Titel:
Veräußerung eines Hauses mit Verbrauchsstelle für Erdgas führt nicht automatisch zur Beendigung eines dafür bestehenden Erdgas-Versorgungsvertrags
Normenkette:
BGB § 433 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Veräußerung eines Hauses mit Verbrauchsstelle für Erdgas führt nicht automatisch zur Beendigung eines dafür bestehenden Erdgas-Versorgungsvertrags. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch findet kein automatischer Parteiwechsel statt. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gasversorgungsvertrag, Veräußerung, Vertragsbeendigung, Parteiwechsel, Kündigung
Rechtsmittelinstanzen:
AG Schweinfurt, Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.02.2021 – 2 C 699/20
LG Schweinfurt, Beschluss vom 18.03.2021 – 11 T 42/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 11.05.2021 – VIII ZB 16/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 28.06.2021 – VIII ZB 16/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 50347
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 699,48 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.3.2020 zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 145,50 € Nebenforderungen zu bezahlen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird auf 699,48 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin betreibt ein Gasversorgungsunternehmen.
2
Der Beklagte schloss mit ihr ein Erdgas-Versorgungsvertrag über die Verbrauchsstelle … ab, Lieferbeginn ab 1.1.2017. Am 2.12.2019 wurde die Liegenschaft mit der vorgenannten Verbrauchsstelle veräußert und an den Erwerber übergeben.
3
Für den Zeitraum 15.12.2019 bis 31.1.2020 wurde ein Verbrauch von 18.675 kWh ermittelt und mit insg. 979,48 € abgerechnet, inkl. Grundpreis und Steuern. Nach Verrechnung der gezahlten Abschläge i.H.v. 280 € verbleiben 699,48 €. Die entsprechende Rechnung ging dem Beklagten am 8.3.2020 zu.
4
Gemäß vertraglicher Vereinbarung ließ die Klägerin die Abschläge Februar & März 2020 per Lastschrift vom vorgesehenen Bankkonto einziehen. Infolge von Rücklastschriften fielen der Klägerin Rücklastschriftgebühren i.H.v. 11,50 € an.
5
Die vorgenannten Beträge wurde klägerseits mehrfach erfolglos zur Zahlung angemahnt (Mahnkosten hierfür: 10 €). Hiernach wurde ein registriertes Inkassounternehmen beauftragt, welches die Beträge ebenfalls nicht einziehen konnte (Kosten hierfür: 124 €).
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Die Klägerseite beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 699,48 € nebst Zinsen zu jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.3.2020, 11,50 € Bankgebühren, 10 € Mahnauslagen und 124 € Inkassokosten zu bezahlen.
8
Er meint, aufgrund der Veräußerung der Liegenschaft sei er nicht mehr passivlegitimiert.
9
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten nebst Anlagen Bezug genommen.
10
Es wurde jeweils das Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt, zuletzt eingegangen bei Gericht am 19.9.2020 (Bl. 37 d.A.).
Entscheidungsgründe
11
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
12
Die Hauptforderungen ergeben sich aus dem gegenständlichen Erdgas-Versorgungsvertrag, § 433 II BGB.
13
Die Einwendung des Beklagten überzeugt nicht:
Die Veräußerung des Hauses mit der gegenständlichen Verbrauchsstelle führt nicht automatisch zur Beendigung des Erdgas-Versorgungsvertrags. Auch findet kein automatischer Parteiwechsel statt. Vielmehr hätte der Beklagte den Vertrag rechtzeitig beenden müssen (durch Kündigung), was er offensichtlich versäumt hatte.
14
Die Nebenforderungen ergeben sich jeweils aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs, §§ 280 I 1, II, 286, 288, 291 ZPO. Der Höhe nach begegnen sie jeweils keinen Bedenken, §§ 249 f. BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 92 II Nr. 1, 269 II 2 Hs. 2 Var. 2, 495, 708 Nr. 11, 711 ZPO.