Inhalt

VG München, Urteil v. 04.11.2020 – M 18 K 17.5694
Titel:

Teilweise erfolgreiche Klage auf Erweiterung einer Erlaubnis zur Kindertagespflege

Normenketten:
SGB VIII § 43
SGB X § 31
BayKiBiG Art. 9 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Der Begriff der Eignung der Tagespflegeperson ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt. Ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum steht dem Jugendamt hierbei nicht zu. (Rn. 38 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Beschränkung der Erlaubnis nach § 43 Abs. 3 S. 1 SGB VIII zur Betreuung von weniger als fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern ist nur im besonderen Einzelfall möglich, wenn ein sachlicher Grund dafür vorliegt und die Einschränkung verhältnismäßig ist. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Beschränkung kommt in Betracht, wenn die räumlichen Verhältnisse als sachliches Eignungskriterium oder die persönlichen Eignungsvoraussetzungen die Einschränkung der Erlaubnis fordern, um den Schutz der Kinder gewährleisten zu können. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Begriff „kindgerechte Räumlichkeiten“ erfordert neben einem ausreichenden Raumangebot mit Rückzugsmöglichkeiten und Schlafgelegenheiten Platz für Spielmöglichkeiten, eine anregungsreiche Ausgestaltung, das Vorhandensein geeigneter Spiel- und Beschäftigungsmaterialien, gute hygienische Verhältnisse und die Einhaltung von unfallverhütenden Standards. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine Beschränkung der Erlaubnis auf eine geringe Zahl von Pflegeverhältnissen ist in Art. 9 Abs. 2 S. 1 BayKiBiG nicht ausdrücklich vorgesehen. Sie ist allenfalls dann zulässig, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht, wenn also schon bei acht Pflegeverhältnissen die Qualität der Bildung und Erziehung leiden würde. (Rn. 60 – 61) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erweiterung einer bereits bestehenden Tagespflegeerlaubnis, Kindgerechte Räumlichkeiten, Zahl der zu betreuenden Kinder, Zahl der Betreuungsverhältnisse, sog. Sharing-Plätze, Tagespflegeerlaubnis, Tagespflege, Betreuungsverhältnisse, kindgerechte Räumlichkeiten, Erweiterung, Sharing-Plätze, Tagespflegeperson, Pflegeverhältnis
Fundstelle:
BeckRS 2020, 43892

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 28. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. November 2017 in Nummer 4 insoweit zu ändern, dass der Klägerin erlaubt wird, insgesamt höchstens acht Betreuungsverhältnisse einzugehen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 
II. Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens hat die Klägerin ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen.
III. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.  Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Erweiterung ihrer bereits bestehenden Erlaubnis zur Kindertagespflege auf die Betreuung von fünf (statt vier) gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern und den Abschluss von acht (statt vier) Betreuungsverträgen.
2
Die Klägerin ist bereits seit 2005 als Tagesmutter tätig. Für ihre Hauptwohnung in der L.-Straße 21, eine 2-Zimmer-Wohnung, wurde ihr zuletzt mit Bescheid vom 1. August 2016 die Erlaubnis zur Tagespflege von vier gleichzeitig anwesenden fremden Kinder erteilt (Nr. 1 und 2 des Bescheids). Zudem wurde bestimmt, dass die Klägerin insgesamt höchstens fünf Betreuungsverhältnisse eingehen dürfe (Nr. 3).
3
Am 21. November 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten per E-Mail die Erteilung einer Erlaubnis zur Tagespflege für ihre Nebenwohnung in der L.-Straße 19.
4
Mit E-Mail vom 16. Januar 2017 stellte sie gegenüber der Beklagten klar, dass es ihr um eine Erlaubnis zur Betreuung von fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern gehe.
5
Mit Schreiben vom 14. Februar 2017 legte die Klägerin der Beklagten einen Grundriss sowie ein Konzept zur Nutzung der Wohnung in der L.-Straße 19 vor. Danach hat die Wohnung eine Fläche von ca. 33 m² und besteht aus Wohnzimmer (20,27 m²), Küche (6,42 m²), Bad (2,9 m²) und Flur (3,98 m²). Laut Konzept soll die gesamte Wohnung in die Betreuung einbezogen werden. Da das Wohnzimmer und die Küche größer seien als in der bisher genutzten Wohnung, böten sich mehr Möglichkeiten für pädagogische Konzepte wie z.B. gemeinsames Zubereiten von Essen, Backen, Spiele mit Knete u.a. Die Wohnung biete eine freie Spielfläche von insgesamt 27 m², also von 5,4 m² pro Kind, da insgesamt weniger Möbel vorhanden seien als in der L.-Straße 21. Beide Wohnungen würden auch privat genutzt. In der Wohnung in der L.-Straße 19 werde - nach Beendigung der Betreuung - gekocht und gegessen, die beiden Räume in der L.-Straße 21 würden als Jugendzimmer für den Sohn der Klägerin und als Schlafzimmer für sie selbst genutzt. Zur Nutzung der Räume in der L.-Straße 19 im Einzelnen führte die Klägerin Folgendes aus: Der Wohnraum könne mittels eines flachen Regals und einer Bank flexibel geteilt und gestaltet werden, z.B. in einen aktiven Bereich zum Turnen oder in eine Spiel- oder Bauecke. Zum Schlafen würden während der Schlafenszeit bis zu fünf jeweils persönlich zugeordnete Matratzen für die Kinder ausgelegt. Für sie selbst sei Platz auf der Couch. Sollte ein Kind vor oder nach der regulären Schlafenszeit extremes Schlafbedürfnis haben, so könne dieses Kind in einem Reisebett z.B. in der Küche abgetrennt von den anderen Kindern schlafen. Bei zwei Kindern - gemeint ist wohl falls zwei Kinder außerhalb der üblichen Schlafenszeit müde werden - könnten Matratzen ausgelegt werden. Umgekehrt könne sie sich mit einem wachen Kind zum Basteln in die Küche zurückziehen, wenn die anderen im Spielzimmer noch schlafen wollten. Als weitere Variante biete sich ein „Schläfchen“ im Kinderwagen draußen an. In der Küche sei ein Essplatz mit einem mitwachsenden Klapptisch und bis zu sechs Sitzplätzen für die Kinder und sie selbst geplant. Bei eingeklapptem Tisch biete sich eine Ausweichmöglichkeit zum Schlafen, Lesen, Entspannen und Telefonieren. Die Wohnung in der L.-Straße 21, in der sie derzeit betreue, sei mit einer frei verfügbaren Fläche von insgesamt (nur) 25,5 m² deutlich ungünstiger. Insgesamt stelle der Umzug in die L.-Straße 19 eine deutliche Verbesserung für die Kinder dar.
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Am 22. März 2017 nahm die Beklagte einen Hausbesuch in der Wohnung der Klägerin in der L.-Straße 19 vor. In dem hierüber gefertigten Vermerk der Beklagten vom 23. März 2017 heißt es u.a., der Klägerin sei mitgeteilt worden, dass nach fachlicher Einschätzung und Würdigung der räumlichen Verhältnisse dem Antrag auf Erteilung einer Pflegeerlaubnis für fünf gleichzeitig anwesenden fremde Kinder nicht stattgegeben werden könne. Vorstellbar sei eine Pflegeerlaubnis für maximal vier gleichzeitig anwesende fremde Kinder.
7
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im März 2017 bestellte sich die Bevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten und bat mit E-Mail vom 6. April 2017 um Verbescheidung des auf „5 Kinder + 5 Jahre + 8 Verträge“ gerichteten Antrags.
8
Mit Bescheid vom 28. April 2017 erteilte die Beklagte der Klägerin unter ihrer Anschrift L.-Straße 19 zum 1. Mai 2017 bis zum 30. April 2022 befristet die Erlaubnis zur Tagespflege (Nr. 1 und 8 des Bescheids). Der Bescheid vom 1. August 2016, mit dem die Erlaubnis zur Tagespflege in den Räumlichkeiten in der L.-Straße 21 erteilt wurde, wurde mit dem Umzug der Kindertagespflege in die L.-Straße 19 zum 1. Mai 2017 für gegenstandslos erklärt (Nr. 2). Die Erlaubnis wurde auf die Betreuung von vier gleichzeitig anwesende, fremde Kinder im Alter von 9 Wochen bis 14 Jahren beschränkt und der Antrag vom 21. November 2016 im Übrigen abgelehnt (Nr. 3). Die Anzahl der Betreuungsverhältnisse wurde auf insgesamt höchstens vier beschränkt (Nr. 4).
9
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die neuen Räumlichkeiten in der L.-Straße 19 seien für die Kindertagespflege grundsätzlich für geeignet befunden worden. Der Betreuungsraum mit ca. 20 m² Wohnfläche sei hell, freundlich und kindgerecht gestaltet. Allerdings seien die Räumlichkeiten mit Blick auf die Qualitätsstandards in der Kindertagespflege nicht ausreichend groß für die von der Klägerin beantragte Kinderzahl von fünf Tageskindern gleichzeitig. Es könne daher nur eine Erlaubnis zur Kindertagespflege für maximal vier fremde Kinder gleichzeitig erteilt werden. Mit zunehmender Kinderzahl stiegen die Anforderungen an die Räumlichkeiten für die Kindertagespflege. Eine 1-Zimmer-Wohnung mit ca. 33 m² Gesamtfläche und einem einzigen Betreuungsraum von ca. 20 m² entspreche aus fachlicher Sicht nicht den individuellen Bedürfnissen von fünf gleichzeitig anwesenden Tageskindern nach ausreichender freier Spiel-/Aktionsfläche und geeigneten Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten. Insbesondere in Bezug auf eine alters- und kindgerechte Schlafsituation sei ein zweiter Raum als Ausweichmöglichkeit bei fünf Tageskindern standardmäßig vorgesehen. Die kleine Küche, das fensterlose Bad und der ebenfalls sehr beengte Flur könnten zweckbezogen genutzt werden, seien aber als Ausweichraum zum Schlafen oder als Rückzugsraum als nicht kindgerecht und damit nicht geeignet beurteilt worden. Alltagssituationen könne die Klägerin nach fachlicher Einschätzung auf dem beschränkten Raumangebot in der L.-Straße 19 ab fünf gleichzeitig anwesenden Kindern nur unzureichend begegnen: Ältere Kinder, die keinen Mittagsschlaf mehr halten wollten, müssten in ihren individuellen Spiel- und Lernimpulsen sehr eingeschränkt werden, um die Mittagsruhe der anderen Tageskinder nicht zu stören. Für plötzlich erkrankte Kinder könne die Klägerin bis zum Eintreffen der Eltern bei fünf anwesenden Kindern nur schwer einen angemessenen ruhigen Platz schaffen. In der Eingewöhnung befindliche oder neue Tageskinder, die meist vermehrte Aufmerksamkeit gerade zu Zeiten des Mittagsschlafs benötigten, stellten ebenfalls eine große Herausforderung dar. Durch die regelmäßige Anwesenheit von Eltern in der Eingewöhnungszeit verschärfe sich die Raumsituation zusätzlich. Auch den Bedürfnissen von Kindern unter einem Jahr, die entwicklungsbedingt noch einen hohen Schlafbedarf hätten, könne die Klägerin auf dem beengten Raumangebot nur unzureichend begegnen. Auch unter pädagogischen Gesichtspunkten müsse eine Betreuung von fünf gleichzeitig anwesenden Tageskindern in den Räumlichkeiten an der L.-Straße 19 abgelehnt werden. Bei fünf Kindern auf ca. 20 m² müsse davon ausgegangen werden, dass aufgrund der beengten räumlichen Verhältnisse und des zu erwartenden erhöhten Lärmpegels vertiefte Spielprozesse gefährdet seien und Unruhe sowie Aggressionen bei den Kindern zunähmen. Reizüberflutung stehe zu befürchten und insgesamt eine Minderung der Qualität der kindgerechten Atmosphäre in der Betreuungsstelle. Des Weiteren stelle die Betreuung von fünf gleichzeitig anwesenden Tageskindern generell eine große Herausforderung für jede Tagesmutter dar. Daher kämen Rückzugsmöglichkeiten auch für die Tagesbetreuungsperson unter dem Gesichtspunkt Ressourcenerhalt aus fachlicher Sicht ebenfalls eine hohe Bedeutung bei. Die 1-Zimmer-Wohnung der Klägerin biete hierfür nur sehr beschränkte Möglichkeiten. Nach Würdigung der Gesamtsituation könnten die Räumlichkeiten der Klägerin daher aus fachlicher Sicht und unter Berücksichtigung der Qualitätsstandards in der Kindertagespflege maximal für vier gleichzeitig anwesende, fremde Kinder als kindgerecht beurteilt werden. Es dürften „aus denselben Gründen“ maximal vier Betreuungsverhältnisse eingegangen werden. In rechtlicher Hinsicht wurde der Bescheid auf § 43 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB VIII sowie Art. 9 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG gestützt.
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Gegen den Bescheid vom 28. April 2017 erhob die Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 24. Mai 2017 Widerspruch. Zur Begründung führte sie hinsichtlich der Beschränkung der Erlaubnis auf vier gleichzeitig anwesende Kinder im Wesentlichen aus, die neuen Betreuungsräume in der L.-Straße 19 seien nicht kleiner, sondern größer, sodass die Gewährung des fünften gleichzeitig anwesenden Kindes gerechtfertigt sei, da bislang unter beengteren Gegebenheiten bereits vier Kinder gewährt worden seien. Die Umlegung der Freifläche habe lediglich in Bezug auf die Kinder, nicht auf deren Eltern zu erfolgen. Die vorgebrachten pädagogischen Einwände rechtfertigten die Ablehnung des fünften Kindes nicht, da sie unabhängig von der Kinderzahl bestünden und daher nicht raumbedingt seien. Ein weiterer Raum als Schlafgelegenheit für die Kinder sei nicht zwingend vorgeschrieben. Hinsichtlich der Begrenzung der Verträge sei gar keine Begründung erfolgt. Da bereits mit der vorherigen Pflegeerlaubnis das Platz-Sharing gewährt worden sei, sei nicht ersichtlich, weshalb dieses nun unter verbesserten Bedingungen nicht mehr gewährt werden sollte.
11
Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte diesen zusammen mit einer undatierten Stellungnahme der Regierung von Oberbayern zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme der Beklagten heißt es zur Beschränkung der Erlaubnis auf vier gleichzeitig anwesende fremde Kinder unter anderem, Rechtsgrundlage hierfür sei § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII. Danach könne im Einzelfall die Erlaubnis für weniger als fünf Kinder erteilt werden, wenn sachliche Gründe dafür bestünden und die Einschränkung verhältnismäßig sei. Sachlicher Grund könne etwa sein, dass die Räumlichkeiten die Betreuung nur einer geringeren Zahl von Kindern zuließen. Dies sei im vorliegenden Fall nach fachlicher Einschätzung der Beklagten als gegeben anzusehen. Nach § 43 SGB VIII müsse die Tagesmutter über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Dabei handle es sich um einen „undefinierten“ Rechtsbegriff, der auch in den Landesausführungsbestimmungen zum SGB VIII nur wenig mehr konkretisiert werde. Die Beklagte orientiere sich daher bei ihrer Beurteilung der Eignung der Räumlichkeiten an entsprechenden internen Qualitätsstandards, denen pädagogische Erkenntnisse der Frühpädagogik zugrunde lägen. Nach sorgfältiger Prüfung erscheine die 1-Zimmer-Wohnung der Klägerin letztlich zu klein für die von ihr beantragte Kinderzahl von fünf gleichzeitig anwesenden Kindern. In der einschlägigen Dienstanweisung für die Kindertagespflege in Familien werde unter dem Punkt Eignungsüberprüfung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit zunehmender Zahl der zu betreuenden Kinder die Anforderungen an die Räumlichkeiten hinsichtlich Größe und Ausstattung stiegen. Dies entspreche Forschungsbefunden zur Raumgröße, die in einer vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Expertise zu „Raum und Ausstattung in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege“ nachzulesen seien. Während die Klägerin in ihrer Hauptwohnung in der L.-Straße 21 auf das Raumangebot einer 2-Zimmer-Wohnung für die Tagespflege zurückgreifen habe können, stehe ihr in der L.-Straße 19 eine 1-Zimmer-Wohnung zur Verfügung. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eines der Zimmer in der alten Wohnung ausschließlich vom Sohn der Kläger genutzt worden sei, habe doch eine potentielle Ausweichmöglichkeit, zumindest zu den Schulzeiten des Sohnes, zur Verfügung gestanden. Außerdem habe es eine, wenn auch nicht ganz optimale, Schlafkammer für Ruhe und Rückzug gegeben. Diese Möglichkeiten stünden der Klägerin in ihrer 1-Zimmer-Wohnung in der L.-Straße 19 nicht zur Verfügung. Damit sei das Raumangebot für die Tagespflege in der L.-Straße 19 nicht, wie im Widerspruch angeführt, größer, sondern insgesamt kleiner. Der Hauptbetreuungsraum, der laut Grundriss ca. 20 m² aufweise, sei zwar durch die spärliche Möblierung geringfügig größer als in der alten Wohnung. Nachdem sich aber auf diesen 20 m² in Ermangelung einer Ausweichmöglichkeit oder eines Nebenraums fast alle Anforderungen des Betreuungsalltags vollziehen müssten, rechtfertige das minimal größere Raumangebot des Hauptbetreuungsraums nach fachlicher Einschätzung der Beklagten kein fünftes Kind. Auch bei Berücksichtigung des pädagogischen Konzepts der Klägerin, das viele Aktivitäten im Freien beinhalte, könne dies nicht anders beurteilt werden, da besonders sensible Phasen im Betreuungsalltag (Mittagsschlaf, Bringen und Abholen) in der Regel in den Räumlichkeiten stattfinden würden. Diese fachliche Einschätzung werde auch durch Forschungsbefunde der bereits genannten Expertise untermauert und ergänzt. Danach wirkten sich zu kleine Räume negativ auf das Interaktionsklima zwischen Betreuungsperson und Kind aus und erhöhten aggressive Auseinandersetzungen zwischen den Kindern. Gegen eine Einbeziehung von Flur und Küche in die konzeptionelle Arbeit mit den Kindern bestünden grundsätzlich keine Einwände. Allerdings seien die Möglichkeiten im vorliegenden Fall doch sehr begrenzt und erhöhten das Gesamtraumangebot für die betreuten Kinder nur unwesentlich. Der Flur mit knapp 4 m² könne aus fachlicher Sicht nicht als Ausweichraum (z.B. für Schlaf, Ruhe und Rückzug oder andere pädagogische Aktionen) dienen. Auch die Küche mit knapp über 6 m² biete wenig freie Fläche, da eine Einbauzeile am Kopfende und eine kleine Arbeitsplatte an der Fensterseite sowie ein Kühlschrank an der Türseite das Raumangebot sehr begrenzten. Fünf Kinder, die dort der Tagesmutter bei der Vorbereitung der Mahlzeiten helfen oder die Mittagsmahlzeit mit ihr einnehmen, seien selbst bei guter Organisation kaum vorstellbar. Selbst bei vier Kindern werde es knapp. Die Nutzung als Ausweichraum für andere Anforderungen des Betreuungsalltags (z.B. Schlaf, Ruhe und Rückzug) erscheine schon unter Sicherheitsaspekten eher fragwürdig. Ein zusätzlicher Raum als Schlafgelegenheit sei in den Qualitätsstandards der Beklagten nicht explizit vorgeschrieben. Er erscheine aber gerade mit zunehmender Kinderzahl als sinnvoll und wünschenswert. Bei fünf Kindern sei selbst bei großer Erfahrung der Tagesmutter eine kritische Größe erreicht, um in einem einzigen Raum noch für alle Kinder eine entspannte, bedürfnisorientierte Schlaf- und Ruhesituation gestalten zu können.
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Zur Begrenzung der Verträge wird ausgeführt, die Begründung von Nummer 4 des Bescheids vom 28. April 2017 erfolge gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X nachträglich mit der vorliegenden Stellungnahme. Gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG dürfe eine Tagespflegeperson im Rahmen der Pflegeerlaubnis nach § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII insgesamt höchstens acht Pflegeverhältnisse eingehen. Die im BayKiBiG festgesetzte Höchstzahl an Pflegeverhältnissen könne nach unten korrigiert werden, wenn ansonsten die Qualität der Bildung und Erziehung leiden würde. Platzsharing würde weitere räumliche Einschränkungen bringen (zusätzliche Schlafgelegenheiten, Bettzeug, Ersatzkleidung, Wickelutensilien etc.), die mit Blick auf das Kindeswohl und unter Berücksichtigung der bereits geschilderten Situation aus fachlicher Sicht nicht hingenommen werden könnten. Eine Minderung der Qualität der Betreuungsstelle insgesamt sei aus fachlicher Sicht mit weiteren Betreuungsverhältnissen zu befürchten.
13
Am 7. September 2017 fand ein weiterer Hausbesuch bei der Klägerin statt. Laut dem hierüber gefertigten Vermerk der Beklagten hätten zum Mittagessen zwei kleine Kindertische in der Küche zusammengestellt werden müssen, damit dort vier Kinder zum Essen Platz fänden. Am Kopfende sitze die Klägerin auf einem Kinderstuhl. Der Platz erscheine beengt, aber gerade noch ausreichend. Fünf Kinder wären hier aufgrund der beengten Verhältnisse nicht denkbar. Die Tagespflegeperson hätte dann keinen Platz mehr am Tisch. Eine weitere Sitzmöglichkeit für die Tagespflegeperson würde den Raum aber noch mehr beengen. Zwischen Kindertischgruppe und Küchenzeile bzw. Kühlschrank verbleibe nur maximal eine Kinderstuhlbreite Raum, was dem ganzen Arrangement zusätzlich einen sehr beengten Eindruck verleihe. Für den Mittagsschlaf seien vier Matratzen ausgelegt worden, die der Länge nach zwischen Couch und Fenster gerade so Platz hätten. Zwischen jeder Matratze stehe eine kleine Spielkiste, damit sich die Kinder beim Einschlafen nicht gegenseitig störten. Eine weitere Matratze für ein eventuelles fünftes Kind sei räumlich nicht vorstellbar. Die Klägerin habe auf Nachfrage mitgeteilt, dass sie Kinder, welche früher aufwachten, zu sich in die Küche nehme. Dies funktioniere in der Regel ganz gut. Gestern allerdings sei ein Kind als erstes aufgewacht und habe nicht einsehen wollen, dass es nicht im Betreuungsraum spielen könne, weil es die anderen sonst im Schlaf stören würde.
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Über den weiteren Hausbesuch am 7. Dezember 2017 ist in dem hierüber gefertigten Vermerk der Beklagten festgehalten, die beobachtete Aufwachsituation gestalte die Klägerin kindgerecht und in Absprache mit den Eltern. Ein eigener Schlafraum wäre in der beobachteten Situation - eines der Kinder habe nicht recht wach werden wollen, geweint und sich trotzig in die Kuschelecke geworfen - sicher sehr hilfreich gewesen und hätte den Bedürfnissen des Kindes mehr entsprochen. Da anzunehmen sei, dass solche oder ähnliche Situationen öfter vorkämen, erschienen die Räumlichkeiten für fünf Tageskinder nach wie vor nicht geeignet.
15
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 2017 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde hinsichtlich der Beschränkung auf vier Kinder (Ziffer 3 des Bescheides) im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei nach umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis gekommen, dass die 1-Zimmer-Wohnung in der L.-Straße 19 letztlich für die Betreuung von fünf gleichzeitig anwesenden fremden Kindern zu klein sei. Es dürfe insoweit auf die umfangreichen Ausführungen im Bescheid vom 24. Mai 2017 sowie die beigefügte Stellungnahme der Beklagten vollinhaltlich verwiesen werden. Zur Beschränkung auf vier Betreuungsverhältnisse (Nr. 4 des Bescheides) wurde ausgeführt, die Beklagte habe hier die gesetzlich festgelegte Höchstzahl im Rahmen einer Ermessensentscheidung auf vier Betreuungsverhältnisse begrenzt, weil ansonsten die Qualität der Bildung und Erziehung der betreuten Kinder leiden würde. Maßstab dieser Entscheidung sei das Kindeswohl. Platz-Sharing bringe zusätzliche räumliche Einschränkungen mit sich, da die Tagespflegeperson für jedes weitere Tageskind zusätzliches Equipment vorhalten müsse. Zusätzliche räumliche Einschränkungen hätten mit Blick auf das Kindeswohl und die in der Stellungnahme der Beklagten geschilderten Umstände nicht hingenommen werden können. Abschließend wird - im Fettdruck - ausgeführt, die Beurteilungen bzw. die fachlichen Einschätzungen der Beklagten seien angemessen, nachvollziehbar und fachlich und rechtlich vertretbar. Allgemeingültige fachliche Maßstäbe seien beachtet worden. Auch seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sachfremde Erwägungen in die Entscheidungen eingeflossen wären.
16
Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag, erhob die Bevollmächtigte der Klägerin Klage für diese und beantragte zuletzt,
17
die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 28. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. November 2017 insoweit ab sofort zu ändern, dass der Klägerin die Erlaubnis erteilt wird, fünf Kinder gleichzeitig zu betreuen und insgesamt acht Betreuungsverhältnisse einzugehen.
18
Des Weiteren beantragte sie in der mündlichen Verhandlung,
19
die Zuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
20
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin verfüge über ausreichende kindgerechte Räumlichkeiten zu Betreuung von fünf fremden Kindern gleichzeitig. Die Klägerin müsse gemäß § 43 SGB VIII für die Erteilung der Pflegeerlaubnis Mindeststandards erfüllen, nicht jedoch etwaige erwünschte qualitativ höherwertige Anforderungen ohne ausreichende Rechtsgrundlage hierfür. In der neuen Wohnung stünden 27 m² freie Spielfläche, also 5,4 m² pro Kind zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund sei der Klägerin das Recht zu gewähren, in der neuen, größeren und kindgerechten Wohnung mit den beantragten fünf Kindern mehr als die bisherigen vier Kinder zu betreuen, da sie diesen nunmehr mehr, den Mindestanforderungen genügende Gesamtfläche zur Verfügung stellen könne. Weder den Bundes- noch dem Landesrecht seien verbindliche Mindestflächen pro Kind zu entnehmen. Auch bezüglich der Begrenzung der Verträge sei der Klage stattzugeben, weil kein sachlich nachvollziehbarer und angemessener Grund für eine Versagung der drei Splittingplätze vorhanden sei. Da bereits mit der vorherigen Pflegeerlaubnis unter deutlich beengten Platzverhältnissen das Platzsharing gewährt worden sei, sei nicht ersichtlich, weshalb ein solches unter nun verbesserten Bedingungen nicht mehr möglich sein sollte. Drei Matratzen mehr - wenn überhaupt nötig - nähmen gestapelt nicht mehr Platz ein als fünf Matratzen. Entsprechendes gelte für Windeln oder drei Teller mehr.
21
Im Januar 2018 erklärten sich die Beteiligten mit der Durchführung eines Mediationsverfahrens vor einem Güterichter einverstanden. Daraufhin wurde mit Beschluss vom 22. Januar 2018 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
22
Nachdem der Konflikt in diesem Verfahren nicht beigelegt werden konnte, beantragte die Klägerin im Mai 2018, das ruhende Verfahren wieder aufzunehmen.
23
Mit Schriftsatz vom 6. Juni 2018 beantragte die Beklagte,
24
die Klage abzuweisen.
25
Zur Begründung wurde zur Beschränkung der Erlaubnis auf vier gleichzeitig anwesende Kinder im Wesentlichen ausgeführt, die Tagespflegeperson müsse über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Da die gesetzlichen Regelungen auf Bundes- und Landesebene im Bereich der Kindertagespflege nur wenig ausgestaltet sein (Mindeststandards), könnten sie für die Beurteilung der Eignung bzw. der Qualität einer Betreuungsstelle nur den groben Rahmen vorgeben. Der Gesetzgeber eröffne den zuständigen Behörden bzw. Jugendämtern, die aufgrund der dort gebündelten pädagogischen Fachkompetenz die Garantenstellung für das Kindeswohl innehätten (§ 8a SGB VIII), damit einen Gestaltungsspielraum. Bei einer Eignungsüberprüfung durch die Beklagte werde daher in jedem Einzelfall geprüft, ob die Räumlichkeiten unter fachlich pädagogischen und qualitativen Gesichtspunkten als kindgerecht, also dem Kindeswohl entsprechend, bezeichnet werden können. Berechnungen zur Raumgröße und Vergleiche zwischen alten und neuen Betreuungsräumlichkeiten als alleiniges oder hauptsächliches Beurteilungskriterium, wie von der Klägerin immer wieder angeführt, griffen daher bei der Beurteilung der Eignung einer Tagespflegestelle und der sich daraus ergebenden Erlaubniserteilung (Kinderzahl) nach der fachlichen Einschätzung der Beklagten definitiv zu kurz. Die Eignung einer Tagespflegestelle bemesse sich demnach also in erster Linie daran, inwieweit sie die kindlichen Entwicklungs- und Bildungsbedürfnisse unterstütze und frühkindliche Förderung für die gewünschte Kinderzahl ermögliche. Die Beklagte orientiere sich daher bei der Beurteilung der Eignung der Räumlichkeiten an entsprechenden internen Qualitätsstandards, denen pädagogische Erkenntnisse der Frühpädagogik zugrunde lägen. Nach sorgfältiger Prüfung erscheine die 1-Zimmer-Wohnung der Klägerin letztlich zu klein für die von ihr beantragte Kinderzahl von fünf gleichzeitig anwesenden Kindern. Im Weiteren wurden im Wesentlichen die bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Gründe angeführt. Mangels einer potentiellen Ausweichmöglichkeit sei das Raumangebot für die Tagespflege in der L.-Straße 19 nicht größer, sondern insgesamt kleiner. In Ermangelung einer Ausweichmöglichkeit oder eines Nebenraumes rechtfertige das minimal größere Raumangebot des Hauptbetreuungsraumes nach fachlicher Einschätzung der Beklagten kein fünftes Kind. Auch bei Berücksichtigung des pädagogischen Konzepts der Klägerin mit vielen Aktivitäten im Freien könne dies nicht anders beurteilt werden. Mit einem weiteren fünften Kind sei nach fachlicher Einschätzung der Beklagten von einer erheblichen Verschärfung der Belastungsmomente für die anwesenden Tageskinder wie auch der Tagesbetreuungsperson auszugehen und damit von einer Minderung der Qualität der Betreuungsstelle an sich. Ergänzend wurde auf die Ergebnisse der inzwischen durchgeführten Hausbesuche vom September und Dezember 2017 hingewiesen. Es sei davon auszugehen, dass sich mit fünf Kindern Situationen, wie sie bei den Hausbesuchen beobachtet worden seien - etwa das erschwerte Aufwachen eines einzelnen Kindes nach dem Mittagsschlaf - häufen würden. Zur Situation in der Küche wurde ausgeführt, ein weiteres fünftes Kind am Tisch sei nicht vorstellbar gewesen und hätte - wenn überhaupt - nur den Platz der Tagesmutter einnehmen können. Aus pädagogischen Erwägungen heraus sei es jedoch dringend notwendig, dass die Tagespflegeperson bei den Mahlzeiten mit am Tisch sitze (z.B. um Kindern, die noch nicht alleine essen könnten, Hilfestellungen zu geben). Eine zusätzliche Sitzgelegenheit für die Tagespflegeperson, die bei einem fünften Kind vonnöten wäre, würde den Raum noch mehr beengen und die Tagespflegeperson in ihrem Aktionsradius erheblich einschränken. Eine solche Situation könne nicht mehr als kindgerecht bezeichnet werden. Zur Begrenzung der Verträge wurde ergänzend ausgeführt, in der L.-Straße 19 sei das Raumangebot insgesamt geringer als in der L.-Straße 21 (Flur kleiner, wenig Stauflächen). Aus diesem Grund und unter Berücksichtigung der in der Stellungnahme der Beklagten bereits beschriebenen Aspekte habe Platz-Sharing für die L.-Straße 19 nicht eingeräumt werden können.
26
Am 22. Mai 2019 wurde bei einem weiteren Hausbesuch entsprechend einem von der Beklagten gefertigten Protokoll festgestellt, dass die Klägerin in der Küche eine neue Kindertischgruppe installiert habe. Tisch und zwei Bänke seien in einem Stück gearbeitet, welches platzsparend an die Wand hochgeklappt werden könne. Das ganze Ensemble wirke stabil und kindgerecht. Vom Sitzplatzangebot hätten auf jeder Seite zwei Kinder entspannt Platz, ohne sich beim Essen zu behindern. Ein drittes Kind pro Seite, wie von der Klägerin angedacht, würde wiederum zu beengten Verhältnissen bei der Mahlzeit führen.
27
Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2019 trug die Bevollmächtigte der Klägerin ergänzend vor, die von der Beklagten vorgebrachten pädagogischen Bedenken könnten keine Verweigerung eines fünften Kindes tragen, da die Beklagte die Einhaltung von ausreichenden, nicht aber von optimalen Bedingungen zu prüfen habe. Zudem wurden dem Gericht Fotos zur Veranschaulichung der Räumlichkeiten übersandt und vorsorglich die Besichtigung der Betreuungsräume beantragt. Auf den Fotos von der Küche ist eine aus zwei Kindertischen zusammengestellte Kindersitzgruppe zu sehen.
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Durch Beschluss vom 22. September 2020 wurde die Einnahme eines Augenscheins durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin angeordnet.
29
Am 21. Oktober 2020 wurde die Wohnung der Klägerin in der L.-Straße 19 durch die beauftragte Richterin in Augenschein genommen. Die Klägerin erläuterte zu ihrem Konzept, sie wolle Kinder im Alter von ca. ein bis drei Jahren, maximal bis zu dreieinhalb Jahren, betreuen. Ihr Ziel sei es, Vollzeitplätze zu vergeben. In den letzten Jahren habe sie nur einmal einen S2. Platz gehabt. Bei der Inaugenscheinnahme des Hauptbetreuungsraums wurde festgestellt, dass sich an der Wand zwischen Flur- und Küchentür nunmehr ein 2,16 m hohes und 1,54 m breites Schrankbett befindet. Im ausgeklapptem Zustand hat das Bett eine Länge von 2,31 m und eine Breite von 1,48 m. Hierzu erklärte die Klägerin, dass sie auf diesem Bett während der Mittagsruhe der Kinder Platz nehmen wolle. Die Inaugenscheinnahme der Küche ergab, dass sich dort eine Konstruktion aus einem Klapptisch mit zwei fest damit verbundenen Bänken befindet. Hierzu erklärte die Klägerin, die Kindertische, die auf den bei Gericht eingereichten Fotos zu sehen seien, verwende sie bereits seit längerem nicht mehr. Der Abstand zwischen Tisch und Arbeitsfläche auf der Fensterseite beträgt ca. 58 cm. Steht an der Stirnseite des Tisches ein Kinderstuhl, verbleibt ein Durchgang mit einer Breite von ca. 27 cm.
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Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2020 räumte die Bevollmächtigte der Klägerin ein, die bisherigen Vorstellungen der Klägerin zur künftigen Betreuung offenbarten Schwachstellen zur Frage der Fluchtwege. Diesbezüglich solle Folgendes klargestellt werden: Das Klappbett an der Wand zwischen der Tür zum Gang und zur Küche werde die Klägerin, solange sie nur vier fremde Kinder gleichzeitig betreuen dürfe, beibehalten, aber nicht ausklappen. Es werde also während der Betreuung durchgängig nicht benutzt werden. Ab dem Zeitpunkt, ab dem der Klägerin die Betreuung von fünf fremden Kindern gleichzeitig genehmigt werde, werde das Klappbett umgehend, ersatzlos und endgültig entfernt werden. Damit sei dann großzügig Platz, um an den schlafenden Kindern vorbei z.B. von der Küche in den Flur zu gelangen. In der Küche werde die Arbeitsplatte vor dem Fenster entfernt, sobald die Genehmigung für die Betreuung von fünf fremden Kindern erteilt werde. Dies bedeute, dass zu dem bereits vorhandenen Durchgang von ca. 30 cm noch weitere ca. 40 cm hinzukämen.
31
Am 4. November 2020 fand die mündliche Verhandlung statt, in der die Bevollmächtigte der Klägerin zu Protokoll erklärte, dass das Klappbett aus dem Betreuungsraum umgehend entfernt werde. Das Essen mit den Kindern werde ab Montag, 9. November 2020, im Betreuungsraum stattfinden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin Urlaub und es finde keine Betreuung statt. Das Betreuungskonzept werde bezüglich der Essenseinnahme entsprechend geändert.
32
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte, die vorgelegten Behördenakten und die Niederschrift über den Augenschein vom 21. Oktober 2020 und die mündliche Verhandlung vom 4. November 2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat lediglich einen Anspruch gegen die Beklagte, dass die mit Bescheid vom 28. April 2017 bereits erteilte Erlaubnis zur Kindertagespflege dahingehend erweitert wird, dass sie höchstens acht - und nicht nur vier - Betreuungsverhältnisse eingehen darf. Die Beklagte war daher zu verpflichten, Nummer 4 des Bescheids vom 28. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. November 2017 entsprechend zu ändern (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat hingegen keinen Anspruch auf Erweiterung ihrer Erlaubnis auf die Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern. Insoweit war die Klage daher abzuweisen.
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Die Klage, mit der die Klägerin die Erweiterung der bereits bestehenden, bis zum 30. April 2022 befristeten Erlaubnis zur Kindertagespflege begehrt, ist zulässig, insbesondere als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft. Der geltend gemachte Anspruch auf inhaltliche Änderung und Erweiterung des Bescheids vom 28. April 2017 kann im Wege einer Verpflichtungsklage durchgesetzt werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 4). Im Übrigen dürfte die reine Anfechtung der streitgegenständlichen Regelungen in Nummer 3 (Anzahl der gleichzeitig anwesenden, fremden Kinder) und Nummer 4 (Anzahl der Betreuungsverhältnisse) nicht möglich sein, da es sich insoweit nicht um isoliert anfechtbare Nebenbestimmungen, sondern Inhaltsbestimmungen handeln dürfte (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 40 ff.).
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Der Klage fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat die Klägerin - zunächst mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2020 und erneut in der mündlichen Verhandlung - eine Änderung ihres Konzepts hinsichtlich der Gestaltung des Mittagessens angekündigt, so dass fraglich erscheint, ob diese zukünftige Planung überhaupt noch von der mit Bescheid vom 28. April 2017 erteilten Erlaubnis gedeckt ist, folglich an der streitgegenständlichen bestehenden Erlaubnis noch Interesse besteht. Die Anforderungen an das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Vorbemerkung § 40 Rn. 11) dürfen aber nicht überspannt werden. Zudem erscheint zweifelhaft, inwieweit der streitgegenständlichen Erlaubnis das bisherige Konzept der Klägerin bindend zu Grunde liegt, da es jedenfalls nicht ausdrücklich zum Gegenstand der Erlaubnis gemacht wurde.
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Die Klage ist aber nur teilweise begründet.
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Nach § 43 Abs. 1 SGB VIII bedarf eine Person, die - wie hier - ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, der Erlaubnis. Die Erlaubniserteilung ist nicht in das Ermessen der zuständigen Behörde, also des örtlichen Jugendamts, gestellt. Vielmehr handelt es sich um einen gebundenen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, auf dessen Erteilung ein Rechtsanspruch besteht, wenn die Voraussetzungen nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII erfüllt sind (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2015 - 12 C 14.2846 - juris Rn. 14; OVG NW, B.v. 25.2.2013 - 12 A 56/13 - juris Rn. 11; Nonninger in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 43 Rn. 12; Mörsberger in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 43 Rn. 21).
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Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ist die Erlaubnis zur Kindertagespflege zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII) und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII). Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII). Der Begriff der Eignung der Tagespflegeperson ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt (BayVGH, B.v. 16.1.2015 - 12 C 14.2846 - juris Rn. 15; OVG NW, B.v. 21.7.2015 - 12 B 606/15 - juris Rn. 12f.; B.v. 25.2.2013 - 12 A 56/13 - juris Rn. 13; OVG RhPf, B.v. 15.10.2014 - 7 D 10243/14 - juris Rn. 6; Smessaert/Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar, SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 43 Rn. 12).
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Ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum - wie von der Regierung von Oberbayern für das Widerspruchsverfahren offenbar angenommen - steht dem Jugendamt der Beklagten also bei der Beurteilung der Eignung nicht zu. Die Entscheidung der Widerspruchsbehörde bzw. des Gerichts durfte bzw. darf sich mithin nicht auf die Prüfung beschränken, ob die Entscheidung der Beklagten hinsichtlich der Eignung der Klägerin „nachvollziehbar und fachlich und rechtlich vertretbar“ ist (so aber die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 3. November 2017 auf Seite 3 unten). Vielmehr haben die Widerspruchsbehörde bzw. hier das Gericht eigenständig zu prüfen, ob die Klägerin geeignet im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VIII ist, insbesondere ob sie über kindgerechte Räumlichkeiten (für die geplante Zahl der zu betreuenden Kinder, vgl. dazu sogleich) und damit über die sachlichen Eignungsvoraussetzungen gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII verfügt.
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, hier insbesondere der Eignung der Klägerin gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII, ist bei der vorliegenden Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier also der mündlichen Verhandlung am 4. November 2020. Zu diesem Zeitpunkt erst geplante, aber noch nicht näher konkretisierte, geschweige denn umgesetzte, bauliche Änderungen oder Änderungen des Betreuungskonzepts können daher im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden. Weder die zunächst mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2020 in Aussicht gestellte Entfernung der Arbeitsplatte vor dem Fenster in der Küche - ohne dass genaue Maße und Vorstellungen angegeben worden wären, wie die Arbeitsabläufe in der Küche ohne die Arbeitsplatte erfolgen sollen - noch die in der mündlichen Verhandlung angekündigte Verlagerung des Mittagessens aus der Küche in den Hauptbetreuungsraum - ohne dass konkret dargelegt worden wäre, wie der täglich anfallende Umbau des Hauptbetreuungsraums vom Spielzum Esszimmer und anschließend zum Schlafraum von statten gehen soll - konnten daher im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden. Auszugehen war vielmehr von der Situation, wie sie sich zum Zeitpunkt der Einnahme des Augenscheins am 21. Oktober 2020 und auch noch in der mündlichen Verhandlung am 4. November 2020 dargestellt hat.
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erweiterung ihrer Erlaubnis zur Kindertagespflege auf die Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern. Die Beschränkung der Erlaubnis zur Kindertagespflege auf vier gleichzeitig anwesende, fremde Kinder und Ablehnung des Antrags im Übrigen in Nummer 3 Satz 1 und 2 des Bescheids der Beklagten vom 28. April 2017 ist gemäß § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII rechtmäßig.
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Gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII befugt die Erlaubnis zur Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern. Im Einzelfall kann die Erlaubnis für eine geringere Zahl von Kindern erteilt werden (§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII). § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII formuliert insoweit ein Regel-Ausnahmeverhältnis in der Weise, dass - im Hinblick auf eine Einschränkung der sich aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ergebenden Berufsfreiheit der Betreuungsperson und auch zur Sicherung eines hinreichenden Angebots an Betreuungsplätzen - eine Beschränkung auf weniger als fünf Kindern nur im besonderen Einzelfall möglich ist, wenn ein sachlicher Grund dafür vorliegt und die Einschränkung verhältnismäßig ist (VG Freiburg, U.v. 16.12.2016 - 4 K 2807/15 - juris Rn. 19 unter Hinweis auf OVG NW, B.v. 25.2.2013 - 12 A 56/13 - juris Rn. 23 ff.; VG Ansbach, U.v. 5.5.2011 - AN 14 K 10.02588 - juris Rn. 28; VG München, U.v. 27.10.2010 - M 18 K 10.446 - juris Rn. 19; Smessaert/Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar, SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 43 Rn. 23), also die räumlichen Verhältnisse als sachliches Eignungskriterium (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII) oder die persönlichen Eignungsvoraussetzungen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII) die Einschränkung der Erlaubnis fordern, um den Schutz der Kinder gewährleisten zu können (OVG NW, B.v. 25.2.2013 - 12 A 56/13 - juris Rn. 27; so wohl auch Nonninger in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 43 Rn. 20; Mörsberger in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 43 Rn. 22).
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Die Entscheidung der Behörde unterliegt dabei voller verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Denn ebenso wie bei der grundsätzlichen Entscheidung über die Erteilung einer Erlaubnis zur Kindertagespflege handelt es sich auch bei der Entscheidung über die Erteilung einer Erlaubnis, die (nur) zur Kindertagespflege von weniger als fünf gleichzeitig anwesenden fremden Kindern befugt, um eine gebundene Maßnahme, die nicht in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt ist (VG Freiburg, U.v. 16.12.2016 - 4 K 2807/15 - juris Rn. 20 unter Hinweis auf OVG NW, B.v. 25.2.2013 - 12 A 56/13 juris Rn. 2, 11, 29; Smessaert/Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar, SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 43 Rn. 23; a.A. Busse in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018, § 43 Rn. 52 ohne nähere Begründung; wohl auch Janda in BeckOGK, Stand 1.9.2020, SGB VIII, § 43 Rn. 79, allerdings fälschlicherweise unter Hinweis - vgl. Fußnote 166 - auf Smessaert/Lakies in Münder/Meysen/Trenczek a.a.O. und OVG NW, B.v. 25.2.2013 a.a.O., die von einer gebundenen Entscheidung ausgehen).
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Das Gericht ist im Rahmen dieser Beurteilung nicht an fachliche Empfehlungen oder darauf fußende interne Qualitätsstandards des Jugendamts - wie sie hier von der Beklagten in ihrer Stellungnahme zum Widerspruch der Klägerin und auch in ihrer Klageerwiderung ins Feld geführt werden - gebunden. Zwar können fachliche Empfehlungen grundsätzlich nicht nur von der Behörde, sondern auch vom Gericht herangezogen bzw. von diesem zu eigen gemacht werden, um unbestimmte Rechtsbegriffe auszulegen und anzuwenden. Bindungswirkung für die Gerichte kommt ihnen aber - abgesehen davon, dass jedenfalls den von der Beklagten angeführten Dienstanweisungen bzw. Forschungsbefunden, soweit ersichtlich, ohnehin keine eindeutigen Vorgaben zu Raumgröße bzw. Kinderzahl zu entnehmen sind, sondern sich naturgemäß auf eher allgemein gehaltenen Empfehlungen und Erfahrungswerte beschränken - nicht zu (vgl. Janda, BeckOGK, Stand 1.9.2020, SGB VIII, § 43 Rn. 61; VG Freiburg, U.v. 16.12.2016 - 4 K 2807/15 - juris Rn. 21; VG München, U.v. 27.10.2010 - M 18 K 10.466 - juris Rn. 19).
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Die Beklagte hat die Eignung der Klägerin für die Kindertagespflege, insbesondere das Vorhandensein kindgerechter Räumlichkeiten im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII, grundsätzlich bejaht und ihr dementsprechend mit Bescheid vom 28. April 2017 die Erlaubnis zur Kindertagespflege in ihrer Nebenwohnung in der L.-Straße 19 erteilt (Nr. 1 des Bescheids). Die Beklagte ist dabei davon ausgegangen, dass die Räumlichkeiten in der 1-Zimmer-Wohnung jedenfalls für die Betreuung von vier gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern geeignet sind (vgl. Nr. 3 Satz 1 des Bescheids). Ob die Erlaubnis insoweit zu Recht erteilt wurde, ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens und daher vom Gericht auch nicht zu prüfen.
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Gleichwohl erlaubt sich das Gericht darauf hinzuweisen, dass jedenfalls die Erteilung der Erlaubnis für vier gleichzeitig anwesende, fremde Kinder „im Alter von 9 Wochen bis 14 Jahren“ wohl auf einem Versehen beruht, da die Räumlichkeiten offensichtlich nicht für diese weite Altersspanne, insbesondere nicht für bereits schulpflichtige Kinder, geeignet sind.
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Zu Recht hat die Beklagte angenommen, dass die 1-Zimmer-Wohnung in der L.-Straße 19 nicht zur Betreuung eines weiteren, also von insgesamt bis zu fünf gleichzeitig anwesenden Kindern geeignet ist. Die Klägerin verfügt zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in dieser Wohnung nicht über für die Betreuung eines weiteren - fünften - Kindes erforderlichen kindgerechten Räumlichkeiten im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII.
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Entscheidend sind dabei allein die Verhältnisse in der Wohnung in der L.-Straße 19. Auf die Frage, ob sich die räumlichen Verhältnisse in dieser Wohnung besser oder schlechter als in der bisher für die Betreuung genutzten 2-Zimmer-Wohnung in der L.-Straße 21 darstellen, kommt es hingegen nicht an. Liegen die Voraussetzungen für die beantragte Erteilung der Erlaubnis zur Kindertagespflege in der neuen Wohnung vor - sind also die Räumlichkeiten in der neuen Wohnung für die Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern geeignet - besteht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung bzw. - im vorliegenden Fall - auf die Erweiterung der Erlaubnis. Die Erlaubnis zur Kindertagespflege wird nicht nur bezogen auf die jeweilige Tagespflegeperson, sondern auch bezogen auf die jeweilige Wohnung erteilt. Denn kindgerechte Räumlichkeiten sind eine der im Gesetz ausdrücklich benannten wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII). Mit der Verlegung der Kindertagespflegestelle in die Wohnung in der L.-Straße 19 ist daher die mit Bescheid vom 1. August 2016 für die Wohnung in der L.-Straße 21 erteilte bisherige Erlaubnis - wie von der Beklagten in Nummer 2 des Bescheids vom 28. April 2017 klargestellt - gegenstandslos geworden (vgl. Smessaert/Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar, SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 43 Rn. 18). Die von den Beteiligten angestellten Erwägungen zur Verbesserung bzw. Verschlechterung der Situation im Vergleich zu der bisherigen Wohnung vermögen den Anspruch für sich genommen daher weder zu begründen noch stehen sie diesem entgegen. Der zunächst erteilten Erlaubnis zur Kindertagespflege in der bisherigen Wohnung in der L.-Straße 21 kommt insoweit keine Bindungswirkung zu. Da der Beklagten bei der Erteilung der Erlaubnis kein Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum zusteht (s.o.), kann sie sich auch nicht durch eine frühere Entscheidung - sofern diese überhaupt eine (ständige) Verwaltungspraxis zu begründen vermag - selbst gebunden haben.
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Die Räumlichkeiten in der neuen Wohnung in der L.-Straße 19 sind unter Zugrundelegung des für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Betreuungskonzepts für die Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern nicht kindgerecht und daher ungeeignet. Dies steht für das Gericht insbesondere aufgrund des bei der Inaugenscheinnahme durch die beauftragte Richterin gewonnenen Eindrucks und der dabei angefertigten Lichtbilder fest.
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Der Begriff „kindgerechte Räumlichkeiten“ erfordert neben einem ausreichenden Raumangebot mit Rückzugsmöglichkeiten und Schlafgelegenheiten Platz für Spielmöglichkeiten, eine anregungsreiche Ausgestaltung, das Vorhandensein geeigneter Spiel- und Beschäftigungsmaterialien, gute hygienische Verhältnisse und die Einhaltung von unfallverhütenden Standards (OVG RhPf, B.v. 15.10.2014 - 7 D 10243/14 - juris Rn. 10; OVG NW, B.v. 21.7.2015 - 12 B 606/15 - juris Rn. 18; VG Freiburg, 2.7.2018 - 4 K 5368/17 - juris Rn. 30; Smessaert/Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar, SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 43 Rn. 18). Die Größe der Räumlichkeiten allein ist nicht entscheidend; zu berücksichtigen ist vielmehr die konkrete Ausgestaltung. Die Räumlichkeiten müssen keinesfalls einer Wohnung vergleichbar sein, sollten aber gleichwohl über verschiedene, auch in Wohnungen vorhandene Räume - Küche, Bad, Aufenthaltsraum bzw. Spielzimmer, Ruheraum - verfügen (Janda in BeckOGK, Stand 1.9.2020, SGB VIII, § 43 Rn. 62). Zwingend ist dies jedoch nicht. Dementsprechend kann auch eine 1-Zimmer-Wohnung ohne separaten Schlaf- bzw. Rückzugsraum im Einzelfall für die Kindertagespflege geeignet sein, etwa wenn es sich - wie hier - um eine nur mit vergleichsweise wenigen Möbeln ausgestattete Wohnung der Tagespflegeperson handelt. Davon ist auch die Beklagte ausgegangen, die die Wohnung der Klägerin grundsätzlich - nämlich für die Betreuung von bis zu vier gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern - für geeignet hält.
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Welche Anforderungen an kindgerechte Räumlichkeiten im Einzelnen und in Bezug auf die Zahl der zu betreuenden Kinder zu stellen sind, ist dabei unter Beachtung des Zwecks der Vorschrift des § 43 SGB VIII zu bestimmen (vgl. VG Freiburg, U.v. 2.7.2018 - 4 K 5368/17 - juris Rn. 30).
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§ 43 SGB VIII regelt zur Sicherung von Mindeststandards einen präventiven Erlaubnisvorbehalt für die Tagespflege von Kindern außerhalb des elterlichen Haushalts. Zweck der Regelung des § 43 SGB VIII ist entsprechend der Überschrift des 2. Abschnitts des 3. Kapitels des SGB VIII - ohne dass es insoweit einer ausdrücklichen Erwähnung im Normtext bedarf - der Schutz der Kinder in Tagespflege, also die Gewährleistung des Kindeswohls, die ihrerseits aus dem staatlichen Wächteramt (Art. 6 Abs. 2 GG, § 1 Abs. 2 SGB VIII) ihre Legitimation herleitet. Wenn die Erlaubniserteilung aber auf die Einhaltung von Mindeststandards zur Abwehr von Gefährdungen des Kindeswohls ausgerichtet ist und zur Wahrnehmung des staatlichen Wächteramts gehört, zielt sie nicht darauf, die Qualität eines Leistungsangebotes auszubauen. Die Erlaubnis ist Teil der Schutzaufgabe, nicht aber Steuerungsinstrument im Rahmen der Planungsverantwortung (§ 79 SGB VIII) des Jugendamts (OVG NW, B.v. 25.2.2013 - 12 A 56/13 - juris Rn. 3; 7 ff.; BayVGH, B.v. 18.10.2012 - 12 B 12.1048 - juris Rn. 32; Busse in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018, § 43 Rn. 13, 30; wohl auch Nonninger in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 43 Rn. 3). Zweck des § 43 SGB VIII ist es also nicht, eine denkbar optimale Betreuung und Versorgung von Kindern zu gewährleisten; Ziel der Regelung ist vielmehr - und kann es gerade mit Blick auf die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Tagesmütter- und -väter auch nur sein -, eine gefahrenabwehrrechtlich geprägte Mindeststandardsicherung der Kindertagespflege zur Gewährleistung des Kindeswohls sicherzustellen (VG Freiburg, U.v. 2.7.2018 - 4 K 5368/17 - juris Rn. 32 u.a. unter Hinweis auf OVG NW B.v. 25.2.2103 a.a.O. und BayVGH, B.v. 18.10.2012 a.a.O.; Mörsberger in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 43 Rn. 26; Smessaert/Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar, SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 43 Rn. 14).
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Andererseits wird in der Rechtsprechung auch die Auffassung vertreten, Zielrichtung des § 43 SGB VIII sei es, nicht nur ein Mindestmaß an Schutz zu gewährleisten, sondern darüber hinausgehend qualitative Maßstäbe zu setzen: Mit Blick auf die in § 43 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VIII deutlich erkennbare Zielrichtung des § 43 Abs. 2 SGB VIII, über das Merkmal der Eignung der Tagespflegeperson Qualitätsstandards zu setzen und eine kindgerechte Pflege der zu betreuenden Kinder sicherzustellen, könne sich eine Tagespflegeperson unter anderem nur dann durch ihre Persönlichkeit und Sachkompetenz im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII „auszeichnen“, wenn sie den zu betreuenden Kindern ein in jeder Beziehung kindgerechtes Umfeld zur Verfügung stellt und die Kinder bei der Tagespflege nicht Risiken oder Gefährdungen ausgesetzt werden, die ihrer Entwicklung schaden können (OVG NW, B.v. 2.9.2008 - 12 B 1224/08 - juris Rn. 15; B.v. 21.7.2015 - 12 B 606/15 - juris Rn. 14, dem folgend BayVGH, B.v. 16.1.2015 - 12 C 14.2846 - juris Rn. 16). Dementsprechend könne die Eignung einer Tagespflegeperson auch unterhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung zu verneinen sein (OVG NW, B.v. 21.7.2015 - 12 B 606/15 - juris Rn. 27; B.v. 11.9.2018 - 12 B 503/18 - juris Rn. 3).
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Das erkennende Gericht schließt sich dem insoweit an, als es sich um die Eignung im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII handelt. Etliche der genannten Gerichtsentscheidungen haben ohnehin allein bzw. primär die persönliche bzw. charakterliche und nicht die objektbezogene Eignung im Sinne des Vorhandenseins kindgerechter Räumlichkeiten zum Gegenstand (vgl. etwa OVG NW, B.v. 2.9.2008 - 12 B 1224/08 - juris; B.v. 11.9.2018 - 12 B 503/18 - juris; BayVGH, B.v. 16.1.2015 - 12 C 14.2846 - juris). Auch die Begründung für die gegenüber bloßen Mindeststandards bzw. Mindestvoraussetzungen erhöhten Anforderungen an die Eignung, nämlich die aus § 43 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB VIII erkennbare Zielrichtung des § 43 Abs. 2 SGB VIII sowie die ausdrückliche Bezugnahme auf die Eignung im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII sprechen dafür, dass im Fokus der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht das Vorhandensein kindgerechter Räumlichkeiten, also die Eignung im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII, sondern die Eignung im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII stand. Aus Sicht des erkennenden Gerichts lässt sich der abgestufte Maßstab für die Prüfung der Eignung - strengere Anforderungen an die Feststellung der Eignung im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII und niedrigere Anforderungen im Sinne einer bloßen Mindeststandardsicherung für die Feststellung der Eignung im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII - auch damit begründen, dass sich das Vorhandensein kindgerechter Räumlichkeiten - anders als die persönliche Eignung der Tagespflegeperson - vergleichsweise einfach und ohne vertiefte Fachkenntnisse durch die Eltern der zu betreuenden Kinder selbst feststellen lässt. Anders als die persönliche, insbesondere charakterliche Eignung der Tagespflegeperson tritt die Eignung der Wohnung offen zu Tage und lässt sich schon nach einem ersten Besuch der Eltern in der Tagespflegestelle beurteilen. Bezogen auf die Eignung im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII kann und muss also - grundrechtlich betrachtet - das Wächteramt des Staates (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) - jedenfalls jenseits der Schwelle der Kindswohlgefährdung - hinter dem grundrechtlich geschützten Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG), also dem Recht der Eltern, selbst zu entscheiden, ob und in welcher Form das eigene Kind fremdbetreut werden soll, zurücktreten. Dies gilt umso mehr, als die Frage der kindgerechten Räumlichkeiten vielfach von den individuellen Bedürfnissen des jeweiligen Kindes abhängig sein wird. Ob etwa ein Kind in der Lage ist, auch auf relativ engem Raum in Anwesenheit mehrerer - bis zu fünf - anderer Kinder zur Ruhe zu kommen und in den Schlaf zu finden, hängt stark vom individuellen, in der Regel von den Eltern des betroffenen Kindes ohne weiteres feststellbaren Ruhebedürfnis ab. Entsprechendes gilt für die Fähigkeit des Kindes, sich auch auf engem Raum umgeben von anderen Kindern im Spiel entfalten und mit der Anwesenheit anderer Kinder - und dem damit einhergehenden Lärmpegel und auftretenden Konfliktsituationen - umgehen zu können, ohne in seiner Entwicklung beeinträchtigt zu werden.
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Anders als die Beklagte meint, kann daher das Vorhandensein kindgerechter Räumlichkeiten für die Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern nicht allein unter Hinweis auf ihre internen Qualitätsstandards verneint werden. Zwar mag das Vorhandensein großzügig bemessener Räume, die den Kindern auf der einen Seite Rückzug und Ruhe ermöglichen und damit dem Auftreten von Stresssituationen vorbeugen, und auf der anderen Seite ungestörtes Spiel erlauben, pädagogisch sinnvoll und wünschenswert sein. Die von der Beklagten angeführten entsprechenden Forschungsbefunde und entsprechenden frühpädagogischen Erfahrungen sollen daher keinesfalls in Zweifel gezogen werden. Wie bereits dargestellt, geht es bei der Erlaubnis nach § 43 Abs. 2 SGB VIII aber gerade nicht um optimale Bedingungen. Solange die Mindestanforderungen an kindgerechte Räumlichkeiten im Verhältnis zu der beantragten Zahl der zu betreuenden Kinder eingehalten sind und keine Anhaltspunkte für eine Kindswohlgefährdung bestehen, ist aus Sicht des Gerichts kein hinreichender sachlicher Grund gegeben, das Vorhandensein kindgerechter Räumlichkeiten im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII zu verneinen und die Erlaubnis für die beantragte Kinderzahl zu versagen.
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An der Einhaltung dieser Mindestanforderungen fehlt es hier jedoch. Denn die Küche der Klägerin bzw. deren konkrete Ausstattung erfüllt zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht die für die Betreuung von fünf gleichzeitig anwesenden Kindern erforderlichen Sicherheitsanforderungen. An dem in der Küche befindlichen klappbaren Konstruktion aus Tisch und zwei Bänken finden vier Kinder (noch) ausreichend Platz. Das von der Klägerin beantragte fünfte Kind müsste - so die eigenen Angaben der Klägerin - am Kopfende auf einem eigenen Kinderstuhl oder, falls es noch nicht frei sitzen kann, in einem K. Platz nehmen. Für die Klägerin selbst bliebe dann nur noch auf einem weiteren Stuhl oder Hocker gleichsam in „zweiter Reihe“ Platz. Steht aber am Kopfende des Tisches für das fünfte Kind ein Kinderstuhl, verbleibt nur noch ein knapp 30 cm breiter Durchgang zwischen Stuhl und Arbeitsfläche an der Fensterseite. Aus Sicht des Gerichts ist daher nicht ausreichend sichergestellt, dass die Klägerin jederzeit und ohne Umstände jedes der fünf Kinder erreichen kann, wenn es Hilfe benötigt, etwa, weil es sich verschluckt hat oder ins Fallen gerät. Dies ist jedoch bei Kindern im Alter zwischen ein und drei Jahren - wie sie von der Klägerin betreut werden - zwingend erforderlich.
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Ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankäme, weist das Gericht angesichts der hierzu vertretenen unterschiedlichen Auffassung der Beteiligten darauf hin, dass der Hauptbetreuungsraum - isoliert betrachtet - jedenfalls im Hinblick auf dessen Eignung als Ruhe- und Rückzugsraum gerade noch als kindgerecht für die Betreuung von bis zu fünf fremden Kindern anzusehen sein dürfte, jedenfalls sofern das dort aufgestellte Schrankbett dauerhaft entfernt und die für den Mittagsschlaf der Kinder vorgesehenen fünf Matratzen auf dem Boden des Hauptbetreuungsraums und nicht - wie von der Klägerin offenbar für eines der Kinder beabsichtigt - auf der Couch ausgelegt werden. Aufgrund der Augenscheinnahme steht fest, dass auf dem Boden des Hauptbetreuungsraums grundsätzlich fünf Kindermatratzen nebeneinander Platz finden, wenn sie quer zu der ca. 4m langen Wand zwischen Couch und Fenster aufgereiht werden. Zwar wird dann nicht mehr zwischen jeder Matratze ein kleines Möbelstück als Raumteiler aufgestellt werden können, um den Kindern das Einschlafen zu erleichtern. Aus Sicht des Gerichts folgt daraus jedoch noch keine Gefährdung des Kindeswohls, die die Versagung der Erlaubnis rechtfertigen würde. Vielmehr kann und muss es insoweit den Eltern der zu betreuenden Kindern überlassen werden, zu entscheiden, ob eine solche Situation dem Schlafbedürfnis ihrer Kinder gerecht wird oder nicht. Die von der Beklagten ins Feld geführten Situationen der Eingewöhnung oder Erkrankung eines Kindes stehen dem nicht entgegen. Denn sowohl bei der Eingewöhnung eines neuen Kinders und der damit einhergehenden vorübergehenden Anwesenheit eines weiteren Erwachsenen als auch der Erkrankung eines Kindes handelt es sich um Ausnahmesituationen, die nicht zum Maßstab der Eignungsprüfung gemacht werden dürfen. Zudem hat die Klägerin insoweit überzeugend dargelegt, dass sich insbesondere dem Ruhebedürfnis eines einzelnen Kindes, sei es aufgrund einer plötzlich auftretenden Erkrankung, sei es im Rahmen der üblichen Schwankungen des Schlafbedarfs auch dadurch begegnen lässt, dass dem Kind unter Aufsicht der Klägerin auf der im Hauptbetreuungsraum stehenden Schlafcouch ein Ruhe- und Rückzugsbereich geschaffen wird. Daneben besteht die - unter dem Aspekt der Schaffung eines sicheren Schlaf- bzw. Ruheplatzes wohl vorzugswürdige - Möglichkeit, für das betroffene Kind auf dem Boden eine einzelne Kindermatratze auszulegen und mit einem kleinen Möbelstück vom Spielbereich der übrigen Kinder so abzuschirmen, dass dem Kind die nötige Ruhe ermöglicht wird.
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Das Gericht lässt aber ausdrücklich offen, ob es hinsichtlich der Eignung des Hauptbetreuungsraums als Ruheraum auch dann noch zu der gleichen Einschätzung käme, wenn das Mittagessen künftig nicht mehr in der Küche, sondern - wie in der mündlichen Verhandlung angekündigt - ebenfalls in dem Hauptbetreuungsraum stattfinden sollte. Ohne Konkretisierung dieses neuen Konzepts, insbesondere einer detaillierten Darlegung, wie der täglich vorzunehmende Umbau vom Spielzum Esszimmer und anschließend zum Schlafraum von statten gehen soll, lässt sich die Eignung nicht beurteilen.
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2. Die Klägerin hat hingegen einen Anspruch darauf, dass die bereits erteilte Erlaubnis zur Kindertagespflege dahingehend erweitert wird, dass sie insgesamt (höchstens) acht - und nicht nur vier - Pflegeverhältnisse eingehen darf. Sie hat mithin einen Anspruch darauf, alle vier Tagesplätze als sog. Sharing-Plätze auszugestalten.
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Gemäß § 43 Abs. 5 SGB VIIII regelt das Nähere Landesrecht. Von dieser Ermächtigung hat der Bayerische Landesgesetzgeber insoweit Gebrauch gemacht, als er in Art. 9 Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes - BayKiBiG - bestimmt hat, dass eine Tagespflegeperson im Rahmen der Pflegeerlaubnis nach § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII insgesamt höchstens acht Pflegeverhältnisse eingehen darf.
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Bei mehr als acht Pflegeerlaubnissen ist davon auszugehen, dass eine hinreichend individuelle Bildungs- und Erziehungsarbeit in aller Regel nicht mehr möglich ist. Die übliche Arbeitszeit reicht nicht für Vor- und Nachbereitung, Protokollierung der Beobachtung, Auswertung der Beobachtungsbögen, Erstellung eines individuellen Förderplans, Elternarbeit, Fortbildung (Dunkl/Eirich, BayKiBiG, Kommentar, 4. Aufl. 2015, Art. 9 Anm. 3.3.2).
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Eine Beschränkung der Erlaubnis auf eine geringe Zahl von Pflegeverhältnissen ist - anders als in § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII für die Zahl der zu betreuenden Kinder - im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Unabhängig von der Frage, ob für die Beschränkung der Anzahl der Pflegeverhältnisse überhaupt eine Rechtsgrundlage besteht, kann eine derartige Beschränkung der Erlaubnis zur Kindertagespflege im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit der Tagespflegeperson allenfalls dann zulässig sein, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht, wenn also schon bei acht Pflegeverhältnissen die Qualität der Bildung und Erziehung leiden würde (Dunkl/Eirich a.a.O. Art. 9 Anm. 3.3.4). Insoweit kann letztlich nichts anderes gelten als für die Begrenzung der Zahl der gleichzeitig anwesenden, fremden Kinder in § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII. Dementsprechend handelt es sich - ebenso wie bei der Begrenzung der Zahl der zu betreuenden Kinder gemäß § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII - um eine gebundene Entscheidung. Ein Ermessensspielraum - wie von der Regierung von Oberbayern im Widerspruchsbescheid vom 3. November 2017 auch insoweit angenommen - kommt dem Jugendamt nicht zu.
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Die Beschränkung der Erlaubnis auf vier Pflegeverhältnisse in Nummer 4 des Bescheids vom 28. April 2017 ist zwar nicht schon deshalb (formell) rechtswidrig, weil sie von der Beklagten zunächst nicht begründet wurde. Denn die gemäß § 35 SGB X erforderliche Begründung ist im Widerspruchsverfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X nachgeholt worden.
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Allerdings ist die Beschränkung der Erlaubnis auf vier Pflegeverhältnisse - mithin die Versagung jeglicher Sharing-Plätze - sachlich nicht gerechtfertigt und daher materiell rechtswidrig. Es bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass die Qualität der Bildung und Erziehung mit der Zulassung von bis zu vier Sharing-Plätzen leiden würde. Es ist weder von der Beklagten vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin nicht imstande wäre, den mit den Sharing-Plätzen verbundenen Mehraufwand an Verwaltungsarbeit - insbesondere die Vor- und Nachbereitung der eigentlichen Tagespflege - zu leisten. Die von der Beklagten im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Gründe beschränken sich auf die Problematik des auch ohne Sharing-Plätze schon knappen Raumangebots in der 1-Zimmer-Wohnung, das sich aus ihrer Sicht noch verschärfen würde, wenn Stauraum für die Unterbringung der persönlichen Gegenstände für (drei) weitere Tageskinder benötigt würde. Im Ergebnis bestreitet die Beklagte damit wiederum das Vorhandensein kindgerechter Räumlichkeiten für die beantragte Kinderzahl und nicht die persönliche Eignung der Klägerin zur Handhabung von Sharing-Plätzen. Der durchgeführte Augenschein hat jedoch ergeben, dass sich nicht nur im Flur noch Stauraum befindet, sondern auch im Hauptbetreuungsraum noch Stauflächen geschaffen werden können, indem bisher dort aufbewahrte, für die Kinderbetreuung nicht benötigte Gegenstände im Keller oder der Hauptwohnung der Klägerin gelagert werden. Diese Stauflächen dürften ausreichen, um den durch die Sharing-Plätze entstehenden Platzbedarf insbesondere für zusätzliche (Wechsel-)Wäsche, Windeln und sonstige persönliche Gegenstände der Kinder zu decken. Zusätzliches Essgeschirr wird problemlos in der Küche gelagert werden können. Mehr als vier Matratzen müssen in der Wohnung nicht untergebracht werden können, da ohnehin nur vier Kinder gleichzeitig in der Wohnung anwesend sein dürfen und nicht jedes der - theoretisch - insgesamt acht Kinder eine eigene Matratze benötigt. Die Nutzung einer Matratze durch mehrere Kinder ist - jedenfalls bei Verwendung eigener Bettwäsche - unter hygienischen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden und auch in anderen Bereichen - etwa Ferienwohnungen und Hotels - üblich. Gegen die vom Gesetzgeber grundsätzlich als zulässig erachtete Aufnahme von bis zu acht (nicht gleichzeitig anwesenden) Tageskindern bestehen daher im vorliegenden Fall keine durchgreifenden Bedenken, zumal die Klägerin in der Vergangenheit ohnehin erst einmal einen S2. Platz vergeben und daran auch kein primäres Interesse hat. Es bleibt damit beim Anspruch der Klägerin aus § 43 Abs. 5 SGB VIII i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 BayKiBiG auf Erteilung einer Erlaubnis, die sie berechtigt, insgesamt (höchstens) acht Pflegeverhältnisse einzugehen.
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Die Beklagte war daher zu verpflichten, den Bescheid vom 28. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. November 2017 im tenorierten Umfang zu ändern. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO war die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin für notwendig zu erklären.
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Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ist anhand des Einzelfalls unter der Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Notwendig ist die Zuziehung dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (Schübel-Pfister, Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 29). Dies ist für den vorliegenden Fall zu bejahen, da er - wie die Urteilsgründe zeigen - durchaus umfangreiche und komplexe Sach- und Rechtsfragen aufwirft und für die nicht rechtskundige Klägerin angesichts der Einschränkung ihrer Berufsfreiheit von großer Bedeutung ist.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils und die Abwendungsbefugnis haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung - ZPO.