Titel:
Verbot der Haltung und Betreuung von Tieren jeder Art
Normenkette:
TierSchG § 2, § 16a Abs. 1
Leitsätze:
1. Zwar handelt es sich bei einem Tierhaltungsverbot um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, allerdings ist das Verfahren nach der Regelung des § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TierSchG so gestaltet, dass es in zwei Verfahren aufgeteilt wird, nämlich in ein Untersagungsverfahren einerseits und ein mögliches Wiedergestattungsverfahren andererseits, was zur Folge hat, dass der Tierhalter eine nachhaltige Verbesserung in der Sach- und Rechtslage zu seinen Gunsten in einem nachfolgenden Wiedergestattungsverfahren geltend zu machen hätte. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beamteten Tierärzten kommt bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, von Gesetzes wegen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Frage, ob eine grobe Zuwiderhandlung gegen das Gebot der der art-, bedürfnis- und verhaltensgerechten Unterbringung von Tieren gegeben ist, ist ua auf die Intensität und Dauer des Verstoßes, auf die Größe der dadurch herbeigeführten Gefahren, auf das Ausmaß und die Dauer der verursachten Schmerzen, Leiden und Schäden sowie auf den Grad des Verschuldens abzustellen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Leiden sind nicht alle bereits vom Begriff des Schmerzes umfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
grobe Zuwiderhandlungen bezüglich Kaninchenhaltung generelles Tierhaltungsverbot unverhältnismäßig, Tierhaltungsverbot, Kaninchenhaltung, Tierhalter, Tierärzte, Zuwiderhandlung, Verhältnismäßigkeit, Leiden
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 01.04.2021 – 23 ZB 21.297
Fundstelle:
BeckRS 2020, 45387
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2018 wird insoweit aufgehoben, als er die Haltung und Betreuung über Nage- und Hasentiere hinaus untersagt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen ein Verbot der Haltung und Betreuung von Tieren jeder Art.
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Aufgrund einer anonymen Anzeige bezüglich der Kaninchenhaltung des Klägers beim Veterinäramt der Beklagten führte dieses am … August 2018 eine unangekündigte Kontrolle durch. Im Garten des Klägers befanden sich ein braunweißes und ein hellbraunes Widderkaninchen, um deren Bauch jeweils ein ca. 1,5 bis 2 m langes Seil gebunden war, das am anderen Ende an einem Baum befestigt war. Bei dem hellbrauen Kaninchen war das Seil mehrmals um den Baumstamm gewickelt, sodass diesem weniger Seil zur Verfügung stand. In der Mitte der beiden Bäume stand eine Wasserschüssel, die von dem hellbraunen Kaninchen nicht erreicht werden konnte. Ausweislich der in den Akten befindlichen Lichtbilder (Blatt 22 ff. der Behördenakte) war der Boden in dem Gartenbereich, in dem sich die Kaninchen befanden, nicht mit Gras bewachsen.
3
Nach den Feststellungen der Amtsveterinärin sei das hellbraune Kaninchen gestresst gewesen und habe versucht, zu fliehen. Dabei sei das Seil komplett gespannt gewesen, die Hinterbeine des Kaninchens hätten in der Luft gehangen, wodurch es nur mit den Vorderbeinen habe versuchen können, zu entkommen. Der Kläger sei neben dem Garten angetroffen worden. Im Gespräch habe sich herausgestellt, dass diesem jegliches Wissen über eine artgerechte Kaninchenhaltung fehle. Grundvoraussetzungen, wie, dass die Tiere als Beutetiere eine Rückzugsmöglichkeit und ständig zur Verfügung stehendes Heu benötigten, seien ihm nicht geläufig gewesen. Den Zutritt zum Haus zur Besichtigung der dortigen Haltungseinrichtungen habe er verweigert. Er sei über die wichtigsten Bedürfnisse von Kaninchen informiert (u.a. Mindestmaß eines Kaninchenstalls, Notwendigkeit ausreichenden Heus, Tierschutzwidrigkeit der Anbindehaltung eines Kaninchens) und ihm sei ein Merkblatt über Kaninchenhaltung der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) ausgehändigt worden.
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Bei der angekündigten Nachkontrolle am … September 2018 sei auf dem Balkon ein ca. 90 cm x 60 cm großer, mit Holzspänen eingestreuter Kaninchenkäfig in der prallen Sonne gestanden. Da sich darin keine Exkremente der Tiere befunden hätten, sei davon auszugehen, dass die Tiere erst kurz vor der angemeldeten Kontrolle in den Käfig gesetzt wurden. Trotzdem hätten die Kaninchen aufgrund der Hitze eine deutlich verstärkte Atmung aufgewiesen und seien dadurch erkennbar gestresst gewesen. Immer wieder hätten die Tiere die Einstreu beiseite gescharrt, um sich auf den blanken und kühleren Metallboden legen zu können. Heu oder Frischfutter bzw. eine andere rohfaserreiche Futterquelle sei nicht vorhanden gewesen. In dem Käfig hätten sich je ein Napf mit Trockenfutter und Wasser sowie eine leere, mandarinengroße Heuraufe befunden. Ein Käfigteil sei durch eine Zwischenwand aus Holz in einen separaten Teil abgetrennt worden. Eine erhöhte Liegefläche sei nicht vorhanden gewesen. Der Kläger sei trotz angekündigter Kontrolle und dem übergebenen Merkblatt nicht in der Lage gewesen, die notwendigen Grundlagen über die Ernährung eines Kaninchens zu erklären. Obwohl die Tiere hochgradig gestresst gewesen seien und eine deutlich erhöhte Atemfrequenz aufgewiesen hätten, habe er nichts unternommen, um die Situation zu entschärfen. Die mangelhaften Fachkenntnisse und die Tatsache, dass der Kläger trotz des ausgehändigten Merkblatts keine ausreichende Verbesserung seiner Kaninchenhaltung durchgeführt habe, seien der Anlass für die Wegnahme der Tiere gewesen. Die Amtsveterinärin habe mündlich ein Tierhaltungsverbot für jegliche Tierarten ausgesprochen, solange der Kläger die nötigen Sachkenntnisse nicht unter Beweis stelle.
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Mit Schreiben vom 25. September 2018 hörte die Beklagte den Kläger zum beabsichtigten Tierhalteverbot an.
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Der Klägerbevollmächtigte teilte mit Schreiben vom 16. November 2018 u.a. mit, dass der gegenständliche Sachverhalt seitens der Veterinärin unzutreffend dargestellt worden sei. Hierzu wurden Anmerkungen des Klägers beigefügt, auf die verwiesen wird. Darüber hinaus wurde um Rückgabe der Kaninchen gebeten.
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Mit Bescheid vom 13. Dezember 2018 untersagte die Beklagte dem Kläger das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art (Ziffer 1) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Ziffer 2). Darüber hinaus wurde unmittelbarer Zwang im Fall der Zuwiderhandlung angedroht (Ziffer 3). Zur Begründung wurde unter Zugrundelegung der amtstierärztlichen Stellungnahme vom 20. September 2018 im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger mit seiner Art der Tierhaltung grob und wiederholt gegen § 2 TierSchG verstoßen habe. Als reine Pflanzenfresser hätten Kaninchen einen hochsensiblen, auf die Verwertung von Rohfasern ausgerichteten Darmtrakt. Um eine normale Darmtätigkeit zu gewährleisten, sei es für sie lebensnotwendig, stets Rohfasern, vor allem in Form von Heu, in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben. Das stetige Anbieten von Rohfasern sei auch für die Abnutzung der Zähne wichtig, da sowohl die Schneide- als auch die Backenzähne ein Leben lang wachsen würden und deshalb durch häufige Kau- bzw. Mahlbewegungen während der Nahrungsaufnahme abgeschliffen werden müssten. Kaninchen hätten auch einen ausgeprägten Nagetrieb, weshalb den Tieren zusätzlich eine ausreichende Menge an Ästen und Zweigen anzubieten sei. Eine mangelhafte Abnutzung der Zähne könne Verletzungen der Zunge und Backen bedingen, bis hin zu frakturierten oder vereiterten Zähnen. Bei beiden Kontrollen hätte den Kaninchen kein rohfaserhaltiges Futter zur Verfügung gestanden. Der Napf mit einer kleinen Menge verschiedener getrockneter Getreidesorten eigne sich nicht zum Zahnabrieb. Außerdem sei die Darmflora für den hohen Getreide- und Zuckeranteil nicht ausgelegt. Getreidemischungen könnten rohfaserreiches Futter nicht ersetzen und würden bestenfalls eine gelegentliche Leckerei darstellen. Zudem habe eine Rückzugsmöglichkeit als auch eine erhöhte Liegefläche gefehlt. In dem neu angeschafften Käfig sei ca. ein Viertel des Käfigs durch eine Trennwand vom Käfigrest abgetrennt gewesen. Die Tiere seien Alltagssituationen, wie häufiges Vorbeilaufen, Kindergeschrei, aber auch Situationen, die eine Bedrohung durch Fressfeinde, wie Hunde oder Katzen darstellten, ausgeliefert. Bei Kaninchen handele es sich um extrem scheue und schreckhafte Tiere. Als potentielle Beutetiere sei ein schnelles Reagieren auf unerwartete Bewegungen, laute Geräusche oder andere, für Kaninchen beängstigende Situationen für deren Überleben essenziell. Das Anbinden eines Kaninchens behindere es darin, seinem natürlichen und stark ausgeprägten Instinkt nachzugehen, da es weder in der Lage sei, den Radius des Seils zu verlassen, um der Gefahr zu entgehen, noch sich in eine Höhle oder Ähnlichem zurückziehen könne. Durch die Angst vor Fressfeinden seien Kaninchen einer enormen Belastung und Stresssituation ausgesetzt. Ein plötzliches Kreislaufversagen und der daraus resultierende Tod trete bei ihnen in Stresssituation nicht selten auf. Durch Fluchtversuche ergebe sich ein hohes Verletzungsrisiko. Das Kaninchen versuche sich aus dem Seil zu lösen, wende sich und kämpfe dagegen an. Frakturen der dünnen Röhrenknochen seien eine mögliche Folge. Auch Verletzungen der Wirbelsäule und eine daraus folgende Lähmung sei denkbar. Der Knoten des Seils könne sich, durch den bei einem Fluchtversuch der Tiere ausgeübten Zug, immer fester um den Bauch ziehen und dem Kaninchen so Schmerzen zufügen und in der Folge ein Kreislaufversagen verursachen. Auch die Tatsache, dass eines der beiden Seile mehrmals um den Baum gewickelt gewesen und die Gesamtlänge deutlich verkürzt gewesen sei, zeige, dass diese Form der Kaninchenhaltung vollkommen ungeeignet sei. Zudem lasse es den Schluss auf eine mangelnde Kontrolle des Haltungssystems durch den Kläger zu. Der geschilderte Sachverhalt zeige, dass die Voraussetzungen für ein Tierhaltverbot gemäß § 16a Abs. 1 Nr. 3 TierSchG gegeben seien. Der Kläger habe durch das tierschutzwidrige Halten den Kaninchen erhebliche und länger andauernde Leiden zugefügt. Er sei als Tierhalter unzuverlässig und habe sich als beratungsresistent gezeigt. Seine Einlassungen in der Stellungnahme vom 11. November 2018 bewiesen, dass er über die geforderten Kenntnisse nicht verfüge. Daher werde davon ausgegangen, dass es künftig wieder zu solchen groben tierschutzwidrigen Verstößen kommen werde. Die Anordnung eines allgemeinen Tierhalteverbots entspreche pflichtgemäßem Ermessen. Die Untersagung der Haltung und Betreuung von Tieren jeglicher Art sei eine geeignete Maßnahme, um alle Tiere künftig vor tierschutzwidrigen Handlungen zu schützen. Er habe sich im Rahmen von Kontrollen nicht einsichtig gezeigt und trotz einer vereinbarten Nachkontrolle seine mangelhaften Kenntnisse über Kaninchenhaltung nicht erweitert und bei seinen Tieren angewandt.
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Hiergegen ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 14. Januar 2019 Klage erheben und beantragen, Der Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2018 (Az: …) wird in vollem Umfang einschließlich sämtlicher Nebenbestimmungen aufgehoben.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt (Schriftsatz vom 26.3.2019), dass die dem Bescheid zugrunde gelegten Sachverhaltsschilderungen der Amtsveterinärin in entscheidenden Punkten unzutreffend und nicht geeignet seien, ein Tierhalteverbot zu stützen. Aus den bei der Kontrolle gefertigten Lichtbildern ergebe sich, dass die zur Verfügung stehende Leine des hellbraunen Kaninchens deutlich mehr Bewegungsspielraum als 50 cm ermöglicht habe. Das hellbraune Kaninchen liege zudem ruhig auf der Wiese und mache keine hektischen Fluchtversuche. Die in dem Kaninchenstall vorhandene Trennwand verfüge über einen Durchgang und der abgetrennte Teil des Stalles könne von den Tieren als Rückzugsort genutzt werden. Auf den Bildern sei ersichtlich, dass die Tiere ruhig nebeneinander im Stall lägen und nicht in aufgeregter oder gestresster Haltung scharrend im Käfig gesessen seien. Dass man im Zuge der Nachkontrolle keine Verbesserung und keine Grundkenntnisse über Tierhaltung habe feststellen können, sei unzutreffend, als ein wiederholtes Anbinden nicht festgestellt worden sei. Ausweislich der Behördenakte sei am 28. August 2018 ein einziger entsprechender Vorfall festgestellt und unmittelbar beanstandet worden. Eine wiederholte oder besonders gravierende Zuwiderhandlung habe nicht festgestellt werden können. Die Tiere seien durch das Anbinden möglichen Fressfeinden nicht schutzlos ausgeliefert gewesen, da der Kläger sich mit den Kaninchen im Garten aufgehalten habe und jederzeit hätte eingreifen können. Eine Gefährdung der Kaninchen sei ebenfalls nicht zu befürchten gewesen, da der Stall über eine Abdeckung verfüge, die der Kläger in seiner Abwesenheit geschlossen halten konnte. Aufgrund der kurzen Zeit von einer Woche zwischen der unangemeldeten Kontrolle am 28. August 2018 und dem Termin zur Nachkontrolle am 4. September 2018 habe der Kläger keine Gelegenheit gehabt, sämtliche Anforderungen zu erfüllen; zumal er zu diesem Zeitpunkt über kein funktionsfähiges Kraftfahrzeug verfügt habe. Die Beklagte hätte sich mit der Möglichkeit der Anordnung eines milderen Mittels auseinandersetzen müssen. Sie hätte vor Erlass eines Tierhalteverbots die artgerechte Tierhaltung durch spezielle Anordnungen sicherzustellen können. Die Aushändigung des Merkblatts der TVT stelle keine entsprechende Anordnung dar, zumal dem Kläger nicht mitgeteilt worden sei, welche Empfehlungen er einzuhalten habe. Sie hätte als milderes, gleich geeignetes Mittel die Erbringung eines Sachkundenachweises anordnen können. Die Beklagte habe den ihr zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum nicht genutzt. Die Anordnung eines Tierhalteverbots, das sich auf die Haltung jeglicher Tierart erstrecke, sei unverhältnismäßig. Die Regelung des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG sehe vor, dass die Haltung von Tieren wieder zu gestatten sei, sobald der Grund für die Annahme einer Zuwiderhandlung nicht mehr vorläge. Der Kläger verfüge zwischenzeitlich über einen Käfig mit Maßen 160 cm x 80 cm x 58 cm und habe erforderliche Vorrichtungen angeschafft. Zudem hätten er und seine Frau mehr Freizeit, da die pflegebedürftige Mutter wochentags in einer Tagespflegestation betreut werde.
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Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 14. Februar 2018
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Zur Begründung bezog sich sie auf den streitgegenständlichen Bescheid und führte ergänzend u.a. aus (Vermerk vom 19.7.2019), dass neben der Aushändigung des Merkblattes eine Unterrichtung des Klägers über die Haltungsbedingungen von Kaninchen durch die Amtsveterinärin erfolgt sei. Darüber hinaus sei es nicht Aufgabe der Amtstierärzte, Tierhalter, die nicht über die grundlegenden Kenntnisse und Fähigkeiten zur Tierhaltung verfügten, zu schulen. Es sei auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die in dem Merkblatt aufgeführten Maße für die Beklagte als Anforderung gelten würden. Die Merkblätter seien antizipierte Sachverständigengutachten, weshalb sie als Beurteilungsgrundlage herangezogen würden. Auch zeuge es von fehlendem Verständnis und Wissen über die Tierart Kaninchen, wenn die in dem Merkblatt unter den Überschriften Unterbringung, Ernährung, Pflege und weitere Tierschutzaspekte, die in ihren Ausführungen nur die Grundlagen darstellen, als Empfehlungen eingestuft werden. Bei der Nachkontrolle seien weitere, mit einer artgerechten Tierhaltung nicht vereinbare Feststellungen getroffen worden. Der Kläger habe sich nicht im Garten aufgehalten, sondern sei in einer Garage neben dem Garten tätig gewesen. Er habe bei der ersten Kontrolle behauptet, einen großzügigen Käfig im Haus zu haben, in welchem die Tiere normalerweise untergebracht seien. Die Haltung im Garten sei nur ausnahmsweise. Diesen ausreichend großen Käfig habe er nicht zeigen wollen. Er sei ausdrücklich auf die Maße der TVT hingewiesen worden. Stattdessen habe er einen anderen besorgt, dessen Maße er nicht kannte. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass seine Sachkunde als nicht vorhanden betrachtet und er bei der nächsten Kontrolle über seine Grundkenntnisse befragt werde. Aufgrund der Eilbedürftigkeit seien mildere Mittel nicht möglich gewesen. Es sei zu befürchten gewesen, dass der Kläger aus seiner Unkenntnis heraus den Tod der Tiere, beispielsweise durch Überhitzung, verursachen könne. Auch die vorgelegten Bilder des neuen Käfigs zeigten, dass er keinerlei Fachwissen habe. Vor der Heuraufe befinde sich eine Leiter, die ein Kaninchen nie benutzen würde. Die Wasserflasche sei zu hoch angebracht. Auch der Anspruch an eine erhöhte Liegefläche sei nicht erfüllt, da die Häuschen zu klein seien, damit darauf ein Kaninchen ausgestreckt liegen könne.
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Der Klägerbevollmächtigte erwiderte mit Schriftsatz vom 2. November 2020 und wiederholte im Wesentlichen seine bereits getätigten Ausführungen.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Anfechtungsklage ist teilweise begründet.
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1. Der Bescheid vom 13. Dezember 2018 ist rechtmäßig, soweit er die Haltung von Nage- und Hasentieren untersagt (siehe unter a)) und die Wegnahme der Kaninchen betrifft (siehe unter b)). Soweit er darüber hinaus die Haltung und Betreuung von Tieren untersagt (siehe unter c)), ist der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot findet seine Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG. Danach kann die Behörde demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird.
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Gemäß § 2 TierSchG muss derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, (1.) das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, (2.) darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so sehr einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, (3.) muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
18
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist dabei die letzte Behördenentscheidung. Zwar handelt es sich bei einem Tierhaltungsverbot um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, allerdings ist das Verfahren nach der Regelung des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG so gestaltet, dass es in zwei Verfahren aufgeteilt wird, nämlich in ein Untersagungsverfahren einerseits und ein mögliches Wiedergestattungsverfahren andererseits. Dies hat zur Folge, dass der Kläger eine nachhaltige Verbesserung in der Sach- und Rechtslage zu seinen Gunsten in einem nachfolgenden Wiedergestattungsverfahren geltend zu machen hätte (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2018 - 9 ZB 16.2467 - juris Rn. 9; NdsOVG, U.v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 - juris Rn. 35).
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a) Soweit der streitgegenständliche Bescheid Nage- und Hasentiere betrifft, ist er rechtmäßig.
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aa) Der Kläger hat den Vorschriften des § 2 TierSchG wiederholt und grob zuwidergehandelt und den Kaninchen damit erhebliche und länger andauernde Schmerzen und Leiden zugefügt.
21
Zunächst ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung beamteten Tierärzten bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, von Gesetzes wegen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2020 - 23 CS 20.1311 - juris Rn. 7; B.v. 8.5.2019 - 23 ZB 17.1908 - juris Rn. 9; B.v. 10.8.2017 - 9 C 17.1134 - juris Rn. 13). Amtstierärzte sind im Rahmen der Durchführung des Tierschutzgesetzes als gesetzlich vorgesehene Sachverständige eigens bestellt und regelmäßig zu beteiligen (§ 15 Abs. 2 TierSchG); ihr Gutachten erachtet der Gesetzgeber gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG grundsätzlich als ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 - 3 B 62. 3 - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 19.6.2020 - 23 CS 20.1311 - juris Rn. 7; B.v. 8.5.2019 - 23 ZB 17.1908 - juris Rn. 9). Zur Entkräftung der fachlichen Beurteilung der Amtstierärzte ist ein substantiiertes Gegenvorbringen erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2019 - 23 ZB 17.1908 - juris Rn. 9 m.w.N.). Das Vorbringen des Klägers erfüllt diese Anforderungen nicht (Blatt 43 bis 58 der Behördenakte), indem er zum einen die Feststellungen der Amtsveterinärin als unzutreffend darstellt und zum anderen ihre fachliche Qualifikation in Frage stellt. Sein Vorbringen ist nicht geeignet, die nachvollziehbare Stellungnahme der Amtsveterinärin in Zweifel zu ziehen. Dass der Kläger selbst über besondere Fachkenntnisse verfügen würde, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
22
Zur Überzeugung der Kammer steht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und aufgrund der vorgelegten Behördenakte einschließlich der Stellungnahme der Amtsveterinärin vom 20. September 2018 fest, dass der Kläger den Anforderungen gemäß § 2 TierSchG, insbesondere im Hinblick auf die Unterbringung und Ernährung der Kaninchen, nicht gerecht wurde.
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(1) Der Kläger hat die beiden Kaninchen im Garten, angebunden mittels eines ca. 1,5 bis 2 Meter Seils, das um den Bauch der Kaninchen und am anderen Ende an einem Baum befestigt war und sich dort teils mehrmals umgewickelt hatte, gehalten. Nach den gutachterlichen Ausführungen der Amtsveterinärin handelt es sich bei Kaninchen um extrem scheue und schreckhafte Tiere, für deren Überleben als potentielle Beutetiere ein schnelles Reagieren, etwa auf unerwartete Bewegungen oder laute Geräusche, essenziell ist. Das Anbinden eines Kaninchens behindert es, diesem natürlichen und stark ausgeprägten Instinkt nachzugehen. Hinzu kommt die Gefahr eines plötzlichen Kreislaufversagens, wenn Kaninchen nicht vor Fressfeinden flüchten können. Darüber hinaus wurde plausibel und schlüssig das hohe Risiko von Frakturen der dünnen Röhrenknochen sowie von Verletzungen der Wirbelsäule und daraus resultierender Lähmungen im Falle von Flutversuchen durch die angebundenen Kaninchen dargestellt. Auch ist es nachvollziehbar, dass sich im Falle eines Fluchtversuchs das Seil immer fester um den Bauch der Kaninchen zieht und diesen dadurch Schmerzen zufügt. Nach den Feststellungen der Amtsveterinärin versuchte ein Kaninchen bei der ersten Kontrolle des Öfteren zu fliehen. Hierbei war das Seil komplett gespannt, die Hinterbeine des Kaninchens hingen in der Luft, wodurch es nur noch mit den Vorderbeinen versuchen konnte, zu entkommen.
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Der Kläger hat hiernach der art-, bedürfnis- und verhaltensgerechten Unterbringung der Kaninchen zuwidergehandelt (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Für die Frage, ob eine grobe Zuwiderhandlung gegeben ist, ist u.a. auf die Intensität und Dauer des Verstoßes, auf die Größe der dadurch herbeigeführten Gefahren, auf das Ausmaß und die Dauer der verursachten Schmerzen, Leiden und Schäden sowie auf den Grad des Verschuldens abzustellen (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, 3. Aufl. 2016, TierSchG § 16a Rn. 45). Angesichts der durch die Anbindehaltung resultierenden Gefahr von Knochenbrüchen und Lähmungen bis hin zu tödlichem Kreislaufversagen ist eine grobe Zuwiderhandlung gegen die tierschutzrechtlichen Vorschriften zu bejahen. Aufgrund der Befestigung der Seile am Bauch wurden zumindest dem hellbraunen Kaninchen, das nach den Beobachtungen der Amtsveterinärin versucht hatte, zu flüchten, durch das Zusammenziehen des Seils erhebliche Schmerzen zugefügt. Die artwidrige Anbindehaltung hat zudem zu erheblichen und länger andauernden Leiden bei den Kaninchen geführt. Leiden sind nicht alle bereits vom Begriff des Schmerzes umfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern (vgl. BVerwG, U.v. 18.1.2000 - 3 C 12799 - juris Rn. 17). Die, wie oben dargestellt, der Wesensart von Kaninchen völlig zuwiderlaufende und instinktwidrige Anbindehaltung hat das Wohlbefinden der Kaninchen erheblich beeinträchtigt und den beiden Kaninchen dadurch beträchtliche und länger anhaltende Leiden zugefügt. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger im Zeitpunkt der amtstierärztlichen Kontrolle neben dem Garten angetroffen wurde. Da er sich nicht im Garten selbst bei den Kaninchen aufhielt, war ihm ein unmittelbares Eingreifen im Falle von Schrecksituationen für die Kaninchen und etwaiger Fluchtversuche der Tiere nicht möglich.
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(2) Darüber hinaus stellte auch die beim zweiten angekündigten Kontrollbesuch vorgefundene Unterbringung der beiden Kaninchen in einem zu kleinen, ohne Rückzugsmöglichkeit und erhöhte Liegefläche ausgestatteten Holzkäfig, der nur an einer Seite Gitter aufwies und auf dem südseitigen Balkon bei Sonnenschein abgestellt war - trotz Aushändigung des TVT-Merkblatts beim ersten Kontrollbesuch - keine artgerechte Haltung der Tiere dar. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Amtsveterinärin in der mündlichen Verhandlung und ihren gutachterlichen Feststellungen wiesen beide Kaninchen aufgrund der Hitze eine deutlich verstärkte Atmung auf und waren dadurch erkennbar unter Hitzestress gestanden. Die Amtsveterinärin hat auf die Frage des Klägerbevollmächtigten, ob die Kaninchen deswegen umgehend zu einem Tierarzt gebracht worden seien, plausibel erläutert, dass sich die Tiere aufgrund ihres Transports in einem klimatisch heruntergekühlten Fahrzeug etwas erholen konnten und deshalb das Aufsuchen eines Tierarztes nicht erforderlich war. Angesichts dieser tierschutzwidrigen Unterbringung, die durch den Hitzestress erhebliche gesundheitliche Gefahren für die Tiere herbeiführte, hat der Kläger den tierschutzrechtlichen Vorschriften (§ 2 TierSchG) grob zuwidergehandelt und beiden Kaninchen durch die körperlichen Auswirkungen des Hitzestresses erhebliche und länger andauernde Schmerzen und Leiden zugefügt.
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Soweit von Klägerseite eingewandt wurde, dass dem Kläger mit Aushändigung des TVTMerkblatts nicht mitgeteilt worden sei, welche Empfehlungen er daraus einzuhalten habe, so wäre es am Kläger gelegen, beispielsweise bei Unsicherheiten im Hinblick auf die Käfiggröße, beim Veterinäramt diesbezüglich nachzufragen. Den Merkblättern des TVT kann im Rahmen der Auslegung des § 2 TierSchG entnommen werden, welche Ansprüche die jeweilige Tierart an eine tierschutzgerechte Haltung hat. Diese Merkblätter und Checklisten des TVT sind ebenso wie die auf Veranlassung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erstellten Gutachten und Leitlinien von Sachverständigengremien erstellte Ausarbeitungen, die sich unter Einbeziehung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und Praxiserfahrungen mit den spezifischen Verhaltensbedürfnissen bestimmter Tierarten unter bestimmten Haltungsbedingungen und den sich daraus ergebenden Anforderungen befassen. Die darin ausgesprochenen Empfehlungen und Bewertungen stellen eine sachverständige Zusammenfassung dessen dar, was als verlässlicher und gesicherter wissenschaftlicher Kenntnisstand gelten kann, sodass ihnen der Charakter einer sachverständigen Äußerung zukommt (vgl. NdsOVG, U.v. 28.3.2019 - 11 LA 294/18 - juris Rn. 9).
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(3) Auch im Hinblick auf das kaum bzw. nicht vorhandene rohfaserhaltige Futter, in Form von Heu, Gras oder Ästen, ist eine wiederholte und grobe Zuwiderhandlung gegen § 2 Nr. 1 TierSchG festzustellen. Weder bei der ersten noch bei der zweiten angekündigten Kontrolle - trotz Aushändigung des dreiseitigen TVT-Merkblatts, in dem der Punkt Ernährung seitlich hervorgehoben abgedruckt ist - hatten die Kaninchen Heu oder Gras zur Verfügung. In der gutachterlichen Stellungnahme der Amtsveterinärin vom 20. September 2018 ist schlüssig dargestellt, dass Kaninchen über einen sogenannten „Stopfmagen“ verfügen, was bedeutet, dass ihr Magen bzw. Darm kaum Eigenmotilität aufweist und somit nicht in der Lage ist, den Magen- bzw. Darminhalt, ohne erneute Futteraufnahme, weiter zu befördern. Um eine normale Darmtätigkeit zu gewährleisten, ist es für Kaninchen lebensnotwendig, stets Rohfasern in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben. Eine mögliche Folge fehlender Rohfasern können massive und schmerzhafte Aufgasungen der Darmschlingen und kolikartige Symptome sein. Den Feststellungen der Beklagten ist nicht zu entnehmen, ob die beiden Kaninchen aufgrund der nicht artgerechten Ernährung an den beschriebenen Folgen litten und dadurch erhebliche und länger andauernde Schmerzen hatten. Es ist wohl zu vermuten, kann im Ergebnis allerdings dahinstehen.
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bb) Die Feststellungen der Amtsveterinärin rechtfertigen zudem die Annahme, dass der Kläger weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG). Auch wenn sich nach der Wegnahme der Tiere Bemühungen erkennen ließen, mit der Beschaffung eines neuen und größeren Käfigs den tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Kaninchenhaltung gerecht zu werden, führt dies nicht zu einer für den Kläger positiven Prognose. Denn Wohlverhalten unter dem Druck eines laufenden Verfahrens ist grundsätzlich nicht geeignet, die Gefahrenprognose zu erschüttern (vgl. VG Würzburg, B.v. 19.4.2011 - W 5 S 11.242 - juris Rn. 49). Vielmehr muss angesichts der erheblichen tierschutzrechtlichen Verstöße, die die elementaren Bedürfnisse der Kaninchen betroffen haben, im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung davon ausgegangen werden, dass der Kläger weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. Soweit der Kläger ausweislich seiner umfangreichen Stellungnahmen sein Unverständnis hinsichtlich der Wegnahme der Tiere und des Haltungsverbots zum Ausdruck bringt, unterstreicht er zudem seine weiter bestehende Uneinsichtigkeit.
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cc) Anhaltspunkte für Ermessensfehler der Beklagten sind bezüglich des Verbots der Haltung und Betreuung von Nage- und Hasentieren nicht erkennbar. Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen insoweit rechtsfehlerfrei ausgeübt und insbesondere den verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel in ausreichendem Maß berücksichtigt. Angesichts des tierschutzwidrigen Zustands der Kaninchenhaltung stellt das Tierhaltungsverbot insoweit im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Tierschutz (Art. 20a GG) eine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme dar. Die Anordnung ist geeignet, die tierschutzrechtlichen Missstände zu beheben. Auch steht kein anderes Mittel zur Verfügung, den Kläger zur Einhaltung der gebotenen Haltungsanforderungen anzuhalten. Es drohen weitere Verstöße und andere, weniger in die Rechte des Klägers einschneidende Maßnahmen zum Schutz von Nage- und Hasentieren erscheinen nicht effektiv genug. Dies gilt insbesondere für den vom Klägerbevollmächtigten vorgeschlagenen Sachkundenachweis. Denn obwohl die Amtsveterinärin beim ersten Kontrollbesuch den Kläger auf die Tierhaltungsmängel hingewiesen und ihm das TVT-Merkblatt ausgehändigt hat, erfolgte im Ergebnis für die Kaninchen keine Verbesserung ihrer Unterbringung und ihrer Ernährung. Der Kläger hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er nicht in der Lage bzw. nicht willens ist, die notwendige Sachkunde für die Kaninchenhaltung zu erwerben und anzuwenden. Insofern konnte von dem Erwerb eines Sachkundenachweises als milderes Mittel abgesehen werden. Im Hinblick auf die erheblichen tierschutzrechtlichen Verstöße, sein fehlendes Verständnis für die Erläuterungen der Amtsveterinärin und seine gezeigte Uneinsichtigkeit ist nicht ersichtlich, dass etwa Haltungskontrollen als milderes Mittel an diesen Defiziten eine Änderung begründen könnten. Die angeordnete Untersagung ist insoweit auch verhältnismäßig. Dieser Eingriff ist angesichts der nachhaltigen und massiven Verstöße letztlich unumgänglich, um die gesetzlich vorgegebenen Ziele des Tierschutzes durchsetzen zu können. Aufgrund der erheblichen Verstöße hat das Interesse des Klägers, weiterhin Kaninchen bzw. Hasen- oder Nagetiere halten zu dürfen, hinter dem Interesse des Staates am Schutz dieser Tiere zurückzutreten. Es ist insoweit auch erforderlich und angemessen, das Verbot nicht nur auf Kaninchen, sondern auf Hasen- und Nagetiere zu erstrecken, die einer vergleichbaren Haltung und Pflege bedürfen, insbesondere regelmäßig in Käfigen gehalten werden. Das Ermessen hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 13. Dezember 2018 auch ausreichend dargelegt. Im Übrigen ist eine zeitliche Befristung des Verbots, Nage- und Hasentiere zu halten, mit Blick auf die Möglichkeit des Wiedergestattungsverfahrens nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 TierSchG nicht erforderlich.
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b) Keinen Rechtsbedenken begegnet auch die mit der Untersagung der Haltung und Betreuung von Nage- und Hasentieren korrespondierende Bestätigung der Wegnahme dieser Tiere in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG).
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c) Soweit der Bescheid vom 13. Dezember 2018 die Haltung und Betreuung anderer Tiere als Nage- und Hasentiere verbietet, ist die Klage begründet, da der Bescheid insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Untersagung der Haltung und Betreuung von Tieren jeder Art ist unverhältnismäßig. Zwar sind beim Kläger im Hinblick auf die Kaninchenhaltung erhebliche tierschutzrechtliche Verstöße und keine ausreichenden Fachkenntnisse festzustellen (siehe oben). Hieraus kann jedoch unter Berücksichtigung des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht der generelle Schluss gezogen werden, dass sich der Kläger bei Tieren, deren Haltung, Betreuung und Pflege nicht mit der von Kaninchen vergleichbar ist und daher bei diesen andere tierschutzrechtliche Anforderungen an die Haltung und Betreuung zu erfüllen sind, ebenfalls als ungeeignet erweist. Dieser Schluss rechtfertigt sich auch nicht daraus, dass sich der Kläger bezüglich der Kaninchenhaltung gegenüber der Amtsveterinärin nicht einsichtig zeigte und es nach der Einschätzung der Amtsveterinärin an Empathie für die Kaninchen fehlte. Für ein generelles Tierhaltungsverbot wurden nach Auffassung der Kammer weder hinreichende Anhaltspunkte von der Beklagten vorgetragen noch sind diese ersichtlich. Mithin ist die Untersagung der Haltung von Tieren jeder Art nicht verhältnismäßig, der Bescheid insoweit rechtswidrig und der Klage daher teilweise stattzugeben.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 VwGO.