Inhalt

Kirchliches Arbeitsgericht Augsburg, Urteil v. 08.07.2020 – 1 MV 1/20
Titel:

Eingruppierung, Unterlassungsanspruch, Einstellung, Zustimmungsverweigerung, Verletzung, Ermessensentscheidung, Zustimmung, Mitbestimmung, Versetzung, Taschengeld, Wiederholungsgefahr, Form, Unterlassungsbegehren, Bundesamt, anwaltliche Vertretung, Zulassung der Revision

Leitsätze:
1. Zur Zulässigkeit von vergangenheitsbezogenen Feststellungsanträgen
2. Wird mit einer Dienstleistenden ein Taschengeld nach § 8 Abs. 1 Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG ) vereinbart, stellt dies keine Eingruppierung im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr.1 MAVO dar. Dies gilt auch dann, wenn sich der Dienstgeber dabei an einer Empfehlung des jeweiligen Diözesancaritasverbandes orientiert.
Schlagworte:
Eingruppierung, Unterlassungsanspruch, Einstellung, Zustimmungsverweigerung, Verletzung, Ermessensentscheidung, Zustimmung, Mitbestimmung, Versetzung, Taschengeld, Wiederholungsgefahr, Form, Unterlassungsbegehren, Bundesamt, anwaltliche Vertretung, Zulassung der Revision
Fundstelle:
BeckRS 2020, 47980

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die notwendigen Auslagen der Klägerin (einschl. anwaltliche Vertretung) für dieses Verfahren trägt die Beklagte.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Beteiligungsrechte der Klägerin anlässlich der Tätigkeitsaufnahme einer Dienstleistenden nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG).
2
Die Klägerin ist die für die Einrichtung A. gebildete Mitarbeitervertretung (MAV). Die Beklagte ist ein katholisches Sozialwerk in der Rechtsform einer kirchlichen Stiftung. Sie widmet sich der Betreuung behinderter Menschen und wendet die Grundordnung und die sonstigen kirchengesetzlichen Regelungen an. Für die Parteien gilt die MAVO-Diözese Augsburg in der Fassung vom 01.05.2018 (i. Folgenden: MAVO).
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Am 29.01.2020 unterrichtete die Beklagte die Klägerin schriftlich über die beabsichtigte Einstellung der BFD-Dienstleistenden (i. Folgenden: DL) C. zum 01.02.2020 mittels des Personalbogens (Anlage zur Klageschrift). In diesem Zusammenhang richtete der stellv. Vorsitzende der Klägerin an die Personalabteilung der Beklagten am 30.01.2020 eine E-Mail-Nachricht (Anlage 1 zur Klageerwiderung), in der mitgeteilt wurde, dass die Klägerin alle notwendigen Informationen zur Personalie „C.“ bereits habe und man sich in der nächsten Sitzung damit befassen wolle. Im Folgenden nahm die DL C. am 01.02.2020 ihre Tätigkeit auf. Die Klägerin ging weder dagegen vor, noch erklärte sie eine Zustimmungsverweigerung innerhalb der Wochenfrist nach der MAVO gegen die Personalmaßnahme.
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Sie hat jedoch mit Eingang am 10.02.2020 bei dem Kirchlichen Arbeitsgericht die Klage mit dem Feststellungsbegehren wegen eines Rechtsverstoßes der Beklagten erhoben.
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Dazu und im Weiteren hat die Klägerin ausgeführt, die Beklagte habe bei der Einstellung der DL C. ihre Beteiligungsrechte verletzt, weil sie die Beschäftigungsaufnahme bereits am 01.02.2020 zugelassen habe, obwohl die Anhörungs- bzw. Zustimmungsverweigerungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Beklagte habe bereits in der Vergangenheit so einseitig in die Mitwirkungsrechte der Klägerin eingegriffen, indem die Unterrichtung zu Personalmaßnahmen (Einstellung/ Versetzung) zu kurzfristig oder erst nach Beginn der Maßnahme erfolgt sei. Dazu gäbe es Beispiele aus dem Zeitraum Oktober/November 2019. Aus diesem zurückliegenden Geschehen ergebe sich eine konkrete Wiederholungsgefahr für die Zukunft. Dem müsse die Klägerin mit einem entsprechenden Feststellungsbegehren entgegentreten können. Die Rechtsverletzung selbst sei durch die nicht eingehaltene Wochenfrist offenbar.
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Hilfsweise werde der Anspruch auf ordnungsgemäße und vollständige Unterrichtung geltend gemacht. Der „Personalbogen“ vom. 29.01.2020 genüge nicht. Er enthalte keine Angaben zu den weiteren Bewerbern/-innen, insbesondere Schwerbehinderten. Weiter sei nicht dargelegt, warum gerade Frau C. (als beste Bewerberin) eingestellt werden solle.
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Wegen der Verletzung des Mitwirkungsrechts der Klägerin stehe ihr auch ein Unterlassungsanspruch für die Beschäftigung der DL C. zu, bis die Zustimmung nach ordnungsgemäßer Unterrichtung erteilt sei.
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Weiter habe die Beklagte durch die Zusage des monatlichen Taschengeldes von 195,- EUR an die DL C. eine Eingruppierung im Sinne der MAVO vorgenommen, ohne die Klägerin in gesetzmäßiger Weise zu beteiligen. Wegen der Leugnung des Beteiligungsrechts seitens der Beklagten bestehe das Feststellungsinteresse der Klägerin. Mit der Zusage des Monatsbetrages 195,- EUR habe die Beklagte auch inhaltlich eine Eingruppierung vorgenommen. Das BFDG lasse ein Taschengeld bis zu 414,- EUR zu. Wenn sich die Beklagte für 195,- EUR entschieden habe, sei das eine Einordnung in ein kollektives Entgeltschema. Eine ordnungsgemäße Unterrichtung zur Eingruppierung sei nicht erfolgt. Dazu bedürfe es einer Arbeitsplatzbeschreibung für die zu besetzende Stelle sowie einer Aufstellung zu den Arbeitsvorgängen für die von der DL C. auszuübenden Tätigkeit. Da dies bisher nicht erfolgt sei, habe die Klägerin auch einen entsprechenden - hilfsweise geltend zu machenden - Leistungsanspruch.
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In nämlicher Weise müsse die Beklagte angehalten werden, die bisherige Eingruppierung der DL C. (195,- EUR monatl.) zu unterlassen, bis die Klägerin nach ordnungsgemäßer Unterrichtung zugestimmt habe.
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Die Klägerin hat nun nach Klageerweiterung folgende Anträge gestellt:
I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegen die Bestimmung des § 34 MAVO in Verbindung mit § 33 MAVO verstoßen hat.
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Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Maßnahme der Einstellung der Mitarbeiterin C. durch
- die Vorlage eines Verzeichnisses der eingegangenen einrichtungsinternen Bewerbungen sowie der Bewerbung von schwerbehinderten Menschen;
- die Vorlage einer schriftlichen Begründung der Beklagten, warum C. eingestellt werden soll und warum sie sich im Vergleich zu den weiteren Bewerbern in fachlicher und persönlicher Hinsicht besonders für die zu besetzende Stelle eignet;
zu unterrichten.
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II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte durch die Zusage eines monatlichen Taschengeldes i.H. v. 195,- EUR an die Mitarbeiterin C. ab 01.02.2020 aufgrund der fehlenden Zustimmung der Klägerin gegen die Bestimmungen des § 33 Abs. 1 i. V. m. § 35 Abs. 1 Nr.1 MAVO verstoßen hat.
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Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Maßnahme der Eingruppierung der Mitarbeiterin C.
in Form der Gewährung eines monatlichen Taschengeldes i. H. v. 195,- EUR durch
- die Vorlage einer Arbeitsplatzbeschreibung der zu besetzenden Stelle sowie
- die Vorlage einer Aufschlüsselung der Arbeitsvorgänge der von der Mitarbeiterin C. auszuübenden Tätigkeit zu unterrichten.
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III. Die Beklagte unterlässt die weitere Beschäftigung der Mitarbeiterin C. bis zur ordnungsgemäßen Durchführung der Unterrichtung mittels
- - der Vorlage eines Verzeichnisses der eingegangenen einrichtungsinternen Bewerbungen sowie der Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen;
- - der Vorlage einer schriftlichen Begründung der Beklagten, warum C. eingestellt werden soll und warum sie sich im Vergleich zu den weiteren Bewerbern in fachlicher u. persönlicher Hinsicht besonders für die zu besetzende Stelle eignet sowie der Erteilung der erforderlichen Zustimmung durch die Klägerin gem. § 33 Abs. 1 MAVO.
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IV. Die Beklagte unterlässt die weitere Eingruppierung der Mitarbeiterin C. in Form der Gewährung eines monatlichen Taschengeldes i. H. v. 195,- EUR bis zur ordnungsgemäßen Durchführung der Unterrichtung der Klägerin mittels
- der Vorlage der Arbeitsplatzbeschreibung der zu besetzenden Stelle;
- der Vorlage der Aufschlüsselung der Arbeitsvorgänge der von der Mitarbeiterin C. auszuübenden Tätigkeit sowie
- der Erteilung der erforderlichen Zustimmung durch die Klägerin gem. § 33 Abs. 1 MAVO.
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V. Kostenpflicht der Beklagten für die anwaltliche Vertretung der Klägerin.
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Die Beklagte hat hingegen beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Dazu hat sie ausgeführt, dem Feststellungsbegehren bezüglich der Beteiligung bei der Einstellung der DL C. fehle bereits das Feststellungsinteresse als Zulässigkeitsvoraussetzung. Der (behauptete) Rechtsverstoß der Beklagten stelle kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Das mögliche Fehlverhalten der Beklagten in der Vergangenheit sei ohne Auswirkung auf Gegenwart und Zukunft. Vielmehr sei die Beklagte seit Beginn des Jahres 2020 ernsthaft bestrebt, die Beteiligungsrechte der Klägerin gerade hinsichtlich der Anhörungsfristen korrekt zu beachten. Es ermangele deshalb an der Wiederholungsgefahr. Auch bestreite die Beklagte in keiner Weise, dass die Wochenfrist bei der Anhörung zu personellen Einzelmaßnahmen zu beachten sei. Im konkreten Fall „C.“ sei es lediglich zu einer Fehlbewertung seitens des Sachbearbeiters der Beklagten im Hinblick auf die noch offene Anhörungsfrist gekommen.
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Die von der Klägerin eingeforderten weiteren Unterrichtungspflichten zur Einstellung „C.“ bestünden schon deshalb nicht, weil das Verfahren längst beendet und mangels Widerspruchs/ Zustimmungsverweigerung seitens der Klägerin die Zustimmungsfiktion eingetreten sei. Die Beklagte habe mit dem Personalbogen vom 29.01.2020 die Klägerin ordnungsgemäß nach der langjährigen Übung informiert. Eine Rüge wegen unzureichender Information sei nicht erfolgt, im Gegenteil: Mit der E-Mail-Nachricht vom 30.01.2020 habe die Klägerin erklärt, dass alle notwendigen Informationen vorliegen. Wegen des abgeschlossenen Beteiligungsverfahrens sei deshalb auch kein Raum für das klägerische Unterlassungsbegehren.
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Auch für den Feststellungsantrag zum Beteiligungsrecht „Eingruppierung“ fehle es bereits an der Zulässigkeit. In der Sache liege mit der Zusage des monatlichen Taschengeldes an die DL C. keine Eingruppierung im Rechtssinne vor. Die Beklagte wende damit keine (kollektive) Vergütungsordnung an, sondern habe ermessensbezogen die Vorgabe des Diözesancaritasverbandes Augsburg angewendet. In gleicher Weise handele die Beklagte bei den anderen DL nach dem BFDG. Wegen der fehlenden Eingruppierung seien darauf bezogene Unterrichtungs- und Unterlassungspflichten nicht erkennbar.
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Im Übrigen wird zum festgestellten Sachverhalt und dem weiteren Vorbringen der beteiligten Parteien auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Klägerin stehen die geltend gemachten Feststellungs-, Unterrichtungs- und Unterlassungsansprüche wegen der Personalmaßnahme C. gegen die Beklagte nicht zu.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
A.
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Zu den Anträgen bezüglich „Einstellung“:
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I. Dem Feststellungsantrag fehlt die Zulässigkeit (§§ 27 KAGO, 46 Abs. 2 ArbGG, 256 ZPO).
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Zwar ist der Rechtsweg/ die sachliche Zuständigkeit des Kirchlichen Arbeitsgerichts gegeben, da eine Streitigkeit aus dem Mitarbeitervertretungsrecht vorliegt (§ 2 Abs. 2 KAGO).
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Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-) Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO auch örtlich zuständig, weil die Beklagte ihren örtlichen Sitz in dessen Gerichtsbezirk hat. Weiter begegnen der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) keine rechtlichen Bedenken.
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Ein Feststellungsantrag muss sich jedoch auf ein feststellbares Rechtsverhältnis beziehen. Nicht genügend sind Einzelelemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 39. Auflage, § 256 Rdnr.10). Weiter muss das Rechtsverhältnis gegenwärtig sein. Rechtsbeziehungen der Vergangenheit können nur dann herangezogen werden, wenn sie Bedeutung für Gegenwart und Zukunft haben. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, im Nachhinein gutachterlich zu klären, wer von den Parteien Recht hatte (BAG v. 20.01.2015, 1 ABR 1/14). Entsprechend besteht das rechtliche Interesse nur dann, wenn eine tatsächliche Unsicherheit das Rechtsverhältnis gefährdet, also eine streitige Rechtsfrage zwischen den Parteien gelöst werden soll. Schließlich ist die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der vorrangigen Leistungsklage zu beachten (KAG Köln v. 12.02.2020, MAVO 25/2019).
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All dem wird der klägerische Feststellungsantrag nicht gerecht. So macht er nicht das Rechtsverhältnis „Beteiligungsrecht Einstellung“ zum Gegenstand des Antrags, sondern die isolierte Einzelfrage, ob ein Rechtsverstoß seitens der Beklagten vorliegt. Solche nachträglichen Rechtsgutachten sind jedoch nicht Aufgabe der Gerichte. Es ist auch kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis erkennbar. Die Einstellung der DL C. ist in der Vergangenheit längst abgeschlossen. Eine Bedeutung für das zukünftige Geschehen kann die Kammer nicht erkennen. Zwar hat die Klägerin eine Reihe von Vorgängen geschildert, in denen nach Klägerinvortrag die Unterrichtung zu Personalmaßnahmen verspätet oder ohne Beachtung der Anhörungsfrist vorgenommen wurde. Jedoch liegen diese Ereignisse alle länger zurück (Oktober/Nov. 2019) und die Beklagte hat glaubhaft erklärt, dass dies gerade zum Anlass genommen wurde, die gesetzesgemäße Vorgehensweise zu stabilisieren. In diesen Zusammenhang ist auch der Vorgang „Einstellung C.“ einzuordnen. Der Beklagten war bewusst, dass der Zeitablauf für die Einstellung am 01.02.2020 sehr knapp war. Dies erkennend wandte sich die Personalabteilung der Beklagten am 30.01.2020 per E-Mail an die Klägerin, um nachzufragen, welche sinnvolle Verfahrensweise hier möglich sei. Daraus wird deutlich, dass der Beklagten die Rechtstreue sehr wichtig war. Es wird aber weiter deutlich, dass eine offene - klärungsbedürftige - Rechtsfrage zwischen den Parteien überhaupt nicht vorlag. Der Beklagten war die zu beachtende Wochenfrist nach § 33 Abs. 2, S.2 MAVO nicht nur bewusst, sondern sie wollte sie auch beachten bzw. ein geeignetes Procedere mit der Klägerin verabreden. Dies misslang nur, weil die Personalabteilung der Beklagten die Antwort-E-Mail der Klägerin vom 30.01.2020 unrichtig interpretierte. Die Beklagte hat schließlich in der mündlichen Verhandlung deutlich erklärt, dass sie auch zukünftig ernsthaft bestrebt sein wird, die Fristen nach § 33 Abs. 2 MAVO korrekt zu beachten. Der allgemeinen, nichtprüfungsfähigen Behauptung der Klägerin, wonach es auch nach Ende Januar 2020 zu Versäumnissen bei der Unterrichtungspflicht gekommen sei, ist die Beklagte deutlich entgegengetreten.
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Bei all dem ist kein Raum für das klägerische Feststellungsbegehren. Damit ist die Klägerin auch nicht rechtlos gestellt: Ihr stehen bei einer solchen Rechtslage Leistungsanträge zur Seite. So kann sie bei einer Beschäftigung von Mitarbeiter/-in ohne Unterrichtung oder nicht abgeschlossenem Beteiligungsverfahren Unterlassungsanträge - ggf. im Eilverfahren - vor dem KAG anhängig machen.
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II. Die (hilfsweisen) Unterrichtungs- und Unterlassungsansprüche sind zulässig, aber sachlich unbegründet.
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Soweit die Klägerin weitere Unterrichtungsansprüche reklamiert, folgt dies daraus, dass das Beteiligungsverfahren „Einstellung C.“ abgeschlossen ist. Der Umfang der Unterrichtung im Falle der Einstellung ergibt sich aus § 34 Abs. 3 MAVO. Der von der Beklagten vorgelegte Personalbogen v. 29.01.2020 enthält die notwendigen Angaben nach S.1 u. 2 der vorgenannten Bestimmung. Das von der Klägerin geltend gemachte erweiterte Unterrichtungsbegehren nach S.4 erfordert ein ausdrückliches Verlangen der MAV. Ein solches ist nicht geschehen. Vielmehr hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie innerhalb der Anhörungsfrist eine zusätzliche oder ergänzende Information zur „Einstellung C.“ gerade nicht verlangt hat. Dieses ist jedoch erforderlich, wenn der Dienstgeber den Umfang der Information für ausreichend ansehen durfte, insbesondere weil er der bisherigen Übung entsprach (Eichstätter Kommentar [EK]/Reiter, MAVO, 2. Auflage, § 34 Rdnr.94).
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Wegen der ordnungsgemäßen Unterrichtung seitens der Beklagten ist das Beteiligungsverfahren mit Fristablauf am 05.02.2020 abgeschlossen. Eine Zustimmungsverweigerung durch die Klägerin ist unstreitig nicht geschehen. Es tritt die gesetzliche Zustimmungsfiktion nach § 33 Abs. 2, S.2 MAVO ein. Der Tätigkeitsbeginn der DL C. vor Ablauf der Wochenfrist führt nicht zur Unwirksamkeit des Unterrichtungsverfahrens. Es handelt sich um unterschiedliche Rechtsebenen, die getrennt zu betrachten sind. Die Aufnahme der Tätigkeit erfolgt auf der einzelvertraglichen Ebene zwischen Dienstgeber bzw. zuständigem Bundesamt und der DL C.. Das Beteiligungsverfahren nach §§ 33 ff. MAVO betrifft die kollektive Ebene zwischen Dienstgeber und MAV. Das fehlende oder noch nicht beendete Beteiligungsverfahren lässt zur Sicherung des Mitwirkungsrechts der MAV nur den Unterlassungsanspruch für die tatsächliche Beschäftigung entstehen (KAGH v. 25.11. 2016, M 06/2015). Auf den Lauf der Wochenfrist ist er ohne Auswirkung.
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Wie geschildert besteht der Unterlassungsanspruch grundsätzlich. Er kann jedoch nur solange durchgesetzt werden, als das Mitwirkungsverfahren noch nicht rechtswirksam beendet ist. Dies ist hier allerdings mit Fristablauf am 05.02.2020 geschehen und es gilt die bereits genannte Zustimmungsfiktion.
Damit ist ab 06.02.2020 der ursprünglich - wenn auch nur ganz kurzzeitig - bestehende Unterlassungsanspruch in Fortfall geraten.
B.
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Zur Eingruppierung gilt:
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I. Zur Zulässigkeit des Feststellungsantrags bestehen grundsätzlich die nämlichen Bedenken wie oben unter A. I. ausgeführt. Der/die „Rechtsverstoß/Rechtsverletzung“ stellen kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO dar. Jedoch will die Kammer dies an der Stelle dahingestellt lassen.
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II. Die klägerischen Anträge sind jedenfalls unbegründet.
Sie müssen schon deshalb scheitern, weil die Beklagte zur Eingruppierung der DL C. nicht verpflichtet war und eine solche auch nicht vorgenommen hat.
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Eingruppierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr.1 MAVO ist die dienstgeberseitige Einreihung in eine (vorhandene) kollektive Vergütungsordnung, also die Zuordnung zu einer in der Norm vorgesehenen Lohnoder Gehaltsgruppe (EK/Schmitz, § 35 MAVO Rdnr.6; Freiburger Kommentar/Sroka, § 35 Rdnr.8). Eine Vergütungsordnung liegt nur dann vor, wenn ein Entgeltschema besteht, das die Zuordnung zu einer von mehreren (also mindestens zwei) Vergütungsgruppen nach abstraktgenerellen Merkmalen vorsieht. Die Pflicht zur Eingruppierung ergibt sich nicht aus der betrieblichen Mitbestimmung selbst (BetrVG oder MAVO), sondern muss aus den für das Arbeitsverhältnis geltenden Bestimmungen folgen, für die kirchlichen Arbeitsverhältnisse, also aus AVR oder ABD (vgl. KGH/EKD v. 28.11. 2011, ZMV 2012, 160; EK/Schmitz, aaO, Rdnr.8, mwN). Die so dem Dienstgeber auferlegte Eingruppierung stellt Rechtsanwendung als reinen Normenvollzug dar und enthält keinerlei (rechts-) gestaltende Elemente.
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All dies kann für das hier vereinbarte Taschengeld (§ 2 Nr.4 BFDG) nicht gelten. Dabei soll die Frage, inwieweit ein „Taschengeld“ überhaupt dem hier maßgeblichen Begriff „Entgelt/Vergütung“ (-Ordnung) zugeordnet werden kann, außen vor bleiben.
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Entscheidend ist vielmehr, dass eine (kollektive) Vergütungsordnung überhaupt nicht vorliegt. Soweit sich die Beklagte mit der Vereinbarung des Monatsbetrages von 195,- EUR an den Richtwert des Diözesancaritasverbandes Augsburg anlehnt oder anschließt, liegt darin keine kollektiv vorgegebene Entgeltordnung. Damit geschieht nur eine Handreichung im Sinne einer technischadministrativen Unterstützung für die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen aus dem BFDG. Die Höhe des Taschengelds nach dem BFDG kommt gerade nicht durch unmittelbare Rechtsanwendung des Dienstgebers zustande, vielmehr bedarf es einer Vereinbarung nach § 8 Abs. 1 BFDG. Die Einsatzstelle wirkt dabei nur über den gemeinsamen Vorschlag zwischen ihr und der DL nach § 8 Abs. 1, S.1 BFDG mit. Für den jeweiligen Betrag selbst besteht Ermessensspielraum, er kann also verhandelt werden. Es sind lediglich die Ermessensgrenzen nach § 2 Nr. 4 a) - c) BFDG zu beachten. Mit der Vereinbarung des Monatsbetrages von 195,- EUR (als mittelbares Vertragsangebot) übt die Beklagte den vorhandenen Ermessensund Verhandlungsspielraum aus. Dass sie sich dabei der administrativen Unterstützung des Diözesancaritasverbandes bedient, ist unschädlich. Auch wenn die Beklagte mit guten Gründen wiederholt die gleiche Ermessensentscheidung trifft, wird allein daraus keine kollektive Entgeltordnung. Von daher ist es schlicht rechtsirrig, wenn die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, Eingruppierung liege immer da vor, wenn der Dienstgeber eine Geldleistung erbringe. Damit wird der systematische Begriff der Eingruppierung grundlegend verkannt.
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Zentral bleibt, dass mit der Abrede des angemessenen Taschengeldes eine das Recht erst gestaltende Entscheidung geschieht, nicht eine (aus anderen Gründen) bereits vorhandene Rechtsposition lediglich angewendet oder vollzogen wird - die DL nach dem BFDG ist nicht eingruppiert. Jede andere rechtliche Bewertung der hiesigen Taschengeldvereinbarung würde nämlich letztlich dazu führen, dass der MAV eine Mitwirkung/Mitbestimmung bei dem Vertragsinhalt zugebilligt würde, die ihr nach den Regeln der betrieblichen Mitbestimmung (§§ 33 ff. MAVO) gerade nicht zukommt (BAG v. 27.10. 2010, NZA 2011,418; EK/Schmitz, § 33 MAVO Rdnr.46).
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Da es an einer Eingruppierung fehlt, ist der darauf zielende Feststellungsantrag unbegründet.
42
In gleicher Weise ist kein Raum für die hilfsweise begehrten Unterrichtungspflichten hinsichtlich der (behaupteten) Eingruppierung. Da keine Eingruppierung vorliegt, bestehen auch dahingehenden Informationspflichten (§ 35 Abs. 1 Nr.1 i. V. m. § 33 Abs. 2, S.1 MAVO) nicht.
43
Schlussendlich ist der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der (behaupteten) Eingruppierung zu monatlich 195,- EUR unbegründet.
44
Ein solcher „Unterlassungs“-Anspruch bestünde auch dann nicht, wenn die Beklagte eine (echte) Eingruppierung ohne Beachtung des Beteiligungsrechts der MAV vorgenommen hätte. Wie dargestellt handelt es sich bei der dienstgeberseitigen Eingruppierung um Rechtsanwendung und deren Kundgabe. Die Aufhebung/Unterlassung einer Rechtsanwendung ist aber kein klagbarer Anspruch (BAG v. 30.09. 2014, 1 ABR 32/13). Jedoch darf die MAV auch in einem solchen Fall nicht rechtlos stehen. Ihr Mitwirkungsrecht ist deshalb darauf gerichtet, dass ihr ein Anspruch auf „ordnungsgemäße Durchführung des Beteiligungsverfahrens zur Eingruppierung der DL C.“ zuzubilligen wäre. Dieser Anspruch könnte klageweise vor dem KAG durchgesetzt werden (EK/Schmitz, § 35 MAVO Rdnr.109).
45
Selbst wenn der klägerische Unterlassungsantrag dahingehend auszulegen wäre (§ 139 Abs. 1 ZPO), kann er aber nicht durchgreifen. Wie oben gezeigt, fehlt es an der Eingruppierung der DL C..
46
Die Klage musste im vollen Umfang erfolglos bleiben.
C.
47
Auf den entsprechend auszulegenden Antrag der Klägerin waren deren notwendige Auslagen dieses Verfahrens, nämlich diejenigen ihrer anwaltlichen Vertretung vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht, der Beklagten - unabhängig von der Entscheidung in der Sache - aufzuerlegen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO i. Verbindung mit §§ 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, 4.Spiegelstrich MAVO). Das Erfordernis der anwaltlichen Vertretung zur Rechtswahrung folgt zunächst aus der streitgegenständlichen Rechtsmaterie. Die Rechtsverfolgung selbst war nicht von vorneherein so offensichtlich ohne Erfolgsaussicht, dass die materielle Pflicht zur Kostenübernahme hätte verneint werden müssen.
48
Gerichtgebühren werden vor den kirchlichen Arbeitsgerichten nicht erhoben (§ 12 Abs. 1, S.1 KAGO).
D.
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Die Zulassung der Revision kam nicht in Frage, da die (kirchen-) gesetzlichen Voraussetzungen nach § 47 Abs. 2 KAGO nicht vorlagen. Es war der vorgefundene Einzelfall zu entscheiden. Eine Divergenz ist nicht zu erkennen.