Inhalt

SG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 30.11.2020 – S 3 R 587/20
Titel:

Regelungsgegenstand von Rentenanpassungsmitteilungen

Normenkette:
SGB VI § 18a Abs. 3 S.1 Nr. 2, § 18b Abs. 5 S. 1 Nr. 8, § 97
Leitsätze:
1. Rentenanpassungsmitteilungen  beschränken sich inhaltlich auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Rentenanpassungsmitteilungen regeln den Grad der Rentenanpassung, nicht die Berechnung der Versichertenrente. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rentenanpassung, Rentenanpassungsmitteilungen, Rentenhöhe, Regelungsgegenstand, Anpassungsgrad, Berechnung Witwenrente
Rechtsmittelinstanzen:
LSG München, Urteil vom 05.05.2021 – L 19 R 632/20
BSG Kassel, Beschluss vom 04.08.2021 – B 5 R 168/21 B
Fundstelle:
BeckRS 2020, 50529

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreites sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1
Streitig ist die Höhe der Witwenrente.
2
Die Beklagte gewährt der Klägerin seit 01.10.2017 eine große Witwenrente. Nach Ablauf des Sterbevierteljahrs (ab 01.01.2018) führte die Beklagte eine Einkommensanrechnung durch. Der monatliche Zahlbetrag der Rente verminderte sich ab 01.01.2018 von theoretisch 879,32 Euro auf 720,49 Euro. Anzurechnen war die der Klägerin monatlich gewährte Erwerbsminderungsrente. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages wurden 40 % des übersteigenden Einkommens angerechnet, nämlich 73,85 Euro.
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Mit der Rentenanpassung zum 01.07.2018 ergab sich für die Klägerin für die Witwenrente nach Einkommensanrechnung und Abzug der gesetzlichen Beitragsanteile ein auszahlbarer Betrag in Höhe von 743,31 Euro und für die Zeit ab 01.01.2019 ein Betrag von 742,07 Euro.
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Mit der Rentenanpassung zum 01.07.2019 änderten sich diese Werte geringfügig. Auszahlbarer Betrag der großen Witwenrente war ab 01.07.2019 ein Betrag von 750,74 Euro.
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Gegen die Rentenanpassungsmitteilung 2019 erhob die Klägerin den Widerspruch vom 04.08.2019 und daran anschließend die Klage vom 10.10.2019 (Az. S 16 R 559/19). Die Klage blieb erfolglos („Die Klage wird abgewiesen“). Auch das angestrengte Berufungsverfahren, das bei dem Bayerischen Landessozialgericht unter dem Az. L 19 R 272/20 geführt wurde, blieb erfolglos. Mit dem Urteil vom 26.08.2020 wurde die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.05.2020 zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Bayerische Landessozialgericht aus, dass die Klägerin mit ihrer gegen die Rentenanpassung gerichteten Anfechtungsund Verpflichtungsklage nicht nur die Auszahlung eines höheren Hinterbliebenenrentenbetrages begehre, sondern vielmehr die Zuerkennung eines ohne Einkommensanrechnung berechneten Werts der Hinterbliebenenrente begehre. Eine unrichtige Rentenanpassung mache sie nicht geltend.
6
Das Klagebegehren sei bereits unzulässig, soweit die Klägerin eine rückwirkende Abänderung des Rentenbewilligungsbescheides vom 19.10.2017 begehrt. Dieser Bescheid sei bindend geworden und damit unanfechtbar.
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Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sei darüber hinaus auch insgesamt unzulässig. Der gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2019 gerichteten Klage fehle es an der notwendigen Beschwer der Klägerin. Die Klägerin verkenne den Regelungsgegenstand der angefochtenen Rentenanpassungsmittelung. Bei dieser durch den Postrentendienst im Auftrag der Beklagten ergangenen „Mitteilung“ handele es sich zwar um einen Verwaltungsakt, doch beschränke sich dieser inhaltlich auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte. Auf ein Urteil des Bundessozialgerichts und einen Beschluss des Bundessozialgerichts hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang hingewiesen. Dieser Verwaltungsakt habe nur einen begrenzten Regelungsinhalt (Änderung der erwerbsmäßigen Bestimmung des Rentenrechts nach Änderung der Bemessungsgrundlage bzw. des aktuellen Rentenwerts). Eine erneute Regelung des Rentenanspruchs dem Grunde nach enthalte er nicht. Eine Überprüfung im Rechtsmittelverfahren komme somit allein im Hinblick auf den tatsächlichen Regelungsgehalt, der zukunftsgerichteten wertmäßigen Neubestimmung des Rentenwerts in Betracht. Diesen Inhalt habe die Klägerin jedoch nicht angegriffen.
8
Zum 01.07.2020 wurde erneut eine Rentenanpassung der Witwenrente der Klägerin durchgeführt. Am 04.08.2020 legte die Klägerin gegen die Rentenanpassungsmitteilung Widerspruch ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit dem Widerspruchsbescheid vom 01.10.2020 zurück. Zur Begründung der ablehnenden Entscheidung wurde auf die §§ 97 SGB VI i. V. m. 18a bis 18e SGB IV hingewiesen. Nach Darlegung der Berechnungsschritte wurde festgestellt, dass 99,91 Euro auf die Witwenrente anzurechnen seien.
9
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage vom 13.10.2020. Die Klägerin hat mit der Klageschrift ausgeführt, dass sie einen Abschlag von ihrer Witwenrente von 99,91 Euro habe, da ihre volle Erwerbsminderungsrente den Freibetrag um 249,78 Euro übersteige und davon 40 % versteuert würden, also von ihrer Witwenrente abgezogen. Diesen Abschlag von ihrer Witwenrente fechte sie solange an, bis eine gerechte Entscheidung getroffen werde.
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Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14.10.2020 beantragt,
die Klage abzuweisen.
11
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 25.10.2020 eine Ergänzung der Klagebegründung vorgelegt. Sie bezeichnete dieses Schreiben als Beschwerde gegen das Schreiben des Gerichts vom 20.10.2020, mit welchem das Gericht eine Abschrift des Schriftsatzes der Beklagten vom 19.10.2020 der Klägerin zur Kenntnisnahme übersandt hatte. Wiederum bezog sich die Klägerin auf den Abschlag von 99,91 Euro ihrer Witwenrente. Sie werde die Rentenanpassung 01.07.2020 durch den Gesetzgeber – Bundesregierung – solange anfechten und kämpfen, bis eine gerechte Entscheidung getroffen werde. Außerdem führte sie aus, dass eine grobe Mitteilungspflichtverletzung des Sozialgerichts Bayreuth vorliege. Sie habe ein Recht darauf, dass ihre geschilderte Rentenproblematik an die Bundesregierung – Gesetzgeber durch das Sozialgericht Bayreuth – weitergeleitet werde.
12
Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 02.11.2020 auf die Absicht hingewiesen durch Gerichtsbescheid zu entscheiden und Frist für die Abgabe einer Stellungnahme gewährt bis 27.11.2020.
13
Nunmehr hat die Klägerin das Schreiben vom 14.11.2020 bei Gericht eingereicht. Sie hat mitgeteilt, dass das Gericht ihre Mitteilung zum Schreiben des Gerichts vom 02.11.2020 fristgemäß erhalten werde.
14
Dieses Schreiben enthält einen Klageantrag.
15
Die Klägerin beantragt,
dass der Abschlag von ihrem verstorbenen Ehemann 19.09.2017 bis zur Rentenanpassung 01.07.2020 ihrer Witwenrente durch den Gesetzge- ber/Bundesregierung aufgehoben werde.
16
Außerdem hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie bis in die letzte Instanz und darüber hinaus (klagen) werde.
17
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte und die von den Beteiligten im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen. 

Entscheidungsgründe

18
Die Klage ist unzulässig.
19
Regelungsgegenstand einer Rentenanpassung ist allein die wertmäßige Fortschreibung eines bereits zuerkannten Wertes des Rechts auf Rente. Insoweit wird nicht über den Geldwert dieses Rechts auf Rente entschieden, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung (vgl. Urteil des Landesgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.11.2016, Az. L 8 R 469/16 Rdnr. 20, zitiert nach juris).
20
Es handelt sich um einen selbstständigen Regelungsgegenstand, der von dem Regelungsgegenstand der Berechnung der Versichertenrente zu trennen ist (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 18.10.2012, Az. L 1 R 386/11 Rdnr. 16, zitiert nach juris).
21
Die Unzulässigkeit einer Klage auf Überprüfung des Rentenanspruchs dem Grunde nach im Rahmen einer Klage gegen die Rentenanpassung hatte bereits das Bayerische Landessozialgericht mit seinem Urteil vom 26.08.2020 betreffend die Rentenanpassung 2019 festgestellt. Seit dieser Entscheidung hat die Rechtslage sich nicht geändert.
22
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
23
Ergänzend ist auszuführen, dass es der Klägerin freisteht, bis in die letzte Instanz zu klagen, allerdings nicht darüber hinaus.