Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 29.06.2020 – AN 2 K 17.00619
Titel:

Formelle Rechtswidrigkeit der Ungültigkeitserklärung einer Promotionsleistung mangels funktionaler Zuständigkeit des Promotionsausschusses

Normenketten:
BayVwVfG Art. 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 1, Abs. 4
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
PromO 2011 § 11 Abs. 1 S. 1
BayHSchG Art. 19 Abs. 4 S. 1, § 31 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. § 11 Abs. 1 S. 1 PromO 2011 sieht vor, dass die Entziehung des Doktorgrads unter weiteren dort genannten Voraussetzungen auf Antrag der Mehrheit der Mitglieder des Fachbereichsrats durch Beschluss des Fachbereichsrats erfolgen kann (Rn. 44 – 50). (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch sofern die Ungültigkeitserklärung der Promotionsleistung materiell auf Art. 48 BayVwVfG gestützt wird, ergibt sich die Zuständigkeit des Fakultäts- bzw. Fachbereichsrats (Rn. 53). (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
formelle Rechtswidrigkeit der Ungültigkeitserklärung einer Promotionsleistung mangels funktionaler Zuständigkeit des Promotionsausschusses, Ungültigkeitserklärung, wissenschaftliches Fehlverhalten, Täuschung, Plagiate, Promotionsordnung, Jahresfrist, Promotionsausschuss, Fakultäts- bzw. Fachbereichsrat
Fundstelle:
BeckRS 2020, 47315

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2017 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um die Ungültigkeitserklärung des Doktorgrads der Klägerin.
2
Die Klägerin beantragte unter dem … 2009 bei der Beklagten die Zulassung zum Promotionsverfahren zum Doktor der Humanmedizin (Dr. med.). Zusammen mit dem Antrag reichte sie ihre Dissertation mit dem Titel „…“ ein. Mit dem Antragsformular gab die Klägerin insbesondere folgende, vorformulierte Erklärung ab:
3
Hiermit erkläre ich ausdrücklich, dass die oben genannte, hier vorgelegte Dissertation […] selbstständig angefertigt wurde, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet worden sind und alle Erkenntnisse, die aus dem Schrifttum übernommen wurden, als solche kenntlich gemacht und nach ihrer Herkunft unter Bezeichnung der Literaturstelle nachgewiesen sind.
4
Nach Zulassung zum Promotionsverfahren und mündlicher Prüfung verlieh die Beklagte der Klägerin mit Urkunde vom … 2009 den Grad des Doktors der Medizin (Dr. med.) mit dem Prädikat … … Mit E-Mail vom 29. Dezember 2015 teilte … … … - … … … … … … - dem Präsidenten der Beklagten mit, in der Dissertation der Klägerin seien umfangreiche Plagiate nachgewiesen worden. … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … Die Dissertation der Klägerin umfasst insgesamt … Seiten. Ohne Titelblatt, Inhalts- und Literaturverzeichnis, Danksagung, Lebenslauf und Zusammenfassung … … … … … beläuft sich der Umfang der Arbeit auf … Seiten. In der Arbeit finden sich wie nachfolgend dargestellt Formulierungen, die aus fremden Texten ohne deren Kennzeichnung übernommen wurden:

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Die gesamte in der Tabelle unter der Spalte „Quelle“ aufgeführte Literatur ist in der Dissertation der Klägerin nicht erwähnt, weder im Text noch im Literaturverzeichnis.
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Nachdem Prof. Dr. … - der Doktorvater der Klägerin - eine ausführliche Stellungnahme abgegeben hatte und der Ombudsmann der Beklagten eingeschaltet worden war, nahm die Klägerin unter dem 8. März zu den Vorwürfen Stellung. Sie machte im Wesentlichen geltend, … Dem werde zu keinem Zeitpunkt der Kern der Arbeit gegenübergestellt, nämlich die einwandfreie … … … … … … Die Dissertationsleistung liege in den Ergebnissen, deren Auswertung und Vergleich. Von den Plagiatsvorwürfen sei ausschließlich der erste, allgemeine Teil der Arbeit betroffen, der lediglich eine allgemeinmedizinische Aufstellung verschiedener Definitionen von Krankheitsbildern und pathophysiologischer Vorgänge betreffe. Von Diebstahl geistigen Eigentums könne keine Rede sein. All diese Definitionen ließen sich über die angegebenen Primärquellen nachweisen. Unangetastet bleibe der … erarbeitete Teil der Arbeit. Des Weiteren legte die Klägerin in ihrer Stellungnahme ausführlich dar, der schriftliche Teil ihrer wissenschaftlichen Arbeit - die Dissertationsschrift - mache lediglich etwa 30% der gesamten Arbeit zur Anfertigung der Dissertation aus. Die Hauptarbeit der Dissertation, ca. 70%, sei nachweislich … Ausdrücklich entschuldigen wolle sie sich dafür, dass 29 Primärquellen lediglich im Text und nicht im Literaturverzeichnis sowie einige weitere Quellen weder im Text noch im Literaturverzeichnis aufgeführt worden seien. Die Inhalte der fehlenden Quellenangaben könnten allerdings mit 138 Quellenangaben belegt werden. Diese ihr heute unbegreiflichen Formfehler seien leider auch der damaligen enormen zeitlichen Belastung geschuldet. Während der Dissertationsarbeit sei sie als Assistenzärztin tätig gewesen. Die Doppelbelastung der häufig anfallenden Stationsvertretungen mit vielen Überstunden und der Betreuung von … … … … habe zu diesem Formfehler beigetragen. Eine bewusste Täuschung ihrerseits sei nie beabsichtigt gewesen. Viele der kritisierten Textpassagen hätten eine Primärquellenangabe, die leider nicht im Literaturverzeichnis aufgenommen worden seien. Darüber hinaus beinhalteten viele der Textpassagen medizinisches Allgemeinwissen, das mit Primärquellen im Text gekennzeichnet sei. Dieses habe sie also gar nicht als eigenes Wissen ausgegeben. Bei einigen Vorwürfen lasse sich der Text vielerorts im Internet ohne Quellenangabe recherchieren. Dies sei ein weiterer Hinweis auf medizinisches Allgemein- bzw. Lehrbuchwissen. Der Kern der Untersuchung, das eigentliche Ergebnis der Arbeit, bleibe unangetastet.
7
In einem Anhang zu ihrer Stellungnahme setzt sich die Klägerin ausführlich mit den Vorwürfen zu den einzelnen Textstellen ihrer Arbeit auseinander. Bezogen auf die Textstellen in Einzelnen weist sie darauf hin, es seien Zitate genannt, welche die Inhalte belegten, wenn auch die Quellen teilweise nicht in das Literaturverzeichnis aufgenommen worden seien. Es handele sich um medizinisches Allgemeinwissen bzw. allgemein medizinische Definitionen. Die fraglichen Inhalte seien vielfach andernorts nachlesbar. Geistiges Eigentum könne nicht verletzt sein, sofern eine Quelle angegeben sei. Hinsichtlich des Vorwurfs betreffend Seite …schloss sich die Klägerin der Stellungnahme ihres Doktorvaters Prof. Dr. … an, wonach die Arbeit von … veröffentlicht wurde, ihre Dissertation aber bereits zuvor erstellt worden war. Hinsichtlich des Vorwurfs Seite … führte die Klägerin aus, dort - unter dem Gliederungspunkt … - gehe es ja gerade um einen Literaturvergleich. Eine Ausgabe fremden Wissens als eigenes finde hier überhaupt nicht statt.
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Mit E-Mail vom 16. März 2016 wandte sich der Ombudsmann insbesondere mit der Frage an die Klägerin, wieso in ihrer Stellungnahme die Tatsache der wörtlichen Übereinstimmung von Textpassagen mit nicht genannten Quellen überhaupt nicht angesprochen werde. Es gehe bei den Vorwürfen ja nicht um die Primärquellen, die in diesen Textpassagen angeführt seien; diese seien eben mitkopiert worden. Es gehe um das Kopieren an sich. Solange keine andere Erklärung für die Übereinstimmung gegeben werden könne, müsse man ja wohl von schlichtem Kopieren ausgehen.
9
Hierauf erwiderte die Klägerin mit E-Mail Anhang vom 17. März 2016, sie habe aus ihr heute unerklärlichen Gründen von anderen Arbeiten kopiert, ohne richtig zitiert zu haben. Hierfür wolle sie sich ausdrücklich entschuldigen. Sie habe allerdings auch gedacht, dass mit den Primärquellen die Herkunft der Aussagen adäquat abgedeckt sei. Zudem habe sie keine Ideen und Ergebnisse andere Arbeiten übernommen. Bei den betroffenen Passagen habe es sich um allgemeines Lehrbuchwissen gehandelt. Ein absichtlicher Täuschungsversuch oder bewusstes Fehlverhalten habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Dafür spreche, dass ein ordnungsgemäßes Kennzeichnen der Quellen keine Konsequenzen oder Zweifel an der Forschungsarbeit selbst gezeigt hätten. Zurückblickend stünden diese Fehler in keiner Relation zu dem Anspruch, den sie an sich selbst stelle. Für sie habe der Kern der Arbeit in der … Forschungsarbeit gelegen. …Sowohl die wissenschaftliche Arbeit, … seien ausnahmslos fehlerfrei und international anerkannt, auch im Hinblick darauf, dass vorangegangene Studien andere Ergebnisse gezeigt hätten.
10
Mit Schreiben vom 13. April 2016 setzte der Vorsitzende der Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens die Klägerin insbesondere davon in Kenntnis, dass die Kommission am 23. März 2016 von dem Ombudsmann der Beklagten über die Plagiatsvorwürfe ausführlich informiert worden sei. Die Kommission sei von dem Ombudsmann um eine Vorprüfung der Vorwürfe gebeten worden. Nach eingehender Sichtung der bereitgestellten Unterlagen und intensiver Diskussion am 11. April 2016 sei die Kommission zu der Einsicht gelangt, dass der Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens begründet sei. Soweit darauf hingewiesen worden sei, Plagiate würden den inhaltlichen Wert der Arbeit nicht schmälern, könne dieser Hinweis jedoch keine Bedeutung in Bezug auf den Vorwurf eines Plagiats haben. Ein solches stelle grundsätzlich schon im Einzelfall ein Fehlverhalten dar. Vorliegend weise die Dissertation einen sehr hohen Prozentsatz an Plagiaten im Hauptteil auf. Da über das Fehlverhalten kaum Zweifel erhoben werden könnten, sei mit einem sehr raschen Abschluss des einzuleitenden förmlichen Untersuchungsverfahrens zu rechnen. Mit dem Schreiben gab die Kommission der Klägerin Gelegenheit, sich innerhalb von zwei Wochen an den Vorsitzenden zu wenden, sofern sie eine mündliche Anhörung wünsche.
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Unter dem 16. Januar 2017, eingegangen bei dem Präsidenten der Beklagten am 27. Januar 2017, legte die Kommission zur Untersuchung von wissenschaftlichem Fehlverhalten ihren Abschlussbericht vor. Darin kommt sie aufgrund ihrer Sitzung vom 9. Mai 2016 zu dem Ergebnis, der Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens sei berechtigt.
12
Mit Schreiben vom 14. Februar 2017, versandt am selben Tag, teilte die Beklagte der Klägerin insbesondere mit, sie beabsichtige, ein Verfahren zur Entziehung des Doktorgrads der Klägerin einzuleiten. Gelegenheit zur Stellungnahme wurde bis 28. Februar 2017 gegeben.
13
Nachdem seitens der Klägerin keine Stellungnahme eingegangen war, beschloss der Promotionsausschuss der Medizinischen Fakultät am 2. Januar 2017, den der Klägerin verliehenen akademischen Grad des Doktors der Medizin (Dr. med.) für ungültig zu erklären.
14
Mit Bescheid vom 2. März 2017, der Klägerin zugestellt am 6. März 2017, erklärte die Beklagte den der Klägerin verliehenen akademischen Grad des Doktors der Medizin (Dr. med.) für ungültig (Ziff. 1 des Bescheids). Des Weiteren wurde der Klägerin aufgegeben, die Promotionsurkunde vom 2. Dezember 2009 an die Beklagte zurückzugeben (Ziff. 2 des Bescheids). Kosten wurden nicht erhoben (Ziff. 3 des Bescheids).
15
In der Sache ist der Bescheid im Wesentlichen dahingehend begründet, nach der Promotionsordnung könne der verliehene Doktorgrad für ungültig erklärt werden, wenn die Kandidatin bzw. der Kandidat bei der Anfertigung der Dissertation getäuscht habe. Im Übrigen sei die Ungültigkeitserklärung nach der Promotionsordnung auch möglich, wenn die Kandidatin bzw. der Kandidat sonst die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens schwerwiegend verletzt habe. Beide Alternativen seien hier erfüllt.
16
Zunächst liege eine Täuschung vor. Nach der Rechtsprechung lasse eine Vielzahl von Plagiaten den Schluss zu, dass fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigenständige wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen würden. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergebe sich bereits, sofern sich Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden ließen und verschiedene Fremdautoren beträfen. Diese Voraussetzungen träfen hier zu. Die Einlassung der Klägerin, die Herkunft von Inhalten sei durch die Angabe der Primärquelle hinreichend abgedeckt, sei als Schutzbehauptung unbeachtlich, wenn es sich um eine vollständige Übernahme aus einer nicht genannten Sekundärquelle handele. Ebenso sei als unbeachtliche Schutzbehauptung die Einlassung zu werten, wonach medizinisches Allgemeinwissen bzw. allgemeines Lehrbuchwissen (grundsätzlich) nicht durch Quellen nachzuweisen sei. Ebenso gehe der sinngemäße Hinweis erkennbar fehl, dass ein Quellennachweis an irgendeinem Ort der Arbeit genüge. Dies widerspreche fundamental den anerkannten Grund sätzen guter wissenschaftlicher Praxis. Die Anforderungen, die an den Nachweis der Eigenständigkeit wissenschaftlichen Arbeitens zu stellen seien, ergäben sich aus dem Gebot wissenschaftlicher Redlichkeit. Dieses erfordere, geistiges Eigentum Dritter nachprüfbar zu machen, indem sämtliche wörtlich oder sinngemäß übernommenen Gedanken aus Quellen und Literatur als solche kenntlich gemacht würden. Die Täuschungsabsicht ergebe sich weiter daraus, dass die Klägerin eine Erklärung abgegeben habe, in der sie ausdrücklich erklärt habe, die Dissertation selbstständig angefertigt und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet und alle Erkenntnisse, die aus dem Schrifttum übernommen worden seien, als solche kenntlich gemacht und nach ihrer Herkunft unter Bezeichnung der Literaturstelle nachgewiesen zu haben. Dadurch habe sie die Gutachter über die Tatsache getäuscht, dass die vorgelegte Dissertation insoweit nicht auf einer selbstständigen wissenschaftlichen Arbeit beruhe. In subjektiver Hinsicht genüge bedingter Vorsatz. Die Klägerin habe eingeräumt, die fraglichen Textpassagen nicht als fremdes Gedankengut gekennzeichnet zu haben, weil sie der Ansicht gewesen sei, dass es sich um allgemeines Lehrbuch- bzw. medizinisches Allgemeinwissen handele, welches nicht zitiert werden müsse. Damit habe sie zumindest billigend in Kauf genommen, die Gutachter diesbezüglich über die eigene wissenschaftliche Leistung in diesen Punkten zu täuschen.
17
Darüber hinaus liege auch eine schwerwiegende Verletzung der Regeln wissenschaftlichen Arbeitens vor. Dies ergebe sich zunächst aus dem Umfang der Plagiate. Auch die klägerseits beschriebene Methodik, medizinisches Allgemeinwissen nicht durch Quellen zu belegen, sowie das umfangreiche Kopieren von Sekundärquellen samt Verweis auf Primärquellen verstoße schwerwiegend gegen die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens. Verstöße könnten auch nicht durch die im Übrigen ordnungsgemäße …beseitigt werden. Eine Heilung durch den Verweis auf unbedenkliche Teile der Arbeit bzw. einen etwaigen wissenschaftlichen (Rest-)Wert der Arbeit scheide aus.
18
Die Ungültigkeitserklärung entspreche pflichtgemäßer Ermessensausübung und sei verhältnismäßig. Die Rechtsgrundlage der Ungültigkeitserklärung verfolge den Zweck, die Lauterkeit des wissenschaftlichen Arbeitens sicherzustellen und das Ansehen und den wissenschaftlichen Ruf der Beklagten und der dort promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu bewahren. Hierzu entfalte der Normzweck auch eine generalpräventive Wirkung. Die Ungültigkeitserklärung sei geeignet, diesen Zweck zu erreichen. Durch die Ungültigkeitserklärung werde dokumentiert, dass der Verstoß gegen die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens nicht hingenommen und die Beklagte im Rahmen ihrer Qualitätssicherung die sehr hohen Standards eines Promotionsverfahrens bewahre. … Die Ungültigkeitserklärung sei für die vorgenannte Zweckerreichung auch erforderlich. Mildere Mittel kämen nicht in Betracht. Insbesondere stelle die Herabsetzung der Promotionsnote kein milderes Mittel dar. Die Herabsetzung der Note sei keine zulässige Rechtsfolge der einschlägigen Rechtsgrundlagen. Die Ungültigkeitserklärung sei auch angemessen im engeren Sinne. Abzuwägen seien Vertrauensschutzaspekte sowie die grundgesetzliche Rechtsposition einerseits und die Wissenschaftsfreiheit der Beklagten und der übrigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler andererseits. Trotz der die Klägerin treffenden beruflichen und sozialen Folgen sowie der … überwiege das Interesse der Beklagten und der übrigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Lauterkeit des wissenschaftlichen Arbeitens und dem Ansehen und wissenschaftlichen Ruf der Beklagten. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst für die Folgen ihres Handelns verantwortlich sei. Außerdem handele es sich um erhebliche Verstöße gegen die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens. Besonders schwer wiege der sehr hohe Prozentsatz nicht nachgewiesener Quellen. Die etwaige Bedeutung der Ergebnisse für den wissenschaftlichen Fortschritt und die Tatsache, dass … … … … … … …, könnten die Verstöße nicht aufwiegen. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass es nicht darauf ankomme, ob ohne die beanstandeten Stellen oder im Fall wörtlicher Zitate der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartige hypothetische Erwägungen im Sinne einer geltungserhaltenden Reduktion fänden nicht statt. Auch auf ein Verschulden - im deliktischen Sinne - komme es nicht an. Insofern könnten die Gründe für das damalige Vorgehen der Klägerin, etwa ihre hohe Arbeitsbelastung oder private Belastungen … … … … … …, die Rücknahmegründe nicht beseitigen. Dies gelte auch für die Mitwirkung der Klägerin im Rahmen des Verfahrens und ihr eingestandenes Fehlverhalten sowie die Dauer des bisherigen Verfahrens. Auch der Einwand, niemals einen Täuschungsvorsatz gehabt zu haben, sei nach der Rechtsprechung unerheblich, da der Klägerin als Doktorandin jedenfalls hätte bekannt gewesen sein müssen, dass eine solche Vorgehensweise in wissenschaftlichen Arbeiten unzulässig sei.
19
Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 3. April 2017, eingegangen bei Gericht am 4. April 2017, Klage erhoben.
20
In der Sache macht sie im Wesentlichen gelten, es liege keine Täuschung vor. Dies lasse sich auch nicht aus einer Vielzahl angeblicher Plagiate schließen, da die Übernahmen hier nicht als Plagiate zu werten seien. Entsprechend der Stellungnahme von Prof. Dr. … sei von einem Plagiat auszugehen, wenn Wörter, Ideen oder Arbeitsergebnisse verwendet würden, die einer identifizierbaren Person oder Quelle zugeordnet werden könnten, ohne die Übernahme sowie die Quelle in geeigneter Form auszuweisen, in einem Zusammenhang, in dem zu erwarten sei, dass eine originäre Autorenschaft vorliege, um einen Nutzen, eine Note oder einen sonstigen Vorteil zu erlangen, der nicht notwendigerweise ein geldwerter sein müsse.
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Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Dissertation hinsichtlich der Zitierweise zwar teilweise ungenau sei, aber keine Plagiate vorlägen, sodass von keiner Täuschung der Klägerin bezüglich ihrer originären Autorenschaft auszugehen sei. Wie Prof. Dr. … am Ende seiner Stellungnahme darlege, habe die eigentliche Leistung der Klägerin im Rahmen ihrer Dissertation auch darin bestanden, … Diese Leistung werde von den Vorwürfen nicht berührt, weshalb die Aberkennung des verliehenen Doktorgrads als unverhältnismäßig anzusehen sei.
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Auch treffe der Vorwurf nicht zu, die Klägerin habe die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens schwerwiegend verletzt. Die Beklagte stütze den Vorwurf zunächst auf den Umfang der vermeintlichen Plagiate. Wie bereits dargestellt seien die fraglichen Textpassagen jedoch nicht als Plagiate anzusehen. Die Beklagte verkenne zudem, dass es sich bei den gerügten Verstößen lediglich um Zitierfehler und nicht um Plagiate handele. Die Beklagte habe fehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die eigentliche wissenschaftliche Leistung der Klägerin von den Vorwürfen nicht betroffen sei. Eine pflichtgemäße Ermessensausübung liege deshalb nicht vor. Bei den zitierten Fehlern handele es sich nicht um eine schwerwiegende Verletzung der Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens. Auch insoweit liege kein Grund vor, der eine Aberkennung des Doktorgrads rechtfertige.
23
Darüber hinaus sei nach der Promotionsordnung die Entscheidung über den Entzug eines Doktorgrads nach einer Frist von einem Jahr ab Bekanntwerden des Sachverhalts ausgeschlossen. Der Sachverhalt, auf den sich der Plagiatsverdacht gegen die Klägerin stütze, sei der Beklagten seit dem 29. Dezember 2015 bekannt. Dagegen habe der Promotionsausschuss erst am 2. März 2017 entschieden, den Doktorgrad für ungültig zu erklären, mithin nicht in der vorgesehenen Jahresfrist. Selbst wenn die Vorwürfe der Beklagten zu den Plagiaten zuträfen, wäre der Beklagten der Entzug des Doktorgrads verwehrt. Da die Ungültigkeitserklärung rechtswidrig sei, entfalle auch die Rechtsgrundlage für die Rückgabe der Promotionsurkunde.
24
Die Klägerin beantragt wörtlich, zu erkennen:
Der Bescheid der Beklagten vom 2.3.2017, …wird aufgehoben.
25
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
26
Sie trägt im Wesentlichen vor, bei der klägerseits unter Bezugnahme auf die Stellungnahme von Prof. Dr. … angeführten Definition des Plagiats handele es sich nicht um eine Definition im Rechtssinne. Maßgeblich sei vorliegend der Begriff der Täuschung. Ein Plagiat im Rechtssinne liege jedenfalls dann vor, wenn eine Täuschung gegeben sei. Der promotionsrechtliche Täuschungsbegriff knüpfe an den Tatbestand des § 263 StGB an. Eine rechtserhebliche Täuschungshandlung durch Vorspiegeln oder Unterdrückung von Tatsachen liege vor, wenn Passagen der zu Bewertung abgegebenen Dissertation nicht vom Doktoranden selbst, sondern von einem anderen Autor stammten und der Doktorand dies nicht kennzeichne. Zudem verweist die Beklagte auf die Erklärung der Klägerin vom …2009. Die Klägerin habe über den Umfang der Eigenständigkeit ihrer Leistung getäuscht. Unter Bezugnahme auf einzelne Textpassagen der Dissertation führt die Beklagte im Kern sinngemäß aus, im Rahmen der Übernahme fremder Textpassagen unterdrücke die Klägerin die Tatsache, dass diese Formulierungen von anderen Autoren stammten. Damit spiegele sie gleichsam vor, die Formulierungen selbst verfasst zu haben. Ob es sich dabei um allgemeine Definitionen handele, spiele für die Frage einer Täuschung keine Rolle. Selbst wenn man dies annehmen würde, unterdrücke die Klägerin dennoch die Tatsache, dass die konkreten Formulierungen von anderen Autoren verfasst worden seien. Auch die Behauptung der Klägerin, für jeden kundigen Leser sei offensichtlich, dass insoweit keine originäre Autorenschaft der Klägerin vorliege, führe zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr werde von der Rechtsprechung gerade im Umkehrschluss angenommen, dass überall dort, wo keine Quelle genannt sei, der unbefangenen Leser von der Urheberschaft der Verfasserin ausgehe. Es handele sich daher gerade nicht um bloße Zitierfehler, sondern um eine echte Täuschung. Die Täuschung werde auch nicht dadurch beseitigt, dass die Primärquelle im Text angegeben werde. Die Täuschung liege ja gerade darin, dass die Formulierungen dem fremden - von der Klägerin als Sekundärquelle verstandenen - Werk entnommen seien, diese Tatsache aber von der Klägerin unterdrückt werde. Betreffend … handele es sich um ein sog. copy & paste-Verfahren. … …Hinsichtlich des Plagiatsvorwurfs betreffend Seite … nimmt die Beklagte dahingehend Stellung, dass die Klägerin insoweit den Vorwurf mit Blick auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Arbeit von …möge entkräften können. Dies lasse jedoch die weiteren Täuschungen nicht entfallen. … … Die Klägerin habe die Tatsache unterdrückt, dass die konkrete Formulierung von einem Dritten verfasst worden sei. … Durch die belegte Verfahrensweise habe die Klägerin seinerzeit auch bei den Gutachtern ihrer Arbeit sowie bei den übrigen an der Promotionsentscheidung beteiligten Fakultätsmitgliedern einen Irrtum erregt. Sie habe die fehlerhafte Vorstellung herbeigeführt, auch die fraglichen Textstellen seien im Sinne der von ihr abgegebenen Erklärung ohne Hilfsmittel verfasst worden und damit das Ergebnis eigenständiger wissenschaftlicher Leistung. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass seinerzeit die Gutachter die Annahme der Dissertation in der vorgelegten Form empfohlen hätten, wäre Ihnen bekannt gewesen, dass die Klägerin dem Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit und ihrer Erklärung zuwider im vorbezeichneten Umfang sowohl andere als die von ihr angegebenen Quellen verwendet, als auch wörtliche oder sinngemäße Übernahmen als solche nicht gekennzeichnet hat. Der Täuschungsvorsatz ergebe sich aus der Vielzahl der vorgenommenen Täuschungshandlungen. Wenn - wie hier - bei über … Textpassagen jeweils der Autor der konkreten Formulierung nicht genannt werde, könne nicht mehr von einer ungenauen Zitierweise gesprochen werden. Anzahl und Umfang der nicht nachgewiesenen Textpassagen belegten ein planvolles Vorgehen der Klägerin. Jedenfalls habe die Klägerin billigend in Kauf genommen, dass der unbefangenen Leser über die Urheberschaft der Textpassagen irre. Damit habe sie den falschen Eindruck erweckt, der Dissertation liege auch insoweit eine eigene gedankliche Leistung zugrunde. Die Frage, ob die Klägerin in den übrigen Teilen ihrer Arbeit eine eigenständige Leistung erbracht habe, könne dahinstehen, da dadurch die nachgewiesenen und rechtserheblichen Täuschungen nicht beseitigt würden. Aus diesen Gründen müsse auch die Einlassung der Klägerin als bloße Schutzbehauptung zurückgewiesen werden, wonach sie nicht habe täuschen wollen.
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Aufgrund des Umfangs und der Vielzahl der Verstöße liege auch ein schwerwiegender Verstoß gegen die Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens vor. Die klägerseits angestellte Unterscheidung zwischen Zitierfehlern und Plagiaten gehe fehl. Vielmehr habe die Klägerin gegen das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit verstoßen. Nach der Rechtsprechung liege der Übernahme bzw. Paraphrasierung von Sekundärquellen stets eine fachlich wertende wissenschaftliche Leistung zugrunde, die darin bestehe, wie die Inhalte erfasst und komprimiert wiedergegeben würden. Indem die Klägerin jedoch auf die Angabe der Sekundärquellen verzichtet habe, habe sie den Eindruck erweckt, Auswahl und Komprimierung der Primärquellen seien ihre eigene Leistung. Dies stelle einen Verstoß gegen das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit dar. Zitierfehler könnten allenfalls angenommen werden, wenn es sich um punktuelle Verstöße in unerheblichem Umfang handele. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Dies zeige sich schon daran, dass zahlreiche Quellen auch im Literaturverzeichnis nicht genannt worden seien. Weiter handele es sich auch überwiegend um wortwörtliche Übernahmen aus Sekundärquellen, sodass schon jeglicher Ansatzpunkt dafür fehle, dass es sich um Zitierfehler handele.
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Der Entzug des Doktorgrads sei auch nicht mit Blick auf die in der Promotionsordnung vorgesehene Jahresfrist ausgeschlossen. Die Vorschrift sei vorliegend schon nicht anwendbar, da sie einer teleologischen Reduktion bedürfe. Denn die Klägerin habe arglistig getäuscht. Jedenfalls deswegen sei es ihr nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Jahresfrist zu berufen. Dies folge zunächst aus Art. 48 Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG. Dort sei der allgemeine Rechtsgedanke enthalten, dass derjenige, der einen anderen arglistig täusche, sich bei der Rückabwicklung der Täuschungsfolgen nicht auf für ihn günstige Fristen berufen könne. Der Täuschende solle die aufgedeckte Täuschung nicht durch die Berufung auf die Frist perpetuieren können. Eine teleologische Reduktion sei auch deshalb angebracht, weil jede Fristenregelung eine spezielle normtechnische Ausprägung von Vertrauensschutz sei. Sei aber der Doktorgrad aufgrund arglistiger Täuschung erlangt, sei das Vertrauen in die Verleihung nicht schutzwürdig, wie Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG zeige.
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Für den Fall der Anwendbarkeit der Jahresfrist bestimme die Klägerseite Art und Beginn des Fristlaufs fehlerhaft. Die fragliche Vorschrift sehe eine Aufhebungsfrist von einem Jahr ab Bekanntwerden des Sachverhalts vor. Hierbei handele es sich entsprechend der Rücknahmefrist aus Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG um eine echte Entscheidungsfrist. Diese beginne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst mit Ablauf des Tags, an dem die Behörde - in Gestalt des zuständigen Amtswalters - die vollständige für die Rücknahme erforderliche Kenntnis erlangt habe, sie also die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt habe und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig und zweifelsfrei bekannt seien. Danach habe die Frist hier mit Eingang des Abschlussberichts der Ständigen Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens bei dem Promotionsausschuss der Medizinischen Fakultät zu laufen begonnen. Ereignistag sei somit der 15. Februar 2017, da an diesem Tag der Abschlussbericht bei dem Promotionsausschuss eingegangen sei. Die Jahresfrist ende folglich erst am 15. Februar 2018. Mithin sei der am 6. März 2017 zugestellte Bescheid rechtzeitig erlassen.
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Schon der Wortlaut „Bekanntwerden des Sachverhalts“ in der fraglichen Vorschrift spreche dafür, dass der fragliche Fristlauf erst mit dem vollständig ermittelten Sachverhalt und nicht bereits bei bloßen Verdachtsmomenten beginne. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Regelung. Nach vollständiger Ermittlung des Sachverhalts und Gelegenheit des Doktoranden zur Stellungnahme, solle die Zeit der Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens begrenzt sein. Der Adressat der Anhörung solle den Zeitpunkt bestimmen können, nach dem er nicht mehr mit nachteiligen Entscheidungen rechnen müsse. Eine solche Funktion könne eine Ermittlungsfrist aber gerade nicht erfüllen, da Doktoranden vielfach überhaupt nicht bekannt sei, dass Dritte bei der Hochschule eine Dissertation gerügt hätten. Es widerspreche auch dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, wenn ggf. anonyme Dritte über den Beginn der Aufhebungsfrist bestimmen könnten, je nachdem wann sie ihren Verdacht der Hochschule mitteilten. Mit dem Erlass der fraglichen Vorschrift habe der Senat der Beklagten neben den oben genannten Vertrauensschutzaspekten nicht eine Beschleunigung des Ermittlungsverfahrens innerhalb der zentralen Universitätsverwaltung bewirken wollen, sondern eine Beschleunigung des Diskussions- und Entscheidungsprozesses innerhalb der für die wissenschaftlichen Verwaltungs- bzw. Prüfungsentscheidungen zuständigen dezentralen Gremien. Bei Annahme einer Ermittlungsfrist hätte der Senat aber der zentralen Universitätsverwaltung zugleich die Kompetenz übertragen, den dezentralen Gremien - durch bloßen Fristablauf - eine Entscheidung abzunehmen.
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Aber auch bei Annahme einer reinen Ermittlungsfrist wäre diese vorliegend nicht vor Zustellung des angegriffenen Bescheids abgelaufen. Denn auch bei einer Ermittlungsfrist würde der Fristablauf nicht durch bloße Verdachtsmomente ausgelöst. Der Wortlaut „Bekanntwerden des Sachverhalts“ setze vollständige Kenntnis voraus und nehme gerade eine Abgrenzung zu einem bloßen Verdacht vor. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandsmerkmals der Täuschung könnten subjektive Elemente erst dann „bekannt werden“, wenn der Doktorand Gelegenheit gehabt habe, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Erst dann sei auch eine pflichtgemäße Ermessensausübung möglich. Frühester Zeitpunkt des Fristbeginns sei deswegen hier der Eingang der Stellungnahme der Klägerin am 8. März 2016, so dass die Jahresfrist gewahrt wäre.
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Im Übrigen, sollte das Gericht dennoch einen früheren Fristbeginn annehmen, komme auch ein Austausch der Rechtsgrundlage in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bleibe Art. 48 BayVwVfG neben einer Regelung für die Ungültigkeitserklärung in einer Promotionsordnung anwendbar.
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Die Ungültigkeitserklärung entspreche auch pflichtgemäßer Ermessensausübung. Der Vorwurf der Klägerin greife nicht durch, wonach die Beklagte bei ihrer Ermessensausübung nicht berücksichtigt habe, dass die eigentliche Leistung der Klägerin im Rahmen der Dissertation auch darin bestanden habe, … …, … … … … …, … … … … und dass diese Leistung durch die Vorwürfe nicht berührt werde. Sie - die Beklagte - habe im Rahmen ihrer Ermessensausübung zunächst geprüft, ob überhaupt ein Tätigwerden erforderlich sei und sei dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass dies der Fall sei. Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der Ungültigkeitserklärung sei dann auch geprüft worden, ob andere Maßnahmen als mildere Mittel in Betracht kämen. Diese Prüfung habe jedoch mit einem für die Klägerin negativen Ergebnis geendet, da eine Herabsetzung der Note aus Rechtsgründen nicht möglich sei und daher auch kein milderes Mittel darstelle. Im Rahmen der Angemessenheit habe sie geprüft, ob die im Übrigen nicht beanstandeten Leistungen der Klägerin zu berücksichtigen seien. Hier sei sie der Rechtsprechung folgend zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht darauf ankomme, ob ohne die beanstandeten Stellen oder bei jeweils wörtlichen Zitaten der Doktorgrad noch hätte verliehen werden können. Im Verfahren der Ungültigkeitserklärung finde gerade keine fachlich neue Beurteilung der Dissertation als Prüfungsleistung statt.
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Im Übrigen sei die Frage, ob ein erheblicher Verstoß oder aber lediglich ein Bagatellfall vorliege, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Dem zuständigen wissenschaftlichen Gremium verbleibe ein Beurteilungsspielraum. Dieser bestehe hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung des öffentlichen Interesses. Die gerichtliche Prüfung sei darauf beschränkt, ob die getroffene Entscheidung gegen das Willkürverbot verstoße oder von sachfremden Erwägungen getragen werde. Beides sei hier nicht der Fall.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2020 hat die Kammer insbesondere auf Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Promotionsausschusses betreffend die Ungültigkeitserklärung der Promotionsleistung hingewiesen. Anschließend hat die Kammer den Rechtsstreit vertagt, wobei die Parteien auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichten haben.
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Auf den Hinweis des Gerichts hat die Beklagte sinngemäß im Wesentlichen vorgetragen, der Promotionsausschuss sei für die ergangene Entscheidung zuständig gewesen. Dies ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass das Promotionsverfahren mit der Verleihung des Doktorgrads bereits vollständig abgeschlossen sei, während es sich bei dem auf den actus contrarius gerichteten Entziehungsverfahren um ein hiervon unabhängiges Verfahren handele. Die Rechtmäßigkeit der Entziehung eines Doktorgrads richte sich mangels abweichender Regelungen nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Bescheiderlasses. Demnach sei die am 2. März 2017 gültige Promotionsordnung einschlägig. Seit Januar 2013 sei das Promotionsverfahren in der Promotionsordnung der Beklagten (RPromO) und der Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät (FPromO Med) der Beklagten geregelt. § 25 Abs. 1 Satz 2 FPromO sehe die Geltung der FPromO Med nur für Promotionsvorhaben vor, die nach Inkrafttreten der Satzung eröffnet würden. Für Altverfahren seien in § 25 Abs. 3 Satz 1 FPromO Med Übergangsregelungen vorgesehen. Übergangsregelungen für die Entziehung von Doktorgraden sähen aber weder die FPromO noch die RPromO vor.
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Die Klägerin hat sinngemäß im Wesentlichen dahingehend Stellung bezogen, vorliegend habe das unzuständige Organ entschieden. Mit Blick auf Art. 48 BayVwVfG sei nach dem Bayerischen Hochschulgesetz der Fakultätsrat in allen Angelegenheiten der Fakultät zuständig. Andere Zuständigkeiten für den Entzug eines Doktorgrads bestünden nicht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 24. Februar 2020, und auf die beigezogenen Behördenakten einschließlich der eingereichten Dissertation der Klägerin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO konnte das Gericht aufgrund des beiderseitigen Verzichts ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden.
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Die zulässige Klage hat in der Sache aufgrund eines Verfahrensfehlers im vollen Umfang Erfolg. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 2. März 2017 ist formell rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 2. März 2017 ist formell rechtswidrig, weil über die Ungültigkeitserklärung des akademischen Grad des Doktors der Medizin (Dr. med.) hier der Promotionsausschuss der medizinischen Fakultät entschieden hat. Stattdessen wäre funktional zuständig gewesen der Fakultäts- bzw. Fachbereichsrat der Medizinischen Fakultät.
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a) Zwar spricht alles dafür, dass die Klägerin bei der Anfertigung ihrer Dissertation in erheblichem Umfang getäuscht hat, indem sie fremde Texte ohne entsprechende Kennzeichnung in ihre eigene Arbeit übernommen hat, sodass sich in ihrer Arbeit in erheblichem Umfang Plagiate finden. Durch die Übernahme fremder Texte ohne entsprechende Kennzeichnung wird jedenfalls der unzutreffende Eindruck erweckt, die entsprechenden Formulierungen stammten von der Klägerin. Für die Annahme einer vorsätzlichen Täuschung in Abgrenzung zu versehentlichen Zitierfehlern spricht nicht nur der Umfang der übernommenen Fremdtexte, sondern auch, dass die Klägerin nicht substantiiert geltend gemacht hat, wie die fremden Texte ggf. versehentlich den Weg in ihre Dissertation gefunden haben. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass sich in den übernommenen Texten Zitate betreffend Primärquellen befinden, intensiviert dies - entgegen dem klägerischen Vortrag - noch den Plagiatsvorwurf. Denn dieser Umstand spricht dafür, dass die Klägerin fremde Texte sogar „mit Haut und Haar“ - also mitsamt der darin enthaltenen Literaturnachweise - in ihre eigene Arbeit übernommen hat. Entsprechend entsteht bei dem Leser nicht allein der unzutreffende Eindruck, die fremden Formulierungen und ggf. Gedanken stammten von der Klägerin, sondern darüber hinaus auch, die Klägerin habe die dargestellte Literaturrecherche selbst durchgeführt. Auch die in den Promotionsordnungen der Beklagten enthaltene Ausschlussfrist von einem Jahr würde jedenfalls einer Ungültigkeitserklärung der Promotionsleistung auf Grundlage von Art. 48 BayVwVfG nicht entgegenstehen (vgl. zur grundsätzlichen Anwendbarkeit dieser Norm BayVGH, U.v. 4.4.2006 - Az. 7 BV 05.388 - juris). Denn universitäres Satzungsrecht vermag es mangels entsprechender Öffnungsklauseln nicht, Vorschriften des formellen Gesetzgebers zu modifizieren. Auch findet die Frist nach Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift keine Anwendung im Fall der Arglist, mithin bereits im Fall einer vorsätzlichen Täuschung (vgl. Müller in Beckscher Online-Kommentar VwVfG, 46. Edition Stand 1.1.2020, § 48 Rn. 70).
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b) Der angegriffene Bescheid über die Ungültigkeitserklärung der Promotionsleistung ist jedoch mangels funktioneller Zuständigkeit des Promotionsausschusses formell rechtswidrig.
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aa) Zuständig für die Ungültigkeitserklärung der Promotionsleistung war der Fakultäts- bzw. Fachbereichsrat. Dies gilt unabhängig davon, ob die Ungültigkeitserklärung auf die einschlägige Promotionsordnung oder aber auf Art. 48 BayVwVfG gestützt wird.
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(1) Vorliegend ist nach der einschlägigen Promotionsordnung für die Frage der Ungültigkeitserklärung der Promotionsleistung der Fakultäts- bzw. Fachbereichsrat zuständig.
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(a) Anwendbar ist die Promotionsordnung der Medizinischen Fakultät vom …(künftig: PromO 2011), nicht dagegen die Rahmenpromotionsordnungen der Beklagten vom … (künftig: RPromO 2013) oder die Rahmenpromotionsordnung …(künftig: RPromO 2016).
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(aa) Zwar ist anerkannt, dass im Rahmen von Anfechtungsklagen für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist (vgl. etwa BVerwG, U.v. 28.7.1989 - 7 C 39/87 - NJW 1989, 3233, 3234). Danach ist grundsätzlich das im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung geltende Recht zugrunde zu legen. Dieser Grundsatz ist jedoch nicht zwingend, vielmehr kann das materielle Recht Ausnahmen regeln (BVerwG a.a.O.).
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(bb) Hier liegt eine solche materielle Ausnahmeregelung in Gestalt von § 25 RPromO 2013 bzw. wortgleich in § 25 RPromO 2016 vor. § 25 Abs. 1 Satz 1 RPromO 2013 bzw. 2016 sehen jeweils vor, dass die Rahmenpromotionsordnung am Tag nach der Bekanntmachung in Kraft tritt. Sodann bestimmen aber jeweils § 25 Abs. 1 Satz 2 RPromO 2013 bzw. 2016, dass die jeweiligen Rahmenpromotionsordnungen gemäß § 25 Abs. 2 RPromO 2013 bzw. 2016 Anwendung finden, sobald eine Fakultätspromotionsordnung zu der Rahmenpromotionsordnung in Kraft getreten ist. Da letzteres jeweils geschehen ist, richtet sich der Anwendungsbereich der jeweiligen Rahmenpromotionsordnungen allein nach § 25 Abs. 2 RPromO 2013 bzw. 2016. Dort sieht jeweils Satz 1 vor, dass die Rahmenpromotionsordnungen in Verbindung mit den jeweils einschlägigen Fakultätspromotionsordnungen für alle Promotionsverfahren gelten, für die nach Inkrafttreten der jeweiligen Rahmenpromotionsordnung ein Antrag gemäß § 8 Abs. 1 der Rahmenpromotionsordnung gestellt wird. Bei dem Antrag nach § 8 Abs. 1 RPromO 2013 bzw. 2016 wiederum handelt es sich um den Zulassungsantrag zur Promotion. Aufgrund dieser Regelungstechnik ist hervorzuheben, dass § 25 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 RPromO 2013 bzw. 2016 den Anwendungsbereich des neuen Rechts positiv bestimmt. Nach dieser Regelungstechnik ist ausdrücklich vorgesehen, für welche Fälle das neue Recht Anwendung finden soll. Entsprechend bestimmt hier materielles Satzungsrecht den sachlichen Anwendungsbereich des neuen Rechts. Soweit der sachliche Anwendungsbereich nicht eröffnet und deswegen neues Recht nicht anwendbar ist, liegt aufgrund materieller Regelung in § 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 RPromO 2013 bzw. 2016 eine Ausnahme zu dem sonst geltenden Grundsatz vor, wonach die aktuelle Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist.
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(cc) Danach ist vorliegend weder der Anwendungsbereich der RPromO 2013 noch der RPromO 2016 eröffnet. Denn hier ist der positiv definierte Anwendungsbereich des neuen Rechts gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 RPromO 2013 bzw. 2016 nicht eröffnet. Nach dem klaren Wortlaut der genannten Vorschriften ist der Anwendungsbereich nur eröffnet für Promotionsvorhaben, für die nach dem jeweiligen Inkrafttreten der Rahmenpromotionsordnung ein Antrag gemäß § 8 Abs. 1 gestellt wird. Dies trifft auf den Fall der Klägerin nicht zu, da diese bereits unter dem …2009 die Zulassung ihres Promotionsvorhabens beantragt hatte. Auch würde es die Grenze möglicher Auslegung überschreiten, in § 25 Abs. 2 Satz 1 RPromO 2013 bzw. 2016 „hineinzulesen“, dass der Anwendungsbereich sich nicht nur auf Promotionsvorhaben erstrecke, für die nach Inkrafttreten ein Zulassungsantrag gestellt wird, sondern auch auf Verfahren betreffend Ungültigkeitserklärungen von Promotionsleistungen, die nach Inkrafttreten der jeweiligen Rahmenpromotionsordnung eingeleitet werden. Letztlich wäre hierdurch dem Grundsatz der Normenklarheit nicht mehr hinreichend Rechnung getragen (vgl. allgemein Herdegen in Maunz/Dürig, GG, Stand Februar 2020, Art. 7 9 Rn. 154).
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(dd) Nach alledem verbleibt es vorliegend bei der Anwendbarkeit der PromO 2011, so dass für die Entscheidung über die dort noch vorgesehene Entziehung (nicht: Ungültigkeitserklärung) des Doktorgrads der Fachbereichsrat zuständig ist. So sieht § 11 Abs. 1 Satz 1 PromO 2011 vor, dass die Entziehung des Doktorgrads unter weiteren dort genannten Voraussetzungen auf Antrag der Mehrheit der Mitglieder des Fachbereichsrats durch Beschluss des Fachbereichsrats erfolgen kann (vgl. zur Terminologie hinsichtlich Fachbereichs- bzw. Fakultätsrat Reich, BayHSchG, 5. Aufl. 2007, Art. 19 Rn. 15).
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(b) Auch mit Blick auf die Fakultätspromotionsordnungen für die Medizinische Fakultät … … (künftig: FPromO 2013) bzw. … … … … … … (künftig: FPromO 2016) ergibt sich keine andere Regelung der funktionalen Zuständigkeit. Die Regelungen zum Inkrafttreten der RPromO 2013 bzw. 2016 in § 25 dieser Satzungen können bereits deswegen dahingestellt bleiben, weil weder die FPromO 2013 noch die FPromO 2016 Regelungen zur Ungültigkeitserklärung von Promotionsleistungen enthalten. So sehen jeweils § 1 Satz 1 FPromO 2013 und 2016 vor, dass die Fakultätspromotionsordnung die Rahmenpromotionsordnung ergänzt und gleichermaßen strukturiert ist. Soweit die Fakultätspromotionsordnung Regelungen trifft - so jeweils § 1 Satz 2 FPromO 2013 bzw. 2016 - sind diese an der entsprechenden Stelle eingefügt. Hinsichtlich der Ungültigkeit von Promotionsleistungen findet sich aber gerade keine solche Einfügung, so dass es insoweit alleine bei den Regelungen nach § 23 RPromO 2013 bzw. 2016 zur Ungültigkeit von Promotionsleistungen verbleibt. Die Anwendbarkeit dieser Vorschriften unterliegt sodann - wie bereits ausgeführt - wiederum dem positiv gestalteten Anwendungsbereich nach § 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 RPromO 2013 bzw. 2016. Im Übrigen beziehen sich die Regelungen zum Inkrafttreten der FPromO 2013 bzw. 2016 systematisch und ausweislich des klaren Wortlauts jeweils von § 25 Abs. 1 Satz 1 FPromO 2013 bzw. 2016 …lediglich auf das Inkrafttreten der jeweiligen Fachpromotionsordnungen, nicht aber auf die RPromO 2013 bzw. 2016.
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(c) Der Annahme eines Zuständigkeitsmangels steht vorliegend auch nicht die beklagtenseits zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 25. März 2015 - Az. 2 K 13.954 (BeckRS 2015 47153) entgegen. Denn diese Entscheidung bezieht sich auf eine Promotionsordnung, deren Anwendungsbereich im Unterschied zu der RPromO 2013 bzw. 2016 nicht positiv bestimmt ist. Vielmehr sieht die der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg zugrundeliegende Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg in § 15 Abs. 1 schlicht vor, die Promotionsordnung trete am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Im Unterschied zu § 25 RPromO 2013 und 2016 folgt hier keine positive Regelung des Anwendungsbereichs. Mangels gesonderter Vorschriften zum positiven Anwendungsbereich greift dort der allgemeine Grundsatz durch, wonach die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist. Schließlich folgen in § 16 der dortigen Promotionsordnung unter der Überschrift „Übergangsbestimmungen“ negativ definierte Ausnahmen von dem nach allgemeinen Grundsätzen umfassenden Anwendungsbereich der Promotionsordnung, etwa für Promotionsvorhaben, in denen die Dissertation bereits abgegeben wurde. Nach diesem Regelungskonzept fallen Entziehungs- bzw. Ungültigkeitsverfahren - da von den negativ beschriebenen Ausnahmen nicht erfasst - unter den grundsätzlich umfassenden Anwendungsbereich des neuen Rechts.
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(2) Auch sofern die Ungültigkeitserklärung der Promotionsleistung materiell auf Art. 48 BayVwVfG gestützt wird, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Denn insoweit wäre mit Blick auf die funktionale Zuständigkeit entweder auf die anwendbare Promotionsordnung oder aber ggf. auf das allgemeine Bayerische Hochschulrecht abzustellen. In der zuerst genannten Variante ergibt sich - wie ausgeführt - die Zuständigkeit des Fakultäts- bzw. Fachbereichsrats. Gleiches ergibt sich ohne Berücksichtigung ggf. zulässiger abweichender Regelungen durch Satzungsrecht nach den allgemeinen Grundsätzen des Bayerischen Hochschulrechts. Denn nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG vom 23. Mai 2006, GVBl. S. 245, BayRS 2210-1-1-WK) ist der Fakultätsrat neben dem Dekan oder der Dekanin sowie neben dem Studiendekan oder der Studiendekanin Fakultätsorgan, wobei der Fakultätsrat nach § 31 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG in allen Angelegenheiten der Fakultät zuständig ist, für die nicht die Zuständigkeit des Dekans oder der Dekanin oder eines anderen Organs der Fakultät bestimmt ist.
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bb) Der Zuständigkeitsmangel ist vorliegend auch nicht etwa deswegen unerheblich, weil die Mitglieder des Fakultäts- bzw. Fachbereichsrats sowie des Promotionsausschusses personenidentisch wären. Vielmehr gehören nach Art. 31 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG dem Fakultätsrat jedenfalls an der Dekan oder die Dekaninnen, Prodekane oder Prodekaninnen, Studiendekane oder Studiendekaninnen, sechs Vertreter oder Vertreterinnen der Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen, zwei Vertreter oder Vertreterinnen der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, ein Vertreter oder eine Vertreterin der sonstigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, zwei Vertreter oder Vertreterinnen der Studierenden sowie die Frauenbeauftragte. Dagegen setzt sich der Promotionsausschuss als Promotionsorgan im Sinne von § 23 RPromO 2013 bzw. 2016 gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 FPromO 2013 bzw. 2016 zusammen aus der Dekanin bzw. dem Dekan und zwei weiteren vom Fakultätsrat gewählten Mitgliedern aus dem Kreis der zur Abnahme von Promotionsprüfungen befugten Mitglieder der Medizinischen Fakultät. Damit liegt keine Personenidentität vor.
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cc) Schließlich ist weder eine Heilung des Zuständigkeitsmangels eingetreten noch ist dieser gemäß Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich. So bezieht sich die bezeichnete Vorschrift hinsichtlich Zuständigkeitsmängeln lediglich auf die örtliche Zuständigkeit. Hier steht aber die funktionelle Zuständigkeit in Frage (vgl. Schemmer in Beckscher Online-Kommentar VwVfG, 48. Edition Stand: 1.7.2020, § 46 Rn. 32, § 44 Rn. 29).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.