Titel:
Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wegen endgültigen Nichtbestehens der Ausbildung
Normenketten:
BeamtStG § 23 Abs. 4
ZAPO-J § 56 Abs. 2 S. 1
ZAPO/JFW § 15
Leitsätze:
1. Zur Rechtfertigung der Entlassung genügt jeder sachliche, dh nicht willkürliche Grund; einen sachlichen Grund bildet das Fehlen der fachlichen und persönlichen, insbesondere charakterlichen Eignung. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der prüfungsspezifische Beurteilungsspielraum erstreckt sich insbesondere auf die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabe, die Gewichtung einzelner Prüfungsteile sowie der Schwere eines Mangels, die Würdigung der Darstellungsqualität und der Überzeugungskraft der Argumente, die Gewichtung der Stärken und Schwächen der Bearbeitung sowie den Gesamteindruck der Leistung und die abschließende Notengebung. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zwingende Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf nach zweimaligem, Nichtbestehen eines Ausbildungsabschnitts (hier: Justizsekretäranwärter), Keine Geltendmachung von Mängeln in der Ausbildung im Rahmen der, Prüfungsanfechtung, Entlassung, Beamtenverhältnis auf Widerruf, Ausbildung, Justizfachwirt, Vorbereitungsdienst
Fundstelle:
BeckRS 2020, 43517
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens seiner Ausbildung zum Justizfachwirt und die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf.
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1. Der Kläger stand seit dem 01.09.2015 als Justizsekretäranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst für die Fachlaufbahn Justiz - zweite Qualifikationsebene - im Dienst des Beklagten.
3
Vom 08.09.2015 bis 11.12.2015 nahm er am fachtheoretischen Lehrgang A an der Bayerischen Justizakademie in …, Ausbildungsabschnitt im Sinn von § 10 Abs. 1 Satz 2 der Zulassungs-, Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Justizfachwirte (im Folgenden ZAPO-JFW) in der bis zum 31.08.2016 geltenden Fassung teil, den er zunächst nicht erfolgreich abschloss, in der Wiederholungsprüfung im Dezember 2016 aber mit der Note „befriedigend“ bestand. In der Zeit vom 22.03.2017 bis 23.06.2017 absolvierte der Kläger den fachtheoretischen Lehrgang B an der Justizakademie … Dabei war er vom 21.03.2017 bis 02.06.2017 in einem Doppelzimmer untergebracht.
4
In seinen Fachprüfungen mit jeweils 20 zu erreichenden Notenpunkten erzielte der Kläger am 19.04.2017 im Immobiliarsachenrecht 2 Notenpunkte, am 27.04.2017 im Familienrecht 2 Notenpunkte, am 18.05.2017 im Nachlassrecht 2 Notenpunkte, am 31.05.2017 im Betreuungsrecht 4 Notenpunkte, am 21.06.2017 in Familiensachen 2 Notenpunkte, am 21.06.2017 in der Prüfung über das HGB 4 Notenpunkte und am 22.06.2017 in einer fachübergreifenden Prüfung 2 Notenpunkte. Damit wurden fünf der sieben schriftlichen Leistungen mit der Note „mangelhaft“ bewertet. In seinem Zeugnis erreichte der Kläger damit die Gesamtnote „mangelhaft“. Korrigiert wurden die Klausuren jeweils von einem Korrektor.
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Von den jeweils 140 Teilnehmern an sämtlichen Prüfungen hatten die Klausur vom 19.04.2017 128 Teilnehmer bestanden, die Klausur vom 27.04.2017 134 Teilnehmer, die Klausur vom 18.05.2017 122 Teilnehmer, die Klausur vom 31.05.2017 136 Teilnehmer, die Klausur vom 21.06.2017 121 Teilnehmer, die weitere Klausur am 21.06.2017 126 Teilnehmer und die Klausur am 22.06.2017 127 Teilnehmer.
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Mit Schreiben vom 21.09.2017 wurde der Kläger darüber unterrichtet, dass er als Folge des Nichtbestehens mit Ablauf zum 31.12.2017 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen werden müsse. Ihm wurde Gelegenheit zur Äußerung bis zum 10.10.2017 gegeben. Der Personalrat, der auf Antrag des Klägers beteiligt wurde, stimmte der Entlassung mit Schreiben vom 30.10.2017 zu.
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Mit Verfügung des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 08.11.2017, zugestellt am 10.11.2017, wurde der Kläger aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2017 entlassen. Die sofortige Vollziehung der Verfügung wurde angeordnet.
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Mit Schriftsatz vom 08.12.2017, eingegangen beim Beklagten am gleichen Tag, legte der Kläger sowohl gegen die Entlassungsverfügung als auch gegen das Zeugnis vom 15.09.2017, mit dem das endgültige Nichtbestehen des fachtheoretischen Lehrgangs B festgestellt worden war, Widerspruch ein.
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Die Arbeiten wurden daraufhin zusammen mit den klägerischen Beanstandungen den ursprünglichen Korrektoren in anonymisierter Form mit der Bitte um Nachkorrektur zugeleitet. Diese führte in keinem Fall zu einer Änderung der Bewertung.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2018 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
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2. Mit Schriftsatz vom 21.12.2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, ließ der Kläger über seine Bevollmächtigte Klage erheben und beantragte,
1. Die Entlassungsverfügung des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 08.11.2017, Az. … in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2018, zugestellt am 23.11.2018, wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger den fachtheoretischen Lehrgang B für die Fachlaufbahn Justiz an der Bayerischen Justizakademie … bestanden hat.
3. Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger in den fachtheoretischen Lehrgang B für die Fachlaufbahn Justiz an der Bayerischen Justizakademie … wiederaufzunehmen und ihm die Wiederholung des fachtheoretischen Lehrgangs für die Fachlaufbahn Justiz zu gestatten.
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Zur Begründung wird ausgeführt, es hätten gravierende Mängel und Missstände bei der Ausbildung vorgelegen. Die Zimmereinteilung während des B-Lehrgangs am Ausbildungsort … habe ein Lernen faktisch unmöglich gemacht. Die Zuweisung in Doppelzimmer sei per Losverfahren erfolgt. Hierbei habe man weder das Alter noch das Vorliegen eines eigenen Hausstands berücksichtigt. Ab Mitte April habe es täglich von 07:30 Uhr bis 16:30 Uhr Baustellenlärm gegeben, der auch in den Zimmern zu vernehmen gewesen sei. Der Mitbewohner des Klägers habe sich sehr oft im gemeinsamen Zimmer aufgehalten, dort häufig und lange den Fernseher laufen lassen und häufig gelüftet.
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Auch die Zurverfügungstellung von Lehrmitteln, die Gestaltung des Unterrichts und die Vorbereitung auf die Prüfungen seien mangelhaft gewesen. Die Dozenten hätten im Unterricht verwendete PowerPoint-Präsentationen nicht herausgegeben und stattdessen auf die von der Schule zugelassenen Skripte verwiesen. Der Beklagte habe außerdem den Bewertungsschlüssel für die Klausuren nicht bekannt gegeben. Die Bewertungen seien nicht nachvollziehbar, da nicht bekannt sei, ob der Dozent, der in der Klasse unterrichtet habe, auch die Klausur korrigiere. Je nach Korrektor habe es unterschiedliche Auffassungen über die richtige Lösung gegeben. So habe es im ersten Praktikumsabschnitt eine Klausur gegeben, bei der von maximal 60 Punkten auf die letzte Aufgabe knapp ein Drittel der Punkte vergeben worden seien, ohne dass dies gekennzeichnet worden sei. Es habe keine einheitlichen Vorgaben zum Lösen von Klausuren gegeben. Vielmehr hätten sich die Auszubildenden die Zeit so einteilen sollen, wie sie am besten zurechtkämen. Eine Durchfallquote von 14% lasse den Schluss zu, dass die Ausbildung nicht optimal verlaufen sei. Die Bewertung durch lediglich einen Prüfer berge zudem die Gefahr einer einseitig subjektiven Bewertung. Es sei intransparent, wer abschließend über die Notenvergabe entscheide. Der abgefragte Stoff sei nicht Teil des vermittelten Rahmenstoffplans gewesen. Es lägen gravierende Mängel bei der Nachvollziehbarkeit der Prüfungsbewertung dadurch vor, dass weder der Bewertungsschlüssel noch eine Musterlösung herausgegeben worden seien.
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Inhaltlich lägen bei der Korrektur der einzelnen Klausuren Mängel vor. In der ersten Klausur vom 19.04.2017 sei mangels Namensstempel und leserlicher Unterschrift nicht nachvollziehbar, durch welchen Korrektor die Korrektur erfolgt sei. Aus den Korrekturbemerkungen „Aufbau“ und „Form, Aufbau“ könne nicht hergeleitet werden, aus welchen Gründen der Aufbau sich falsch dargestellt habe und aus welchen Gründen die Form den geforderten Anforderungen nicht entspreche. Bezüglich Aufgabe 2 sei nicht nachvollziehbar, weshalb die dargelegte Lösung unbrauchbar sei. Die Bearbeitungszeit für die Aufgaben sei zu kurz bemessen gewesen. Bei der zweiten Klausur vom 27.04.2017 sei die Bewertung ebenfalls nicht nachvollziehbar. Bei Aufgabe 3 würde der aus Sicht des Korrektors zutreffende Rechenweg nicht dargestellt. Darüber hinaus lasse die Nachkorrektur einen Bewertungsschlüssel vermissen. Im Klausurteil „Verfahren in Familiensachen“ würden bei Aufgabe 1 konkrete Korrekturbemerkungen gänzlich fehlen. Bezüglich Aufgabe 2 würden die Auswirkungen der vermeintlich zu oberflächlichen oder zu kurzen Behandlung in der Punktebewertung nicht sichtbar. Soweit die Unvollständigkeit der Aufgabenbearbeitung angesprochen sei, liege dies an der begrenzten Bearbeitungszeit und dem umfangreichen Prüfungsinhalt. Die Aussage, es würde sich um eine deutlich unterdurchschnittliche Leistung handeln, würde nicht durch einen Punkteschlüssel gestützt. In der dritten Klausur vom 18.05.2017 sei nicht nachvollziehbar, warum die Tatsache, dass der EDV-Teil sehr gut gelöst sei, sich nicht auf die Gesamtpunktzahl ausgewirkt habe. Aufgabe 3 sei mehrdeutig zu verstehen, die ausbleibende Punktevergabe nicht nachvollziehbar. Dies gelte bei Klausurteil II auch für Aufgabe 6. Bezüglich Aufgabe 5 und 7 sei ein klar ersichtlicher Arbeitsauftrag nicht vorhanden gewesen. Soweit bei Aufgabe 8 angesprochen sei, dass eine Skizze keine Lösung darstelle, stehe dies im Gegensatz zu dem Hinweis der Dozenten, dass in der Klausur eine Skizze beigefügt werden solle, die zumindest mit 1-2 Rohpunkten bewertet werden könne. Schließlich sei es widersprüchlich, bei einer Bewertung von einem Drittel der Klausur mit der Note „sehr gut“ die Endnote „mangelhaft“ zu vergeben. In der vierten Klausur vom 31.05.2017 fehle es in Teil II erneut an einem nachvollziehbaren Punkteschlüssel. Zudem habe der Kläger in Teil I ein Gesamtergebnis von 42,55% und in Teil II ein Ergebnis von 58% erreicht, was einem Gesamtergebnis von 100,55% entspreche, womit im Durchschnitt pro Aufgabenteil ein Wert von über 50% erreicht worden sei. In der fünften Klausur vom 21.06.2017 sei im Bewertungsbogen keine Note eingetragen worden, zudem sei nicht erkennbar, wie die Note zustande gekommen sei. In der sechsten Klausur vom 21.06.2017 sei wiederum die Korrektur nicht nachvollziehbar. In der siebten Klausur vom 22.06.2017 sei das Gesamtergebnis von zwei Notenpunkten nicht nachvollziehbar, wenn ausweislich der Zweitkorrektur von 15 Aufgaben lediglich Aufgabe 11 und 15 b) nicht bearbeitet worden sein sollen. Auch hier fehle es an einem Punkteverteilungsschlüssel.
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Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 07.05.2017,
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Die Zimmerverteilung sei aus Gründen der Gleichbehandlung aller Auszubildenden ohne Differenzierung bezüglich eigenen Hausstands oder nach Alter erfolgt. Generell habe die Möglichkeit bestanden, sich für den Lehrgang B für eine Ferienwohnung zu melden. Hiervon habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Nachmittags und abends hätten die Anwärter die Möglichkeit gehabt, in den Unterrichtsräumen und in der Bibliothek zu lernen. Außerdem hätte er das Wochenende oder die praktische Ausbildungszeit zum Lernen nutzen können. Auf Herausgabe der PowerPoint-Folien bestehe kein Anspruch. Die Klausurenerstellung und ihre Korrektur sei durch Lehrkräfte aus dem theoretischen Unterricht erfolgt. Die abschließende Notenbildung bei den Teilklausuren sei durch die Bayerische Justizakademie auf Grundlage der Ergebnisse der Teilklausuren erfolgt. Es habe eine Absprache aller Korrektoren und die Verwendung einer einheitlichen Lösung sowie eines einheitlichen Korrekturbogens gegeben. Die Klausuren seien anonymisiert geschrieben und korrigiert worden. Ein Anspruch auf Herausgabe von Musterlösungen bestehe nicht. Auch würden Ausbildungsmängel nicht zur Rechtswidrigkeit von Prüfungsentscheidungen führen. Der Prüfling müsse dies unverzüglich vorbringen, spätestens vor Beginn der Prüfung.
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Mit Schriftsatz vom 17.06.2019 erwiderte der Kläger, er habe die Missstände bezüglich seiner Unterbringung und der Lernmöglichkeiten mehrfach gegenüber dem Beklagten geäußert. Die Mitarbeiterin der Beklagten, …Z., könne dies und auch die Beschwerden anderer Mitauszubildender bestätigen. Ungestörtes Lernen sei auf Grund der vom Kläger mit entsprechendem Messgerät gemessenen Baulärmbelastung nicht möglich gewesen. In den Unterrichtsräumen habe man nicht lernen können, weil gleichzeitig die Wachtmeisterausbildung stattgefunden habe, sodass die Raumkapazitäten auf diese Weise genutzt worden seien. Ausbildungsmängel und Fehler in der Organisation seien täglich gegenüber der Schulleitung vorgetragen worden, darüber hinaus habe man sie mehrfach mit der Auszubildendenvertretung erörtert.
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Der Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 05.07.2019, dass von den verfügbaren 14 Unterrichtsräumen lediglich 2 besetzt gewesen seien.
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Mit Schriftsatz vom 10.08.2020 übersandte die Klägerbevollmächtigte schließlich die Zeugenaussage des ehemaligen Justizsekretäranwärters …B. zur Bestätigung der vorgetragenen gravierenden Mängel und Missstände bei der Ausbildung.
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3. In der mündlichen Verhandlung am 11.08.2020 nahm die Klägerbevollmächtigte auf den schriftsätzlichen Klageantrag Bezug und stellte den bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass die Unterbringung des Klägers im fachtheoretischen Lehrgang B nur in einem Doppelzimmer gemeinsam mit einem anderen Anwärter möglich war und dass der Kläger mehrfach Mängel in der Ausbildung gerügt hat, die Zeugin …Z. einzuvernehmen. Darüber hinaus beantragte sie, zum Beweis der Tatsache, dass ab Mitte April 2016 aufgrund von Sanierungsarbeiten auch in den Unterrichtsräumen Baulärm vernehmbar war, die Einvernahme des Zeugen …S. Die Vertreterin des Beklagten beantragte Klageabweisung.
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Hinsichtlich des weiteren Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 11.08.2020 Bezug genommen. Ergänzend wird nach § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
22
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entlassungsverfügung des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die Feststellung, dass er den fachtheoretischen Lehrgang B für die Fachlaufbahn Justiz an der Bayerischen Justizakademie … bestanden hat, noch darauf, dass der Beklagte verpflichtet wird, ihn in den fachtheoretischen Lehrgang B für die Fachlaufbahn Justiz an der Bayerischen Justizakademie … wiederaufzunehmen und ihm die Wiederholung des fachtheoretischen Lehrgangs für die Fachlaufbahn Justiz zu gestatten.
23
Die angefochtene Entlassungsverfügung vom 08.11.2017 ist sowohl formell als auch materiell rechtmäßig.
24
Auf den Fall des Klägers, der seine Ausbildung zum September 2015 begonnen hatte, finden gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 ZAPO-J die bis zum Ablauf des 31.08.2016 geltenden Vorschriften der ZAPO/JFW weiter Anwendung.
25
Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 23 Abs. 4 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG), § 56 Abs. 2 Satz 1 ZAPO-J i.V.m. § 15 ZAPO/JFW. Die Zuständigkeit des Präsidenten des Oberlandesgerichts Bamberg für den Erlass der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung ergibt sich aus Art. 56 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) i.V.m. § 56 Abs. 2 Satz 1 ZAPO-J, § 5 ZAPO-JFW.
26
Die Frist nach Art. 56 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 BayBG wurde eingehalten. Danach beträgt bei Entlassungen nach § 23 Abs. 4 BeamtStG die Frist zum Wirksamwerden der Entlassungsverfügung bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Monaten sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres. In der am 08.11.2017 ausgesprochenen Entlassungsverfügung wurde der Entlassungszeitpunkt auf den Ablauf des 31.12.2017 festgelegt. Die erforderliche Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) ist erfolgt. Ebenso ist der Personalrat antragsgemäß beteiligt worden.
27
Der angefochtene Bescheid ist darüber hinaus materiell rechtmäßig.
28
Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Entlassungsverfügung ist § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG. Nach dieser Regelung können Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden.
29
Damit räumt das Gesetz dem Dienstherrn zwar einen weiten Ermessensspielraum ein. Der gesetzliche Begriff „jederzeit“ besitzt nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine sachliche Komponente. Zur Rechtfertigung der Entlassung genügt jeder sachliche, d.h. nicht willkürliche Grund (BayVGH, B. v. 12.12.2011 - 3 CS 11.2397, BeckRS 2012, 52825; B. v. 2.5.2019 - 6 CS 19.481, BeckRS 2019, 8704). Einen sachlichen Grund bildet das Fehlen der fachlichen und persönlichen, insbesondere charakterlichen Eignung.
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Die Frage, ob der Dienstherr von durch Leistungsmängel begründeten ernsthaften Zweifeln daran, dass der Widerrufsbeamte das Ziel des Vorbereitungsdienstes erreichen wird, ausgehen konnte, unterliegt dabei einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Während der diesen Zweifeln zugrunde gelegte Sachverhalt in vollem Umfang auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft werden kann, ist die Kontrolle im Übrigen darauf beschränkt, ob der Dienstherr die anzuwendenden (Rechts-)Begriffe verkannt oder ob er bei der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (vgl. OVG NW, B. v. 27.9.2017 - 6 B 977/17, BeckRS 2017, 126424; B. v. 5. 6. 2015 - 6 B 326/15, juris Rn. 8 m. w. N.).
31
Der erforderliche sachliche Grund, der zur Entlassung des Klägers aus dem Vorbereitungsdienst führte, liegt in dem endgültigen Nichtbestehen des fachtheoretischen Lehrgangs B der Ausbildung zum Justizsekretär, festgestellt mit Zeugnis vom 15.09.2017. Das Ermessen des Beklagten wird im streitgegenständlichen Fall insoweit auf Null reduziert durch die auf den Kläger anzuwendenden Regelungen über das Nichtbestehen von Prüfungen in der maßgeblichen Ausbildungsordnung. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 ZAPO-J i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 5 ZAPO/JFW ist die Aufnahme in den nächsten Ausbildungsjahrgang nur einmal statthaft. Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 ZAPO-J i.V.m. § 15 Abs. 2 ZAPO/JFW sind Anwärter zwingend zu entlassen, wenn sie nach der Aufnahme in den nächsten Ausbildungsjahrgang erneut nicht das Ausbildungsziel nach Absatz 1 Sätze 1 und 2 erreichen.
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Unstreitig hat der Kläger hier den fachtheoretischen Lehrgang A erst in einem zweiten Anlauf in der Wiederholungsprüfung im Dezember 2016 bestanden. Somit wurde er entsprechend der gesetzlichen Regelung bereits einmal in den nächsten Ausbildungsjahrgang aufgenommen. In der Abschlussprüfung des fachtheoretischen Lehrgangs B erzielte der Kläger bei fünf von sieben Klausuren eine mangelhafte Leistung und erreichte damit erneut das Ausbildungsziel nicht. In der Folge stellte der Beklagte erneut das Nichtbestehen des Ausbildungsabschnitts fest.
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Deshalb war die Entlassung des Klägers nach § 15 Abs. 2 ZAPO/JFW zwingende Rechtsfolge des erneuten Nichterreichens des Ausbildungsziels im fachtheoretischen Lehrgang B. Ein Ermessen steht dem Beklagten insoweit nicht mehr zu. Auch die vom Kläger beantragte Nachkorrektur seiner Klausuren ändert daran nichts. Die Nachkorrekturanträge sind ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Akte sämtlich erfolglos geblieben. Insoweit sind keine erheblichen Rechtsverstöße ersichtlich. Dabei ist auch die dem Prüfungsrecht immanente Beschränkung der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Prüfungsentscheidungen zu beachten. Denn nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für zu vergleichende Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Bewertungskriterien gelten. Damit wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsgerichtsprozess anstrengen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Aus diesem Grunde muss den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleiben und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt werden (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34). Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Auch die Bestehensgrenze lässt sich nicht starr und ohne den Blick auf durchschnittliche Ergebnisse bestimmen. Prüfungsnoten dürfen daher nicht isoliert gesehen werden, sondern sie sind in einem Bezugssystem zu finden, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird (vgl. BVerfG, a.a.O.).
34
Der prüfungsspezifische Beurteilungsspielraum erstreckt sich insbesondere auf die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabe, die Gewichtung einzelner Prüfungsteile sowie der Schwere eines Mangels, die Würdigung der Darstellungsqualität und der Überzeugungskraft der Argumente, die Gewichtung der Stärken und Schwächen der Bearbeitung sowie den Gesamteindruck der Leistung und die abschließende Notengebung (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.1997 - 6 C 11.96 - BVerwGE 105, 328; B.v. 13.5.2004 - 6 B 25.04 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 406; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 635). Auch die Einschätzung, ob eine Leistung hinsichtlich einer entsprechend determinierten Notenstufe als „brauchbar“ zu bewerten ist, ist den Prüfern vorbehalten (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.1997 - 6 C 11.96 - BVerwGE 105, 328). Es ist beispielsweise auch nicht zu beanstanden, wenn ein Prüfer im Ergebnis zutreffende Antworten nur eingeschränkt bewertet, weil eine ausreichende Begründung fehlt, die sich mit den gestellten Problemen auseinandersetzt, oder weil erst nach umfangreichen Hilfestellungen der Weg zur richtigen Lösung gefunden wird. Ebenso begründet es keinen Bewertungsfehler, wenn ein Prüfer der Klarheit und Systematik einer Darstellung sowie der Vollständigkeit und Prägnanz einer Begründung richtiger Lösungen wesentliches Gewicht beimisst (vgl. VG Regensburg, U. v. 18.4.2019 - RO 5 K 18.370 - Rn. 23, juris).
35
Der Bewertungsspielraum im Prüfungsverfahren, der der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist, wird schließlich nicht durch den Umstand eingeschränkt, dass von der Bewertung das endgültige Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung abhängt. In dem Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes haben die Gerichte grundsätzlich nur zu überprüfen, ob die objektiven Grenzen des Prüferspielraumes überschritten wurden. Dies ist der Fall, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen, sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen oder bei offenen Rechtsfragen eine vertretbare und folgerichtig begründete Lösung als falsch werten (vgl. BVerwG, U. v. 12.11.1997 - 6 C 11.96 - BVerwGE 105, 328; B.v. 13.5.2004 - 6 B 25.04 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 406; BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 - BVerfGE 84, 34).
36
Gemessen an diesen Grundsätzen sind weder aus den Erstkorrekturen noch anhand der Nachkorrekturen durchgreifende Mängel im Prüfungsverfahren ersichtlich.
37
Insbesondere stellt es keinen formellen Verstoß dar, wenn Korrekturen durch lediglich einen Prüfer vorgenommen werden. Dieses Vorgehen des Beklagten entspricht der für den Kläger geltenden Regelungslage. Lediglich für die abschließende Justizfachwirtprüfung sieht die ZAPO-JFW in § 29 Abs. 1 eine selbständige Bewertung schriftlicher Prüfungsarbeiten durch je zwei Prüfer vor. Für die vorangehenden Ausbildungsabschnitte existiert eine solche Regelung nicht (vgl. hierzu auch die insoweit identische Regelung in § 35 Abs. 1 Satz 1 ZAPO-J).
38
Vor diesem Hintergrund begegnen auch die Feststellungen der jeweiligen Korrektoren zu den Nachkorrekturanträgen des Klägers keinen durchgreifenden Bedenken. Sie lassen vielmehr erkennen, dass hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens bei keiner der fünf nichtbestandenen Klausuren ein Zweifelsfall vorgelegen hat, und legen nachvollziehbar und unter individueller Berücksichtigung der jeweiligen Nachkorrekturanträge dar, aus welchen objektiven Gründen die jeweiligen Klausuren als nicht bestanden zu bewerten waren.
39
Mit Datum vom 19.04.2018 äußert sich der Korrektor über zwei Seiten hinweg unter Aufgliederung in allgemeine Anmerkungen einerseits und Ergebnis der Nachkorrektur zu den einzelnen Aufgaben andererseits. Dabei nennt er exemplarisch einzelne Fehler, gibt eine zusammenfassende Gesamtbewertung und erwähnt abschließend ausdrücklich, dass es auch unter dem Blickwinkel einer erneuten Korrektur eindeutig eine mangelhafte Leistung bleibe.
40
Unter dem 13.04.2018 erfolgte im Rahmen der Nachkorrektur der Klausur „Verfahren in Grundbuchsachen“ über vier Seiten eine ausführliche Besprechung der einzelnen Aufgaben. Nach dem jeweiligen Wiederholen der Aufgabenstellung legt der Korrektor dar, inwieweit der Kläger die Aufgaben bearbeitet hat und weshalb er im Rahmen der Korrektur zu welcher Bewertung kommt. Auch dieser kommt in der Überprüfung zu dem abschließenden Ergebnis, dass die Klausur in Anbetracht der lediglich erreichten 37% aller erreichbaren Punkte zwingend mit mangelhaft zu bewerten sei.
41
Mit Datum vom 07.04.2018 fasst die Korrektorin der Klausur vom 27.04.2017 das Ergebnis ihrer Nachkorrektur damit zusammen, dass bei Frage 3 nicht ein einziger vollständiger Satz geschrieben worden sei und die Fragen 4 und 5 gänzlich unbeantwortet geblieben seien. Daher liege es auf der Hand, dass hier von einer durchschnittlichen Leistung keine Rede mehr sein könne.
42
Die unter Datum vom 17.04.2018 durch die Erstkorrektorin durchgeführte Nachkorrektur der Klausur in Familienkosten war zwar knapp gehalten, kam aber deutlich unter Darlegung ihrer Vorgehensweise bei der nochmaligen Korrektur zu dem Ergebnis, dass eine Abänderung der Bewertung nicht erfolgen könne.
43
Die Korrektorin der Klausur im Fachbereich „Handels- und Gesellschaftsrecht“ kam in Form einer stichpunktmäßigen Auflistung der Bearbeitungsqualität zu den einzelnen Aufgaben dem klägerischen Antrag auf Nachkorrektur nach. Sie kommt darin zu dem Fazit, dass in Anbetracht der vielen Defizite eher eine schlechtere Punktenote denkbar gewesen wäre.
44
Für Korrekturmängel, die im Rahmen des oben dargestellten Maßstabs einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich wären, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
45
Sämtliche sonstigen Beanstandungen des Klägers, mit denen er die vorangegangenen Ausbildungsbedingungen im weiteren wie im engeren Sinne rügt, sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Der Kläger hatte unter anderem gerügt, dass es wegen einer Sanierung während wesentlicher Ausbildungszeiten zu erheblichem Baulärm gekommen sei, er ohne Alternativen der Unterbringung mit einem Ausbildungskollegen mit konzentrationsbeeinträchtigenden Gewohnheiten in einem Doppelzimmer untergebracht worden sei, während der Ausbildung verwendete PowerPoint-Folien im Nachgang nicht zur Verfügung gestellt worden seien und er Hilfestellung und Tipps zum Lernen von der Akademieleitung erst am 08.06.2017 und damit zu spät und auch nicht konkret genug bekommen habe oder der Unterricht im Schuldrecht mangelhaft gewesen sei.
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Ausbildungsmängel führen im Allgemeinen nicht zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsentscheidung. Nur wenn in besonderen Fällen die Ausbildung nach der Konzeption des betreffenden Bildungs- oder Studiengangs integrierter Bestandteil des Prüfungsvorgangs, insbesondere der Leistungsbewertung, ist, dürfte dies nach Lage der Dinge anders zu beurteilen sein (vgl. BVerwG, B. v. 12.11.1992 - 6 B 36/92 - NVwZ-RR 1993, 188 ff., 188, beck-online).
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Selbst wenn einzelne Ausbildungsmängel vorgelegen haben sollten - was nicht substantiiert dargetan wurde -, kann sich der Kläger darauf nicht mehr erfolgreich berufen, weil er seiner Rügeobliegenheit nicht im ausreichenden Umfang nachgekommen ist. Aus dem zwischen dem Prüfling und der prüfenden Stelle bestehenden Rechtsverhältnis ergibt sich auf Basis des auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)) eine Mitwirkungsobliegenheit des Prüflings, die auch die rechtzeitige Geltendmachung von Mängeln des Prüfungsverfahrens beinhaltet. Verfahrensmängel auch im Hinblick auf die mangelhafte Gestaltung der Ausbildung sind daher unverzüglich geltend zu machen, wenn hieraus rechtliche Konsequenzen seitens des Prüflings gezogen werden sollen, da er ansonsten bei Zuwarten des weiteren Prüfungsverlaufs und späterer Berufung auf die Mängel widersprüchlich handeln würde (VG Berlin, U. v. 28.8.2020 - VG 12 K 529.17, BeckRS 2020, 34524 Rn. 41, beck-online).
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Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht für Fälle wie dem streitgegenständlichen entschieden, dass auch dann, wenn von Klägerseite vorgetragen wird, er habe die geltend gemachten Mängel in der Ausbildung in zahlreichen Gesprächen mit seinen Ausbildern gerügt, dies nicht zur Beachtung der geltend gemachten Mängel im Zuge der Rechtmäßigkeitskontrolle des Prüfungsverfahrens an sich führt. Vielmehr wäre der Kläger gehalten gewesen, die Prüfung ausdrücklich unter dem Vorbehalt abzulegen, dass er seine rechtzeitig vorgebrachten Einwendungen dem Prüfungsergebnis gegebenenfalls als Rechtsmangel entgegenhalten werde. Darauf, ob er die Mängel vorher, d.h. während seiner Ausbildung, gegenüber seinen Vorgesetzten und Ausbildern gerügt hat, kommt es somit nicht an, sondern allein darauf, ob er die Ausbildungsmängel in unmittelbarem Zusammenhang mit der Prüfung gerügt hat (BVerwG, B. v. 12.11.1992, a.a.O., S. 189). Dafür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich.
49
Aus der Natur des Prüfungsrechts ergibt sich, dass nur Mängel des Prüfungsverfahrens bzw. der Bewertung der Prüfungsleistungen geltend gemacht werden können. Derartige Mängel müssen vom Prüfling, nachdem er von ihnen Kenntnis erlangt hat, unverzüglich gerügt werden, damit die Prüfungskommission die Möglichkeit erhält, im Interesse des Prüflings etwaige Fehler zu korrigieren. Darüber hinaus muss der Prüfling zu erkennen geben, dass aus seiner Sicht dieser Mangel ihn in seinen Prüfungsleistungen erheblich und in einer Weise beeinträchtigt, dass er deshalb gegebenenfalls die Prüfung anfechten werde. Diese Voraussetzungen sind bei Beanstandungen, die allein während der Ausbildung erhoben werden, nicht erfüllt. Es ist dem Prüfling auch zuzumuten, diesen Vorbehalt vor Ablegung der Prüfung geltend zu machen und nicht erst das Ergebnis der Prüfung abzuwarten. Ergibt sich aufgrund der Beanstandung, dass der Prüfling durch den Mangel erheblich in seinen Prüfungsleistungen benachteiligt werden kann, muss die Kommission diesen Fehler korrigieren. Geschieht dies nicht, hat der Betroffene die Möglichkeit der gerichtlichen Nachprüfung und gegebenenfalls der Aufhebung der Prüfungsentscheidung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Chancengleichheit (BVerwG, a.a.O.). Dass der Kläger derartige Vorbehalte unmittelbar vor Beginn der Klausurbearbeitungen geltend gemacht hätte, ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Aufgrund dessen sind auch die von der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung bedingt gestellten Beweisanträge abzulehnen. Sie hatte beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass die Unterbringung des Klägers im fachtheoretischen Lehrgang B nur in einem Doppelzimmer gemeinsam mit einem anderen Anwärter möglich war und dass der Kläger der Zeugin gegenüber mehrfach Mängel in der Ausbildung gerügt hat, die Zeugin … Z. einzuvernehmen. Darüber hinaus beantragte sie, zum Beweis der Tatsache, dass ab Mitte April 2016 aufgrund von Sanierungsarbeiten an dem Gebäude auch in den Unterrichtsräumen Baulärm vernehmbar war, die Einvernahme des Zeugen … S. Es ist bereits zweifelhaft, inwieweit die genannte Zeugin zu den aufgeworfenen Fragen überhaupt hätte Stellung nehmen können. Denn es handelt sich bei der Zeugin … Z.nach Auskunft der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung um eine Verwaltungsmitarbeiterin, die lediglich für die Zimmerbelegung zuständig ist und die somit naturgemäß nicht für den Themenbereich „Ausbildungsinhalte“ zuständig ist.
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Darauf kommt es jedoch nicht an. Sowohl die Frage des Baulärms, der im Übrigen von der Beklagtenseite auch nicht in Abrede gestellt wurde und der alle Anwärter - von denen ja der weit überwiegende Teil den fachtheoretischen Lehrgang B erfolgreich absolviert hat - gleichermaßen beeinträchtigt hatte, als auch die Frage der Unterbringung und der geltend gemachten Rügen von Ausbildungsmängeln betreffen sämtliche Fragen im Vorfeld des streitgegenständlichen Prüfungsgeschehens und sind damit - wie soeben dargelegt - für den streitgegenständlichen Fall nicht von Belang.
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Damit ist die angefochtene Entlassungsverfügung rechtmäßig und der Kläger war gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG i.V.m. Art. 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BayBG zum Ablauf des 31.12.2017 wirksam entlassen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.