Titel:
Exmatrikulation wegen mangelndem Studienfortschritt
Normenkette:
APSO der TUM § 10
Leitsätze:
1. Wer ohne den Nachweis triftiger Gründe die nach der Studienordnung zu einem bestimmten Semester vorgeschriebenen Credit-Punkte nicht erbringt, kann exmatrikuliert werden. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Gewährung eines Urlaussemesters für die Absolvierung eines Praktikums hat nur immatrikulationsrechtliche Bedeutung und verlängert nicht die Frist zur Erbrigung von Studienleistungen. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bachelorprüfung, Studienfortschrittskontrolle, Urlaussemester, Exmatrikulation
Fundstelle:
BeckRS 2020, 49638
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen des Bachelor-Studiengangs Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre (TUM-BWL).
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Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2014/2015 im Bachelorstudiengang TUM-BWL bei der Beklagten.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2017 wurde dem Kläger mitgeteilt, im Rahmen der Bachelorprüfung habe der Kläger die im beigefügten Kontoauszug vom 14. Dezember 2017 enthaltenen Ergebnisse erzielt. Dabei habe er die Vorgaben des § 10 Abs. 3 APSO nicht erfüllt, wonach er nach sechs Fachsemestern 120 ECTS erbracht haben müsse. Die Bachelorprüfung im Studiengang TUM-BWL sei somit endgültig nicht bestanden.
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Falls er sich nicht bereits exmatrikuliert habe werde der Kläger mit Zustellung dieses Bescheides exmatrikuliert.
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Dem Bescheid war ein Kontoauszug des Klägers vom 14. Dezember 2017 beigefügt, aus dem sich ergibt, dass der Kläger bis zum Ende des Sommersemesters 2017 eine Gesamtzahl von 107 ECTS erzielt hat.
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Den dagegen mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2018, zugestellt am 1. Juni 2018, zurück.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 2. Juli 2018, eingegangen am selben Tag, erhob der Kläger dagegen Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München.
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den Prüfungsbescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 29. Mai 2018 aufzuheben und
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die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Fortsetzung des Studiums im Bachelorstudiengang TUM-BWL an der Beklagten zu gestatten und ihm eine angemessene Verlängerung der in § 38 Abs. 1 der Fachprüfungs- und Studienordnung für den Bachelorstudiengang TUM-BWL (FPSO) i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4-6 der Allgemeinen Prüfungs- und Studienordnung für Bachelor- und Masterstudiengänge an der Beklagten (APSO) genannten Fristen zu gewähren.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, am 4. Oktober 2015 sei der Kläger Opfer einer Gewalttat geworden. Er sei von zwei Männern zusammengeschlagen worden. Durch diesen mit äußerster Brutalität ausgeführten Angriff habe er sich schwere Verletzungen am Kopf und Unterleib sowie zwei Knochenbrüche am linken Arm zugezogen.
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Da sich der Überfall unmittelbar vor der Haustür des Klägers ereignet habe, sei der Kläger, der während der Tat akute Todesangst gehabt habe, fortan schwer traumatisier gewesen. Dieser Zustand habe sich auch noch in der Folgezeit während der juristischen Aufarbeitung der Tat fortgesetzt. Letztendlich habe sich der Gesundheitszustand des Klägers erst seit Aufgabe seiner früheren Wohnung und seinem Umzug an den Wörthsee soweit stabilisiert, dass der Kläger wieder voll studierfähig sei.
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Obwohl der Kläger zu Beginn seines 7. Studiensemesters nicht die erforderliche Anzahl von ECTS-Punkten im Sinne der Studienfortschrittskontrolle erworben gehabt habe, sei er gleichwohl für dieses Semester zurückgemeldet worden. Einen Hinweis darauf, dass er unterpunktet hätte, habe die Beklagte dem Kläger nicht erteilt.
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Eine vom Kläger am 12. Oktober 2017 beantragte Gewährung eines Urlaubssemesters für die Absolvierung eines Praktikums sei durch E-Mail vom 11. Dezember 2017 bewilligt worden. Infolge der Beurlaubung sei der Kläger davon ausgegangen, dass die Fristen der Studienfortschrittskontrolle während des Urlaubssemesters nicht weiterliefen.
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Zu seiner völligen Überraschung habe der Kläger am 14. Dezember 2017 den angegriffenen Prüfungsbescheid erhalten.
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Erst Ende des Jahres 2017 habe der Kläger in vollem Umfang die Beeinträchtigung seiner studienbedingten Leistungsfähigkeit durch die ihm zugefügte Gewalttat realisiert und am 22. Februar 2018 eine psychologische Psychotherapeutin aufgesucht. Diese habe festgestellt, dass der Kläger unter einer depressiven Stimmung, Angst Besorgnis, ein Gefühl, unmöglich zurechtzukommen, im Voraus zu planen oder in der gegenwärtigen Situation fortfahren zu können, leide. Es sei eine Anpassungsstörung nach ICD 10 F 43.2 diagnostiziert worden, die der psychotherapeutischen Behandlung bedürfe.
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Die aufgrund der gegen ihn verübten Gewalttat bestehenden gesundheitlichen Probleme stellten triftige Gründe dar, in Anbetracht derer ein endgültiges Nichtbestehen nicht in Betracht komme. Der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen ab dem Wintersemester 2015/2016 unverschuldet nicht in der Lage gewesen, sich seinem Studium in ausreichendem Maße zu widmen. Durch die Gewalttat sei sein Leben völlig aus den Fugen geraten, er habe unter Angstzuständen und Depressionen gelitten. Gleichzeitig habe beim Kläger ein Verdrängungsprozess eingesetzt, der es ihm unmöglich gemacht habe, die Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit durch die Gewalttat zu realisieren.
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Erst nach Erhalt des Prüfungsbescheides vom 14. Dezember 2017 habe der Kläger gedanklich den Konnex zwischen der Gewalttat und der aus ihr resultierenden erheblichen Beeinträchtigung seiner Leistungs- und Studierfähigkeit herstellen können.
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Diese Umstände seien für den Kläger nicht vorhersehbar gewesen und stellten somit nicht zu vertretende Gründe für die Fristüberschreitung dar. Die Fristüberschreitung sie nicht etwa auf eine mangelnde Studienorganisation des Klägers zurückzuführen. Denn bis zum 4. Oktober 2015 habe der Kläger sein Studium ordnungsgemäß und nach Maßgabe der Studienfortschrittskontrolle absolviert. Ein Leistungsabfall habe erst infolge der gegen ihn verübten Straftat stattgefunden und sei somit unverschuldet gewesen.
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Im Übrigen habe der Kläger tatsächlich bis zum Ende des Sommersemesters 2017 110 ECTS-Punkte (nicht 107) erworben.
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Die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheids resultiere ferner daraus, dass der Kläger zurückgemeldet und immatrikuliert worden sei, obwohl er nach Auffassung der Beklagten lediglich 107 statt der geforderten 120 ECTS-Punkte erreicht gehabt habe. Der Kläger habe somit davon ausgehen können, dass ihm eine (stillschweigende) Fristverlängerung bewilligt worden sei. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger im Wintersemester 2017/2018 beurlaubt worden sei und mit einer Praktikumsbescheinigung weitere 6 ECTS-Punkte erworben habe.
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Zudem habe der Kläger an mehreren Wiederholungsprüfungen teilgenommen. Jedenfalls zwei davon habe der Kläger nach seiner Einschätzung bestanden, so dass er nunmehr mehr als die geforderten 120 ECTS-Punkte absolviert habe.
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Die Beklagte beantragt,
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Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Zur Begründung werde vollumfänglich auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
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Entgegen dem klägerischen Vortrag stellten die in § 10 Abs. 3 APSO normierten Creditzahlen keinen „empfohlenen Studienverlauf“ dar. Vielmehr handele es sich um Mindestcreditsummen.
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Außerdem sei der Kläger durch Prüfungsbescheid vom 8. Juni 2017 auf die aktuell erzielte Creditsumme und die Notwendigkeit, am Ende des sechsten Fachsemesters 120 Credits zu erzielen, hingewiesen worden. Der Kläger habe diesen Prüfungsbescheid jedoch erst am 16. April 2018 erstmals abgerufen.
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Überdies habe der Kläger zusätzlich am 19. Juni 2017 eine E-Mail erhalten, in der nochmal auf die Vorgaben der Studienfortschrittskontrolle hingewiesen sowie mitgeteilt worden sei, dass eine etwaige Exmatrikulation infolge der Nichterbringung der erforderlichen Mindestcreditsummen erst etwa Mitte des nächsten Semesters erfolgen würde.
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Der Kläger habe keinen Rechtsanspruch auf Anerkennung triftiger Gründe gemäß § 10 Abs. 7 APSO. Er habe die dortigen Anforderungen nicht erfüllt.
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Dem Attest vom 14. März 2018 könne allein schon deshalb kein großer Aussagewert beigemessen werden, da der Kläger während des Sommersemesters 2017 oder in einem früheren Zeitraum - wie er selbst einräume - nicht in Behandlung gewesen sei. Es erschließe sich daher nicht, wie Mitte März 2018 überhaupt noch Aussagen zum Gesundheitszustand während des Sommersemesters 2017 und zuvor hätten getätigt werden können. Angaben zur Befunderhebung fänden sich keine. Das Attest stelle sich als schlichte Wiedergabe von Angaben des Klägers dar. Auch werde in dem Attest in keiner Weise dargelegt, warum eine frühere Anzeige an den Prüfungsausschussvorsitzenden und Glaubhaftmachung nicht möglich gewesen sei.
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Der Kläger räume selbst ein, dass er bei sich teils Angst vor dem Verlassen seiner damaligen Wohnung bemerkt habe. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte er sich um eine Aufklärung seines Gesundheitszustandes bemühen müssen.
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Der Kläger habe daher das Gebot der unverzüglichen Anzeige etwaiger triftiger Gründe nicht gewahrt.
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Zudem habe der Kläger eine Praktikumsbescheinigung über den Zeitraum vom 25. Oktober 2017 bis 26. Januar 2018 vorgelegt, in dem ihm bescheinigt werde: “Auch bei sehr hohem Arbeitsanfall erwies sich Herr Sch als belastbarer Mitarbeiter und ging überlegt, ruhig und zielorientiert vor.“
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Auch aus der Tatsache der Beurlaubung im Wintersemester 2017/2018 habe der Kläger nicht davon ausgehen dürfen, dass ihm stillschweigend eine Fristverlängerung gewährt worden sei. Zum einen sei ihm mitgeteilt worden, dass eine etwaige Exmatrikulation erst Mitte des nächsten Semesters erfolgen würde. Zum anderen betreffe die Immatrikulationsbescheinigung ebenso wie die Beurlaubung für das Wintersemester 2017/2018 ausschließlich das Immatrikulationsrechtsverhältnis, Aussagen über das Prüfungsrechtsverhältnis seien damit nicht verbunden.
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Die mit Bescheid vom 14. Dezember 2017 mitgeteilte Creditpunktzahl von 107 Credits sei rechtlich zutreffend. Das Modul „English for Business Management“ sei nicht dem streitgegenständlichen Bachelorstudiengang zugeordnet. Letztlich könne diese Frage jedoch dahinstehen, denn auch mit einer Creditpunktzahl von 113 Credits habe der Kläger die erforderliche Mindestcreditsumme von 120 Credits nach dem Sommersemester 2017 nicht erbracht.
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Durch eine Beurlaubung im anschließenden Wintersemester 2017/2018 entziehe sich der Kläger nicht der Studienfortschrittskontrolle bezüglich des Sommersemesters 2017. Diese ändere nichts daran, dass der Kläger bis zum Ende des Sommersemesters insgesamt mindestens 120 Credits zu erbringen gehabt habe. Diese Vorgabe habe er nicht erfüllt. Unter Vorbehalt abgelegte Wiederholungsprüfungen seien ebenfalls für die Betrachtung des Punktekontostands zum Ende des Sommersemesters 2017 rechtlich irrelevant.
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Auch sei der Kläger durch die Beklagte ordnungsgemäß verwarnt worden. Dass er den Prüfungsbescheid vom 8. Juni 2017 erst im April 2018 abgerufen habe, müsse er sich zurechnen lassen. Gemäß § 31 Abs. 5 APSO seien die Studierenden verpflichtet, sich anhand der Informationsmöglichkeiten über das Prüfungsverwaltungssystem (TUMonline) über ihre Prüfungsergebnisse zu informieren. Dieser Mitwirkungspflicht im Prüfungsverfahren sei der Kläger nicht nachgekommen. Mit dem Prüfungsbescheid vom 8. Juni 2017 habe die Beklagte ihren Informationspflichten Genüge getan. Unabhängig davon sei der Kläger nochmals per E-Mail vom 19. Juni 2017 auf die Vorgaben der Studienfortschrittskontrolle hingewiesen worden.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. Mai 2019 erwidert der Kläger, den Prüfungsbescheid vom 8. Juni 2017 über das Wintersemester 2016/2017 habe der Kläger nicht erhalten. Dass der Kläger den Prüfungsbescheid erst am 16. April 2018 elektronisch abgerufen habe, sei irrelevant. Maßgeblich sei, wann der Bescheid per Post versandt worden sei. Die Einstellung des Bescheids in das Studierendenportal des Klägers ersetze keine wirksame postalische Zustellung. Auch die E-Mail der Beklagten vom 19. Juni 2017 sei beim Kläger nie eingegangen.
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Der Kläger habe die Gründe für die Verzögerung seines Studiums zu dem ihm frühestmöglichen Zeitpunkt der Beklagten mitgeteilt. Eine noch frühere Mitteilung sei dem Kläger nicht zumutbar gewesen. Insoweit lasse die Beklagte außer Acht, dass der Kläger sich aufgrund seiner Traumatisierung in einer psychologischen Ausnahmesituation befunden habe. Erst nach Zustellung des Exmatrikulationsbescheides der Beklagten sei der Kläger aus dieser Situation gelangt und habe umgehend damit begonnen, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
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Die Absolvierung eines Praktikums durch den Kläger stehe nicht im Widerspruch zu seiner damaligen Prüfungsunfähigkeit. Diese sei in einem völlig anderen Arbeitsumfeld erfolgt.
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Mit Schreiben vom 29. Mai 2019 trägt die Beklagte vor, der Einwand des Klägers, er habe den Prüfungsbescheid vom 8. Juni 2017 nicht erhalten, greife nicht durch. Eine postalische Übermittlung sei nicht erforderlich gewesen. Vielmehr erfolge die Bekanntgabe der Prüfungsbescheide in ständiger Verwaltungspraxis über das Campusmanagementsystem TUMonline. Der Versand des Prüfungsbescheids und der Versand der Benachrichtigungs-E-Mail seien erfolgreich verlaufen. Gemäß § 31 Abs. 5 APSO seien die Studierenden verpflichtet, sich anhand TUMonline über ihre Prüfungsergebnisse zu informieren. Der Kläger habe von dieser Verpflichtung wissen können und müssen, denn als Prüfling treffe ihn die Obliegenheit, sich über den Inhalt der für ihn maßgeblichen Prüfungsordnung Kenntnis zu verschaffen. Nähmen Studierende entgegen der bestehenden Mitwirkungspflicht keine Kenntnis von ihren Prüfungsergebnissen, so gälten die Mitteilungen über die Prüfungsergebnisse gemäß § 31 Satz 6 APSO zwei Wochen nach der Benachrichtigung über deren Bereitstellung als zugegangen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Prüfungsbescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2017 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 29. Mai 2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gestattung der Fortsetzung des Studiums im Bachelorstudiengang TUM-BWL an der Beklagten und auf Gewährung einer angemessenen Verlängerung der in § 38 Abs. 1 der Fachprüfungs- und Studienordnung für den Bachelorstudiengang TUM-BWL (FPSO) i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4-6 der Allgemeinen Prüfungs- und Studienordnung für Bachelor- und Masterstudiengänge an der Beklagten (APSO) genannten Fristen.
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Insbesondere hat er weder triftige Gründe für das Nichterbringen der am Ende des 6. Fachsemesters zu erbringenden 120 Credits nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht, noch hat er derartige Gründe rechtzeitig geltend gemacht.
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Gemäß § 38 Abs. 1 der für den Kläger maßgeblichen Fachprüfungs- und Studienordnung für den Bachelor-Studiengang Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre (TUM-BWL) vom 13. September 2013 in der Fassung der Änderungssatzung vom 19. August 2014 (FPSO) sind Prüfungsfristen, Studienfortschrittskontrolle und Fristversäumnis in § 10 APSO geregelt.
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Gemäß § 10 Abs. 1 Sätze 1 bis 7 der Allgemeinen Prüfungs- und Studienordnung für Bachelor- und Masterstudiengänge an der Technischen Universität München vom 18. März 2011 in der für die Prüfung des Klägers maßgeblichen Fassung (im Folgenden: APSO) sollen die Prüfungen so rechtzeitig abgelegt werden, dass die in der FPSO festgelegte Creditzahl in der Bachelor- und Masterprüfung bis zum Ende der gemäß § 9 festgelegten Regelstudienzeit erworben ist. Um die in § 9 festgelegte Regelstudienzeit einzuhalten, soll ein Studierender pro Semester 30 Credits erwerben. Ein Studierender soll zielgerichtet studieren und die jeweiligen Modulprüfungen seines Fachsemesters ablegen. Die in die Berechnung einfließenden Credits müssen aus Modulen stammen, die den Regelungen des jeweiligen Studiengangs genügen. Es wird erwartet, dass ein Studierender pro Semester unter Beachtung der jeweiligen Auswahlregeln mindestens 22 Credits erwirbt. Der Studienfortschritt wird jedes Semester unter Beachtung der Abs. 2 bis 4 überprüft. Studierende, die die sich gemäß Satz 2 ergebende Summe der jeweiligen Semester-Creditzahl um mindestens 15 Credits unterschreiten, werden verwarnt.
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Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 APSO sind in Bachelorstudiengängen darüber hinaus in den in der jeweiligen FPSO festgelegten Modulen
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1. bis zum Ende des dritten Fachsemesters mindestens 30 Credits,
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2. bis zum Ende des vierten Fachsemesters mindestens 60 Credits,
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3. bis zum Ende des fünften Fachsemesters mindestens 90 Credits,
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4. bis zum Ende des sechsten Fachsemesters mindestens 120 Credits,
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5. bis zum Ende des siebten Fachsemesters mindestens 150 Credits und
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6. bis zum Ende des achten Fachsemesters mindestens 180 Credits
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Überschreiten Studierende die Fristen nach § 10 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 5 oder Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 APSO, gelten die noch nicht erbrachten Modulprüfungen als abgelegt und endgültig nicht bestanden, sofern nicht triftige Gründe gemäß § 10 Abs. 7 APSO vorliegen (§ 10 Abs. 5 APSO).
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Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 APSO sind beim Kläger erfüllt. Nachdem er bis zum Ende des Sommersemesters 2017 (seinem 6. Fachsemester) nur insgesamt 107 ECTS erzielt hatte, er jedoch gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 APSO bis zum Ende des sechsten Fachsemesters mindestens 120 Credits hätte erbringen müssen, gelten die noch nicht erbrachten Modulprüfungen als abgelegt und endgültig nicht bestanden gemäß § 10 Abs. 5 APSO. Gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 4 APSO ist damit die Abschlussprüfung endgültig nicht bestanden.
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Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger 107 oder 110 ECTS-Punkte bis zum Ende des Sommersemesters 2017 erworben hat, da er unstreitig die notwendigen 120 Credits nicht erzielt hat
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Triftige Gründe für die Fristversäumnis hinsichtlich der bis zum Ende des Sommersemesters 2017 zu erbringenden Credits gemäß § 10 Abs. 7 APSO liegen nicht vor.
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Insoweit folgt das Gericht der ausführlichen und zutreffenden Begründung des Widerspruchsbescheids und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Ergänzend ist noch auszuführen, dass sich an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide auch dadurch nichts ändert, dass der Kläger in das 7. Fachsemester zurückgemeldet wurde und dass ihm für das Wintersemester 2017/2018 ein Urlaussemester für die Absolvierung eines Praktikums gewährt wurde. Diese beiden rein immatrikulationsrechtlichen Umstände vermögen an der prüfungsrechtlichen Situation des Klägers nicht zu ändern. Nachdem insoweit auch keine Entscheidungen des Prüfungsausschusses getroffen wurden, kann in diesen selbständigen, mit dem Prüfungsrechtsverhältnis in keinem Zusammenhang stehenden Entscheidungen keine stillschweigende Fristverlängerung gemäß § 10 APSO gesehen werden.
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Der Kläger wurde mittels Prüfungsbescheid vom 8. Juni 2017 auch ordnungsgemäß gemäß § 10 Abs. 1 Satz 7 APSO verwarnt. Daran ändert auch nichts, dass er den per E-Mail versandten Bescheid erst am 16. April 2018 abgerufen hat. Nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen wurde der Bescheid erfolgreich übersandt und hätte vom Kläger zeitnah eingesehen werden können. Gemäß § 31 Satz 5 APSO sind die Studierenden verpflichtet, sich anhand der Informationsmöglichkeiten des Prüfungsverwaltungssystems über ihre Prüfungsergebnisse zu informieren.
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Auch kann der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ansicht des Bevollmächtigten des Klägers nicht gefolgt werden, der Bescheid vom 8. Juni 2017 hätte gemäß § 31 Satz 1 APSO der Schriftform bedurft, da er die Vorstufe für den streitgegenständlichen Nichtbestehensbescheid darstellte und deswegen geeignet gewesen sei, die Rechte des Klägers zu beeinträchtigen.
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Zwar bedürfen gemäß § 31 Satz 1 APSO Mitteilungen, durch die ein Studierender in seinen Rechten beeinträchtigt werden kann, der Schriftform. Dies bedeutet aber nicht, dass die Bekanntgabe nicht per E-Mail erfolgen könnte. Dies ergibt sich aus § 31 Satz 3 ASPSO, wonach das Prüfungsamt ortsüblich bekanntgibt, ab wann Mitteilungen über Prüfungsergebnisse ausgehändigt oder elektronisch abgerufen werden können. Dass Schriftform im Sinne des § 31 Satz 1 APSO nicht eine Mitteilung in Papierform und mittels Postversand erfordert, ergibt sich auch aus dem Gegenschluss aus § 31 Satz 7 APSO, wonach durch das Prüfungsamt ein schriftlicher Bescheid mit Angaben aller Prüfungsleistungen und den Gründen für das endgültige Nichtbestehen der Prüfung per Post zu erteilen ist, wenn ein Modul und damit die Abschlussprüfung endgültig nicht bestanden wurde.
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Darüber hinaus vermag eine Verwarnung gemäß § 10 Satz 7 APSO auch deshalb keine Rechte Studierender zu beeinträchtigen, da dieser bloße Warnhinweis keinerlei Rechtsfolgen hat. Das Gericht ist der Auffassung, dass selbst ein unterlassener Warnhinweis wohl kaum dazu führen kann, die Rechtsfolgen des Verfehlens der Ziele der Studienfortschrittskontrolle zu beseitigen.
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Aus den dargestellten Gründen war die Klage daher abzuweisen.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Ab. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).