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AG Hersbruck, Endurteil v. 25.09.2020 – 1 C 513/20
Titel:

Unzulässiges Mieterhöhungsverlangen

Normenkette:
BGB § 558a
Leitsatz:
Die Beifügung des Mietenspiegels der Stadt Lauf ist keine ausreichende Begründung eines Mieterhöhungsverlangens für eine in Hersbruck belegene Wohnung. Eine Vergleichbarkeit von kann für Lauf und Hersbruck nicht angenommen werden, da die Stadt Lauf mehr als doppelt so viele Einwohner als Hersbruck hat, wesentlich näher an Nürnberg liegt, einen direkten Autobahnanschluss besitzt und insgesamt deutlich städtischer geprägt ist. (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mietspiegel, Zustimmung, Vergleichbarkeit, Mieterhöhungsverlangen
Fundstelle:
BeckRS 2020, 46110

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 984,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist Mieterin der mittlerweile im Eigentum des Klägers stehenden Wohnung im Anwesen ... gelegenen Wohnung mit einer Fläche von 82 qm; das Gebäude wurde im Jahr 1920 errichtet. Seit dem 01.12.2015 beträgt die monatliche Nettomiete 410,00 €.
2
Mit schriftlichem Erhöhungsverlangen vom 27.02.2020 begehrte der Kläger die Zustimmung zu einer erhöhten Miete von monatlich 492,00 € ab dem 01.05.2020. Das Erhöhungsverlangen wurde mit dem beigelegten Mietenspiegel der Stadt Lauf begründet; wegen der genauen Einzelheiten wird auf das Schreiben (Bl. 11 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Beklagte stimmte dem Verlangen nicht zu, so dass der Kläger mit Eingang vom 15.06.2020 das gerichtliche Verfahren anstrengte.
3
Der Kläger ist der Auffassung, dass das Mieterhöhungsverlangen zulässig und begründet sei. Die formellen Vorgaben seien eingehalten, der Mietspiegel der Stadt Lauf sei ein ausreichendes Mittel, um der Beklagten die Angemessenheit der nunmehr verlangten Miete als ortsüblich zu ermöglichen. Daraus ergebe sich eine Grundmiete von 6,03 € pro Quadratmeter, wobei wegen einer Einbauküche, in der Nähe liegenden Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen und speziellen Bedarf und der Nähe zum Bahnhof Zuschläge gerechtfertigt seien, die insgesamt sogar eine Quadratmetermiete von 6,81 € rechtfertigen würden.
4
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, einer Erhöhung der von ihr für die Wohnung im 2. Obergeschoss des Anwesens ... gezahlten Nettomiete von 410,00 € monatlich um 82,00 € auf dann 492,00 € monatlich ab dem 1.5.2020 zuzustimmen.
5
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
6
Sie hält das Erhöhungsverlangen schon nicht für zulässig, da der Mietspiegel der Stadt Lauf mit den örtlichen Gegebenheiten der Stadt Hersbruck nicht vergleichbar sei. Das läge schon an der Einwohnerzahl und der Entfernung zur Großstadt Nürnberg; zudem sei die Infrastruktur, beispielsweise hinsichtlich des fehlenden Krankenhauses - wesentlich schlechter. Hinzu komme das ohnehin allgemein niedrigere Mietniveau in Hersbruck. Das Mieterhöhungsverlangen sei zudem aber auch nicht begründet. Das Vorhandensein einer Einbauküche werde bestritten, ebenso die Möglichkeit des Einkaufs von speziellem Bedarf in räumlicher Nähe. Der Bahnhof sei weiter entfernt als 600 Meter wie für einen Zuschlag im zugrunde gelegten Mietenspiegel erforderlich Zudem seien noch diverse Abschläge vorzunehmen: die schrägen Wände, der fehlende Balkon, die Ausrichtung der Wohnung nach Norden, Zuleitungen zu den Heizkörpern teilweise über Putz und die Lärmemissionen würden insgesamt zu einer Reduzierung von 16 %gegenüber dem Grundpreis pro qm führen.
7
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
8
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die Schriftsätze der Parteien sowie die zu den Akten gegebenen Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

9
Die Klage ist unzulässig, da das Mieterhöhungsverlangen nicht den Vorgaben des § 558 a BGB entsprochen hat.
10
Die Beifügung des Mietenspiegels der Stadt Lauf ist keine ausreichende Begründung im Sinne der genannten Vorschrift. Die für eine Vergleichbarkeit von gemeinden entwickelten Kriterien (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 12. Aufl., § 558a Rn 46 ff) kann für Lauf/Peg. und Hersbruck nicht angenommen werden.
11
Die Stadt L. hat (jeweils Stand 31.12.2019) mehr als doppelt so viele Einwohner als Hersbruck (26.438/12.436), liegt wesentlich näher an Nürnberg, besitzt einen direkten Autobahnanschluss und ist insgesamt deutlich städtischer geprägt. Dort sind - anders als in Hersbruck mit den Firmen emuge (Gewindebohrgeräte, Fräswerkzeuge), emotec und Sembach (jeweils Keramik) sowie dem Fahrzeughersteller Tadano-Faun - Industriebetriebe angesiedelt, die einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Bevölkerungstruktur und das Einkommensniveau haben.
12
Hinzu kommt, dass die Entwicklung der letzten Jahre eine deutliche Verschlechterung der Infrastruktur in Hersbruck mit sich gebracht hat. So haben nicht wenige Fachgeschäfte ihren Betrieb eingestellt, was zu einer Einschränkung von Einkaufsmöglichkeiten im fußläufigen Kernbereich geführt hat, die nicht der Versorgung mit Lebensmitteln sonstigen Bedarfsgegenständen dienen. Auch ist mittlerweile das Krankenhaus geschlossen. Der dazu gebrachte Hinweis des Klägers auf die Psorisol-Hautklinik verfängt nicht, weil die dort vorgenommenen Behandlungen nur eine sehr punktuelle medizinische Versorgung zum Ziel haben.
13
Die Unterschiede hätten im Mieterhöhungsverlangen zumindest in groben Zügen dargestellt und in der Folge zumindest mit einem deutlich erkennbaren prozentualen Abschlag berücksichtigt werden müssen.
14
Auf die Frage, inwieweit die einzelnen Zusatzkriterien im Mietenspiegel gerechtfertigt zugrunde gelegt werden kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an.
Nebenentscheidungen:
1. Kosten: § 91 ZPO
2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 11, 711 ZPO
15
Auf die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung, die nach § 232 ZPO Gegenstand der Entscheidung sein soll, wird Bezug genommen.