Inhalt

Vergabekammer Ansbach, Beschluss v. 29.05.2020 – RMF-SG21-3194-5-4
Titel:

Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Unterlagen zum Zwecke der Vergabe

Normenketten:
VgV § 14 Abs. 4 Nr. 2 c, § 77 Abs. 2
RL 2014/24 Art. 32 Abs. 1
UrhG § 14
Leitsätze:
1. Nach Art. 32 Abs. 1 der RL 2014/24 dürfen Auftraggeber auf das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ausschließlich in den „konkreten Fällen“ und unter den „konkreten Umständen“ der Abs. 2 bis 5 zurückgreifen. Diese Deutlichkeit wurde in § 14 Abs. 4 S. 1 VgV nicht umgesetzt, ist dort aber richtlinienkonform hineinzulesen. (Rn. 130) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Feststellung eines Urheberrechts bzw. einer Verletzung eines Urheberrechts gem. § 14 UrhG durch die Vergabestelle erfordert in der Regel eine umfassende Prüfung, die im besonderen Maße gegen das Beschleunigungsverbot verstößt; daher ist das unter einem besonderen Beschleunigungsbedürfnis stehende Vergabeverfahren zur Klärung komplexer kartellrechtliche Fragen nicht geeignet. (Rn. 137 – 140) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verletzung urheberechtlicher Vorschriften ist vor den ordentlichen Gerichten zu rügen und ggf. festzustellen. (Rn. 142 – 145) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vergabe, Vergabestelle, Nachprüfungsantrag, Urheberrecht, Verletzung, Drittschutz, Bekanntmachung, Teilnahmewettbewerb, Beschleunigungsgebot, Zivilrechtsweg
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 28.09.2020 – Verg 3/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 45437

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Vergabestelle war notwendig.
4. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt …,- €.
Auslagen sind nicht angefallen.

Tatbestand

1.
1
Die Vergabestelle schrieb die Objektplanung …, für Los 1, Leistungsphasen 1-9, … und für Los 2. Leistungsphasen 2-9 … als Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb aus. Das Verfahren wurde im Supplement zum Amtsblatt der EU am … (mit Änderung vom …) veröffentlicht. Die Teilnahmeanträge waren zunächst bis … bzw. nach Änderung bis … einzureichen.
2.
2
Mit Schreiben vom 07.02.2020 rügte die Antragstellerin die Wahl der Verfahrensart nach § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV und die potentielle Eignung anderer Bewerber. Weiterhin rügte die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 77 Abs. 2 VgV wegen in den Ausschreibungsunterlagen geforderter unvergüteter Lösungsvorschläge.
3.
3
Mit der Änderung der Vergabeunterlagen hilft die Vergabestelle der Rüge der Antragstellerin wegen eines Verstoßes gegen § 77 Abs. 2 VgV ab.
4.
4
Mit Schreiben vom 12.2.2020 rügte die Antragstellerin die Verwendung und Veröffentlichung ihrer nach ihrer Auffassung urheberrechtlich geschützten Pläne, Skizzen und sonstigen Unterlagen zum Zwecke der Vergabe.
5.
5
Die Antragstellerin reichte am 14.2.2020 einen Teilnahmeantrag ein.
6.
6
Mit Schreiben vom 21.2.2020 teilte die Vergabestelle mit, den Rügen hinsichtlich der Wahl der Vergabeart und zur Verwendung der Unterlagen nicht abhelfen zu wollen. Die Unterlagen dürften verwendet werden, da sie bezahlt seien.
7.
7
Mit Schreiben vom 27.2.2020 rügte die Antragstellerin die Aufteilung des Auftrags in mehrere Lose, da der Urheberrechtsschutz bedingt, dass nur eine einheitliche Beauftragung erfolgen kann.
8.
8
Mit Schreiben vom 5.3.2020 wies die Vergabestelle die Rüge vom 27.2.2020 zurück.
9.
9
Mit Schriftsatz vom 5.3.2020 beantragte die ASt
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren … Objektplanung (Gebäudeplanung) gemäß HOAI 2013 Teil 3, Abschnitt 1, § 34 Leistungsphasen 1-9, … Leistungsphasen 2-9 … gemäß Bekanntmachung im EU-Amtsblatt Nummer … vom … unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in den Stand vor Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen.
2. Der Antragsgegnerin werden die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens auferlegt.
3. Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten hat und dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.
4. Der Antragstellerin wird Akteneinsicht in die Vergabeakte gewährt.
5. Die Antragsgegnerin wird umgehend in Textform über den Nachprüfungsantrag informiert.
10
Der Antrag sei zulässig und begründet.
11
Die Antragstellerin mache geltend, dass ein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV vorliegt. Die Norm sei drittschützend. Die Antragstellerin sei daher antragsbefugt.
12
Die Antragstellerin könne nicht ohne weiteres den Verstoß im Vergabeverfahren dulden, um ihn anschließend zu liquidieren (OLG Celle, Urteil vom 18.1.2018 - 11 U 121/17).
13
§ 14 Abs. 4 VgV ermögliche dem Auftraggeber Aufträge im Verhandfungsverfahren ohne Teilnahme Wettbewerb zu vergeben. Vorliegend könne der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht werden, weil ausschließliche Rechte, insbesondere gewerbliche Schutzrechte geschützt werden müssen und davon abgeleitete Rechte.
14
Das Werk sei urheberrechtlich geschützt. Dies sei unstrittig. Das Werk stelle einen Gebäudekomplex als Ganzes dar, das im Ganzen entworfen und zur Entstehung gebracht wurde. Das Werk bilde eine Einheit durch die einzelnen gestalterischen Elemente. Das Gesamtwerk sei nicht auf die … reduziert, sondern auch die Riegel seien Teil des Werkes.
15
Das Urheberrecht liege bei den Gesellschaftern der Antragstellerin. Die Antragsteller seien Miturheber. Sie haben zudem uneingeschränkte und unwiderrufliche Nutzungsrechte.
16
Eine Übertragung oder einräumen hinsichtlich der Antragsgegnerin habe nicht stattgefunden. Eine Klausel im Vertrag von … sei nicht wirksam („Der Auftraggeber darf die Unterlagen für die im Vertrag genannte Baumaßnahme ohne Mitwirkung des Auftragnehmers nutzen und ändern; dasselbe gilt auch für das ausgeführte Werk. Der Auftraggeber wird den Auftragnehmer vor wesentlichen Änderungen eines nach dem Urheberrecht geschützten Werkes- soweit zumutbar anhören.“) Sie verstoße gegen des AGB-Recht. Es sei zudem im Rahmen des § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV nicht notwendig, dass das Urheberrecht bei der Antragstellerin liegt. Es genüge das Urheberrecht der …
17
Die ausgeschriebene Maßnahme führe zu einer Entstellung des gesamten Werkes der Baukunst. Soweit sie ohne Zustimmung der Berechtigten erfolgt, liege eine Urheberrechtsverletzung vor (§ 14 Urheberrechtsgesetz). Eine Entstellung eines Werks liege vor, wenn die Wesenszüge des Werks verzerrt werden. Die Zerstörung einzelner Werkteile seien eine Entstellung. Durch den Abriss der … würden vorliegend die gestalterischen Eigenheiten des Komplexes umgewandelt und ihre künstlerischen Aussagen und Werte verändert. Es handle sich gerade nicht um eine substantielle oder künstlerische Vernichtung des gesamten Werkes. Es würden vielmehr Teile beibehalten und eine Verzerrung der Wesenszüge des Werkes stattfinden.
18
Das Urheberrecht sei ein ausschließliches Recht im Sinne des § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV.
19
Die Norm räume der öffentlichen Auftragsvergabe keinen Ermessensspielraum ein. Der Wortlaut „kann“ sei daher im Sinne einer Ermöglichungsnorm zu verstehen, nicht als Ermessensnorm. Ein Ermessen wäre zudem auf null reduziert, da der Verletzung der Rechte der Antragstellerin kein anderes Interesse gegenüberstehe.
20
Ohne Zustimmung könne nur die Antragstellerin den Auftrag ausführen.
21
Es liege weiterhin ein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV in Verbindung mit 97 Abs. 4 Satz 2 GWB vor, der sich hier aus der Verfahrenswahl in Verbindung mit der Aufteilung in zwei Lose ergibt.
22
Da sich der urheberrechtliche Schutz auf das gesamte Werk bezieht, sei der Auftrag hier auch nur insgesamt durch die Antragstellerin rechtlich ausführbar. Es lägen die Voraussetzungen von § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB vor.
23
Andere Unternehmen seien nicht in der Lage, den Auftrag auszuführen. Sie würden aber schuldrechtlich zum Urheberrechtsverstoß verpflichtet. Man habe daher aus wirtschaftlichen Gründen von einer Aufteilung in zwei Lose abzusehen.
24
Auch insoweit bestehe Drittschutz.
25
Die Veröffentlichung von Skizzen, Plänen und Dokumenten in den Ausschreibungsunterlagen stelle ebenfalls einen Verstoß nach § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV dar.
26
Die Unterlagen seien durch die Antragstellerin geschaffen worden. Eine Nutzung zu Vergabezwecken sei nicht eingeräumt worden. Eine Vergütung von … €, welche die Antragstellerin erhalten habe, ändere nichts an diesem Umstand. Es könne kein konkludentes Einverständnis in eine Nutzungseinräumung angenommen werden.
27
Die Vergabekammer Nordbayern hat den Nachprüfungsantrag am 6.3.2020 der VSt übermittelt und um Zusendung der Vergabeakten und Äußerung gebeten.
28
Mit Schreiben vom 13.3.2020 nahm die VSt zum Nachprüfungsantrag Stellung und beantragte:
den Nachprüfungsantrag vom 5.3.2020 vollumfänglich zurückzuweisen.
29
Der Antrag sei unzulässig und unbegründet.
30
Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Sie berufe sich vorliegend auf ein vermeintliches Urheberrecht. Das Urheberrecht sei jedoch keine Rechtsposition, die im Nachprüfungsverfahren zu prüfen ist. Das Urhebergesetz sei keine Vorschrift im Sinne des § 97 Abs. 4 GWB.
31
Auch die Aufteilung in Lose sei keine Vergaberechtsverletzung, sondern die Berücksichtigung mittelständischer Interessen gemäß § 97 Abs. 4 GWB.
32
Die Veröffentlichung von Skizzen, Plänen und Dokumenten in den Vergabeunterlagen verstoße nicht gegen § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV, sondern entspreche der Verpflichtung der Vergabestelle, die Leistungsbeschreibung so zu gestalten, dass sie ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und hinreichend vergleichbare Angebote erwarten lassen, § 31 Abs. 2 Nummer 1 VgV.
33
Die Antragstellerin habe kein Rechtsschutzbedürfnis. Sie sei nicht die Inhaberin eines Urheberrechts zur den Gebäuden. Das Urheberrecht sei nicht übertragbar. Es werde bestritten, dass ein eventuelles Urheberrecht des verstorbenen Vertragspartners auf die Antragstellerin übergegangen ist.
34
§ 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV schütze in erster Linie Bieter, deren Rechte wegen einer rechtswidrigen unterlassenen Vergaberechtsbekanntmachung verletzt werden können. Für die geltend gemachte Verletzung von Urheberrecht sei der Rechtsweg in das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet, da es sich bei den Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes nicht um Vorschriften des Vergaberechts im Sinne des § 160 Abs. 2 GWB handelt. Der von der Antragstellerin behauptete Verstoß gegen urheberrechtliche Vorschriften könne sich in sachlicher und zeitlicher Hinsicht nur nach Vertragsschluss und somit nach Beendigung des Vergabeverfahrens auswirken. Die vermeintliche Urheberrechtsverletzung sei vor den ordentlichen Gerichten zu rügen und gegebenenfalls festzustellen. Ein unterlegener Bewerber könne zudem nicht rügen, dass die Vergabestelle eine freiwillige Bekanntmachung durchführt.
35
Eine Sorgfaltspflichtverletzung könne nur seitens der Bieter geltend gemacht werden, die sich nicht am Vergabeverfahren beteiligen können.
36
§ 14 Abs. 4 Nummer 2 VgV gebe ein Recht und keine Pflicht zum Verzicht auf eine Bekanntmachung.
37
Es besteht im Übrigen keine Kausalität zwischen einem Fehler der Vergabestelle und einem eventuellen drohenden Schaden der Antragstellerin. Auch ohne Bekanntmachung müsse sich die Antragstellerin einem Wettbewerb stellen.
38
Das Werk sei nicht urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht sei grundsätzlich nicht übertragbar. Die Antragstellerin habe nicht nachgewiesen, dass sie Inhaber der höchstpersönlichen Urheberrechte geworden ist. Nutzungsrechte stellten gerade keine Übertragung des Urheber-Persönlichkeitsrechts dar. Es sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin kein Urheberrecht habe.
39
Es handle sich vorliegend nicht um ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Das … gebäude und die … gebäude seien keine Gesamteinheit. Es bestünden keine verbindenden Gestaltungselemente. Die Grundrissgestaltung sei bei beiden Gebäudetypen völlig unterschiedlich. Gleiches gelte für die Gestaltung der Außenfassaden mit glatten Tafeln beim … gebäude und horizontal kleinteilig unterteilten Holzverkleidungen bei den … gebäuden.
40
Das … gebäude solle umfassend saniert werden. Die äußere Gestaltung solle nicht wesentlich verändert werden. Es sei aufgrund gesetzlicher Vorschriften zwingend notwendig, eine energetische Sanierung der Außenfassade vorzunehmen. Bei dem … gebäude handele es sich um Gebrauchskunst, wie dies bei Bauwerken in der Regel der Fall ist. Es rage nicht aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens heraus. Es sei nicht schutzfähig.
41
Es sei zu beachten, dass der Architekt vorliegend das Bauwerk für einen fremden Eigentümer geschaffen hat. Das Bauwerk diene gerade nicht repräsentativen Zwecken, sondern werde als … gebäude genutzt. Der Eigentümer sei vielfältigen gesetzlichen Vorgaben und sonstigen Zwängen, zum Beispiel erheblichen finanziellen Zwängen, ausgesetzt.
42
Die vorgesehene äußere Umgestaltung ergebe sich aus sachlichen und energetischen Zwängen, nicht aus dem Wunsch, das Gebäude umzugestalten.
43
Im Hinblick auf die … bauwerke sei eine Sanierung aus energetischen und technischen Gründen nicht darstellbar. Eine Erweiterung sei dringend notwendig, da die vorhandenen Flächen den Bedarf nicht mehr decken. Es müsse ein Abriss durchgeführt werden. Diesbezüglich sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Vernichtungsabwehrinteresse des Urhebers gegenüber dem Gebrauchsinteresse des Eigentümers im Ergebnis nicht durchschlagen kann.
44
Ein urheberrechtliches Änderungsverbot gemäß § 14 Urheberrechtsgesetz bestehe nicht. Eine Entstellung sei eine die Wesenszüge des Werkes tiefgreifend verändernde, verfälschende: verzerrende oder zerstückelnde Einwirkung, sodass das Werk eine andere Aussage, Färbung oder Tendenz enthält.
45
Eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung liege nicht vor. Bei dem Abriss komme eine Entstellung des Architektenwerkes von vornherein nicht in Betracht.
46
Die vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem Bestands- und Integritätsinteresse des Urhebers an der Erhaltung des Werks und den Interessen des Eigentümers an der Beeinträchtigung und Veränderung des Werks (Erhaltungsinteresse versus Änderungsinteresse) ergebe, dass die Antragsgegnerin keine urheberrechtlichen Ansprüche herleiten kann.
47
Es handle sich vorliegend um einen Zweckbau. Das vom Architekten geschaffene … - gebäude besitze nur relativ geringe künstlerische Gestaltungshöhe, so dass die Interessen der Antragsgegnerin einer im Rahmen des Gebrauchszwecks liegenden Erweiterung mit möglichst geringem Kostenaufwand überwiegen. Der Gebrauchszweck und die bestimmungsgemäße Verwendung des Bauwerks spielten bei Werken der Baukunst eine wesentliche Rolle, denn der Urheber muss mit wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers und des Lebens rechnen. Der Urheber eines Bauwerks wüsste, dass der Eigentümer das Bauwerk für einen bestimmten Zweck verwenden möchte. Er müsse damit rechnen, dass sich aus wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers ein Bedarf nach Veränderungen ergeben kann. Zu berücksichtigen seien hier auch Modernisierungsinteressen. Es sei aus heilpädagogischen Gründen heute nicht mehr angezeigt, … in Rundgebäuden wohnen zu lassen. Zur Orientierung seien Ecken zwingend erforderlich. Auch wirtschaftliche Gründe könnten von Bedeutung sein. Zu berücksichtigen sei auch, dass Urheberinteressen Jahre und Jahrzehnte nach dem Tode des Urhebers an Gewicht verlieren können. Vorliegend überwiege in jedem Falle das Interesse der Antragsgegnerin.
48
Die Aufteilung in zwei Lose sei erforderlich. Mangels Inhaberschaft eines Urheberrechts, komme eine Verletzung des § 14 Abs. 4 VgV nicht in Betracht. Die Norm stelle zudem nur ein Recht der Vergabestelle dar und keine Pflicht. Die Aufteilung in zwei Lose sei zudem keine eigene vermeintliche Rechtsverletzung, sondern lediglich die Konsequenz der vermeintlichen Rechtsverletzung durch eine wettbewerbsrechtliche Ausschreibung.
49
Die Ausschreibung nach Losen entspreche § 97 Abs. 4 GWB. Weder technische noch wirtschaftliche Gründe erfordern die Zusammenfassung zu einem Los.
50
Die Antragsgegnerin habe die in den Vergabeunterlagen enthaltenen Skizzen, Pläne und Dokumenten bezahlt. Eine Bezahlung sei unverzüglich nach Prüfung der Rechnung und nicht aufgrund einer Rüge erfolgt. Ein Urheberrecht an diesen Skizzenplänen und Dokumenten liegen nicht vor. Es handelt sich hier mit Sicherheit nicht um eine persönliche geistige Schöpfung mit der rechtlich notwendigen Schöpfungshöhe.
51
Auf das Schreiben der Vergabestelle vom 17.3.2020 wird verwiesen.
52
Mit Schreiben vom 26.3.2020 führt die ASt aus, dass die einzelnen Gebäude des Komplexes Teil eines einheitlichen Entwurfs und Konzeptes sind. Beim … - und … gebäude gebe es den … zugewandte erdgeschossige Vorbauten, welche die Architektur der … verbindend aufnehmen. Auch die Linien des Riegels würden die Linien der … auf verschiedene Weise aufnehmen.
53
Die Riegel seien keine gestalterisch ausgeklammerten Zweckbauten. Bei der Grundrissgestaltung des Komplexes habe man sich an die Ideale der organischen Architektur angelehnt. Die Riegel würden die … in künstlerischer, aber auch technischer Sicht beschützen. Sie dienten unter anderem auch als Schallschutz, was bei einem … eine besondere Bedeutung besitzt. Sie würden daher nicht völlig gleich aussehen wie die …. Es lägen aber keine verschiedenen Werke vor.
54
Auszeichnungen, die das Werk im Laufe der Zeit erhalten hat, hätten sich immer auf die Gesamtanlage bezogen, nie etwa auf einzelne Bauten. Die Antragstellerin selbst habe nie gesagt, dass die Gebäude des Komplexes keine städtebauliche und gestalterische Gesamteinheit bilden würden. Es sei hier zwischen der Funktionalität einerseits und der Gestaltung andererseits zu unterscheiden.
55
Die Antragstellerin habe eine Sachverständigenexpertise eingeholt zur baukünstlerischen Einordnung der Gesamtanlage. Diese fügt sie dem Schriftsatz bei.
56
In den Jahren 2012-2016 sei eine Weiterbeauftragung der Antragstellerin vorgesehen gewesen. Die Durchführung eines VOF-Verfahrens sei nicht vorgesehen gewesen.
57
Sowohl die Vergabestelle als auch die Regierung als auch die bayerische Architektenkammer hätten dies mitgeteilt. Lediglich die Fachplaner, die keine Schutzrechte innehaben, seien im Rahmen eines VOF-Verfahrens beauftragt worden.
58
Die Vertragsverhandlungen in 2014 hätten nicht nur die Leistungsphasen 1 und 2 betroffen. Die damalige Korrespondenz lasse erkennen, dass auch von der Leistungsphase 8 und Instandsetzungszuschlägen die Rede ist.
59
Es sei unerheblich, ob die Vergabestelle zum Abriss der gezwungen ist. Entscheidend sei, dass die Antragstellerin als einziges Unternehmen rechtlich in der Lage ist, den Auftrag auszuführen. Die Antragstellerin bestreite dies mit Nichtwissen.
60
Es sei nicht vorzustellen, dass ein Abriss aus … Gründen erforderlich sei. Es werde bestritten, dass ein Ersatzneubau annähernd gleiche Kosten verursacht, da nachhaltigste Materialien in Hochbau und Technik größtenteils schon erneuert wurden. Auch notwendige Flucht- und Rettungsbalkone seien nach dem Konzept der Antragstellerin bereits geplant. Neue energetische Maßnahmen seien nicht notwendig. Von … Jahren seien außergewöhnlich hochwertige, nachhaltige und ökologische Baustoffe verbaut worden.
61
Es werde bestritten, dass die Barrierefreiheit den Abriss der … unausweichlich macht. Das Gebäude sei durchgängig barrierefrei.
62
Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Es gehe nicht um die Prüfung reinen Urheberrechts. Durch § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV wirke sich die urheberrechtliche Lage auf die zu wählende Verfahrensart aus. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin sei möglich.
63
Die Antragstellerin habe ein Rechtsschutzbedürfnis. Sie sei das einzige Unternehmen, das den Auftrag rechtlich ausführen kann. Die Gesellschafter der Antragstellerin hätten eigene Miturheberrechte sowie Nutzungsrechte an dem Urheberrecht des Vaters sowie die Bevollmächtigung, die Rechte der Mutter und Erbin geltend zu machen.
64
Nur eine natürliche Person könne Inhaber des Urheberrechts sein. Die Gesellschafter der Antragstellerin traten zudem in sämtliche Verträge und Nutzungsrechte des Vaters ein durch den Gesellschaftsvertrag von …. Die … sei Rechtsnachfolger. Es komme jedoch nicht darauf an, wer … Vertragspartner der Vergabestelle war. Es komme auf die Schöpfung des Werkes an.
65
Der Antrag sei begründet.
66
Die Antragstellerin könne nicht gezwungen werden, die Urheberrechtsverletzung zu dulden und zivilrechtlich zu liquidieren. Hierbei würde sie zivilrechtlich scheitern.
67
Die Entscheidung der Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 19.10.2004 - 60-08/04) sei nicht vergleichbar. Dort habe es keine Norm gegeben, die einen Vergaberechtsverstoß begründet hat. Vorliegend liege jedoch ein Vergaberechtsverstoß gegen § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV vor.
68
Als vergaberechtliche Anknüpfungsnorm sei laut dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 1.2.2015-Verg 20/15) zudem die Eignungswertung heranzuziehen. Ein Bieter könne aus rechtlichen Gründen als nicht leistungsfähig anzusehen sein.
69
Vorliegend sei jedoch ausschlaggebend, dass die Vergabestelle die Schutzrechte der Antragstellerin missachte gemäß § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV.
70
Die urheberrechtliche Lage bedinge jedoch auch, dass nur die Antragstellerin rechtlich leistungsfähig sei.
71
Es komme nicht darauf an, dass auch im Verhandlungsverfahren ohne Teilnehmerwettbewerb ein Wettbewerb grundsätzlich stattfindet. Vorliegend würde sich die Vergabestelle nicht weiter rechtswidrig verhalten und nur mit dem Bieter verhandeln, der entsprechend berechtigt ist. Daher habe die Antragstellerin ein gesteigertes Interesse am Verhandlungsverfahren.
72
§ 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV eröffne keinen Ermessensspielraum. Es stehe nicht im Belieben der Vergabestelle Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Ein Ermessen sei jedenfalls auf Null reduziert, da hier ein schwerer Urheberrechtsverstoß gegenübersteht. Das Werk sei vorliegend als Gesamtwerk zu sehen. Es sei urheberrechtlich geschützt. Das Ensemble werde nicht vernichtet, sondern in Teilen beibehalten und zerstückelt. Es handele sich um eine Entstellung, da wesentliche künstlerische Aussagen des Werkes abgewandelt werden.
73
Eine Interessenabwägung zwischen Erhaltungsinteresse und Änderungsinteresse sei nicht vorzunehmen. Die Antragstellerin sperre sich nicht gegen die Änderung des Werkes. Das Vorliegen von Änderungsinteressen werde zudem bestritten. Das Werk sei genau auf … Bedürfnisse zugeschnitten. Dieser Gebrauchszweck sei nicht weggefallen.
74
Es sei nicht richtig, dass die in den Vergabeunterlagen enthaltenen Skizzen, Pläne und Zeichnungen keine urheberrechtlich geschützten Werke sind. Es handle sich hier um typische Beispiele hierfür. Die geistige Schöpfung des Urhebers findet sich bereits in diesen Entwürfen.
75
Mit Schreiben vom 3.4.2020 teilt die VSt mit, dass der Rechtsweg nicht eröffnet sei. Die auf urheberrechtliche Vorschriften gestützten Ansprüche der Antragstellerin seien nicht auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet im Sinne des § 156 Abs. 2 GWB.
76
Zudem sei vorliegend noch gar nicht festgelegt, wie die zu erstellende Planung auszusehen hat. Es fehle zum jetzigen Zeitpunkt an einer überprüfbaren Planung. Die Entscheidung über einen Verstoß gegen Urheberrecht müsse in einem zivilrechtlichen Verfahren geklärt werden.
77
Der Antrag sei auch unbegründet. § 14 Abs. 4 VgV sei eine Kann-Vorschrift.
78
Die Ausnahme sei eng auszulegen. Die Vergabestelle habe umfangreich geprüft, ob sie von der Ausnahme Gebrauch macht. Die Antragstellerin habe bereits ihre Urheberschaft bisher nicht nachgewiesen. Es bestehe ein hohes Risiko für die Vergabestelle, bei Vergabeverstößen eine Rückforderung von Fördermitteln zu erhalten.
79
Bei einer unterbliebenen Losbildung handele es sich um einen schweren Vergaberechtsverstoß, der den Zuwendungsgeber zur Rückforderung einer staatlichen Zuwendung berechtigt.
80
Ein Ausschließlichkeitsrecht im Sinne des § 14 Abs. 4 Nummer 2 VgV liege nicht vor. Dies wäre ein Urheberrecht. Ein Nutzungsrecht an einem Urheberrecht genüge nicht. Ein Urheberrecht sei nur durch eine Verfügung von Todes wegen oder durch Erbauseinandersetzung übertragbar. Die natürlichen Personen der Antragstellerin seien beide nachweislich nicht Erben des Urheberrechts des Verstorbenen.
81
§ 14 Urhebergesetz berechtige zudem nur den Urheberrechtsinhaber, nicht den Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte am Urheberrecht. Ein alleiniges Erbrecht der Mutter sei ebenfalls nicht nachgewiesen.
82
Im Übrigen habe der Vater der natürlichen Personen der Antragstellerin im Architektenvertrag vom … der Vergabestelle Nutzungsrechte an dem Bauwerk übertragen.
83
Eine Urheberrechtsfähigkeit sei weder hinsichtlich der einzelnen Gebäude noch hinsichtIich des Ensembles gegeben. Es liege weder eine Verletzung des Entstellungsverbotes im Sinne des § 14 Urhebergesetz noch des Änderungsverbotes im Sinne des § 39 Urhebergesetz vor.
84
Der Gebrauchszweck und die bestimmungsgemäße Verwendung des Bauwerkes bei Werken der Baukunst spiele eine wesentliche Rolle, denn der Urheber müsse mit wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers und des Lebens rechnen. Eine Interessenabwägung ergibt ein Veränderungsinteresse der Vergabestelle. Geändertes Klientel habe geänderte funktionelle Bedürfnisse. Die medizinischen Herausforderungen bei der Keimbelastung, der Beatmung und der Sondenernährung seien verändert. Die Orientierung der Nutzer erfordere einen rechtwinkligen Raumzuschnitt. Die derzeitige Fläche ermögliche nicht die Aufstellung der erforderlichen Anzahl an individualisierten Pflegebetten. Es würden insgesamt ca. 100 m2 fehlen. Mehrbettzimmer seien nicht mehr zugelassen. Pflegebäder und Sanitärräume würden nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen.
85
Die Trinkwasserinstallation müsse erneuert werden. Der Brandschutz müsse auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Beleuchtung müsse erneuert werden. Die Gebäudehülle müsse erneuert werden.
86
Eine bloße Erweiterung löse die Probleme nicht hinsichtlich Raumzuschnitt, Raumgrößen und Durchgangszimmer. Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung habe ergeben, dass eine Erweiterung nicht funktional sei.
87
Mit Schreiben vom 17.4.2020 teilte die ASt mit, dass der Rechtsweg eröffnet ist.
88
Die Antragstellerin begehre vorliegend die Einhaltung von Vergabevorschriften. Sie beantrage eine Rückversetzung des Verfahrens in die Phase vor Ausschreibung, also ein Handeln in einem Vergabeverfahren. Die Antragstellerin klage nicht auf ein Unterlassen einer zukünftigen Urheberrechtsverletzung. Das Begehren der Antragstellerin beziehe sich auf die Wahl der falschen Verfahrensart und damit auf eine Vergaberechtsverletzung.
89
Es komme nicht darauf an, ob die Vergabestelle gar keinen Urheberrechtsverstoß plant. Im Rahmenterminplan der Vergabestelle sei jedenfalls der Abriss der … konkret datiert auf die Jahre 2025 bzw. 2029. In der Budgetierung der Projektübersicht sei jeder … einzeln mit den Abbruchkosten eingestellt.
90
Die Vergabestelle habe kein Ermessen bei der Anwendung von § 14 Abs. 4 Nr. 2 c VgV. Bei einer Ausschließlichkeitsrechtsverletzung sei es der Vergabestelle nicht freigestellt, rechtswidrig die Rechte Dritter zu schädigen. Selbst ein Ermessensspielraum wäre hierbei praktisch immer auf Null reduziert. Die Antragstellerin dürfe als einziges Unternehmen den Auftrag ausführen. Bis 2014 sei von der Regierung und der Vergabestelle selbst vertreten worden, dass kein Teilnahmewettbewerb durchzuführen ist.
91
Die Ermessensausübung der Vergabestelle sei jedenfalls fehlerhaft. Die Norm § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV habe zwei Voraussetzungen, die beide erfüllt seien. Erstens müsse ein zu schützendes Recht vorliegen und zweitens müssten die Voraussetzungen erfüllt sein, dass nur ein Unternehmer den Auftrag ausführen kann.
92
Vorliegend habe die Vergabesteile gewusst, dass das Ensemble urheberrechtlich geschützt ist. Es liege ein Urheberrecht vor. Aber auch das Nutzungsrecht des Urheberrechts sei ein ausschließliches Recht.
93
Die Vergabestelle habe weiterhin gewusst, dass nur die Antragstellerin den Auftrag ausführen kann. Hierfür habe sie keine erbrechtlichen oder urheberrechtlichen Ausforschungen betreiben müssen. Die Gesellschafter der Antragstellerin hätten aus diesem Grund über Jahrzehnte für die Vergabestelle Architektenleistungen erbracht.
94
Es liege eine Alleinstellung der Antragstellerin im Sinne des § 14 Abs. 4 Nummer 2 VgV vor. Die Gesellschafter der Antragstellerin hätten eigene Miturheberrechte am Werk, da sie seit … und … im Büro mitarbeiten, und in den Jahren 2003, 2006 und 2009 die Architektenverträge mit der Vergabestelle unterschrieben haben.
95
Die Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Vaters der Gesellschafter ergebe sich eindeutig aus der vorgelegten Teilerbauseinandersetzung ….
96
Die Antragstellerin biete den Beweis eines Sachverständigengutachtens an, für das Vorliegen eines Urheberrechts. Das ganze Ensemble sei urheberrechtlich geschützt. Gäbe es ein solches Urheberrecht nicht, wären alle bisherigen Beauftragungen vergaberechtswidrig gewesen.
97
Der Änderungsbedarf führe nicht dazu, dass die Vergabestelle ein anderes Unternehmen beauftragen kann. Die Antragstellerin verweigere sich nicht dem Auftrag oder der Änderung des Werkes. Auf eine urheberrechtliche Interessenabwägung komme es daher vorliegend nicht an. Eine Abwägung zwischen Erhaltungsinteresse und Änderungsinteresse im urheberrechtlichen Sinn verbiete sich daher von selbst.
98
Es werde bestritten, dass der Änderungsbedarf einen Abriss der … erforderlich macht. Ein Beweis läge nicht vor. Der logische Zusammenhang vom geänderten Bedarf zu den … erschließe sich nicht. Auch die Orientierung mache den Abriss nicht erforderlich. Der Weg in die … räume sei ebenfalls anders abzuändern. Der Flächenbedarf könne anderweitig gelöst werden.
99
Mit Schreiben vom 28.4.2020 teilte die Vergabestelle mit, dass die Ausschreibung von Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 und 2 nicht zu einer Urheberrechtsverletzung führen kann. Eine Vergabestelle könne Planungsleistungen gegebenenfalls auch mehrfach ausschreiben.
100
Die Antragstellerin müsse eine Unterlassungsklage vor dem Zivilgericht erheben und dort vortragen und beweisen, dass das Werk urheberrechtlich geschützt ist und Urheberrechtsverletzungen vorliegen. Dies sei nicht in einem Vergabeverfahren zu prüfen.
101
§ 14 Abs. 4 VgV sei eine Kann-Vorschrift. Die Auftragsvergabe sei von der zuständigen Regierung genehmigt. Die beabsichtigte Ausschreibung sei mit der Antragstellerin in einem Termin am 22.3.2018 erörtert worden.
102
Die Antragstellerin habe auf Nachfrage vom 4.9.2019 ein persönliches Urheberrecht nicht nachgewiesen. Die Vergabestelle sei daher gezwungen gewesen, ein europaweites Vergabeverfahren durchzuführen.
103
Die beiden Gesellschafter hätten keine eigenen Miturheberrechte. Sie seien zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Werkes … nicht in Erscheinung getreten. Spätere Architektenverträge hätten das streitgegenständfiche Werk nicht betroffen.
104
Die Mutter der Gesellschafter könne keine ausschließlichen Nutzungsrechte auf die Gesellschafter übertragen, da sie nicht die einzige Erbin sei. Im Übrigen sei ein Nutzungsrecht kein ausschließliches Recht im Sinne der Norm.
105
Die Vergabestelle habe vertraglicherseits die Nutzungsrechte am Werk.
106
Eine Urheberrechtsverletzung scheide weiterhin aus, da die Antragstellerin vortrage, nicht an dem absoluten Erhalt des Werkes festzuhalten. Das Bestandsinteresse des Urheberrechtsinhabers an der Erhaltung des Werkes liege dann nicht mehr vor. Die Interessen des Eigentümers würden in diesem Fall überwiegen.
107
Die Vergabestelle betont schließlich erneut die Erforderlichkeit für den Abriss de…. Dies habe eine funktionelle Nutzwertanalyse ergeben. Die geänderten Anforderungen seien in der Bedarfsplanung beschrieben. Idealtypische Laufwege seien herzustellen. Behelfsmäßige Lösungen seien funktional unbefriedigend.
108
Erweiterungsflächen stünden nicht zur Verfügung.
109
Der Vorsitzende hat die Fünf-Wochen Frist des § 167 Abs. 1 Satz 1 GWB aufgrund besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zuletzt bis einschließlich 12.06.2020 verlängert.
110
Mit Schreiben vom 13.5.2020 wies die ASt erneut darauf hin, dass die Vergabestelle kein Ermessen habe, vom Gebrauch von § 14 Abs. 4 VgV abzusehen. Auch für den III. BA …-Gebäude sei zu seiner Zeit wegen der bestehenden Urheberrechtslage kein Teilnahmewettbewerb durchgeführt worden. Die ASt betont erneut, dass die Geschäftsführer höchstpersönliche Urheberrechte und uneingeschränkte Nutzungsrechte an dem Urheberrecht des Verstorbenen haben sowie die Vollmacht der Rechtsnachfolgerin. Die Antragstellerin legt die Urkunde über die Teilerbauseinandersetzung samt Anschreiben des Notars vor. Die Existenz eines Ausschließlichkeitsrechts und der Umstand, dass nur ein Unternehmer den Auftrag ausführen kann, führt vorliegend zur Anwendung von § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV. Darüber hinaus sei die losweise Aufteilung vergaberechtswidrig.
111
Auf das Schreiben der Antragstellerin wird im Übrigen verwiesen.
112
Auf die Schreiben der Vergabestelle vom 21.5.2020 und der Antragstellerin vom 25.5.2020 wird verwiesen.
113
In der mündlichen Verhandlung am 25.5.2020 hatten die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern. Auf das diesbezügliche Protokoll wird verwiesen.
114
Die Antragstellerin bleibt bei ihren schriftsätzlich vorgetragenen Anträgen vom 5.3.2020. Die Vergabestellet wiederholt ihre schriftsätzlich vorgetragenen Anträge vom 13.3.2020.
115
Auf das Schreiben der Antragstellerin vom 28.5.2020 wird verwiesen.
116
Mit Schreiben vom 29.5.2020 bekräftigt die Antragstellerin ihren Vortrag aus der mündlichen Verhandlung. Es handle sich bei § 14 Abs. 4 Nummer 2 VgV eindeutig um eine zwingende Vorschrift. Bei Bestehen von Ausschließlichkeitsrechten könne nur ein Dienstleistungserbringer den Auftrag ausführen. Allein entscheidend für die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV sei das Bestehen eines Ausschließlichkeitsrechts. Dieses Recht liege bei der Antragstellerin. Sie seien somit die einzige, die in der Lage ist, den Planungsauftrag auszuführen. Jedes andere Architekturbüro würde zwangsläufig bei seinen Planungen gegen das bestehende Urheberrecht verstoßen. Die Vergabestelle verkenne die Darlegungslast. Es läge an ihr darzulegen, warum das gesamte Planwerk keinen Urheberrechtsschutz genießt. Ein bloßes Bestreiten seitens der Vergabestelle genüge nicht. Die Antragstellerin verweist erneut darauf, dass die Vergabe der Leistungsphasen 1-9 der Objektplanung ausgeschrieben sind, die über die Planung hinausgehen.

Gründe

1.
117
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
a)
118
Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.
b)
119
Bei der ausgeschriebenen Planungsleistung handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 103 Abs. 1 und Abs. 4 GWB.
c)
120
Die Vergabestelle ist öffentlicher Auftraggeber nach § 99 GWB.
d)
121
Der Schwellenwert ist überschritten (§ 106 GWB).
e)
122
Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie hat vorgetragen, dass sie ein Interesse an der Durchführung der Planungsleistungen hat. Sie macht geltend, dass ihr durch die beabsichtigte Vergabe im Wettbewerb ein Schaden zu entstehen droht. Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft.
f)
123
Die ASt ist ihrer Rügeobliegenheit rechtzeitig nachgekommen. Sie hat mit Schreiben vom 7.2.2020 - und damit vor Ablauf der Bewerberfrist am … - gerügt, dass aus ihrer Sicht die Wahl des wettbewerblichen Verfahrens vergaberechtswidrig sei.
124
Mit Schreiben vom 12.2.2020 rügte sie die Verwendung der von ihr angefertigten Skizzen und Pläne im Vergabeverfahren. Mit Schreiben vom 27.2.2020 rügte sie die Losaufteilung im Vergabeverfahren.
g)
125
Der Auftrag wurde noch nicht vergeben.
2.
126
Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.
127
Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb mit 2 Losen ist nicht zu beanstanden. Eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin ist nicht feststellbar.
128
Die Vergabekammer kann eine Verletzung urheberrechtlicher Vorschriften im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens vorliegend nicht abschließend feststellen.
a)
129
Die Vergabestelle ist nicht verpflichtet, die Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zu vergeben. Eine solche Verpflichtung kann aus § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV vorliegend nicht abgeleitet werden.
aa)
130
Das Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung muss stets die absolute Ausnahme bleiben. Die Ausnahmetatbestände sind entsprechend restriktiv auszulegen. Das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb soll nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen zur Anwendung kommen. Der Ausnahmecharakter der Regelung wird in Art. 32 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 betont. Danach dürfen Auftraggeber auf das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ausschließlich in den „konkreten Fällen“ und unter den „konkreten Umständen“ der Absätze 2 bis 5 zurückgreifen. Diese Deutlichkeit wurde in § 14 Abs. 4 Satz 1 VgV nicht umgesetzt, ist dort aber richtlinienkonform hineinzulesen (Willweber in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., § 14 VgV, Rn 68, Stand: 22.04.2020).
131
Die Auffassung der Antragstellerin, es handele sich hier um eine verpflichtende Anwendung von § 14 Abs. 4 Nummer 2 c VgV überzeugt nicht.
132
In der mündlichen Verhandlung trägt die Antragstellerin vor, dass es vorliegend nicht auf eine Verletzung des Urheberrechts ankommt. Es komme lediglich darauf an, ob ein Urheberrecht bzw. ein ausschließliches Recht besteht. Die Prüfung eines Eingriffs in das Urheberrecht und die Abwägung des Urheberrechts mit den Interessen des Eigentümers sei nicht relevant. Die Vergabestelle dürfe in jedem Falle nur mit der Antragstellerin verhandeln.
133
§ 14 Abs. 4 VgV ermöglicht der Vergabestelle unter besonderen Voraussetzungen auf einen Teilnahmewettbewerb zu verzichten. Schutzzweck der Norm ist vordringlich, den Wettbewerb nur soweit einzuschränken, wie unbedingt notwendig.
134
Wäre die Vergabestelle bereits bei Vorliegen eines Urheberrechts bzw. eines ausschließlichen Rechts verpflichtet, nur mit dem Inhaber einen Vertrag abzuschließen, unabhängig von einer tatsächlichen Verletzung dieser Rechte, würde der Wettbewerb ohne Grund eingeschränkt. Der Schutz der Urheberrechte wäre dann im Vergaberecht unverhältnismäßig größer als im Urheberrecht selbst.
bb)
135
Das Vorliegen eines ausschließlichen Rechtes bzw. dessen Verletzung ist vorliegend nicht geklärt.
136
Eine umfassende Prüfungskompetenz der Nachprüfungsinstanzen ist nicht gegeben. Die Feststellung eines Urheberrechts, bzw. einer Verletzung eines Urheberrechts gemäß § 14 UrhG durch die Vergabestelle, erfordert in der Regel eine umfassende Prüfung, die im besonderen Maße gegen das Beschleunigungsverbot verstößt.
137
Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 18.1.2000 (KVR 23/98 Seite 21 BA) festgestellt, dass das unter einem besonderen Beschleunigungsbedürfnis stehende Vergabeverfahren zur Klärung komplexer kartellrechtliche Fragen nicht geeignet sei.
138
Das OLG München hat hinsichtlich der Prüfung eventueller kartellrechtliche Verstöße der Vergabestelle (Beschluss vom 20.1.2020, Verg 19/19) ebenfalls festgestellt, dass eine umfassende Prüfung im Nachprüfungsverfahren gegen das Beschleunigungsverbot verstößt.
139
Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 27.6.2012 (Verg 7/12) festgestellt, dass kartellrechtliche Verstöße des Auftraggebers, die ohne zeitaufwendige Untersuchung einwandfrei festzustellen sind, wohl in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu berücksichtigen sind.
140
Die Vergabekammer geht davon aus, dass es sich bei der Klärung der Urheberrechte vorliegend ebenfalls um komplexe Fragestellungen handelt, deren umfassende Prüfung im Nachprüfungsverfahren gegen das Beschleunigungsverbot verstößt. Das Nachprüfungsverfahren ist zur Klärung der urheberrechtlichen Fragen jedenfalls insoweit nicht geeignet, als dass hier ohne zeitaufwendige Untersuchung nicht einwandfrei festzustellen ist, ob ein Urheberrecht bzw. ein diesbezügliches ausschließliches Recht der Antragstellerin vorliegt bzw. verletzt ist. Bei der Prüfung einer Urheberrechtsverletzung ist insbesondere eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen den Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werkes (BGH, Urteil vom 21.2.2019 - I ZR 99/17). Dies erfordert eine tiefgreifende Prüfung der beiderseitigen Interessen. Auch bei einem Abriss bzw. Teilabriss ist eine gleichermaßen umfangreiche Prüfung und Abwägung erforderlich (vgl. Bullinger in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Auflage 2019, § 14, Rn. 22 ff). Eine Urheberrechtsverletzung steht zur Überzeugung der Vergabekammer daher zum jetzigen Zeitpunkt im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nicht fest.
141
Diese Feststellung einer Urheberrechtsverletzung wäre darüber hinaus zum jetzigen Zeitpunkt zudem nicht möglich, da die künftigen Planungen im Einzelnen gerade noch nicht bekannt sind, und daher eine Entstellung eines eventuell geschützten Werkes i.S.d. Urheberrechts nur gemutmaßt, nicht aber konkret geprüft werden kann. Ein Urheberrechtsinhaber kann zwar ggf. eine herabsetzende Umsetzung seiner Planung verbieten (vgl. Bullinger in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Auflage 2019, § 14, Rn. 27). Die Planung von Änderungen am bestehenden Bauwerk allein zieht aus Sicht der Vergabekammer jedoch noch keine Urheberrechtsverletzung nach sich.
142
Die Verletzung urheberechtlicher Vorschriften ist im Ergebnis vor den ordentlichen Gerichten zu rügen und ggf. festzustellen.
143
Von einer Präklusion zivilrechtlicher Ansprüche ist nicht auszugehen. Die Vergabekammer geht mit dem Rechtsgedanken des BGH (Beschluss vom 18.6.2019 - X ZR 86/17) davon aus, dass zivilrechtliche Ansprüche nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil kein Primärrechtsschutz nach dem vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in Anspruch genommen wurde. Andernfalls würden sämtliche umfangreiche und zeitaufwendige zivilrechtliche Verfahren in das Vergabenachprüfungsverfahren verschoben, ohne dem Beschleunigungsgebot Rechnung zu tragen. Hierfür besteht vorliegend jedenfalls kein Bedürfnis.
144
Der Beschluss des OLG Celle (Beschluss vom 18.1.2018 - 11 U 121/17) ist aus Sicht der Vergabekammer nicht zu vergleichen. Dort stand zu befürchten, dass die Antragstellerin ein wirtschaftlich nicht auskömmliches Angebot abgegeben hat, um in einem nachträglichen Zivilverfahren Ansprüche auf zusätzliche Vergütung geltend zu machen.
145
Die rechtliche Leistungsfähigkeit der anderen Bieter steht ebenfalls nicht entgegen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht bekannt welche Planungen konkret erstellt werden. Urheberrechtliche Fragen haben hier keine Auswirkung auf die Rechte der Bieter, sondern nur auf die Rechte des Auftraggebers. Erfolgt eine zivilrechtliche Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen, so ist die VSt ggf. gezwungen, das Projekt zu einem späteren Zeitpunkt einzustellen oder zu ändern. Die Leistungsfähigkeit der Bieter zur Planung ist hier zu keinem Zeitpunkt betroffen.
cc)
146
Inwieweit die Gesellschafter vorliegend höchstpersönliche Urheberrechte haben ist mithin nicht mehr entscheidungserheblich.
b)
147
Die Teillosvergabe ist nicht zu beanstanden. Die Vergabestelle hat vorliegend in nicht zu beanstandender Weise ein Vergabeverfahren mit Teilnahmewettbewerb durchgeführt.
148
Hierbei hat sie die Grundsätze des § 97 Abs. 4 GWB ausreichend beachtet. Sie hat die beiden Lose Ersatzneubau und Generalsanierung gebildet. Eine Gesamtvergabe sieht sie als nicht erforderlich an, da weder wirtschaftliche noch technische Gründe dies erfordern bzw. zuließen. Solche Gründe hat auch die Antragstellerin zudem nicht vorgetragen.
149
Da eine Urheberrechtsverletzung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nicht festgestellt ist (vgl. 2.a), ist diese insbesondere kein Grund, entgegen § 97 Abs. 4 GWB auf eine lose-weise Vergabe zu verzichten.
c)
150
Die Verwendung der Skizzen und Pläne der Antragstellerin ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Eine Urheberrechtsverletzung kann hier gleichermaßen nicht festgestellt werden. Eine umfassende Prüfung der Urheberrechte und Verletzungen von Urheberrechten obliegt dem Zivilrechtsweg (vgl. 2.a). Eine evtl. Verletzung von Urheberrechten kann hier nicht ohne weiteres von der Vergabekammer erkannt werden und ist im Rahmen des Beschleunigungsgrundsatzes nicht umfassend zu prüfen im vorliegenden Nachprüfungsverfahren.
3.
151
Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
a)
152
Die ASt hat nach § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist.
b)
153
Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der VSt ergibt sich aus § 182 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 GWB.
c)
154
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die VSt notwendig (§ 182 Abs. 4 S. 4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 S. 3 BayVwVfG entspr.). Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach gelagerten Fall, so dass es der VSt nicht zuzumuten war, das Verfahren vor der Vergabekammer selbst zu führen.
d)
155
Die Gebühr war nach § 182 Abs. 2 GWB festzusetzen.
156
Im Hinblick auf die Bruttoangebotssumme der ASt und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von …,- €.
157
Da die Entscheidung ohne Beiladung erging, ermäßigt sich die Gebühr auf …,- €.
158
Der geleistete Kostenvorschuss von 2.500,- € wird mit der Gebühr verrechnet.
159
Die ASt erhält eine Kostenrechnung über …,- €.