Titel:
Wohngeld – Anrechnung von Unterstützungsleistungen durch Verwandte
Normenketten:
WoGG § 14 Abs. 2 Nr. 11, Nr. 14, Nr. 19, § 24 Abs. 2 S. 1, S. 2, § 25, § 27
EStG § 22 Nr. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Ausgangspunkt der Wohngeldberechnung ist stets eine Einkommensprognose, nicht das (später) tatsächlich erzielte Einkommen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die nach § 24 Abs. 2 S. 1 und 2 WoGG zu treffende Prognoseentscheidung sind nicht nur die bei der Antragstellung bekannten Verhältnisse, sondern auch diejenigen Erkenntnisse bzw. Prognosetatsachen zugrunde zu legen, die der Behörde innerhalb des sog. Prognoseermittlungszeitraums – dh zwischen dem Antrag auf Bewilligung von Wohngeld und dem Erlass des Bewilligungsbescheids – bekannt werden. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anrechnung von Unterstützungsleistungen durch Verwandte auf das wohngeldrechtliche Einkommen, wiederkehrende Leistungen als wohngeldrechtliches Einkommen, Bemessung von Bewilligungszeiträumen im Wohngeldrecht, Verkürzung von Bewilligungszeiträumen im Wohngeldrecht, Beginn von Bewilligungszeiträumen im Wohngeldrecht, Bestimmung des Jahreseinkommens im Wohngeldrecht, Einkommensprognose, Prognoseermittlungszeitraum
Fundstelle:
BeckRS 2020, 46104
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Entscheidung ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Neuverbescheidung ihres Antrags auf Gewährung von Leistungen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) in Form von Mietzuschuss für die von ihr und ihren beiden Kindern V. und H bewohnte Wohnung in C.
2
Die Klägerin ist seit dem 15.10.2017 unbefristet als Verkäuferin beschäftigt. Nach einer Verdienstbescheinigung für wohnrechtliche Zwecke nach dem WoGG, WoFG, AFWoG ihres Arbeitgebers vom 09.08.2018 beliefen sich ihre steuerpflichtigen Bruttoeinnahmen einschließlich Sonderzuweisungen von August 2017 bis Juli 2018 auf 17.096,07 € (Blatt 38 der Behördenakte). Diese Bescheinigung weist zudem steuerfreie Einnahmen im Sinne von § 3b Einkommensteuergesetz - EStG (Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit) und § 3 Nr. 63 EStG (Beiträge des Arbeitgebers für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitaldeckenden betrieblichen Altersversorgung) für diesen Zeitraum i.H.v. insgesamt 638,45 € aus. Aus den Informationen zur Vertragsgestaltung der A1. Lebensversicherung AG ergibt sich, dass die Versicherung als betriebliche Altersversorgung abgeschlossen wurde und der Vertrag nicht nach § 10a EStG zulagebegünstigt ist (vgl. Beiakt zur Prozesskostenhilfe). Unter Addierung der in den Entgeltabrechnungen von August 2018 bis Januar 2019 ausgewiesenen Beträge ergibt sich ein Bruttoeinkommen der Klägerin für diesen Zeitraum i.H.v. 16.988,86 €. Die elektronische Lohnsteuerbescheinigung für 2018 vom 16.01.2019 weist einen Bruttoarbeitslohn von 16.780,67 € aus. Weiterhin erhielt die Klägerin 2018 für ihre beiden Kinder V. und H Kindergeld i.H.v. insgesamt 388 € monatlich.
3
Die Klägerin bewohnte seit dem 01.11.2012 zunächst zusammen mit ihrem Ehemann und ihren beiden gemeinsamen Kindern H. und V B eine Mietwohnung in der ... Nach ihren Angaben zog der Ehemann am 22.07.2018 aus der gemeinsam gemieteten Wohnung zunächst zu seinem Bruder und später in eine eigene Wohnung aus. Dieses Datum hat die Klägerin auch bei ihrer Erklärung zum Getrenntleben vom 22.10.2018 angegeben. Eine Ummeldung des Ehemannes erfolgte erst am 17.09.2018. Die Wohnungsgeberbestätigung vom 23.08.2018 weist einen Einzug des Ehemannes in eine Wohnung zum 01.10.2018 (Blatt 41 der Behördenakte) aus. Die monatliche Warmmiete für ihre Wohnung betrug seit Juni 2018 625,00 €. Davon entfielen 14,50 € auf einen Kfz-Stellplatz (Blatt 12 und 13 der Behördenakte). Nicht in der Warmmiete enthalten sind nach dem Mietvertrag die Kosten für Heizung und Strom, die vom Mieter direkt mit dem Versorger abgerechnet werden.
4
Am 25.09.2018 beantragte die Klägerin, für das von ihr und ihrem Ehemann gemeinsam geführte Konto als alleinige Kontoinhaberin eingetragen zu werden (Blatt 92 ff. der Behördenakte). Bis zu diesem Zeitpunkt sind dem Konto noch Ausgaben zu entnehmen, die eindeutig dem Ehemann der Klägerin zuzuordnen sind (z.B. für das von ihm genutzte Auto).
5
Am 02.10.2018 ging auf dem Konto der Klägerin ein Betrag i.H.v. 150 € von Herrn A2. B. ein, der von der Klägerin als Unterhaltszahlung gekennzeichnet wurde (Blatt 80 Rs. der Behördenakte). Am 18.10.2018 stellte die Klägerin beim Amt für Jugend und Familie der Stadt C. einen Antrag auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für ihre beiden Kinder. Mit Bescheid vom 30.10.2018 wurde für die Tochter der Klägerin V Unterhaltsvorschuss ab dem 01.10.2018 bewilligt. Der Unterhaltsvorschuss wurde für Oktober mit 198,00 € und ab November mit monatlich 273 € beziffert. Hierbei wurde der vom Vater im Oktober geleistete Unterhalt i.H.v. 75 € angerechnet. Mit Bescheid vom gleichen Tag wurde für den Sohn der Klägerin H ebenfalls Unterhaltsvorschuss ab dem 01.10.2018 bewilligt. Der Unterhaltsvorschuss wurde für Oktober mit 79,00 €, für November mit monatlich 154 € und ab 01.12.2018 mit monatlich 205,00 € beziffert. Hierbei wurde der vom Vater im Oktober geleistet Unterhalt i.H.v. 75 € angerechnet. Seit dem 01.01.2019 zahlt der getrenntlebende Ehemann der Klägerin regelmäßig Unterhalt für die beiden Kinder i.H.v. 688,00 €, sodass die Unterhaltsvorschussleistungen zum 31.12.2018 endeten (Blatt 226 der Behördenakte).
6
Die Klägerin fügte dem Schriftsatz vom 26.02.2019 eine Aufstellung bei, welche Unterstützungen sie von ihrer Mutter und ihrer Schwester im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2018 erhalten hatte. In der Übersicht sind Überweisungen, Bargeld und Übernahme von Einkäufen aufgeführt (umfassende Übersicht Blatt 166 der Behördenakte). Addiert man die Beträge, so ergeben sich ohne Berücksichtigung der Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke für die einzelnen Monate folgende Unterstützungsleistungen: Oktober 2018: 210,00 €, November 2018: 723,00 € und Dezember 2018: 1.028,98 €.
7
Am 19.11.2018 überwies der Ehemann der Klägerin einen Betrag i.H.v. 863,33 € mit dem Verwendungszweck „Auto/Kredit/Skilager“.
8
Im Laufe des behördlichen Verfahrens wurde angeregt, dass Frau B. ALG II beantragen könnte. Sie erklärte mit Schreiben vom 09.02.2019 letztmalig einen Verzicht hierauf (Blatt 167 der Behördenakte).
9
Am 10.01.2019 kam es nach der Kündigung einer Lebensversicherung durch die Klägerin zur Einzahlung von 6.382,30 € auf deren Konto.
10
Den bereits am 09.08.2018 von der Klägerin gestellten Antrag auf Wohngeld lehnte die Stadt C. mit Bescheid vom 18.12.2018 für die Zeit ab dem 01.10.2018 ab. Zur Begründung gab die Beklagte die nicht erfüllte materielle Beweislast an. Derjenige, der Wohngeld beantrage, müsse seine Einkommensverhältnisse plausibel darlegen bzw. nachweisen, damit das maßgebliche Einkommen und damit der Wohngeldanspruch ermittelt werden könne. Vorliegend habe die Klägerin nicht glaubhaft machen können, wie sie den Lebensunterhalt ab dem 01.10.2018 bestritten habe, da die erklärten Einnahmen nicht vollständig gewesen seien und damit die Bewilligungsvoraussetzungen nicht hätten festgestellt werden können. Die Beklagte hat sich hierbei auf die von ihr errechnete Differenz von Einnahmen und Bedarf der Klägerin gestützt. Bei der Berechnung berücksichtigte die Beklagte bei den Einnahmen jeweils den Verdienst der Klägerin, die UVG-Leistungen, das Kindergeld und die Darlehensrückzahlungen des Ehemannes.
11
Am 17.01.2019 legte die Klägerin gegen diese Entscheidung Widerspruch ein. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens benannte sie insbesondere die Unterstützungsleistungen durch die Mutter und die Schwester genauer (s.o.). Ihren Unterhalt decke sie nunmehr über die am 10.01.2019 ausgezahlte Lebensversicherung (s.o.).
12
In einem Aktenvermerk vom 29.03.2018 (Blatt 227 der Behördenakte) errechnete die Beklagte ab Januar 2019 weiterhin eine Differenz zwischen Einnahmen (2.959,33 €) und wohngeldrechtlichem Bedarf der Klägerin (3.325,22 € bzw. 3.109,44) i.H.v. rund 365,89 € bzw. 150,11 €, die mit dem Kontoguthaben aus der Auszahlung der Lebensversicherung bestritten werden könne.
Verdienst durchschn. netto, einschließl. der Sonderzahlungen ca
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1.070,00
|
Unterhalt V B.
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344,00
|
Unterhalt H B.
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344,00
|
Kindergeld
|
288,00
|
Darlehensrückzahlung/Ehemann
|
215,33
|
Darlehensrückzahlung/Ehemann
|
598,00
|
Insgesamt
|
2.959,33
|
Bedarf nach 15.01 WoGVwV ab 01/2019
Miete, ohne Heizung, inkl. Stellplatz
|
625,00
|
Heizkosten
|
108,00
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Darlehen
|
215,33
|
Darlehen
|
1.196,00
|
Sky
|
42,98
|
HUK Pflegevers.
|
15,73
|
HUK Pflegevers.
|
15,89
|
HUK Hausrat 65,00; anteilig
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5,42
|
HUK Privathaftpflicht 56,19 anteilig
|
5,68
|
Fielmann Vers. 10,00 €; anteilig
|
5,68
|
Ergo-direkt
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15,48 >>2.246,35
|
RS Antragstellerin
|
424,00
|
80%
|
339,20
|
Mehrbedarf/alleinerziehende 12% v. RS 416
|
50,88
|
80%
|
40,70
|
RS V B
|
302,00
|
80%
|
241,60
|
RS H B
|
302,00
|
80%
|
241,60
|
Insgesamt
|
3.325,22
|
3.109,44
|
13
Gleichzeitig wurde anhand der Kontostände festgehalten, dass die Klägerin „für die Monate 01/02/2019 zusätzlich monatlich ca. 1.000,00 € [benötigt] und somit erheblich über dem ermittelten Fehlbedarf“ liege.
14
Mit Bescheid vom 29.03.2019 wurde dem Widerspruch nach Auswertung der am 26.02.2019 übersandten Unterlagen insoweit abgeholfen, als ein Wohngeldanspruch für die Zeit ab 01.10.2018 erstmalig berechnet werden konnte und berechnet wurde. Aufgrund der nunmehrigen Angaben stellte die Beklagte fest, dass sich weder für den Berechnungszeitraum vom 01.10.2018 bis 31.12.2018 noch für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 30.06.2019 ein Mietzuschuss errechne. Bei der Berechnung für den erstgenannten Zeitraum sind die Unterstützungsleistungen der Verwandten in den Monaten Oktober bis Dezember 2018 als Durchschnittswert i.H.v. 653,99 €/Mo. beim Einkommen der Klägerin berücksichtigt. Daneben sind als Bruttoeinkommen der Klägerin aus nichtselbstständiger Tätigkeit i.H.v. 16.988,86 €/Jahr in die Berechnung und nichtsteuerbare Einkünfte nach § 33 Nr. 63 EStG i.H.v. 638,45 €/Mo. eingestellt. Für die Tochter V. legt die Beklagte für den Monat November 2018 eine Unterhaltsleistung i.H.v. 238,33 € für das Skilager zugrunde.
15
Gegen den Bescheid hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.04.2019, der am gleichen Tag einging, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erheben lassen. Sie beantragt,
I. Der Bescheid der Beklagten vom 29.03.2019, Az.000102025, ist aufzuheben.
II. Die Beklagte ist zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 09.08.2018 auf Gewährung von Leistungen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entschieden.
16
Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei den Zahlungen der Mutter und der Schwester um freiwillige Zuwendungen handle, die zu Unrecht bei der Wohngeldberechnung berücksichtigt worden seien. Die Verwandten hätten ihr aus einer Notlage helfen wollen und seien nicht zu Unterhaltsleistungen verpflichtet gewesen. Weiterhin seien die Leistungen unregelmäßig und in unterschiedlicher Höhe erfolgt. Es handle sich damit nicht um wiederkehrende Bezüge im Sinne eines freiwilligen Unterhalts. Selbst wenn die Zuwendungen zu berücksichtigen wären, so hätte der Gesamtbetrag nicht nur auf drei sondern auf zwölf Monate angerechnet werden müssen.
17
Die Klägerin rügt weiterhin, dass der Bewilligungszeitraum ab dem 01.10.2018 in einen Bewilligungszeitraum vom 01.10.2018 bis 31.12.2018 und einen Bewilligungszeitraum vom 01.01.2019 bis 30.06.2019 aufgeteilt worden sei, ohne dass es hierfür einen sachlich rechtfertigenden Grund gebe.
18
Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit würden nicht 16.988,86 € betragen; vielmehr belaufe sich ihr im Jahr 2018 erzieltes Jahreseinkommen ausweislich der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung nur auf brutto 16.780,67 €.
19
Zudem sei von der Beklagten steuerfreies weiteres Einkommen i.H.v. 638,45 € jährlich in Ansatz gebracht worden, obgleich sie ein solches nicht erhalten habe und auch nicht nachvollziehbar sei, woraus sich dieses ergeben solle.
20
Auch die vom Arbeitgeber bescheinigten Zuwendungen stünden nicht zur Verfügung, da sie im Rahmen der Entgeltumwandlung in eine betriebliche Altersvorsorge (Riesterrente) geflossen seien und dieser Vertrag nicht vor Ablauf gekündigt werden könne.
21
Das angesetzte Einkommen der Tochter V. für den Zeitraum von 01.10.2018 bis 31.12.2018 i.H.v. 352,44 € sei falsch berechnet worden. Die Klägerin habe für V in diesem Zeitraum lediglich einen Unterhaltsvorschuss i.H.v. monatlich 273,00 € erhalten. Im November 2018 habe der Vater für die Teilnahme der Tochter an einem Skilager weitere 238,00 € bezahlt. Dieser sei jedoch Sonderbedarf der Tochter und keine regelmäßige Unterhaltszahlung, die als Einkommen anzurechnen wäre. Die Zahlung habe der Tochter die Teilnahme am Skilager erst ermöglicht. Das Geld habe der Familie damit nicht zur Verfügung gestanden. Im Schriftsatz vom 15.07.2019 ergänzt die Bevollmächtigte hierzu, dass sich der Betrag i.H.v. 863,33 €, der am 19.11.2018 vom Ehemann der Klägerin auf deren Konto überwiesen wurde, aus folgenden Komponenten zusammensetze: 598,00 € für die Beteiligung an der Kreditrückzahlung, 215 € Erstattung des Ehemannes für Abbuchungen des Autokredites für das von ihm genutzte Auto, 50 € Beteiligung des Ehemannes an den Kosten für das Skilager der Tochter V. Bei der Zahlung für das Skilager handle es sich um Sonderbedarf nach § 1613 Abs. 2 BGB, dem weit höhere Ausgaben für die Tochter gegenüberstünden. Sie rügt außerdem, dass die Rückzahlung der Schulden durch die Klägerin nicht als besonderer Aufwand einkommensmindernd berücksichtigt worden sei (Schriftsatz vom 27.09.2019).
22
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
23
Sie führt zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 19 WoGG i.V. m. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG vorlägen, sodass die Zuwendungen von Schwester und Mutter der Klägerin zu berücksichtigen seien. Für die Anrechnung sei ausreichend, dass der jeweilige Geber diese freiwillig leiste. Wiederkehrend seien Bezüge dann, wenn sie aufgrund eines einheitlichen Entschlusses oder eines einheitlichen Rechtsanspruches wiederholt mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch nicht immer in gleicher Höhe erbracht würden. Anhand der aufgelisteten Beträge sei der Durchschnittsbetrag der wiederkehrenden Zuwendungen durch Angehörige im Zeitraum vom 01.10.2018 bis 31.12.2018 i.H.v. 653,99 €/Mo. festgestellt worden, der als wohngeldrechtliches Einkommen gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 19 WoGG zu berücksichtigen sei.
24
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 WoGG betrage der Bewilligungszeitraum zwar zwölf Monate; er solle jedoch verkürzt werden, wenn zu erwarten sei, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse vor dem Ablauf von zwölf Monaten erheblich ändern, § 25 Abs. 1 Satz 2 WoGG. Würden bei einer Entscheidung über einen Wohngeldantrag Änderungen i.S.d. § 27 Abs. 1 und 2 WoGG berücksichtigt, so gelte für den neuen Bewilligungszeitraum § 25 Abs. 1 WoGG. Die monatliche Unterstützung durch Verwandte in der Zeit vom 01.10.2018 bis 31.12.2018 stelle eine Einkommenserhöhung i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WoGG dar, da sich das Einkommen dadurch in mehr als zwei aufeinanderfolgenden Monaten um mehr als 15% erhöht habe. Der Wegfall der Unterstützung durch die Verwandten bewirke ab dem 01.01.2019 eine entsprechende Einkommensminderung i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WoGG. Aus diesem Grund sei eine Verkürzung des Bewilligungszeitraums notwendig gewesen.
25
Hinsichtlich des Beginns des Bewilligungszeitraums führt die Beklagte aus, dass dieser grundsätzlich am Ersten des Monats, in dem der Wohngeldantrag gestellt wird, liege (§ 25 Abs. 2 Satz 1 WoGG). Träten die Voraussetzungen für die Bewilligung des Wohngeldes jedoch erst in einem späteren Monat ein, beginne der Bewilligungszeitraum erst am Ersten dieses Monats (§ 25 Abs. 2 Satz 2 WoGG). Der Beginn des Bewilligungszeitraums sei auf den 01.10.2018 festgelegt worden, da einige Indizien erst ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Wohngeld nahelegten. Diese seien namentlich: die gemeinsame Kontonutzung bis 25.09.2018, kein Eingang von Kindesunterhalt in den Monaten August und September 2018 und auch keine Beantragung von Unterhaltsvorschuss für diesen Zeitraum, Abmeldung des Ehemannes und Wohnungsgeberbescheinigung zum 01.10.2018, Beginn der Unterhaltszahlungen durch den Ehemann im Oktober 2018, Beantragung von Unterhaltsvorschuss im Oktober 2018, Beginn der Unterstützung durch Verwandte der Klägerin ab Oktober 2018.
26
Zur Einkommensberechnung erläutert sie, dass aus der vom Arbeitgeber ausgefüllten Verdienstbescheinigung, sowie den Monatsabrechnungen ein steuerpflichtiges Durchschnittseinkommen in der Zeit vom 01.02.2018 bis 31.01.2019 ein Wert i.H.v. 16.988,86 € ermittelt worden sei. Deshalb sei der in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesene Bruttoverdienst nicht berücksichtigt worden. In dem auf der Lohnsteuerbescheinigung bescheinigten Bruttoeinkommen seien zudem die steuerfreien Zuschläge nach § 3b EStG und steuerfreien Bezüge nach § 3 Nr. 63 EStG nicht enthalten.
27
Die Beklagte führt weiter aus, dass sich der Begriff des Jahreseinkommens aus § 14 WoGG ergebe. Gemäß § 14 WoGG würden Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 19 Abs. 1 EStG zum Jahreseinkommen gehören. Zusätzlich gehörten nach § 14 Abs. 2 Nr. 11 WoGG, § 3 b EStG steuerfreie Zuschläge zur Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und steuerfreie Einnahmen nach § 14 Abs. 2 Nr. 14 WoGG, § 3 Nr. 63 EStG zum wohngeldrechtlich relevanten Jahreseinkommen. Die vom Arbeitgeber bescheinigten Zuwendungen nach § 3 Nr. 63 EStG und § 3 b EStG seien daher beim Jahreseinkommen zu berücksichtigen, auch wenn die Klägerin keinen Zugriff auf die Altersvorsorge habe.
28
Der zusätzliche Unterhaltsbetrag i.H.v. 238,33 € für das Skilager der Tochter sei als freiwilliger zusätzlicher Unterhalt bei der Ermittlung der Einkünfte gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 19 WoGG zu berücksichtigen. Den angesetzten Betrag von 238,33 € habe sie wie folgt berechnet: Im November habe der Ehemann mit dem Betreff „Auto/Kredit“ 625 € überwiesen. Im Oktober seien Einzahlungen unter dem Betreff „Auto/Kredit/Skilager“ 863,33 € zu verzeichnen. Aus der Differenz der beiden Beträge habe man die 238,33 € für das Skilager erschlossen. Erst ab Dezember 2018 habe der Ehemann 598,00 € mit dem Betreff „Kredit“ und weitere 215,33 € mit dem Betreff „Autokredit“ überwiesen. Mit Schriftsatz vom 27.08.2019 teilte die Beklagte hierzu ergänzend mit, dass sich auch bei Berücksichtigung von nur 50 € für das Skilager kein Wohngeldanspruch errechne. Da sich bei der Tochter und bei dem Sohn der Klägerin jeweils unterschiedliche UVG-Beträge ergeben hätten, seien im Bewilligungszeitraum 01.10.2018 bis 31.12.2018 Durchschnittsbeträge gebildet worden, die der Wohngeldberechnung zugrunde gelegt worden seien.
29
Die Rückzahlung von Schulden sei nach §§ 4, 14 WoGG bei der Berechnung von Wohngeld nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen Mit Schriftsatz vom 11.07.2019 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie grundsätzlich mit einer Leistungsgewährung von Wohngeld ab 01.10.2018 einverstanden gewesen sei, da das ehemalige gemeinsame Konto von ihr und ihrem getrenntlebenden Ehemann noch bis zum 25.09.2018 gemeinsam genutzt habe werden können.
30
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23.04.2020 wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe gewährt.
31
Die Klägerbevollmächtigte teilte mit Schriftsatz vom 02.06.2020 mit, dass sowohl der Beginn des Bewilligungszeitraums am 01.10.2018, als auch der Betrag, der vom Vater für das Skilager gezahlt worden sei, i.H.v. 50,00 € nicht mehr streitig seien.
32
Die Beklagte legte mit Schriftsatz vom 09.06.2020 auf Aufforderung des Gerichts hin drei fiktive Wohngeldberechnungen vor. Diese betreffen den Bewilligungszeitraum 10/2018 bis 12/2018 ohne Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen von Verwandten, den Bewilligungszeitraum 10/2018 bis 09/2019 mit Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen der Verwandten und den Bewilligungszeitraum 10/2018 bis 09/2019 ohne Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen der Verwandten. Für den Bewilligungszeitraum 10/2018 bis 12/2018 trägt die Beklagte vor, es könne sich ohne Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen Verwandten kein Anspruch auf Wohngeld ergeben, da die Klägerin dann nicht in der Lage wäre, den sich ergebenden Fehlbedarf zu decken. Das Einkommen wäre dann nicht nachvollziehbar dargelegt. Aus der vorgelegten Wohngeldberechnung ergibt sich jedoch ein Wohngeldanspruch i.H.v. 93,00 €. Hinsichtlich des Bewilligungszeitraums 10/2018 bis 09/2019 ergebe die Fiktivberechnung bei Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen der Verwandten keinen Anspruch auf Mietzuschuss. Gleiches gelte, wenn dieser Bewilligungszeitraum ohne Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen erfolge. Hinsichtlich der Bedarfsfeststellung für den Bewilligungszeitraum ab 01.01.2019 führt die Beklagte weiter aus, sie sei davon ausgegangen, dass die Klägerin ihren Bedarf bis Juni 2019 aus der ausgezahlten Lebensversicherung decken könne. Aus den Kontoauszügen sei geschlossen worden, dass die Klägerin von 11.01.2019 bis 20.02.2019 neben dem ermittelten Bedarf zusätzlich 2.282,78 € verbraucht habe. Dies ergebe einen „monatlichen Betrag von ca. 1.000,00 €“. Vom verbliebenen Guthaben könne damit noch weitere vier Monate mithin bis Juni 2019 gelebt hätte werden. Es ergebe sich folgende Berechnung:
Guthaben 11.01.2019 6.436,01 € Guthaben 20.02.2019 4.153,23 €
Verbrauch 2.282,78 € / 2 Monate = 1.142,39 €
33
Nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 28.09.2020 erklärten die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 02.09.2002 und 07.09.2020 einen Verzicht auf mündliche Verhandlung.
34
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen, § 117 Abs. 3 VwGO.
Entscheidungsgründe
35
Das Gericht kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO in der Sache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
36
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
37
Die Klage ist zulässig.
38
Prüfungsgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 29.03.2019. Der dort ergangene Abhilfebescheid stellt einen selbstständigen neuen Verwaltungsakt dar (§ 72 VwGO, Art. 35 BayVwVfG), der mit der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO angegriffen werden kann.
39
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg, da der Bescheid der Beklagten vom 29.03.2019 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Mietzuschusses ab dem 01.10.2018 (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
40
Aus §§ 41, 42b WoGG in der ab 01.01.2020 geltenden Fassung ergibt sich, dass der vorliegende Fall nach den Vorschriften des WoGG i.d.F. v. 11.11.2016 zu entscheiden ist.
41
Wohngeld wird als Zuschuss zur Miete (Mietzuschuss) oder zur Belastung (Lastenzuschuss) für den selbstgenutzten Wohnraum geleistet Zur Überprüfung dieser Voraussetzungen sind gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 WoGG bei der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Wohngeld grundsätzlich die Verhältnisse im Bewilligungszeitraum, die im Zeitpunkt der Antragstellung zu erwarten sind, zu Grunde zu legen. Dies gilt auch für die Ermittlung des Jahreseinkommens; denn gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 WoGG ist bei der Ermittlung des Jahreseinkommens das Einkommen maßgeblich, das im Zeitpunkt der Antragstellung im Bewilligungszeitraum zu erwarten ist. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sind als im Bewilligungszeitraum zu erwartende Einkünfte und Einnahmen solche anzusehen, die aufgrund der im Zeitpunkt der Antragstellung bekannten Daten verlässlich prognostiziert werden können. Ausgangspunkt der Wohngeldberechnung ist daher stets eine Einkommensprognose, nicht das (später) tatsächlich erzielte Einkommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.1.1990 - 8 C 58.89 -, BVerwGE 84, 278, juris Rn. 21; vgl. auch BayVGH B.v. 5.5.2014 - 12 ZB 14.701 - Rn. 14; OVG Münster, B.v. 2.4.2014 - 12 A 298/14 -, juris Rn. 5 ff.).
42
Treten nach dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Bekanntgabe des Wohngeldbescheides Änderungen der Verhältnisse im Bewilligungszeitraum ein, so sind sie gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 HS 1 WoGG grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abweichend hiervon sollen allerdings Änderungen i.S.v. § 27 Abs. 1 WoGG, wozu auch eine relevante Verringerung/Erhöhung des zugrunde zu legenden Einkommens gehört (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WoGG), gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 HS 2 WoGG berücksichtigt werden. Danach sind für die nach § 24 Abs. 2 Satz 1 und 2 WoGG zu treffende Prognoseentscheidung im Ergebnis nicht nur die bei der Antragstellung bekannten Verhältnisse, sondern auch diejenigen Erkenntnisse bzw. Prognosetatsachen zugrunde zu legen, die der Behörde innerhalb des sog. Prognoseermittlungszeitraums - d.h. zwischen dem Antrag auf Bewilligung von Wohngeld und dem Erlass des Bewilligungsbescheids - bekannt werden (vgl. hierzu VGH München, B.v. 5.5.2014 a.a.O.; OVG Hamburg, U.v. 26.11.2015 - 4 BF 96/14 - Rn. 31).
43
Das Wohngeld richtet sich gemäß § 4 WoGG nach der Zahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder, der zu berücksichtigenden Belastung und dem Gesamteinkommen der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder.
44
Vorliegend ist die Berechnung des Gesamteinkommens nicht zu beanstanden.
45
Bei der Ermittlung des Jahreseinkommens ist das Einkommen zu Grunde zu legen, das im Zeitpunkt der Antragstellung im Bewilligungszeitraum zu erwarten ist, § 15 WoGG. Was als Jahreseinkommen zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus § 14 WoGG. In § 14 Abs. 1 WoGG nimmt das Wohngeldrecht Bezug auf den Einkommensbegriff des Einkommensteuergesetzes und regelt in § 14 Abs. 2 WoGG sodann, welche nicht steuerpflichtigen Einkünfte wohngeldrechtlich dennoch als Einkünfte anzusehen sind. Das gesetzgeberische Anliegen bestand offensichtlich darin, Einkommen bzw. Bezüge, die dem Haushalt jedoch gleichwohl tatsächlich zur Verfügung stehen, wohngeldrechtlich als zum Jahreseinkommen gehörend festzulegen und damit in die Berechnung des Wohngeldanspruchs einzubeziehen. Dem liegt der Grundgedanke zu Grunde, nur tatsächlich bedürftigen Personen mit dem Wohngeld angemessenes und familiengerechtes Wohnen zu sichern (§ 1 Abs. 1 WoGG). Diese sollen jedoch zunächst ihr eigenes Vermögen und Einkünfte hierfür aufbringen.
46
1. Ausgehend hiervon ist bei der Wohngeldberechnung nicht alleine das in der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesene Einkommen, sondern es sind die in der speziellen Arbeitgeberbescheinigung für die Wohngeldberechnung ausgewiesenen Beträge maßgeblich.
47
Darüber hinaus ergibt sich, dass Schulden bei der Wohngeldberechnung nicht zu berücksichtigen sind. Der Bescheid ist insoweit nicht zu beanstanden.
48
2. Hierbei sind entgegen der Auffassung der Klägerin dem Einkommen auch die steuerfreien Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge nach § 24 Abs. 2 Nr. 11 WoGG hinzuzurechnen. Dies ergibt sich direkt aus dem Wortlaut des WoGG.
49
Gleiches gilt für die Berücksichtigung steuerfreier Bezüge zur Altersversorgung als wohngeldrechtlich relevantes Einkommen nach § 14 Abs. 2 Nr. 14 WoGG. Hiernach gehören die nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfreien Beiträge des Arbeitgebers für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung zum Jahreseinkommen. In § 3 Nr. 63 EStG heißt es: „steuerfrei sind Beträge des Arbeitgebers für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersvorsorge […]. Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10 a oder Abschnitt XI erfüllt wird.“ Das Vorliegen solch steuerfreier Beträge nach § 3 Nr. 63 EStG ist durch den Arbeitgeber in der Verdienstbescheinigung für wohnrechtliche Zwecke nach dem WoGG, WoFG, AFWoG so bescheinigt worden. Das Gericht ist sich bewusst, dass die Riester-Rente nicht unter § 3 Nr. 63 fällt, sondern für diese das EStG die besondere Vorschrift des § 10a bereithält. Im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 11.04.2019 wurde jedoch widersprüchlich der Wortlaut des § 3 Nr. 63 EStG zitiert und die Bezüge dann zusammenfassend als „Riester-Rente“ bezeichnet, sodass nach dem Gesamtbild tatsächlich nicht von einer Riester-Rente auszugehen ist. Dies ergibt sich schließlich auch aus den Informationen zur Vertragsgestaltung der A1. Lebensversicherungs AG. Dort ist angeführt, dass die Versicherung als betriebliche Altersversorgung abgeschlossen wurde und der Vertrag nicht nach § 10a EStG zulagebegünstigt ist. Die Berücksichtigung der steuerfreien Zuschläge bzw. Beträge i.H.v. 638,45 € ist daher ebenfalls nicht zu beanstanden.
50
3. Die Anrechnung der von den Angehörigen erbrachten Unterstützungsleistungen in den Monaten Oktober, November und Dezember 2018 mit einem Durchschnittsbetrag von 653,99 € im Monat bzw. 7.847,88 € im Jahr als weiteres Einkommen begegnet keinen Bedenken.
51
a. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 19 WoGG gehören zum Jahreseinkommen die nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG dem Empfänger oder der Empfängerin nicht zuzurechnenden Bezüge, die ihm oder ihr von einer Person, die kein Haushaltsmitglied ist, gewährt werden, mit Ausnahme der Bezüge bis zu einer Höhe von EUR 4.800 jährlich, die für eine Pflegeperson unter Pflegekraft geleistet werden, die die Empfängerin wegen eigener Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch pflegt; dies gilt entsprechend, wenn anstelle von wiederkehrenden Unterhaltsleistungen solche als Einmalbetrag gewährt werden. Nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG sind wiederkehrende Bezüge dem Empfänger nicht zuzurechnen, wenn die Bezüge freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt werden. „Wiederkehrende Bezüge“ sind Bezüge, die wie alle Einnahmen in Geld oder Gütern mit Geldwert bestehen können und sich aufgrund eines einheitlichen Anschlusses oder einheitlichen Rechtsgrundes mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch nicht immer in gleicher Höhe wiederholen (BFH U.v. 19.10.1978 - VIII R 9/77, BFHE 126, 405). Die Bezüge müssen in bestimmten Zeitabständen oder Zeiträumen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und für eine gewisse Dauer zufließen und dürfen nicht jeweils aufgrund eines einzeln gefassten Entschluss gegeben werden. Es muss keine einklagbare Rechtsverpflichtung bestehen oder der Bezug für längere Zeit zugesichert sein (Blümich/Nacke, EStG, 152 EL 2020, § 22 Rn. 32). Eine Mindestdauer ist nicht ebenfalls nicht erforderlich, wobei nur einmalige Leistungen keine wiederkehrenden Bezüge begründen (BFH U.v. 14.4.2015, IX R 35/13 - BeckRS 2013, 96216).
52
Die Mutter und die Schwester der Klägerin leisteten in den Monaten Oktober, November und Dezember 2018 in unterschiedlichster Form und Höhe Unterstützung für die Klägerin. Es ist jedoch anzunehmen, dass dies aufgrund eines einheitlichen Entschlusses und nicht aufgrund jeweiliger einzelner Entschlüsse erfolgt ist. Hierfür sprechen die Gesamtumstände der Unterstützungsleistungen, die sich über die Monate gesteigert haben, eine gewisse Höhe erreichten und in unterschiedlichster Form erfolgten.
53
Die Unterstützung der Klägerin durch ihre Mutter und Schwester haben sich innerhalb der drei maßgeblichen Monate erheblich gesteigert: Oktober 2018: 210,00 €, November 2018: 723,00 € und Dezember 2018: 1.028,98 €. Hierin kommt zum Ausdruck, dass die Angehörigen sich entschieden haben, jeweils das Notwendige an Unterstützung zu leisten. Sie waren bereit, auch mehr als zunächst geleistet zu bezahlen und so der Klägerin zu helfen. Eine Begrenzung des Unterstützungswillens lässt sich gerade aus der erheblichen Steigerung der Leistungen nicht erkennen. Im Gegenteil, konnte sich die Klägerin darauf verlassen, selbst bei erhöhtem Bedarf, von ihren Angehörigen finanzielle Hilfe zu erhalten.
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Auch aufgrund der Höhe der Beträge, konnte die Klägerin davon ausgehen, dass die Unterstützung nicht einmalig und eingeschränkt erfolgen sollte. Die Beträge sind im Verhältnis zum durchschnittlichen Nettoverdienst der Klägerin i.H.v. 1.070,00 € im Monat relativ hoch und stellten eine erhebliche Unterstützung dar. Aus der Höhe der Beträge lässt sich ableiten, dass die Angehörigen bereitwillig und ohne größere Einschränkungen eingesprungen sind, was wiederum für einen einheitlichen Entschluss, der Klägerin unter die Arme zu greifen, spricht.
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Auch die unterschiedliche Art und Weise der Hilfe zeugt von einem einheitlichen Entschluss der Angehörigen, die Klägerin zu unterstützen. So wurde im Oktober zunächst Bargeld übergeben; während im November ein Mietwagen und die Miete zusätzlich übernommen wurden. Im Dezember wurden schließlich Einkäufe von Lebensmitteln und Kleidung für die Klägerin übernommen, ein Weihnachtsmarktbesuch finanziert und wiederum für einen Mietwagen Geld überwiesen. Dies zeigt, dass die Angehörigen der Klägerin immer in der Form geholfen haben, in der es gerade notwendig oder der Situation angemessen war.
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Die Angehörigen haben damit zum Ausdruck gebracht, jeweils im notwendigen Maß Hilfe leisten zu wollen. Die Klägerin konnte sich nach dem eben geschilderten Gesamtbild darauf verlassen, soweit notwendig, die jeweils erforderliche Unterstützung zu erhalten. Angesichts des Gesamtbildes wäre es nahezu lebensfremd anzunehmen, dass die Angehörigen jeweils einzelne Entschlüsse zur Unterstützung gefasst haben. Es ist daher von einem einheitlichen Entschluss der Angehörigen und damit von wiederkehrenden Leistungen auszugehen.
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Dem steht auch nicht entgegen, dass die Unterstützung nur zur Überbrückung einer Notlage gedacht gewesen sein soll. Dies steht schon nicht im Widerspruch zur Annahme eines einheitlichen Entschlusses, in der Notlage umfassend zu helfen. Darüber hinaus könnte mit diesem Vortrag dann jegliche Unterstützungsleistung aus dem wohngeldrechtlich relevanten Einkommen herausfallen, was mit dem oben genannten Grund für die rechtliche Regelung, das Wohngeld nur bei tatsächlicher Bedürftigkeit zu leisten, nicht in Einklang steht. Soweit die Klägerin ihren Bedarf anderweitig decken kann, ist dies bei der Wohngeldberechnung grundsätzlich zu berücksichtigen.
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Auch der Abbruch der Unterstützungsleistungen nach Auflösung der Lebensversicherung steht mit dem eben gefundenen Ergebnis in Einklang. Allein die Tatsache, dass die Angehörigen ab dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin selbst in der Lage war, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder zu tragen, die Unterstützungsleistungen eingestellt haben, lässt nicht den Umkehrschluss zu, diese wären nicht weiter geflossen, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre. Hieraus ergeben sich genauso wenig Anhaltspunkte, inwiefern die vorherige Unterstützung auf dem einheitlichen Wunsch, der Klägerin zu helfen, fußten.
59
b. Die in die Berechnung eingestellte Unterstützungshöhe (653,99 € im Monat bzw. 7.847,88 € im Jahr) ist rechtmäßig. Die Beklagte hat im Einklang mit § 15 Abs. 4 WoGG hierzu einen Durchschnittsbetrag gebildet und auf ein Jahreseinkommen hochgerechnet. Beträgt der festzusetzende Bewilligungszeitraum - wie hier richtigerweise (siehe unten II.) - weniger als zwölf Monate, ist das in diesem Zeitraum zu erwartende Einkommen auf ein Jahreseinkommen umzurechnen. Als Einkommen ist das Zwölffache des im Sinne der Absätze 1 bis 3 des § 15 WoGG und des § 24 Abs. 2 WoGG im Bewilligungszeitraum zu erwartenden durchschnittlichen monatlichen Einkommens zu Grunde zu legen. Dies ist vorliegend geschehen. Für eine weitergehende Umrechnung, wie von der Klägerin angedeutet, ist darüber hinaus kein Raum.
60
Die Beklagte hat aus den von den Angehörigen der Klägerin im Oktober (210,00 €), November (723,00 €) und Dezember 2018 (1.028,98 €) erbrachten Unterstützungsleistungen einen Durchschnittswert pro Monat (653,99 €) gebildet und diese der Berechnung zugrunde gelegt. Hierbei ergibt sich dann der zwölffache Betrag aus 653,99 € mithin 7.847,88 € (vgl. Blatt 240 d. Behördenakte) als zusätzliches Jahreseinkommen. Nachdem nach den obigen Ausführungen hinsichtlich der Unterstützungsleistungen der Verwandten von wiederkehrenden Bezügen auszugehen ist, hat die Beklagte hier folgerichtig und auch im Sinne der Vorschrift des § 15 Abs. 4 WoGG angenommen, dass dieser Durchschnittsbetrag monatlich im gesamten Jahr weiter fließt, und dies der Berechnung zugrunde gelegt. Dem Umstand, dass dies tatsächlich später nicht der Fall war, wird mit der Verkürzung des Bewilligungszeitraumes ausreichend Rechnung getragen. Dies ist nicht zusätzlich noch bei der Berechnung mit einzustellen.
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4. Auf die Frage, ob und in welcher Höhe der geleistete Beitrag des Vaters zum Skilager der Tochter Vanessa bei der Einkommensberechnung zu berücksichtigen ist, kommt es im Ergebnis nicht mehr an, da sich bei allen denkbaren Möglichkeiten (unterschiedliche Höhe, Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung) kein Wohngeld errechnet.
62
Gegen die von der Beklagten gebildeten Bewilligungszeiträume von Oktober 2018 bis Dezember 2018 und Januar 2019 bis Juni 2019 bestehen keine rechtlichen Bedenken.
63
Der Beginn ab 01.10.2018 ist inzwischen nicht mehr streitig und rechtlich insbesondere aufgrund der bis dahin bestehenden gemeinsamen Kontoführung mit dem getrenntlebenden Ehemann nicht zu beanstanden.
64
Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 WoGG soll als Bewilligungszeitraum regelmäßig 12 Monate gewählt werden. Ist jedoch zu erwarten, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse vor Ablauf von 12 Monaten erheblich verändern, soll der Bewilligungszeitraum entsprechend verkürzt werden, § 25 Abs. 1 Satz 2 WoGG. Erhebliche Änderungen in diesem Sinne sind Veränderungen, die die Voraussetzungen des § 27 WoGG erfüllen, die Beklagte also zu einer Neubescheidung berechtigen würden. Dabei müssen sowohl anspruchserhöhende als auch anspruchsmindernde Tatsachen berücksichtigt werden. Die Entwicklung des Einkommens mit einer Abweichung von mehr als 15% ist nach § 27 Abs. 1 Nr.3 bzw. Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3 WoGG zu berücksichtigen. Ist zu erwarten, dass sich das Einkommen der Haushaltsmitglieder während des laufenden Bewilligungszeitraumes wesentlich verändern wird, darf das Wohngeld nicht in unterschiedlicher Höhe festgesetzt werden. Vielmehr kommt hier nur eine Verkürzung des Bewilligungszeitraums in Betracht (§ 25 Abs. 1 Satz 2 WoGG) (Zimmermann, Wohngeldgesetz, 1. Auflage, 2014, § 25 Rn. 3).
65
1. Es ergibt sich für die Monate Oktober bis Dezember 2018 im Vergleich zum nach der Unterhaltsleistung des Vaters und getrenntlebenden Ehemannes zur Verfügung stehenden Einkommen ab Januar 2019 eine solch wesentliche Veränderung i.H.v. 20,94%:
Monatseinkommen Oktober 2018
Einkommen Klägerin
|
Arbeit
|
859,93 €
|
Verwandte
|
653,99 €
|
Einkommen H
|
UVG
|
79,00 €
|
Vater
|
75,00 €
|
Einkommen V
|
UVG
|
198,00 €
|
Vater
|
75,00 €
|
Summe
|
1.940,92 €
|
Monatseinkommen November 2018
Einkommen Klägerin
|
Arbeit
|
859,93 €
|
Verwandte
|
653,99 €
|
Einkommen H
|
UVG
|
154,00 €
|
Einkommen V
|
UVG
|
273,00 €
|
Summe
|
1.940,92 €
|
Monatseinkommen Dezember 2018
Einkommen Klägerin
|
Arbeit
|
859,93 €
|
Verwandte
|
653,99 €
|
Einkommen H
|
UVG
|
205,00 €
|
Einkommen V
|
UVG
|
273,00 €
|
Summe
|
1.991,92 €
|
Durchschnitt Oktober bis Dezember 1.957,92
Einkommen Klägerin
|
Arbeit
|
859,93 €
|
Einkommen H
|
Vater
|
309,00 €
|
Einkommen V
|
Vater
|
379,00 €
|
Summe
|
1.547,93 €
|
66
Damit war die Verkürzung des Bewilligungszeitraumes auf drei Monate von Oktober 2018 bis Dezember 2019 gerechtfertigt. Aufgrund der klaren gesetzlichen Grenze von 15% bestehen auch keine Bedenken gegen einen Bewilligungszeitraum von nur drei Monaten. Die Verkürzung des Bewilligungszeitraums muss sich auch nicht zwangsläufig nachteilig für die wohngeldberechtigte Person auswirken. Sie ermöglicht im Gegenteil ggf. eine schnellere Anpassung der Berechnungen an veränderte Umstände und damit unter ggf. auch eine Bewilligung höheren Wohngelds.
67
2. Die Beklagte hat auch den Bewilligungszeitraum ab Januar 2019 bis Juni 2019 rechtmäßig verkürzt. Nach den zutreffenden Berechnungen der Beklagten reichten die Ersparnisse aus der ausgezahlten Lebensversicherung bis Juni 2019 zur Deckung des Lebensbedarfs der Klägerin und ihrer Kinder unter Berücksichtigung der sonstigen Einnahmen (vgl. Aktenvermerk vom 29.03.2019 (Blatt 227 der Behördenakte) und Schriftsatz der Beklagten vom 09.06.2020 (Seite 82 der Gerichtsakte)). Danach war aus Sicht der Beklagten davon auszugehen, dass sich die maßgeblichen Umstände für die Wohngeldberechnung ändern würden. Die Beklagte konnte erwarten, dass der Lebensunterhalt anderweitig finanziert, die Ausgaben angepasst werden, oder sich sonst Änderungen ergeben müssten, da die Klägerin ansonsten einen erheblichen Fehlbedarf hätte. Insofern war es nach § 25 Abs. 1 Satz 2 WoGG gerechtfertigt, den Bewilligungszeitraum bis Juni 2019 festzusetzen und dann ggf. neue Berechnungen anzustellen.
68
Nach alledem ist der Bescheid der Beklagten vom 29.03.2019 rechtmäßig und die Klage abzuweisen.
69
Nur ergänzend ist anzumerken, dass es der Klägerin unbenommen bleibt, bei Änderung von maßgeblichen Sachverhalten erneut einen Antrag auf Gewährung von Wohngeld zu stellen.
70
Als unterlegener Teil trägt die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.
71
Wohngeldrechtliche Streitigkeiten sind als Angelegenheiten der Fürsorge nach § 188 VwGO gerichtskostenfrei (BVerwG U.v. 23.4.2019 - 5 C 2.18 - BVerwGE 165, 235-251, Rn. 36).
72
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.