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VG Bayreuth, Urteil v. 28.09.2020 – B 8 K 19.725
Titel:

Kein Anspruch auf Ausbildungsförderung bei Fachrichtungswechsel aufgrund Neigungswandels 

Normenkette:
BAföG § 5a Abs. 3, § 7 Abs. 3
Leitsätze:
1. Ein Fachrichtungswechsel liegt in Abgrenzung zu einer Verlagerung des Studienschwerpunktes immer dann vor, wenn die vorhergehende Ausbildung nicht oder nur teilweise angerechnet werden kann (VGH München BeckRS 2008, 28411). (Rn. 21 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ausbildungsförderung bei einem Fachrichtungswechsel wird gem. § 7 Abs. 3 S. 1 BAföG nur bei Vorliegen eines wichtigen oder unabweisbaren Grundes gewährt. Dabei ist es unerheblich, ob die vorhergehende Ausbildung gefördert wurde (BVerwG NVwZ 1990, 61). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Erfolgt der Fachrichtungswechsel aufgrund eines „Neigungswandels“ von BWL zu Internationalem Management liegt regelmäßig kein wichtiger Grund gem. § 7 Abs. 3 S. 1 BAföG vor. Insbesondere dann nicht, wenn das gewünschte Studium mit einer angemessenen Wartefrist von Anfang an hätte aufgenommen werden können. Der Studierende kommt dann jedenfalls nicht der ihm obliegende Verpflichtung zu einer umsichtigen Planung und zielstrebigen Durchführung der Ausbildung nach (BVerwG NVwZ-RR 1990, 200). (Rn. 30 – 35) (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fachrichtungswechsel, wichtiger Grund, Parkstudium, Verlagerung Studienschwerpunkt
Fundstelle:
BeckRS 2020, 50446

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagtenpartei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids der Beklagtenseite Ausbildungsförderung für das Bachelorstudium Internationales Management an der Hochschule … ab dem Wintersemester 2018/2019.
2
Der Kläger studierte nach seinen Angaben im Zeitraum von Oktober 2011 bis Juni 2013 an der Universität D. im Studiengang Geologie. Nach seiner Flucht aus Syrien nach Deutschland war der Kläger im Sommersemester 2018 (vom 15.03.2018 bis zum 30.09.2018) im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft (BWL) an der Hochschule … als ordentlich Studierender immatrikuliert. Im Wintersemester 2018/2019 wechselte der Kläger sodann in den Bachelorstudiengang "Internationales Management" an der Hochschule … und begehrte dafür Ausbildungsförderung von der Beklagtenseite.
3
Der Kläger stellte einen Antrag auf Ausbildungsförderung am 07.09.2019 für den Studiengang Internationales Management an der Hochschule … (Bl. 53 d. Akten). Der Kläger gab mit Erklärung vom 24.09.2018 an, nach Abschluss des Gymnasiums in … an der Universität D. von Oktober 2011 bis Juni 2013 Geologie studiert zu haben. Einen Abschluss habe er vor seiner Flucht nach Deutschland nicht erreicht. Mit Schreiben vom 06.11.2018 bat die Beklagtenseite um eine Exmatrikulationsbescheinigung der Hochschule … für das Studium des Klägers im Studiengang BWL. Weiter bat sie um eine formlose, schriftliche, ausführliche Begründung des Studiengangwechsels des Klägers (Bl. 61 d. Akten).
4
Mit E-Mail vom 19.11.2018 legte der Kläger eine Exmatrikulationsbescheinigung vor, aus der seine Immatrikulation im Bachelorstudiengang BWL vom 15.03.2018 bis zum 30.09.2018 hervorgeht (Bl. 64 d. Akten). Er habe den Studiengang gewechselt, weil er im Studiengang Internationales Management bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe. Er könne mehrere Sprachen (wie Arabisch, Kurdisch, Englisch, Deutsch), weshalb Internationales Management am besten zu ihm passe. Mit Schreiben vom 20.11.2018 forderte die Beklagtenseite den Kläger auf, ausführlich zu erläutern, warum der Wechsel stattgefunden habe.
5
Mit Schreiben vom 28.11.2018 führte der Kläger zu seinen Wechselgründen weiter aus (Bl. 66 d. Akten): (1) Er habe sich als BWL-Student angemeldet, um sich eigentlich für das Studium Internationales Management vorzubereiten. Als angemeldeter Student könne er kostenlos Spanisch, Englisch und Mathe besuchen. Diese Idee sei von der Beratungsstelle an der Hochschule in … gekommen. (2) Die Entscheidung für Internationales Management habe er während seiner Arbeit beim internationalen Bereich des bfz in … getroffen, wo er viel Erfahrung in diesem Bereich bekommen habe, was seine Entscheidung beeinflusst habe. (3) Er sei "sprachfähig" und könne fünf Sprachen sprechen. (4) Aufgrund seiner Erfahrung auf der Arbeit habe er festgestellt, dass seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt als Absolvent des Studiengangs Internationales Management größer seien.
6
Mit Bescheid vom 16.01.2019 lehnte die Beklagtenseite den Antrag des Klägers ab (Bl. 67 d. Akten). Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG könne für einen Fachwechsel nur Ausbildungsförderung geleistet werden, wenn dieser Fachwechsel aus wichtigem Grund erfolge. Nach Tz. 7.3.9 der BAföGVwV liege ein wichtiger Grund vor, wenn eine mangelnde intellektuelle, psychische oder körperliche Eignung für die Berufsausbildung oder Berufsausübung gegeben sei. Es sei allerdings nur dann von einem wichtigen Grund auszugehen, wenn dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zugemutet werden könne. Das BWL-Studium des Klägers sei nach seinen eigenen Angaben, dass er dieses nur betrieben habe, um als Student eingeschrieben zu sein und kostenlos Unterricht in Spanisch, Englisch und Mathematik zu erhalten, als förderungsschädliches Parkstudium zu bewerten. Der Kläger sei seiner Obliegenheit einer vorausschauenden und umsichtigen Planung seiner Ausbildung nicht nachgekommen.
7
Die Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schreiben vom 13.02.2019 dagegen Widerspruch (Bl. 69 d. Akten). Dieser wurde mit Schreiben vom 23.04.2019 damit begründet, dass es sich nach wie vor um eine Erstausbildung handele, da er das in D. begonnene Studium mangels Angebot in Deutschland nicht habe fortsetzen beenden können. Mangels Hochschulabschluss verfüge der Kläger über das Recht, einen Studiengang entsprechend seiner Qualifikation in Deutschland zu beginnen. Der Kläger könne ohne Angaben von Gründen innerhalb der ersten drei Semester ein Studienfach wechseln. Den Wechsel habe der Kläger sogar mit besseren Berufs- und Integrationschancen begründet. Bei einem Studiengang Internationales Management könnten Vorkenntnisse des Klägers aus dem BWL-Studium und dem Studium in D. verwandt werden. Es gebe keine Gründe, dem Kläger die Gewährung von BAföG zu versagen.
8
Der Widerspruch wurde von der Beklagtenseite mit Bescheid vom 11.07.2019, der Bevollmächtigten per PZU am 16.07.2019 zugegangen, zurückgewiesen (Bl. 87 d. Akten). Der Kläger habe mehr als drei Semester in D. Geologie studiert. Gem. § 5a Satz 3 BAföG könnten davon als Ausbildungszeit im Ausland höchstens ein Jahr unberücksichtigt bleiben, sodass mindestens neun Monate Ausbildung bei der Prüfung des Fachwechsels nach § 7 Abs. 3 BAföG einbezogen werden müssten. Eine Fortführung des Studiums Geologie bzw. ein Neubeginn dieser Fachrichtung werde in Deutschland von mehreren Universitäten und Hochschulen angeboten. Der Kläger habe sodann erneut vom Studiengang BWL zum Studiengang Internationales Management gewechselt. Gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG sei bis zum Beginn des 4. Fachsemesters ein Wechsel aus wichtigem oder unabweisbaren Grund, wie Neigungswandel oder Nichteignung möglich. Die Regelvermutung des § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG gelte nur für den ersten Fachwechsel. Aus dem Vortrag des Klägers werde deutlich, dass er seine Obliegenheit einer vorausschauenden und umsichtigen Planung seiner Ausbildung verletzt habe. Ein wichtiger oder unabweisbarer Grund liege nicht vor.
9
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage vom 14.08.2020, eingegangen bei Gericht am 15.08.2020. Darin beantragt seine Bevollmächtigte:
1. Der Bescheid des Studentenwerks Oberfranken, vom 16.01.2019, in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Studentenwerks Oberfranken vom 11.07.2019, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger entsprechend dem Antrag vom 07.09.2018, Ausbildungsförderung für das Studium Internationales Management mit dem Abschluss Bachelor an der Hochschule … zuzuerkennen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
10
Mit Schriftsatz vom 20.11.2019 begründet sie die Klage im Wesentlichen damit, dass es sich um eine Erstausbildung handele, da der Kläger das begonnene Studium an der Universität D. nicht habe fortsetzen können. Dieser Studiengang werde in Deutschland nicht angeboten und könne daher nicht beendet werden. Es sei ihm aufgrund seiner Lebenssituation und Flucht nicht möglich gewesen, an einem anderen Ort ein Studium zu beginnen. Der Kläger verfüge noch nicht über einen Hochschulabschluss. Der in Deutschland erfolgte Studiengangwechsel führe nicht zu einem Verlust seines Anspruchs, da er innerhalb der ersten drei Semester ohne Angabe von Gründen erfolgen könne. Ein einmaliger Wechsel sei bis zum dritten Fachsemester ohne Angaben von Gründen rechtlich zulässig. Der Kläger habe schnellstmöglich sein Studium abschließen und viele Credits aus dem ersten Studium an der FH … anrechnen lassen wollen. Der Kläger habe den Studiengangwechsel sogar mit besseren Berufschancen und einer besseren Integrationschance aufgrund seiner Herkunft als mit einem BWL-Studium begründet.
11
Die Bevollmächtigte wies darauf hin, dass der Kläger mittlerweile mangels Förderung sein Studium habe abbrechen müssen.
12
Auf Nachfrage des Gerichts vom 06.04.2020 führte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 06.04.2020 aus, dass die Klage weiterverfolgt werde. Dem Kläger seien die Kosten für das Studium weiterhin entstanden und er habe sich etliche Geldmittel von Verwandten und Angehörigen leihen müssen, um seine Studienkosten und den laufenden Lebensunterhalt aufbringen zu können.
13
Mit Schriftsatz vom 09.12.2019 beantragt die Beklagtenseite,
die Klage abzuweisen.
14
Darin wird auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Von einem wichtigen Grund sei nicht auszugehen, wenn in einen Studiengang gewechselt werde, der eine bessere Integration und berufliche Zukunft sichere.
15
Mit Schriftsatz vom 07.09.2020 erklärte sich die Beklagtenseite sowie mit Schriftsatz vom 14.09.2020 die Klagepartei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 101 Abs. 2 VwGO einverstanden.
16
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Entscheidungsgründe

17
Das Gericht konnte gem. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in der Sache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
18
1. Die zulässige Versagungsgegenklage hat in der Sache keinen Erfolg.
19
Der Kläger hat weder vor noch nach seinem Studienabbruch einen Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsförderung nach § 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes - BAföG - für das Studium "Internationales Management". Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht nach § 1 BAföG für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe des BAföG, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.
20
Für den Zeitraum nach seinem Studienabbruch besteht schon mangels Ausbildung kein Anspruch auf Ausbildungsförderung mehr, § 1 BAföG.
21
Für den Zeitraum vor seinem Studienabbruch liegen die Fördervoraussetzungen nach Maßgabe des BAföG für den Kläger auch nicht vor. Es handelt sich bei seinem Studium "Internationales Management" an der Hochschule … nicht um eine nach § 7 Abs. 3 BAföG förderfähige Ausbildung:
22
1.1. Grundsätzlich handelt es sich bei dem Bachelor-Studiengang "Internationales Management" gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG um eine "weiterführende allgemeinbildende und […] berufsbildende […] Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3" BAföG. Doch fehlen weitere Fördervoraussetzungen.
23
1.2 Eine andere Ausbildung wird nach einem Ausbildungsabbruch oder Fachrichtungswechsel gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG nur bei Vorliegen eines wichtigen oder unabweisbaren Grundes gefördert. Bei dem vom Kläger begonnenen Studiengang "Internationales Management" handelt es sich um eine andere Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG, da er im vorangegangenen Sommersemester ein Semester BWL an der Hochschule … studiert und daher seine Fachrichtung zum Wintersemester gewechselt hat.
24
Es handelt sich dabei um einen Fachrichtungswechsel im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG wechselt ein Auszubildender die Fachrichtung, wenn er einen anderen berufsqualifizierten Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsart anstrebt. Dies ist beim Kläger der Fall. Es kann nach dem der zeitlichen Begrenzung der Förderung zugrundeliegenden Zweck der gesetzlichen Regelung vorliegend auch nicht nur von einer Verlagerung des Studienschwerpunktes gesprochen werden (in Abgrenzung zum Fachrichtungswechsel, vgl. BVerwG, B.v. 14.12.1979 - 5 ER 243/79 - FamRZ 1980, 834 Rn. 3 mit weiteren Nachweisen). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die betroffenen Studiengänge bis zum Wechsel identisch sind oder sich bei einem Wechsel im vollen Umfang als anrechenbar erweisen (s.a. Ziff. 7.3.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz - BaföGVwV -; BVerwG, B.v. 10.11.1980 - 5 B 12/80 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 22.09.2008 - 12 C 08.1860 juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 15.01.2014 - 12 A 2001/12 - juris Rn. 4 ff.). Dies trägt der Kläger auch nicht vor, sondern lediglich, dass er sein neues Studium "Internationales Management" schnellstmöglich abschließen und sich viele Credits anrechnen lassen wolle. Bei einer nur teilweisen Anrechnung von Studienzeiten der früheren Ausbildung liegt stets ein Fachrichtungswechsel vor (BVerwG, B.v. 10.11.1980 - 5 B 12/80 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 22.09.2008 - 12 C 08.1860 juris Rn. 5).
25
Für die Anwendung des § 7 Abs. 3 BAföG ist nicht entscheidend, ob die Ausbildung vor dem Abbruch oder dem Fachrichtungswechsel nach dem BAföG gefördert wurde (vgl. BVerwG, U.v. 22.06.1989 - 5 C 42.88 - juris; U.v. 20.10.1989 - 5 C 33.88 - juris; OVG NW, B.v. 17.07.2014 - 12 A 1260/14 - juris).
26
1.3 Ein wichtiger oder unabweisbarer Grund i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BAföG kommt nicht in Betracht:
1.3.1
27
Die Regelvermutung des § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG für einen wichtigen Grund greift im Fall des Klägers nicht. Beim erstmaligen Fachrichtungswechsel oder Abbruch der Ausbildung wird in der Regel vermutet, dass die Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 BAföG (wichtiger Grund) erfüllt ist. Hier handelt es sich allerdings nicht um einen erstmaligen Fachrichtungswechsel. Der Kläger hat bereits an der Universität in D. Geologie studiert.
28
Das Studium der Geologie an der Universität D. ist grundsätzlich zu berücksichtigen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte oder entsprechendem Vortrag des Klägers ist davon auszugehen, dass das Geologie-Studium des Klägers im Ausland an der Universität D. in Bezug auf die Ausbildungsstätte den inländischen Ausbildungsstätten nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie dem vermittelten Ausbildungsgang im Grunde - institutionell - vergleichbar ist, sodass § 7 Abs. 3 BAföG auch zur Anwendung kommt (vgl. Winkler, in BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Ed., Sept. 2020, § 7 BAföG, Rn. 42a mit weiteren Nachweisen).
29
Das Geologie-Studium an der Universität D. bleibt auch nicht in Anwendung von § 5a BAföG in Gänze unberücksichtigt. Bei der Leistung von Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Inland bleibt nach § 5a Satz 1 BAföG die Zeit einer Ausbildung, die der Auszubildende im Ausland durchgeführt hat, längstens jedoch bis zu einem Jahr unberücksichtigt. Das Studium in D. dauerte nach den Angaben des Klägers im behördlichen Verfahren allerdings deutlich länger als ein Jahr. Der Kläger hat dort nach seinen Angaben von Oktober 2011 bis Juli 2013 Geologie studiert.
1.3.2
30
Ein wichtiger Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG besteht abseits der Regelvermutung im Fall des Klägers unter Berücksichtigung seines Vorbringens im behördlichen und gerichtlichen Verfahren nicht:
31
a. Ein wichtiger Grund ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt eines "Neigungswandels". Bei einem Wechsel des Studiengangs von BWL zu "Internationalem Management" kann schon nicht von einem beachtlichen Neigungswandel ausgegangen werden. Die Berücksichtigung eines Neigungswandels setzt zudem voraus, dass der Auszubildende vor der Aufnahme der Ausbildung davon ausgegangen ist, das zunächst gewählte Fach entspreche seiner Neigung (vgl. BVerwGE, U.v. 21.06.1990 - 5 C 45/87 - juris Rn. 11; U.v. 25.10.1989 - 5 C 25/86 - juris Rn. 15). Dies ist aber nicht der Fall. Der Kläger hat nach seinem Vorbringen bereits bei Einschreibung in den Studiengang BWL die Erkenntnis gehabt, dass ihm Internationales Management mehr zusage.
32
b. Es handelt sich bei dem an der Hochschule … begonnenen BWL-Studium auch nicht um ein förderungsunschädliches "Parkstudium". Ein solches ist regelmäßig darin zu sehen, dass die auszubildende Person wegen hochschulrechtlicher Zulassungsbeschränkungen nicht in der Lage war, die Ausbildung von Anfang an in der Fachrichtung zu betreiben, die der Neigung am meisten entsprochen hätte und die Fachrichtung nach dem Wegfall des Hindernisses gewechselt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1990 - 5 C 67/86 - juris; s.a. Ziff. 7.3.12 BaföGVwV). Dem Kläger war das Studium "Internationales Management" aber nicht - allenfalls auf sehr absehbare Zeit, nämlich bis zur nächsten Einschreibungsmöglichkeit - "versperrt". Es ist aufgrund seines Vortrages davon auszugehen, dass der Kläger, als er sich für das BWL-Studium im Sommersemester 2018 eingeschrieben hatte, die begründete Aussicht hatte, auch zum Studium "Internationales Management" zugelassen zu werden. Damit besteht aber gerade kein wichtiger Grund, vorher noch ein anderes Studium aufzunehmen. So genügt der Auszubildende z.B. in Fällen des Studienangebots im Jahresrhythmus, sofern die Gewissheit besteht, dass er zum nächstfolgenden Anfangstermin zugelassen wird, seiner Verpflichtung zu einer umsichtigen Planung und zielstrebigen Durchführung der Ausbildung nur, wenn er auf eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähige Ausbildung solange verzichtet, bis er einen Studienplatz im Wunschstudium erhält (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.1989 - 5 C 25/86 - juris Rn. 16). Diese Gewissheit bestätigt sich letztlich darin, dass sich der Kläger zum Wintersemester 2018/2019 erfolgreich und ohne Weiteres in den Studiengang "Internationales Management" einschreiben konnte.
33
c. Auch ansonsten sind keine Anhaltspunkte erkennbar, weshalb dem Kläger die Fortsetzung seiner bisherigen Ausbildung vor Aufnahme des Studiums "Internationales Management" nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des Gesetzes erheblichen Umstände einschließlich der mit der Förderung verbundenen persönlichen und öffentlichen Interessen nicht mehr zugemutet hätte werden können, sodass von einem wichtigen Grund hätte ausgegangen werden können (vgl. etwa BVerwG, U.v. 23.09.1999 - 5 C 19/98 - juris Rn. 11). Auch hier ist auf die grundsätzlich abzuverlangende Verpflichtung zu verweisen, dass der Kläger auf eine andere förderungsfähige Ausbildung solange verzichtet, bis er seinen auf absehbare Zeit möglichen Studienplatz im Wunschstudium erhält (BVerwG, U.v. 25.10.1989 - 5 C 25/86 - juris Rn. 16).
34
Aus der damit verpassten Gelegenheit, im Rahmen des begonnenen BWL-Studiums Sprachkurse der Universität in Anspruch nehmen oder sich dadurch auf das Studium Internationales Management vorbereiten zu können, ergibt sich keine Unzumutbarkeit im Einzelfall.
35
Auch ein pauschaler Verweis auf etwaig bessere Berufschancen reicht nicht. Es ist bereits nicht hinreichend ersichtlich, inwiefern sich seine Berufschancen verbessern würden. Darüber hinaus erwächst daraus noch kein wichtiger Grund, da nicht davon auszugehen ist, dass für den Kläger Berufschancen infolge seines begonnenen BWL-Studiums nicht im ausreichendem Maße bestanden hätten.
36
1.3.3 Es liegt auch kein unabweisbarer Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG vor. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung setzt die Annahme eines unabweisbaren Grunds für einen Fachrichtungswechsel voraus, dass es dem Studenten aus subjektiven, in seiner Person liegenden, oder aber objektiven Gründen unmöglich ist, das Studium in der gewählten Fachrichtung fortzuführen. Ihm muss im Ergebnis keine Möglichkeit der Wahl zwischen einer Fortsetzung der begonnenen Ausbildung und einem Wechsel der Fachrichtung bleiben (zuletzt BayVGH, B.v. 13.08.2019 - 12 ZB 18.2053 - juris Rn. 7; U.v. 14.10.2015 - 12 C 14.2417 - juris Rn. 12, mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG, U.v. 19.02.2004 - 5 C 6.03 - juris Rn. 10). Die Beweggründe, die der Kläger für seinen Fachrichtungswechsel geschildert hat, deuten auf keine solche subjektiven oder objektiven Gründe hin, die ein Fortführen unmöglich machten. Ein Festhalten am BWL-Studium erscheint in Anbetracht des Vorbringens des Klägers unter Berücksichtigung des Zwecks der Ausbildungsförderung (s.o.) auch nicht "schlechterdings unerträglich" (vgl. zu diesem Begriff Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 162).
37
Die Klage war nach alledem abzuweisen.
38
2. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO in Angelegenheiten der Ausbildungsförderung nicht erhoben.
39
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff der Zivilprozessordnung - ZPO -.