Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 05.03.2020 – Au 2 K 18.2147
Titel:

Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit

Normenketten:
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
BayBG Art. 81 Abs. 3 S. 7, Art. 82 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2
BayDG Art. 7 Abs. 1 S. 2
BeamtStG § 34 S. 3
Leitsätze:
1. Ist ein Beamter aufgrund einer Erkrankung außerstande, Dienst zu verrichten, geht aber dennoch in dieser Zeit der Dienstunfähigkeit einer privaten Erwerbstätigkeit nach, so zeigt er regelmäßig ein Verhalten, das auf kein Verständnis stößt und geeignet ist, das Vertrauen in die Loyalität der Beamtenschaft zu beeinträchtigen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes kommt es nicht darauf an, ob die im Krankenstand ausgeübte Tätigkeit für den Beamten gesundheitsfördernd ist. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Ausspruch einer Missbilligung hindert nicht den Widerruf einer Nebentätigkeitsgenehmigung wegen des missbilligten Verhaltens. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beamtenrecht, Recht der Beamten nach Landesrecht, Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit, Ausübung der Nebentätigkeit trotz Dienstunfähigkeit, Störung des Ansehens der öffentlichen Verwaltung, Dienstherr, Arbeitszeit, Genehmigung, Versagungsgrund, Vertrauen, Ansehen, Widerruf, Erkrankung, dienstliche Interessen, Nebentätigkeit, Dienstunfähigkeit, Missbilligung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 15.05.2020 – 3 ZB 20.863
Fundstelle:
BeckRS 2020, 4637

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Nebentätigkeitsgenehmigung.
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Der am * 1975 geborene Kläger steht als Brandinspektor (BesGr A 9) seit dem 1. April 2016 im Dienst der Beklagten. Mit Wirkung vom 23. Januar 2017 wurde er aus gesundheitlichen Gründen von der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Disponent in der Integrierten Leitstelle * entbunden und war zunächst im Rahmen einer „Springertätigkeit“ im Bereich der Verwaltung in der Kfz-Zulassungsstelle eingesetzt. Zum 29. Oktober 2018 wurde er dann dem Amt * - Amt für Brand- und Katastrophenschutz - als „Springer“ zugewiesen.
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Dem Kläger wurde auf seinen Antrag vom 26. April 2016 hin durch Bescheid vom 3. Mai 2016 die Erlaubnis zur Ausübung einer Nebentätigkeit als selbstständiger Trainer für Ausdauersport bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 erteilt. Die Genehmigung wurde unter der Auflage ausgesprochen, dass sie nur außerhalb der bei der Beklagten abzuleistenden Arbeitszeit ausgeübt wird und einen Wochenumfang von mehr als acht Stunden nicht übersteigt. Entgelte und geldwerte Vorteile aus der genehmigten Nebentätigkeit dürfen im Kalenderjahr 30 v.H. der jährlichen Dienstbezüge eines Beamten der Besoldungsgruppe des Klägers nicht überschreiten. Der Kläger wurde aufgefordert, jährlich jeweils zum Jahresende dem Personalamt der Beklagten eine Gesamtaufstellung aller Entgelte und geldwerten Vorteile vorzulegen.
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Seit dem 30. Oktober 2018 ist der Kläger durchgehend dienstunfähig erkrankt. Zuvor war er im Jahr 2018 bereits an 102 Arbeitstagen dienstunfähig erkrankt gewesen.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 29. November 2018 wurde dem Kläger die erteilte Genehmigung zur Ausübung seiner Nebentätigkeit gem. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 1 BayVwVfG i.V.m. Art. 81 Abs. 3 Satz 7 BayBG widerrufen. Zuvor war unter dem 23. November 2018 der Personalrat beteiligt worden, welcher dem beabsichtigten Widerruf unter dem 28. November 2018 zustimmte.
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Zur Begründung des Widerrufs wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger seit dem 30. Oktober 2018 dienstunfähig erkrankt sei, nachdem er am 29. Oktober 2018 der kommunalen Verkehrsüberwachung der Beklagten aufgrund seiner gesundheitlichen Beschwerden zugeteilt worden war. Obwohl er darüber informiert worden sei, dass ihm zur schnellstmöglichen Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit die Ausübung seiner genehmigten Nebentätigkeit in Zeiten, in denen er dienstunfähig erkrankt sei, untersagt sei, habe er nach Auskunft der Stadt * während der Zeit seiner Dienstunfähigkeit an den Wochenenden 10. bis 11. November 2018, 17. bis 18. November 2018 sowie 24. bis 25. November 2018 Schwimmkurse durchgeführt. Dabei sei nicht nachvollziehbar, wie dem Kläger die Durchführung von Schwimmkursen als Trainer, was sowohl sitzende Tätigkeiten sowie Tätigkeiten mit überwiegender Bewegung erfordere, möglich sei, während er im Rahmen seines Dienstes weder sitzende Tätigkeiten in der Verwaltung noch Tätigkeiten mit überwiegender Bewegung in der kommunalen Verkehrsüberwachung wahrnehmen könne. Durch die Ausübung seiner Nebentätigkeit während Krankheitszeiten verzögere der Antragsteller seine Gesundung und schädige gleichzeitig das Ansehen des öffentlichen Dienstes. Es habe sich damit eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ergeben, weshalb gem. Art. 81 Abs. 3 Satz 7 BayBG die Nebentätigkeitsgenehmigung zu widerrufen sei.
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Hiergegen ließ der Kläger am 28. Dezember 2018 Klage erheben. Für ihn ist beantragt,
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Der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2018 wird aufgehoben. Dem Kläger wird weiterhin gestattet, eine Nebentätigkeit auszuüben.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei und der Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt werde. Aufgrund psychischer gesundheitlicher Probleme sei der Kläger seit mehreren Monaten krankgeschrieben. Für seine Genesung und seine körperliche Gesundheit sei die ausgeübte Nebentätigkeit förderlich. Dem Kläger gegenüber sei am 29. November 2018 aufgrund desselben Sachverhalts auch eine Missbilligung ausgesprochen worden. Ein Sachverhalt könne jedoch nicht zweimal - mit Missbilligung und Widerruf der Nebentätigkeitserlaubnis - sanktioniert werden. Es erscheine auch fraglich und merkwürdig, wie die Beklagte an die Auskünfte der Stadt, auf welche sie den Widerruf stütze, gelangt sei. Hierbei handle es sich um Daten, die ohne Einwilligung des Klägers nicht einfach freigegeben werden dürften. Zudem habe die Beklagte die Voraussetzungen des Widerrufs der Nebentätigkeitsgenehmigung verkannt. Dieser sei nur zulässig, wenn dienstliche Interessen tatsächlich beeinträchtigt worden seien. Die Beklagte habe lediglich angeführt, dass durch die Ausübung der Nebentätigkeit während Krankheitszeiten die Gesundung verzögert und das Ansehen des öffentlichen Dienstes geschädigt werden würde. Es sei aber nicht ansatzweise dargetan, warum die Gesundung verzögert worden sei. Entsprechendes sei in keiner Weise belegt, zumal sich die Krankschreibungen auf psychische Probleme bezogen hätten. Zudem dürfte es der Öffentlichkeit und dem Ansehen der Beklagten nicht schaden, wenn ein Beamter Schwimmunterricht gebe. Inwieweit dieser Dienst verrichte oder erkrankt sei, sei dabei unbeachtlich.
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Die Beklagte trat der Klage mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 12. Februar 2019 entgegen. Für sie ist beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 30. April 2019 vertiefte der Kläger sein Klagebegehren und übersandte ein ärztliches Attest des ihn behandelnden Dr. med., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 24. Januar 2019, wonach bei ihm eine mittelgradig depressive Störung (ICD-10: F32.1) vorläge. Auch das Gesundheitsamt des Landratsamts * habe bereits in einem Gutachten vom 16. Januar 2017 aufgrund einer amtsärztlichen Untersuchung zur Überprüfung der weiteren Verwendungsmöglichkeit des Klägers am 12. Januar 2017 festgestellt, dass eine Erkrankung aus dem psychiatrischen Formenkreis vorläge, bei welcher es durch den Wechselschichtbetrieb in Form von wechselnden Tag- und Nachtdiensten zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit kommen könne. Empfohlen worden sei damals eine Herausnahme aus dem Nachtdienstbetrieb. Es sei weiter festgestellt worden, dass er körperlich vollständig belastbar sei, aufgrund der bestehenden Erkrankung ein Wechselschichtbetrieb jedoch vermieden werden sollte. Auch habe sich im Rahmen der Untersuchung ergeben, dass ein Weiterführen des Ausdauersports ohne Maximalbelastung und Leistungsabfrage auch während einer Krankheitsphase zur Genesung beitragen könne. Bereits damals sei also auch auf die psychische Erkrankung des Klägers abgestellt worden. Die Beklagte habe daher nicht darlegen können, warum die Nebentätigkeit die Gesundung verzögere. Eine generelle Beeinträchtigung der Gesundung durch die Ausübung von Nebentätigkeiten könne so pauschal nicht angenommen werden. Die Beklagte habe auch bislang nicht ausgeführt, warum ihr Ansehen durch die Ausübung der Nebentätigkeit geschädigt werde.
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Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 4. Juli 2019 ließ die Beklagte ausführen, dass die dem Kläger erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung dienstliche Belange durch Umstände, die nach ihrer Erteilung entstanden seien, beeinträchtige. Zum Zeitpunkt des Widerrufs sei der Kläger bereits seit längerer Zeit dienstunfähig erkrankt gewesen. Allein zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2018 hätten sich seine Fehltage auf ca. 100 belaufen. In Fällen derartiger Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes sei ein Beamter in erster Linie verpflichtet, alles ihm Mögliche und Zumutbare zu unternehmen, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehöre, dass er seine Kräfte schone und sie nicht anderweitig, etwa zu Erwerbszwecken, einsetze. Sofern der Beamte aber gleichwohl eine Erwerbstätigkeit ausübe, beeinträchtigte dies dienstliche Interessen und rechtfertige den Widerruf der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung. Dabei könne keine Rolle spielen, welcher konkrete Grund für die Erkrankung des Beamten vorläge bzw. in welcher Form sich die genehmigte Nebentätigkeit konkret auf die Erkrankung auswirke. Dem Dienstherrn sei es weder zumutbar noch rechtlich möglich, eine amtsärztliche Untersuchung mit dem Ziel herbeizuführen, die konkreten Auswirkungen der Nebentätigkeit in medizinischer Hinsicht im Detail zu klären. Hierfür existiere auch keine Rechtsgrundlage. Sofern seitens des Klägers auf die amtsärztliche Untersuchung des Gesundheitsamtes des Landratsamtes * vom 16. Januar 2017 hingewiesen werde, sei festzustellen, dass sich seitdem bis zum Zeitpunkt des Widerrufs der Nebentätigkeitsgenehmigung die Situation dergestalt geändert habe, als sich die Anzahl der Krankheitstage massiv erhöht hätte. Eine weitere Ausübung der Nebentätigkeit sei zudem dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich. Seitens des Dienstherrn bestehe ein legitimes Interesse daran, dass die bei ihm tätigen Beamten ihr Amt pflichtgemäß, unparteiisch, unbefangen und in ungeteilter Loyalität gegenüber dem Dienstherrn wahrnehmen und schon der Anschein möglicher Interessen- und Loyalitätskonflikte vermieden werde. Der Anschein eines solchen Interessen- bzw. Loyalitätskonflikts bestehe jedoch auch dann, wenn ein Beamter aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, seine Arbeitskraft dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen, gleichwohl jedoch eine andere Erwerbstätigkeit ausübe. Die Interessen des Klägers an der Aufrechterhaltung seiner Nebentätigkeit müssten insoweit gegenüber dem Interesse der Beklagten, das Vertrauen in die Integrität und Loyalität der Beamtenschaft zu sichern, zurücktreten. Der Widerruf sei daher rechtmäßig erfolgt.
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Hierauf ließ der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 23. August 2019 erwidern, dass die Beklagte falsch unterstelle, die Nebentätigkeit, welche eine sportliche Betätigung im Wasser beinhalte, könne den Gesundheitszustand nicht stabilisieren. Gerade die Schwimmtätigkeit könne sich sowohl gut auf die Rückenproblematik als auch die depressive Erkrankung des Klägers auswirken. Durch die Ausübung des Schwimmsports bemühe sich der Kläger um eine Stabilisierung und Verbesserung seines Gesundheitszustandes, um hierdurch eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Auch unterstelle die Beklagte fälschlich den Anschein eines Interessen- bzw. Loyalitätskonflikts. Dabei werde aber nicht weiter ausgeführt, was nun die Schädigung des Ansehens ausmachen solle.
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Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 9. Oktober 2019 führte die Beklagte aus, dass der Kläger die eigene sportliche Betätigung - die im üblichen Rahmen, soweit sie der Gesunderhaltung bzw. Genesung diene, zulässig sei - mit der gewerblichen Nebentätigkeit als Trainer vermische. Hierbei stehe nicht die eigene sportliche Betätigung, sondern die Trainertätigkeit im Vordergrund. Für die Gesunderhaltung bzw. Genesung sei diese Nebentätigkeit weder förderlich noch notwendig. Die Ausübung einer Nebentätigkeit bei gleichzeitig bestehender dauerhafter Dienstunfähigkeit sei dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung offensichtlich abträglich.
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Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 15. November 2019 übersandte der Kläger den ärztlichen Entlassungsbericht der * Klinik * vom 28. Oktober 2019, in welcher sich der Kläger vom 12. September bis 8. Oktober 2019 in stationärer Behandlung befunden habe. Danach werde für seine weitere Behandlung empfohlen, eine geregelte Tagesstruktur mit Integration von positiven Ausgleichsaktivitäten (beispielsweise Trainer oder aktiver Schwimmer) fortzusetzen. Hierdurch werde bestätigt, dass die Trainertätigkeit als aktiver Schwimmer zu den notwendigen positiven Ausgleichsaktivitäten und zur weiteren Behandlung gehöre, also als förderlich erachtet werde. Die Beklagte habe weiterhin nicht konkret ausgeführt, welche dienstlichen Belange beeinträchtigt seien bzw. was konkret im vorliegenden Fall an Ansehensschädigung vorliege. Eine pauschale Behauptung, dass die Nebentätigkeit als Trainer für Ausdauersport bei gleichzeitig bestehender dauerhafter Arbeitsunfähigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sei, reiche nicht aus.
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Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 16. Januar 2020 nochmals, dass der Bericht der * Klinik vom 28. Oktober 2019 und die dortige Empfehlung für die weitere Behandlung für die Entscheidung unerheblich sei, da für die Frage der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Nebentätigkeitsgenehmigung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids vom 29. November 2018, maßgeblich sei. Zudem habe die Beklagte ihre Widerrufsentscheidung maßgeblich darauf gestützt, dass der Kläger die angebotene Tätigkeit bei der kommunalen Verkehrsüberwachung bereits nach einem Tag am 30. Oktober 2018 wegen schmerzhafter Rückenbeschwerden habe abbrechen müssen. Dem Kläger werde auch nicht verboten, Sport zu treiben, sofern dies seiner Genesung förderlich sei. Hier werde lediglich die weitere Ausübung der gewerblichen Tätigkeit als selbstständiger Trainer untersagt, was die Beklagte aufgrund der durchgehend bestehenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht dulden könne und müsse.
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Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 6. Februar 2020 abschließend Stellung.
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Mit Bescheid vom 22. August 2019 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des im Bescheid vom 29. November 2018 angeordneten Widerrufs der Genehmigung zur Ausübung der Nebentätigkeit als selbstständiger Trainer - Ausdauersport - an. Ein hiergegen von dem Kläger am 23. Dezember 2019 angestrengtes Eilverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht * (Az.: *) blieb erfolglos. Das Beschwerdeverfahren beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ist noch nicht abgeschlossen.
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Am 5. März 2020 fand mündliche Verhandlung statt. Die Sache wurde in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit den Beteiligten erörtert. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wiederholten die bereits schriftsätzlich gestellten Klageanträge.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da der Widerruf der Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit durch die Beklagte rechtmäßig erfolgt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Rechtsgrundlage für den Widerruf der erteilten Genehmigung zur Ausübung der Nebentätigkeit ist Art. 81 Abs. 3 Satz 7 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG), als Fall des gesetzlichen Widerrufsvorbehalts i. S. v. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG).
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Danach ist eine einmal erteilte Genehmigung zu widerrufen, wenn sich nachträglich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ergibt.
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2. Die Widerrufsermächtigung setzt zunächst voraus, dass die ursprüngliche Nebentätigkeitsgenehmigung rechtmäßig erteilt worden ist (vgl. BeckOK BeamtenR Bayern/Brinktrine, 16. Ed. 30.12.2019, BayBG Art. 81 Rn. 122).
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Dies war vorliegend der Fall. Bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Tätigkeit nach Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayBG, da eine Genehmigungsfreiheit i. S. v. Art. 82 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 BayBG nicht vorliegt. Der Kläger hat seine Nebentätigkeit entgeltlich ausgeübt, auch die sonstigen Ausnahmefälle liegen nicht vor. Die Ausübung dieser Tätigkeit ist dem Kläger durch Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2016 genehmigt worden, Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit dieser Genehmigung sind nicht ersichtlich. Insbesondere lag zum Zeitpunkt der damaligen Genehmigung ein Versagungsgrund gemäß Art. 81 Abs. 3 Satz 2 BayBG nicht vor. Zutreffend hat die Beklagte damals auch die Auflage erteilt, dass die zeitliche Beanspruchung durch Ausübung der Nebentätigkeit in der Woche acht Stunden nicht überschreiten darf (Art. 81 Abs. 3 Satz 3 BayBG) und die Genehmigung befristet (Art. 81 Abs. 3 Satz 5 Halbs. 1 BayBG). Gegen die Auflage, die Nebentätigkeit dürfe nur außerhalb der bei der Beklagten abzuleistenden Arbeitszeit ausgeübt werden, bestehen keine Bedenken, dies lässt sich bereits aus dem Charakter einer Nebentätigkeit ableiten.
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3. Im Falle des Klägers hat sich im Nachhinein eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ergeben, weswegen die Beklagte rechtmäßig die Nebentätigkeitsgenehmigung widerrufen hat.
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Eine solche nachträgliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn nach Genehmigungserteilung ein Versagungsgrund gemäß Art. 81 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 6 BayBG eintritt. Ein solcher Versagungsgrund kann der allgemeine Versagungsgrund oder die Verwirklichung eines Regelbeispiels sein (vgl. dazu VG Aachen, U.v. 27.4.2015 - 1 K 908/14 - juris). Typische Fälle sind z.B. ein Nachlassen der Arbeitskraft des Beamten infolge der Nebentätigkeit, plötzlich auftretende Interessenkonflikte oder eine neue, bisher nicht vorgesehene Verwendung des Beamten (BeckOK BeamtenR Bayern/Brinktrine, 16. Ed. 30.12.2019, BayBG Art. 81 Rn. 122). Bei der Entscheidung der Behörde, die Genehmigung der Nebentätigkeit zu widerrufen, handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern (Stand Oktober 2019), Art. 81 BayBG Rn. 87).
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Die Beklagte hat vorliegend zutreffend das Regelbeispiel des Art. 81 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 BayBG als verwirklicht angesehen, das voraussetzt, dass eine weitere Ausübung der Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich ist.
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Bereits nach dem Wortlaut der Regelung ist die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung ausreichend, um ein Nebentätigkeitsverbot zu begründen. Es kommt darauf an, ob es bei verständiger Würdigung ernsthaft möglich ist, dass die Nebentätigkeit ansehensmindernde Auswirkungen hat. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes zu beeinträchtigen. Das uneingeschränkte Vertrauen der Öffentlichkeit, dass die hoheitlichen Aufgaben gesetzmäßig wahrgenommen werden und hierbei die sich aus dem Beamtenstatus ergebenden besonderen Pflichten beachtet werden, trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei. Der Tatbestand korrespondiert mit der Pflicht der Beamten nach § 34 S. 3 Beamtenstatusgesetz (vgl. BeckOK BeamtenR Bayern/Brinktrine, 16. Ed. 30.12.2019, BayBG Art. 81 Rn. 88).
31
Die Tätigkeiten des Klägers als selbstständiger Trainer im Bereich des Ausdauersports (Schwimmsport) zu Erwerbszwecken sind in Anbetracht der derzeit bei ihm vorliegenden länger andauernden (seit Oktober 2018) krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit geeignet, eine Beeinträchtigung des Ansehens der Verwaltung zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt ein Beamter, der aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, Dienst zu verrichten, dennoch aber in dieser Zeit der Dienstunfähigkeit einer privaten Erwerbstätigkeit nachgeht, regelmäßig ein Verhalten, das auf kein Verständnis stößt und geeignet ist, das Vertrauen in die Loyalität der Beamtenschaft zu beeinträchtigen. Der Dienstherr alimentiert Beamte auch bei Dienstunfähigkeit und stellt so sicher, dass sich ein Beamter schonen kann, um seine Genesung bestmöglich zu fördern, und nicht gezwungen ist, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Wenn ein Beamter zu Erwerbszwecken oder aus Eigennutz einer privaten Nebentätigkeit nachgeht, erweckt er den Eindruck, nicht so krank zu sein, dass er zur Dienstleistung außerstande ist und er also seine Dienstbezüge erhält, ohne zugleich seine Arbeitskraft seinem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.1999 - 1 D 49.97 - juris; OVG RhPf, B.v. 20.11.1998 - 10 A 10013/98 - juris).
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Hier entstünde bei Fortführung der Nebentätigkeit der ansehensschädliche Eindruck, dass - einerseits - der Kläger seiner Schwimmtrainertätigkeit einen höheren Stellenwert zumisst als seinem Dienst als Beamter bzw. der Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit und - andererseits - die Beklagte als Dienstherr dies tatenlos hinnimmt. Dabei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Nebentätigkeit des Klägers auch eine gewisse Öffentlichkeitswirksamkeit aufweist. So bewirbt der Kläger seine Schwimmtrainings auf seiner Internetseite (https://www.*) und verfügt (jedenfalls) in der sog. „Open Water Swimming“-Szene über einen prominenten Namen, den er in der Vergangenheit durch öffentlichkeitswirksame Auftritte erlangt hat. Dementsprechend liegt es nahe, dass nicht nur eine Reihe von Kollegen des Klägers, sondern - über diese oder in anderer Weise - auch außerhalb der Verwaltung Stehende erfahren, dass sich der Kläger zwar außerstande sieht, seinen Dienst zu verrichten, gleichzeitig aber in der Lage ist, als Schwimmtrainer tätig zu sein.
33
Auch kann nicht angenommen werden, dass die Nebentätigkeit zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit des Klägers erforderlich ist. Der Kläger hat zwar den Entlassbericht der * Klinik * vom 28. Oktober 2019 vorgelegt, wonach bei ihm eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10: F33.1), vorläge und empfohlen werde, die positiven Ausgleichsaktivitäten als Trainer und aktiver Schwimmer fortzuführen. Diese Empfehlung erscheint jedoch bereits zweifelhaft, da der Kläger seit Mai 2016 seiner Nebentätigkeit nachgeht und - obwohl seit dem 30. Oktober 2018 dienstunfähig erkrankt - die Nebentätigkeit aber ununterbrochen ausgeübt hat. Soweit die Ausgleichsaktivitäten tatsächlich gesundheitsfördernde Wirkung auf den Kläger haben sollten, ist nicht ersichtlich, dass und aufgrund welcher Zusammenhänge es zu deren Herbeiführung nicht ausreichen sollte, wenn der Kläger den Schwimmsport im privaten Bereich nachgeht, ohne hierbei eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit auszuüben. Im Übrigen steht dieser ärztlichen Einschätzung die amtsärztliche Expertise des Landratsamts * vom 6. März 2019 entgegen, wonach die nachgegangene Tätigkeit als Kurstrainer aus fachlicher Sicht als nicht gesundheitsförderlich betrachtet werden könne. Jedenfalls dürfte der vom Kläger erhoffte gesundheitsfördernde Effekt auch durch eine Beschäftigung mit dem Schwimmsport im privaten Bereich eintreten.
34
Im Übrigen entfällt eine mögliche Ansehensbeeinträchtigung der öffentlichen Verwaltung nicht deshalb, weil die Nebentätigkeit der Gesundheit und Genesung förderlich wäre. Für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes, für die insbesondere psychische Erkrankungen nicht erkennbar sind, kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit für den Beamten gesundheitsfördernd ist (vgl. OVG NW, B.v. 4.4.2019 - 6 A 2171/17 - juris Rn. 10).
35
4. Der Widerruf der Genehmigung zur Ausübung der Nebentätigkeit ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte am 29. November 2018 eine Missbilligung nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Disziplinargesetzes (BayDG) ausgesprochen hat.
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Bei der Missbilligung nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDG handelt es sich nicht um eine disziplinarrechtliche, sondern eine beamtenrechtliche Maßnahme. Sie ist Teil der Dienstaufsicht und begründet auch kein Maßnahmeverbot gegenüber einer späteren Disziplinarmaßnahme („ne bis idem“). Ein Dienstvergehen muss nicht zwingend vorliegen, eine Missbilligung ist auch zulässig, wenn die Amtsführung des Beamten aus anderem Grund Anlass zu Beanstandungen gibt (vgl. Findeisen, Bayerisches Disziplinargesetz, 6. EL Mai 2017, Art. 7 Nr. 2). Unabhängig von dem Umstand, ob die Missbilligung rechtmäßig ausgesprochen worden ist, wurde diese wegen eines konkreten, zu beanstandenden Verhaltens des Klägers ausgesprochen.
37
Hingegen stellt der Widerruf der Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit keine Maßnahme mit „Strafcharakter“ dar. Vielmehr ist eine genehmigte Nebentätigkeit zu widerrufen, wenn sich nachträglich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zeigt. Hierdurch wird weder ein Fehlverhalten des Beamten noch dieser an sich bestraft, sondern dienstlichen Interessen Genüge getan. Damit bestehen unterschiedliche Zielrichtungen zwischen dem Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung und dem Ausspruch einer Missbilligung, sodass - entgegen der Auffassung des Klägers - keine „Doppelbestrafung“ vorliegt. Im Übrigen existiert auch keine gesetzliche Regelung, die den Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeitsausübung neben dem Ausspruch einer Missbilligung untersagen würde.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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6. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 124, § 124a VwGO).