Inhalt

LG München I, Endurteil v. 20.04.2020 – 32 O 12710/19
Titel:

Darlehensvertrag, Widerruf, Beschwerde, Widerrufsrecht, Widerrufsfrist, Annahmeverzug, Vertragsschluss, Verbraucherdarlehensvertrag, Pflichtangaben, Darlehen, Darlehensnehmer, Beschwerdeverfahren, Vertragsurkunde, Verbraucher, Art und Weise, Aussetzung des Verfahrens, richtlinienkonforme Auslegung

Schlagworte:
Darlehensvertrag, Widerruf, Beschwerde, Widerrufsrecht, Widerrufsfrist, Annahmeverzug, Vertragsschluss, Verbraucherdarlehensvertrag, Pflichtangaben, Darlehen, Darlehensnehmer, Beschwerdeverfahren, Vertragsurkunde, Verbraucher, Art und Weise, Aussetzung des Verfahrens, richtlinienkonforme Auslegung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 17.08.2020 – 5 U 2887/20
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.02.2021 – XI ZR 455/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 43781

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden.
Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über den Widerruf eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugs.
2
Die Parteien schlossen unter dem 20.06.2017 einen Darlehensvertrag über eine Nettodarlehenssumme von 10.800,00 EUR zur Finanzierung des Kaufs eines PKW BMW 318D zum privaten Gebrauch. Das Darlehen sollte in 23 monatlichen Raten in Höhe von je 392,88 EUR und einer Schlussrate in Höhe von 2.280 EUR zurückbezahlt werden. Der Kläger leistete eine Anzahlung in Höhe von 12.000,00 EUR. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlagen K 1 Bezug genommen. Der Kläger erwarb das Fahrzeug mit einem Kaufvertrag von dem Autohaus ….
3
Die Schlussrate wurde im 2. Quartal 2019 ausgeglichen, mit Schreiben vom 20.06.2019 wurde dem Kläger die Zulassungsbescheinigung Teil II übersandt (Anlage B 3).
4
Die dem Kläger überlassenen Vertragsunterlagen bestehen aus insgesamt 11 Seiten. Auf den Seiten 1 bis 3 befinden sich die Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite, auf der Seite 4 befinden sich „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ auf den Seiten 5 bis 7 ist der Darlehensantrag enthalten. Auf der Seite 8 befindet sich sodann die Widerrufsinformation. Auf den Seiten 9 bis 11 befindet sich eine Selbstauskunft des Klägers über dessen Vermögensverhältnisse sowie die Allgemeinen Darlehensbedingungen (im Folgenden auch: ADB) der Beklagten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und K 2 Bezug genommen.
5
Mit Schreiben vom 24.02.2019 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung (vgl. Anlage K 3), die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 04.03.2019 zurück (vgl. Anlage K 4). Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.04.2019 forderte der Kläger die Beklagte erneut auf, den Widerruf als wirksam anzuerkennen (vgl. Anlage K 5), dies wies die Beklagte mit Schreiben vom 10.04.2019 erneut zurück (vgl. Anlage K 6). Hinsichtlich des genauen Inhalts dieser Schreiben wird auf die jeweilige Anlage Bezug genommen.
6
Der Kläger ist der Auffassung, sein Widerrufsrecht habe fortbestanden, weil die Widerrufsfrist noch nicht angelaufen sei. In den Vertragsunterlagen werde nicht oder fehlerhaft über Pflichtangaben aufgeklärt. Nach der gesetzlichen Konzeption sei zwischen vorvertraglichen Informationen in den Europäischen Standardinformationen, die nicht Vertragsbestandteil seien, und Informationen im Rahmen des Vertragsschlusses zu unterscheiden. Angaben in vorvertraglichen Informationen könnten daher die Widerrufsfrist nicht in Gang setzen. Er folgert hieraus, dass Informationen zur Art des Darlehens und den konkreten Auszahlungsvoraussetzungen nicht im Vertrag enthalten seien.
7
Weitere Pflichtangaben seien fehlerhaft. Angaben zur Art und Weise der Anpassung des Verzugszinssatzes seien nicht hinreichend bestimmt. Die Beklagte hätte über die Ausübungsmodalitäten bei der Kündigung des Vertrages aufklären müssen. Zudem sei die Belehrung im Hinblick auf das Formerfordernis Textform unzutreffend. Im Vertrag hätte die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich angegeben werden müssen. Die Beklagte habe entgegen den gesetzlichen Vorgaben nicht über die Voraussetzungen für den Zugang zu dem außergerichtlichen Beschwerdeverfahren aufgeklärt. Im Darlehensvertrag selbst hätte zudem der Barzahlungspreis angegeben werden müssen. Auch die Information zum Tilgungsplan sei fehlerhaft.
8
Daneben entspreche die Widerrufsinformation nicht den gesetzlichen Anforderungen, da sie inhaltlich falsch und weder umfassend noch unmissverständlich sei. Da hier ein verbundener Vertrag vorliege, hätte die Beklagte nicht dahingehend belehren dürfen, dass der Verbraucher zur Rückzahlung des ausgekehrten Darlehens und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung zur Entrichtung von Sollzinsen verpflichtet sei. Die Widerrufsinformation sei auch deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte in Ziffer 10.3. der Allgemeinen Kreditbedingungen ein unzulässiges Aufrechnungsverbot zu Lasten der Klagepartei in den Vertrag aufgenommen habe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung berufen, da sie von dem Muster abweiche, weil sie keinen Tageszins angebe, eine zu kleine Schriftgröße verwendet habe und die fragliche Belehrung grob gegen europäisches Recht verstoße.
9
Mit Blick auf die nach ihrer Auffassung bestehenden Fehler beantragt die Klagepartei hilfsweise, dass Verfahren im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse des Landgerichts Saarbrücken und des Landgerichts Ravensburg an den EuGH gemäß § 148 ZPO auszusetzen.
10
Der Kläger beantragt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 23.316,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen abzüglich eines angemessenen Nutzungsersatzes in Höhe von 6.864,58 € nach Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs BMW 318D mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
2.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 1 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 633,32 € freizustellen.
11
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
12
Die Beklagte stellt hilfsweise folgenden Widerklageantrag:
Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für der Wertverlust des Fahrzeuges BMW 318d mit der Fahrgestellnummer … zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war und der über der anhand der gefahrenen Kilometer zu ermittelnden Wertersatz nach der Wertverzehrtheorie hinausgeht.
13
Der Kläger beantragt:
Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.
14
Die Beklagte meint, die Klage sei unbegründet, da der erklärte Widerruf unwirksam gewesen sei. Die Widerrufsfrist sei bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen gewesen.
15
Die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation sei ordnungsgemäß. Sie entspreche den gesetzlichen Anforderungen. Dies ergebe sich bereits aus der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB, da die Widerrufsinformation der Beklagten in jeder Hinsicht dem Muster zu dieser Vorschrift entspreche. Die Belehrung werde aber auch unabhängig davon den gesetzlichen Anforderungen gerecht.
16
Der Darlehensvertrag enthalte auch die gesetzlich vorgesehenen Pflichtangaben. Bei der Prüfung seien alle Darlehensunterlagen, die der Kläger erhalten hat, insbesondere auch die Europäischen Standardinformationen, zu betrachten. Es seien Angaben zur Art des Darlehens erfolgt. Die Auszahlungsbedingungen seien an mehreren Stellen im Vertrag aufgeführt. Über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sei korrekt aufgeklärt worden. Das einzuhaltende Verfahren bei einer Kündigung entspreche den gesetzlichen Vorgaben, wobei eine Pflicht zum Hinweis auf ein außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nicht bestehe. Die Angaben zu Vorfälligkeitsentschädigung seien ausreichend, ebenso der Hinweis auf das außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren sowie den Barzahlungspreis.
17
Entsprechend widersetzt sich die Beklagte auch einer Aussetzung nach § 148 ZPO.
18
Die Beklagte ist schließlich der Auffassung, dass die Ausübung des Widerrufsrechts des Klägers rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Der Kläger habe das Widerrufsrecht zudem mit Zahlung der Schlussrate verwirkt.
19
Der Kläger schulde jedenfalls Wertersatz für die Zeit der Nutzung des Fahrzeugs nach § 357 Abs. 7 BGB entsprechend. Hilfsweise, sollte das Gericht den Zahlungsanspruch des Klägers für begründet halten, hat die Beklagte die Aufrechnung mit Gegenansprüchen der Beklagten aufgrund des anhand der gefahrenen Kilometer nach der Wertverzehrtheorie zu ermittelnden geschuldeten Wertersatzes erklärt.
20
Die Kammer hat am 02.03.2020 mündlich zur Sache verhandelt, auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
21
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf sämtliche Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.
22
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, da er den Kreditvertrag nicht wirksam widerrufen hat.
23
Dem Kläger stand zwar nach §§ 495 Abs. 1, 491 Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht zu, da er einen Verbraucherdarlehensvertrag mit der Beklagten abgeschlossen hatte. Sein Widerruf vom 10.04.2019 ist aber nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt, da der Vertragsschluss bereits am 16.10.2014 erfolgte.
24
Die Widerrufsfrist beträgt in der Regel 14 Tage, §§ 355 Abs. 2 Satz 1, 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB. Die Widerrufsfrist beginnt mit Vertragsschluss, aber nicht bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat und die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erteilt worden sind (§§ 355 Abs. 2 Satz 2, 360 Abs. 1 und Abs. 3 BGB). Dem Kläger wurden bei Vertragsschluss die erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB mitgeteilt und eine Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB entsprechende Widerrufsinformation erteilt.
I.
25
Die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB wurden ordnungsgemäß erteilt.
26
1. Allgemein fordert das Gesetz für die Information des Verbrauchers über die Pflichtangaben, dass diese im Verbraucherdarlehensvertrag „klar und verständlich“ enthalten sein müssen (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 EGBGB). Dabei müssen die Pflichtangaben nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein. Diese können vielmehr auch „klar und verständlich“ in allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2017 - XI ZR 741/16). Für die Einheitlichkeit der Urkunde ist es ausreichend, wenn nicht in den Vertragstext selbst aufgenommene Klauselwerke, deren Einbeziehung nach dem Inhalt des Darlehnsvertrages gewollt ist, der Vertragsurkunde in einer Art und Weise beigeheftet werden, die sie auch äußerlich als Teil der Urkunde erkennbar macht (vgl. Schürnbrand in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 492, Rn. 19). Zudem genügt es, wenn die Zusammengehörigkeit einer Urkunde durch fortlaufende Paginierung oder einheitliche graphische Gestaltung zweifelsfrei erkennbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2002 - XII ZR 253/01).
27
Die streitgegenständlichen Vertragsunterlagen bestehen aus 11 Seiten, die fortlaufend mit „Seite 1 von 11“ bis „Seite 11 von 11“ nummeriert sind (Anlagen K 1 und K 2). Vorliegend wurden die Allgemeinen Darlehensbedingungen (ADB) der Beklagten als Teil der Vertragsunterlagen (Seiten 10 und 11) ausgehändigt und sind daher schon aus diesem Grund in den Vertrag wirksam einbezogen. Auf Seite 7 des Darlehensantrags direkt oberhalb der Unterschriftenzeile wird zusätzlich noch einmal auf die AGB hingewiesen.
28
Entgegen der Ansicht des Klägers ist es weiter auch ausreichend, wenn Pflichtangaben in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ enthalten sind, wenn diese - wie hier - als Teil der Darlehensvertragsurkunde ausgehändigt wird. Bei dem als Anlage K 2 vorgelegten Formular handelt es sich nämlich gerade nicht um nur separate vorvertragliche Informationen im Sinne des § 491 a BGB. Sie sind vielmehr Teil der Vertragsurkunde, wie sich klar aus der fortlaufenden Paginierung ergibt. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall aber gerade von der gleichzeitigen Übersendung eines separaten Merkblatts, wie es offenbar in dem von dem Kläger zitierten Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Urteil vom 28.03.2017 - 17 U 58/16) der Fall war. Dem Informationszweck wird durch den Abdruck der „Europäischen Standardinformation“ auf den Seiten 1 bis 3 der Vertragsunterlagen, also gleich zu Beginn und damit nicht übersehbar, auch ohne Weiteres Genüge getan. Insbesondere kann der Verbraucher durchaus damit rechnen, dass sich auf den Seiten 1 bis 3 der ihm ausgehändigten Vertragsunterlagen die gesetzliche Widerrufsfrist auslösende Informationen befinden (wiederum im Gegensatz zu dem Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Az. 17 U 58/16).
29
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2016, Az. XI ZR 434/15. Dort führt der Bundesgerichtshof aus, dass die dortige Beklagte mit der Formulierung in ihrer Widerrufsbelehrung ihren Vertragspartnern antrug, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der Erteilung bestimmter Pflichtangaben in der für gesetzliche Pflichtangaben vorgeschriebenen Form bei Vertragsschluss und nicht lediglich im Zuge der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten abhängig zu machen. Wie oben bereits ausgeführt, sind die „Europäischen Standardinformation“ im vorliegenden Fall fester Bestandteil der dem Kläger ausgehändigten Darlehensvertragsurkunde und daher gerade nicht eine nur vorvertragliche Information. Allgemeine Ausführungen dazu, dass Pflichtangaben nicht in den europäischen Standardinformationen erteilt werden könnten, soweit diese ein Teil der übergebenen Vertragsunterlagen sind, sind dem Urteil daher auch nicht zu entnehmen.
30
Zudem sind diese in der von der Klageseite vorgelegten Kopien der Dokumente in Originalgröße - auch unter Berücksichtigung der teils komplexen Sprache - noch ohne Weiteres und vor Allem ohne Lupe lesbar. Die Beklagte hat hierbei auch nicht eine derart kleine Schriftgröße verwendet, dass der Vertrag für den durchschnittlichen - also durchschnittlich intelligenten, rechtsunkundigen und über durchschnittliche Sehkraft verfügenden - Verbraucher nicht mehr in zumutbarer lesbarer Form vorläge.
31
2. Die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB erforderlichen Angaben zur Art des Darlehens sind in den Vertragsunterlagen enthalten.
32
Wie unter Ziffer 1 dargestellt, ist es insoweit ausreichend, dass sich diese Angabe in der „Europäischen Standardinformation“ auf der Seite 1 unter dem Stichpunkt „Kreditart“ befindet. Dort heißt es zutreffend „Ratenkredit mit gleichbleibenden Monatsraten, erhöhter Schlussrate und festem Zinssatz“. Zudem sind die Informationen zur Art des Darlehens auch auf der ersten Seite des Darlehensantrages, der in der Überschrift auf einen Ratenkredit hinweist, enthalten. Dort wird unter Überschrift „Zahlungsplan“ ausgeführt, dass das Darlehen in insgesamt 24 monatlichen Raten zurückzuzahlen ist und zwar mit 23 gleichbleibenden Raten in Höhe von je 392,88 EUR sowie einer Schlussrate in Höhe von 2.280,00 EUR. Aus diesen Angaben kann ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher ohne Weiteres entnehmen, dass es sich offensichtlich um ein bis zur Fälligkeit der Schlussrate befristetes Darlehen handelt, dessen Rückzahlung in 23 gleichbleibenden Raten und einer erhöhten Schlussrate erfolgt.
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3. Die Darlehensvertragsunterlagen informieren auch klar und verständlich über die Auszahlungsbedingungen gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB.
34
Diese Angaben befinden sich sowohl auf der Seite 1 der Darlehensvertragsunterlagen, als auch in dem Darlehensantrag unter der Überschrift „Auszahlung des Darlehens“. Dort wird unter Anderem ausgeführt, dass das Darlehen ausbezahlt werde, sobald die im Darlehensvertrag vereinbarten Bedingungen für die Darlehensgewährung erfüllt und die vorgesehenen Sicherheiten bestellt seien. Die Auszahlung erfolge zum Zeitpunkt der Fahrzeugauslieferung an den Verkäufer. Diese Hinweise sind ausreichend, um einen durchschnittlichen Verbraucher darüber zu informieren, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensbetrag an den Verkäufer des finanzierten Fahrzeugs bzw. die Versicherung ausbezahlt wird. Die Angaben zu den vereinbarten Bedingungen ergeben sich zudem ohne Weiteres aus dem Darlehensantrag selbst, wonach eine Anzahlung zu leisten ist bzw. ein Fahrzeug unter Anrechnung dieses Betrages in Zahlung genommen wird. Die erforderlichen Sicherheiten werden direkt über den Angaben zu den Auszahlungsbedingungen aufgeführt.
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4. Die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB erforderlichen Angaben zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie ggf. anfallenden Verzugskosten sind ebenfalls ordnungsgemäß im Vertrag aufgeführt.
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Die Angaben sind auf Seite 2 der Vertragsunterlagen unter Ziffer 3 am Ende („Kosten bei Zahlungsverzug“) und insbesondere auch auf dem Darlehensantragsformular (Seite 5) selbst unter „Wichtige Hinweise“, „Ausbleibende Zahlungen“ enthalten. Dort heißt es:
„Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins pro Jahr (…) berechnet.“
37
Damit wird den Anforderungen an eine klare und verständliche Angabe Genüge getan.
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Aus Gründen der Transparenz ist nicht die konkrete Angabe des Verzugszinssatzes erforderlich (LG Heilbronn, Urteil vom 24.01.2018 - Ve 6 O 311/17 m.w.N.; Mülller-Christmann in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Auflage 2018, Art. 247 § 3 EGBGB, Rn. 8). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist offen, ob und wann der Darlehensnehmer jemals in Verzug gerät. Die Ermittlung des zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Zinssatzes ist dem verständigen Verbraucher möglich und zumutbar, da der jeweilige Basiszinssatz eindeutig durch die Deutsche Bundesbank festgelegt wird und dem Verbraucher ohne Weiteres zugänglich ist. Selbst die Zwangsvollstreckung aus einem Titel mit einer derartigen Angabe ist möglich. Die Beklagte war nicht gehalten, präziser oder umfassender als der Gesetzgeber zu formulieren (BGH, Urteil vom 22.11.2016 - XI ZR 434/15; OLG München, Beschluss vom 30.07.2018 - 17 U 1469/18).
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5. Mit der Benennung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf Seite 5 der Vertragsunterlagen (Anlage K 1) hat die Beklagte auch die Pflichtangabe hinsichtlich der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erfüllt (vgl. Knops in BeckOGK, Stand 01.09.2018, § 492 BGB, Rn. 18; Roth in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Auflage 2016, EGBGB Art. 247 § 6, Rn. 4).
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6. Entgegen der Auffassung des Klägers sind keine Informationen zum außerordentlichen Kündigungsrecht des Darlehensnehmers gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB erforderlich. Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB ist der Darlehensnehmer nicht über sämtliche Kündigungsmöglichkeiten, die das nationale Recht kennt, zu informieren, sondern die Informationspflicht des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB hinsichtlich der dem Darlehensnehmer zustehenden Kündigungsrechte ist auf das nur bei unbefristeten Darlehensverträgen anwendbare verbraucherdarlehensspezifische Kündigungsrecht aus § 500 Abs. 1 BGB beschränkt. Eine erschöpfende Aufzählung aller auch nur theoretisch in Betracht kommender Kündigungsmöglichkeiten würde nicht zur klaren und verständlichen Information der Pflichtangaben beitragen. Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Mit Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB wollte der nationale Gesetzgeber die Richtlinienvorgaben aus Art. 10 Abs. 2 Buchstabe s der Verbraucherkreditrichtlinie umsetzen, wonach der Verbraucher in „klarer, prägnanter“ Form über die „einzuhaltenden Modalitäten bei der Ausübung des Rechts auf Kündigung des Kreditvertrages zu informieren ist“. Das einzige in der Kreditrichtlinie vorgesehene Kündigungsrecht ist jenes aus Art. 13 Verbraucherkreditrichtlinie, welches durch § 500 Abs. 1 BGB umgesetzt wurde. Diese Auslegung des nationalen Rechts steht auch im Einklang mit der Verbraucherkreditrichtlinie. Diese erfordert keine Angaben über alle nach nationalem Recht in Betracht kommenden Kündigungstatbestände. In Art. 10 Abs. 2 Buchstabe s ist von einem bestimmten Kündigungsrecht, über das Angaben zu machen sind, die Rede, nicht aber von einer Mehrzahl von Kündigungsrechten (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 - XI ZR 650/18).
41
7. Die Beklagte hat die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ordnungsgemäß erteilt. Die erforderlichen Angaben befinden sich unter Ziffer 4 der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“. Sie befinden sich weiter unter Ziffer 4.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten.
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Mit der Vorschrift des Art. 247 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB hat der nationale Gesetzgeber Art. 10 Abs. 3 Buchstabe r Verbraucherkreditrichtlinie umgesetzt, wonach in „klarer, prägnanter Form“ im Kreditvertrag „das Recht auf vorzeitige Rückzahlung, das Verfahren bei vorzeitiger Rückzahlung und gegebenenfalls Informationen zum Anspruch des Kreditgebers auf Entschädigung sowie Art und Berechnung dieser Entschädigung“ anzugeben sind. Der Anspruch auf vorzeitige Rückzahlung ergibt sich aus § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach der Darlehensgeber im Falle der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen kann, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet. Weitergehende Angaben zur Berechnungsmethode lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen. Maßgeblich nach dem Willen des Gesetzgebers ist, dass der Verbraucher die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehen und seine Belastung im Fall einer vorzeitigen Darlehensablösung zutreffend abschätzen kann (vgl. Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, BT-Drs. 16/11643, S. 87). Die Angaben der Beklagten genügen diesen Anforderungen.
43
Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode ist es ausreichend, wenn der Darlehensgeber für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentliche Parameter in groben Zügen benennt. Dem hat die Beklagte durch die mit dem Wort „insbesondere“ eingeleiteten Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung genügt, indem sie die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof maßgeblichen Parameter benennt und sich damit gleichzeitig auf die Aktiv/Aktiv Methode festgelegt. Die finanzmathematische Bezeichnung der „Aktiv-Aktiv-Methode“ oder der „Aktiv-Passiv-Methode“ bedurfte es daneben nicht, weil dies für den Verbraucher keinen Informationsmehrwert hat.
44
Die Angaben sind auch im Übrigen geeignet, dem Darlehensnehmer die zuverlässige Abschätzung seiner finanziellen Belastung im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung zu ermöglichen. Die Beklagte hat in Absatz 3 im Wesentlichen wortgleich die Kappungsgrenze des § 502 Abs. 3 BGB übernommen. Die Wiedergabe des Gesetzestextes kann weder unklar noch unverständliche sein. Des Weiteren hat die Beklagte die Entschädigung zulässig auf 75,00 EUR pauschaliert und den Nachweis der Entstehung eines geringeren Schadens oder dessen Ausbleibens nach Maßgabe des § 502 Abs. 3 BGB eröffnet (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 - 650/18). Aus diesen Angaben ist für den Verbraucher klar ersichtlich, wo die Obergrenze der Vorfälligkeitsentschädigung liegt und dass sich dieser Betrag noch nach Maßgabe des § 502 Abs. 3 BGB reduzieren kann.
45
8. Die Darlehensvertragsunterlagen informieren auf Seite 5 unten unter dem Stichpunkt „Ombudsmannverfahren“ klar und verständlich gemäß Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB über den Zugang des Darlehensnehmers zu einem außergerichtlichen Beschwerdeverfahren bei dem Bundesverband deutscher Banken e.V. einschließlich der Anschrift und der Internetadresse. Eine Belehrung über die Voraussetzungen der Zulässigkeit eines solchen Verfahrens waren hingegen nicht erforderlich. Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB fordert im Einklang mit Art. 10 Abs. 2 Buchstabe s der Verbraucherkreditrichtlinie, dass lediglich „gegebenenfalls“ die Voraussetzungen des Zugangs zu dem Verfahren aufgeführt werden. Da für die Schlichtung vorliegend keine besonderen Zugangsvoraussetzungen bestehen, sondern diese jedem Verbraucher offen steht, war kein weitergehender Hinweis erforderlich.
46
9. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich darauf, die Beklagte habe den Kläger nicht hinreichend über den Barzahlungspreis im Sinne des Art. 247 § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. a EGBGB informiert. Der Barzahlungspreis ist der Preis, den der Käufer zu entrichten hätte, wenn er bei Übergabe der Sache in voller Höhe fällig würde (BT-Drs. 16/11643, S. 132). Die Beklagte hat den Barzahlungspreis unstreitig in den „Europäischen Informationen für Verbraucherkredite“, die gemäß obiger Ausführungen ebenfalls beachtlich sind, genannt. Darüber hinaus ergibt sich auch aus dem Darlehensantrag der Kaufpreis, der ohne Anzahlung und Darlehen zum Erwerb des Kfz zu zahlen wäre. Die Bezeichnung als „Fahrzeugkaufpreis/Reparaturpreis“ schadet hierbei nicht. Die gesetzliche Informationspflicht setzt nicht voraus, dass der Begriff genannt wird.
47
10. Die Beklagte hat auch klar und verständlich auf den Anspruch auf einen Tilgungsplan hingewiesen, Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB. Auf Seite 5 innerhalb des Darlehensantrags steht in der Mitte der Seite fettgedruckt:
„Tilgungsplan
Der Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer kann von der Beklagten jederzeit einen Tilgungsplan verlangen.“
48
Diese Angaben sind ausreichend, um einen durchschnittlich verständigen Verbraucher klar und verständlich darüber zu informieren, dass er von der Bank jederzeit einen Tilgungsplan verlangen kann. In dem Gesetzestext von Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 14 EGBGB wie § 492 Abs. 3 Satz 2 BGB ist von der Kostenlosigkeit dieses Tilgungsplanes indes nicht die Rede.
49
Ein weiterer Hinweis in den ADB der Beklagten war daneben nicht erforderlich, sodass offen bleiben kann, ob der dort erfolgte Hinweis dem Deutlichkeitsgebot genügt.
II.
50
Die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB erfolgten ebenfalls ordnungsgemäß. Die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation entspricht den gesetzlichen Bestimmungen.
51
Jedenfalls kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion durch unveränderte Übernahme des vorgesehenen Musters nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen. Die Beklagte hat die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB gestaltet. Der Text der Widerrufsinformation ist wortgleich, die Gestaltungshinweise sind zutreffend umgesetzt. Gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB genügt die Belehrung daher den gesetzlichen Anforderungen.
52
1. Dass die Beklagte den Darlehensnehmer im Gegensatz zum Muster direkt angesprochen hat, ist nach den Gestaltungshinweisen zur Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB ausdrücklich zulässig.
53
2. Die Widerrufsbelehrung ist auch hinreichend hervorgehoben und von ausreichend großer Schrift. Sie kann bei normaler Sehkraft ohne Hilfsmitttel ohne Schwierigkeiten gelesen werden.
54
3. Die Belehrung ist auch hinsichtlich der Widerrufsfolgen nicht fehlerhaft, soweit es darin heißt, dass der Darlehensnehmer das Darlehen spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung den vereinbarten Sollzins zu entrichten habe.
55
Dies entspricht dem Gestaltungshinweis (6c) des Musters (vgl. Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB). Es handelt sich vorliegend auch um einen Darlehensvertrag zur Finanzierung der Überlassung einer Sache, da der Erwerb des Fahrzeugs auch dessen Überlassung an den Erwerber beinhaltet. Die Beklagte hat sich insoweit an die gesetzlichen Vorgaben in Artikel 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB gehalten, der vom Darlehensgeber einen Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers fordert, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzubezahlen und Zinsen zu vergüten.
56
Die Besonderheiten der Rückabwicklung bei weiteren Verträgen wird in der Widerrufsinformation unmittelbar im Anschluss dargestellt. Dort ist unter Anderem auch erläutert, dass der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag eintritt, wenn das Darlehen dem Unternehmer bereits zugeflossen ist. Hiermit hat die Beklagte die Formulierung des Gesetzgebers in § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB übernommen, die der gesetzlichen Musterbelehrung nach Artikel 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB entspricht.
57
4. Die Widerrufsbelehrung begegnet insoweit keinen Bedenken, als für den Beginn der Widerrufsfrist auf die Erteilung der „Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB“ Bezug genommen wird (sog. „Kaskadenverweisung“).
58
Die Beklagte kann sich hier auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB berufen, da sie gegenüber dem Kläger in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung durch eine Gegenüberstellung deutlich gemacht, dass sie das Muster übernommen hat.
59
Dem steht auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 26.3.2020 (Rechtssache C-66/19) nicht entgegen.
60
Zur Formulierung selbst hat der Bundesgerichtshof in der Sache z.B. mit Beschluss vom 19.03.2019 festgestellt, dass eine derartige Formulierung „klar und verständlich“ ist (Az. XI ZR 44/18). Selbst wenn die Musterbelehrung nicht europäischem Recht genügte, könnte sich die Klagepartei hierauf nicht berufen. Die Gerichte sind an das Gesetz und damit auch Art. 247 Abs. 2 Satz 3 EGBGB gebunden. Der Gesetzgeber hat der Musterwiderrufsbelehrung bewusst Gesetzesrang verliehen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Der Text der Musterwiderrufsbelehrung enthält die fragliche Verweisung. Eine Auslegung dahingehend, dass die Musterwiderrufsbelehrung oder einzelne Formulierungen an europäischen Richtlinien zu messen wären oder eine Auslegung im Licht dieser Richtlinie lässt der Gesetzeswortlaut nicht zu. Eine entgegenstehende richtlinienkonforme Auslegung des insoweit eindeutigen deutschen Gesetzes scheidet damit aus (BGH, Beschluss vom 19.03.2019 - XI ZR 44/18).
61
Selbst ein Verstoß gegen europäische Richtlinien würde hieran nichts ändern - derartige Verstöße könnten nur auf europäischer Ebene in einem Vertragsverletzungsverfahren geltend gemacht werden.
62
5. Das Aufrechnungsverbot in Ziffer 10.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen führt weder dazu, dass die Widerrufsinformation fehlerhaft wird noch dass ihr die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB verwehrt wird.
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a) Soweit die ADB unter Ziffer 10.3. eine Aufrechnung nur mit unbestrittenen bzw. rechtskräftig festgestellten Forderungen zulassen, ist diese Klausel zwar nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.03.2018, Az. XI ZR 309/16, unwirksam. Wie der Bundesgerichtshof dort ausgeführt hat, hält er an seiner früheren gegenteiligen Rechtsprechung nach erneuter Überprüfung nicht mehr fest.
64
Diese Entscheidung ist jedoch nicht in einem Widerrufsverfahren ergangen, sondern es handelte sich um die Klage eines Verbraucherschutzverbandes, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKIaG eingetragen war und betraf die Klauselkontrolle der Allgemeinen Darlehensbedingungen. Dass der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung vom 20.03.2018 bei der Klauselkontrolle die Auswirkungen auf einen eventuellen Widerruf überprüft, ist dabei nicht gleichzusetzen mit der Frage, ob hierdurch die Widerrufsinformation fehlerhaft wird.
65
Die Unwirksamkeit der Klausel hat vielmehr keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung, da die im Vertrag enthaltene Widerrufsbelehrung als solche zutreffend ist, indem sie die Rechtslage korrekt wiedergibt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 03.07.2018 - XI ZR 758/17). Der Zweck der Widerrufsinformation, nämlich den Darlehensnehmer über sein Widerrufsrecht zu informieren, wird dadurch nicht beeinträchtigt.
66
So hat der Bundesgerichtshof auch in seinem Urteil vom 16.12.2015 (Az. IV ZR 71/14) im Zusammenhang mit einem Darlehenswiderruf ausgeführt:
„Entgegen dem Vorbringen der Revisionserwiderung war die Widerrufsbelehrung - den Abschluss des Darlehensvertrags als Fernabsatzgeschäft unterstellt - auch nicht in einer Zusammenschau mit dem „Wichtige[n] Hinweis“ undeutlich. Der vorformulierte Hinweis war aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden (…) verständlich. Darüber hinaus wird eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, wie hier drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten“.
67
Die in Ziffer 10.3. der ADB enthaltene Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit auf unbestrittene bzw. rechtskräftige Forderungen bezieht sich zudem (anders als z.B. die Nennung von Pflichtangaben) nicht auf die Widerrufsinformation selbst, sondern kommt nur in den Fällen zum Tragen, in denen der Darlehensnehmer mit eigenen Forderungen aufrechnen möchte. Dies kann sich im Falle eines Widerrufs gerade erst nach erfolgter Widerrufserklärung auswirken. Dass ein verständiger Darlehensnehmer sich dadurch von einem Widerruf abhalten lassen würde, sieht das Gericht nicht.
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b) Wie bereits oben ausgeführt, kann sich die Beklagte hier außerdem auf die Schutzwirkung des Musters berufen.
69
Der Gesetzgeber hat die Muster gezielt auf die Ebene des formellen Gesetzes verankert, um einem Streit über ihre Wirksamkeit von vorneherein den Boden zu entziehen. Die Muster dürfen daher von den Gerichten im Grundsatz nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft werden. Soweit der Darlehensgeber das einschlägige Muster ordnungsgemäß verwendet, kommt diesem die Gesetzlichkeitsfiktion zu (vgl. Schürnbrand/Weber in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, EGBGB Art. 247 § 6, Rn. 2). Nach diesen Grundsätzen wird die Widerrufsbelehrung nicht durch die von der Beklagten verwendeten ADB beeinflusst, da eine Überprüfung wegen des Gesetzesrangs der Musterwiderrufsbelehrung nicht zulässig ist. Eine Berücksichtigung von Klauseln, die sich außerhalb der Widerrufsbelehrung befinden, würde zudem zu einer für den Verwender unzumutbaren Rechtsunsicherheit führen, die durch die Musterwiderrufsbelehrung gerade vermieden werden soll.
III.
70
Nachdem der Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen wurde, kann auch ein Verzug der Beklagten mit der Annahme des Fahrzeugs nicht festgestellt werden und besteht kein Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten, die durch die Geltendmachung von Rechten aus dem erklärten Widerruf entstanden sind.
IV.
71
Auch eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO kommt nicht in Betracht. Auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Saarbrücken ist zwischenzeitlich die oben genannte Entscheidung des EuGH vom 26.03.2020 (Rechtssache C-66/19) ergangen. Insoweit scheidet eine Aussetzung von vornherein aus. Auch eine Aussetzung im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Ravensburg ist nicht geboten. Soweit die Widerrufsbelehrung selbst in Frage gestellt wird, folgt dies bereits aus der Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung. Auf obige Ausführungen wird Bezug genommen. Darüberhinaus hat die Klagepartei keinen Punkt aufzeigen können, in welchem die Übereinstimmung mit Europäischem Recht zweifelhaft erscheint. Auch insoweit wird auf obige Ausführungen Bezug genommen.
B.
72
Da die Klage abzuweisen war, ist die Bedingung, unter der die Hilfswiderklage erhoben worden ist, nicht eingetreten. Somit bedurfte es keiner Entscheidung über den im Rahmen der Hilfswiderklage gestellten Feststellungsantrag der Beklagten.
C.
73
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 709 ZPO.
Verkündet am 20.04.2020