Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 16.06.2020 – 15 Ns 201 Js 13894/19
Titel:

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Freiheitsstrafe, Gesamtfreiheitsstrafe, Verteidigung der Rechtsordnung, Berufungshauptverhandlung, Einlassung des Angeklagten, Vollstreckungsbeamten, Bayerisches Oberstes Landesgericht, Strafzumessung, Polizeikontrolle, Strafaussetzung zur Bewährung, Ergebnis der Beweisaufnahme, tätlicher Angriff, Rechtsfolgenausspruch, Polizeibeamten, Tateinheitliches, Zeugenvernehmung, Kostenentscheidung, Berufung der Staatsanwaltschaft, freiheitsentziehende Maßnahmen

Schlagwort:
Widerstand
Vorinstanz:
AG Fürth, Urteil vom 28.10.2019 – 421 Ds 201 Js 13894/19
Fundstellen:
BeckRS 2020, 46946
NStZ-RR 2021, 169
LSK 2020, 46946

Tenor

1. Auf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 28.10.2019 dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte schuldig ist des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in zwei tateiniheltlichen Fällen und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
2. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt.
3. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
4. Der Angeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens sowie seine eigenen notwendigen Ausladen zu tragen, wobei die Berufungsgebühr um 1/3 reduziert wird. Die durch die Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

Entscheidungsgründe

I.
1
Das Amtsgericht Fürth hat den Angeklagten am 28.10.2019 wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und mit Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten (Einzelstrafen: 1 Jahr 2 Monate und 8 Monate Freiheitsstrafe) verurteilt, deren Vollstreckung es nicht zur Bewährung ausgesetzt hat.
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Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte mit Schreiben seines Verteidigers vom 28.10.2019, eingegangen bei dem Amtsgericht Fürth an demselben Tag, Berufung eingelegt. Mit Schreiben vom 29.10.2019, eingegangen bei dem Amtsgericht Fürth ebenfalls an demselben Tag, hat auch die Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil eine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung eingelegt.
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Beide Berufungen sind gemäß § 312 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurden sie jeweils form- und fristgerecht gemäß § 314 Abs. 1 StPO eingelegt. Die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Beschränkung ihrer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist ebenfalls ersichtlich beanstandungsfrei (§ 318 Satz 1 StPO). In der Sache selbst hatte die Berufung des Angeklagten dahingehend Erfolg, dass der Schuldspruch in tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte mit Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte abzuändern war. Darüber hinaus war auf geringere Einzelstrafen sowie auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe und zwar auf eine solche von 1 Jahr zu erkennen.
II.
III.
Die neuerlichen Straftaten des Angeklagten:
4
Am 28.04.2019 gegen 00.00 Uhr unterzogen die beiden Polizeibeamten PHM W. und POM G. den Angeklagten und dessen damaligen Begleiter J. K. in der Nähe des Z. Bahnhofs, F. Straße ... in Z., einer Personenkontrolle. Die beiden Polizeibeamten waren bereits aufgrund ihrer Uniform für den Angeklagten deutlich als solche erkennbar.
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Als die beiden Beamten dem Angeklagten die Durchsuchung seiner Person ankündigten, nahm dieser ein kleines Plastiktütchen aus seiner Jackentasche und steckte sich dieses in den Mund, um es vor den Polizeibeamten zu verbergen.
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... und bedachte die beiden Polizeibeamten sodann mehrfach u.a. mit den Ausdrücken „Wichser“, „Arschlöcher“ und „Spacken“, um diesen gegenüber seine Missachtung zum Ausdruck zu bringen. Als die beiden Polizeibeamten dem Angeklagten daraufhin seine Fesselung erklärten, kommentierte er dies mit den Worten „sicher nicht“ und verbarg seine Arme unter seinem Bauch. Auch auf Aufforderung gab er sie nicht frei. Da es den Beamten zunächst nicht gelang, die Arme des Angeklagten auf dem Rücken zu fesseln, versetzte PHM … dem Angeklagten schließlich, mit dem Knie einen sog. Schockschlag in die Seite, so dass der Angeklagte kurz nachgab und in dieser Zeit seine Arme auf dem Rücken gefesselt werden konnten. Noch am Boden liegend wurde der Angeklagte von PHM … durchsucht. Dabei spuckte der Angeklagte einmal blutigen Schleim in Richtung des Gesichtes von PHM …, der einen Treffer im Gesicht nur durch das reaktionsschnelle Zurückweiche und Wegdrehen des Kopfes verhindern konnte. Der Angeklagte handelte dabei in der Absicht, PHM … im Gesicht zu treffen und ihm auch dadurch seine Missachtung zum Ausdruck zu bringen.
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Anschließend holte POM … auf Bitte seines Kollegen eine Spuckmaske, die dem Angeklagten angelegt wurde. Der Angeklagte, der nunmehr den Anweisungen der Beamten Folge leistete, wurde sodann mit dem Streifenwagen zur Dienststelle der Polizeiinspektion Z. in der R. Straße ... in Z. verbracht.
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Nachdem der Inhalt des ursprünglich von dem Angeklagten im Mund verborgenen Plastiktütchens im Rahmen eines Drogenschnelltests positiv auf Cannabis reagiert hatte, sollte der Angeklagte von den Polizeibeamten PHM … und PHM … auf der Dienststelle einer Feinuntersuchung auf etwaigen Besitz von Betäubungsmitteln unterzogen werden. Der Aufforderung, seine Kleidung abzulegen, kam der Angeklagte auch auf die Androhung, dass die Durchsuchung andernfalls, fixiert auf dem Boden fortgesetzt werden müsse, nicht nach. Als PHM … daraufhin versuchte, den Angeklagten zu Boden zu bringen, stemmte er sich mit seinem Körper gegen die Maßnahme, so dass er erst zu Boden gebracht werden konnte, als PHM … mit dem Fuß die Beine nach hinten weg zog. Anschließend erfolgte die Feindurchsuchung.
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PHM … und POM … sowie deren Dienstvorgesetzter haben gegen den Angeklagten jeweils form- und fristgerecht Strafantrag gestellt.
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Ein am 28.04.2019 um 01.00 Uhr bei dem Angeklagten durchgeführter Atemalkoholtest ergab eine AAK von 0,92 mg/l. Eine am selben Tag um 05.03 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration im Mittelwert von 0,98 Promille.
IV.
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Die Feststellungen des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen beruhen auf dessen glaubhaften Angaben sowie dem in der Berufungshauptverhandlung verlesenen Auszug auf dem Bundeszentral- und Erziehungsregister, dessen Eintragungen der Angeklagte als zutreffend erkannt hat. Darüber hinaus wurden in der Berufungshauptverhandlung die Urteile der Amtsgerichte Nürnberg und Fürth vom 11.09.2008, 08.12.2008, 22.02.2010, 06.05.2010, 16.02.2017, 19.07.2017 und 06.02.2019 (BZR Nrn. 9, 11, 12, 13, 15, 16 und 17) auszugsweise verlesen.
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Hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Straftaten ist der Angeklagte weitgehend nicht geständig. Die Beleidigungen zum Nachteil der Polizeibeamten … und … im Zuge der polizeilichen Kontrolle räumt der Angeklagte zwar ein. Er erachtet diese aber als berechtigt, da er von diesen misshandelt worden wäre.
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Der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass er an dem fraglichen Abend mit seinem Kumpel … in einer Kneipe in Z. gewesen wäre. Weil dort die Stimmung schlecht gewesen wäre, hätte er zusammen mit K. zu sich nach Hause gehen wollen. Es wäre zutreffend, dass er ein Tütchen mit Hanfsamen eingesteckt gehabt hätte. Anlässlich c er Polizeikontrolle durch die Beamten … und … hätte er keinerlei Widerstand geleistet. Vielmehr wäre es so gewesen, dass … sich regelrecht auf ihn gestürzt hätte. Er, Krenn, wäre „malträtiert und richtig getreten“ worden, obwohl er bereits bäuchlings auf dem Boden gelegen hätte. Unzutreffend wäre insbesondere, dass er in Richtung des Beamten … gespuckt hätte. Er hätte seinerzeit eine feste Zahnspange getragen. Als die Beamten seinen Mund aufgerissen hätten, um an das Tütchen zu gelangen, hätte er aufgrund der Zahnspange ein „blutiges Maul“ gehabt. Er hätte daher lediglich das Blut-Speichel-Gemisch ausspucken wollen. Soweit er Ausdrücke wie „Arschloch“ und „Wichser“ usw. von sich gegeben hätte, wäre dies nur wegen der Schmerzen erfolgt, die ihm die Beamten zugefügt hätten. In der Polizeiinspektion Zirndorf, in die er verbracht worden wäre, hätte er ca. 1 1/2 bis 2 Stunden auf einem Stuhl sitzend verbringen müssen. Hierbei hätte er nur seine Unterhose angehabt. Der Polizeibeamte … hätte hierbei noch Witze über ihn gerissen. Aufgrund der Polizeigewalt wäre er fertig gewesen und nicht mehr in der Lage gewesen, zu laufen. Etwa 2 Tage später wäre er bei der Dr.-E.-Kliniken in N. vorstellig geworden, zumal seine Mutter noch einen Sohlenabdruck auf seiner Wade festgestellt hatte. Wäre er, Krenn, nicht derart robust, hätte „die Sache ganz anders ausgehen“ können. Zu seiner Alkoholisierung hat der Angeklagte angegeben, ein „bisschen angetrunken“ gewesen zu sein. Er wäre trinkfest.
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Der Verteidiger des Angeklagten vertritt die These, dass es sich bei der ganzen Aktion um einen Rachefeldzug der Polizei gehandelt hätte, um den Angeklagten zu demütigen. Hintergrund wäre der dem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 06.02.2019 (BZR Nr. 17) zugrundeliegende „Armbrust-Fall“, für den der Angeklagte aus Sicht der Polizei - so der Verteidiger - zu milde bestraft worden wäre.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht nur die Einlassung des Angeklagten, sondern auch die Rache- und Demütigungsthese des Verteidigers als widerlegt anzusehen.
16
Der Zeuge PHM … hat angegeben, dass er seinerzeit mit seinem Kollegen G. Streife gefahren wäre. Etwa gegen Mitternacht hätte er in der Nähe des Z. Bahnhofs zwei Personen einer polizeilichen Kontrolle unterziehen wollen. Sein Kollege hätte den Angeklagten erkannt und hätte ihn darauf hingewiesen, dass es wohl Ärger geben würde. Er, W., hätte zwar die Vorgeschichte, also den Armbrustschützen-Fall, gekannt, aber mit dem Angeklagten bis dahin nichts zu tun gehabt. Trotz des Hinweises seines Kollegen hätte er die beiden Personen kontrollieren wollen. Während sein Kollege … sich im Rahmen der Kontrolle mit dem Angeklagten unterhalten hätte, hätte sich dessen Begleiter … „aufgebaut“. Als sich der Angeklagte ein Tütchen in den Mund gesteckt hätte, wären er und G. davon ausgegangen, dass es sich bei dem Inhalt des Tütchens um Betäubungsmittel handeln würde. Er, …, hätte dem Angeklagten die Nase zugehalten, während … versucht hätte, das Tütchen aus dem Mund des Angeklagten zu holen. Der Angeklagte wäre dann zu Boden gebracht worden, wo er sich auf den Bauch gelegt hätte. Schließlich hätte er das Tütchen ausgespuckt. Der Angeklagte hätte sich geweigert, seinen unter dem Körper befindlichen Arm herauszutun, so dass er nicht hätte gefesselt werden können. Er, …, hätte ihm sodann mit dem Knie einen Schlag in die Rippengegend versetzt, so dass der Angeklagte im Anschluss an den Schockschlag hätte gefesselt werden können. Er, W., hätte ihn sodann durchsucht. Hierbei hätte er festgestellt, dass der Angeklagte aus dem Mund bluten würde. Er hätte auch mitbekommen, dass der Angeklagte in seinem Mundraum Speichel sammeln würde. Er, …, hätte gerade dessen Hosentaschen durchsucht und neben ihm gekniet hätte, als der Angeklagte in seine Richtung gespuckt hätte. Ihm wäre es aber durch Wegdrehen gelungen, auszuweichen, so dass die Spucke an ihm vorbeigeflogen wäre. Später hätte er auf dem Gehweg noch einen „schleimigen Batzen“ gesehen. Nach der Spuckattacke hätte er den Angeklagten aufgesetzt, ihm das Knie ins Kreuz gedrückt und ihm eine Spuckmaske aufgezogen. Zur Unterstützung wären noch Kollegen herbeigerufen worden. Sodann wäre der Angeklagte zu der Dienststelle verbracht worden. Während der Fahrt hätte … alles erfragt und sich ganz ruhig verhalten. Auf der Dienststelle hätte der Angeklagte einer sogenannten Feindurchsuchung unterzogen werden sollen, womit dieser nicht einverstanden gewesen wäre. Er hätte sich gegen die Feindurchsuchung gewehrt und dagegen gestemmt, so dass er zu Boden hätte gebracht werden müssen. Nachdem der Angeklagte später über Schmerzen im Rippenbereich geklagt hatte, wäre der Rettungsdienst verständigt worden, der dann auch eingetroffen wäre, aber bei dem Angeklagten nichts festgestellt hätte. Der Begleiter des Angeklagten hätte sich vor Ort verbal eingemischt, aber nichts weiter gemacht. Der Angeklagte wäre auf der Dienststelle nur kurz in der Unterhose auf dem Stuhl gesessen. Gegen 05.30 Uhr wäre der Angeklagte schließlich aus dem Gewahrsam entlassen worden.
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Der Zeuge POM … hat angegeben, dass er mit seinem Kollegen W. an dem fraglichen Tag gegen Mitternacht zwei Personen am Z. Bahnhof einer Personenkontrolle unterzogen hätte. Er hätte den Angeklagten, den er schon von früher gekannt hätte, beim Herannahen erkannt und seinen Kollegen darauf hingewiesen. Im Rahmen der anschließenden Kontrolle hätte er den Angeklagten direkt nach gefährlichen Gegenständen gefragt. Der Angeklagte hätte sich dann in seine Brusttasche gelangt, ein Tütchen herausgenommen und sich in den Mund gesteckt. Er, …, hätte sofort an das Kinn des Angeklagten gelangt, während W., der zunächst bei K. gewesen wäre, dazugekommen wäre. Der Angeklagte hätte sich geweigert, das Tütchen auszuspucken, so dass W. ihm einen Kniestoß gegeben hätte, so dass der Angeklagte schließlich das Tütchen ausgespuckt hätte. Im Nachhinein hätte sich herausgestellt, dass in dem Tütchen Hanfsamen gewesen wäre. Die Begleitperson des Angeklagten hätte sie angeschrien, dass sie seinen Freund in Ruhe lassen sollten. … wäre aber nur verbal aggressiv gewesen. Sie hätten sodann eine zweite Streife zur Unterstützung angefordert, um K. zu beruhigen und wegzuhalten. Wie der Angeklagte gespuckt hätte, hätte er, … nicht gesehen. Er hätte später nur „blutigen Schleim“ auf dem Boden gesehen. Nachdem dem Angeklagten eine Spuckschutzmaske angelegt worden war, wäre er zur Dienststelle verbracht worden. Er, …, hätte dort den Tütcheninhalt untersucht und den Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz als Beschuldigten belehrt. Auf der Dienststelle wäre der Angeklagte von den Kollegen … und … einer Feindurchsuchung unterzogen worden. In der Folgezeit wäre noch der Rettungsdienst da gewesen, um den Angeklagten zu untersuchen. Der hätte aber nichts feststellen können. Es wäre auf der Dienststelle auch ein Arzt zur Untersuchung des Angeklagten angefordert worden. Es hätte aber ziemlich lange gedauert, bis dieser gekommen wäre. Über den sogenannten Armbrust-Fall wäre auf der Dienststelle viel gesprochen worden.
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Der Zeuge … hat angegeben, dass er seinerzeit mit dem Angeklagten in dem Lokal „Bollywood“ in Zirndorf gewesen wäre. Sie hätten die Lokalität verlassen, um noch zu Krenn nach Hause zu gehen. Auf einmal wäre ein Streifenwagen auf sie „zugerauscht“. Er, K., hätte gleich seinen Rucksack auf die Motorhaube des Fahrzeugs gelegt, weil er das Prozedere bei Polizeikontrollen kennen würde. Dass sich der Angeklagte ein Tütchen in den Mund gesteckt hätte, hätte er, K., nicht gesehen. Er hätte nämlich etwa 3 bis 4 Sekunden lang nichts mitbekommen, da er sich umgedreht gehabt hätte. Der Angeklagte wäre dann auf dem Boden gelegen und hätte in die Seite einen Kniestoß verpasst bekommen. Er, K., wäre daraufhin „ausgerastet“ und hätte sich über die „Polizeigewalt“ beschwert. Er wäre aber „verbal abgegangen“. Nach dem Schockstoß hätte Krenn das Tütchen ausgespuckt.
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Der weitere Zeuge PHM … hat angegeben, dass er mit seinem Kollegen PHK … als Unterstützungsstreife hinzugerufen worden wäre. Als sie am Z. Bahnhof angekommen wären, wäre der Angeklagte bereits auf dem Boden gelegen. Sein Kollege … hätte einen Rucksack durchsucht. Er, Schuh, und sein Kollege hätten derweil den Begleiter des Angeklagten, J. K., durchsucht. K. wäre aufbrausend gewesen. Was er im Einzelnen gesagt hätte, wisse er heute nicht mehr. Es hätte sich aber nicht um Beleidigungen gehandelt.
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Der weitere Zeuge PHK … hat angegeben, dass er seinerzeit auf der Dienststelle gewesen wäre. Er wäre von Wiendl angefunkt worden, dass er als Unterstützungsstreife in die F. Straße nach Z. kommen sollten. Die Angelegenheit wäre „als eilbedürftig bekundet“ gewesen. Als er mit seinem Kollegen dort eingetroffen wäre, wäre der Angeklagte bäuchlings auf dem Boden und bereits gefesselt gewesen. Sein Kollege … hätte neben ihm bzw. auf ihm gekniet. Der Angeklagte hätte Schmerzenslaute ausgestoßen und … aufgefordert, ihn nicht zu schlagen. Dergleichen hätte er aber nicht gesehen. … wäre daneben gestanden und hätte gerade einen Rucksack durchsucht. J. …, den sie durchsuchen sollten, wäre ein bisschen weggestanden. Während … ein bisschen aggressiv gestimmt gewesen wäre, wäre es zwischen Krenn und W. „eigentlich gelaufen“. Insgesamt hätte es „so insgesamt funktioniert“. Nachdem sein Kollege … bei K. ein „komisches Röhrchen“ gefunden hätte, hätten sie K. mit zur Dienststelle genommen. Er hätte erfahren, dass der Angeklagte wohl Drogen im Mund gehabt hätte. Nachdem das Röhrchen des … auf der Dienststelle geprüft worden wäre und nicht positiv gewesen wäre, wäre es an … zurückgegeben worden. Er wäre daraufhin entlassen worden. Mit … selber hätte er nichts zu tun gehabt. Er hätte lediglich den Alkoholtest durchgeführt. Den Angeklagten hätte er bereits von dem sogenannten Armbrust-Fall gekannt. Er, Krenn, „könne froh sein, dass er noch lebe“.
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Der PHM … hat angegeben, dass er seinerzeit seinen Dienst in der Pl Z. versehen hätte. Er hätte den Angeklagten „leider schon vorher gekannt“. Der Angeklagte hätte die polizeilichen Maßnahmen in Frage gestellt. Auf der Dienststelle hätte er durchsucht werden sollen, womit er aber nicht einverstanden gewesen wäre. Er hätte sich „massiv gegen die Durchsuchung gestemmt“, so dass er, …, ihm schließlich den Fuß weggezogen und ihn „sanft abgelegt“ hätte. Der Angeklagte hätte seinen Oberkörper gegen die Maßnahme definitiv gestemmt durch Wegdrehen usw. Im Zuge seiner Vernehmung hat der Zeuge zusätzlich noch demonstriert, wie der Angeklagte seinen Oberkörper immer er wieder weggedreht hätte.
22
Der Zeuge POK … hat angegeben, dass er Sachbearbeiter des Verfahrens gewesen wäre. Er hätte die Sache „rein büromäßig abgearbeitet“ und ergänzend noch den Zeugen … vernommen. Den sogenannten Armbrust-Fall hätte er aus der Zeitung gekannt.
23
Die Mutter des Angeklagten, die Zeugin …, hat in ihrer Vernehmung angegeben, dass ihr Sohn damals etwa gegen halb sechs/dreiviertel sechs vor der Haustür gestanden hätte. Sein damaliger Zustand hätte ihr „zu denken gegeben“. Er wäre so fertig gewesen und hätte sich nicht rühren können. Auf seinem Rücken hätte sie mehrere ca. 30 cm lange Streifen gesehen. Er hätte sich nicht einmal bücken können. Sie hätte ihm empfohlen, sofort ins Krankenhaus zu fahren. Ihr Sohn hätte aber „gefroren und nur noch ins Bett gewollt“. Er hätte auch nicht gewollt, dass sie ihn fotografieren sollte. Ihr Sohn hätte ihr noch den Hergang der Polizeikontrolle geschildert. Er wäre der festen Überzeugung gewesen, nichts gemacht zu haben. Er hätte sich nur steif gemacht. Auf ihre Frage, wo denn die roten Flecken auf seinem Körper herkommen würden, hätte er angegeben, dass mehrfach auf ihn eingetreten worden wäre. Über das Tütchen, das sich ihr Sohn in den Mund gesteckt haben soll, hätten sie nicht weiter gesprochen. Es soll sich den Angaben ihres Sohnes zufolge um ein altes leeres Tütchen gehandelt haben. Die Geschichte mit dem Armbrust-Fall würde für ihren Sohn eine psychische Belastung darstellen. Es wäre „wie ein Damoklesschwert“.
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Der Zeuge … ist nebenberuflicher Rettungssanitäter und war mit seiner Kollegin …, die als Fahrerin fungiert hatte, in der Nacht auf den 28.04.2019 im Dienst. Er hat in seiner Zeugenvernehmung angegeben, dass er seinerzeit von der Polizeiinspektion Z. angefordert worden wäre, um zu schauen, ob eine Person/Patient akute Hilfe benötigen würde. Dies wäre sein erster und einziger Einsatz bei der Pl Z. gewesen, weshalb er sich gut daran erinnern könne. Er hätte sich den Angeklagten angesehen und im Rahmen der Untersuchung auch abgetastet. Seiner fachlichen Meinung nach hätte der Angeklagte keine akute Hilfe benötigt. Die Erhebung der Anamnese wäre nur bedingt möglich, da der Angeklagte „sehr wortkarg“ gewesen wäre. Er, …, hätte am Mund des Angeklagten „etwas Kleines“ gesehen, was aber nicht behandlungsbedürftig gewesen wäre. Die Beamten auf der Dienststelle wären sehr hilfsbereit gewesen und hätten ihn und seine Kollegin ausdrücklich aufgefordert, sich den Angeklagten genau anzuschauen. An den genauen Ablauf der Untersuchung könne er sich aber nicht mehr erinnern. Der Angeklagte wäre die ganze Zeit auf einem Stuhl gesessen. Entkleidet hätten sie ihn nicht. Der Angeklagte hätte jedenfalls kein Atemproblem gehabt. Auch sonst wäre nichts Akutes bei ihm festgestellt worden.
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Die Zeugin … war, wie bereits dargetan, an dem fraglichen Tag die Fahrerin und Kollegin des Zeugen …. Sie hat in ihrer nunmehrigen Zeugenvernehmung angegeben, dass der Angeklagte bei ihrem Eintreffen auf einem Stuhl gesessen hätte. Er hätte eine Unterhose angehabt. Die Untersuchung hätte ihr Kollege durchgeführt. Der Angeklagte wäre sehr ruhig gewesen. Es hätte „nichts Dramatisches“ festgestellt werden können. Sie selber wäre während ihres Aufenthalts in der Pl Z. überdies etwa 10 Minuten auf der Toilette der Dienststelle gewesen.
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Der weitere Zeuge … ist der Arzt, der den Angeklagten in der Dr.-E.-Klinik untersucht hatte. Er hat angegeben, dass er aufgrund des Zeitablaufs keine konkrete Erinnerung an den Angeklagten hätte, Eine Hämatomverfärbung wäre an dem Angeklagten aber jedenfalls nicht festgestellt worden. Die Dringlichkeit der Behandlung wäre keinesfalls Stufe 2 gewesen, sondern auf der Skala 1 bis 5 allenfalls 4 bis 5. Dem Angeklagten wäre deshalb eine Prellung attestiert worden, da er Schmerzen im Bereich des Brustkorbs geäußert hätte.
V.
27
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte an dem fraglichen Tag im Rahmen einer Polizeikontrolle die Beamten … und … mehrfach beleidigt hatte und dass er weiterhin aus kurzer Entfernung in Richtung des Geschädigten … gespuckt hatte, um diesen zu treffen. Weiterhin steht fest, dass er auf der Dienststelle der Pl Z. noch Widerstand gegen die angeordnete Feindurchsuchung geleistet hatte.
28
Nachdem sich der Angeklagte, wie von ihm auch selber eingeräumt, im Rahmen der Polizeikontrolle ein kleines Tütchen in den Mund gesteckt hatte, mussten die Polizeibeamten W. und G. davon ausgehen, dass es sich hierbei, da sehr naheliegend, um Betäubungsmittel handeln würde, so dass sie jeden Anlass hatten, das Tütchen samt Inhalt als Beweismittel sicherzustellen. Nachdem sich der Angeklagte geweigert hatte, das Tütchen auszuspucken, mussten die Beamten den Angeklagten daran hindern, das Tütchen herunterzuschlucken. Von willkürlicher Polizeigewalt kann sonach keine Rede sein. Dass der Angeklagte die Beamten im Rahmen der Kontrolle mit diversen Ausdrücken beleidigt hatte, hat er selber glaubhaft eingeräumt. Es steht auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte den Polizeibeamten …, als dieser ihn gerade durchsuchte, aus kürzester Distanz mit einem Blut-Speichel-Gemisch anspucken wollte. Der Zeuge … hat die Kontrollsituation chronologisch sowie ruhig und ohne Belastungseifer geschildert. Insbesondere hat er angegeben, vor dem Vorfall nicht mit dem Angeklagten befasst gewesen zu sein. Seine Angaben stehen weitgehend in Übereinstimmung mit denen seines Kollegen …, auch wenn dieser die Spuckattacke, da gerade mit J. K. befasst, nicht mitbekommen hatte. Auch dieser hat ruhig und ohne Belastungseifer ausgesagt. Eine Abweichung zu den Angaben seines Kollegen … ergab sich nur hinsichtlich des Zeitpunkts bzw. des Zwecks des Schockschlags. Während der Zeuge … ebenso wie der Zeuge … angegeben hat, dass der Angeklagte das in seinem Mund befindliche Tütchen nach dem Schockschlag ausgespuckt hatte, hat der Zeuge … angegeben, dass der Schlockschlag dazu gedient hatte, die Fesselung des Angeklagten zu ermöglichen. Im Grunde kann dieser Widerspruch dahinstehen. Die Kammer folgt aber den Angaben des Zeugen W., da dieser mit dem Boden liegenden Angeklagten befasst war und er auch derjenige war, der den Schockschlag ausgeführt hatte.
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Der Zeuge … hat sich darauf berufen, dass er Teile der Polizeikontrolle nicht mitbekommen hätte, da er sich mehrere Sekunden lang umgedreht gehabt hätte, um seinen Rucksack abzustellen. Dass sich der Angeklagte ein Tütchen in den Mund gesteckt hätte, hätte er ebenso wenig gesehen wie das Zubodenbringen des Angeklagten.
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Die als Unterstützungsstreife hinzugekommenen Polizeibeamten … und … konnten keiner weiterführenden Angaben machen, da sie erst eingetroffen waren, als der Angeklagte bereits gefesselt gewesen war. Der Zeuge S. hat aber sein Erstaunen darüber zum Ausdruck gebracht, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt Schmerzenslaute von sich gegeben und PHM W. aufgefordert hatte, ihn nicht zu schlagen, ohne dass hierfür irgendwelche Anhaltspunkte bestanden hätten.
31
Dass der Angeklagte sich auf der Dienststelle der Polizeiinspektion Z. der angeordneten Feindurchsuchung widersetzt hatte, steht ebenfalls fest aufgrund der glaubhaften Angaben der Beamten … und …, die mit ihm auf der Dienststelle befasst gewesen waren. Anhaltspunkte dafür, dass die vernommenen Beamten falsche Angaben gemacht haben sollten, sind für die Kammer nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Zeuge …, wie bereits ausgeführt, im Rahmen seiner Einvernahme nachvollziehbar demonstriert, wie sich der Angeklagte gegen die Feindurchsuchung durch Wegdrehen und Dagegenstemmen gewehrt hatte. Nachdem der Angeklagte sich bereits bei der Kontrolle am Z. Bahnhof alles andere als kooperativ gezeigt hatte, passt sein Verhalten auf der Dienststelle im Übrigen auch ins Bild.
32
Die von dem Angeklagten behauptete übermäßige Polizeigewalt wird zwar von dessen Mutter bestätigt. Ihre Angaben zum Hergang der Polizeikontrolle beruhen aber allein auf den Angaben, die ihr Sohn ihr gegenüber gemacht hatte. Soweit sie Verletzungsfolgen ihres Sohnes beschreibt, stehen diese in eklatantem Widerspruch zu den Angaben der beiden Rettungssanitäter … und … und insbesondere zu den Angaben des Arztes … bei dem der Angeklagte am Montagabend nach dem Geschehen vorstellig geworden war. Die beiden Zeugen W. … und … hatten ihren glaubhaften Angaben zufolge bei dem Angeklagten keine relevanten Verletzungen feststellen können. Insbesondere hatte der Angeklagte im Rahmen der Befragung und Untersuchung auch keine Schmerzen oder Beschwerden geäußert gehabt. Aufschlussreich war insbesondere die Einvernahme des Zeugen …, der bei dem Angeklagten keinerlei Hämatombildung hatte feststellen können. Zwar hatte er in dem von ihm erstellten Attest dem Angeklagten seinerzeit eine Prellung attestiert gehabt. Diese Diagnose beruhte den glaubhaften Angaben des gänzlich neutralen Zeugen zufolge letzten Endes aber allein auf den Angaben des Angeklagten.
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Dass die Mutter des Angeklagten ihrem Sohn offenbar bedingungslos glaubt, erschließt sich insbesondere daraus, dass sie in keiner Weise hinterfragt hat, weshalb sich ihr Sohn im Rahmen der Polizeikontrolle ein leeres Tütchen in den Mund gesteckt haben will.
34
Dass sich die Polizei - so die These der Verteidigung - an dem Angeklagten rächen wollte, kann nicht nachvollzogen werden. Ein Komplott der Beamten zum Nachteil des Angeklagten schließt die Kammer aus. Zwar hat beispielsweise der Zeuge … offen eingeräumt, „kein Freund des Angeklagten“ zu sein, was aber angesichts des Armbrust-Falls, bei dem im Übrigen u.a. auch der Zeuge G. dabei war, auch nicht zu überraschen vermag, hatte doch der Angeklagte, wie sich aus dem in der Berufungshauptverhandlung verlesenen Urteilssachverhalt ergibt, seinerzeit mit einer Armbrust auf die Polizeibeamten gezielt und geschossen, wobei im Nachhinein nur nicht geklärt werden konnte, ob die Armbrust geladen gewesen war oder eben nicht. Belastungseifer haben die einvernommenen Beamten jedenfalls keinen gezeigt. Insbesondere hat der Zeuge PHM … glaubhaft angegeben, dass ihm sein Kollege G. sogar davon abgeraten hatte, den Angeklagten zu kontrollieren, weil dies einen „Riesenmist“ geben würde. Er, W., hätte den Angeklagten im Übrigen zuvor nur vom Hörensagen gekannt. Für etwaige Ressentiments des Zeugen … gegen den Angeklagten ist daher nichts ersichtlich.
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Insbesondere steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte den Zeugen … anspucken wollte, ihn aber nur aufgrund einer Ausweichbewegung des Beamten verfehlt hatte. Der Zeuge … hat im Zuge seiner Vernehmung die Situation des auf dem Boden liegenden Angeklagten zusammen mit dem Verteidiger, der hierbei die Rolle des Angeklagten übernommen hatte, nachgestellt. Er hat hierbei demonstriert, wie der Angeklagte, den er gerade durchsucht hätte, ihn aus kürzester Distanz anspucken wollte und ihn nur knapp verfehlt hatte. Die Einlassung des Angeklagten, er hätte nur das Blut-Speichel-Gemisch ausspucken wollen, nicht aber in Richtung des Beamten gespuckt wird auch dadurch widerlegt, dass der Angeklagte die Polizeibeamten … und … im Zuge der Kontrolle mehrfach beleidigt hatte, was seine Abneigung der Polizei gegenüber beweist. Dass die Taten dem Angeklagten, der sich selber als Polemiker bezeichnet, alles andere als persönlichkeitsfremd ist, wird nicht zuletzt durch seine einschlägigen Vorahndungen belegt.
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Soweit das Erstgericht den Angeklagten hinsichtlich des ersten Tatkomplexes auch des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen hat, vermochte die Kammer nicht zweifelsfrei feststellen, dass der Angeklagte im Rahmen der Polizeikontrolle Widerstand geleistet hatte. Zwar hatte er sich geweigert, sich fesseln zu lassen. Er war aber auch nicht verpflichtet, hierbei mitzuwirken. Das bloße Verbergen seiner Arme unter dem Körper erfüllt nicht den Tatbestand des § 113 Abs. 1 StGB.
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Der Angeklagte war wegen des ersten Tatkomplexes aber des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte gemäß § 114 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 185, 194, 52 sowie hinsichtlich des Geschehens in der Polizeiinspektion Zirndorf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.
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Die Beleidigungen zum Nachteil der Polizeibeamten … und … Zuge der polizeilichen Kontrolle hat der Angeklagte, wie bereits ausgeführt, selber glaubhaft eingeräumt, sich aber insoweit auf die angebliche Misshandlung berufen, für die die Beweisaufnahme aber nichts ergeben hat. Wäre er, wie von ihm behauptet, malträtiert und mehrfach getreten worden, so erschließt sich nicht, weshalb die Sanitäter … und … und der später konsultierte Arzt … keine korrespondierenden Verletzungsfolgen festgestellt hatten.
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Insbesondere stellt das Anspucken einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte gemäß § 114 Abs. 1 StGB dar, auch wenn der Angeklagte den Polizeibeamten … hierbei verfehlt gehabt hatte (Bleckat ZAP 2019, 1207, 1210; Fahl ZStW 130, 745, 755; Kulhanek, JR 2018, 551, 556). Anspucken ist eine durch Tätlichkeit begangene Beleidigung (z.B. BGH NStZ-RR 2009, 172). Der Begriff der Tätlichkeit im Sinne des § 114 Abs. 1 StGB deckt sich insbesondere mit der Auslegung der tätlichen Beleidigung gemäß § 185 Hs. 2 StGB, worauf … (a.a.O.) zu Recht hinweist.
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Vorsätzliches Anhusten, Anniesen oder - wie hier - Anspucken stellen fraglos unmittelbar auf den Körper zielende feindselige Einwirkungen dar (BeckOK StGB/Dallmeyer, 46. Ed. 1.5.2020, StGB § 114 Rn. 5, 5 a). Das Angespucktwerden mit einem schleimigen Batzen ist im Übrigen besonders ekelerregend. Wenn selbst leichte Tätlichkeiten gegen Vollstreckungsbeamte ohne Verletzungsfolgen den Tatbestand des § 114 StGB erfüllen (so Landgericht Nürnberg-Fürth NStZ-RR 2020, 39; bestätigt vom BayObLG mit Beschluss vom 08.10.2019 - 204 StRR 1971/19), dann muss dies auch oder erst recht für ein vorsätzliches Anspucken gelten. Soweit die Ansicht vertreten wird, dass ein Anspucken nur bei Hinzutreten besonderer Umstände den Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte erfüllt, z.B. wenn ausgehustetes, ausgeniestes oder ausgespucktes Sekret den Beamten im Gesicht trifft oder der Täter anlässlich des Anhustens, Anniesens oder Anspuckens äußert, er leide unter einer ansteckenden Krankheit (so z.B. BeckOK StGB/Dallmeyer StGB § 114 Rz. 5 a), ist dem nicht zu folgen. § 114 StGB setzt bekanntermaßen keinen Körperverletzungserfolg voraus (Fischer, StGB, 67. Aufl., 2020, § 114 Rz, 5). Ein gegen einen Vollstreckungsbeamten geführter Faustschlag, der sein Ziel verfehlt, erfüllt daher den Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Weshalb bei einem Anspucken etwa anderes gelten sollte, erschließt sich nicht. Sofern für die Erfüllung des Tatbestands gefordert wird, dass der Täter anlässlich des Anspuckens (vorher, nachher?) geäußert haben sollte, an einer ansteckenden Krankheit zu leiden, ist dies nach diesseitiger Auffassung allein für die Strafzumessung relevant. Im Übrigen hatte der Angeklagte selber, wie er unumwunden eingeräumt hat, im Nachhinein, wenn auch erst auf der Dienststelle der Pl Z. angegeben gehabt, in Schwulenkreisen zu verkehren und HIV positiv zu sein, was aber, wie er nunmehr klargestellt hat, unzutreffend wäre.
VI.
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Bei tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte beläuft sich der Strafrahmen gemäß § 114 Abs. 1 StGB auf Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren. Bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte beträgt der Strafrahmen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren (§ 113 Abs. 1 StGB).
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Für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bestand kein Anlass. Der Angeklagte war zwar nicht unerheblich alkoholisiert, nachdem ein um 1:00 Uhr durchgeführter Atemalkoholtest einen Wert von immerhin 0,92 mg/l ergeben hatte. Der Angeklagte stuft sich aber selbst als trinkfest ein. Er macht weder einen Filmriss noch sonstige Erinnerungslücken geltend. Auch aus der Beweisaufnahme haben sich keine relevanten Ausfallerscheinungen ergeben. Im Übrigen sollte dem Angeklagten bekannt sein, dass er unter Alkoholeinfluss zu Straftaten und insbesondere zu Rohheitsdelikten neigt. Selbst bei unterstellter erheblicher Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bestünde daher kein Anlass, zu seinen Gunsten von der fakultativen Strafrahmenverschiebung Gebrauch zu machen. Zwar hat sich im Nachhinein aufgrund des Gutachtens des Labors Krone vom 28.05.2019 ergeben, dass der Angeklagte unter dem Einfluss von Cannabinoiden gestanden hatte. Die festgestellte THC-Konzentration war aber äußerst gering.
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Im Rahmen der Strafzumessung kann zu Gunsten des Angeklagten gesehen werden, dass er jedenfalls die verbalen Beleidigungen zum Nachteil der Polizeibeamten … und … eingeräumt hat. Diese Einlassung ist aber nicht von Schuldeinsicht getragen. Der Angeklagte ist vielmehr der irrigen Auffassung, dass er hierzu berechtigt gewesen wäre, nachdem er von der Polizei „malträtiert“ worden wäre. Hinsichtlich des tätlichen Angriffs auf den Polizeibeamten … ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bei seiner Spuckattacke den Beamten knapp verfehlt hatte; was aber angesichts des Umstands, dass sich der Beamte direkt neben dem Angeklagten befunden hatte, letztlich nur dem Zufall und der Geistesgegenwart des; Beamten geschuldet war. Hinsichtlich des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in den Räumlichkeiten der Pl Z. ist zu sehen, dass der Angeklagte nur passiven Widerstand durch Dagegenstemmen und Wegdrehen geleistet hatte.
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Gegen den Angeklagten spricht im Rahmen der Strafzumessung vornehmlich sein strafrechtliches Vorleben. Der Angeklagte ist trotz seines verhältnismäßig noch jungen Lebensalters nicht nur vielfach, sondern auch einschlägig vorgeahndet und musste bereits mehrfach Strafhaft verbüßen. Das Urteil des Amtsgerichts Fürth in dem sogenannten Armbrust-Fall vom 06.02.2019 war seinerzeit zwar noch nicht rechtskräftig, nachdem der Angeklagte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung mit dem Ziel einer Strafaussetzung zur Bewährung eingelegt hatte. Trotz des damals laufenden Strafverfahrens hat der Angeklagte aber die verfahrensgegenständlichen und zudem gleichgelagerten Taten mit erheblicher Rückfallgeschwindigkeit begangen. Strafschärfend ist auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte seinerzeit aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Nürnberg vom 16.02.2017 (Nr. 15 BZR) unter laufender Bewährung stand. Der Angeklagte war zwar nicht unerheblich alkoholisiert. Die dadurch bedingte Enthemmung vermag ihn aber nicht erheblich zu entlasten. Abgesehen davon, dass sich der Angeklagte, wie, bereits ausgfeührt, selber als trinkfest einstuft, ist zu sehen, dass er aus den früheren Verurteilungen wissen sollte, dass er unter Alkoholeinfluss zu Straftaten neigt.
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Gleichwohl erscheinen die von dem Erstgericht erkannten Einzelfreiheitsstrafen als etwas übersetzt. Bei dem ersten Tatkomplex ist überdies zu sehen, dass der Angeklagte nicht wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu verurteilen war.
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Tat- und schuldangemessen erachtet die Kammer für das Tatgeschehen vor dem Zirndorfer Hauptbahnhof eine Einzelfreiheitsstrafe von 10 Monaten, für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte auf der Dienststelle der Pl Zirndorf eine solche von 6 Monaten.
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Unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelfreiheitsstrafe hat die Kammer hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr gebildet, wobei der nahe zeitliche und situative Zusammenhang zu Gunsten des Angeklagten Berücksichtigung finden konnte.
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Die Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe konnte nicht gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Sozialprognose des Angeklagten erscheint als denkbar ungünstig. Gegen die Annahme einer günstigen Sozialprognose spricht zunächst sein strafrechtliches Vorleben. Bereits als Jugendlicher und Heranwachsender musste der Angeklagte mehrfach geahndet werden. Er musste in der Vergangenheit bereits wiederholt freiheitsentziehende Maßnahmen in Form von Jugendarrest und Strafhaft verbüßen, ohne dass eine Läuterung des Angeklagten eingetreten wäre. Soweit ihm in der Vergangenheit die Chance der Bewährung zuteil wurde, hat er diese bemerkenswerterweise in keinem Fall zu nutzen vermocht.
49
Hinzu kommt, dass der Angeklagte die verfahrensgegenständlichen Taten in laufender, wenn auch nicht einschlägiger Bewährung begangen hat. Dieser Umstand steht einer erneuten Strafaussetzung zwar nicht von vornherein entgegen. Der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zufolge (z.B. Beschluss vom 06.06.2019, Az. 203 StRR 799/19) hat die Bewilligung einer zweiten Bewährungschance aber „absoluten Ausnahmecharakter“. Es müssen daher ganz besondere Umstände vorliegen, die die Kammer aber nicht zu erkennen vermag, zumal der Angeklagte seit Ende des vergangenen Jahres arbeitslos ist. Die Wahrscheinlichkeit künftiger Straffreiheit ist jedenfalls nicht größer als diejenige neuerlicher Straffälligkeit.
50
Selbst bei unterstellter günstiger Sozialprognose wäre eine Strafaussetzung dem Angeklagten jedenfalls gemäß § 56 Abs. 3 StGB zu versagen. Denn die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet vorliegend die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe. Der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg zufolge, der sich die Kammer anschließt, gehören die Tatbestände des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zu einer Deliktgruppe, bei deren Verwirklichung die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Strafe eher gebieten kann als bei anderen, da die §§ 111-115 StGB gerade dem Schutz der Personen dienen, die unsere Rechtsordnung im Besonderen schützen (OLG Nürnberg, Urteil vom 19.03.2018, Az. 2 OLG 8 Ss 15/18).
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Es wäre der Bevölkerung und insbesondere Polizeibeamten nicht zu vermitteln, dass der Angeklagte, der demnächst ohnehin die Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 03.06.2019 zu verbüßen haben wird, erneut die Chance der Bewährung erhalten würde, zumal der Angeklagte, wie wiederholt ausgeführt, nicht nur vielfach, sondern insbesondere auch einschlägig vorgeahndet ist. Der Angeklagte wird daher die Freiheitsstrafe von 1 Jahr verbüßen müssen.
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Die getroffene Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO bzw. hinsichtlich der Berufung der Staatsanwaltschaft auf § 473 Abs. 1 StPO.