Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 18.03.2020 – AN 17 S 20.50116
Titel:

Abschiebungsanordnung nach Spanien

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 88, § 122 Abs. 1
AsylG § 11 Abs. 1,§ 29 Abs. 1 Nr. 1, § 34a, § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 4 S. 1, § 77 Abs. 1 S. 1, § 83b
VO (EU) Nr. 604/2013 Art. 12 Abs. 2
Dublin III-VO Art. 12 Abs. 2
ChGR Art. 4
Leitsätze:
1. Nach dem System der normativen Vergewisserung dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedsland der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der EU entspricht, es sei denn, das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedsland weisen systemische Mängel auf. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Derartige systemische Mängel, mit dem der Asylbewerber der Überstellung alleine entgegentreten kann, sind für Spanien nicht erkennbar. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
unbegründeter Eilantrag gegen Abschiebungsanordnung nach Spanien im Dublin-Verfahren, keine tatsächlichen Vollzugshindernisse aufgrund der Corona-Virus-Krise bei prognostischer Zugrundelegung der regelmäßigen Überstellungsfrist von 6 Monaten, Abschiebungsverbot, Abschiebungshindernis, Abschiebungsanordnung, Abschiebung, Asylantrag, Asylbewerber, Asylverfahren, Bescheid, Einreise, Ermessensentscheidung, Vollzugshindernisse, Corona-Virus-Krise, Zugrundelegung, Überstellungsfrist, Dublin-Verfahren
Fundstelle:
BeckRS 2020, 4810

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich gegen eine asylrechtliche Abschiebungsanordnung nach Spanien im Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. März 2020, die im Zuge eines Dublin-Verfahrens ergangen ist.
2
Die Antragstellerin zu 1. wurde 1981 in …, Weißrussland geboren und ist die Mutter der Antragsteller zu 2. und 3., die ebenfalls 2013 bzw. 2014 in … geboren wurden. Die Antragsteller besitzen eigenen Angaben zufolge die weißrussische Staatsbürgerschaft und sind orthodoxe Christen. Sie reisten gemeinsam auf dem Landweg über Polen am 28. Dezember 2019 in die Bundesrepublik Deutschland mit gültigen Visa für den Schengen-Raum, ausgestellt am 12. November 2019 durch das Generalkonsulat des Königreichs Spanien in Moskau mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 22. Oktober 2020 ein. Hier äußerte die Antragstellerin zu 1. für sich und ihre Kinder ein Asylgesuch und stellte förmlich am 29. Januar 2020 einen Asylantrag.
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Die Ermittlungen der Antragsgegnerin ergaben keine Treffer in der EURODAC-Datenbank.
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Die Antragstellerin zu 1. wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 29. Januar 2020 sowie am 4. Februar 2020 vorbereitend und zu den Fluchtgründen angehört. Hierbei gab die Antragstellerin zu 1. im Wesentlichen an, ihr Heimatland am 27. Dezember 2019 mit dem Bus verlassen zu haben. Durch Polen seien sie nur durchgereist. Sie sei offiziell verheiratet, wobei es sich um eine Zwangsheirat gehandelt habe. Ihr Ehemann aus dieser Ehe halte sich in Polen auf. Daneben sei sie traditionell mit dem sich in Deutschland aufhaltenden Asylantragsteller zur Verfahrensnummer des Bundesamt Az. … verheiratet. Dieser sei auch der Vater der Antragsteller zu 2. und 3. Wegen Missverständnissen bei der Registrierung seien sie nicht als Familie registriert worden. Zu den Umständen der Visa-Erteilung könne sie nichts sagen, darum habe sich ihr Mann gekümmert. Sie gab weiter an, zum Zeitpunkt der Befragung durch das Bundesamt an einem Trauma in der rechten Schulter zu leiden und Taubheitsgefühle im linken Bein zu haben. Sie befinde sich deswegen aber nicht in ärztlicher Behandlung. Erkrankungen oder Gebrechen für die Antragsteller zu 2. und 3. wurden durch die Antragstellerin zu 1. nicht vorgetragen. Die Antragstellerin zu 1. möchte die Familienbindung zu ihren Kindern und ihrem Ehemann aufrechterhalten. Sie seien auf gegenseitige Unterstützung angewiesen. Ihr Ehemann habe in Polen einen epileptischen Anfall erlitten. Sie selbst sei Analphabetin und könne ein bisschen lesen. Gearbeitet habe sie in Weißrussland als Reinigungskraft.
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Am 5. Februar 2020 richtete die Antragsgegnerin ein Aufnahmeersuchen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO) an das Königreich Spanien. Mit Schreiben vom 28. Februar 2020 antworteten die spanischen Behörden hierauf und sagten die Übernahme der Antragsteller unter Verweis auf Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zu.
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Mit Bescheid vom 3. März 2020 lehnte die Antragsgegnerin die Asylanträge der Antragsteller als unzulässig ab (Ziffer 1.), stellte fest, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2.), ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 3.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG erstmals auf 21 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Hinsichtlich der Gründe wird im Wesentlichen ausgeführt, die Asylanträge seien gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig und das Königreich Spanien aufgrund der dort erteilten Visa für die Behandlung der Asylanträge zuständig. Abschiebungsverbote ergäben sich unter Zugrundelegung des Vortrags der Antragstellerin zu 1. nicht. Insbesondere stünden keine schwerwiegenden humanitären Umstände im Asylverfahren bzw. den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Königreich Spanien der Abschiebung der Antragsteller dorthin entgegen. Die von der Antragstellerin zu 1. vorgetragenen persönlichen Gründe zeigten keine Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot auf. Die Antragsteller hätten nach der Dublin III-VO nicht das Recht, selbst den Staat zu wählen, der über ihre Asylanträge entscheidet. Es lägen im Hinblick auf die vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden bei der Antragstellerin zu 1. zudem auch keine Anhaltspunkte für eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben im Falle der Überstellung nach Spanien vor. Hinsichtlich der minderjährigen Kinder der Antragstellerin zu 1. seien Gesundheitsbeschwerden ohnedies nicht vorgetragen worden. Die vorgetragene Ehe zu dem in Deutschland aufhältigen Asylbewerber, der Vater der Antragsteller zu 2. und 3. sei, sei nicht mittels Dokumenten nachgewiesen und daher unbeachtlich. Dies gelte auch für die Vaterschaft.
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Ein Zustellnachweis für den Bescheid an die Antragstellerin zu 1. findet sich in der Bundesamtsakte nicht. Die Antragstellerin zu 1. hat den Briefumschlag der förmlichen Zustellung vorgelegt. Darauf ist handschriftlich der Vermerk „Türe zu 07.03.20“ und im Feld des Zustelltages das Datum „09.03.20“ vermerkt.
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Zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach erhob die Antragstellerin zu 1. für sich und ihre Kinder am 10. März 2020 Klage und stellte zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Über die Klage im Verfahren AN 17 K 20.50117 ist bislang noch nicht entschieden worden. Eine Begründung der Klage bzw. des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgte bis dato nicht. Die Antragsteller haben beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird gemäß § 80 Abs. 5 VwGO angeordnet.
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Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 12. März 2020 erwidert und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
10
Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die in elektronischer Form vorgelegte Behördenakte der Antragsteller (Az. …) verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen Ziffer 3. des Bescheides des Bundesamtes vom 3. März 2020 (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) ist zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes trifft dabei der Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung ist statthaft, weil die gleichzeitig erhobenen Klagen keine aufschiebende Wirkung haben, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG. Er ist auch fristgerecht innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 gestellt.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Interessensabwägung des Gerichts ein Überwiegen des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragsteller ergibt. Im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine maßgebliche Rolle. Die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage führt zu dem Ergebnis, dass die Hauptsacheklagen aller Voraussicht nach erfolglos bleiben werden. Die in Ziffer 3. des Bescheids getroffene Abschiebungsanordnung erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) nämlich als rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zu-ständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht, § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG.
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Das Königreich Spanien ist für die Behandlung des Asylgesuchs der Antragsteller nach Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig auf Grund der vom spanischen Generalkonsulat erteilten Visa, die im Einreisezeitpunkt gültig waren.
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Spanien hat auf das Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin nach Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO seine Zustimmung zur Übernahme der Antragsteller erklärt. Spanien ist daher verpflichtet, die Antragsteller gemäß Art. 18 Abs. 1 a) Dublin III-VO aufzunehmen. Weder ist die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO abgelaufen, noch liegen Umstände vor, die ausnahmsweise die Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO begründen oder zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO führen würden.
17
Nach dem System der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996, 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 31.12.2011, C-411/10 und C-433/10 - NVwZ 2012, 417) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedsland der Europäischen Union (EU) den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der EU (ChGR) entspricht. Diese Vermutung ist jedoch dann widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedsland systemische Mängel aufweisen, die zu der Gefahr für den Asylbewerber führen, bei Rückführung in den Mitgliedsstaat einer unmenschlichen oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 4 ChGR bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
18
Derartige systemische Mängel, mit dem der Asylbewerber der Überstellung alleine entgegen-treten kann (EuGH Gr. Kammer, U.v. 10.12.2013, C-394/12 - juris), sind für Spanien nicht erkennbar und wurden von der Antragstellerin zu 1. auch nicht vorgetragen. Das Gericht schließt sich nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln, der - soweit ersichtlich - einhelligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an, die derartige systemische Mängel im spanischen Asylsystem verneint (vgl. VG Würzburg, B.v. 5.4.2019, W 8 S 19.50286, VG München, B.v. 17.10.2018, M 22 S 18.52859, VG Berlin, B.v. 22.3.2019, 31 L 12.09 A, VG Lüneburg, B.v. 21.2.2019, VG Ansbach, U.v. 15.1.2016, AN 14 K 15.50380 - jeweils juris). An die Annahme des Ausnahmefalls des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. Es müsste die ernsthafte Gefahr grundlegender Verfahrensmängel oder erheblich defizitärer Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem Mitgliedsland erkennbar und für den Rechtschutzsuchenden im zu entscheidenden Einzelfall zu befürchten sein (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014, 10 B 6/14 - juris), was weder allgemein für Spanien ersichtlich ist, noch im Hinblick auf eine besonders schutzwürdige Personengruppe, der die Antragsteller im Hinblick auf das Alter der Antragsteller zu 2. und 3. möglicherweise angehören - was hier unentschieden bleiben kann -, für Spanien erkannt werden kann. Eine Veranlassung bzw. Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO besteht ebenfalls aus keinem Grund. Insbesondere hat die Antragsgegnerin zu Recht darauf abgestellt, dass eine Ehe und Vaterschaft der Antragsteller mit dem Asylbewerber im Bundesamtsverfahren zum Az. … nicht ansatzweise belegt ist. Ungeachtet dessen hat die Antragstellerin zu 1. vorgetragen, die Einreise aus Weißrussland sei gemeinsam erfolgt und ihr Mann habe sich um die Reiseangelegenheiten gekümmert, so dass es naheliegt, dass auch der Asylantragsteller im Bundesamtsverfahren … mit einem Schengen-Visum, welches das Königreich Spanien ausgestellt hat, nach Deutschland eingereist ist. Es besteht damit eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass auch jenes Asylverfahren als unzulässig zu verbescheiden und die Überstellung des dortigen Asylantragstellers nach Spanien zu veranlassen sein wird, so dass jedenfalls keine konkreten Anhaltspunkte für eine Familientrennung infolge des hier angegriffenen Bescheides vorliegen. Eine entsprechende Annahme konnte der Einzelrichter im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei lediglich summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund des Vortrags der Antragstellerin zu 1. auch seiner Entscheidung zugrunde legen, ohne, dass ihm die Bundesamtsakte zur Verfahrensnummer … vorgelegen hat.
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Ebenso wenig ist ein zielstaatsbezogenes oder inlandsbezogene Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG erkennbar, das einer Abschiebung nach Spanien entgegenstünde. Ein solches ergibt sich bei den Antragstellern insbesondere nicht aus gesundheitlichen Gründen, was das Bundesamt in den Gründen des angefochtenen Bescheides zutreffend und ausführlich ausgeführt hat. In Spanien sind grundsätzlich auch alle Arten von Erkrankungen behandelbar und Behandlungsmöglichkeiten stehen Asylbewerbern bei Bedarf auch zur Verfügung. Eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist für die Antragstellerin zu 1. keinesfalls gegeben.
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Ergänzend wird insgesamt auch auf die ausführliche Begründung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 3. März 2020 Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
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Weiter ergänzend bemerkt der Einzelrichter, dass aus seiner Sicht der Abschiebungsanordnung auch keine tatsächlichen Vollzugshindernisse aufgrund der aktuellen Coronavirus-Krise und damit einhergehenden Grenzschließungen und Reisebeschränkungen einer Überstellung der Antragsteller nach Spanien entgegenstehen. Denn das wäre nach Überzeugung des Gerichts nur anzunehmen, wenn aufgrund der bestehenden Beschränkungen im Schengenraum die der Antragsgegnerin verbleibende Überstellungsfrist von sechs Monaten (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO) tatsächlich nicht eingehalten werden könnte und es insoweit absehbar zu einem Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin kommen wird. Dieser Sechs-Monats-Zeitraum ist folglich der Prognostizierung, ob der Abschiebungsanordnung tatsächliche Vollzugshindernisse entgegenstehen, für die rechtliche Beurteilung zugrunde zu legen. Der Gesetzesbegriff des Feststehens im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG meint ein relatives Feststehen in dem Sinne, dass nach derzeitigem Verfahrensstand die Abschiebung mit großer Wahrscheinlichkeit durchgeführt werden kann (Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 53). Angesichts der zahlreich getroffenen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie in Europa und auch vor dem Hintergrund, dass jedenfalls bei entsprechenden hohen Schutzvorkehrungen, wie sie beispielsweise im Ausbruchsland der Corona-Pandemie in China, aber auch im Königreich Spanien angeordnet wurden, kann innerhalb eines Zeitfensters von sechs Monaten mit einer Eindämmung und entsprechender Herabstufung der Sicherheitsmaßnahmen ernsthaft gerechnet werden - wie das Beispiel China zeigt. Es ist daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) nicht konkret absehbar, dass es zu einer Überstellung der Antragsteller nach Spanien binnen der nunmehr neu zu laufen beginnenden regelmäßigen Überstellungsfrist tatsächlich nicht kommen wird.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
23
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.