Titel:
Asylverfahren, Herkunftsland: Libyen, Staatenlose Palästinenser, Familie mit fünf Kindern, Ipso facto Flüchtling (verneint), subsidiärer Schutz (bejaht)
Normenkette:
AsylG § 3 Abs. 1, Abs. 4, § 3a Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 3
Leitsätze:
1. Asylbewerbern droht bei ihrer Rückkehr nach Lybien keine (Gruppen-)Verfolgung wegen ihrer Volkszugehörigkeit als Palästinenser. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. In ganz Libyen besteht ein bewaffneter Konflikt iSd § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. (Rn. 29 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylverfahren, Herkunftsland: Libyen, Staatenlose Palästinenser, Familie mit fünf Kindern, Ipso facto Flüchtling (verneint), subsidiärer Schutz (bejaht)
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 01.03.2021 – 15 ZB 21.30100
Fundstelle:
BeckRS 2020, 43501
Tenor
I. Unter Aufhebung von Ziffer 3, 4, 5 und 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24. Mai 2017 wird die Beklagte verpflichtet, den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des voll-streckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie die Zuerkennung subsidiären Schutzes.
2
Die nach eigenen Angaben in ... (Libyen) geborenen Kläger sind staatenlose Palästinenser sunnitischer Religionszugehörigkeit. Die Kläger sind am 14. Dezember 2015 über Italien in die Bundesrepublik eingereist und haben am 5. Februar 2016 Asylanträge gestellt.
3
Bei der Anhörung gemäß § 25 AsylG am 28. Februar 2017 gaben die Kläger zu 1) und 2) unter anderem an, dass sie Palästinenser aus Libyen seien. Bis zu Ihrer Ausreise hätten sie sich in ..., Stadtteil ... ..., aufgehalten. Zunächst hätten sie in einem eigenen Haus gewohnt. Dieses sei im Krieg zerstört worden und sie seien in eine Wohnung im gleichen Stadtteil umgezogen. Das Haus habe sich zwischen Darnah und ... befunden. Der Kläger zu 1) habe in der Landwirtschaft gearbeitet. Er habe Land gemietet und bewirtschaftet. Vorher habe er schon verschiedene andere Tätigkeiten ausgeübt. Ab 2004 sei der Kläger zu 1) im Gazastreifen gewesen um zu studieren. Im Jahr 2009 sei er zurückgekehrt nach Libyen. Er habe sich ca. 2008 in seine Cousine verliebt, die jetzt seine Frau sei. Die Eltern, ein Bruder, zwei Schwestern sowie die Großfamilie des Klägers zu 1) lebten im Gazastreifen. Die Eltern, fünf Schwestern und fünf Brüder der Klägerin zu 2) lebten in Libyen. Die Kläger hätten Libyen aufgrund des Krieges verlassen. Alle, die nicht Libyer seien, seien als Ausländer bezeichnet worden. Sie hätten Angst um ihre Kinder gehabt und wollten, dass diese in Sicherheit aufwachsen sollten. Die Söhne und Cousins des Eigentümers des Landes, das der Kläger zu 1) bewirtschaftete, hätten ihn bedroht, dass er das Land verlassen solle, da sie das Land selbst bewirtschaften wollten. Außerdem seien sie ausgereist, da ihr Haus zerstört worden sei. Der IS habe ihre Stadt eingenommen und sei immer noch dort.
4
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 24. Mai 2017 die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1), auf Asylanerkennung (Ziffer 2) sowie die Anträge auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4). Die Abschiebung nach Libyen wurde angedroht (Ziffer 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6).
5
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen nicht vor. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen könne oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen wolle (§ 3 AsylG). Die Kläger seien keine Flüchtlinge im Sinne dieser Definition. Die Kläger seien staatenlos und palästinensischer Volkszugehörigkeit. Als Land des gewöhnlichen Aufenthaltes sei hier Libyen festzustellen. Die Kläger hätten vorgetragen in Libyen als Palästinenser diskriminiert worden zu sein. Die Angaben der Kläger bezüglich der allgemeinen Situation in Libyen seien
6
grundsätzlich nachvollziehbar. Allein der pauschale Verweis auf Diskriminierungen im Herkunftsland sei nicht ausreichend, um einen Schutzbedarf zu belegen. Es müsse im Einzelfall dargelegt werden, mit welchen konkreten Maßnahmen die Kläger persönlich konfrontiert gewesen seien. Dass jemand, der fast ein ganzes Leben in Libyen gelebt habe und vor dem Sturz Gaddafis als gleichwertiger Bürger des Landes behandelt worden sei, der diesen Status dann verliere, sich nicht plötzlich als Ausländer fühle und sich durch die Bezeichnung Ausländer verletzt fühle sei durchaus nachvollziehbar, aber von einer schwerwiegenden Verletzung der Menschenrechte durch eine Diskriminierung der Palästinenser als gesamte Personengruppe sei nicht auszugehen. Dass ein Leben als Palästinenser in Libyen nach wie vor möglich sei beweist, dass die Familie der Klägerin zu 2), immerhin die Eltern, fünf Schwestern und fünf Brüder noch immer in Libyen in ... lebten. Auch bezüglich des Grundstücksstreits mit den Eigentümern des landwirtschaftlichen Grundstücks, das der Kläger zu 1) bewirtschaftet habe, sei keine Anknüpfung an seine Herkunft als Palästinenser erkennbar. Damit fehle es hier an einem Anknüpfungsmerkmal im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG. Daher sei Flüchtlingsschutz abzulehnen.
7
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Damit sei kein Schutz gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG festzustellen. Die Kläger seien in Libyen nicht von Folter oder unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung bedroht. Die von dem Kläger zu 1) vorgetragene Verfolgung durch die Eigentümer und die Cousins, denen das Grundstück gehört, sei nicht glaubhaft gewesen. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Libyen erneut von den Eigentümern des landwirtschaftlichen Grundstückes bedroht oder verfolgt werde. Fraglich sei, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG vorlägen. Dieses wäre dann der Fall, wenn die Kläger eine ernsthafte individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts befürchten müssten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne nicht davon ausgegangen werden, dass noch ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG herrsche. Letztendlich hätten sich am 16. Februar 2017 die beiden Machtblöcke aufgrund einer Initiative der Regionalmacht Ägypten in Kairo für Parlamentswahlen in ganz Libyen, welche gemeinsam durch den östlichen Abgeordnetenrat und den westlichen Hohen Staatsrat organisiert werden sollen (SZ vom 16.2.2017, "Deal ohne Handschlag") geeinigt. Unter den geschilderten Umständen werde man daher nicht mehr von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt auszugehen haben. Unabhängig davon drohte den Klägern in ihrem Heimatort ... keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG, Rückkehrern müsste die Gefahr willkürlicher Gewalt drohen und ihnen deshalb eine individuelle Bedrohung erwachsen.
8
Der bestehende bewaffnete Konflikt und die damit einhergehende willkürliche Gewalt müsste ein solches Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme beständen, das eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächliche Gefahr laufen würde, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Es bedürfe also für die individuelle Betroffenheit einer Feststellung zur Gefahrendichte, die jedenfalls auch eine annäherungsweise quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos umfasse. Aufgrund des Vortrags der Kläger könne nicht von gefahrerhöhenden persönlichen Umständen ausgegangen werden, die auch bei einem geringeren Niveau an willkürlicher Gewalt zur Einschätzung einer individuellen Bedrohung für die Kläger führen würde. Dass das Haus der Kläger zerstört worden sei, sei zudem nicht glaubhaft vorgetragen. Der Kläger zu 1) habe erklärt, das Haus habe in einem Gebiet gelegen, wo der IS und die Regierung gegeneinander gekämpft hätten. Dabei sei das Haus von zwei Raketen aus der Luft getroffen worden. Genaueres dazu habe der Kläger nicht erklärt. Hinzu komme, dass die Kläger selbst angegeben hätten, dass die Eltern der Klägerin zu 2) weiterhin in der Wohnung in ... lebten. Auch die Brüder und Schwestern der Klägerin zu 2) lebten noch in ... und seien nicht angesichts der von den Klägern vorgetragenen allgemein gefährlichen Lage in eine andere Gegend umgezogen. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Wie bereits im Rahmen der Prüfung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG festgestellt, drohten den Klägern in Libyen keine, durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte, Folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Libyen führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Zu berücksichtigen sei hier, dass der Kläger zu 1) über eine sehr gute Ausbildung verfüge, er habe zwei Jahre studiert und in mehreren Bereichen Berufserfahrung gesammelt. Auch in der Vergangenheit sei es den Klägern gelungen, das notwendige Existenzminimum für die Familie zu sichern. Der Kläger zu 1) habe seine wirtschaftliche Situation in Libyen als durchschnittlich beschrieben. Damit bestehe keine Zweifel, dass der Kläger zu 1) bei einer Rückkehr nach Libyen durch eigene Arbeit den Unterhalt für sich und seine Familie sichern könne. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Kläger mit Unterstützung ihrer Familie rechnen könnten. Auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG sei abzulehnen.
9
Der Bevollmächtigte der Kläger erhob am … Juni 2017 Klage und beantragt,
10
den Bescheid vom 24. Mai 2017 in den Ziffern 1,3,4,5 und 6 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen, hilfsweise den Klä-gern subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, zusätzlich hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts auf weniger als 30 Monate zu bemessen.
11
Zur Begründung wurde auf die Anhörung vor dem Bundesamt Bezug genommen. Es wurde weiter ausgeführt, dass die Anhörung vor dem Bundesamt sich schwierig gestaltet habe, da die Kläger zu 1) und 2) gleichzeitig gehört worden seien und nicht immer klar gewesen sei, an wen die Frage sich gerichtet habe. Es blieb daher uner-wähnt, dass der Kläger zu 1) in einer militanten Muslimgruppierung habe mitwirken sollen. Er sei vor die Wahl gestellt worden, entweder die Hälfte seines Einkommens, zumindest aber umgerechnet 500 Euro monatlich abzuführen, oder sich aktiv am Kampf zu beteiligen. Ansonsten würde seiner Familie Unheil drohen. Es wurde eine Bestätigung des UNRWA vom 21. Juni 2020 vorgelegt, aus der sich ergäbe, dass der Kläger zu 1) als UNRWA Flüchtling registriert worden sei.
12
Die Beklagte beantragt,
14
Es werde auf die Gründe aus dem streitgegenständlichen Bescheid verwiesen. Die Herkunft und der Status als Palästinenser seien unstreitig. Im Jahr 2004 sei der Kläger zu 1) in den Gazastreifen gereist und sei dort bis 2009 geblieben. Die Beklagte gehe davon aus, dass der Kläger zu 1) in diesem Zeitraum beim UNRWA als Flüchtling registriert worden sei. Der Kläger sei jedoch kein staatenloser Palästinenser aus Syrien, sondern habe die letzten Jahre vor seiner Ausreise in Libyen gelebt. Auch könne von einem ehemals bestandenen „Schutz“ durch UNRWA keine Rede sein, da der Kläger zu keinem Zeitpunkt in einem UNRWA- Flüchtlingslager gelebt habe.
15
Eine Teilabhilfe hinsichtlich einer Schutzfeststellung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG komme nach Schriftsätzen der Beklagten vom 8. Oktober 2020, 12. Oktober 2020 und 30. Oktober 2020 nicht in Betracht. Nach den Erkenntnissen des Bundesamtes herrsche in Libyen ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG in allen Landesteilen mit Ausnahme der Kerngebiete der Regionen der Tuareg und Amazigh, sowie im Osten Libyens im Bereich Benghazi und Tobruk und im Westen der Stadt Misrata und ihrer unmittelbaren Umgebung. Dort seien Kampfhandlungen selten. Die Kläger hätten in ihrer persönlichen Anhörung angegeben, zuletzt in ... gelebt zu haben. Dies sei eine libysche Stadt zwischen Benghazi und Tobruk. In diesem Be-reich herrsche gerade kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. Als nächstgrößere Stadt werde hinsichtlich der Anzahl der zivilen Todesopfer auf Benghazi abgestellt. Für den Herkunftsort der Kläger liege keine derartige Gefahr-verdichtung vor, die für Zivilpersonen zu einer Schutzgewährung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG führe. Üblicherweise sei eine Einreise über Ägypten erforderlich. Der Aufenthalt im Transitbereich eines ägyptischen Flughafens während eines Fluges nach Ben-ghazi sei z.B. regelmäßig möglich.
16
Der Asylantrag eines weiteren in Deutschland geborenen Kindes der Kläger zu 1) und zu 2) wurde mit Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2017 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Klage zum Verwaltungsgericht München (Az.: M 3 K 17.43970) ist noch an-hängig. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11. Januar 2019 wurde ein Asylantrag eines weiteren gemeinsamen Kindes der Kläger zu 1) und 2) abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage beim Verwaltungsgericht München (Az.: M 3 K 19.31325) ist ebenfalls noch anhängig.
17
Mit Beschluss vom 23. November 2020 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
18
Mit Beschluss vom 24. November 2020 wurde den Klägern teilweise Prozesskosten-hilfe gewährt.
19
Die Klagepartei erteilte mit Schreiben vom 3. Dezember 2020 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Die Beklagte erteilte generell mit allgemeiner Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 (Az.: ...) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
20
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die Behördenakten auch in den Verfahren M 3 K 17.43870 und M 3 K 19.31325 verwiesen.
Entscheidungsgründe
21
Das Gericht kann mit Einverständnis der Prozessparteien ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO.
22
Hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes ist die Klage als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage, hinsichtlich der Abschiebungsandrohungen und der Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots als Anfechtungsklage statthaft. Bei den letztgenannten Regelungen handelt es sich um belastende Verwaltungsakte, an deren Aufhebung die Kläger ein rechtliches Interesse haben.
23
Die Klage ist jedoch nur zum Teil begründet, da die Kläger zwar einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 Abs. 1 AsylG) haben und die Klage daher gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO insoweit begründet ist, ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG jedoch nicht besteht.
24
1. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten gemäß § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Nr. 1), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Kläger nicht erkennbar. Unabhängig von der Glaubwürdigkeit des klägerischen Vortrags, erreicht das Vorbringen der Kläger nicht den nach § 3a Abs. 1 AsylG für eine Qualifizierung als Verfolgungshandlung erforderlichen Schweregrad. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Begründung der Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
25
Ebenso wenig geht das Gericht davon aus, dass es beachtlich wahrscheinlich ist, dass den Klägern bei ihrer Rückkehr eine (Gruppen-)Verfolgung wegen ihrer Volkszugehörigkeit als Palästinenser droht. In der aktuellen Rechtsprechung hat das VG Berlin (VG Berlin, U. v. 24.08.2020 - 19 K 69.19 A - beckonline, Rn. 16 ff) nach umfassender Würdigung der Erkenntnislage in Bezug auf die Situation von Palästinensern in Libyen ausgeführt, dass es an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Verfolgungsdichte fehle, sodass sich die Kläger mangels einer drohenden Verfolgungshandlung nicht auf eine ihnen drohende Gruppenverfolgung berufen können. Dieser Rechtsauffassung schließt sich das Gericht im vorliegenden Verfahren an. Es ist nicht ersichtlich, dass spezifisch gegen Palästinenser gerichtete Verfolgungshandlungen dazu führen, dass die Kläger nur und gerade wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Palästinenser einer Verfolgung ausgesetzt sind (VG Berlin, U. v. 24.08.2020 - 19 K 69.19 A - beckonline, Rn. 16 ff, m.w.N.).
26
Der Kläger zu 1) hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als ipso facto Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG (vgl. Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 - Qualifikationsrichtlinie). Danach ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Art. 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) genießt, ihm aber ein solcher Schutz nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) fällt derzeit als einzige Organisation in den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen, die Art. 1 Abschn. D GFK sowie Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Qualifikationsrichtlinie aufgreifen bzw. umsetzen und gerade im Hinblick auf die besondere Lage der - regelmäßig staatenlosen - Palästinaflüchtlinge geschaffen worden sind, die den Beistand oder Schutz des UNRWA genießen (VG Berlin U. v. 28.8.2020 - VG 34 K 639.17 A - beckonline Rn. 15; vgl. EuGH, Urteile vom 17. Juni 2010 - C-31/09 [Bolbol] - juris Rn. 44 und vom 19. Dezember 2012 - C364/11 [El Kott] - juris Rn. 48). Die behördliche und gerichtliche Prüfungsbefugnis ist darauf beschränkt, festzustellen, ob der Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, tatsächlich den Schutz und den Beistand einer Organisation oder Institution der Vereinten Nationen im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG genossen hat und dieser aus von seinem Willen unabhängigen Gründen entfallen ist und keine Ausschlussgründe vorliegen (VG Berlin U. v. 28.8.2020 - VG 34 K 639.17 A - beckonline, Rn. 16 m.w.N.). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger zu 1) nicht, auch wenn man davon ausgeht, dass er in Gaza als UNRWA Flüchtling registriert wurde. Der Kläger unterstand nicht tatsächlich dem Schutz und dem Beistand des UNRWA. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind von Art. 1 Abschn. D GK, auf den Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Qualifikationsrichtlinie verweist, nur diejenigen Personen erfasst, die die Hilfe des UNRWA tatsächlich in Anspruch genommen haben (VG Berlin U. v. 28.8.2020 - VG 34 K 639.17 A - beckonline Rn. 17). Der Kläger hat sich nach eigenen Angaben zum Studium in Gaza aufgehalten. Er selbst hat nicht behauptet, Leistungen des UNRWA für die Zeiten seines Aufenthaltes in Gaza erhalten zu haben und hat hierfür auch keine Belege vorgelegt. Auch die Vermutung, dass ein registrierter Palästinenser den Schutz oder Beistand des UNRWA tatsächlich in Anspruch nimmt, greift hier nicht. Diese Vermutung ist widerlegt, wenn der Schutzsuchende seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor der Einreise in die Europäische Union in einem Drittstaat hatte, der nicht zum Einsatzgebiet des UNRWA zählt. Dieser Drittstaat ist zum (neuen) Herkunftsland im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AsylG des Asylbewerbers geworden und er kann sich daher nicht mehr auf den Erwerb einer infolge unfreiwilligen Wegfalls des Beistands bzw. Schutzes von UNRWA entstandenen ipso facto Flüchtlingseigenschaft berufen (VG Berlin U. v. 28.8.2020 - VG 34 K 639.17 A - beckonline, Rn. 19; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2019 - 1 C 28.18 - juris Rn. 20). Der Kläger zu 1) gab an, seit dem Jahr 2009 wieder in Libyen gelebt zu haben. Demnach bestand Jahre vor seiner Ausreise der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers zu 1) und sein Lebensmittelpunkt mit Ehefrau und Kindern in Libyen, das nicht zum Operationsgebiet des UNRWA gehört (vgl. insgesamt VG Berlin Urt. v. 28.8.2020 - VG 34 K 639.17 A - beckonline Rn. 13 ff.).
27
2. Die Kläger haben nach summarischer Prüfung einen Anspruch auf Verpflich tung zur Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus § 4 Abs. 1 AsylG.
28
Herkunftsland ist für die staatenlosen Kläger das Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts, hier Libyen. Den Klägern droht bei einer möglichen Rückkehr nach Libyen ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG in der Form einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Nr. 3. AsylG). Ein bewaffneter Konflikt ist dadurch gekennzeichnet, dass er die Schwelle von reinen Unruhen, Spannungen und Gewaltakten überschreitet und dass mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen (EuGH, U. v. 30.1.2014 - C 285/12 - juris). Allerdings wird das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur dann zur Gewährung subsidiären Schutzes führen können, wenn die Auseinandersetzungen ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person angesehen werden können, weil der Grad willkürlicher Gewalt bei diesen Konflikten ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (EuGH, U. v. 30.1.2014 - C 285/12 - juris, Rn. 30).
29
Im Gegensatz zur Beklagten, die von einem bewaffneten Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG in allen Landesteilen mit Ausnahme der Kerngebiete der Regionen der Tuareg und Amazigh sowie im Osten Libyens im Bereich Benghazi und Tobruk und im Westen der Stadt Misrata und ihrer unmittelbaren Umgebung ausgeht, sieht das Gericht in ganz Libyen einen bewaffneten Konflikt (vgl. hierzu folgende Rspr.: VG Berlin, U. v. 27.5.2020 - 19 K 84.19 A - beckonline Rn. 19 ff. m.w.N.; VG Berlin, U. v. 24.8.2020 - 19 K 69.19 A - beckonline Rn. 27 ff. m.w.N.; VG Berlin, U. v. 27.5.2020 - 19 K 93.19 A - beckonline Rn. 22 ff; VG Ansbach, U.v. 29.03.2018 - AN 10 K 16.32482 - beckonline Rn. 28). Die Lage ist seit Jahren ohne (positive) Veränderungen schlecht und durch intensive Kampfhandlungen gekennzeichnet und hat sich durch die Vereinbarung einer Waffenruhe auf der Libyen-Konferenz in Berlin im Januar 2020 nicht nachhaltig verbessert (VG Berlin, U. v. 27.5.2020 - 19 K 84.19 A - beckonline Rn. 20; VG Berlin, U. v. 27.5.2020 - 19 K 93.19 A - beckonline Rn. 23). Es ist daher auch nicht damit zu rechnen, dass der durch Verhandlungen in Genf am 23. Oktober 2020 vereinbarte Waffenstillstand eine zeitnahe Änderung der Lage bewirkt.
30
Die neueste Rechtsprechung geht davon aus, dass der bewaffnete Konflikt in Libyen landesweit besteht (vgl. VG Berlin, U. v. 27.5.2020 - 19 K 84.19 A - beckonline Rn. 25; VG Berlin, U. v. 24.8.2020 - 19 K 69.19 A - beckonline Rn. 28; VG Berlin, U. v. 24.8.2020 - 19 K 69.19 A - beckonline Rn. 13). Auf die hierzu erfolgte ausführliche Begründung in den Urteilen unter Zugrundelegung der neuesten Erkenntnismittel wird Bezug genommen. Insbesondere wird im Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin (U. v. 24.8.2020 - 19 K 69.19 A - beckonline, Rn. 52 m.w.N.) ausgeführt, die dargestellte Gefahrenlage bestehe landesweit. Die von der zunächst auf Tripolis abzielenden Offensive der Truppen Haftars ausgehenden Kämpfe seien eskaliert und hätten sich geographisch erheblich ausgeweitet. In der jüngeren Vergangenheit sei es nach Angaben von UNSMIL zu Gefechten im Großraum Tripolis einschließlich des zivilen Teils des Flughafens Mitiga, in Garian und Taruna (jeweils ca. 100 km südlich bzw. südöstlich von Tripolis) in Zuwara, Sabrata und Surman (60 bis 120 km westlich von Tripolis), aber auch in und um die Küstenstadt Sirte, in Zintan, Zawia, Dschansur, Abugrein und in Bani Walid (Nordwestlibyen), in Darna (Nordostlibyen), in Al-Sddadah nahe Misrata, in Dschufra (Zentrallibyen), in Mursuq und Umm al Aranib (Südlibyen), in der FessanRegion, in Sabbha und in Al-Feel (Südwestlibyen) gekommen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass in allen Landesteilen jederzeit bewaffnete Kämpfe ausbrechen könnten; zudem gäbe es im ganzen Land weiterhin Berichte über Gewalt, Rachemorde, Plünderungen und Menschenrechtsverletzungen (vgl. insgesamt VG Berlin, U. v. 24.8.2020 - 19 K 69.19 A - beckonline, Rn. 52 m.w.N.).
31
Auch legt die zitierte Rechtsprechung dar, dass dieser Konflikt zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens bzw. seiner Unversehrtheit führt. Voraussetzung hierfür ist nach der Rechtsprechung des EuGH, dass der Grad willkürlicher Gewalt bei diesem Konflikt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betroffene Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - C-465/07, Elgafaji -, juris Rn. 35, 43). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, ist umso geringer, je mehr er zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. insgesamt. VG Berlin, U. v. 27.5.2020 - 19 K 84.19 A - beck online Rn. 21, VG Berlin, U. v. 24.8.2020 - 19 K 69.19 A - beckonline, Rn. 39 ff.).
32
Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass durch die quantitative Bewertung der Gefahrenlage nicht auf eine individuelle Bedrohung von Zivilpersonen geschlossen werden kann, so führt im vorliegenden Verfahren jedenfalls die qualitative Betrachtung der Gefahrenlage unter Berücksichtigung der desolaten medizinischen Lage, der hohen Zahl von Binnenvertriebenen und der Tatsache, dass es sich bei den Klägern um eine Familie staatenloser Palästinenser mit kleinen Kindern handelt, zur Zuerkennung subsidiären Schutzes.
33
Bei den Klägern liegen gleich mehrere gefahrerhöhende Merkmale vor, die jedenfalls für diese zum Vorliegen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts führen. Für Palästinenser in Libyen besteht ein erhebliches Klima der Feindseligkeit der Gewalt und Kriminalität. Auf Grund der zunehmend schlechten Lage werden die Palästinenser, die nunmehr als Fremde angesehen werden, zu Sündenböcken gemacht, und gegen sie richten sich Aggressionen, gegen die kein staatlicher Schutz zu erlangen ist. Zudem wird Palästinensern nicht nur von der Bevölkerung, sondern auch von den Konfliktparteien unterstellt, die jeweils andere Seite zu unterstützen bzw. Terroristen oder Islamisten zu sein. Es steht daher zu befürchten, dass wegen des Konflikts, der zum Zusammenbruch der Sicherheit und Ordnung geführt hat, ein Klima entstanden ist, welches Bedrohungen des Lebens und der Unversehrtheit durch bewaffnete Gruppen oder die Bevölkerung zumindest im Hinblick auf die Kläger erwarten lässt (vgl. insgesamt diese Einschätzung der Lage der Palästinenser in Benghazi: VG Ansbach, U.v. 29.3.2018 - AN 10 K 16.32482 - juris Rn. 37, vgl. auch BAMF Länderbericht 19, Libyen, S. 8 zur Lage der Palästinenser in Benghazi; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Libyen: Palästinensische Flüchtlinge, Themenpapier, 31.10.2017). Eine besondere Vulnerabilität ergibt sich im vorliegenden Verfahren auch aus der Tatsache, dass es sich bei den Klägern um eine Familie mit fünf Kindern handelt, die zwischen 2010 und 2018 geboren sind. Damit ist es der Familie deutlich erschwert, bei aufflammender Gewalt ihren Wohnort zu verlassen. Im Übrigen gelten Kinder in Libyen als besonders vulnerabel. So führt UNHCR aus, Kinder seien überproportional stark von Konflikt und Gewalt betroffen. Ihnen drohe sexuelle und genderbasierte Gewalt, häusliche Gewalt, Rekrutierung, Entführung, Folter und vergleichbare Behandlung sowie Tötung im Rahmen willkürlicher bewaffneter Gewalt sowie durch explosive Kampfmittelrückstände, zumal Schulen häufig Ziel von Angriffen würden (vgl. VG Berlin, U. v. 27.5.2020 - 19 K 93.19 A, beckonline Rn. 45 m.w.N.).
34
Die Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG war daher obsolet und aufzuheben. Dies gilt auch für die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes in § 11 Abs. 2 AufenthG.
35
Die Kosten des nach § 83 b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Parteien gemäß § 155 Abs. 1 VwGO je zur Hälfte, da der Flüchtlingsschutz, hinsichtlich dessen die Kläger unterlegen sind, wertmäßig die Hälfte gegenüber den übrigen Streitgegenständen ausmacht.