Inhalt

FG Nürnberg, Urteil v. 23.11.2020 – 4 K 1100/19
Titel:

Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils

Normenketten:
BGB § 428, § 1008, § 1589 S. 1, § 1591
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2 S. 1, Nr. 3, Nr. 6
AO § 42
FGO § 100 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Auseinandersetzung einer Miteigentümergemeinschaft (Bruchteilsgemeinschaft) kann auch dann nicht einer Nachlassteilung gleichgestellt werden, wenn im Ergebnis zum Erbantritt berufene Personen daran beteiligt sind, die Grundstücke aber bereits aus dem Nachlass ausgeschieden sind.
2. Die Übertragung und der Tausch der der im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorher von den Eltern auf die Geschwister übertragenen Miteigentumsanteile stellt sich in der vorliegenden Fallgestaltung nicht als abgekürzter Übertragungsweg dar, der eine Grunderwerbsteuerbefreiung entsprechend den Grundsätzen des Urteils BFH II R 38/15 vom 7. 8. 2018 begründen könnte, da nicht dargelegt wird oder nachweisbar ist, dass der nachgelagerte Grundstückstausch zwischen den Geschwistern auf den Willen der Eltern beruht. Der Tausch stellt sich vielmehr als eine Auseinandersetzung der Geschwister untereinander dar, um eine (einfachere) Verwaltung der jeweiligen Häuser durch einen der Geschwister alleine zu ermöglichen und eine Vermögenszuordnung der Grundstücke zum Alleineigentum zu erreichen.
Schlagwort:
Grunderwerbsteuer
Rechtsmittelinstanz:
BFH München, Beschluss vom 25.05.2021 – II B 87/20
Fundstellen:
StEd 2021, 203
ErbStB 2021, 243
EFG 2021, 1048
LSK 2020, 43552
ZEV 2021, 342
BeckRS 2020, 43552

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1
Streitig ist, ob die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem mit einem Wohnhaus und Nebengebäude bebauten Grundstück, eingetragen im Grundbuch von 1 für den Amtsgerichtsbezirk 1, Str. 1, Wohnhaus, Hofraum, Garten, Nebengebäude, 451 qm - vom Bruder des Klägers, A, auf den Kläger mit notariellem Vertrag vom 12.04.2019 von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
2
Mit notariellem Auseinandersetzungsvertrag vom 12.04.2019 des Notars B, URNr. /2019, 2, übertrug der Kläger seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstück, eingetragen im Grundbuch von 3 des Amtsgerichts 4, Str. 2, Hof- und Gebäudefläche, 710 qm - im Tausch gegen die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem mit einem Wohnhaus und Nebengebäude bebauten Grundstück, eingetragen im Grundbuch von 1 für den Amtsgerichtsbezirk 1, Str. 1, Wohnhaus, Hofraum, Garten, Nebengebäude, 451 qm auf seinen Bruder. Die Vertragsparteien gingen laut Notarvertrag davon aus, dass der Wert des vom Kläger auf seinen Bruder übertragenen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück in 4 350.000 € beträgt. Zum Ausgleich der unterschiedlichen Grundstückswerte verpflichtete sich der Bruder des Klägers zur Zahlung von 24.000 € an den Kläger. Weiterhin wurde der Kläger aus der gemeinsamen Haftung der noch mit 150.000 € valutierenden Grundschulden des Objektes in 4 entlassen. Die ggf. anfallenden Steuern sollten laut Notarvertrag je zur Hälfte vom Kläger und seinem Bruder getragen werden.
3
Dem Auseinandersetzungsvertrag vom 12.04.2019 gingen folgende notarielle Übertragungen voraus:
4
Mit notariellem Vertrag vom 15.07.1993 des Notars C, URNr. /1993, 2, übertrugen die Eltern des Klägers, D und E, das Eigentum an dem im Grundbuch von 3 des Amtsgerichts 4 und an dem im Grundbuch von 1 des Amtsgerichts 1 jeweils eingetragenen Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge schenkungshalber zu je einem Drittel (ideelle Anteile) auf den Kläger und die beiden Brüder des Klägers, A und F. Die Kläger und seine beiden Brüder verpflichteten sich im Gegenzug, den Eltern ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht gemäß § 428 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sowohl an dem Grundbesitz in 4 als auch an dem Grundbesitz in 1 einzuräumen. Darüberhinausgehende Erklärungen der Eltern als Übertragende des Grundbesitzes enthält der Vertrag nicht.
5
Mit notariellem Vertrag vom 17.02.2004 des Notars C, URNr. /2004, 2, verkaufte und übertrug F seine ideellen 1/3 Miteigentumsanteile an dem im Grundbuch von 3 des Amtsgerichts 4 und an dem im Grundbuch von 1 des Amtsgerichts 1 jeweils eingetragenen Grundbesitz auf seine Eltern je zur ideellen Hälfte. Der Kaufpreis betrug 231.403,56 €. Der Übertragende F schuldete laut Notarvertrag seinen Eltern aus mehreren Darlehen einen Betrag in Höhe des errechneten Kaufpreises von 231.403,56 €. Die Darlehensrückzahlungsforderungen wurden mit der Kaufpreissumme verrechnet. Soweit das für die Eltern bestellte Nießbrauchsrecht auf dem Grundbesitz von F lastete, wurde die Löschung dessen jeweils bewilligt und beantragt.
6
Mit weiterem notariellem Vertrag vom 15.08.2005 des Notars C, URNr. /2005, 2, übertrugen die Eltern des Klägers ihre ideellen 1/6 Miteigentumsanteile an dem im Grundbuch von 3 des Amtsgerichts 4 und an dem im Grundbuch von 1 des Amtsgerichts 1 jeweils eingetragenen Grundbesitz schenkungshalber je zur Hälfte (ideelle Anteile) auf den Kläger und seinen Bruder A. Der Kläger und sein Bruder A verpflichteten sich im Gegenzug zur Übernahme der auf den Grundstücken beruhenden Lasten. Darüberhinausgehende Erklärungen der Eltern als Übertragende des Grundbesitzes enthält der Vertrag nicht.
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Am 10.05.2018 verstarb der Vater des Klägers als Letztversterbender der Eltern.
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Zur Teilung der durch diese Grundstücksübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zwischen dem Kläger und seinem Bruder A entstandenen Grundstücksgemeinschaften wurden die Miteigentumsanteile mit notariellem Vertrag vom 12.04.2019 so getauscht, dass der Kläger alleiniger Eigentümer des Grundstücks in 1 und sein Bruder A alleiniger Eigentümer des Grundstücks in 3 wurde.
9
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 03.05.2019 Grunderwerbsteuer gegenüber dem Kläger für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück in 1, Str. 1, in Höhe von 4.392 € fest. Dabei ging es von einer Bemessungsgrundlage von 125.500 € aus, die das Finanzamt aus dem Wert des als Gegenleistung hingegebenen hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück in 4 von 350.000 €, abzüglich der erhaltenen Aufzahlung von 24.000 € und abzüglich der Entlassung aus der Grundschuld von 75.000 € berechnete. Entsprechend der im Notarvertrag vom 12.04.2019 vereinbarten hälftigen Tragung der Steuern für diesen Übertragungsvorgang halbierte das Finanzamt die Bemessungsgrundlage nochmals und setzte mit weiterem Bescheid Grunderwerbsteuer gegenüber dem Bruder des Klägers fest.
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Mit Schreiben vom 28.05.2019 legte der Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt Z, Einspruch gegen den Bescheid vom 03.05.2019 ein und führte zur Begründung an, dass die ursprünglichen Schenkungen der Miteigentumsanteile durch die Eltern grunderwerbsteuerfrei gewesen wären und eine freigebige Zuwendung unter den Geschwistern nicht vorliege. Allerdings hätten die Eltern ihren Kindern jeweils ein Grundstück mit der Auflage von Ausgleichszahlungen schenken können. Zwar hätten der Kläger und sein Bruder Bruchteilseigentum von den Eltern erworben, hätten sie die Grundstücke jedoch geerbt und eine Erbengemeinschaft auseinandergesetzt, wäre die Auseinandersetzung grunderwerbsteuerfrei gewesen. Der Begriff des Nachlasses sei weit auszulegen, eine Eigentümergemeinschaft sei wie eine Erbengemeinschaft eine Zwangsgemeinschaft. Auch hätten die Eltern ihre Kinder gleichmäßig bedenken wollen und der Tausch setze dies nun wirtschaftlich um.
11
Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos; der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 05.07.2019, auf die im Einzelnen verwiesen wird, als unbegründet zurückgewiesen.
12
Das Finanzamt führte zur Begründung aus, die Übertragung der sachenrechtlich dem einen Miteigentümer zustehenden Grundstückshälfte auf den anderen Miteigentümer sei ein grunderwerbsteuerrechtlicher Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr.1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Die mit der Urkunde vom 12.04.2019 vollzogene Übertragung des Miteigentumsanteils am Grundstück in 1, Str. 1, stelle einen steuerpflichtigen Rechtsträgerwechsel an einem inländischen Grundstück dar. Eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG scheide im hier vorliegenden Fall aus, da keine Schenkung des Bruders an den Kläger vorliege. Die Tauschleistungen einschließlich der zusätzlichen Leistungen aus der obigen Urkunde stünden sich, wie der Kläger selbst anführe, als Leistung und Gegenleistung gegenüber. Gemäß § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG sei von der Besteuerung der Erwerb eines zum Nachlass gehörenden Grundstückes durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Besteuerung ausgenommen. Die vom Tauschvertrag mit Urkunde vom 12.04.2019 betroffenen Grundstücke hätten sich bereits seit 2005 endgültig nicht mehr im Eigentum der Eltern des Klägers befunden und seien auch nicht in den Nachlass einer Erbengemeinschaft, an welcher der Kläger beteiligt gewesen wäre, übergegangen, sondern gehörten seit 2005 dem Kläger und seinem Bruder und jetzigen Tauschpartner zu Miteigentum nach § 1008 BGB. Dass das Grundstück nicht mehr „zum Nachlass“ gehört habe, räume der Kläger in seinem Schreiben vom 28.05.2019 selbst ein.
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Nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG sei von der Besteuerung der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt seien oder deren Verwandtschaft durch die Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen sei, ausgenommen. Verwandte in gerader Linie seien Personen, deren eine von der anderen abstamme (§§ 1589 Satz 1, 1591 ff. BGB). Von den Verwandten in gerader Linie seien die Verwandten in der Seitenlinie, also von Personen, die von derselben Person abstammten (§ 1589 Satz 2 BGB), zu unterscheiden. Diese Personen (z.B. Geschwister) gehörten nicht zu dem nach § 3 Nr. 6 GrEStG begünstigten Personenkreis (unter Hinweis auf Meßbacher-Hönsch, in Boruttau, GrEStG-Kommentar, § 3 Rn. 403). Der Kläger und sein Tauschpartner seien Brüder und somit nicht Verwandte in gerader Linie. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG scheide somit aus.
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Allerdings könne sich aus der Zusammenschau zweier Befreiungsvorschriften eine Steuerbefreiung ergeben, die im Wortlaut der Einzelvorschriften, je für sich allein betrachtet, nicht zum Ausdruck komme (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 20.12.2011 II R 42/10, BFH/NV 2012, 1177). Insbesondere könne sich aufgrund interpolierender Betrachtung eine Steuerbefreiung ergeben, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Weg darstelle und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären (unter Hinweis auf Boruttau/Meßbacher-Hönsch, GrEStG-Kommentar, § 3 Rn. 33). Der Interpolation als Auslegungsmethode seien jedoch Schranken gesetzt. So dürfe diese immer nur an einen real verwirklichten, nicht aber an einen fiktiven Sachverhalt, anknüpfen. Des Weiteren dürfe kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO) vorliegen.
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Der Kläger und sein Bruder hätten im Jahr 2005 an jedem der beiden Grundstücke einen halben Miteigentumsanteil erlangt. Genau damit seien die Brüder gleichermaßen bedacht worden. Eine Schenkung jeweils eines ungeteilten Grundstücks durch die Eltern mit der Auflage, Wertunterschiede auszugleichen, wäre zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen. Eine solche Auflage sei von den Eltern jedoch nicht vorgesehen worden. Somit erweise sich der jetzige Tausch unter den Brüdern nicht als abgekürzter Weg einer freigebigen Zuwendung von Seiten der Eltern. Die Übertragungen seien bereits in den Jahren 1993 und 2005 erfolgt. Unentgeltliche Übertragungen zwischen Geschwistern seien nur dann von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn die Übertragung auf dem Willen des schenkenden Elternteils beruhe und von diesem veranlasst worden sei und sie daher einer solchen zwischen dem Elternteil und dem erwerbenden Kind gleichkomme (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 07.11.2018 II R 38/15). Der Anknüpfungspunkt müsse, wie oben dargelegt, der verwirklichte und nicht ein hypothetischer Sachverhalt oder eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise sein. Damit unterscheide sich der vorliegende Fall deutlich von den Urteilsfällen des Bundesfinanzhofes in den Entscheidungen vom 16.12.2015 und 07.11.2018, in denen die Eltern jeweils entsprechende Übertragungen verfügt hätten.
16
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hiergegen Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
17
Die Eltern des Klägers hätten auch jeweils ein Grundstück einem Geschwisterteil schenken können und der Grundstückserwerb durch die bedachten Kinder wäre sodann steuerfrei gewesen. Die Eltern hätten mit der jeweiligen Schenkung auch verfügen können, dass eine Ausgleichszahlung der Brüder untereinander erfolgen solle oder von solchen insgesamt abzusehen sei. Mit Grundstücksübertragungsverträgen von 1993 und 2005 sei das Grundstück auf die Geschwister im Wege der vorweggenommenen Erbfolge „zu je einem ideellen“ Teil übertragen worden. Folglich gehöre das Grundstück nicht mehr „zum Nachlass“ des letztversterbenden Elternteils und sei nicht in das Vermögen einer Erbengemeinschaft nach dem Vater gefallen. Es sei festzuhalten, dass die vorliegenden Grundstücksübertragungen in 2019 zwischen den Geschwistern als potentielle (Mit-)Erben nach dem Vater zur faktischen Vereinigung der ursprünglich zum Vermögen der Eltern gehörenden Grundstücke in einer Hand erfolgt seien, um den Erwerb eines „ungeteilten“ Grundstücks durch einen „Erben“ zu ermöglichen. Der Erwerb durch Testat, so die Schenkung nicht bereits in 1993 und 2005 erfolgt wäre, wäre grunderwerbsteuerbefreit. Der Begriff des Nachlasses im Sinne des § 3 Nr. 3 GrEStG gehe über den Begriff des § 2031 BGB dergestalt hinaus, als er alle Erwerbe des Erben zur Steuerberechnung einbeziehe. Nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG solle aber gerade eine doppelte Besteuerung unterbleiben. Es sei daher systematisch und dogmatisch konsequent, den Begriff des Nachlasses im Sinne der Vorschrift weit auszulegen und nicht durch die Begriffsbestimmung im Bürgerlichen Gesetzbuch einzuschränken. Der Gesetzgeber habe der Erbengemeinschaft die Möglichkeit einräumen wollen, das Grundstück zur zukünftig einfacheren, leichteren Bewirtschaftung durch eine (oder weniger) Hände steuerfrei zu übertragen. Um diesen Vorgang der Vereinigung von Anteilen wirtschaftlich zu erleichtern, habe der Gesetzgeber den Erwerbsvorgang in § 3 Nr. 3 GrEStG privilegiert. Die Intention des Gesetzgebers folge der Wahrnehmung, dass die kostenintensive Bewirtschaftung eines Grundstücks (bzw. Gebäudes) umso leichter falle, je weniger Beteiligte Einfluss auf die notwendigen Entscheidungen nehmen könnten. Das Handeln gegen den Willen eines Miteigentümers sei hier schlechterdings nicht möglich. Nichts anderes gelte für die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gebildete Eigentümergemeinschaft. Sie bilde zwar keine Gesamthandgemeinschaft im Sinne des Erbrechts, sei aber eine der Erbfolge entsprechende Zwangsgemeinschaft an einem Grundstück. Die sich ergebenden tatsächlichen Probleme aus den Gemeinschaften glichen sich ebenfalls. Es sei somit festzustellen, dass der Vorgang einer Auseinandersetzung des Miteigentums durch Anteilserwerb eines Miteigentümers dann einer (Nachlass-)Teilung entspreche, als im Ergebnis zum Erbantritt berufene Personen am Vertrag beteiligt seien. Und der Gesetzgeber habe gerade den Erwerb durch zum Erbe berufener Personen privilegieren wollen. Eine solche Auseinandersetzung sei gerade mit dem hiesigen Notarvertrag erfolgt.
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Der vom Finanzamt abgelehnten interpolierenden Betrachtungsweise könne man entgegenhalten, dass im hier zu entscheidenden Fall keine „Verpflichtung“ zur Übertragung vorliege, der Erwerb mithin nicht in Erfüllung einer Auflage erfolgt sei und daher die Möglichkeit eines Gestaltungsmissbrauchs im Sinne des § 42 AO in Betracht käme. Dies insbesondere, wenn die Kinder auf den Vater übertragen hätten, um dann jeweils ein ungeteiltes Grundstück zu erhalten (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 16.12.2015, II R 49/14). Es sei jedoch unbedeutend, ob vorliegend in den Notarverträgen aus den Jahren 1993 oder 2005 eine Regelung dahingehend getroffen worden sei, dass ein Vorkaufsrecht eines Geschwisterteils bestimmt werde oder dass die Vereinigung der Anteile vorzunehmen sei, sobald die Geschwister sich über die Aufteilung der Grundstücke einig seien und diese wirtschaftlich tragen könnten. Die Verpflichtung zu einem solchen Austausch könne kein zwingendes Kriterium für die Annahme einer Steuerbefreiung sein. Auch sei sie kein Tatbestandsmerkmal für die Anwendung einer Ausnahmevorschrift des § 3 GrEStG innerhalb einer interpolierenden Betrachtung der Ausnahmeregelungen.
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Die Verpflichtung in einem Notarvertrag bei der ursprünglichen Schenkung stelle allenfalls ein Indiz für das Motiv des Schenkers dar. Dieses Indiz lasse sich vorliegend aber auch daraus ziehen, dass es a) allgemeinbekannt sei, dass Eltern ihre Kinder regelmäßig gleichmäßig bedenken und b) im vorliegenden Fall genau solch eine gleichmäßige Schenkung durch anteilsmäßige Übertragung der Grundstücke erfolgte, sobald Einigkeit erzielt und diese wirtschaftlich umsetzbar gewesen sei. Es sei mithin Wunsch des Schenkers (der Eltern als mögliche Erblasser), die Kinder aus einer familiären Hand gleichmäßig zu bedenken. Genau diesem Wunsch sei der Kläger durch Übertragung seines Anteils und Erwerb des brüderlichen Anteils unter Ausgleichszahlung nachgekommen. Auch im vorliegenden Fall sei mithin die Übertagung unter Ausgleichszahlung in Erfüllung des Willens der Eltern und zur Vereinigung in einer Hand erfolgt. Wesentlich sei somit für die Anwendung der Befreiungsvorschriften in interpolierender Betrachtung, dass die Übertragung auf dem Willen der (schenkenden) Eltern beruhen müsse/solle. Dem sei soweit zuzustimmen, als dass der tatsächliche oder mutmaßliche Wille der Eltern dem Erwerbsvorgang die Prägung gebe. Es könne jedoch nicht Voraussetzung sein, dass dieser Wille in der notariellen Schenkungsurkunde verpflichtend niedergelegt werde oder wurde. Es müsse hingegen ausreichend sein, wenn der tatsächliche oder mutmaßliche Wille, anhand realer oder indizieller Tatsachen, erkannt werden könne, lndiztatsachen diesen nahelegten oder der Wille der Schenker mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden könne. Dies sei hier der Fall, da anhand des Gesamtgeschehens der Wille der Eltern, die Kinder gleichmäßig zu bedenken, ersichtlich sei und dies mangels anderweitigen (Bar-)Vermögens nur über die Grundstücksschenkungen zu bewerkstelligen gewesen sei. Der konkrete Wille werde vorliegend daran deutlich, dass die Eltern die drei Brüder in der notariellen Urkunde von 1993 zunächst gleichmäßig mit den Anteilen an den Grundstücken bedacht hätten. Auch die vorgenommenen Folgehandlungen hätten auf die Erhaltung der gleichmäßigen Verteilung abgezielt. Ein Bruder sei jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Zur Behebung hätten die Eltern diesem einen Bruder erhebliche Darlehen gewährt, die dieser in der Folge nicht habe zurückzahlen können. Finanzielle Barmittel seien dem elterlichen Vermögen entnommen worden, die beiden anderen Brüder seien wirtschaftlich benachteiligt gewesen. Zum Schuldausgleich und zur Herstellung einer gleichmäßigen Verteilung im Weiteren habe der ansonsten vermögenslose Bruder seinen Anteil auf die Eltern im Februar 2004 zurückübertragen. Die Eltern hätten am 15.08.2005, als auch weitere Rückzahlungen gescheitert seien, den wirtschaftlichen Ausgleich durch Schenkung des zuvor zurückübertragenen Anteiles an den Kläger und seinen Bruder A hergestellt. Es sei mithin festzustellen, dass es stets Intention und Wille der elterlichen Schenkungen und Erbeinsetzungen gewesen sei, die gleichmäßige Verteilung des Familienvermögens auf die Nachkommen für den Todesfall sicherzustellen, gerade auch bei Berücksichtigung weiterer vorweggenommener Begünstigungen. Und es sei festzustellen, dass der Grundbesitz im Familienvermögen habe verbleiben sollen. Ein Anteilsverkauf durch den verschuldeten Bruder oder eine Grundstücksauseinandersetzung zur Schuldenbereinigung sei gerade nicht erfolgt. Vielmehr hätten die Eltern den Nießbrauch an den Grundstücken auf Lebenszeit behalten. Sinn und Zweck all der Schenkungen sei aus Sicht des Schenkers wie der Bedachten, einen wertmäßigen Ausgleich bei dem im Wege der vorweggenommenen Erbfolge verschenkten Familienvermögens unter den erbberechtigten Geschwistern herzustellen. Der einzige Unterschied zu den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen liege darin, dass dort bereits der Schenker durch vertraglich festgehaltene Ansprüche zugunsten des Dritten den Ausgleich verpflichtend herbeigeführt habe. Nichts anderes könne aber gelten, wenn die erbberechtigten Kinder eben diesen Ausgleich freiwillig im Sinne des Schenkers ohne dessen rechtliche Verpflichtungsanordnung herbeiführten. Eingedenk des Umstandes, dass sich Grundstücke unterschiedlich im Wert entwickeln könnten, bis zum Todesfall eine ungewisse Wertentwicklung also eine neue Form der Ungleichheit unter den Brüdern herbeiführe, sei es nicht sachdienlich, dem Kläger und seinem Bruder jeweils ein Grundstück zuzuordnen. Derartiges wäre zwar prinzipiell möglich gewesen, scheitere aber hier, wie es die Regel sein werde, an einer fehlenden Ausgleichsmöglichkeit des benachteiligten Geschwisterkindes durch andere Vermögenswerte. An dem Willen zu einer gleichmäßigen Verteilung sei nicht zu zweifeln. Der vorliegend beachtliche Grund für den Erwerb unter Brüdern sei der Erhalt der Grundstücke als Ganzes im Familienvermögen. Der innere Grund für die Steuerfreiheit liege mithin nicht allein im Verhältnis der Geschwister zueinander, sondern in den allgemeinen ethischen und moralischen Anschauungen und Handlungsweisen, wie sie sich im Erbrecht verwirklicht hätten. Was der Familie gehöre, solle sie behalten, erhalten und mehren.
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Es gehe natürlich immer auch um die Frage, wie man Steuern sparen könne. Etwas anderes anzunehmen sei lebensfremd. Dieser Wille dürfe nur nicht der allein tragende sein. Der Umstand, dass die Eltern die Kinder gleichmäßig im Vermögenswert der Anteile hätten bedenken wollen, spreche nicht gegen die Behauptung, die Eltern hätten die spätere Verbindung der Anteile unter den Brüdern zur Erhaltung des Familienvermögens in einer Hand gewünscht. Der ausdrücklich geäußerte Wunsch oder die geheim gehaltene Hoffnung seien hier ebenbürtig im Sinne der ausdrücklichen Privilegierung durch den Gesetzgeber. Um einen Ausgleich zwischen den Bedachten zu gewährleisten, überlasse der Erblasser - ohne notarielle Vorgabe oder ohne testamentarische Verfügung - die Einigung seinen Erben. Er gebe ihnen Freiheit nach eigener Wahl und wirtschaftlichen Möglichkeiten zu verfügen. Genau deshalb treffe er keine Vorgaben bei der Übertragung. Es könne keinen Unterschied machen, ob der Wille der Schenker ausdrücklich beurkundet worden sei oder als mutmaßlicher Wille unter den Erben festgestellt werde und diese Feststellung zu einer entsprechenden Umsetzung führe. § 3 Nr. 6 GrEStG sei im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, was der Gesetzgeber wirklich gewollt habe: Geschwister sollten nicht selbst erworbene Grundstücke, die demnach nicht aus dem Familienvermögen stammten, untereinander grunderwerbsteuerfrei übertragen können. Denn hierbei handele es sich um Verfügungen der Nebenlinien untereinander, die nicht zu privilegieren seien.
21
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 03.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.07.2019 aufzuheben.
22
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen, und verweist zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
23
Ergänzend wurde im Klageverfahren folgendes vorgetragen:
24
Vorliegend sei von den Eltern des Klägers in den Grundstücksübertragungen vom 15.07.1993 und vom 15.08.2005 keine Auflage gemacht worden, die Miteigentumsanteile so zu übertragen, wie es mit Urkunde vom 12.04.2019 vollzogen worden sei. Mit der ersten Grundstücksübertragung vom 15.07.1993 sei ein Miteigentumsanteil von je einem Drittel von den Eltern auf die drei Kinder übertragen worden. Damit seien alle Kinder aus familiärer Hand gleichmäßig bedacht worden. Nachdem für den dritten Bruder Schulden übernommen worden waren, sei die Rückübertragung dieses Drittels zurück auf die Eltern und am 15.08.2005 die Übertragung je zur Hälfte an den Kläger und dessen Bruder A erfolgt, so dass sie Miteigentümer an den Grundstücken in 1 und 4 zu je ein halb geworden seien. Dies sei die von den Eltern beabsichtigte Aufteilung gewesen. Andere Aufteilungen hätten erfolgen können, seien aber nicht vorgenommen worden. Der Wille der Eltern sei somit in zwei separaten notariellen Urkunden (15.07.1993 und 15.08.2005) festgehalten worden. In beiden Urkunden sei es zur Aufteilung der Vermögenswerte gekommen. Die Übertragung jeweils eines Grundstücks als Alleineigentum an die Kinder sei damit wiederholt für die Eltern nicht in Betracht gekommen. Die von den Eltern erfolgten unentgeltlichen Übertragungen ohne Auflage sowie der Wertausgleich bei der Übertragung zwischen den Geschwistern vom 12.04.2019 sprächen dafür, dass keine auf dem Willen eines Elternteils beruhende Schenkung nachgeholt worden sei, sondern dass der innere Grund des Tausches der Grundstücksmiteigentumsanteile auf dem Willen der Geschwister beruht habe, jeweils Alleineigentümer eines ganzen Grundstücks zu werden, welche ihnen von den Eltern je zu Miteigentum überlassen worden waren. Eine interpolierende Betrachtung scheide auch deshalb aus, weil diese nicht zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck hinausführen dürfe. Dies wäre aber der Fall, wenn man § 3 Nr. 6 GrEStG ohne jeden Bezug zu einer anderen Befreiungsregelung interpolierend auf die Übertragung eines Grundstücks zwischen Geschwistern und damit auf eine Gestaltung anwendete, die nach der Systematik der Befreiungsvorschriften gerade nicht von der Grunderwerbsteuer befreit sein solle. Die Eltern des Klägers hätten eine gleichmäßige Verteilung des Vermögens dadurch erreicht, dass sie dem Kläger und seinem Bruder die Grundstücke zu je ein halb übertrugen. Für den angeblichen Willen der Eltern für eine Übertragung je eines ganzen Grundstücks einschließlich Ausgleichszahlung unter den Brüdern finde sich kein Beweis. Schließlich könne die vom Prozessbevollmächtigten selbst geäußerte Steuerersparnis laut ständig bestätigter Rechtsprechung kein Grund für die interpolierende Betrachtungsweise des § 3 Nr. 6 GrEStG sein.
25
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) und mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats nach § 79a Abs. 3 und 4 FGO einverstanden erklärt.
26
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den vorliegenden Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

27
Die zulässige Klage ist unbegründet.
28
Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid vom 03.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.07.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Zutreffend ist das Finanzamt davon ausgegangen, dass der Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück in 1, Str. 1, durch den Kläger von seinem Bruder mit notariellem Auseinandersetzungsvertrag vom 12.04.2019 der Grunderwerbsteuer unterliegt und die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer nicht gegeben sind.
29
Gemäß § 1 Abs. 5 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet. Der Erwerbsvorgang vom 12.04.2019 unterliegt als Tauschvertrag nach § 1 Abs. 5 GrEStG der Grunderwerbsteuer, da mit ihm der Anspruch des Klägers auf Übertragung des hälftigen Miteigentums am Grundstück in 1, Str. 1 begründet wird. Im Gegenzug (Tausch) wurde in diesem Vertrag der Anspruch des Bruders des Klägers auf Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück in 4, Str. 2, durch den Kläger begründet. Gegenleistung bei einem Tausch ist die Tauschleistung des anderen Vertragsteils, § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG. Es liegen zwei Grundstücksumsätze und damit zwei Grunderwerbsteuerfälle vor. Auch Tauschvorgänge über Miteigentumsanteile an Grundstücken unterliegen dieser Betrachtung (vgl. Loose, in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, § 9 Rz 342).
30
Der Erwerb (Tausch) des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück in 1, Str. 1, durch den Kläger von seinem Bruder mit notariellem Auseinandersetzungsvertrag vom 12.04.2019 ist nicht steuerfrei.
31
Eine Befreiung des Erwerbs des Miteigentumsanteils vom Bruder des Klägers nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG scheidet aus. Nach dieser Vorschrift sind u.a. Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) von der Grunderwerbsteuer befreit. Dadurch soll verhindert werden, dass ein Vorgang sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer unterliegt (Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, § 3 Rz 98). § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG setzt voraus, dass zivilrechtlich und schenkungsteuerrechtlich Gegenstand der Schenkung ein Grundstück ist und sich der Grundstückserwerb zwischen Schenker und Bedachtem vollzieht (vgl. BFH-Beschluss vom 11.08.2014 II B 131/13, BFH/NV 2015, 5).
32
Im Streitfall sind diese Voraussetzungen für den Erwerb des Klägers nicht erfüllt. Eine Schenkung des Bruders an den Kläger liegt nicht vor. Die Übertragung des Miteigentumsanteils durch den Bruder erfolgte nicht freigebig, sondern zur Erfüllung der Tauschverpflichtung aus dem notariellen Vertrag vom 12.04.2019. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger in diesem Vertrag zur Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück in 4, Str. 2, auf seinen Bruder A. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
33
Eine Befreiung des Erwerbs des Miteigentumsanteils nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG scheidet ebenfalls aus. Der Kläger und sein Bruder sind nicht Verwandte in gerader Linie, sondern als Geschwister in der Seitenlinie verwandt, vgl. § 1589 Satz 2 BGB.
34
Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung aus § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG sind vorliegend ebenfalls nicht erfüllt, da die von der Überlassung der halben Miteigentumsanteile betroffenen Grundstücke in 1 und 4 sich zum Zeitpunkt des Erbanfalls nicht mehr im Eigentum des Vaters befanden und daher nicht in den Nachlass der Erbengemeinschaft übergegangen sind. § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG stellt nur den Erwerb eines zum (ungeteilten) Nachlass gehörigen Grundstücks von der Grunderwerbsteuer frei. Das Grundstück muss also entweder zum Zeitpunkt des Erbfalls oder kraft Surrogation zum Nachlass gehören. Davon ist im Streitfall nicht auszugehen, da das Eigentum an den von der Überlassung der halben Miteigentumsanteile betroffenen Grundstücke bereits mit Verträgen vom 15.07.1993 und 15.08.2005 von den Eltern vollständig auf den Bruder des Klägers und den Kläger übertragen worden war.
35
Soweit der Prozessbevollmächtigte davon ausgeht, die Auseinandersetzung einer Miteigentümergemeinschaft (Bruchteilsgemeinschaft) entspreche der Nachlassteilung, sofern im Ergebnis zum Erbantritt berufene Personen beteiligt seien, kann daraus keine Anwendung von § 3 Nr. 3 GrEStG abgeleitet werden. Mit Übertragung des Eigentums an den beiden Grundstücken auf den Kläger und seinen Bruder mit Verträgen vom 15.07.1993 und 15.08.2005 sind die Grundstücke aus dem Nachlass ausgeschieden. Der Anwendungsbereich von § 3 Nr. 3 GrEStG ist damit nicht eröffnet. Steuerfrei kann nach dieser Vorschrift nur der Rechtsakt sein, der zum Ausscheiden des Grundstücks aus dem Nachlass führt (vgl. Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, § 3 Rz 328).
36
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes kann zwar aus der Zusammenschau (sog. interpolierende Betrachtungsweise) von grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften eine Steuerbefreiung nach ihrem Sinn und Zweck über ihren Wortlaut hinaus gewährt werden, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Übertragungsweg darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären (vgl. BFH-Urteile vom 28.04.1970 II 109/65, BFHE 99, 250, BStBl II 1970, 600, vom 23.03.2011 II R 33/09, BFHE 233, 453, BStBl II 2011, 980 und vom 07.11.2018 II R 38/15, BFHE 263, 459, BStBl II 2019, 325, sowie Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, § 3 Rz 399). Die Steuerfreiheit der unterbliebenen Zwischenerwerbe kann sich auch aus der mehrfachen Anwendung derselben Befreiungsvorschrift ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 07.11.2018 II R 38/15, BFHE 263, 459, BStBl II 2019, 325,). Der Zusammenschau als Auslegungsmethode sind jedoch Schranken gesetzt. Diese darf immer nur an einen real verwirklichten, nicht aber an einen fiktiven Sachverhalt anknüpfen (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2015 II R 49/14, BFHE 251, 513, BStBl II 2016, 292,). Sie darf nicht zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck hinausführen. Des Weiteren darf kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO) vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2015 II R 49/14, BFHE 251, 513, BStBl II 2016, 292,).
37
Die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück in 1, Str. 1, vom Bruder des Klägers auf den Kläger im Rahmen des Tauschvertrages stellt sich im vorliegenden Streitfall nicht als abgekürzter Weg einer unentgeltlichen Übertragung des Miteigentumsanteils von dem Elternteil auf das erwerbende Kind (Kläger) dar, sondern - wie im notariellen Auseinandersetzungsvertrag vom 12.04.2019 geregelt - als Tausch der Brüder untereinander. Ausweislich der Ausführungen in der Präambel des Notarvertrages erfolgen die wechselseitigen Übertragungen „Zur Teilung der durch diese Grundstücksübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge entstandenen Grundstücksgemeinschaften zu je ½ Miteigentumsanteil…“. Die Miteigentumsanteile sollten so getauscht werden, dass beide Brüder Eigentümer eines der beiden Grundstücke wird.
38
Es ist im Streitfall weder dargelegt noch nachgewiesen, dass zum einen die Auflösung der Grundstücksgemeinschaften überhaupt auf den Willen der Eltern zurückgeht noch, dass die konkret vorgenommene Übertragung - der Kläger erhält das Alleineigentum an dem Grundstück in 1, der Bruder das Alleineigentum an dem Grundstück in 4 - auf einen geäußerten Willen der Eltern zurückgeht. Soweit der Prozessbevollmächtigte darauf abstellt, dass allein der Wille der Eltern, alle Kinder im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gleichmäßig zu bedenken, ausreichend sei, um die konkret vorgenommenen Miteigentumsübertagungen noch als Zuwendung der Eltern anzusehen, vermag dem der erkennende Richter nicht folgen.
39
Im hier vorliegenden Fall wurde von Seiten der Eltern des Klägers und seines Bruders A in den Grundstücksübertragungen vom 15.07.1993 und vom 15.08.2005 keine Auflage gemacht, die Miteigentumsanteile so zu übertragen, wie es mit der Urkunde vom 12.04.2019 vollzogen wurde. Den vorliegenden Urkunden lassen sich auch keine Anhaltspunkte entnehmen, dass überhaupt eine Aufteilung der Grundstücksgemeinschaften von den Eltern beabsichtigt war. Noch weniger lassen sich Anhaltspunkte in den Verträgen nach außerhalb der Verträge (Vortrag des Klägers) finden, dass der Kläger Alleineigentum am Grundstück in 1 und der Bruder Alleineigentum am Grundstück in 4 - nach dem Wunsch der Eltern - 1 sollte. Mit der ersten Grundstücksübertragung vom 15.07.1993 war je ein Miteigentumsanteil von einem Drittel von den Eltern auf die drei Kinder übertragen worden. Damit waren alle Kinder aus familiärer Hand gleichmäßig bedacht worden. Nachdem für den dritten Bruder Schulden übernommen worden waren, erfolgte die Rückübertragung dieses Drittels auf die Eltern und am 15.08.2005 die Übertragung dieses Drittels je zur Hälfte an den Kläger und dessen Bruder A, so dass sie Miteigentümer an den Grundstücken in 1 und 4 zu je ein halb wurden. Dies war die von den Eltern beabsichtigte Aufteilung. Andere Aufteilungen hätten erfolgen können, wurden aber von den Eltern nicht vorgenommen.
40
Weder der Kläger noch sein Bruder bewohnen nach Aktenlage eines der von den Eltern vermachten Häuser in 1 oder 4 selbst. Beide haben laut Notarvertrag vom 12.04.2019 ihre Wohnanschrift in 2. Es sind weder Gründe vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger gerade das Alleineigentum am Grundstück in 1 bekommen sollte. Auch eine gemeinsame Verwaltung der Grundstücke in Miteigentum der beiden Brüder - und damit weiterhin im Familienbesitz - ist daher denkbar und hätte dem Willen der Eltern als Übertragende entsprochen. Der vom Prozessbevollmächtigten angeführte Wille der Eltern nach Erhalt der Grundstücke in Familienbesitz lässt sich nicht pauschal auf weitere Übertragungen unter den bedachten Abkömmlingen selbst ausdehnen, zumal die Eltern diese Übertragung bewusst nicht vorgenommen hatten. Der Wille der Eltern wird vorliegend in zwei separaten notariellen Urkunden (15.07.1993 und 15.08.2005) festgehalten. In beiden Urkunden kam es zur Aufteilung der Vermögenswerte. Die Übertragung jeweils eines Grundstücks als Alleineigentum an die Kinder kam damit wiederholt für die Eltern nicht in Betracht. Eine solche wurde von den Eltern auch nicht für die Zeit nach ihrem Tod vorgesehen. Allein aus der Tatsache, dass die Eltern des Klägers die Grundstücke gerne im Familienvermögen halten wollten, lässt sich weder der Wille zur Teilung der Grundstücksgemeinschaft noch der Wille ableiten, dass der Kläger genau das Grundstück in 1 und sein Bruder genau das Grundstück in 4 zum Alleineigentum bekommen sollten.
41
Soweit der Prozessbevollmächtigte den ausdrücklich geäußerten Wunsch oder die geheim gehaltene Hoffnung als hier ebenbürtig im Sinne der ausdrücklichen Privilegierung durch den Gesetzgeber ansieht, geht diese Auslegung nach Auffassung des erkennenden Richters über die Schranken einer interpolierenden Betrachtungsweise von Befreiungsvorschriften deutlich hinaus. Die konkret vorgenommene Eigentumsübertragung (Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück in 1 vom Bruder des Klägers auf den Kläger) muss sich als der „real verwirklichte Sachverhalt“ im Ergebnis als abgekürzter Übertragungsweg einer eigentlich mehrstufigen Übertragung darstellen. Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden, da die wechselseitigen Übertragungen zwischen den Brüdern auf den von ihnen vereinbarten Tausch zurückgehen und dieser Tausch sich nicht als (weitere) Übertragung der Eltern darstellt.
42
Eine durch elterliche Auflage verfügte unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück von dem dann mit der Auflage beschwerten Kind auf das erwerbende Kind wurde hier, anders als in den vom Bundesfinanzhof mit Urteilen vom 16.12.2015 und vom 07.11.2018 entschiedenen Fällen, nicht angeordnet. Unentgeltliche Übertragungen zwischen Geschwistern sind nur ausnahmsweise von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn die Übertragung auf dem Willen des schenkenden Elternteils beruht und von diesem veranlasst wurde, sie daher bei wertender Betrachtungsweise einer solchen zwischen dem Elternteil und dem erwerbenden Kind gleichkommt und ein beachtlicher Grund für den gewählten Weg ersichtlich ist. Das bedeutet insbesondere, dass der innere Grund des Erwerbs nicht allein in dem Verhältnis zwischen den Geschwistern liegen darf (vgl. BFH-Urteil vom 07.11.2018 II R 38/15, BFHE 263, 459, BStBl II 2019, 325). Der Interpolation als Auslegungsmethode sind Schranken gesetzt. So darf diese immer nur an einen real verwirklichten, nicht aber an einen fiktiven Sachverhalt anknüpfen (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2015 II R 49/14, BFHE 251, 513, BStBl II 2016, 292). Die von den Eltern erfolgten unentgeltlichen Übertragungen ohne Auflage sowie der vereinbarte Wertausgleich bei der Übertragung zwischen den Geschwistern vom 12.04.2019 sprechen dafür, dass keine auf dem Willen eines Elternteils beruhende Schenkung nachgeholt wurde, sondern dass der innere Grund des Tauschs der Grundstücksmiteigentumsanteile auf dem Willen der Geschwister beruhte, jeweils Alleineigentümer eines ganzen Grundstücks zu werden, welche ihnen von den Eltern je zu Miteigentum überlassen worden waren. Eine interpolierende Betrachtung scheidet auch deshalb aus, weil diese nicht zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck hinausführen darf. Dies aber wäre der Fall, wenn man § 3 Nr. 6 GrEStG ohne jeden Bezug zu einer anderen Befreiungsregelung interpolierend auf die Übertragung eines Grundstücks zwischen Geschwistern und damit auf eine Gestaltung anwendete, die nach der Systematik der Befreiungsvorschriften gerade nicht von der Grunderwerbsteuer befreit sein soll (vgl. BFH-Beschluss vom 11.08. 2014 II B 131/13, BFH/NV 2015, 5).
43
Zwar hat der Bundesfinanzhof im Urteilsfall vom 07.11.2018, II R 35/18, ausgeführt, dass auch die doppelte/mehrfache Anwendung derselben Befreiungsvorschrift - z. B. von § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG - zu einer Steuerbefreiung im Rahmen einer interpolierenden Betrachtungsweise führen kann. Allerdings wurde in den Urteilsgründen nochmals herausgearbeitet, dass sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb im Grunde als abgekürzter Übertragungsweg darstellen muss, wovon im Streitfall nicht auszugehen ist. Die vorliegende Fallgestaltung unterscheidet sich damit in wesentlichen Punkten von den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen zur Interpolation mehrerer grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungsvorschriften.
44
Im Urteilsfall des Bundesfinanzhofes vom 07.11.2018 (Az. II R 38/15) wurde durch Vertrag vom 12.08.2010 Grundbesitz von C auf D unter Vorbehalt des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs übertragen. Im Vertrag ordnete die Veräußerin als Auflage für D an, dass diese verpflichtet sein sollte, ihren hälftigen Anteil an anderem Grundbesitz auf ihren Bruder zu übertragen. Zur Erfüllung der Auflage übertrug D unter III. des Vertrages vom gleichen Tag ihrem Bruder ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem anderen Grundbesitz. Die Auflage zur Übertragung des Grundbesitzes an das Geschwisterteil war schriftlich bereits mit der Grundstücksübertragung an C fixiert worden. Auch bei dem vom Bundesfinanzhof im Verfahren mit dem Aktenzeichen II R 49/14 entschiedenen Fall hieß es bereits im Vertrag vom 21.03.1988 unter II. § 1 wörtlich: „Die beiden Erwerberinnen sind zur Zeit die einzigen Abkömmlinge des Veräußerers. Sollten ihm ab heute noch ein oder mehrere weitere - eheliche - Kinder geboren werden, so sind die Erwerberinnen verpflichtet, ihre (künftigen) Geschwister so zu stellen, als ob diese zu den Bedingungen dieser Urkunde einen Miteigentumsanteil erworben hätten; die etwaigen künftigen Geschwister erhalten dann je einen Miteigentumsanteil so, dass jedes Kind einen gleich großen Anteil hält.“
45
Der außerhalb der Steuerersparnis liegende beachtliche Grund für die gewählte Gestaltung ergab sich vorliegend daraus, dass der zu berücksichtigende Geschwisterteil im Zeitpunkt des notariellen Vertragsabschlusses am 21.03.1988 - anders als die Schwestern - mangels Rechtsfähigkeit nicht im Rahmen einer Schenkung berücksichtigt werden konnte. Im hier vorliegenden Fall wurde von Seiten der Eltern des Klägers und seines Bruders A in den Grundstücksübertragungen vom 15.07.1993 und vom 15.08.2005 keine Auflage gemacht, die Miteigentumsanteile so zu übertragen, wie es mit der Urkunde vom 12.04.2019 vollzogen wurde. Der vom Kläger und seinem Bruder vorgenommene Tausch der Miteigentumsanteile beruht zur Überzeugung des erkennenden Richters auf der zwischen dem Kläger und seinem Bruder A vorgenommenen Vereinbarung.
46
Der vom Prozessbevollmächtigten nach allgemeinen ethischen und moralischen Anschauungen und Handlungsweisen, wie sie sich beispielweise im Erbrecht verwirklicht hätten - „Was der Familie gehört, soll sie behalten, erhalten und mehren“ - abgeleiteten Argumentation für die Anwendung der interpolierenden Betrachtung steht vorliegend des Weiteren entgegen, dass bei einer solchen Gestaltung kein über die Ausnutzung der sich aus § 3 Nr. 6 GrEStG ergebenden Steuerersparnis hinausgehender beachtlicher Grund ersichtlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. BFH-Beschluss vom 11.08. 2014 II B 131/13, BFH/NV 2015, 5) kann ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO vorliegen, wenn eine Grundstücksübertragung zwischen Geschwistern zwecks Ausnutzung der Befreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG auf dem Umweg über die Eltern oder einen Elternteil erfolgt und hierfür kein außerhalb der Steuerersparnis liegender beachtlicher Grund vorhanden ist. Ein beachtlicher Grund für die gewählte Gestaltung kann sich aber bei einer (Neu-) Gestaltung der vorweggenommenen Erbfolge aus dem Interesse eines Elternteils ergeben, gegenüber einem begünstigten Kind selbst als Schenker aufzutreten (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1960 II 154/59 U, BFHE 72, 54, BStBl III 1961, 21). Abgesehen davon, dass sich die im Streitfall vorgenommene Übertragung bereits nicht als Übertragung der Eltern auf den Kläger darstellt, fehlt es an der Darlegung und am Nachweis solcher außersteuerlichen Gründe. Die Eltern der Kläger wollten weder die vorweggenommene Erbfolge neu gestalten noch als Schenker des aus Sicht des Klägers zum Alleineigentum noch „fehlenden“ hälftigen Miteigentumsanteils auftreten. Vielmehr räumt der Prozessbevollmächtigte in seinem Schriftsatz vom 05.03.2020 selbst ein, dass bei der vorgenommenen Betrachtung die Frage der Steuerersparnis immer eine Rolle spielt.
47
Die Übertragung stellt sich zur Überzeugung des erkennenden Richters als Auseinandersetzung der Brüder untereinander dar, um eine (einfachere) Verwaltung der jeweiligen Häuser durch je einen Bruder alleine zu ermöglichen und eine Vermögenszuordnung der Grundstücke zum Alleineigentum zu erreichen. Wie der Prozessbevollmächtigte in seiner Klageerhebung selbst ausführt, stellt sich der Austausch unter den Geschwistern als Leistung und Gegenleistung dar (Tausch der Anteile nebst Ausgleichszahlung). Er erfolgte, um eine einfachere und leichtere Bewirtschaftung durch eine Hand zu ermöglichen. Dieses Argument ist nachvollziehbar, begründet aber nicht die Anwendung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschrift. Auch wenn die Eltern jeweils ein Grundstück einem Geschwisterteil hätten schenken können und der Grundstückserwerb durch die bedachten Kinder sodann steuerfrei gewesen wäre, worauf der Prozessbevollmächtigte hinweist, wurde dieser Weg von den Eltern gerade nicht gewählt. Die Eltern hätten mit der jeweiligen Schenkung auch verfügen können, dass eine Ausgleichszahlung der Brüder untereinander erfolgen soll. Nichts von dem haben die Eltern jedoch veranlasst. Mit der Übertragung der Miteigentumsanteile auf die Kinder war die Vermögensaufteilung aus Sicht der Eltern abgeschlossen. Die Eltern des Klägers erreichten eine gleichmäßige Verteilung des Vermögens dadurch, dass sie dem Kläger und seinen Bruder die Grundstücke zu je ein halb übertrugen. Für den angeblichen Willen der Eltern für eine Übertragung je eines ganzen Grundstücks und einer Ausgleichszahlung unter den Brüdern finden sich weder ausreichend Anhaltspunkte noch Nachweise.
48
§ 3 Nr. 6 GrEStG ist auch nicht im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass Geschwister lediglich selbst erworbene Grundstücke, die demnach nicht aus dem Familienvermögen stammten, untereinander nicht grunderwerbsteuerfrei übertragen könnten, Grundstücke, die von den Eltern stammen, untereinander jedoch grunderwerbsteuerfrei und zwar unabhängig vom konkret geäußerten Willen der Eltern. Diese Betrachtung würde zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck hinausführen, wenn ohne das Erfordernis eines abgekürzten Übertragungsweges § 3 Nr. 6 GrEStG interpolierend auf die Übertragung eines Grundstücks zwischen Geschwistern und damit auf eine Gestaltung angewendet würde, die nach der Systematik der Befreiungsvorschriften gerade nicht von der Grunderwerbsteuer befreit sein soll (vgl. BFH-Beschluss vom 11.08. 2014 II B 131/13, BFH/NV 2015, 5 Hinsichtlich der vom Finanzamt im Grunderwerbsteuerbescheid vom 03.05.2019 angesetzten Bemessungsgrundlage wurden Einwendungen weder vorgetragen noch sind Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Die für den Erwerb des Miteigentumsanteils am Grundstück in 1 vom Kläger erbrachte Gegenleistung (§§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG) bestand in der Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück in 4. Für dieses Grundstück wurde ausweislich des Notarvertrages vom 12.04.2019 ein Wert von 700.000 € angesetzt. Auf den übertragenen Miteigentumsanteil von ½ entfällt daher ein Betrag von 350.000 €, der um die Ausgleichszahlung (24.000 €) und die Entlassung aus der Grundschuld (75.000 €) zu mindern war. Von der so errechneten Bemessungsgrundlage von 251.000 € als Wert der Gegenleistung wurde Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils 4.392 € gegenüber dem Kläger und seinem Bruder festgesetzt.
49
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.