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Truppendienstgericht Süd München, Urteil v. 13.02.2020 – S 3 VL 41/16
Titel:

Fahrerlaubnis, Hauptverhandlung, Soldat, Bescheid, Amphetamin, Freiheitsstrafe, Marihuana, Staatsanwaltschaft, Konsum, Fahrzeug, Pflichtverteidiger, Soldaten, Angeklagte, Dienstvergehen, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Bundesrepublik Deutschland

Schlagworte:
Fahrerlaubnis, Hauptverhandlung, Soldat, Bescheid, Amphetamin, Freiheitsstrafe, Marihuana, Staatsanwaltschaft, Konsum, Fahrzeug, Pflichtverteidiger, Soldaten, Angeklagte, Dienstvergehen, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Urteil vom 04.05.2021 – 2 WD 16.20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 49652

Tenor

1. Dem früheren Soldaten wird wegen eines Dienstvergehens das Ruhegehalt aberkannt.
2. Er trägt die Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der heute 33 Jahre alte frühere Soldat besuchte zunächst die Grundschule, dann die Realschule die er mit der Mittleren Reife im Jahr 2003 abschloss. Hieran anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Feinwerkmechaniker die er im Jahr 2007 abschloss. Bis zu seinem Eintritt in die Bundeswehr ging er diversen Tätigkeiten nach. Zum 01. Oktober 2009 wurde er zur X./Luftwaffenausbildungsregiment in Roth als Grundwehrdienstleistender in die Bundeswehr eingezogen. Hieran schloss sich ein freiwilliger Wehrdienst von 14 Monaten an. Am 24. November 2010 wurde der frühere Soldat in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen und seine Dienstzeit auf insgesamt 8 Jahre festgesetzt. Sie endete mit Ablauf des 30. September 2017.
2
Der frühere Soldat war zuletzt bei der X./Unterstützungskräfte KSK in C. eingesetzt.
3
Der frühere Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt am 01. Oktober 2013 zum Oberstabsgefreiten.
4
Der frühere Soldat wurde in seiner Dienstzeit nicht beurteilt. Seine damaligen Disziplinarvorgesetzten, die Zeugen Major D, Oberstleutnant E und Hauptmann d. R. F haben ihn als einen Soldaten beschrieben, der anfangs eigentlich ein guter Soldat war, zumindest nicht in negativer oder positiver Hinsicht besonders auffällig. Der Soldat habe sich dann aber deutlich negativ entwickelt. Begonnen habe der Abwärtstrend mit den Ermittlungen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Er sei dann fahrig geworden, habe seine Aufträge nur noch widerwillig erledigt und habe für alle Arbeiten deutlich mehr Zeit gebraucht als vorher. Er sei sozusagen „schlampig“ geworden. Dies habe sich immer weiter verstärkt und habe schließlich für erhebliche Unruhe in der Einheit geführt.
5
Dem früheren Soldaten sei schließlich die Ausübung des Dienstes verboten worden, um wieder Ruhe in die Einheit zu bringen.
6
Nachdem das Verbot aufgehoben worden war, hätten die eigenmächtigen Abwesenheiten des früheren Soldaten stattgefunden. Danach sei er dann auch bald aus dem Dienst ausgeschieden.
7
Man habe den früheren Soldaten mehrfach darauf angesprochen, ob er Hilfe benötige und habe ihm auch entsprechende Hilfsangebote in der Bundeswehr aufgezeigt. Dies habe er jedoch abgelehnt und habe erklärt, er wolle sich nach seinem Ausscheiden im Zivilbereich selber um entsprechende Hilfe bemühen.
8
Im Zentralregisterauszug des früheren Soldaten ist ein Strafbefehl des Amtsgerichts Pforzheim wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis aus dem Jahr 2015, ein Urteil des Amtsgerichts C. wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis aus dem Jahr 2016 sowie ein Urteil des Amtsgerichts Pforzheim wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis aus dem Jahr 2017 eingetragen.
9
Der Disziplinarbuchauszug des früheren Soldaten weist dieselben Eintragungen mit Ausnahme des Urteils des Amtsgerichts Pforzheim aus dem Jahr 2017 auf.
10
Der frühere Soldat ist berechtigt die Schützenschnur in Gold und die Einsatzmedaillen ISAF zu tragen.
11
Ihm wurde im Jahr 2011 eine Leistungsprämie in Form einer Einmalzahlung in Höhe von 750,00 € wegen besonders guter Leistungen zuerkannt.
12
Der frühere Soldat ist nach Aktenlage ledig und hat keine Kinder.
13
Nach Auskunft der zuständigen Besoldungsdienststelle hat zuletzt Übergangsgebührnisse nach der Besoldungsgruppe A 5 EZ Erfahrungsstufe 5, in Höhe von 1.719,11 € netto erhalten und zwar bis zum 11. Juni 2019.
14
Eine ihm zustehende Übergangsbeihilfe in Höhe von 14.938,38 € wurde bisher einbehalten.
15
Nach Erklärung des früheren Soldaten, Stand 2016, zahlt er ein Darlehen für die Anschaffung eines Traktors in Höhe von 20.000,00 € mit monatlich 350,00 € zurück. Über seine derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse ist nichts bekannt.
II.
16
In dem mit Verfügung des Kommandeurs Schnelle Kräfte vom 21. Januar 2016, durch Aushändigung an den früheren Soldaten am 3. Februar 2016, ordnungsgemäß eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren wird dem früheren Soldaten in der Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 26. August 2016, ihm zugestellt am 22. September 2016, folgendes Verhalten als schuldhafte Verletzung seiner Dienstpflichten zur Last gelegt:
1. „Der Soldat konsumierte am 14. Dezember 2013, an einem nicht näher bestimmbaren Ort Betäubungsmittel des Wirkstoffs Amphetamin/Metamphetamin (Ecstasy), obwohl er aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass der Konsum von Betäubungsmitteln für Soldaten nach der Zentralen Dienstvorschrift 10/5, Nummer 404, Absatz 4, nunmehr überführt in Zentralrichtlinie A2-2630/0-0-2, Ziffer 5.1.1, Nummer 503 in und außerhalb des Dienstes verboten ist.
2. Der Soldat war am 14. Dezember 2013 auf der BAB 8, Kilometer 197,800, zwischen der Anschlussstelle Stuttgart-Degerloch und der Anschlussstelle Stuttgart-Flughafen/Messe in Richtung München in 7... S., um 21:40 Uhr, im Besitz zweier Tabletten des Wirkstoffs Amphetamin/Metamphetamin (Ecstasy), obwohl er aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass der Besitz von Betäubungsmitteln für Soldaten nach der Zentralen Dienstvorschrift 10/5, Nummer 404, Absatz 4, nunmehr überführt in Zentralrichtlinie A2-2630/0-0-2, Ziffer 5.1.1, Nummer 503 in und außerhalb des Dienstes verboten ist.
3. Der Soldat gab seine Dienstfahrerlaubnis nicht zurück und meldete seinem nächsten Disziplinarvorgesetzten nicht, dass ihm durch die Fahrerlaubnisbehörde E. in Pf., mit seit dem 3. September 2014 bestandskräftigen Bescheid, Aktenzeichen 23-113-30WD, ihm zugestellt am 2. August 2014, die zivile Fahrerlaubnis entzogen wurde, obwohl er aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2009 wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass dies gemäß Zentralerlass B- 1050/3, Nummer 505, 6. Variante, (nunmehr Zentrale Dienstvorschrift A- 1050/11, Ziffer 2.5, Nummer 217, 6. Variante) ein meldepflichtiges Ereignis darstellt.
4. Der Soldat befuhr am Sonntag, den 16. November 2014 gegen 18:29 Uhr, mit dem LKW (Abschleppfahrzeug) der Firma … GmbH, mit dem amtlichen Kennz.. die Bundesautobahn 8 in 7..5236 R., Anschlussstelle Karlsbad bis Anschlussstelle Pf. West, obwohl er aufgrund des Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde E. in Pf., bestandskräftig seit dem 3. September 2014, Aktenzeichen 23-113-30WD wusste, zumindest hätte wissen müssen und können, dass er nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Fahrerlaubnis war.
5. Der Soldat fuhr im Zeitraum 3. September 2014 bis 15. September 2015 in den im Ermittlungsergebnis unter II., Anschuldigungspunkt Nr. 5 a) näher bestimmten 18 Fällen mit den dort näher bestimmten fahrerlaubnispflichtigen Bundeswehrkraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr auf den unter vorbenanntem Ermittlungsergebnis II. näher bezeichneten Strecken, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen zivilen Fahrerlaubnis und gültigen Dienstfahrerlaubnis zu sein, obwohl er aufgrund des Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde E. in Pf., bestandskräftig seit dem 3. September 2014, Aktenzeichen 23-113-30WD wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass er nicht mehr im Besitz der hierfür erforderlichen zivilen Fahrerlaubnis war und der Entzug seiner zivilen Fahrerlaubnis gemäß Zentralerlass B-1050/2, Ziffer 4.3.2, Nummer 409, 1. Variante, nunmehr überführt in Zentralrichtlinie A2- 1050/10-0-20 Ziffer 8.2.4, Nummer 810, 1. Variante, auch unmittelbar zum Erlöschen seiner Dienstfahrerlaubnis führt.
Hilfsweise:
Der Soldat fuhr im Zeitraum 3. September 2014 bis 15. September 2015 in den im Ermittlungsergebnis unter II., Anschuldigungspunkt Nr. 5 b) näher bestimmten 114 Fällen mit den dort näher bestimmten fahrerlaubnispflichtigen Bundeswehrkraftfahrzeugen sowohl im Standortbereich der G.-Z.-Kaserne, G-Z.- Straße, 7... C. als auch im öffentlichen Straßenverkehr auf den unter vorbenanntem Ermittlungsergebnis II. näher bezeichneten Strecken, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen zivilen Fahrerlaubnis und gültigen Dienstfahrerlaubnis zu sein und legte hierbei mit den Fahrzeugen eine Gesamtstrecke von 6.439 Kilometer zurück, obwohl er aufgrund des Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde E. in Pf., bestandskräftig seit dem 3. September 2014, Aktenzeichen 23-113-30WD wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass er nicht mehr im Besitz der hierfür erforderlichen zivilen Fahrerlaubnis war und der Entzug seiner zivilen Fahrerlaubnis gemäß Zentralerlass B-1050/2, Ziffer 4.3.2, Nummer 409, 1. Variante, nunmehr überführt in Zentralrichtlinie A2-1050/10-0-20 Ziffer 8.2.4, Nummer 810, 1. Variante, auch unmittelbar zum Erlöschen seiner Dienstfahrerlaubnis führt.
6. Der Soldat erwarb an einem nicht näher bestimmbaren Tag vor oder am 2. August 2015 von einem unbekannt gebliebenen Verkäufer mindestens 1 Gramm Amphetamin und führte am 2. August 2015 um 02:25 Uhr am Haupteingang des Geländes der ehemaligen NATO-Raketenbasis „Pynda“, in 5... H1., im Rahmen der Techno-Veranstaltung „Nature One“, 0,4 Gramm Amphetamin in seiner Geldbörse mit, obwohl er aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass der Besitz von Betäubungsmitteln für Soldaten nach Zentralrichtlinie A2-2630/0-0-2, Ziffer 5.1.1, Nummer 503 in und außerhalb des Dienstes verboten ist.
7. Der Soldat konsumierte zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt am 2. August 2015 an einem nicht mehr feststellbaren Ort in 5... H1., im Rahmen der Techno-Veranstaltung „Nature One“ mindestens 0,6 Gramm Amphetamin, obwohl er wusste, zumindest aber hätte wissen können und müssen, dass der Besitz und Konsum von Betäubungsmitteln für Soldaten nach Zentralrichtlinie A2-2630/0-0-2, Ziffer 5.1.1, Nummer 503 in und außerhalb des Dienstes verboten ist.“
17
In einer Nachtragsanschuldigungsschrift vom 20. September 2016, dem Soldaten zugestellt am 6. Oktober2016, wurde der Anschuldigungspunkt Nr. 5 aus der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016 wie folgt neu gefasst und angeschuldigt:
„Der Soldat fuhr im Zeitraum 3. September 2014 bis 15. September 2015 ohne im Besitz der hierfür erforderlichen zivilen Fahrerlaubnis und gültigen Dienstfahrerlaubnis zu sein, obwohl er aufgrund des Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde E. in Pf., bestandskräftig seit dem 3. September 2014, Aktenzeichen 23-113-30WD wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass er nicht mehr im Besitz der hierfür erforderlichen zivilen Fahrerlaubnis war und der Entzug seiner zivilen Fahrerlaubnis gemäß Zentralerlass B-1050/2, Ziffer 4.3.2, Nummer 409, 1. Variante, nunmehr überführt in Zentralrichtlinie A2- 1050/10-0-20 Ziffer 8.2.4, Nummer 810, 1. Variante, auch unmittelbar zum Erlöschen seiner Dienstfahrerlaubnis führt,
a) in den im Ermittlungsergebnis unter II., Anschuldigungspunkt Nr. 5 a) näher bestimmten 18 Fällen mit den dort näher bestimmten fahrerlaubnispflichtigen Bundeswehrkraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr auf den unter vorbenanntem Ermittlungsergebnis II., Anschuldigungspunkt Nr. 5 a) näher bezeichneten Strecken,
b) in den im Ermittlungsergebnis unter II., Anschuldigungspunkt Nr. 5 b) näher bestimmten 95 Fällen mit den dort näher bestimmten fahrerlaubnispflichtigen Bundeswehrkraftfahrzeugen sowohl im Standortbereich der G.-Z.-Kaserne, G-Z.- Straße, 7... C. als auch im öffentlichen Straßenverkehr auf den unter vorbenanntem Ermittlungsergebnis II., Anschuldigungspunkt Nr. 5 b) näher bezeichneten Strecken.
Der Soldat legte hierbei eine Gesamtstrecke von 6.439 Kilometer mit Bundeswehrkraftfahrzeugen zurück.“
18
In einer zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 26. Juni 2019, dem Soldaten zugestellt am 6. Juli 2019, wurden dem folgenden dargestellten weiteren Vorwürfe gegen ihn erhoben:
1. „Der frühere Soldat fuhr am 11. Januar 2017 gegen 14:40 Uhr mit dem Pkw Audi Avant Quattro, PF-MB 1802, auf der D1. straße in 7... R., Ortsteil Singen, bis zu seiner Wohnanschrift, … in …, obwohl er aufgrund des Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde E. in Pf., bestandskräftig seit dem 3. September 2014, Aktenzeichen 23-113-30WD, wusste, zumindest hätte wissen müssen und können, dass er nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Fahrerlaubnis war.
2. Der frühere Soldat erschien am 5. Juli 2017 nicht, wie durch den ihm bekannten Dienstplan seines damaligen Kompaniechefs in Vertretung, Hauptmann G, für den Zeitraum vom 3. Juli 2017 bis 9. Juli 2017 befohlen, um 7:00 Uhr zum Dienst in seiner Einheit, der X./Unterstützungskräfte KSK in der G.-Z.-Kaserne in 7... C., sondern blieb dieser bis zu seiner eigenständigen Rückkehr am 6. Juli 2017 um 7:00 Uhr unerlaubt fern.
3. Der frühere Soldat erschien am 10. Juli 2017 nicht, wie durch den ihm bekannten Dienstplan seines damaligen Kompaniechefs, Hauptmann (nunmehr Major) D, für den Zeitraum vom 10. Juli 2017 bis 16. Juli 2017 befohlen, um 7:00 Uhr zum Dienst in seiner Einheit, der X./ Unterstützungskräfte KSK in der G.-Z.-Kaserne in 7... C., sondern blieb dieser bis einschließlich 11. Juli 2017 unerlaubt fern.
4. Der frühere Soldat erschien am 19. Juli 2017 nicht, wie durch den ihm bekannten Dienstplan seines damaligen Kompaniechefs, Hauptmann (nunmehr Major) D, für den Zeitraum vom 17. Juli 2017 bis zum 23. Juli 2017 befohlen, um 7:00 Uhr zum Dienst in seiner Einheit, der X./Unterstützungskräfte KSK in der G.-Z.-Kaserne in 7... C., sondern blieb dieser bis zu seiner eigenständigen Rückkehr am 21. Juli 2017 gegen 9:20 Uhr unerlaubt fern.
5. Der frühere Soldat konsumierte zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum zwischen dem 21. August 2017 und dem 27. August 2017 an einem nicht näher bestimmbaren Ort, jedenfalls aber außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen Marihuana in einer nicht mehr genau feststellbaren Menge, jedenfalls aber mindestens einen Joint pro Tag, obwohl der frühere Soldat aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen können und müssen, dass ihm der Konsum von Betäubungsmitteln nach der Zentralrichtlinie A2- 263010-0-2 „Leben in der militärischen Gemeinschaft“, Ziffer 172 verboten ist.“
19
Das dem früheren Soldaten unter Ziffer 2 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016 vorgeworfene Verhalten wurde im Rahmen eines sachgleich geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens verfolgt und mit Beschluss vom 3. Februar 2014 gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
20
Das dem früheren Soldaten unter Ziffer 4 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016 vorgeworfene Verhalten wurde durch sachgleichen Strafbefehl des Amtsgerichts Pforzheim, Az: 3 Cs 89 Js 316/15, vom 1. Juli 2015, rechtskräftig seit 18. Juli 2015, als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG mit einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 40,00 €, also insgesamt 2.000,00 € geahndet.
21
Das dem früheren Soldaten unter Ziffer 5a der Nachtragsanschuldigungsschrift vom 20. September 2016 vorgeworfene Verhalten wurde durch das sachgleiche Strafurteil des Amtsgerichts C., Az: 8 Gs 32 Js 19195/15 vom 22. März 2016, rechtskräftig am selben Tage, als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis in 18 Fällen gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten geahndet, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
22
Das dem früheren Soldaten unter Ziffer 6 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016 vorgeworfene Verhalten wurde mit Beschluss der Staatsanwaltschaft Kreuznach, Az: 1042 Js 16114/15 vom 16. Oktober 2015 gemäß § 31a Betäubungsmittelgesetz eingestellt.
23
Das dem früheren Soldaten unter Ziffer 1 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 26. Juni 2015 vorgeworfene Verhalten wurde durch das sachgleiche Strafurteil des Amtsgerichts Pforzheim Az: 7 Ds 82 Js 2195/17 vom 4. September 2017, rechtskräftig am 12. September 2017, als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten geahndet, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dem früheren Soldaten wurde aufgegeben, 80 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten.
24
Der frühere Soldat war in der Hauptverhandlung nicht anwesend und hat sich auch über seinen Pflichtverteidiger nicht zur Sache eingelassen.
III.
25
Die Abwesenheit des früheren Soldaten Stand der Durchführung der Hauptverhandlung nicht entgegen, da er zu dem Termin ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass in seiner Abwesenheit verhandelt werden könne (§ 104 Abs. 1 Nr. 3 WDO).
IV.
26
Aufgrund der gemäß § 106 Abs. 2 WDO in der Hauptverhandlung verlesenen Niederschriften, Urkunden und Schriftstücke, insbesondere der gemäß § 84 Abs. 1 WDO bindenden Feststellungen der strafgerichtlichen Urteile des Amtsgerichts Pforzheim sowie der Aussage der Zeugen Major D, Oberstleutnant E und Hauptmann d.R. F steht zur Überzeugung der Kammer folgender Sachverhalt fest:
27
Ziffer 1 und 2 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016:
28
Im Dezember 2013 befand sich der frühere Soldat auf der Fahrt nach Stuttgart wo er mit Freunden ein Festival besuchen wollte. Diese Freunde hatten ihn bereits vorher überredet, Ecstasy auszuprobieren. Im Rahmen einer Polizeikontrolle, die im Hinblick auf das Festival verstärkt stattfanden, wurde das Fahrzeug und seine Insassen durchsucht und beim früheren Soldaten wurden zwei Ecstasytabletten gefunden.
29
Bereits vor Antritt der Fahrt hatte der frühere Soldat mit seinen Freunden an diesem Tag Amphetamin konsumiert.
30
Der Soldat hat sich insoweit geständig eingelassen in seiner Vernehmung am 10. Juli 2016 bei der Wehrdisziplinaranwaltschaft.
31
Zu Ziffer 3 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016:
32
Aufgrund der oben zu Ziffer 1 und 2 der Anschuldigungsschrift geschilderten Vorkommnisse wurde dem früheren Soldaten die Fahrerlaubnis entzogen und dem früheren Soldaten war klar, dass er dies seinem Disziplinarvorgesetzten hätte melden müssen, da damit auch der Verlust der Bundeswehrfahrerlaubnis einherging. Der frühere Soldat hat bekundet, er sei davon ausgegangen, dass der Verlust seiner Zivilfahrerlaubnis nicht auffalle und er in der Zwischenzeit diese neu erteilt bekäme, was jedoch nicht der Fall war. Trotz der Tatsache, dass ihm klar wurde, dass er seinen Zivilführerschein nicht zurückbekäme meldete er dies seinem Disziplinarvorgesetzten nicht, weil er vor den Folgen Angst hatte. Er hatte bereits Dienstkraftfahrzeuge bewegt und ging davon aus, dass es Ärger gäbe, wenn er nun verspätet melde, dass seine Zivilfahrerlaubnis entzogen worden war.
33
Zu Ziffer 4 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016:
34
Der frühere Soldat hat im Januar 2014 bei der Firma XX (Abschleppunternehmen) nebenbei gearbeitet. Es handelte sich um einen Minijob bei dem er zwischen 300 und 400 € verdiente und den er ohne Nebentätigkeitsgenehmigung ausübte. Er wusste, dass er infolge Verlustes der zivilen Fahrerlaubnis den Abschleppwagen nicht hätte fahren dürfen und hat dies auch in seiner Vernehmung am 19. Juli 2016 bei der Wehrdisziplinaranwaltschaft eingeräumt.
35
Zu Ziffer 5a und b der Nachtragsanschuldigungsschrift vom 20. September 2016:
36
Der frühere Soldat hat eingeräumt, sämtliche in den Fahraufträgen eingetragenen Fahrten durchgeführt zu haben. Er hat in seiner Vernehmung bei der Wehrdisziplinaranwaltschaft am 19. Juli 2016 angegeben, es sei nicht völlig auszuschließen, dass er auch einige wenige Kilometer, die andere Fahrer gefahren seien in seine Fahraufträge mitaufgenommen habe, aber insgesamt sei er die 115 Fahrten mit den eingetragenen Kilometern gefahren, obwohl er gewusst habe, dass er keine Fahrerlaubnis hatte.
37
Die gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO bindenden tatsächlichen Feststellungen des hierzu teilweise sachgleichen Strafurteils des Amtsgerichts C. vom 22. März 2016 lauten:
„Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen beruhen auf seiner Einlassung in der Hauptverhandlung. Wegen der Vorstrafen ist der Auszug aus dem Bundeszentralregister verlesen worden.
38
In der Hauptverhandlung räumte der Angeklagte folgenden Sachverhalt glaubhaft ein:
39
Dem Angeklagten wurde mit unanfechtbaren Beschluss des Landratsamtes E. vom 03.09.2014 die Fahrerlaubnis entzogen. Dies teilte der Angeklagte als Oberstabsgefreiter bei der Bundeswehr seinem Kompaniechef der Versorgungskompanie KSK in C. nicht mit, so dass er zwar seine Dienstfahrerlaubnis behielt, diese jedoch ohne zivile Fahrerlaubnis ebenfalls ihre Gültigkeit verloren hatte.
40
In Kenntnis dessen nahm der Angeklagte trotzdem im Zeitraum vom 03.09.2014 bis 30.09.2015 aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses mit Fahrzeugen der Bundeswehr am öffentlichen Verkehr teil.
41
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fahrten:
42
Die Kammer hat nach Anhörung und Zustimmung des Verteidigers sowie der Vertreterin der Wehrdisziplinaranwaltschaft, die im Strafurteil des Amtsgerichts C. vom 22. März 2016 als Tatnummer 1, Tatnummer 6 sowie Tatnummer 16 bezeichneten Fahrten gemäß § 107 Abs. 2 WDO ausgeklammert, da diese Fahrten im Strafurteil entweder nach Fahrstrecke oder Datum falsch dargestellt waren. Ebenfalls nach Anhörung und Zustimmung des Verteidigers und der Vertreterin der Wehrdisziplinaranwaltschaft wurden nach § 107 Abs. 2 WDO ausgeklammert, sämtliche in der Nachtragsanschuldigungsschrift vom 20. September 2016 dargestellten Fahrten mit dem Fahrzeug „Gabelstapler“, da die Kammer keine sicheren Erkenntnisse dahingehend gewinnen konnte, dass für die Nutzung des Gabelstaplers - der offensichtlich nur auf Bundeswehrgelände genutzt wurde - das Vorhandensein einer Bundeswehrfahrerlaubnis erforderlich ist.
43
Etwas Anderes gilt zur Überzeugung der Kammer für den Bagger „Ahlmann“ mit dem auch die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr erlaubt ist. Der frühere Soldat hat diesen Bagger laut Aussage des Zeugen Hauptmann d.R. F auch im öffentlichen Straßenverkehr bewegen müssen, da während des in der Anschuldigungsschrift dargestellten Tatzeitraums die bundeswehreigene Tankstelle in der Kaserne geschlossen war und der Bagger im öffentlichen Straßenverkehr in die naheliegende Ortschaft zur dortigen Tankstelle gefahren werden musste, um ihn zu betanken. Auch diese Fahrten hat der frühere Soldat nach Aussage des Zeugen Hauptmann d.R. F durchgeführt. Die Kammer geht insoweit davon aus, dass der frühere Soldat zur Nutzung dieses Baggers eine Bundeswehrfahrerlaubnis benötigte.
44
Der Zeuge Hauptmann d.R. F hat überdies ausgesagt, dass auch die ebenfalls notwendige Berechtigung zum Führen von Pioniergerät, die der frühere Soldat zur Nutzung des Gabelstaplers und des Baggers „Ahlmann“ benötigte, vom Vorhandensein einer Bundeswehrfahrerlaubnis abhing und ohne diese nicht hätte erworben werden können.
45
Zu Ziffer 6 und 7 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016:
46
Der Soldat hat in seiner Vernehmung bei der Wehrdisziplinaranwaltschaft am 19. Juli 2016 eingeräumt, dass er am 2. August 2015 für den Besuch des Technofestivals „Nature One“ ein Gramm Amphetamin gekauft hat, obwohl er gewusst habe, dass er als Soldat weder Drogen besitzen noch diese konsumieren dürfe und dass er, bevor dieses Amphetamin bei ihm gefunden wurde, bereits 0,4 Gramm davon konsumiert hatte.
47
Zu Ziffer 1 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 26. Juni 2019:
48
Die gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO bindenden tatsächlichen Feststellungen des hierzu sachgleichen Strafurteils des Amtsgerichts Pforzheim vom 04. September 2017 lauten:
„Dem Angeklagten wurde mit Bescheid vom 01.08.2014, bestandskräftig seit 03.09.2014, wegen des nicht Beibringens eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle die Fahrerlaubnis entzogen.
Im Kenntnis und im Bewusstsein dessen führte der Angeklagte seinen Pkw Audi, amtliches Kennzeichen XXX in R., einmal um den Block seiner Wohnanschrift, nachdem seine Lebensgefährtin ein klapperndes Geräusch beschrieben hatte, von dem er sich selbst einen Eindruck verschaffen wollte. Im Bereich der D2. straße wurde er von den Beamten PK O. wahrgenommen und anschließend unmittelbar vor seiner weniger 100 Meter entfernten Wohnanschrift einer Routinekontrolle unterzogen.“
49
Der frühere Soldat hat sich in diesem Strafverfahren geständig eingelassen.
50
Zu Ziffer 2, Ziffer 3 und Ziffer 4 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 26. Juni 2019:
51
Der frühere Soldat blieb seinem Dienst am 5., 10., 11., 19. und 20. Juli 2017 unerlaubt fern.
52
Der Zeuge Hauptmann d.R. F, damals Kompaniechef und Disziplinarvorgesetzter des früheren Soldaten hat hierzu bekundet, dass er seinem Geschäftszimmerpersonal befohlen hatte, zu versuchen, den früheren Soldaten bei Abwesenheiten telefonisch zu erreichen und nach dem Grund der Abwesenheit zu fragen, bzw. ihn in die Kaserne zu beordern. Er hatte des Weiteren befohlen, hierüber Gesprächsprotokolle anzulegen. Diesen Protokollen (Seite 169 und Rückseite der Verfahrensakte) ist zu entnehmen, dass der Soldat am 05., 10., 11., 12., 19. und 20.07.2017 nicht zu Dienst erschienen war und hierfür auch keine Erlaubnis bzw. ein sonstiger rechtfertigender Grund vorhanden war.
53
Dies hat der Zeuge Hauptmann d.R. F in der Hauptverhandlung nach Einsichtnahme in diese Gesprächsprotokolle auch so bestätigt.
54
Zu Ziffer 5 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 26. Juni 2019:
55
Der frühere Soldat hat in seiner Vernehmung durch den Zeugen Hauptmann d.R. F am 04. September 2017 nach Durchführung sämtlicher notwendiger Belehrungen unter anderem folgendes bekundet:
„Auf die Frage: die Kompanieführung hatte in der 34. KW (21. bis 27. August 2017) mehrfach versucht, sie telefonisch zu erreichen. Warum sind Sie nicht an ihr Telefon gegangen bzw. warum haben Sie nicht zurückgerufen?:
„Im Geschäftszimmer war nur meine Handynummer hinterlegt. Man konnte mich nicht erreichen, da mein Handy kaputt ist.
Auf Frage: Konnten sie sehen, dass jemand aus der Kompanie versucht hatte sie anzurufen?:
„Ja“.
Auf Frage: Warum hatten Sie nicht zurückgerufen?:
„Ich stand zum damaligen Zeitpunkt unter dem Einfluss von Drogen. Deshalb war mir nicht klar, was ich tue.“
Auf Frage: Was waren das für Drogen?:
„Cannabis. Ich hatte ungefähr ein bis zwei Joints täglich geraucht.“
56
Somit hat der frühere Soldat den ihm unter Ziffer 5 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vorgeworfenen Marihuanakonsum eingeräumt.
57
Der frühere Soldat war durch die X./Luftwaffenausbildungsregiment in Roth am 1. Oktober 2008 über die straf- und dienstrechtlichen Folgen des unbefugten Besitzes und Konsums von Betäubungsmitteln innerhalb und außerhalb des Dienstes belehrt worden. Dies hat er mit seiner Unterschrift bestätigt.
V.
58
Der frühere Soldat hat sich durch sein Verhalten eines Dienstvergehens (§ 23 Abs. 1 Soldatengesetz [SG]) schuldig gemacht.
59
Indem er, wie unter Ziffer 1 und 7 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016 dargestellt, Ecstasy bzw. Amphetamin und entsprechend dem Vorwurf in Ziffer 5 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 26. Juni 2019 Marihuana konsumierte ohne hierfür eine entsprechende Erlaubnis zu haben hat er seine Dienstpflichten verletzt, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen (§ 7 SG) sowie dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG).
60
Bezüglich der Pflicht zum treuen Dienen handelte der frühere Soldat fahrlässig, da sich der Verstoß auf die länger andauernde bzw. wiederkehrende Beeinträchtigung der Dienstfähigkeit des früheren Soldaten bezieht, die er unter Anwendung der ihm abzuverlangenden Sorgfalt im Umgang mit Betäubungsmitteln jedenfalls hätte erkennen können und müssen. Der Verstoß gegen die Achtungs- und Vertrauenspflicht stellt sich als vorsätzlich dar, da dem früheren Soldaten aufgrund der Belehrung klar war, dass ihm der Konsum von Betäubungsmitteln verboten war und dieser zudem eine Straftat darstellt.
61
In dem er sich, wie unter Ziffer 2 und 6 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016 dargestellt Ecstasy also Amphetamine beschaffte und in Besitz hatte, hat er vorsätzlich gegen seine Pflicht verstoßen, sich so zu verhalten, dass sein Verhalten außer Dienst und außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG).
62
Indem es der frühere Soldat wie in Ziffer 3 der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2016 dargestellt, unterließ, seinem Disziplinarvorgesetzten den Entzug seiner zivilen Fahrerlaubnis zu melden und indem er, wie in Ziffer 5a und b der Nachtragsanschuldigungsschrift vom 20. September 2016 dargestellt, Bundeswehrfahrzeuge führte ohne im Besitz einer gültigen Bundeswehrfahrerlaubnis zu sein, hat er seine Dienstpflichten vorsätzlich verletzt, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen (§ 7 SG) sowie sich so zu verhalten, dass sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG).
63
Der frühere Soldat handelte vorsätzlich, da ihm aufgrund seiner Ausbildung bekannt war, dass der Verlust der zivilen Fahrerlaubnis auch den Entzug der militärischen Fahrerlaubnis nach sich zieht. Wie er selbst bekundet hat, hat er es eben aus diesem Grund auch unterlassen, seinem Disziplinarvorgesetzten den Verlust seiner zivilen Fahrerlaubnis zu melden. Hierdurch wollte er erreichen, dass er weiterhin mit Bundeswehrfahrzeugen fahren durfte, obwohl seine Militärfahrerlaubnis durch den Entzug der zivilen Fahrerlaubnis erloschen war.
64
Dem Soldaten war aufgrund seiner Ausbildung auch bekannt, dass die Militärfahrerlaubnis Voraussetzung für den Erwerb und die Nutzung der Erlaubnis zum Betreiben von Pioniergerät ist und ihm war deshalb auch bekannt, dass er infolge Erlöschens seiner Militärfahrerlaubnis auch kein Pioniergerät mehr betreiben durfte.
65
Indem er, wie in Ziffer 2, 3 und 4 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 26. Juni 2019 dargestellt, seinem Dienst bei der X./Unterstützungskräfte KSK in C. unerlaubt fern blieb, hat er seine Dienstpflichten vorsätzlich verletzt, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen (§ 7 SG) sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG).
VI.
66
Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen.
67
Das Dienstvergehen des früheren Soldaten wiegt außerordentlich schwer.
68
Es erfordert als angemessene Ahndung die Aberkennung des Ruhegehalts des früheren Soldaten.
69
Der frühere Soldat hat durch die immense Anzahl von Dienstpflichtverletzungen die er jeweils begangen hat, einen außerordentlich schweren Verstoß gegen seine Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 SG begangen.
70
Diese Verpflichtung gebietet jedem Soldaten, seine dienstlichen Aufgaben und Pflichten gewissenhaft, sorgfältig und loyal gegenüber seinem Dienstherrn zu erfüllen. Das schließt ein, innerhalb und außerhalb des Dienstes mit den ihm zur Verfügung stehenden Kräften dazu beizutragen, dass die Streitkräfte der Bundeswehr ihre durch die Verfassung festgelegten Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können sowie alles zu unterlassen, was diese bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in unzulässiger Weise schwächen könnte. Die Bundeswehr kann nämlich den ihr erteilten Verfassungsauftrag nur dann erfüllen, wenn nicht nur das innere Gefüge der Streitkräfte so gestaltet ist, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen ist, sondern auch ihre Angehörigen jederzeit präsent und einsatzbereit sind. Hierzu gehört vor allem die Pflicht zur Anwesenheit und die Pflicht zur gewissenhaften Dienstleistung. Die Verletzung der Pflicht zur militärischen Dienstleistung berührt nicht nur die Wurzeln der militärischen Ordnung und die Einsatzbereitschaft der Truppe, sie erschüttert insbesondere die Grundlage des Dienstverhältnisses selbst, wie die Wehrdienstgerichte wiederholt zum Ausdruck gebracht haben.
71
Der frühere Soldat hat gegen diese Pflicht in eklatanter, vielfältiger Weise durch die von ihm begangenen Dienstpflichtverletzungen verstoßen. Durch den Konsum von Ecstasy und Marihuana hat er sich in einen Zustand versetzt, in dem er - infolge des Auftretens von Echorauschzuständen auch auf längere Sicht - nicht mehr in der Lage war, seinen Dienstpflichten vollumfänglich nachzukommen. Insbesondere war er nach Genuss von Betäubungsmitteln für längere Zeit nicht mehr geeignet Dienstfahrzeuge zu fahren oder mit Waffen und Munition umzugehen.
72
Die hinzutretenden unerlaubten Abwesenheiten verstärken diesen Verstoß zudem.
73
Da er trotz Erlöschens der notwendigen Militärfahrerlaubnis Dienstfahrzeuge führte und dies in enormer Vielzahl und teilweise über weitere Strecken, hat er diese Fahrzeuge der Gefahr einer Beschädigung ausgesetzt, da er nicht mehr geeignet war, Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, weshalb ihm auch seine zivile Fahrerlaubnis entzogen worden war.
74
Schließlich hat er auch gegen seine Pflicht zum treuen Dienen verstoßen indem er durch mehrfachen Betäubungsmittelkonsum und Besitz sowie das ständig wiederkehrende Fahren ohne Fahrerlaubnis Straftaten begangen hat, die schließlich mehrfach mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden mussten.
75
Zu der in § 7 normierten Pflicht zum treuen Dienen gehört aber auch die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung, vor allem die Beachtung der Strafgesetze. Zwar stellt nicht jede Verletzung einer Rechtsvorschrift bereits eine Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen dar, jedoch handelt es sich vorliegend um Rechtsverstöße von erheblichem Gewicht, die zudem größtenteils in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis standen.
76
Auch die Pflicht, sich in und außer Dienst achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, stellt keine bloße Nebenpflicht dar, sondern es kommt ihr wegen ihres funktionalen Bezugs zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrags der Streitkräfte und Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs vielmehr ein hoher Stellenwert zu.
77
Ein Soldat bedarf der Achtung seiner Kameraden sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist.
78
Dies setzt nicht nur innerdienstlich, sondern auch außerdienstlich ein untadeliges Verhalten voraus, denn der Charakter eines Menschen und die Wertung seiner Festigkeit und Lauterkeit sind unteilbar.
79
Ein Soldat muss sein Verhalten daher so einrichten, dass ein vernünftiger, objektivwertender Dritter, wenn davon Kenntnis haben würde, in dem zu beurteilenden Verhalten keine ernsthafte Beeinträchtigung seiner Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit sehen würde.
80
Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten können durch sein Verhalten schon dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Zuverlässigkeit weckt oder seiner Eignung für die jeweilige Verwendung in Frage stellt.
81
Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn ein Soldat - wie der frühere Soldat - in erheblichem Umfang und in enormer Anzahl Dienstpflichtverletzungen begeht die größtenteils auch Straftatbestände erfüllen und für die er vom zivilen Strafgericht mit einer Freiheitsstrafe belegt werden musste.
82
Dabei kommt es nicht darauf an, ob ggf. eine ernsthafte Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war. Hiervon geht die Kammer bei der Fülle und der Vielartigkeit der vom früheren Soldaten begangenen Dienstpflichtverletzungen ohne Weiteres aus.
83
Sowohl für den mehrfach aufgetretenen Besitz und Konsum von Betäubungsmitteln, der bezüglich des Marihuanas auch häufiger war und länger andauerte, als auch für das mehrfache Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr ohne zivile Fahrerlaubnis i.V.m. dem mehrfachen Führen von Dienstfahrzeugen trotz fehlender Militärfahrerlaubnis und ebenso für die mehrfache, teils mehrtätige unerlaubte Abwesenheit des früheren Soldaten von seinem Dienst bei der X./ Unterstützungskräfte KSK in C., wäre Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen jeweils bereits eine Herabsetzung im Dienstgrad.
84
Bezüglich des notorischen, ständig wiederkehrenden Fahrens mit Dienstfahrzeugen ohne Militärfahrerlaubnis wäre ohne weiteres auch eine mehrstufige Herabsetzung im Dienstgrad ins Auge zu fassen.
85
Das Bekanntwerden der Verfehlungen des früheren Soldaten bei der Polizei und des sonstigen mit der Strafverfolgung und der Durchführung von Strafverfahren befassten Personen ist auch zu seinen Lasten zu berücksichtigen, da die Vorfällte bei außenstehenden ein schlechtes Licht auf den Ruf der Bundeswehr und ihre Angehörigen geworfen haben, in deren Reihen sich der frühere Soldat damals befand.
86
Die Schuld des Soldaten ist durch sein weitestgehend vorsätzliches Verhalten geprägt. Dafür, dass die Erkenntnis- und Steuerungsfähigkeit des früheren Soldaten zum Tatzeitpunkt in schuldminderndem (§ 21 StGB) bzw. sogar schuldausschließendem (§ 20 StGB) Grade beeinträchtigt war, liegen keine objektiven Anhaltspunkte vor.
87
Aus den Einlassungen des früheren Soldaten und den von der Kammer im Übrigen getroffenen Feststellungen hinsichtlich seiner Beweggründe, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sein Dienstvergehen in einem milderen Licht zu sehen wäre.
88
Milderungsgründe in der Tat die eine mildere Maßnahme möglich erscheinen ließen, sind vorliegend ebenfalls nicht gegeben.
89
Die Situation in der der frühere Soldat versagt hat, war nicht von derart außergewöhnlichen Besonderheiten geprägt, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten von ihm nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt hätte werden können.
90
Insofern kann die enorme Vielzahl an Kernpflichtverletzungen des früheren Soldaten die dieser in vielfältiger Art und Weise größtenteils unter Verstoß gegen Strafgesetze begangen hat nicht mehr angemessen mit einer Dienstgradherabsetzung geahndet werden.
91
Bereits jeder der drei Einzelbereiche, Betäubungsmittelkonsum und -besitz, ständig wiederholtes Fahren ohne Fahrerlaubnis und mehrtägige unerlaubte Abwesenheit hätte infolge Fehlens von Minderungsgründen jeweils eine Herabsetzung im Dienstgrad nach sich gezogen. In der Gesamtschau der vorgenannten drei Teilbereiche des Dienstvergehens des früheren Soldaten sieht die Kammer deshalb keine Möglichkeit mehr, hierauf insgesamt angemessen noch mit einer Herabsetzung im Dienstgrad zu reagieren. Vielmehr müssen die Dienstpflichtverletzungen des früheren Soldaten aufgrund ihrer enormen Vielzahl und ihrer Vielartigkeit mit der höchsten, gesetzlich vorgesehenen gerichtlichen Disziplinarmaßnahme, nämlich vorliegend, bei dem bereits ausgeschiedenen früheren Soldaten mit der Aberkennung seines Ruhegehalts geahndet werden.
92
Hieran, kann auch die lange Verfahrensdauer nichts ändern, die der frühere Soldat durch die Vielzahl der zu ermittelnden Dienstpflichtverletzungen und das stetige Weiterbegehen von Dienstpflichtverletzungen im Zeitraum 2014 bis 2017 zum größten Teil selbst verursacht hat.
93
Milderungsgründe in der Person des Soldaten sind allenfalls am Anfang seiner Dienstzeit auszumachen, während sich seine Haltung und Pflichterfüllung im Laufe der Dienstzeit bis zum Ende hin deutlich verschlechtert hat, sodass dem früheren Soldaten am 28. Januar 2016 durch seinen Disziplinarvorgesetzten die Ausübung des Dienstes verboten werden musste. Auf die Aufhebung dieses Verbotes hat er dann mit den angeschuldigten unerlaubten Abwesenheiten im Jahr 2017 reagiert.
94
Auch das im Disziplinarrecht zu beachtende Verhältnismäßigkeitsgebot ließ die Kammer vorliegend zu keiner anderen Maßnahme kommen. Die Aberkennung des Ruhegehalts stellt im Verhältnis zum Dienstvergehen des früheren Soldaten sowie zu seinem Unrechtsverhalten die angemessene und aus Sicht der Kammer auch erforderliche gerichtliche Disziplinarmaßnahme dar.
95
Der frühere Soldat, der durch sein Tun insgesamt das zwischen ihm und seinem Dienstherrn bestehende Achtungs- und Vertrauensverhältnis weitestgehend zerstört hat, wäre als Zeitsoldat untragbar und hätte daher aus dem Dienstverhältnis entfernt werden müssen, was schließlich bei dem bereits ausgeschiedenen früheren Soldaten zur Aberkennung des Ruhegehalts führt.
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Er hat die Folgen dieser Maßnahme ausschließlich seinem eigenen Fehlverhalten zuzuschreiben.
97
Unter Berücksichtigung sämtlicher Faktoren des Falles, insbesondere sämtlicher be- und entlastenden Umstände des Dienstvergehens des früheren Soldaten hat die Kammer daher für dessen Ahndung die Aberkennung seines Ruhegehaltes als angemessen aber auch erforderlich angesehen.
98
Hierbei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass diese Ahndung auch geeignet und erforderlich ist, um andere Soldaten, die vom Dienstvergehen des früheren Soldaten Kenntnis erlangen, von der Begehung ähnlicher Dienstvergehen abzuhalten.
VII.
99
Die Kostenentscheidung folgt aus § 138 Abs. 1 Satz 1 WDO, wonach der Soldat die Verfahrenskosten in dem Umfang zu tragen hat, in dem er verurteilt wird.