Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 13.10.2020 – RO 4 K 19.674
Titel:

Artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Abschuss von Kormoranen

Normenketten:
WaffG § 10 Abs. 4, Abs. 5
BJagdG § 1 Abs. 4, § 2 Abs. 1, Abs. 2
BayJG Art. 33 Abs. 1 Nr. 1
AVBayJG § 18
AAV § 1 Abs. 4
Leitsatz:
Der Kormoran unterliegt nicht dem Jagdrecht, so dass die Befugnis des Jagdpächters, in seinem Revier das Jagdrecht auszuüben, durch eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für einen Dritten zum Abschuss von Kormoranen, nicht verletzt wird. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schießerlaubnis zum Abschuss von Kormoranen, Eingriff in das Jagdausübungsrecht (verneint)
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 24.06.2021 – 24 ZB 20.2744
Fundstelle:
BeckRS 2020, 49120

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte waffenrechtliche Erlaubnis.
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Der Kläger ist Jagdpächter des Gemeinschaftsjagdreviers …n. Der Beigeladene und sein Bruder sind Betreiber teichwirtschaftlich genutzter Flächen.
3
Dem Beigeladenen wurde am 8.5.2012 von der Regierung der Oberpfalz eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Abschuss von Kormoranen im Umkreis von 200 m um die Teiche auf im Einzelnen genannten Grundstücken erteilt, die bis zum 30.4.2015 befristet wurde. Dieser Bescheid wurde unter dem 29.5.2012 hinsichtlich der betroffenen Grundstücke berichtigt, die Befristung wurde mit Bescheid vom 5.2.2015 zunächst bis zum 30.4.2018 und mit Bescheid vom 1.2.2018 bis zum 30.4.2021 verlängert. Der Bescheid vom 1.2.2018 ist Gegenstand des Verfahrens RO 4 K 20.1269.
4
Die betroffenen Grundstücke gehören zum Gemeinschaftsjagdrevier …n. Inhaltlich entsprechende Bescheide ergingen jeweils gegenüber dem Bruder des Beigeladenen.
5
Unter dem 14.3.2013 erteilte das Landratsamt Schwandorf dem Beigeladenen erstmals eine Erlaubnis nach § 10 Abs. 5 WaffG zum Abschuss von Kormoranen (Nr. 1), sowie zum Führen der zum Abschuss bestimmten Schusswaffen gem. § 10 Abs. 4 WaffG, wobei die Erlaubnis nach Nr. 1 örtlich auf den Bereich der Teichanlagen auf den Grundstücken Fl.Nrn. 62 und 68 der Gemarkung …n in einem Umkreis von 100 m von den Gewässern beschränkt wurde, die Erlaubnis nach Nr. 2 darüber hinaus auf den unmittelbaren Transportweg der Waffen vom und zum Aufbewahrungsort (Nr. 3). Die Erlaubnisse wurden auf die Zeit vom 16. August bis 31. März beschränkt (Nr. 4) und bis zum 30. März 2015 befristet (Nr. 6). Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
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Unter dem 30.3.2015 erteilte das Landratsamt Schwandorf dem Beigeladenen einen Änderungsbescheid, wonach die im einzelnen beschriebenen Erlaubnisse bis zum 30. März 2018 befristet wurden. Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
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Mit Schreiben von „Ende Februar 2018“ bat der Beigeladene um Verlängerung des Bescheids vom 30.3.2015 um weitere drei Jahre.
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Unter dem 21.3.2019 erließ das Landratsamt Schwandorf nach Anhörung des Klägers folgenden Bescheid:
1. Herrn …r …r, geboren am …1982 in …g, wohnhaft in* … …u, … …, wird hiermit die Erlaubnis nach § 10 Abs. 5 Waffengesetz zum Abschuss von Kormoranen erteilt.
2. Gleichzeitig wird die Erlaubnis zum Führen der zum Abschuss bestimmten Schusswaffen gemäß § 10 Abs. 4 Waffengesetz erteilt.
3. Die Erlaubnis nach Nr. 1 wird örtlich beschränkt auf den Bereich der Teichanlagen auf den Grundstücken
- FlNr. 58/2, 61, 62,64, 68, 69, 72, 100, 101, 102, 103 der Gemarkung …n,
- FlNr. 936/16, 937 und 1026/11 der Gemarkung …h und
- Fl.Nr. 745, 747 und 759 der Gemarkung …1 in einem Umkreis von 100 von den Gewässern; die Erlaubnis nach Nr. 2 geht darüber hinaus auf dem unmittelbaren Transportweg der Waffen vom und zum Aufbewahrungsort.
4. Die Erlaubnisse nach Nr. 1 und 2 gelten grundsätzlich jeweils in der Zeit von 16. August bis 31. März.
5. Die Erlaubnisse nach Nr. 1 und 2 gelten für immatur gefärbte Jungvögel ganzjährig.
6. Der Bescheid ist bis zum 30. April 2021 befristet.
7. Der Abschuss von Kormoranen ist innerhalb von einer Woche dem Landratsamt Schwandorf und den Jagdpächtern schriftlich zu melden.
8. Von diesem Bescheid darf nur zu dem im Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 1.2.2018, Az. ROP-SG 55.1-8646.1-2-15-9, genehmigten Zweck unter Beachtung der dortigen Auflagen Gebrauch gemacht werden.
9. Der Erlaubnisinhaber ist verpflichtet, den Schießbetrieb gegen Haftpflicht ausreichend zu versichern und den Versichertenschutz während der gesamten Geltungsdauer dieser Erlaubnis aufrechtzuerhalten. Die Haftpflichtversicherung muss folgende Mindestdeckungssumme aufweisen: 1 Mio. Euro pauschal für Personen- und Sachschäden.
10. Der Bescheid steht unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs und der nachträglichen Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen.
11. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für die Erlaubnisse wird eine Gesamtgebühr in Höhe von 120,00 Euro erhoben. Auslagen sind keine entstanden.
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Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass bei Abwägung der Interessen des Teichwirts mit den Interessen der Jagdpächter die Interessen des Teichwirts höher zu werten seien als die des Jagdausübungsberechtigten. Wasserflächen seien jagdlich von geringerer Bedeutung als land- und forstwirtschaftliche Flächen. Bei einer intensiven Bejagung der Wasserflächen und des 100-m-Bereichs um die Teiche könne es natürlich zu Störungen der jagdlichen Belange kommen. Man könne aber davon ausgehen, dass im Laufe der Zeit eine gewisse Anpassung stattfinde, wenn die Wildtiere feststellten, dass die Bejagung nur den Kormoranen gelte.
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Gegen diesen Bescheid, der dem Kläger am 27.3.2019 zugestellt wurde, hat dieser am 14.4.2019 durch seinen Bevollmächtigten Klage erhoben.
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Zur Begründung führt er aus, die Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Ausnahmegenehmigung lägen nicht vor. Es seien bereits die Voraussetzungen für die Erteilung der naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung als Grundlage der waffenrechtlichen Ausnahmegenehmigung nicht gegeben. Es werde bestritten, dass die hierfür erforderlichen erheblichen land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstigen erheblichen wirtschaftlichen Schäden vorlägen. Hierzu enthalte der Bescheid nichts, so dass vom Grundsatz des Artenschutzes auszugehen sei. Der Beigeladene habe in keiner Weise dargelegt, woraus sich die behauptete existentielle Bedrohung ergeben solle. Eine solche werde nur pauschal behauptet. Eine hinreichende und effektive Bejagung des Reviers sei auch ohne den Beigeladenen gesichert. Im Revier jagten zwei Jagdpächter sowie zwei Begehungsscheininhaber. Das Revier habe ca. 500 ha und für diese Größe sei die Zahl der bestehenden Jäger absolut ausreichend. Im Jagdrevier befänden sich noch weitere Teichwirte. Der Kläger und seine Mitjäger tätigten den Kormoranabschuss auf dem gesamten Gebiet des Jagdreviers. Die Anordnung des Beklagten sei jedenfalls unverhältnismäßig. Bezeichnend sei, dass keiner der zahlreichen Teichwirte im Jagdrevier bis auf den Beigeladenen und seinen Bruder über hohe oder existentielle Schäden durch Kormorane klage. Somit seien die Behauptungen des Beigeladenen in keiner Weise glaubhaft. Dass der Kläger zur Jagdausübung wesentlich besser geeignet sei als der Beigeladene, ergebe sich schon daraus, dass der Beigeladene keinen brauchbaren Jagdhund führe. Damit sei Art. 39 Abs. 1 BayJG durch den Beigeladenen nicht erfüllt. In der Realität sei es so, dass im Jagdrevier nur vereinzelte Kormorane vorhanden seien und deswegen auch nur ganz vereinzelt Kormorane geschossen würden. Im Jahr 2016 seien 14 Kormorane, 2017 neun Kormorane und 2018 acht Kormorane geschossen worden, wobei es sich um die Zahlen des Beigeladenen und seines Bruders, der beiden Jagdpächter und der beiden Begehungsscheininhaber zusammen handle. Von einer „Kormoranplage“ könne somit überhaupt keine Rede sein. Im Übrigen komme es umso mehr zu einer Beunruhigung anderer Vogelarten je mehr Jäger die Jagd im Revier ausübten. Im Weihergebiet …s, in welchem die Weiher des Beigeladenen und seines Bruders lägen, lebten zahlreiche auch seltene Entenarten, der Eisvogel und der Schwarzstorch. Je mehr Tiere durch eine Erhöhung der Anzahl der Jäger beunruhigt würden, desto mehr bestünde die Gefahr, dass diese aus dem Gebiet vertrieben würden. Der Kläger sei als Jagdausübungsberechtigter des Gemeinschaftsjagdreviers …n in eigenen Rechten betroffen, da mit dem Bescheid in das Jagdausübungsrecht eingegriffen werde.
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Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 21.3.2019 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Er führt aus, dass der Klägervertreter die Rechtswidrigkeit der waffenrechtlichen Erlaubnisse im Wesentlichen mit der Rechtswidrigkeit der naturschutzrechtlichen Bescheide der Regierung der Oberpfalz begründe. Eine inhaltliche Prüfung der naturschutzrechtlichen Bescheide im Rahmen der Klageverfahren gegen die waffenrechtlichen Erlaubnisse scheide aus. Hier sei ausschließlich zu prüfen, ob der Kläger durch die Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis die Verletzung seiner Rechte und hier insbesondere eine Verletzung des ihm zustehenden Jagdausübungsrechts geltend machen könne. Der Abschuss von Kormoranen werde nicht vom Tatbestand der Jagdausübung umfasst, da diese Tierart dem Jagdrecht nicht unterfalle. Zwar stehe dem Jagdausübungsberechtigten, wie sich aus § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von den Schutzvorschriften für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten (AAV) ergebe, ohne ein weiteres waffenrechtliches Gestattungsbedürfnis der Abschuss von Kormoranen zu. Dies beinhalte aber keine Pflicht, den Abschuss von Kormoranen tatsächlich durchzuführen. Somit hätten der Beigeladene und sein Bruder keine rechtliche Möglichkeit, den Kläger zu einem intensiven Abschuss der Tiere zu verpflichten. Die existentielle Bedrohung des Beigeladenen und seines Bruders durch den Kormorandruck, der auf den betroffenen Teichen laste, sei bei Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnisse bewertet worden, nachdem diese Tatbestandsvoraussetzung bereits bei der naturschutzrechtlichen Betrachtung als gegeben festgestellt worden sei. Im Übrigen bleibe die Ausübung des ausschließlich dem Kläger als Jagdpächter zustehenden Jagdrechts völlig unangetastet. Die Bejagung von dem Jagdrecht unterliegenden Tierarten werde von den waffenrechtlichen Erlaubnissen nicht umfasst. Eine Beeinträchtigung der Jagdausübung in Form der gleichzeitigen Vergrämung anderer im Revier befindlicher sensibler Tierarten sei nicht feststellbar. Die letale Vergrämung von Kormoranen sei fester Bestandteil des Bayerischen Kormoranmanagements. Die von den waffenrechtlichen Erlaubnissen betroffenen Teiche lägen weder in einem Naturschutzgebiet noch in einem Gebiet, welches der FFH- und/oder der Vogelschutzrichtlinie unterliege. Das Mehr an lärmbezogener Belästigung für andere gewässerbezogene Wildtierarten durch die Schussabgabe sei nicht messbar. Jedenfalls sei diese Belästigung geringer als die Lärmentwicklung durch die Installation einer akustischen Vergrämungsanlage (Knallgerät) im Dauerbetrieb, die auch zu den möglichen Vergrämungsmaßnahmen im Kormoranmanagement zähle. Hinzu komme, dass die derzeit beklagten Bescheide zum dritten Mal gleichlautend erlaubt worden seien. Eine Beeinträchtigung jagdlicher Interessen des Klägers sei vor dieser Klage nie vorgetragen worden. Wasserflächen seien jagdlich von geringerer Bedeutung als land- und forstwirtschaftliche Fläche. Es sei davon auszugehen, dass über die Zeit bei den Wildtieren eine gewisse Anpassung erfolge, wenn diese feststellten, dass die Bejagung immer nur dem Kormoran gelte. Der Darstellung, dass die in den Streckenlisten der vergangenen Jahre für das Revier gemeldeten Kormoranabschüsse gering oder rückläufig wäre, könne nicht gefolgt werden. Die letale Vergrämung von Kormoranen gehe von Einzelabschüssen und nicht von der Eliminierung ganzer Kormoranscharen aus. Ein massiver Abschuss sei in der Praxis kaum möglich. Das Mitführen eines brauchbaren Jagdhundes werde unter Nr. 6 als Nebenbestimmung verpflichtend festgelegt. Verpflichtend sei allerdings nicht das Eigentum, sondern lediglich die Verfügbarkeit und Mitführung bei der Ausübung des Abschusses der Kormorane. Der Beigeladene und sein Bruder könnten sich auch eines geeigneten Jagdhundes einer anderen Person, auch mit Hundeführer, bedienen. Ein Verstoß gegen diese Auflage sei dem Landratsamt bisher nicht bekanntgeworden. Schließlich habe auch berücksichtigt werden dürfen, dass es sich im Falle des Beigeladenen und seines Bruders um waffen-, jagd- und tierschutzrechtlich sachkundige und zuverlässige Jäger handle.
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Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
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Zu den existentiellen Bedrohungen für einen gewinnorientierten teichwirtschaftlichen Betrieb übergibt er eine Stellungnahme des Bezirks Oberpfalz, Fachberatung für Fischerei.
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Er trägt vor, es sei falsch, dass keiner der zahlreichen Teichwirte im Revier über hohe und existentielle Schäden durch Kormorane klage. Im Übrigen sei der Einzelfall der Belange des Beigeladenen zu entscheiden. Beim Betrieb des Beigeladenen handle es sich um den größten, gewinnorientierten teichwirtschaftlichen Betrieb im Jagdrevier des Klägers, für den auch Fördermittel gewährt worden seien. Der Beigeladene habe hohe Geldsummen in den teichwirtschaftlichen Betrieb investiert, um ihn gewinnorientiert führen zu können. Die anderen Teichbesitzer im streitigen Jagdrevier hätten wesentlich kleinere Teichwirtschaften. Sie würden nach dem Kenntnisstand des Beigeladenen hobbymäßig betrieben. Es sei nicht zwingend erforderlich, selbst einen „brauchbaren Jagdhund“ zu besitzen oder zu führen. Es reiche, wenn ein solcher zur Verfügung stünde. Dies sei der Fall. Die zu den Kormoranabschüssen vorgelegten Zahlen seien falsch. Der Kläger gebe den gesamten Abschuss von sechs Jägern an (zwei Jagdpächter, zwei Begehungsscheininhaber sowie der Beigeladene und sein Bruder). Im Jahr 2016 seien insgesamt 14 Kormorane abgeschossen worden, davon 13 durch den Beigeladenen bzw. dessen Bruder. Im Jahr 2017 seien neun Kormorane abgeschossen worden, davon acht Kormorane durch den Beigeladenen bzw. seinen Bruder. Im Jahr 2018 seien acht Kormorane von der „Gegenseite“ abgeschossen worden. Der Beigeladene und sein Bruder hätten keine Schießerlaubnis gehabt. Es zeige sich, dass offensichtlich der Kläger zusammen mit dem Jagdpächter und den Begehungsscheininhabern den Abschuss erhöht hätten, um ihre Position in diesem Rechtsstreit zu festigen.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze und das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 13.10.2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
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Die Klage ist zulässig (dazu 1.), aber nicht begründet (dazu 2.), weil der Bescheid des Landratsamts Schwandorf vom 21.3.2019 den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.
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1. Die Klage ist zulässig, insbesondere steht dem Kläger im Hinblick auf sein Jagdausübungsrecht die erforderliche Klagebefugnis zu. Die Behörde hat dem Beigeladenen eine Erlaubnis zum Schießen nach § 10 Abs. 5 WaffG und zum Führen einer Waffe nach § 10 Abs. 4 WaffG in einem räumlichen Bereich erteilt, der zum Gemeinschaftsjagdrevier …n gehört, in welchem der Kläger Jagdpächter und damit zur Jagdausübung berechtigt ist (§ 11 Abs. 1 BJagdG, Art. 7 BayJG). Beim Jagdausübungsrecht handelt es sich um ein absolutes Recht i.S.d. §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB, das den Schutz des Art. 14 GG genießt und das gegenüber jedermann einen Anspruch auf Unterlassung von störenden Handlungen gewährt (Schuck, Bundesjagdgesetz, 2. Aufl. 2015, § 3 Rn. 17 und 18 m.w.N.). Durch die Erteilung einer Erlaubnis zum Schießen und zum Führen einer Waffe an einen Dritten durch eine Behörde ist eine solche Störung grundsätzlich denkbar, so dass der Kläger geltend machen kann, durch den angefochtenen Verwaltungsakt gem. § 42 Abs. 2 VwGO in seinen Rechten verletzt zu sein.
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2. Die Klage bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, weil der Kläger im konkret zu entscheidenden Fall durch die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis zum Schießen und Führen einer Waffe in seinem Revier nicht in dem hier einzig in Betracht kommenden Jagdausübungsrecht verletzt wird.
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Wie sich aus § 1 Abs. 4 BJagdG ergibt, erstreckt sich die Jagdausübung auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild, wobei unter „Wild“ nach der Legaldefinition von § 1 Abs. 1 BJagdG die auf einem bestimmten Gebiet wildlebenden Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, zu verstehen sind. Unter dem Jagdausübungsrecht versteht man in diesem Zusammenhang die allgemeine Befugnis, das Jagdrecht auf einer bestimmten Fläche umfassend zu nutzen und andere davon auszuschließen (Metzger in Lorz / Metzger / Stöckel, Jagdrecht. Fischereirecht, 4. Aufl. 2011, § 3 Rn. 3, ähnlich Schuck, a.a.O., § 3 Rn. 12 m.w.N.).
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Im vorliegenden Fall liegt eine Verletzung des Jagdausübungsrechts nicht vor, weil der Abschuss der Kormorane selbst das Jagdausübungsrecht des Klägers nicht verletzt (dazu a)), sich der Kläger auf eine Beunruhigung geschützter wildlebender Tiere nicht berufen kann (dazu b)) und für eine Beeinträchtigung des dem Kläger zustehenden Jagdausübungsrechts durch eine Beunruhigung von dem Jagdrecht unterliegenden Tieren keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen (dazu c)). Selbst wenn man insoweit von einem Eingriff in das Jagdausübungsrecht des Klägers ausginge, wäre dieser im Hinblick auf die vom Beklagten vorgenommene Interessenabwägung nicht zu beanstanden (dazu d)).
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a) Durch den Abschuss von Kormoranen wird das Jagdausübungsrecht des Klägers nicht verletzt. Dies ergibt sich daraus, dass es sich beim Kormoran nicht um ein Tier handelt, das dem Jagdrecht unterliegt. Welche Tiere dem Jagdrecht unterliegen, ergibt sich aus § 2 BJagdG, wobei die Länder gem. § 2 Abs. 2 BJagdG die Möglichkeit haben, über die in § 2 Abs. 1 BJagdG genannten Tiere hinaus weitere Tierarten zu bestimmen. Der Kormoran ist weder im Katalog des § 2 Abs. 1 BJagdG aufgeführt, noch ist er in § 18 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) genannt, den der Freistaat Bayern aufgrund von Art. 33 Abs. 1 Nr. 1 BayJG zur Ausfüllung der Öffnungsklausel in § 2 Abs. 2 BJagdG erlassen hat. Der Kormoran ist damit nicht dem Jagdrecht unterstellt, so dass die Befugnis des Klägers, in seinem Revier das Jagdrecht auszuüben, durch seinen Abschuss nicht tangiert wird.
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Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht daraus, dass der Kläger gem. § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von den Schutzvorschriften für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten (Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung - AAV) vom 3. Juni 2008 als Jagdausübungsberechtigter zum Abschuss der Kormorane in seinem Revier berechtigt ist. Denn diese Vorschrift dient gerade nicht dem Interesse des Jagdausübungsberechtigten. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 AAV, dass diese Ausnahmevorschrift „zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden und zum Schutz der heimischen Tierwelt“ erlassen wurde. Eine Berufung des Klägers auf ihm als Jagdausübungsberechtigter zustehende Rechte scheidet somit aus.
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b) Eine Rechtsverletzung des Klägers ergibt sich nicht aus einer möglichen Beunruhigung geschützter Tierarten. Der Kläger hat insoweit im Rahmen der Klagebegründung auf Eisvogel, Schwarzstorch oder geschützte Entenarten Bezug genommen. Da diese Tiere nicht dem Jagdrecht unterliegen, scheidet eine unmittelbare Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts des Klägers aufgrund einer Beunruhigung dieser Tiere von vorneherein aus. Eine etwaige Verletzung von § 39 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), für die im Übrigen nichts ersichtlich ist, könnte der Kläger schon deshalb nicht rügen, weil dieser Vorschrift im Hinblick auf den Jagdausübungsberechtigten kein Drittschutz zukommt.
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c) Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass die dem Beigeladenen erteilte Schießerlaubnis aufgrund einer Beunruhigung von Wild im Sinn von § 1 Abs. 1 BJagdG das Jagdausübungsrecht des Klägers verletzen könnte. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sich die Beunruhigung von Wild dadurch erhöhe, dass neben den Revierjägern „noch jemand“ berechtigt sei zu schießen und insoweit darauf verwiesen, dass das betroffene Gebiet das Einstandsgebiet von Schwarzwild sei, das nicht mehr effektiv bejagt werden könne. Der Kläger hat jedoch diese Behauptung weder näher belegt noch erscheint sie dem Gericht im Hinblick auf die Zahl der tatsächlich vorgenommenen Abschüsse von Kormoranen plausibel. Auch wenn man zugrunde legt, dass sicher nicht jeder Kormoran beim ersten Schuss erlegt werden kann, ist bei einem Rahmen von acht (2020) bis 14 (2016) durch die Beigeladenen geschossenen Kormoranen nicht davon auszugehen, dass dies neben der Zahl der in einem Jagdrevier im Rahmen der Jagdausübung ohnehin abgegebenen Schüsse entscheidend ins Gewicht fallen könnte.
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d) Selbst wenn man insoweit einen Eingriff in das Jagdausübungsrecht des Klägers annehmen würde, wäre dieser jedenfalls gerechtfertigt. Insoweit ist die durch das Landratsamt vorgenommene Interessenabwägung nicht zu beanstanden. Denn im Rahmen einer Interessenabwägung ist zu würdigen, dass das Jagdausübungsrecht des Klägers durch die dem Beigeladenen erteilte waffenrechtliche Erlaubnis wenn überhaupt nur geringfügig beeinträchtigt wird, während sich der Beigeladene auf sein Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb berufen kann. In diesem Zusammenhang ist nach der Überzeugung der entscheidenden Kammer zum einen in die Abwägung einzustellen, dass seitens des Beigeladenen keine rechtliche Möglichkeit besteht, den Kläger zum Abschuss von Kormoranen zu verpflichten, weil diesem nach § 1 Abs. 4 AAV lediglich ein Recht zum Abschuss zusteht, diesem Recht aber keine entsprechende Abschusspflicht korrespondiert. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass im Fall eines plötzlichen Auftretens von Kormoranen ein rasches Handeln des Beigeladenen zum Schutz seines Gewerbebetriebs notwendig werden kann. Dem steht auf Seiten des Klägers keine vergleichbar schwerwiegende Beeinträchtigung gegenüber, da örtlich nur ein sehr geringer Teil seines Reviers betroffen ist und jagdbare Tiere allenfalls mittelbar betroffen sind.
II.
29
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser einen Antrag gestellt und sich einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 162 Abs. 3 i.V.m. 154 Abs. 3 VwGO).
III.
30
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist in § 167 Abs. 1 Satz, Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO begründet.