Titel:
Sicherungsabtretung bei einem Lizenzvertrag
Normenkette:
BGB § 133, § 157, § 398
Leitsätze:
1. Der Wortlaut der Vereinbarungen spricht dafür, dass Gegenstand der Abtretung auch die Ansprüche des Lizenzgebers auf die vertraglich vereinbarte Vergütung waren. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei seiner Willenserforschung hat der Tatrichter neben dem Wortlaut auch den mit der Absprache verfolgten Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abtretung, Lizenzvertrag
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Urteil vom 15.06.2021 – 3 U 3687/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 48618
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 59.051,47 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.09.2019 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Der Streitwert wird auf 59.051,47 EUR festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Lizenzgebühren.
2
Am 19.06.2015 schlossen die Beklagte und der Lizenzgeber einen Lizenzvertrag. In der Präambel des Lizenzvertrages wurde offengelegt, dass die vertragsgegenständlichen Schutzrechte an den Kläger sicherungshalber abgetreten sind. Hinsichtlich der Einzelheiten des Lizenzvertrages wird auf Anlage K 1 verwiesen.
3
Am selben Tage genehmigte der Kläger den abgeschlossenen Lizenzvertrag und stimmte den dortigen Regelungen als Sicherungsnehmer zu. Hinsichtlich der Einzelheiten des Genehmigungsschreibens wird auf Anlage K2 verwiesen.
4
Der Kläger macht Forderungen aus dem Lizenzzeitraum zweites Quartal 2017 - drittes Quartal 2019 gegenüber der Beklagten geltend. Hinsichtlich der Einzelheiten der Lizenzen und des Zeitraumes wird auf Anlage K6 und K7 verwiesen.
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Der Kläger beantragt im Wege des Urkundenprozesses,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 59.051,47 EUR nebst 9 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.09.2019 zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Sie ist der Ansicht, dass der Kläger aufgrund unwirksamer Abtretung nicht aktivlegitimiert sei. Zudem sei die Forderung, wolle man überhaupt von einer ausgehen, zu unbestimmt. Auch sei der Zeitraum der Lizenzen unklar.
Entscheidungsgründe
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Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 59.051,47 EUR gemäß § 398 in Verbindung mit dem Lizenzvertrag.
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Es kann dahinstehen, ob mit Abtretungsvereinbarung vom 29.04.2014 eine Abtretung der Lizenzen aus dem Lizenzvertrag vom 19.06.2015 erfolgte. Denn spätestens mit Genehmigung des Klägers vom 19.06.2015 erfolgte die Abtretung.
10
Selbst wenn bis dahin keine Abtretung des Lizenzinhabers an den Kläger erfolgt sein sollte, können die Vertragserklärung des Lizenzgebers und die Genehmigung des Klägers gemäß §§ 133, 157 BGB nur dahingehend ausgelegt werden, dass sie die sich aus dem Lizenzvertrag ergebenen Forderungen an den Kläger abtreten.
11
Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen. Bei seiner Willenserforschung hat der Tatrichter aber auch den mit der Absprache verfolgten Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urteil vom 08.04.2020 - XII ZR 120/18).
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Der Lizenzvertrag nimmt in seiner Präambel Bezug auf die konkreten Schutzrechte und geht von einer Abtretung aus. Der Kläger erteilte die Genehmigung für den Vertrag und nahm Bezug auf seine Stellung als Sicherungsnehmer. Die Erklärungen würden keinen Sinn ergeben, wollte man nicht von einer Abtretung ausgehen.
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Zu diesem Zeitpunkt waren die Lizenzen auch hinreichend bestimmt. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass die Anlage 1 zu dem Abtretungsvertrag vom Kläger dem Gericht nicht vorgelegt worden ist.
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Soweit die Beklagte einwendet, nur Forderungen und nicht Rechte könnten abgetreten werden, vermag dieser Einwand der Klage ihre Schlüssigkeit nicht zu entziehen.
15
Nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB kann hierbei nichts anderes verstanden werden, als auch die Forderung geltend zu machen. Vertragspartner brauchen nicht den rechtlich korrekten Begriff zu verwenden, es genügt eine konkludente Äußerung. Die Abtretung erfolgte in Form der Sicherungsabtretung. Dem Sicherungsgeber kommt hierbei üblicherweise das Interesse zu, sich aus Forderungen bedienen zu können.
16
Der Lizenzzeitraum aus Anlage K6 entspricht auch dem geltend gemachten Lizenzzeitraum (zweites Quartal 2017 - drittes Quartal 2019).
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Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.
18
Die der Kosten aus § 91 Abs. 1 ZPO und die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 4, 709 S. 2, 711 S. 1, S. 2 ZPO.