheit angeben hat.
387
Die Kammer hat im Rahmen der Gesamtwürdigung auch berücksichtigt, dass die Geschädigte, jedenfalls in Deutschland, keine Anzeige gegen ihren Mann bzw. ihren Schwiegervater erstattet hat. Dieses gezeigte Verhalten lässt zur Überzeugung der Kammer jedoch ebenso keinen Schluss auf die Unglaubhaftigkeit ihrer Angaben bzw. auf ihre Unglaubwürdigkeit zu. Auch der Umstand, dass sie sich im Klinikum bei der Entbindung ihres Sohnes am 07.02.2019 nicht einem der arabisch sprechenden Ärzte offenbarte und die Taten dort anzeigte, lässt aus Sicht der Kammer keinen Schluss dahingehend zu, dass sie die Unwahrheit gesagt hat.
388
Hier war jeweils zu würdigen, dass die Geschädigte sich als Syrerin nach ihrer Flucht nach Deutschland in einem Land aufhielt, dessen Sprache sie nicht spricht. Mit Ausnahme der Familie … war sie in Deutschland auch allein und hat hier auch keine näheren Angehörigen, mit denen sie Kontakt hätte aufnehmen können bzw. welche sie um Hilfe hätte ersuchen können. Zudem war es ihr auch nicht gestattet worden, alleine ohne Begleitung die Wohnung bzw. das Grundstück zu verlassen. Zudem war in den Blick zu nehmen, dass es ihr jedenfalls die letzten Monate vor ihrer erzwungenen Ausreise, ca. ab Geburt ihres Sohnes, seitens ihres Mannes bzw. ihres Schwiegervaters auf der Grundlage ihrer glaubhaften Angaben gänzlich verboten wurde, mit ihrer Familie in Syrien Kontakt aufzunehmen, was durch ihren Vater … und ihre Mutter … gegenüber dem Polizeibeamten KOK …, wie dieser in der Hauptverhandlung ausführte, auch unabhängig voneinander übereinstimmend bestätigt wurde. Ferner war zu sehen, dass die Geschädigte, wie sie berichtete, insbesondere nach der Geburt des Sohnes trotz der Misshandlungen in teilweise auch besseren Zeiten, wo die Familie … und insbesondere ihr Mann … kurzzeitig auch netter zu ihr gewesen seien und er ihr auch einen Neuanfang nach ihrer Rückkehr in Deutschland in Aussicht gestellt habe, auch immer wieder gehofft habe, dass alles besser werde und das Verhältnis sich vielleicht doch noch verbessern würde. Es erscheint daher aus diesem Gesichtspunkt heraus nachvollziehbar, dass die Geschädigte zögerte bzw. zunächst keine Anzeige in Deutschland erstattet hat, unabhängig von der Möglichkeit, eine solche Anzeige überhaupt erstatten zu können.
389
Aus gleichem Grunde erscheint es für die Kammer auch plausibel, dass sie sich nicht bei ihrer Geburt einen der arabisch sprechenden Ärzte im Krankenhaus offenbarte. Unabhängig davon, dass sie diesen nach ihren glaubhaften Angaben im Rahmen der Entbindung nur kurz zu Gesicht bekommen habe, als sie ihn gebeten habe, ihren Mann über die bevorstehende Geburt im Rahmen eines Notkaiserschnitts zu informieren, erscheint es nachvollziehbar, dass sie in dieser Situation sich nicht offenbart und trotz gegebener theoretischer Möglichkeit die insoweit bereits vollzogenen Taten angezeigt hat. Als Mutter eines neugeborenen Sohnes war sie, wie sie auch wusste, zunächst auch auf die Unterstützung durch die Familie … angewiesen. Unabhängig von möglichen Repressionen hätte sie daher zu befürchten gehabt, dass die Familie … ihr ihre Unterstützung verweigert, so dass es auch aus diesem Grund und wegen der nach der Geburt vielleicht wieder keimenden Hoffnung, dass sich dadurch die Situation für sie in der Familie … verbessern könnte, aus Sicht der Kammer nachvollziehbar erscheint, dass sie trotz gegebener theoretischer Möglichkeit hier keine Anzeige erstattete und die bisher vollzogenen Taten offenbarte. Hinzu kommt, dass der Zeugin nach allgemeiner Lebenserfahrung ihre Sorge damals der Geburt und dem Wohl ihres Kindes gelten musste, wobei ihre Probleme innerhalb der Familie … zwangsläufig in den Hintergrund treten mussten.
390
Hinzu tritt ferner, dass die Geschädigte auf der Grundlage ihrer auch insoweit konstanten Angaben bei der Polizei und in der Hauptverhandlung auch zwei Mal einen Fluchtversuch aus der Wohnung der Familie … wagte, welche jedoch jeweils gescheitert sind. Aus diesem Verhalten ergibt sich, dass sie durchaus bestrebt war, jedenfalls zuletzt kurz vor ihrer erzwungenen Ausreise, als der auf sie insoweit ausgeübte Druck immer größer wurde, sich dem Zugriff der Familie … zu entziehen und sich, wie sie ebenso glaubhaft ausführte, an die deutsche Polizei zu wenden. Beide Fluchtversuche wurden jedoch durch den Angeklagten … zur Überzeugung der Kammer unterbunden.
391
Auch bei der Frauenärztin Dr. … war sie auf der Grundlage ihrer glaubhaften Angaben auch immer in Begleitung eines Angehörigen der Familie … wie auch die Zeugin Dr. … bestätigte. Zudem war ihr ohne Vermittlung über die Familienangehörigen der Familie … auch eine Verständigung mit der Ärztin, welche die arabische Sprache nicht beherrscht und wie diese in der Hauptverhandlung bestätigte, nicht möglich, so dass sie in diesem Rahmen letztlich auch in realistischer Weise keine Anzeige erstatten bzw. sich und die Taten offenbaren hätte können.
392
Letztlich kann daher im Ergebnis zur Überzeugung der Kammer, aus dem Umstand, dass sie in Deutschland keine Anzeige erstattete bzw. sich jemanden trotz theoretischer Möglichkeit keinem offenbarte kein Rückschluss auf die Unglaubhaftigkeit ihrer Angaben gezogen werden.
393
Im Ergebnis der Gesamtwürdigung ist die Kammer daher zu der Überzeugung gelangt, dass die Angaben der Geschädigten … zu den einzelnen Tatgeschehen umfassend glaubhaft sind.
b) Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
aa) Persönliche Verhältnisse des Angeklagten …
394
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten … beruhen auf dessen eigenen, insoweit glaubhaften Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung. Die Feststellungen zum ausländerrechtlichen Status beruhen auf den glaubhaften Angaben des polizeilichen Sachbearbeiters KOK … in der Hauptverhandlung.
395
Der Auszug aus dem Bundeszentralregister wurde in die Hauptverhandlung eingeführt.
bb) Persönliche Verhältnisse des Angeklagten …
396
Der Angeklagte … hat weder Angaben zu seinen persönlichen noch, wie ausgeführt, zur Sache gemacht.
397
Der bisherige Werdegang und die familiären Verhältnisse wurden über den Zeugen …, welcher den Jugendgerichtshilfebericht für das Kreisjugendamt des Landratsamt Neustadt/WN auf der Grundlage der vom Angeklagten … im Rahmen des Gesprächs in der JVA Amberg vom 04.06.2020 angegebenen persönlichen Verhältnisse, welche der Zeuge … in der Hauptverhandlung wiedergab, und den polizeilichen Sachbearbeiter KOK … in die Hauptverhandlung eingeführt. Der Zeuge KOK … führte auch zum ausländerrechtlichen Status des Angeklagten … aus.
398
Der Auszug aus dem Bundeszentralregister wurde in die Hauptverhandlung eingeführt.
399
Die Zeuginnen … und … machten auch Angaben zum beruflichen Werdegang des Angeklagten …, die ebenfalls in die unter Ziffer I dargelegten Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten … miteingeflossen sind.
400
Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die vom Angeklagten gegenüber dem Zeugen … getätigten Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen sowie die insoweiten Angaben der Zeuginnen … und … zutreffend sind, zumal diese teilweise auch durch die getroffenen Ermittlungen des Polizeibeamten KOK … bestätigt werden konnten.
1. Strafbarkeit des Angeklagten …
401
Der Angeklagte … hat sich aufgrund der unter Ziffer II, 2, a) und g) näher dargestellten Taten, indem er dazu Hilfe leistete, dass unter anderem seine Schwiegertochter …, seine Nichte … sowie ein unbekannt gebliebenes … Ehepaar in der Zeit von März 2018 bis 14.05.2018 ausgehend von … nach Deutschland illegal einreisen konnten und indem er am 21.06.2019 zusammen mit … gegen deren erkennbaren Willen unter der Drohung, dass sie ansonst nie mehr ihren … sehen werde, sie von Deutschland in die … mit dem Ziel … brachte und ihr so für knapp 3 Monate ihren damals erst wenige Monate alten …, dessen Sorgerecht sie ausübte, mit dieser Drohung und durch List, im Ausland einen Aufenthaltstitel verlängern zu müssen, entzog, der Einschleusung von Ausländern und der Entziehung Minderjähriger in Tateinheit mit Nötigung gem. §§ 235 Abs. 1 Nr. 1, 240 Abs. 1, Abs. 2, 52, 53 StGB; 95 Abs. 1 Nr. 3, 96 Abs. 1 Nr. 1 b), 14 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 1 AufenthG strafbar gemacht.
402
Zugunsten des Angeklagten … wurde dabei davon ausgegangen, dass das Einschleusen von Ausländern zwar zugunsten von mehreren Ausländern (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 b AufenthG) begangen wurde, er jedoch dafür keinen Vorteil erlangt hat. Bei seiner Schwiegertochter und seiner Nichte war mangels anderslautender Anhaltspunkte wegen der familiären Verbundenheit ohnehin davon auszugehen, dass die Schleusung durch ihn für sie unentgeltlich erfolgte. Bei dem unbekannt gebliebenen … Ehepaar konnten letztlich keine Feststellungen dahingehend getroffen werden, wie hoch die Vergütung des Angeklagten … war, so dass zugunsten des Angeklagten letztlich davon ausgegangen wurde, dass die (weitere) Tatvariante des § 96 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG nicht erfüllt wurde.
403
Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist die Kammer der Ansicht, dass der Straftatbestand des Menschenraubs nach § 234 Abs. 1 StGB durch den Angeklagten … nicht verwirklicht wurde.
404
Der subjektive Tatbestand des § 234 Abs. 1 StGB verlangt die Absicht des Täters, das Opfer in hilfloser Lage auszusetzen, es also in eine Lage zu bringen, in der es zur Selbsthilfe unfähig, auf fremde Hilfe angewiesen und konkret an Leib oder Leben gefährdet ist, vgl. BGH, Beschluss vom 27.04.2010, Az. 1 StR 153/10. Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Zwar hat die Kammer nicht verkannt, dass derzeit, wie allgemein bekannt, noch Kampfhandlungen in … stattfinden. Von einer konkreten Gefährdung für Leib oder Leben kann jedoch mangels anderslautender Feststellungen nicht ausgegangen werden. Auch konnte im Rahmen der Hauptverhandlung nicht sicher festgestellt werden, dass die Geschädigte, im Falle ihrer Rückkehr nach …, seitens ihrer Familie und Angehöriger irgendwelche Repressalien wegen der Vorfälle zu erwarten gehabt hätte. Vielmehr ist auf der Grundlage der Aussage der Zeugin … sowie der Zeugen … und … davon auszugehen, dass die Familie die Geschädigte trotz des Scheiterns der Ehe und des Kindes wieder aufgenommen hätte und somit aufgrund dessen keine konkrete Gefährdung von Leib und Leben angenommen werden konnte.
405
Vor diesem Hintergrund musste der Tatbestand des § 234 Abs. 1 StGB jedenfalls ausscheiden.
406
Der Angeklagte … hat den am … geborenen, …, seinen Enkel, durch Drohung, dass die Geschädigte diesen, falls sie nicht mit ihm Deutschland verlasse, nie mehr wieder sehen werde, was er auf den Kopf seines eigenen Sohnes geschworen hat und dadurch seiner Drohung Nachdruck verliehen hat, und durch List einem Elternteil, nämlich der Kindsmutter … laq, entzogen, indem er sie gegen ihren Willen vom Kind trennte und sie am 21.06.2019 ins Ausland brachte. Die Kammer geht davon aus, dass diese Trennung jedenfalls bis zum 11.09.2019 andauerte, da nicht mehr sicher festgestellt werden konnte, an welchem konkreten Tag nach ihrer Ankunft in Deutschland sie ihren … wieder zurückerlangt hat.
407
Unter List versteht man das geflissentliche und geschickte Verbergen einer wahren Absicht, vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1961, Az. 4 StR 20/61. Davon kann hier auf Seiten des Angeklagten … ausgegangen werden, da dieser seine wahre Absicht, nämlich die Geschädigte wieder zurück nach … zu bringen und so ihre Rückkehr nach Deutschland jedenfalls für unabsehbare Zeit zu verhindern und damit ihre Trennung von seinem … und dem gemeinsamen Kind herbeizuführen, dadurch verborgen hat, indem er der Geschädigten eine sehr ausgefeilte und durchdachte Geschichte, wieso sie mit ihm das Land kurzzeitig verlassen müsse, präsentierte, welche - wie er genau wusste - nicht zutreffend war. So gab er ihr vor, dass sie zur Verlängerung ihres bald endenden Aufenthaltstitels Deutschland Richtung … bzw. später dann Richtung der … verlassen müsse, da ein Titel nur von dort bzw. auf diese Weise erlangt werden könne und andernfalls ihre Abschiebung in den … zu fürchten gewesen wäre.
408
Zudem kann auch von einem Entziehen im Sinne des § 235 Abs. 1 StGB ausgegangen werden.
409
Ein Entziehen liegt vor, wenn der Täter den wesentlichen Inhalt des Rechts auf Personensorge, das heißt vornehmlich Pflege, Erziehung und Aufenthaltsbestimmung, durch räumliche Trennung von gewisser, nicht nur vorübergehender Dauer so beeinträchtigt, dass dieses Recht nicht ausgeübt werden kann, vgl. BGH, Urteil vom 07.03.1996, Az. 4 StR 35/96.
410
Auch davon kann im vorliegenden Fall ausgegangen werden, da die Trennung tatsächlich jedenfalls knapp drei Monate, nämlich vom 21.06.2019 bis jedenfalls 11.09.2019 erfolgte und überdies der Angeklagte … jedenfalls billigend für sich in Kauf nahm, dass die Geschädigte dauerhaft und für immer von ihrem Kind getrennt wird, wenn sie zurück nach … kommt und von dort keine reellen Chancen auf eine Rückkehr nach Deutschland zu ihrem Kind mehr hat, so dass sie dieses möglicherweise nie wieder nach seiner Vorstellung gesehen hätte.
411
Der erfüllte Tatbestand der Nötigung steht dabei in Tateinheit gem. § 52 StGB zum Tatbestand der Entziehung Minderjähriger.
412
Die Einschleusung von Ausländern tritt tatmehrheitlich gem. § 53 StGB hinzu.
2. Strafbarkeit des Angeklagten …
a) Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten
413
Die Kammer hat einheitlich Jugendstrafrecht beim Angeklagten … angewendet.
414
Hierbei war zu sehen, dass der Angeklagte bei den Taten, welche am 14.05.2018 begannen und im Juni 2019 endeten, teilweise Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG und teilweise bereits über 21 Jahre alt war. Als Heranwachsender bzw. Erwachsener war der Angeklagte als grundsätzlich strafrechtlich verantwortlich anzusehen.
415
Hier war zunächst in den Blick zu nehmen, dass beim Angeklagten … auf der Grundlage der Ausführungen des einvernommenen Mitarbeiters des Kreisjugendamtes des Landratsamtes Neustadt/WN, Herrn …, Reifeverzögerungen im Sinne des § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG jedenfalls nicht sicher ausgeschlossen werden konnten. Der Angeklagte … hat sich selbst weder zur Person noch zur Sache eingelassen, so dass die Möglichkeiten zur Aufklärung der geistigen und sittlichen Entwicklung des Angeklagten durch die Kammer nur eingeschränkt gegeben waren. Die Zweifel bzgl. des Vorliegens von Reifeverzögerungen konnten daher letztlich nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten trotz erfolgter Ermittlungen nicht beseitigt werden, so dass zugunsten des Angeklagten … insoweit das Jugendrecht angewendet wurde, vgl. auch BGH, Urteil vom 06.03.2003, Az. 4 StR 493/02.
416
Der Mitarbeiter des Kreisjugendamtes, der Zeuge … führte daher nach erfolgter Exploration des Angeklagten in der JVA Amberg am 04.06.2020 in der Hauptverhandlung aus, dass beim Angeklagten einerseits sowohl Umstände gesehen werden können, welche gegen das Vorliegen von Reifeverzögerungen sprechen, gleichwohl auch Umstände gesehen werden könne, welche für das Vorliegen von Reifeverzögerungen bei ihm sprechen.
417
Gegen das Vorliegen von Reifeverzögerungen spreche aus seiner Sicht, dass es dem Angeklagten relativ gut gelungen sei, innerhalb kurzer Zeit die deutsche Sprache zu lernen und ihm und seiner Frau auch eine eigene Wohnung vom Jobcenter zugewiesen worden. Auch in beruflicher Hinsicht gehe er jedenfalls insoweit eigene Wege, als dass er sich um die Erlangung eines Fachkundenachweises im Sicherheitsgewerbe bemüht und diesen auch erlangt habe und somit auch selbständig versuche, im Beruf Fuß zu fassen, wenngleich im dies nach der abgebrochenen Pflegeausbildung noch nicht hinreichend gelungen sei.
418
Für das Vorliegen von Reifeverzögerungen spreche, dass er aufgrund seiner Flucht aus … im Alter von 17 Jahren sicherlich länger als ein hier aufgewachsener junger Mann brauche, um sich in die Gesellschaft einzufinden und beruflich und sozial Fuß zu fassen. Herrn … wurde seitens des Gerichts vorgehalten, dass auf der Grundlage der Angaben der Zeuginnen … und … davon auszugehen sei, dass die dem Angeklagten und seiner Frau … zugewiesene Wohnung in der …straße 12 in … von ihm und seiner Frau tatsächlich bislang nicht gemeinsam benutzt worden sei und sie sich vielmehr im Haushalt seiner Eltern in einem eigenen Zimmer mit aufgehalten und vom dortigen Haushalt mit gelebt hätten. Darauf führte Herr … aus, dass dies ein wesentlicher Faktor aus seiner Sicht dafür sei, dass von Reifeverzögerungen ausgegangen werden könne. Im Ergebnis könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte bereits ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben mit seiner Frau geführt habe. Auch sei zu sehen, obwohl der Angeklagte nunmehr … Jahre alt sei, er bislang sich noch nie selbst versorgt und für seinen Unterhalt gesorgt habe, sondern vielmehr von der Hilfe und Unterstützung des Staates und seiner Eltern gelebt habe.
419
Insgesamt müsse daher aus seiner Sicht im Zweifel von Reifeverzögerungen ausgegangen werden.
420
Diese Ausführungen macht sich die Kammer nach eigener kritischer Prüfung zu eigen. Ergänzend hierzu ist zu sehen, dass der Angeklagte bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Auch ist zu würdigen, dass aus Sicht der Kammer aufgrund seines Auftretens in der Hauptverhandlung und der Angaben der Geschädigten … davon auszugehen ist, dass der Vater des Angeklagten …, der Angeklagte …, der eigentliche Wortführer und quasi eine Art Patriarch in der Familie … ist, dessen Worte und Vorgaben für alle Familienangehörigen, auch für den Angeklagten …, eine starke Lenkungswirkung haben. Es ist deshalb auch vor diesem Hintergrund aus Sicht der Kammer fraglich, ob der Angeklagte … von seiner geistigen und sittlichen Reife bereits als eigenständiger und vom Elternhaus unabhängiger und selbständiger Mann angesehen werden kann oder insoweit noch Defizite vorhanden sind.
421
Letztlich kann aus Sicht der Kammer nicht eindeutig geklärt werden, ob beim Angeklagten … von Reifeverzögerungen ausgegangen werden kann, worauf jedenfalls einige gewichtige Umstände hindeuten. Die Kammer ist daher zugunsten des Angeklagten nach einer Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit unter Berücksichtigung seiner Umweltbedingungen davon ausgegangen, dass er zum Zeitpunkt der Taten nach seiner geistigen und sittlichen Reife noch einem Jugendlichen gleichstand.
422
Aufgrund des Schwerpunkts bei den abzuurteilenden Taten nach Jugendrecht war daher einheitlich gem. § 32 JGG Jugendrecht, also auch für die Taten, welche der Angeklagte im Alter vonO Jahren beging, nach Auffassung der Kammer anzuwenden. Die Kammer hat nicht verkannt, dass im Zweifel bzgl. des Vorliegens des Schwerpunkts im Erwachsenen- oder im Heranwachsendenalter von Erwachsenenstrafrecht auszugehen ist, vgl. auch BGH, Beschluss vom 15.03.2005, Az. 4 StR 67/05.
423
Die Kammer sieht vorliegend indes den Schwerpunkt bei den Taten, welche nach Jugendrecht abzuurteilen sind, so dass nach § 32 JGG einheitlich Jugendstrafrecht zur Anwendung kam.
424
Dabei war eine Gesamtbetrachtung aller wesentlichen Gesichtspunkte vorzunehmen, wie sich die einzelnen Taten als besonderes Ereignis in den Lebenslauf, in die Entwicklungsphase des Angeklagten und in die stete Wechselwirkung persönlicher und sozialer Faktoren einfügt, vgl. BGH, Urteil vom 13.02.2003, Az. 3 StR 430/02. Den Tatwurzeln und der Persönlichkeitsentwicklung nachgehend kann oftmals eher der Weg zur Straftat als deren Fortsetzung das Schwergewicht anzeigen, vgl. BGH, Urteil vom 08.01.1986, Az. 3 StR 457/85.
425
Hier war vorliegend zu sehen, dass der Angeklagte bereits am Folgetag nach der Ankunft von … in Deutschland am 15.05.2018 ihr gegenüber, wie oben dargestellt, gewalttätig wurde und sie mit einem Gürtel bzw. mit einer Gürtelschnalle schlug. Bereits Mitte bzw. Ende Juni 2018 hat der Angeklagte damit begonnen, sexuelle Handlungen gegen den Willen seiner Frau an ihr zu vollziehen, welche er auch im November 2018 im Rahmen der analen Vergewaltigung noch weiterhin an ihr vollzogen hat. Damit liegen drei der sechs verurteilten Taten im Zeitraum, als der Angeklagte noch Heranwachsender war. Die Kammer sieht die Wurzeln aller Taten, nämlich den Schritt zu gehen, und gegenüber seiner Frau gewalttätig und sexuell übergriffig zu werden, damit im Heranwachsendenalter. Die grundsätzliche Motivation wurde in diesem Lebensabschnitt gelegt und dann später im Erwachsenenalter, als er bereits … Jahre alt war, im Rahmen von ähnlichen Taten auf der Grundlage des bereits gemachten Schrittes bzw. eingeschlagenen Weges lediglich fortgesetzt, so dass die Kammer den Schwerpunkt bei den Taten sieht, welche nach Jugendrecht abzuurteilen sind.
b) Erfüllte Straftatbestände
aa) Körperverletzungshandlungen zum Nachteil von … am 15.05.2018 mit einem Gürtel/Gürtelschnalle in der Wohnung in …
426
Der Angeklagte … hat sich, indem er, wie oben ausgeführt, am 15.05.2018 seine Frau … in ihrem gemeinsamen Zimmer in der Wohnung in … mit einem Gürtel bzw. mit der metallenen Gürtelschnalle mehrfach im Bereich des Oberkörpers und Kopfes schlug, der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB strafbar gemacht.
427
Ein gefährliches Werkzeug liegt vor, wenn ein beweglicher Gegenstand nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen zuzufügen, vgl. BGH, Beschluss vom 05.09.2006, Az. 4 StR 313/06. Davon ist beim vorliegend verwendeten Ledergürtel und der metallenen Gürtelschnalle aus Sicht des Gerichts auszugehen.
428
Der Angeklagte hat zunächst nach den glaubhaften Schilderungen der Geschädigten den verwendeten Ledergürtel wie eine Peitsche verwendet und damit mehrfach auf den Oberkörper und in Richtung ihres Kopfes eingeschlagen. Sodann ging er dazu über, den Gürtel umzudrehen und mit der metallenen Gürtelschnalle erneut Richtung Kopf und den Oberkörper der Geschädigten, wodurch diese nach ihren glaubhaften Schilderungen auch eine Beule („Delle“) am Kopf erlitten hat, einzuschlagen. Dies kann aufgrund der konkreten Art der Verwendung zur Überzeugung der Kammer zu erheblichen Körperverletzungen führen, da insbesondere auch der Kopf mit einem metallenen und mit Schwung geführten Gegenstand angegriffen wurde.
bb) Orale Vergewaltigung zum Nachteil von … Mitte/Ende Juni 2018 in der Wohnung in …
429
Indem der Angeklagte bei dieser Tat seinen Penis gegen den erkennbaren und geäußerten Willen der Geschädigten in deren Mund einführte und dabei auf ihr saß, sie so am Bett fixierte und festhielt, so dass sie keine Chance hatte sich den Handlungen zu entziehen, hat er sich der Vergewaltigung nach §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 1 und S. 2 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.
430
Der Angeklagte hat dabei den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB erfüllt, da er bei der gegen den erkennbaren Willen seiner Frau vorgenommenen sexuellen Handlungen ihr, dem Opfer, auch Gewalt angewendet hat.
431
Die Gewalt wurde auch final zur Durchführung der sexuellen Handlungen durch den Angeklagten angewendet, vgl. BGH, Beschluss vom 05.06.2018, Az. 2 StR 495/17.
432
Das Legen auf das Opfer und Fixieren des Opfers am Bett stellt eine finale Gewaltanwendung dar, vgl. BGH, Urteil vom 02.10.2002, Az. 2 StR 153/02.
433
Zwar war vorliegend zu sehen, dass der Angeklagte für die Geschädigte, wie von ihr beschrieben, gleich zu Beginn der Handlungen seinen Penis in ihren Mund einführte. Reine überraschende sexuelle Handlungen stellen nach der Rechtsprechung keine finale Gewaltanwendung dar (vgl. BGH, Urteil vom 02.06.1982, Az. 2 StR 669/81). Insoweit war jedoch zu sehen, dass er sich bereits vorher auf sie setzte, sie am Bett fixierte und ihre Hände am Bett festdrückte, worin vorliegend die Gewaltanwendung auch zu sehen, ist. Der Angeklagte schlug die Geschädigte auch, als er von ihr den Geschlechtsverkehr einforderte, was eine weitere finale Gewaltanwendung aus Sicht der Kammer darstellt. Auch die weiteren sexuellen Handlungen wurden durch weitere bzw. fortdauernde Gewaltanwendung (Haarepacken) an der Geschädigten durch den Angeklagten vollzogen, so dass im Ergebnis der Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB verwirklich wurde.
434
Der Angeklagte ist mit seinem Penis auch sehr tief in den Mund bzw. Rachen seiner Frau eingedrungen, wodurch diese auch zu würgen und zu husten begann, so dass er auch eine Vergewaltigung im Sinne der Legaldefinition des § 177 Abs. 6 S. 1 und S. 2 Nr. 1 StGB begangen hat, worauf im Rahmen der Strafzumessung noch näher eingegangen wird.
cc) Anale Vergewaltigung zum Nachteil von … im November 2018 in der Wohnung in …
435
Der Angeklagte hat sich, indem er seine Frau im Bett festhielt, sie sodann auf den Bauch drehte und sich auf sie legte, so dass sie sich nicht mehr bewegen bzw. wehren konnte, und dann mit seinem erigierten Penis in ihren After eindrang, wodurch die Geschädigte eine blutende Verletzung am After erlitt, einer weiteren Vergewaltigung gem. § §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 1 und S. 2 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.
436
Auch insoweit wurde der Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB erfüllt, da der Angeklagte finale Gewalt anwendete, um den von seiner Frau strikt abgelehnten Analverkehr, welchen sie als unrein und in ihrer Religion als verboten ansah, gegen deren erkennbaren und klar geäußerten Willen an ihr zu vollziehen, indem er sie von hinten packte, sie festhielt und mit Kraft auf den Bauch drehte, was für die Geschädigte angesichts ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft sehr schmerzhaft und unangenehm bereits war, sich sodann mit seinem ganzen Körpergewicht auf sie legte, so dass sie sich nicht mehr wehren oder entziehen konnte, und schließlich mit erheblicher Kraft gewaltsam in den After seiner Frau eingedrungen ist.
437
Zudem wurde auch insoweit die Legaldefinition des § 177 Abs. 6 S. 1 und S. 2 Nr. 1 StGB einer Vergewaltigung erfüllt, worauf im Rahmen der Strafzumessung noch näher eingegangen wird.
dd) Zwei orale Vergewaltigungen zum Nachteil von … in der Zeit vom 01.04.2019 bis 21.06.2019 in der Wohnung in …
438
Indem er Angeklagte … in der Wohnung in … an einem Nachmittag in der Zeit von 01.04.2019 bis 21.06.2019 mehrfach und heftig auch gegen den Kopf seiner Ehefrau schlug, nachdem diese sich weigerte, mit ihm den Oralverkehr durchzuführen und diesen auch auf seinem Mobiltelefon aufzunehmen, bis die Geschädigte schließlich keine Kraft hatte sich zu wehren und Angst vor weiteren heftigen Schlägen hatte, was der Angeklagte erkannte, und ihr schließlich in dieser Verfassung dann befahl sich vor ihm hinzuknien, mitzumachen und sich nicht zu wehren, damit „das Video gut rauskommt“ und dann schließlich seinen Penis gegen ihren zuvor klar geäußerten entgegenstehenden Willen einführte, diesen mehrfach in ihren Mund hin und her bewegte, bis er schließlich nach erfolgter Masturbation auf ihr Gesicht ejakulierte, hat er sich einer weiteren Vergewaltigung gem. §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 1 und S. 2 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.
439
Auch insoweit wurde der Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB erfüllt, da der Angeklagte finale Gewalt anwendete, um seine Frau zu dem gefilmten Oralverkehr zu bringen bzw. diesen dadurch zu erzwingen.
440
Ferner wurde auch hier die Legaldefinition des § 177 Abs. 6 S. 1 und S. 2 Nr. 1 StGB der Vergewaltigung erfüllt, worauf im Rahmen der Strafzumessung noch näher eingegangen wird.
441
Auch bzgl. des weiteren erzwungenen Oralverkehrs in diesem Zeitraum in der Wohnung in …, als er ihr erneut abschließend in ihr Gesicht ejakulierte, was, wie von ihr auch ihm gegenüber zum Ausdruck gebracht, für sie sehr erniedrigend und ekelhaft empfunden wurde, nachdem er zuvor auch seinen Penis gegen ihren erkennbaren und geäußerten Willen in ihren Mund einführte und diesen hin und her bewegte und sie dabei am Kopf festhielt, hat der Angeklagte sich einer weiteren Vergewaltigung gem. §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2, Abs. 6 S. 1 und S. 2 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.
442
Der Angeklagte hat die Geschädigte, wie von ihr ausgeführt, sie zwar nicht zuvor oder dabei geschlagen. Er hat ihr aber zuvor konkret damit gedroht, sie wieder in ähnlicher heftiger Weise wie bei der Gelegenheit zuvor zu schlagen, so dass sie schließlich aus Angst deshalb einwilligte und die erzwungenen Handlungen an ihm vornahm.
443
Der Angeklagte hat dadurch den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB erfüllt, da er ihr dabei mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gedroht hat.
444
Die Drohung, den zuvor erstellen Videofilm zu veröffentlichen, stellt zwar ein empfindliches Übel dar, unterfällt jedoch nicht den Qualifikationstatbestand, da dies keine Drohung mit einer Gefahr für Leib oder Leben darstellt.
445
Die Androhung der Ausführung einer mit Schmerzen oder Verletzungen verbundenen sexuellen Handlung ist hierfür ausreichend. Ebenso ausreichend ist, dass das Tatopfer an die Ernsthaftigkeit der Drohung glauben soll und dass die Drohung nach dem Vorsatz des Täters Zwangswirkung entfalten soll, vgl. BGH, Beschluss vom 13.01.1983, Az. 1 StR 737/81; BGH, Beschluss vom 01.09.2004, Az. 2 StR 313/04.
446
Die Drohung mit den heftigen Schlägen „wie beim letzten Mal“ war auch final zur Erzwingung des von der Geschädigten abgelehnten Oralverkehrs.
447
Da der Angeklagte auch hier in den Mund der Geschädigten eingedrungen ist, liegt auch hier nach der Legaldefinition des § 177 Abs. 6 S. 2 Nr. 1 StGB eine Vergewaltigung vor, worauf - wie ausgeführt - bei der Strafzumessung noch näher eingegangen wird.
ee) Körperverletzungshandlungen zum Nachteil von … im Juni 2019 mit einem Kleiderbügel in der Wohnung in …
448
Indem der Angeklagte mit einem Holzkleiderbügel mit einem metallenen Aufhänger mehrfach, auch in Richtung des Kopfes der Geschädigten einschlug, auch nachdem der Kleiderbügel durch die Wucht der vorherigen Schläge zerbrach, hat er sich einer weiteren gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB strafbar gemacht.
449
Der verwendete Kleiderbügel war in der konkreten Art der Verwendung zur Überzeugung der Kammer geeignet, erhebliche Körperverletzungen hervorzurufen. Dies ergibt sich zunächst dadurch, dass mit einer derartigen Schlagkraft durch den Angeklagten zugeschlagen wurde, dass der Holzkleiderbügel dadurch sogar zerbrach und er gleichwohl weiterhin auch in Richtung des Kopfes weiterhin auf sie einschlug. Zum anderen ist dadurch auch tatsächlich eine erhebliche Körperverletzung eingetreten, da die Geschädigte durch die scharfkantige Abbruchstelle des Kleiderbügels jedenfalls zwei blutende Wunden erlitt, welche zur Narbenbildung bei ihr führten.
450
Die oben aufgeführten Taten stehen zueinander in Tatmehrheit gem. § 53 StGB.
3. Schuldfähigkeit der Angeklagten
451
Anhand der getroffenen Feststellungen haben sich für die Kammer keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zum Zeitpunkt der Taten eingeschränkt oder gar aufgehoben gem. §§ 20, 21 StGB gewesen sein könnte.
452
Zudem hat keiner der Angeklagten eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit geltend gemacht, so dass im Ergebnis seitens der Kammer mangels anderslautender Anhaltspunkte von der vollen Schuldfähigkeit beider Angeklagten ausgegangen wurde.
453
(1) Der Strafrahmen des § 96 Abs. 1 sieht Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren und für minder schwere Fälle eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren und Geldstrafe vor.
454
Die Kammer hat das Vorliegen eines minder schweren Falles bejaht.
455
Für die Anwendung eines minder schweren Falles kommt es grundsätzlich darauf an, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Elemente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens als geboten erscheinen lässt. Bei der dann vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung der Tat und der Täterpersönlichkeit in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder ihr nachfolgen.
456
Die Kammer hat bei der Würdigung der Frage, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, nicht verkannt, dass für die Annahme eines minder schweren Falles nicht das Vorliegen ganz außergewöhnlicher Milderungsgründe erforderlich ist, vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2015, Az. 2 StR 343/14.
457
Die Kammer hat dabei insbesondere zugunsten des Angeklagten … gewürdigt, dass die Tat vornehmlich zugunsten naher Angehöriger begangen wurde. Zudem war zu sehen, dass der Angeklagte in Deutschland bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und zudem bis zuletzt auch sozial eingeordnet lebte. Schließlich war auch die besondere Haftempfindlichkeit als nicht deutschsprechender Angeklagter zu sehen, wenngleich - was die Kammer nicht verkannte - er mit seinen ebenfalls in Deutschland lebenden Angehörigen während der Haft Kontakt aufnehmen und halten konnte.
458
Zum anderen war insbesondere zulasten des Angeklagten … zu sehen, dass er die Schleusung von jedenfalls 4 Personen (… und das namentlich nicht bekannt gewordene … Ehepaar) organisierte und auf diverse Arten hierzu auch Hilfe leistete, indem er für diese zunächst ein Hotel in … reservierte, in … für sie eine Wohnung bis zur Organisation der weiteren Reise und der Schleuser nach Deutschland anmietete und nachdem eine Ausreise auf dem Luftweg nach Deutschland schließlich nicht möglich war, er sie letztlich zu Fuß über die sog. Balkanroute selbst mit begleitete und auch hierbei die erforderlichen Schleuser für die Grenzübertritte organisierte und bezahlte. Schließlich hat er die vier Personen mit seinem eigenen Fahrzeug mit einen von ihm organisierten Fahrer von … mit Unterbrechungen bis nacht … in seiner Begleitung verbringen lassen, von wo aus er schließlich den vier Personen für das letzte Teilstück bis nach … eine Zugfahrkarte kaufte und so auch ihre illegale Einreise nach Deutschland ermöglichte.
459
Vor diesem Hintergrund war die Annahme eines minder schweren Falles insoweit aus Sicht der Kammer angemessen, da erhebliche schuldmildernde Umstände gesehen werden konnten, welche ein Abweichen vom Regelstrafrahmen zuließen.
460
Weitere Strafrahmenverschiebungen und/oder vertypte Strafmilderungsgründe kamen vorliegen nicht mehr in Betracht.
461
(2) Bzgl. der Tat vom 21.06.2019 bis 11.09.2019 war die Strafe aus dem Strafrahmen des § 235 Abs. 1 StGB zu entnehmen (§ 52 Abs. 2 S. 1 StGB), welcher Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Einen minder schweren Fall für Fälle des Abs. 1 sieht das Gesetz, anders als für Fälle des Abs. 4 und Abs. 5 (§ 235 Abs. 6), nicht vor.
462
Auch insoweit kamen weitere Strafrahmenverschiebungen und/oder vertypte Schuldmilderungsgründe nicht weiter in Betracht.
b) Strafzumessung im engeren Sinne
463
(1) Bei der Festsetzung der Einzelstrafe für die unter Ziffer II., 2., a) geschilderten Tat hat sich die Kammer bestimmend von den bereits zuvor bei der Strafrahmenbestimmung aufgeführten Gründen zugunsten und zu Lasten des Angeklagten … leiten lassen.
464
Die Kammer erachtete hier daher eine Einzelfreiheitsstrafe von 6 Monaten für tat- und schuldangemessen.
465
(2) Bei der Festsetzung der Einzelstrafe für die unter Ziffer II., 2., g) geschilderten Tat war insbesondere zugunsten des Angeklagten zu sehen, dass, wie bereits ausgeführt, der Angeklagte in Deutschland strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist und er zudem bis zuletzt auch sozial eingeordnet lebte. Schließlich war auch die besondere Haftempfindlichkeit als nicht deutschsprechender Angeklagter zu sehen.
466
Andererseits war hier insbesondere zulasten des Angeklagten zu würdigen der Schweregrad bzw. die Intensität der auf die Geschädigte ausgesprochenen Drohungen bzw. des ausgeübten Drucks. Die Geschädigte wurde über mehrere Monate mit nur kurzen Unterbrechungen - quasi permanent - damit unter Druck gesetzt, dass sie mit dem Angeklagten … ohne ihr Kind Deutschland verlassen müsse.
467
Die Geschädigte fürchte dabei auch in nachvollziehbarer Weise und zurecht, den dauerhaften Verlust bzw. die dauerhafte Trennung von ihrem Kind, was vom Angeklagten … so auch angestrebt war. Letztlich drohte der Angeklagte der Geschädigten auch mit dem aus ihrer Sicht am Schlimmsten anzunehmenden Übel, nämlich dass sie andernfalls ihren … nie mehr wieder sehen würde, wenn sie nicht mit ihm, dem Angeklagten, Deutschland verlassen würde, was der Angeklagte noch martialisch dadurch unterstrich, dass er diese gravierende Drohung mit einem Schwur auf den Kopf seines eigenen neugeborenen Sohnes untermauerte und damit maximalen Druck auf die Geschädigte ausübte.
468
Ferner war zu sehen, dass das Kind … erst ca. … Monate alt war, als es durch den Angeklagten … von seiner Mutter für ca. drei Monate getrennt wurde und damit in einer Zeit, in der das Kind besonders auf seine Mutter angewiesen war, wenngleich die Kammer hier nicht verkannte, dass die sog. Prägephase in diesem Alter noch nicht begonnen hatte. Erschwerend kam hinzu, dass der Angeklagte subjektiv sogar eine dauerhafte Trennung des Kindes von seiner Mutter billigend in Kauf nahm, so dass das Verhaltensunrecht vorliegend das Erfolgsunrecht der Tat deutlich überlagerte.
469
Schließlich war auch zu sehen, dass der Angeklagte die Geschädigte auf der Reise zurück in die … bzw. nach … selbst erheblichen Gefahren aussetzte und es letztlich nur einer glücklichen Fügung zu verdanken war, dass sie sich im Flüchtlingscamp einer Frau offenbaren konnte, welche dann die für die Rückkehr nach Deutschland geeigneten Schritte ergreifen konnte. Andernfalls wäre sie in das Bürgerkriegsland … von der … mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wieder zurückgeschoben worden, was vom Angeklagten … so ja auch vorgesehen war. Damit wäre ihr eine Rückkehr nach Deutschland zu ihrem Kind jedenfalls auf absehbare Zeit verhindert gewesen und sie wäre weiter den Gefahren des Bürgerkrieges ausgesetzt gewesen, was der Angeklagte so jedenfalls auch billigend in Kauf nahm.
470
Insgesamt konnte hier daher eine Strafe im unteren Bereich des Strafrahmens zur Überzeugung der Kammer nicht mehr gefunden werden, so dass unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten … sprechenden Gesichtspunkte hier eine Einzelfreiheitsstrafe von 2 Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet wurde.
471
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von 2 Jahren (Einsatzstrafe gem. § 54 Abs. 1 S. 2 StGB) und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Summe der Einzelstrafen nicht erreicht werden darf (§ 54 Abs. 2 StGB) nach nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten … sprechenden Gesichtspunkte eine Gesamtfreiheitsstrafe von
gebildet und diese dabei für tat- und schuldangemessen erachtet.
472
Gegen den Angeklagten … war eine Einheitsjugendstrafe zur Überzeugung der Kammer von 6 Jahren auszusprechen.
473
Gemäß § 17 Abs. 2, 105 JGG ist Jugendstrafe zu verhängen, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen bzw. Heranwachsenden, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld eine Jugendstrafe erforderlich ist. Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Wirkung möglich ist, §§ 18 Abs. 2, 105 JGG.
474
Die Kammer ist davon überzeugt, dass gegen den Angeklagten … Jugendstrafe sowohl wegen schädlicher Neigungen (§ 17 Abs. 2 Alt. 1 JGG) als auch wegen der Schwere der Schuld (§ 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG) zu verhängen war.
475
Schädliche Neigungen sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen (BGH, Beschluss vom 17.07.2012 - 3 StR 238/12). Voraussetzung sind erhebliche Persönlichkeitsmängel, die schon vor der Tat, wenn auch unter Umständen verborgen, angelegt waren, noch zum Urteilszeitpunkt bestehen und weitere Straftaten des Angeklagten befürchten lassen (BGH a.a.O.). So liegt es hier.
476
Die Kammer hat sich vornehmlich aufgrund des von der Geschädigten geschilderten Verhaltens des Angeklagten sowie aufgrund des vom Angeklagten … in der Hauptverhandlung gezeigten Verhaltens davon überzeugt, dass zwar keine psychische Störung bei ihm festgestellt werden kann, bei diesem aber deutliche Merkmale in der Persönlichkeit vorhanden sind, die, wenn nicht entsprechend konsequent und nachhaltig erzieherisch entgegengewirkt wird, die Entwicklung zu einer dissozialen Persönlichkeit befürchten lässt.
477
Hier war in den Blick zu nehmen, dass es dem Angeklagten noch in … zwar gelang, erste schulische Erfolge zu erzielen, er jedoch im Alter von ca. … Jahren aus seinem sozialen und schulischen Umfeld in … nach der Flucht nach Deutschland im Jahr 2015 gerissen wurde. Hier in Deutschland ist es ihm zwar, was die Kammer auch nicht verkannte, gelungen die deutsche Sprache relativ gut zu erlernen und auch einen kleinen ersten beruflichen Erfolg, dem Bestehen der Sachkundenachweisprüfung im Sicherheitsgewerbe, zu erzielen.
478
Allerdings kann hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass es dem Angeklagten trotz seines Alters von nunmehr … Jahren nicht gelungen ist, sich vom Elternhaus zu lösen und für sich selbst in finanzieller sowie sozialer Sicht zu sorgen und eigene Entscheidungen zu treffen, was aus Sicht der Kammer beim Angeklagten, welcher an das Ansehen seiner Persönlichkeit bei anderen Personen sehr hohe Anforderungen stellt, die er selbst bislang nicht hinreichend erreichen konnte, zu einer erheblichen Frustration führt. Diese Frustration führt, wie auch von der Zeugin … plausibel und nachvollziehbar dargestellt, zur Überzeugung der Kammer zu den beschriebenen „Wutentladungen“, im Rahmen derer er vornehmlich an der Geschädigten seine eigene Frustration über sich, sein Leben und das bisher durch ihn nicht wie erwartet Erreichte ausließ.
479
Dieses Dominieren über eine andere Person, der er körperlich in der konkreten Situation fühlbar überlegen war, erzeugte aus Sicht der Kammer bei ihm ein bestärkendes Selbstwertgefühl, welches er aufgrund seiner als erhöht angesehenen Persönlichkeit zu gegebener Zeit mangels anderer Situationen, in welchem sein Selbstwertgefühl bestärkt wurde, benötigte.
480
Dieses Bedürfnis des Angeklagten, andere Personen zu dominieren und damit diese auch zu erniedrigen, hat sich zur Überzeugung der Kammer auch dadurch gezeigt, dass er von der Geschädigten den Oral- und den Analverkehr erzwang. Beide Formen des Geschlechtsverkehrs lassen ihn in einer dominierenden Rolle erscheinen, wobei seine Frau, welche im Übrigen auch erklärtermaßen diese Arten des Geschlechtsverkehrs ablehnte, da sie diese ekelhaft und als in ihrer Religion als unrein und verboten ansah, ihm dabei in einer unterwürfigen Situation gegenüber treten muss. Auch darin wird zur Überzeugung der Kammer das dringende Bedürfnis des Angeklagten, sich selbst angesichts seines erhöhten Selbstwertgefühls in eine dominierende Position zu bringen, deutlich.
481
Dieses Bedürfnis ist dabei aus Sicht der Kammer umso größer, desto weniger andere Erfolge, durch welche er sich und seine Persönlichkeit präsentieren konnte, ihm gelungen sind.
482
Überdies belegt auch das Spritzen seines Ejakulats in das Gesicht und den Mund seiner Frau gegen deren erkennbaren und erklärten Willen, dass es ihn dabei auf die Durchsetzung seiner Dominanz und die Erniedrigung seiner Frau neben der Befriedigung seines Sexualtriebs ankam. Das Empfinden und die Gefühle seiner Frau waren ihm dabei bei jeder einzelnen Tat egal. Die Geschädigte führte glaubhaft aus, dass sie zu keinem Zeitpunkt eine Entschuldigung oder sonst ein bedauerndes Verhalten des Angeklagten ihr gegenüber miterleben durfte. Vielmehr erklärte der Angeklagte nach einem erzwungenen Oralverkehr der Geschädigten gegenüber auch einmal, dass er zuvor bei seiner Freundin gewesen sei, mit dieser Analverkehr gehabt habe und sich seitdem nicht mehr gewaschen habe. Diese exemplarische Äußerung, welche die Kammer für glaubhaft und plausibel hält, ist einzig und allein auf die Erniedrigung seiner Ehefrau ausgerichtet, was sein Persönlichkeitsbild erneut eindrucksvoll aus Sicht der Kammer umschreibt.
483
Dieser Mangel an Empathiefähigkeit und die deutliche egozentrische Ausrichtung des Angeklagten für sich und seine Bedürfnisse sowie das festzustellende hohe Aggressionspotential, welche auch zur Überzeugung der Kammer sich bereits bei der Begehung der Tat gezeigt und ausgewirkt haben, lassen auf eine zunehmend einsetzende dissoziale Entwicklung des Angeklagten … und seiner Persönlichkeit schließen. Diese beginnende Persönlichkeitsfehlentwicklung sowohl zum Tatzeitpunkt als auch noch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung lassen damit auf deutliche Persönlichkeitsmängel schließen, die einen langjährigen Erziehungsbedarf unter Jugendhaftbedingungen beim Angeklagten begründen.
484
Auch in der Hauptverhandlung zeigte sich der Angeklagte aus Sicht der Kammer gelangweilt, teilnahmslos und emotional in keinster Weise berührt, als die Geschädigte über die Taten, ihre Situation in der Familie und ihre Gefühle auch zu ihrem Kind, teilweise unter Tränen, berichtete.
485
Insgesamt war daher vor dem Hintergrund der persönlichen Entwicklung des Angeklagten und seiner festgestellten Persönlichkeitsfehlentwicklung zur Überzeugung der Kammer davon auszugehen, dass eine langjährige Einwirkung unter den Bedingungen des Jugendstrafvollzugs mit einer nachhaltigen sozialtherapeutischen Behandlung verbunden mit einem Antiaggressionstraining zwingend erforderlich ist.
486
Bei der Beurteilung der Schuldschwere kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung nach allgemeinem Strafrecht keine selbständige Bedeutung zu, sondern es ist in erster Linie auf die innere Tatseite abzustellen (BGH, Urteil vom 19.02.2014 - 2 StR 413/13).
487
Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist aber jedenfalls insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (BGH a.a.O.). So liegt es hier.
488
In der Tat des Angeklagten … zeigen sich, wie dargestellt, dessen egozentrische Ausrichtung, seine mangelnde Empathiefähigkeit sowie das bei ihm gegebene hohe Aggressionspotential.
489
Der Angeklagte …, hat seine Ehefrau, welche aus nachvollziehbaren Gründen die ihr weggenommene Morgengabe zurückverlangte bzw. versuchte aus der Familie wegen der Gewalttaten zu fliehen, massiv körperlich misshandelt, was seine Ehefrau neben den physischen Verletzungen auch erheblich psychisch belastet hat. Ferner hat der Angeklagte seine Frau jedenfalls in den oben dargestellten vier Fällen oral und anal vergewaltigt, wobei es dem Angeklagten, wie ausgeführt, neben der Befriedigung seines Sexualtriebes auch auf die Erniedrigung seiner Ehefrau besonders ankam. Dies kommt vor allem dadurch zum Ausdruck, dass seine Ehefrau diese Arten des Geschlechtsverkehrs erklärtermaßen ablehnte, da sie diese ekelhaft und als in ihrer Religion als unrein und verboten ansah. Der Angeklagte genoss dabei zur Überzeugung der Kammer auch seine dominierende Rolle sowie die Position seiner Frau, welche ihm dabei in einer unterwürfigen Situation ihm gegenübertreten musste. Jedenfalls bei diesen Fällen des erzwungenen Oralverkehrs spritzte er ihr auch, obwohl er wusste, dass sie dies sehr ekelhaft und unrein empfand, sein Ejakulat ins Gesicht und in den Mund, um sie auch dadurch nochmals besonders herabzuwürdigen, worauf es ihm mit ankam. Bei dem erzwungenen Analverkehr erlitt die Geschädigte jedenfalls auch eine blutende Verletzung am After, wobei die Kammer - wie ausgeführt - zugunsten des Angeklagten davon ausging, dass die festgestellte Markise am After nicht von dieser Tat resultierte.
490
Vor diesem Hintergrund begründen das Persönlichkeitsbild und die in der Tat zum Ausdruck gekommene charakterliche Haltung des Angeklagten die Schwere seiner Schuld. Vorliegend haben sich nämlich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Angeklagten in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 22.01.2014 - 5 StR 555/13).
c) Dauer der Jugendstrafe
491
Gem. §§ 18 Abs. 2, 105 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn die Verhängung der Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld begründet wird (BGH, Urteil vom 19.02.2014 - 2 StR 413/13). Dabei ist ausgehend von einer Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH, Beschluss vom 05.06.2013 - 2 StR 189/13; BGH, Beschluss vom 21.08.2012 - 4 StR 157/12) eine Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände vorzunehmen (BGH, Urteil vom 19.02.2014 - 2 StR 413/13) und unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens sowie unter Abwägung des Gewichts des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten die Dauer der Jugendstrafe zu bemessen (vgl. BGH a.a.O.).
492
(1) Das Erwachsenenstrafrecht sieht für Fälle der gefährlichen Körperverletzung eine Regelstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren und in minder schweren Fällen eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren gem. § 224 Abs. 1 StGB vor.
493
Von einem minder schweren Fall konnte jedoch im Rahmen einer Parallelwertung im Erwachsenenstrafrecht im Rahmen der durchgeführten Gesamtabwägung weder bzgl. der Tat vom 15.05.2018 noch bzgl. der Tat im Juni 2019 ausgegangen werden, so dass die Strafe aus dem Regelstrafrecht zu schöpfen gewesen wäre.
494
Dabei war insbesondere zugunsten des Angeklagten … zu sehen, dass dieser bislang strafrechtlich nur einmal in Erscheinung getreten ist und sich bereits ca. 10 Monate in Untersuchungshaft nunmehr befindet, wobei die Kammer zudem die besondere Haftempfindlichkeit des Angeklagten nicht verkannte. Auch war zu sehen, dass die Verletzungen der Geschädigten, mit Ausnahme der Narbenbildungen am Unterarm, jedenfalls in physischer Hinsicht wieder vollständig abgeheilt sind und keine weiteren bleibenden physischen Schäden verblieben sind.
495
Andererseits war insbesondere zulasten des Angeklagten zu würdigen, dass dieser durch die beiden Taten der gefährlichen Körperverletzung seiner Ehefrau massive Schmerzen zufügte, welche über mehrere Tage andauerten. Auch war zu sehen, dass es bei der Tat vom Juni 2019 auch zu einer bleibenden Narbenbildung aufgrund der zugefügten Schläge mit dem abgebrochenen Kleiderbügel zur Überzeugung der Kammer gekommen ist. Ferner war in beiden verurteilten Fällen der gefährlichen Körperverletzung auch die konkrete Art der Tatbegehung, welche jeweils über die bloße Verwirklichung des Tatbestandes hinausgingen, straferschwerend zu sehen, wobei die Kammer nicht verkannte, dass die körperliche Misshandlung mittels eines gefährlichen Gegenstandes, was sich anhand der konkreten Art der Verwendung bestimmt, bereits vom Tatbestand umfasst ist und bei der Strafzumessung nicht erneut berücksichtigt werden konnte. Der Angeklagte hat dabei auch mit der Gürtelschnalle sowie mit dem (abgebrochenen) Holzkleiderbügel auf den Kopf seiner Frau und damit auf eine besonders exponierte Stelle geschlagen, was zu deutlich schwereren Verletzungen hätte führen könnten.
496
Insgesamt wäre daher aus Sicht der Kammer ein Abweichen vom Regelstrafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB nicht angezeigt gewesen.
497
Weitere Strafrahmenverschiebungen und/oder vertypte Schuldmilderungsgründe wären vorliegend nicht in Betracht gekommen.
498
(2) Für die vier verurteilten Fälle der Vergewaltigung wäre die Strafe aus dem gesetzlich normierten besonders schweren Fall des § 177 Abs. 6 S. 1, S. 2 Nr. 2 StGB im Rahmen einer Parallelwertung im Erwachsenenstrafrecht zu schöpfen gewesen, wobei Kammer davon aus ging, dass die Regelwirkung des § 177 Abs. 6 S. 2 StGB in den vier Fällen jeweils nicht entkräftet worden wäre, wozu die Kammer im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände kam.
499
Der Angeklagte ist bei den drei Fälle der oralen Vergewaltigung mit seinem erigierten Penis jeweils eine nicht unerhebliche Zeit in den Mund seiner Frau eingedrungen, wobei es ihm dabei, wie ausgeführt, neben der Befriedigung seines Sexualtriebs auch auf die Erniedrigung seiner Frau, welche diese Form des Geschlechtsverkehrs aus den bezeichneten Gründe ablehnte und dies für besonders ekelhaft empfand, ankam. Zudem war zu würdigen, dass der Angeklagte bei diesen Fällen sein Ejakulat seiner Frau auch ins Gesicht und in deren Mund spritzte, was für diese, was er auch wusste, als besonderes ekelhaft und abstoßend empfunden wurde. Bei dem ersten Fall der oralen Vergewaltigung im Juni 2018 führte der Angeklagte seinen Penis sogar so tief in den Mund bzw. den Rachen seiner Frau ein, dass diese dadurch sogar einen starken Brech- und Würgereiz erlitt. Bei einer der oralen Vergewaltigungen in der Zeit von April bis 21.06.2019 in der Wohnung in … war zu sehen, dass der Angeklagte diese sexuellen Handlungen sogar noch gegen den geäußerten Willen seiner Frau auf seinem Mobiltelefon filmte und ihr die Veröffentlichung auch androhte.
500
Bei der analen Vergewaltigung war zu sehen, dass diese jedenfalls zu einer blutenden Wunde bei seiner Frau führte und die Tat auch zu einem Zeitpunkt begangen wurde, in welchem seine Frau sich im ca. 6 Schwangerschaftsmonat befand und damit besonders schmerzempfindlich war. Die konkrete Tatausführung war daher für sie besonders schmerzhaft, da sie zwangsweise auch auf den Bauch gedreht wurde und der Angeklagte sich dabei auch mit seinem ganzen Körpergewicht auf sie legte, was für sie aufgrund der Schwangerschaft sehr unangenehm war, was sie ihm auch sagte. Die Kammer hat hier nicht verkannt, dass der Angeklagte bei dieser Vergewaltigung nur kurze Zeit und nicht mit „der vollen Länge seines Penis“ im After der Geschädigten war. Gleichwohl kam die Kammer im Rahmen der Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis, dass die vom Gesetzgeber generell vorgegebene Regelwirkung jeweils nicht entkräftet wurde, so dass im Erwachsenenstrafrecht von einem Strafrahmen von 2 Jahren bis zu 15 Jahren auszugehen gewesen wäre, da auch weitere Strafrahmenverschiebungen nicht mehr in Betracht kamen.
501
(3) Ausgehend vom im Jugendstrafrecht eröffneten Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Jugendstrafe (§§ 18 Abs. 1 S. 1 u. 2, 105 JGG) hält die Kammer eine solche von
als aus erzieherischen Gründen für erforderlich.
502
Die Strafe wurde dabei gem. § 18 Abs. 2 JGG auch so bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
503
Die Kammer hat bei der Strafbemessung die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des jungen Angeklagten bedacht. Entscheidend für die Dauer der Jugendstrafe war der erhebliche Erziehungsbedarf, wonach der Angeklagte in ein System von hoher Strukturierung und strikten Regeln überführt werden muss. Der Angeklagte bedarf einer nachhaltigen sozialtherapeutischen Behandlung, die auch mittelfristig nicht unter ambulanten oder Heimbedingungen erreicht werden kann. Prognostisch erschwerend sind insbesondere die kaum wahrnehmbare Reue des Angeklagten und seine emotionale Unberührtheit bzgl. seiner Taten.
504
Es wird bereits geraume Zeit in Anspruch nehmen, bis der Angeklagte die Taten hinlänglich aufgearbeitet hat und begreift, dass er an sich und seiner übersetzten Persönlichkeit arbeiten muss und Regeln einhalten muss. Erst anschließend kann mit der eigentlichen Aufarbeitung der Persönlichkeitsdefizite begonnen werden.
505
In diesem Zusammenhang war unter Abwägung der erwähnten Strafzumessungsgesichtspunkte die Dauer der Jugendstrafe anhand des bei dem Angeklagten bestehenden und in der Tat zum Ausdruck gekommenen erheblichen Erziehungs- und Persönlichkeitsdefizits zu bemessen.
506
In der Hauptverhandlung wurden folgende angeklagten Taten gem. §§ 154 Abs. 2, Abs. 1 StPO im Hinblick auf die schwerer wiegenden, verurteilten Fälle und die daraus zu erwartende Jugendeinheitsstrafe eingestellt:
(1) B., II. der Anklage der Staatsanwaltschaft Weiden vom 16.04.2020
507
Am 07.06.2018 meldete sich die Geschädigte in der zentralen Aufnahme - einrichtung für Asylbewerber in Zirndorf, um einen Asylantrag zu stellen.
508
Sie blieb zwei Tage in Zirndorf im Camp, danach holte sie der Angeklagte am 09.06.2018 ab. Zuhause in … brachte er sie in den 1. Stock ins Schlafzimmer und zog sie gegen ihren Willen aus. Da sie sich wehrte, zerriss er ihr Kleid. Als sie völlig nackt war, fesselte er sie mit zwei Gürteln. Mit einem Gürtel fesselte er ihre Hände auf den Rücken, mit dem anderen band er ihre Beine im Bereich der Knöchel zusammen. Mit einem Schal knebelte er sie im Bereich des Mundes. So gefesselt lag die Geschädigte auf dem Bett. Der Angeklagte, der ihr schon beim Entkleiden mit den Fäusten gegen den Oberkörper geschlagen hatte, schlug ihr sodann mit den Händen mehrmals heftig ins Gesicht. Sie empfand starke Schmerzen, auch erlitt sie Ohrengeräusche und insbesondere Hämatome im Gesicht.
(2) B., III. der Anklage der Staatsanwaltschaft Weiden vom 16.04.2020
509
Einige Tage später schlug er ihr, ebenfalls in der Wohnung in … mehrfach mit einem Gürtel auf die Oberschenkel und die Schienbeine. Die Geschädigte empfand starke Schmerzen und konnte mehrere Tage lang kaum gehen.
(3) B., IV. der Anklage der Staatsanwaltschaft Weiden vom 16.04.2020
510
Diesen Vorfall erzählte die Geschädigte im Vertrauen der Schwester des Angeklagten. Über die Mutter gelangte diese Information wieder an den Angeklagten, was der Grund für den nächsten Übergriff einige Tage später, ebenfalls in … war. Der Angeklagte fesselte sie erneut und schlug sie mit seinen Händen und einem Gürtel derart, dass sie überall Hämatome bekam und nicht mehr laufen konnte. Er sagte zu Ihr, dass er erst aufhören würde, wenn sie ihm die Füße und Hände küssen würde. Unter dem Eindruck der Schläge, Schmerzen und Drohungen mit weiteren Schlägen sagte die Geschädigte dies ihm schließlich zu. Der Angeklagte löste daraufhin ihre Fesseln und setze sich auf einen Stuhl. Er forderte sie nun auf, seine Hände und Füße zu küssen. Da die Geschädigte aufgrund der vorangegangenen Schläge nicht mehr gehen konnte, musste sie zu ihm hin kriechen und seine Füße und Hände küssen. Erst danach ließ er von ihr ab.
511
Auch bei diesem Übergriff erlitt die Geschädigte eine Vielzahl von Hämatomen am Körper und im Gesicht, was der Angeklagte - wie in den anderen Fällen auch - beabsichtigt, jedenfalls aber billigenden in Kauf genommen hatte.
(4) B., V. der Anklage der Staatsanwaltschaft Weiden vom 16.04.2020
512
An einem nicht näher feststellbaren Tag im November oder Dezember 2018 drohte die Geschädigte, in der Wohnung in … dem Angeklagten, dass sie der Polizei verraten werde, dass er unwahre Angaben bei der Polizei gemacht habe. Er hatte in einer Vernehmung bei der PI … am 07.11.2018 eine Unfallflucht seines jüngeren Bruders … auf sich genommen (Az: 14 Js 10073/18). Daraufhin schlug der Angeklagte sie und trat ihr derart mit dem Fuß in den Bauch, dass sie starke Schmerzen empfand und Blutungen bekam. Die Geschädigte war zu dieser Zeit im ca. 7 Monat schwanger. In der Folgezeit verhinderte er, dass sie deshalb einen Arzt aufsuchte.
(5) B., VI. der Anklage der Staatsanwaltschaft Weiden vom 16.04.2020
513
Sowohl in der Wohnung in … als auch - nach dem Umzug am 01.04.2019 - in der Wohnung des Schwiegervaters in … Straße 22, schlug ihr der Angeklagte an nicht näher feststellbaren Tagen, in zumindest jeweils 1 Fall, derart mit der Faust auf den Kopf, dass sie bewusstlos wurde.
(6) B., VII. der Anklage der Staatsanwaltschaft Weiden vom 16.04.2020
514
In der Wohnung in …, der Umzug dorthin fand am 01.04.2019 statt, würgte der Angeklagte die Geschädigte in zumindest zwei Fällen:
515
a) Ein Fall ereignete sich etwa 1 Woche vor der Ausreise nach …, also um den 14.06.2019 herum. Es gab Streit, da der Angeklagte wieder von ihr verlangt hatte, dass sie … fliegen soll. Als sie äußerte, dass sie das nicht machen werde, packte er sie mit einer Hand an der Kehle und drückte zu. Die Geschädigte bekam keine Luft mehr, sie fing an zu röcheln, ihre Augen weiteten sich. Der Angeklagte ließ solange nicht nach, bis sie kurz das Bewusstsein verlor.
516
Dem Angeklagten war dabei auch bewusst, dass derartige Handlungen gegen den Hals eines anderen Menschen jederzeit zum Tode führen können.
517
b) Zuvor, also von Anfang April bis Mitte Juni 2019, hatte er sie bereits einmal mit beiden Händen solange gewürgt, dass sie kurzzeitig ohnmächtig wurde. Auch hier war ihm die Gefährlichkeit seines Tuns bewusst.
518
Bei zumindest einer diesen beiden Gelegenheiten drohte er ihr auch, sie im Wald umzubringen.
(7) B., IX. der Anklage der Staatsanwaltschaft Weiden vom 16.04.2020
519
Einige Tage nach diesem Vorfall verlangte der Angeklagte von der Geschädigten, dass sie verschiedene Unterlagen, u.a. das Jobcenter betreffend, unterschrieb. Einen handschriftlichen Zettel, auf dem sie lediglich das deutsche Wort „Kind“ lesen konnte, unterschrieb sie anfangs nicht. Daraufhin schlug sie der Angeklagte und zog sie an den Haaren. Aufgrund der Schläge und der drohenden weiteren Gewalt, unterschrieb sie schließlich, allerdings schrieb sie vor ihren Namen das Wort „Name“. Der Angeklagte bemerkte dies, zog sie aufgrund dessen erneut an den Haaren und brachte sie hoch in ihr Zimmer. Dort schlug er ihr mit einem Gürtel auf ihren Körper, die Geschädigte empfand starke Schmerzen.
520
Die oben aufgeführten Körperverletzungshandlungen zulasten von … durch den Angeklagten … wurden im Hinblick auf die beiden schwerwiegendsten verurteilten Fälle von gefährlicher Körperverletzung vom 15.05.2018 und vom Juni 2019 (bis zum 21.06.2019) neben den vier verurteilten Vergewaltigungen gem. §§ 154 Abs. 1 und Abs. 2 StPO eingestellt, da die hieraus zu erwartende Strafe gegenüber der ausgesprochenen Jugendeinheitsstrafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt.
521
Die insoweite Teileinstellung durch die Kammer basiert nicht auf der mangelnden oder eingeschränkten Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten … bzgl. dieser Taten.
522
Auch die insoweiten Angaben der Geschädigten erscheinen zur Überzeugung der Kammer umfassend glaubhaft, wenngleich, was die Kammer nicht verkannte, die Geschädigte gerade was die leichteren Fälle von Körperverletzungen anbelangt, angesichts der Vielzahl und Vergleichbarkeit der Taten teilweise in nachvollziehbarer und verständlicher Art und Weise Schwierigkeiten hatte, diese Taten, was die zeitliche Einordnung und den detaillierten Tatablauf anbelangt, näher einzugrenzen bzw. voneinander abzugrenzen. Dies beruhte jedoch aus Sicht des Gerichts nicht darauf, dass diese Taten nicht auf tatsächlich Erlebten beruhen und damit diese Taten von der Geschädigten erfunden worden wären.
523
Insbesondere sieht die Kammer in den Ausführungen der Geschädigten - entgegen der Sichtweise der Verteidigung - auch keinen Widerspruch in der Aussage der Geschädigten, wonach sie ausführte, dass sie einmal, bei einer nicht mehr näher zuordenbaren bzw. erinnerlichen körperlichen Auseinandersetzung mit dem Angeklagten … von diesem mit einem Gürtel ihre Beine zusammengebunden bekommen habe und so gefesselt worden seien und er dann schließlich mit einem weiteren Gürtel bzw. mit der metallenen Gürtelschnalle auf ihre gefesselten Beine mehrfach eingeschlagen habe, so dass sie am großen Zeh verletzt worden sei und dieser auch blau geworden sei, was im Rahmen der körperlichen Untersuchung der Geschädigten am 01.10.2019, wie der Sachverständige Prof. Dr. … bestätigte, auch noch festgestellt habe werden können. Im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung ordnete sie diese erlittene Verletzung am Zeh, wie der Vernehmungsbeamte KOK … in der Hauptverhandlung ausführte, dem Vorfall zu, im Rahmen dessen der Angeklagte mit einem Kleiderbügel auf sie eingeschlagen habe (Tat vom Juni 2019, Ziffer II., 2., f). In der Hauptverhandlung war der Geschädigten, wie oben zu dieser Tat ausgeführt wurde, eine Zuordnung dieser Verletzung zu diesem Vorfall nicht mehr möglich, was die Geschädigte auch ohne Umschweife trotz erfolgten Vorhalten in der Hauptverhandlung aufrechterhielt, was die Kammer - wie ausgeführt - letztlich als Indiz für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sieht.
524
Der Sachverständige Prof. Dr. … führte in der Hauptverhandlung ergänzend aus, dass diese Verletzung am Großzehnagel links, eine Folge von stumpfer Gewalteinwirkung sein könne. Anhand der gegebenen Prädilektionsstelle erscheine es aus seiner Sicht, wenngleich nicht unmöglich, jedoch schwer darstellbar, dass diese Verletzung durch einen Schlag mit einem Gürtel bzw. einer Gürtelschnalle resultiere, da diese Körperstelle wegen des darüberliegenden Beines bzw. Knies Schlägen von oben auf die Zehe herab nicht ausgesetzt sei und so auch nur sehr eingeschränkt im Rahmen einer stumpfen Gewaltbeibringung getroffen werden könne.
525
Insoweit ist jedoch zu sehen, dass dem Sachverständigen die genaue Schilderung bzw. eingenommene Körperposition der Geschädigten beim Zuschlagen mit dem Gürtel auf die Zehe zum Zeitpunkt dieser getroffenen Einschätzung nicht bewusst war und er diese Einschätzung lediglich generell unter Zugrundelegung einer aufrecht stehenden bzw. sitzenden Person machte.
526
Die Geschädigte führte zum Entstehen dieser Verletzung schließlich aus, dass sie auf dem Bett sitzend, mit gefesselten und nach vorne über die Bettkante ausgestreckten Beinen bzw. Füßen sich befunden habe, als der Angeklagte … mit der Gürtelschnalle auch auf ihren Fuß mehrfach eingeschlagen habe.
527
Bei dieser geschilderten Körperposition, bei welcher die Füße quasi dem angreifenden Angeklagten entgegengestreckt werden, erscheint es aus Sicht der Kammer, wie auch der Sachverständige Prof. Dr. … bestätigte, durchaus möglich und plausibel, dass diese Körperstelle durch die Gürtelschläge getroffen werden kann.
528
Aus Sicht der Kammer kann daher hier kein Widerspruch im Rahmen der Aussage der Geschädigten, welcher gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprechen könnte, gesehen werden.
529
Die Kostenentscheidung bzgl. des Angeklagten … beruht auf §§ 464, 465 Abs. 1 StPO.
530
Die Kammer hat gemäß §§ 74, 105 JGG insgesamt, also auch über die erfolgten Teileinstellungen hinaus, davon abgesehen, aufgrund der Mittellosigkeit des Angeklagten …, diesem die Kosten und Auslagen des Verfahrens aufzuerlegen.
531
Dem Angeklagten … waren jedoch gemäß § 472 Abs. 1 StPO die Auslagen der Nebenklägerin aufzuerlegen.