Titel:
Angeklagte, Hauptverhandlung, Abschiebung, Erkrankung, Vergewaltigung, Angeklagten, Leistungen, Freiheitsstrafe, Arzt, Wohnung, Tateinheit, Gesamtfreiheitsstrafe, Verletzung, Marke, ersparte Aufwendungen, erhebliche Gefahr, unerlaubter Besitz
Schlagworte:
Angeklagte, Hauptverhandlung, Abschiebung, Erkrankung, Vergewaltigung, Angeklagten, Leistungen, Freiheitsstrafe, Arzt, Wohnung, Tateinheit, Gesamtfreiheitsstrafe, Verletzung, Marke, ersparte Aufwendungen, erhebliche Gefahr, unerlaubter Besitz
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 25.02.2021 – 6 StR 29/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 43440
Tenor
1. Die Angeklagte … ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit Totschlag. Sie wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Jahren verurteilt. Im Übrigen wird die Angeklagte … freigesprochen.
2. Die Unterbringung der Angeklagten … in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
3. Vor der Unterbringung sind 3 Jahrs und 6 Monate der erkannten Freiheitsstrafe zu vollstrecken.
4. Der Angeklagte … ist schuldig des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in vier tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit unterlassener Hilfeleistung. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 1 Monat verurteilt. Im Übrigen wird der Angeklagte … freigesprochen.
5. Der Angeklagte … ist für die erlittene Untersuchungshaft vom 25.02.2019 bis zum 20.07.2020 und die vorläufige Festnahme vom 24.02.2019 bis 25.02.2019 nicht zu entschädigen.
6. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens sowie ihre eigenen notwendigen Auslagen, soweit sie verurteilt wurden, sowie die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin …. Soweit die Angeklagten freigesprochen wurden, trägt die Kosten des Verfahrens die Staatskasse.
Angewendete Vorschriften:
§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 212 Abs. 1, 21, 53, 64 StGB
§§ 113 Abs. 1 und 3, 114 Abs. 1 und 3, 185, 194 Abs. 1, 323c, 52, 53 StGB
Entscheidungsgründe
1
Die alkoholisierte Angeklagte … stach im November 2017 in ihrer Wohnung … ihren über zwanzig Jahre älteren Bekannten … in Verletzungsabsicht mit einem Messer in die linke Rumpfseite. Die Kammer hat dies im Wesentlichen aufgrund des Augenzeugen … sowie Äußerungen des später getöteten … gegenüber Dritten festgestellt und die Angeklagte … deshalb wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
2
Am 01.01.2019 widersetzte sich der insoweit geständige und alkoholisierte Angeklagte … vor der Wohnung der Angeklagten … seiner Inobhutnahme durch die Polizei. Er beleidigte dabei Beamte und einen Rettungssanitäter. Die Kammer hat ihn deswegen des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in vier tateinheitlichen Fällen schuldig gesprochen.
3
Am 16.02.2019 schlug die alkoholisierte Angeklagte … in ihrem Wohnzimmer mehrfach ihren Bekannten …. Nachdem dieser schließlich am Boden lag, sprang sie ihm mehrmals auf die Brust, wobei sie seinen Tod billigend in Kauf nahm. Sie zog ihm anschließend die Hose aus und penetrierte ihn mit einem Regenschirm, den sie unter Inkaufnahme tödlicher Verletzungen mehrfach in seinen After einführte. Der bei den vorherigen Handlungen nur teilweise anwesende Angeklagte … kam nun erneut hinzu und unterband dies. Die Angeklagte schlug darauf mit einem Gürtel auf den Rücken des … ein. Der Angeklagte … hielt sie schließlich ab. Er half … aufzustehen und ins Bad zu gehen. Obwohl er erkannte, dass dieser aus dem After blutete und massive Verletzungen erlitten hatte, ließ er ihn allein in der Badewanne zurück. … verstarb in der Folge an Verbluten. Die Kammer hat die Angeklagte … insoweit wegen Totschlags verurteilt und sich dabei vor allem auf die Angaben des Angeklagten … gestützt. Die Angeklagten hatten sich in der Hauptverhandlung jeweils gegenseitig der Tat bezichtigt. Die Kammer ist von der Richtigkeit der Angaben des Angeklagten … überzeugt. Er machte umfassende Angaben zur Sache und schilderte dabei auch Umstände, die über die Aktenlage hinausgingen und erst in der Hauptverhandlung verifiziert werden konnten. Seine konstanten Angaben standen darüber hinaus in Einklang mit einer Vielzahl anderer Beweisanzeichen. Die Kammer hat ihn wegen dieser Tat wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt.
4
Soweit die Anklage der Angeklagten … weiter vorwarf im Dezember 2017 mit einem Messer auf … gestochen zu haben und dem Angeklagten …, am 07.02.2019 den … bei einem Streit geschlagen und getreten zu haben, wurden beide Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
5
Die Angeklagte … ist alkoholabhängig und war bei allen Taten infolge Alkoholkonsums vermindert schuldfähig. Die Kammer hat ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
I. Zur Person der Angeklagten …
1. Der Werdegang der Angeklagten …
6
Die Angeklagte … wurde als einziges gemeinsames Kind ihrer Eltern am … geboren und wuchs bis zu ihrem 11. Lebensjahr zusammen mit einer älteren Halbschwester bei ihren Eltern … auf. Neben dieser Halbschwester hat die Angeklagte … einen älteren Halbbruder sowie eine jüngere Halbschwester. Nach der Trennung ihrer Eltern zog die Angeklagte … mit ihrer Mutter und der Halbschwester nach … wo sie gemeinsam mit einem neuen Partner der Mutter zusammenlebten. In der Folgezeit wechselte die Angeklagte … auf Grund von Differenzen mit ihrer Mutter vorübergehend zurück nach … zu ihrem Vater, kehrte jedoch nach kurzer Zeit wieder zur Mutter zurück.
7
Die Angeklagte … besuchte den Kindergarten in … und anschließend die Grundschule. In … brach die Angeklagte … nach der achten Klasse die Schule ab, um eine Ausbildung zur Friseurin zu beginnen. Ihre Lehre beendete die Angeklagte … jedoch nicht. Die Angeklagte … bemühte sich zwar anschließend erfolgreich um eine neue Ausbildungsstelle, trat diese jedoch nicht an, da sie ihren ersten Partner kennenlernte und dieser mit der Ausbildung nicht einverstanden war. In der Folgezeit zog die Angeklagte zu ihrem Partner und heiratete diesen einen Tag nach ihrem 18. Geburtstag. Am … kam die gemeinsame Tochter … auf die Welt. Auf Grund von Gewalttätigkeiten in der Ehe trennte sich die Angeklagte … ein halbes Jahr später von ihrem Ehemann. Die Angeklagte … lernte schnell einen neuen Partner kennen, welchen sie auch heiratete. Aus dieser Beziehung ging ein gemeinsamer Sohn hervor, welcher am … geboren wurde. Die Familie wohnte zunächst gemeinsam in … bis es zur Trennung kam. In der Folgezeit wohnte die Angeklagte … mit ihren beiden Kindern allein in … und bezog Leistungen. Die folgenden Jahre der Angeklagten … waren geprägt von mehrfachen Umzügen und wechselnden Partnerschaften. Bereits zu dieser Zeit kam es zur ersten Inobhutnahme ihrer Kinder durch das Jugendamt und die Angeklagte … begann ab dem Tod ihres Vaters im Jahr … vermehrt Alkohol zu trinken.
8
Nach Verbüßung einer kurzzeitigen Haftstrafe im Jahr … lernte die Angeklagte … einen neuen Partner kennen, mit welchem sie am … einen weiteren Sohn bekam. Nach Rückkehr der beiden älteren Kinder zur Angeklagten … lebte diese mit ihren drei Kindern allein in der …. Dort lernte die Angeklagte … Ende … kennen und es entwickelte sich eine Freundschaft. … hielt sich seitdem häufig bis täglich in der Wohnung der Angeklagten … auf und versorgte diese mit Alkohol, welchen sie gemeinsam konsumierten.
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Am … wurden die drei Kinder der Angeklagten erneut in Obhut genommen. Grund hierfür war der Alkoholkonsum der Angeklagten …. Die folgenden Monate bis zu ihrer Festnahme am … waren geprägt von Alkohol und insbesondere wechselnden, kurzweiligen Partnerschaften unter anderem mit den Zeugen … und dem Angeklagten …. Trotz der Anwesenheit der verschiedenen Partner bei der Angeklagten … war … immer zugegen und hatte ein eigenes Zimmer. Spätestens nach seiner Zwangsräumung am … zog … schließlich ganz bei der Angeklagten … ein.
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Mit Ausnahme kurzzeitiger Tätigkeiten bei der Firma … oder als Aushilfe in einem Friseurladen verdiente die Angeklagte … kein eigenes Geld. Sie lebte überwiegend von Sozialleistungen und dem Einkommen ihrer Partner.
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Es gelang der Angeklagten … trotz Durchlaufen einer dreimonatigen Langzeittherapie im Jahr … im Haus … und einer kurzzeitig später erfolgten Aufnahme im … nicht, ihren Alkoholkonsum in den Griff zu bekommen. Die Angeklagte … steigerte vielmehr ihren Alkoholkonsum bis zuletzt auf zwei bis drei Flaschen Wodka und mehrere Flaschen Bier pro Tag. Ohne Alkohol litt die Angeklagte … unter Krämpfen und Zittern.
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Neben dem Alkohol konsumierte die Angeklagte … in der Zeit vor ihrer Festnahme am … gelegentlich Amphetamin, Methamphetamin, Ecstasy und Marihuana sowie regelmäßig Venlafaxin.
13
Die Angeklagte … trat im nüchternen Zustand gegenüber ihren Freunden und Kindern freundlich und liebevoll auf. Unter Alkoholeinfluss änderte sich jedoch ihr Verhalten dahingehend, dass sie laut und gewalttätig wurde. Auch prahlte sie gerne gegenüber anderen damit, wie sie … misshandelte.
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Die Angeklagte … neigte dazu, Dritte diverser Straftaten zu beschuldigen. Sie reagierte insbesondere mit Anzeigen gegenüber ihren Ex-Partnern, ohne dass deren Verfolgung ergiebig war. Auch thematisierte sie immer wieder, vergewaltigt worden zu sein.
1.14.01.2008 AG Fürth (Bayern) (D3304) - 411 Cs 955 Js 163734/07 -
Rechtskräftig seit 12.02.2008
Datum der (letzten) Tat: 27.04.2007
Angewendete Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1
90 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe.
2. 18.02.2010 AG Nürnberg (D3310) - 431 Ds 609 Js 51906/09 -
Rechtskräftig seit 18.02.2010
Tatbezeichnung: Beihilfe zum Betrug
Datum der (letzten) Tat: 26.03.2009
Angewendete Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1, § 27
90 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe.
15
Dem Urteil lagen folgender Sachverhalt zugrunde:
16
2. Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt am 10.02.2009 entwendete der Angeklagte … aus dem Wohnanwesen der sodann Geschädigten … aus einem Schlafzimmerschrank aus einer Geldkassette ein Sparbuch der Geschädigten mit ca. 3.000,- EUR Guthaben.
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3. Am 26.03.2009 beschlossen sodann die Angeklagten … und … sowie der Zeuge … vom Sparbuch der Geschädigten … 3.000,- EUR Bargeld abzuheben. In Ausführung ihres Tatplans begaben sie sich gegen 16:00 Uhr zur Sparkassenfiliale in der …. Dem zuvor gefassten Tatplan entsprechend, legte der Zeuge … in der Sparkassenfiliale der Sparkassenmitarbeiterin … das Sparbuch, ausgestellt auf die Geschädigte …, einen abgelaufenen Reisepass, ausgestellt auf die Geschädigte … sowie eine zuvor gefälschte Vollmacht vor, um der Sparkassenmitarbeiterin vorzutäuschen, dass er verfügungsberichtigt über das Sparguthaben sei. Dies war jedoch, wie die Angeklagten und der Zeuge … wussten, nicht der Fall.
18
Nachdem sich die Sparkassenmitarbeiterin … weigerte, ohne Bekanntgabe des Kennwortes Bargeld auszuzahlen, spiegelte der Zeuge … der Zeugin … vor, die Geschädigte … anzurufen. Tatsächlich rief er jedoch die Angeklagte … wie zuvor mit dieser vereinbart, an und begrüßte sie mit „Hi Oma“. Sodann übergab … der Zeugin … das Handy und die Angeklagte … gab sich als die Geschädigte … aus und erklärte der Zeugin … mit verstellter Stimme, dass es richtig wäre, dass der Zeuge …, der ihr Enkel sei, Bargeld in Höhe von 3.000,- EUR vom Sparbauch abheben könne. Nachdem jedoch weder die Angeklagte … noch der Zeuge … der Zeugin … das Kennwort nennen konnten, kam es zunächst nicht zur Auszahlung des Bargeldes und der Zeuge … verließ zunächst die Sparkassenfiliale und begab sich zu den Angeklagten … und …, die vor der Bank in einem Auto auf ihn warteten.
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Im Anschluss daran überlegten der Angeklagte … und der Zeuge …, wie sie an das Passwort und somit an den Bargeldbetrag kommen könnten und riefen die Geschädigte … an, die sich stationär im … befand. Dabei gab sich der Angeklagte oder der Zeuge … als Sparkassenmitarbeiter aus und gab gegenüber der Geschädigten an, dass es wegen technischer Probleme notwendig sei, dass sie das Kennwort für das Sparbuch ihm telefonisch übermittle. Die Geschädigte …, so getäuscht, gab gegenüber dem Angeklagten … oder dem Zeugen … so das Passwort preis. Im Anschluss daran, gegen 16:15 Uhr begaben sich der Angeklagte … und der Zeuge … abermals zur Sparkassenfiliale in der … und der Zeuge … täuschte abermals unter Vorlage der zuvor gefälschten Vollmacht der Sparkassenmitarbeiterin … unter Nennung des Kennwortes vor, verfügungsberechtigt über das Kontoguthaben zu sein, obwohl beide wussten, dass dies nicht der Fall war. So getäuscht, zahlte die Sparkassenmitarbeiterin dem Zeugen … einen Betrag in Höhe von 3.000,- EUR aus, der Geschädigten … entstand ein entsprechender Schaden.
3. 20.12.2011 AG Weißenburg i. Bay (D3208) - Ds 1063 Js 7922/10 -
Rechtskräftig seit 04.01.2012
Datum der (letzten) Tat: 25.05.2010
Angewendete Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1, § 56
4. Monat(e) Freiheitsstrafe.
Strafaussetzung widerrufen.
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 20.05.2017.
Ausgesetzt durch: 30.04.2014+1 StVK 400/14+D4700+LG Würzburg.
Bewährungshelfer bestellt.
Strafrest erlassen mit Wirkung vom 24.05.20
20
Dem Urteil lagen folgender Sachverhalt zugrunde:
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Am 25.05.2010 bestellte die Angeklagte bei der Firma … telefonisch verschiedene Artikel, welche auch an ihre Adresse geliefert worden sind.
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Bei der Bestellung gab sie jedoch nicht ihre eigene Kundennummer und ihren Namen an, sondern den Namen der Zeugin …, allerdings mit ihrer Adresse als Lieferanschrift. Dieses Vorgehen war weder mit der Zeugin … noch mit deren Sohn abgesprochen worden.
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Entsprechend ihrer vorgefassten Absicht bezahlte sie die ihr im Vertrauen auf ihre Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit überlassene Ware nicht. Hierdurch ersparte sie sich Aufwendungen in Höhe des Kaufpreises von 449,48 Euro und es entstand ein entsprechender Schaden.
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Die Angeklagte wurde am … festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Nürnberg vom … (Gz.: …), ersetzt durch den Haftbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vom … (Gz.: …), in Untersuchungshaft.
II. Zur Person des Angeklagten …
1. Werdegang des Angeklagten …
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Der Angeklagte … wurde am … geboren und wuchs bis zu seinem sechsten Lebensjahr bei seinen Eltern auf. Nach der Trennung der Eltern wuchs der Angeklagte … mit seinen zwei älteren Schwestern bei seiner Mutter auf.
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Nach dem Besuch des Kindergartens wurde der Angeklagte … regulär in … eingeschult und besuchte die Grund - und Hauptschule. Trotz Wiederholung der siebten Klasse auf Grund häufiger Fehltage in der Schule, schloss der Angeklagte diese erfolgreich mit normalem Hauptschulabschluss ab und wurde anschließend mangels Bemühungen um eine Lehrstelle in ein Berufsvorbereitungsjahr integriert. Es gelang ihm schließlich für ein halbes Jahr eine Tätigkeit in einer Autolackiererei zu bekommen, wo ihm die Möglichkeit in Aussicht gestellt wurde, eine Lehre beginnen zu können. Der Angeklagte ließ diese Chance jedoch ungenutzt verstreichen und erschien nicht zum Lehrbeginn. Eine weitere Maßnahme - „Schnuppern im Betrieb“ - blieb infolge seines Drogenkonsums ohne Erfolg.
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Ungefähr im Jahr … begann der Angeklagte Amphetamin und Marihuana zu konsumieren. Zudem trank er vermehrt Schnaps und Bier und konsumierte gelegentlich Kokain sowie Ecstasy. Er reiste zu dieser Zeit gemeinsam mit einem Freund nach Holland, um dort Drogen zu konsumieren. Er wurde dort straffällig und inhaftiert (BZR Ziffer 6). Nach seiner Haftentlassung wurde der Angeklagte nach … abgeschoben, konnte aber in der Folgezeit befristet nach Deutschland zurückkehren. Im Juni … verließ er freiwillig Deutschland, um einer weiteren drohenden Abschiebung zu entgehen. Die folgenden acht Jahre verbrachte der Angeklagte … sodann in …. Dort fand er zunächst für drei Jahre eine Anstellung als Autolackierer, bevor er für ein Callcenter in … zu arbeiten begann. Im Rahmen dieser Tätigkeit schaffte es der Angeklagte in seiner knapp zweijährigen Betriebszugehörigkeit zum stellvertretenden Teamleiter aufzusteigen. Zudem lernte der Angeklagte dort seine spätere Ehefrau … kennen. Als dem Angeklagten im Callcenter gekündigt wurde, zog er gemeinsam mit seiner späteren Ehefrau … und deren Sohn in die Heimatstadt seines Vaters, in der noch ein Onkel von ihm lebte. Dort heiratete der Angeklagte im Juli … seine Ehefrau … und das erste gemeinsame Kind kam auf die Welt. Es gelang dem Angeklagten dort erneut Arbeit in einem Callcenter für ungefähr ein Jahr zu finden. Die Tätigkeit gefiel ihm jedoch auf Grund mangelnder Entwicklungsmöglichkeiten nicht und er wechselte auf eine bessere Stelle in ein anderes Callcenter. Im September … kam das zweite und kurze Zeit später das dritte gemeinsame Kind zur Welt. Auf Grund seiner berufsbedingten Abwesenheit war die Kinderbetreuung für seine Ehefrau anstrengend und er gab seine Arbeitsstelle auf, um sich um die Kinder zu kümmern. Nach einer kurzzeitigen Anstellung seiner Frau in einem Callcenter verbrachten die beiden den Winter des Jahres … zu Hause bei den Kindern. Bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland im September … ging der Angeklagte keiner Beschäftigung mehr nach.
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Der Angeklagte lebte ab September … erneut in … und kam vorübergehend bei seinem Vater und anschließend bei seiner Mutter unter. Seine Ehefrau samt Kinder ließ der Angeklagte zunächst in … zurück. Im Sommer … zog der Angeklagte zu …. Im November … holte der Angeklagte seine Familie nach Deutschland und alle lebten zunächst bei …. Im November … zogen der Angeklagte, seine Ehefrau und die vier Kinder in eine eigene Wohnung.
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Neben seiner Ehefrau hatte der Angeklagte … noch weitere außereheliche Kontakte zu Frauen. Aus seinem außerehelichen Kontakt zu … ging eine gemeinsame Tochter hervor.
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In der Zeit vor seiner Festnahme am … konsumierte der Angeklagte … gelegentlich Marihuana, Methamphetamin sowie Amphetamin. Er trank gelegentlich Alkohol.
1. 16.10.1998 STA NÜRNBERG-FÜRTH (D3300S) - 605 JS 45674/98 -
Tatbezeichnung: Diebstahl
ERA V7.2.4 31.01.2020 13:15
Datum der (letzten) Tat: 16.09.1998
Angewendete Vorschriften: STGB § 242, § 248 A
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Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 2 JGG.
2. 20.09.1999 AG NÜRNBERG (D3310) - 63 DS 605 JS 36265/1999 -
Rechtskräftig seit 14.10.1999
Tatbezeichnung: Diebstahl
Datum der (letzten) Tat: 01.10.1998
Angewendete Vorschriften: STGB § 242, § 248 A
Erbringung von Arbeitsleistungen.
3. 21.02.2000 STA NÜRNBERG-FÜRTH (D3300S) - 605 JS 32244/00 -
Tatbezeichnung: Fahrlässiger unerlaubter Besitz in Tateinheit mit fahrlässigem
unerlaubten Führen einer Schusswaffe
Datum der (letzten) Tat: 24.11.1999
Angewendete Vorschriften: WAFFG § 28 ABS. 1 SATZ 1, § 35 ABS. 1 SATZ 1,
§ 53 ABS. 3 NR. 1 A, ABS. 3 NR. 1 B, § 53 ABS. 4
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Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 2 JGG.
4. 24.07.2001 AG NÜRNBERG (D3310) - 63 DS 605 JS 35223/01 -
Tatbezeichnung: Fahrlässiger unerlaubter Erwerb einer Schusswaffe
Datum der (letzten) Tat: 23.02.2001
Angewendete Vorschriften: WAFFG § 53 ABS. 1 NR. 3 A, § 428 ABS. 1, § 56
Verfahren eingestellt nach § 47 JGG.
Erbringung von Arbeitsleistungen.
5. 30.08.2004 AG NÜRNBERG (D3310) - 63 DS 605 JS 39785/04 -
Tatbezeichnung: Diebstahl und Betrug
Datum der (letzten) Tat: 01.04.2004
Angewendete Vorschriften: STGB § 242 ABS. 1, § 263 ABS. 1, ABS. 4, § 248 A, § 53
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Verfahren eingestellt nach § 47 JGG.
6. 14.09.2005 Gerichtshof Amsterdam, Niederlande (Z1200) - 23-001659-05 -
Rechtskräftig seit 29.09.2005
Tatbezeichnung: Teilnahme an versuchtem Mord
Datum der (letzten) Tat: 04.07.2004
Angewendete Vorschriften: Niederl. StG Art. 36b, Art. 36c, Art. 36f, Art. 45, Art. 47, Art. 289
vierungdfünfzig Monat(e) Freiheitsstrafe anderer Art.
Tatort: ORT: Amsterdam, LAND: Niederlande.
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Dem verlesenen Urteil konnten folgender Sachverhalt sowie folgende Strafzumessungskriterien entnommen werden:
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In dem Berufungsverfahren hat der Gerichtshof die aufzuerlegenden Strafen und Maßnahmen auf der Grundlage der Schwere der Sache, der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurden, und angesichts der Person des Tatverdächtigen festgelegt.
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Der Gerichtshof hat dabei folgendes berücksichtigt:
„Der Tatverdächtige hat sich, zusammen mit seinem Mittäter des versuchten Mordes schuldig gemacht. Nachdem er mit seinem Mittäter verabredet hatte, einen Taxifahrer seines Geldes zu berauben und zu ermorden und er zu diesem Zweck ein Messer seines Mittäters angenommen hat, ist der Tatverdächtige hinten in das Taxi des späteren Opfers, … eingestiegen und hat, als sie den Zielort erreicht hatten und das Auto anhielt, auf ein Zeichen seines Mittäters, dem Taxifahrer mit Kraft mit einem Messer in die Brust gestochen. Der Tatverdächtige hat erklärt, dass er den Taxifahrer, indem er mit dem Messer ausgeholt hat, um eine höhere Geschwindigkeit zu erreichen, bewusst mit seinem starken Arm gestochen hat, um ihn härter zu treffen. Dass das Opfer diese Tat überlebt, ist ein Umstand, der keinesfalls dem Tatverdächtigen zu verdanken ist, sondern der Tatsache, dass das Messer am Brustkasten des Opfers abgerutscht ist. Daraufhin ist es dem Opfer gelungen, die Hand des Tatverdächtigen festzuhalten. Obwohl das Opfer fühlte, dass der Tatverdächtige erneut versuchte, mit Kraft in Richtung seiner Brust zu drücken, gelang es ihm, die Klinge umzubiegen und das Messer zu zerbrechen.
Es ist dem Opfer danach gelungen, das Auto zu verlassen, und der Tatverdächtige und sein Mittäter sind weggelaufen. Das Opfer hat in Folge dieser Tat eine Verletzung erlitten, und wird, auf Grund dieses Ereignisses erfahrungsgemäß möglicherweise noch lange psychische Probleme haben. Eine derartige Straftat ruft Unruhe- und Unsicherheitsgefühle gegenüber der Gesellschaft hervor. Durch sein Handeln hat der Tatverdächtige die Rechtsordnung im hohen Maße verletzt.
Das Maß, in dem die Ermordung eines wehrlosen, bereits etwas älteren Taxifahrers im Voraus geplant wurde, der Umstand, dass der Tatverdächtige bis zum letzten Moment (bis das Auto anhielt), die Möglichkeit hatte, von seinem Plan zurückzutreten (und sich auch von seinem Mittäter zu entfernen, indem er z.B. aussteigt und wegläuft), aber dennoch zugestochen hat, wie auch der Umstand, dass der Tatverdächtige nach dem ersten Stich mit dem Messer offenbar noch stets darauf aus war, den Mord abzuschließen, rechnet das Gericht dem Tatverdächtigen schwer an.
Der Gerichtshof hat den im Auftrag des für Strafsachen zuständigen Untersuchungsrichter am Bezirksgericht Amsterdam verfassten Bericht berücksichtigt, welcher am … von … klinischer Psychologe erstellt wurde, und aus dem hervorgeht, dass der Tatverdächtige die Verantwortung für die ihm zur Last gelegte Straftat vollumfänglich auf sich nimmt, und dass die Möglichkeit einer Wiederholungstat von dem Berichterstatter als äußerst gering angesehen wird.
Gemäß einem Auszug aus dem Strafregister des Tatverdächtigen vom 18. August 2005 ist der Tatverdächtige in den Niederlanden nicht vorbestraft.
Insbesondere angesichts des jugendlichen Alters des Tatverdächtigen zum Zeitpunkt des Begehens der Straftat, des Umstandes, dass glaubhaft geworden ist, dass der Tatverdächtige mehr als normal unter der Inhaftierung leidet, wie auch angesichts des Urteils des vorstehend genannten Sachverständigen …, dass die Chance einer Wiederholungstat als äußest gering anzusehen ist, ist der Gerichtshof in Erwägung des Vorstehenden, in Gegensatz zu dem Generalstaatsanwalt der Auffassung, dass in Bezug auf diesen spezifischen Tatverdächtigen, unbeschadet des außerordentlich schwerwiegenden und feigen Charakters für bewiesen angesehenen Straftat, eine Haftstrafe mit einer Dauer von 54 Monaten angemessen und geboten ist.“
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Der Angeklagte wurde am … festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Nürnberg vom … (Gz.: …), ersetzt durch den Haftbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vom … (Gz.: …), in Untersuchungshaft.
III. Zur Person des … und dessen Beziehung zu den Angeklagten
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… wurde am … in … geboren. Er war zwei Mal verheiratet und hat aus diesen Beziehungen vier Kinder.
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Während der Freundschaft zur Angeklagten … veränderte sich … derart, dass er seinen Arbeitsplatz verlor, seit dem … keiner Beschäftigung mehr nachging, körperlich immer mehr abbaute und sogar am … zwangsgeräumt wurde.
2. Verhältnis zur Angeklagten …
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Die Beziehung der beiden war neben dem gemeinsamen Alkoholkonsum durch in diesem Zustand begangene Gewalttätlichkeiten der Angeklagten … gegenüber … geprägt. Gleichwohl änderte dies nichts an der Freundschaft der beiden. … ertrug solche Situation ohne jegliche Gegenwehr.
3. Verhältnis zum Angeklagten …
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… und der Angeklagte … lernten sich über die Angeklagte … kennen, als die Angeklagte … und der Angeklagte … Ende … eine Liebesbeziehung hatten.
IV. Zur Beziehung zwischen den Angeklagten
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Die beiden Angeklagten begegneten sich erstmals im Herbst/Winter …, als der Halbbruder des Angeklagten, der Zeuge …, mit der Angeklagten … liiert war. Seit Dezember … führten die Angeklagten eine Beziehung.
1. Messerstich November 2017 zum Nachteil …
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Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im November 2017, jedenfalls aber vor dem 13.11.2017, 13:10 Uhr, befanden sich die Angeklagte … und … im Wohnzimmer in der Wohnung der Angeklagten … und tranken gemeinsam Alkohol. Ebenfalls mit anwesend war der damalige Lebensgefährte der Angeklagten …. Im Laufe dieser Zusammenkunft kam es zwischen der Angeklagten … und … zu einer zunächst verbalen Auseinandersetzung, im Rahmen derer … auf Aufforderung der Angeklagten … dieser ein Messer holte, was er ihr sinngemäß mit den Worten „du traust dich eh nicht“ übergab. Die Angeklagte … nahm das Messer und legte es zur Seite. Sodann legte sie sich rücklings auf die Couch und … legte sich auf deren Bitten auf sie, um sich zu versöhnen. In dieser Situation ergriff die Angeklagte … das Messer und stach in Verletzungsabsicht … in die linke Seite seines Rumpfes. Bei dem Stich brach die Klinge des Messers ab und blieb in der Wunde des … stecken. Die Klinge drang mindestens 1,3 cm tief ein und verursachte eine schmerzende und stark blutende Stichwunde. …, der daneben saß und das Geschehen beobachten konnte, zog dem Geschädigten … die abgebrochene Messerklinge aus der Wunde heraus. Die Angeklagte … behandelte im Anschluss daran die Wunde mit Wodka und Deospray.
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Die Einsichtsfähigkeit der Angeklagten … war zum Tatzeitpunkt erhalten. Die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zum Tatzeitpunkt war aufgrund ihrer Alkoholintoxikation erheblich beeinträchtigt, jedoch nicht aufgehoben.
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Auf Grund dieses Vorfalls blieb eine 1,5 cm lange und 2 mm breite sichtbare Narbe bei … zurück.
2. Widerstand des … am 01.01.2019
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Am 01.01.2019 kurz vor 02:15 Uhr verletzte sich der Angeklagte … in der Wohnung der Angeklagten eigenverschuldet und zog sich dabei eine stark blutende Kopfwunde zu. Als die von der Angeklagten … über den Polizeinotruf herbeigerufenen uniformierten Polizeibeamten PK …, POM …, POW … und PHMin … in der Wohnung der Angeklagten … eintrafen, saßen beide Angeklagte sichtlich alkoholisiert auf dem Sofa. Auf Grund der anhaltenden Blutung des Angeklagten … und der starken Alkoholisierung wurde der Angeklagte … aufgefordert, zur weiteren medizinischen Abklärung der Verletzung ins Krankenhaus zu gehen. Nach anfänglichem Zögern willigte der Angeklagte … ein, zog sich an und verließ gemeinsam mit den Polizeibeamten und der Angeklagten … die Wohnung. Als der Angeklagte den ebenfalls herbeigerufenen Krankenwagen zum Abtransport betreten sollte, klammerte sich die Angeklagte … plötzlich derart an diesen, so dass der Angeklagte … nicht mehr den Krankenwagen betreten wollte. Die Polizeibeamten PK …, POM …, POW … und PHMin … ordneten deshalb zum Schutz des Angeklagten dessen Ingewahrsamnahme an und wollten ihn zur Prüfung der Haftfähigkeit mittels eines Rettungswagens in die … verbringen. Der Angeklagte … kam, obwohl er die Polizeibeamten als solche erkannte, dem nicht nach und weigerte sich mitzukommen. Deshalb brachten die Polizeibeamten PK …, POM … und PHMin … den Angeklagten nach Androhung unmittelbaren Zwangs zu Boden und legten ihm Handfesseln an. Hiergegen wehrte sich der Angeklagte … kräftig, indem er PK … zurückstieß, sich sperrte und um sich trat. Dabei beleidigte er die anwesenden Polizeibeamten PK … POM … und PHMin … mit den Worten „Ihr Hurensöhne, ich ficke deine Mutter“, um seine Missachtung gegenüber den Polizeibeamten zum Ausdruck zu bringen. Den Rettungssanitäter …, der im Rettungswagen anwesend war, beleidigte er mit den Worten „Nazi, Wichser und Salafist“, um seine Missachtung auszudrücken. Wie von ihm beabsichtigt, fühlten sich die Polizeibeamten PK …, POM … und PHMin … sowie der Rettungssanitäter … durch die Äußerung jeweils in ihrer Ehre verletzt.
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Der Polizeibeamte PK … hat am 08.01.2019, die Polizeibeamtin PHMin … hat am 31.01.2019 und der Polizeibeamte POM … hat am 06.02.2019 schriftlich Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Der Rettungssanitäter … stellte am 16.01.2019 ebenfalls schriftlich Strafantrag wegen Beleidigung.
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Der Angeklagte … war zum Tatzeitpunkt alkoholisiert. Ein beim Angeklagten J. am 01.01.2019 um 03:38 Uhr durchgeführter Atemalkoholtest ergab einen Wert von 0,93 mg/l.
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Die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten war zum Tatzeitpunkt erhalten. Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt war aufgrund seiner Alkoholintoxikation nicht ausschließbar erheblich beeinträchtigt, jedoch nicht aufgehoben.
3. Tötung des … am 16.02.2019
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Am 16.02.2019 hielten sich die Angeklagten und … im Wohnzimmer in der Wohnung der Angeklagten … auf. Die Angeklagte … und … tranken hierbei im Laufe des Tages wie üblich Alkohol. Gegen Nachmittag begab sich die Angeklagte … das erste Mal zum Einkaufen. Nach ihrer Rückkehr warf die Angeklagte … dem … vor, dass er sie vergewaltigt habe. Die Situation beruhigte sich zunächst und die Angeklagte … ging gegen 19:00 Uhr ein weiteres Mal zum Einkaufen. Hierbei kommunizierte die Angeklagte … mit … und …. Im Rahmen dieser Kommunikation teilte die Angeklagte … Vergewaltigungsvorwürfe gegen … zum Nachteil ihrer Tochter mit.
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Als die Angeklagte … nach ihrem Einkauf in der … gegen 19:30 Uhr wieder nach Hause zurückgekehrt war, war sie völlig aufgebracht und warf … nun vor, ihre Tochter … vergewaltigt zu haben. Die Angeklagte ging deshalb in Verletzungsabsicht auf …, der auf dem Sofa im Wohnzimmer saß, los und steckte ihm die Kugel eines Geschirrspültabs in die Nase. Zudem schüttete sie ihm Chilisoße und Bier über den Kopf. Anschließend steckte sie ihm eine 50-Cent-Münze in den Mund und umwickelte seinen Kopf derart mit Klebeband, dass der Mund von … verschlossen war. Der Geschädigte … zog sich den durchnässten Pullover aus und entfernte das Klebeband von seinem Mund. Während dieses Geschehens schlug die Angeklagte … immer wieder auf … ein, bis dieser schließlich auf dem Boden im Wohnzimmer lag. Diese Situation nutzte die Angeklagte … aus und sprang mehrfach mit beiden Beinen auf den Brustkorb des Geschädigten …, wobei sie spätestens ab diesem Zeitpunkt den Tod … billigend in Kauf nahm. Schließlich zog sie ihm die Hose aus, nahm einen schwarzen Regenschirm mit geradem Griff und führte diesen mindestens zweimal in den After des Geschädigten ein. In einem Fall führte die Angeklagte den Regenschirm ungefähr 24 cm tief ein. In dem anderen Fall führte sie diesen ungefähr 13 cm tief ein, zog diesen teilweise ein Stück zurück und stieß erneut zu. Der Angeklagte …, der während des Geschehens im Wohnzimmer mit anwesend war und nur kurzzeitig mehrmals den Raum verlassen hatte, kehrte in diesem Moment zurück und schubste die Angeklagte derart, dass der Regenschirm aus dem After des Geschädigten … herausging. Die Angeklagte … griff sich sodann einen über dem Schreibtischstuhl hängenden Gürtel und schlug damit auf den Rücken des Geschädigten … ein. Der Angeklagte … schaffte es, die Angeklagte … gegen die Terassentür zu drücken und die Einwirkungen auf den Geschädigten … zu beenden. Als der Geschädigte … versuchte aufzustehen, kam der Angeklagte … hinzu und half ihm ins Badezimmer. Der Angeklagte … half … in die Badewanne, wobei dieser hinfiel und sich den Hinterkopf am Rand der Badewanne anschlug. Auch in dieser Situation schlug die Angeklagte … erneut, was der Angeklagte … jedoch beenden konnte. Der Angeklagte … gab … noch den Duschkopf in die Hand und verließ dann das Bad. Der Angeklagte … erkannte dabei aufgrund der miterlebten Misshandlungen durch die Angeklagte …, der erheblichen, noch blutenden Verletzungen des … und dessen Schwäche beim Verbringen ins Bad, dass eine erhebliche Gefahr für dessen Gesundheit bestand. Gleichwohl unterließ er es in der Folge, sich um ihn weiter zu kümmern oder einen Arzt zu rufen, obwohl dies aufgrund der Verletzungen erforderlich und ihm auch zumutbar war.
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… erlitt durch die Behandlung der Angeklagten stark blutende innere Verletzungen. Seine Harnblase und sein Dünndarmgekröse wurden verletzt. Er erlitt mehrreihige Rippenserienbrüche und einen zweifachen Brustbeinquerbruch, ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, ein schweres Rumpftrauma, Hirngewebseinblutungen am Hinterhauptlappen und Hämatome am Oberkörper und am linken Oberarm. … verstarb in der Folge durch Verbluten nach innen und außen.
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Am nächsten Tag fand der Angeklagte … den … tot in der Badewanne auf. Die Angeklagten besprachen in der Folge die Entsorgung der Leiche.
54
Am 18.02.2019 holte der Angeklagte … einen Koffer aus seiner Wohnung. Die Angeklagten trafen sich gegen 20 Uhr an der U-Bahnhaltestelle … und begaben sich in die Wohnung der Angeklagten …. Dort zogen sie dem Leichnam des … Mülltüten über die Beine und legten ihn in den Koffer.
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Am 19.02.2019 lieh sich der Angeklagte von seiner Bekannten … deren Pkw … aus und fuhr gegen 21 Uhr zur Wohnung der Angeklagten …. Die Angeklagten verbrachten anschließend den Koffer mit der Leiche mit dem Pkw … nach … in die Nähe des … im …. Dort warf der Angeklagte … den Koffer mit der Leiche eine Böschung hinunter.
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Die Leiche wurde am 20.02.2019 gegen 08:45 Uhr aufgefunden.
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In der Zeit vom 20.02.2019 bis zum 24.02.2019 hielt sich der Angeklagte überwiegend bei seiner Familie auf. Die Angeklagte … zog am 20.02.2019 bei ihren Freunden … und … vorübergehend ein. Einzig am 22.02.2019 trafen sich beide Angeklagte auf Initiative der Angeklagten … hin und hielten sich gemeinsam in der Wohnung der Angeklagten … auf.
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Nach Erhalt der Nachricht des Angeklagten … vom 23.02.2019 um 15:57 Uhr, dass er die Angeklagte nicht mehr sehen möchte, begann die Angeklagte … und … sowie weitere Freunde über Handy darüber zu informieren, dass … tot sei und der Angeklagte … Schuld habe.
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Die Einsichtsfähigkeit der Angeklagten … war zum Tatzeitpunkt erhalten. Die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten … zum Tatzeitpunkt war aufgrund ihrer Alkoholintoxikation erheblich beeinträchtigt, jedoch nicht aufgehoben.
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Die Einsichtsfähigkeit sowie die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten … waren zu keinem Zeitpunkt aufgehoben oder beeinträchtigt.
I. Hinsichtlich der Feststellungen zur Person der Angeklagten …
1. Hinsichtlich der Feststellungen zum Werdegang
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a) Die Feststellungen zum Werdegang der Angeklagten beruhen im Wesentlichen auf ihren dahingehenden Angaben gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen …, über die dieser in der Hauptverhandlung berichtete. Die Angeklagte bestätigte diese als zutreffend.
62
b) Die Feststellungen dazu, dass … die Angeklagte … mit Alkohol versorgte, beruhen auf den dahingehend übereinstimmenden Angaben des Ex-Freundes der Angeklagten …, dem Zeugen …, ihres ehemaligen Mitbewohners … und der Nachbarin der Angeklagten, der Zeugin …. Die Zeugin … schilderte plastisch, wie … immer wieder mit einem Rucksack voller Alkoholflaschen zur Angeklagten … gegangen sei. Sie habe … darauf angesprochen, ob dieser sich nicht schäme, einer jungen Frau so viel Alkohol mitzubringen. Hierauf habe dieser geantwortet, den kaufe sich die Angeklagte … doch auch selbst.
63
Die Feststellungen zum gemeinsamen Alkoholkonsum der Angeklagten … mit … beruhen auf den übereinstimmenden Angaben ihrer Ex-Freunde … und … und ihres Bekannten …. So gaben die Zeugen übereinstimmend an, dass … und die Angeklagte beständig gemeinsam in der Wohnung der Angeklagten Alkohol getrunken hätten. Insbesondere habe die Angeklagte … hierbei viel Alkohol getrunken. So führte der Zeuge … weiter aus, dass die Angeklagte … bereits nach dem Aufstehen erst einmal eine Flasche Wodka getrunken habe.
64
c) Die Feststellungen zum Drogenkonsum vor der Inhaftierung beruhen auf den Ausführungen des Sachverständigen … über das Ergebnis eines Haargutachtens der Angeklagten … welches einen Konsum von Amphetamin, Methamphetamin, Ecstasy und Marihuana sowie Venlafaxin belegt habe.
65
d) Die Feststellungen über den Charakter der Angeklagten … im nüchternen Zustand beruhen auf den dahingehenden Angaben ihrer Ex-Partner … und …, ihrer Freundin … und der Zeugin …, Leiterin der Heimeinrichtung, in welcher der ältere Sohn der Angeklagten … untergebracht ist. So schilderte die Zeugin …, dass die Angeklagte … der liebste Mensch gewesen sei, den sie kenne, sofern diese keinen Alkohol konsumiert habe. Auch die Zeugin … gab an, dass sich die Angeklagte durchaus liebevoll gegenüber ihrem Kind verhalten habe.
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e) Die Feststellungen zur Verhaltensänderung der Angeklagten … unter Alkoholeinfluss beruhen auf den dahingehend übereinstimmenden Angaben ihrer Ex-Partner … und … sowie ihrer Freundin …, ihren Bekannten … und … sowie der Zeugin …. So beschrieben alle vorgenannten Zeugen übereinstimmend, dass die Angeklagte …, wenn sie Alkohol trinke, aggressiv werden könne und verbal oder körperlich auf andere Menschen losgehe. Die Zeugen … und … führten hierzu übereinstimmend aus, dass die Angeklagte … im alkoholisierten Zustand insbesondere gegenüber … gewalttätig geworden sei und diesen geschlagen oder geschubst hätte. Der Zeuge … schilderte, dass die Angeklagte … einmal ziemlich angetrunken zu ihm gekommen und auf ihn losgegangen sei. Sie habe ihn geboxt. Am nächsten Tag habe sie sich nicht mehr an ihr Verhalten erinnern können und es habe ihr Leid getan. Die Zeugin … führte aus, dass ihr der Sohn … der Angeklagten … über ein aggressives Verhalten seiner Mutter berichtet habe. So habe dieser geschildert, dass seine Mama, als sie betrunken gewesen sei, mit einer Hand seinen kleinen Bruder auf dem Arm gehalten und mit der anderen Hand seine Schwester am Hals gepackt habe. Als er gesagt habe, dass sie damit aufhören solle, habe die Angeklagte … ihm den kleinen Bruder gegeben und habe mit beiden Händen seine Schwester am Hals gepackt.
67
f) Die Feststellungen dazu, dass die Angeklagte … gegenüber Dritten damit prahlte, … geschlagen bzw. misshandelt zu haben, beruhen auf den dahingehenden übereinstimmenden Angaben der Zeugen … (Kassiererin …), … (Bekannte der Angeklagten …), … (Bekannter des Angeklagten …, ihrer Ex-Freunde … und … (Halbbruder des Angeklagten …) sowie ihrem ehemaligen Mitbewohner …. Die Zeugen, die sich nicht alle untereinander kannten, schilderten übereinstimmend, dass die Angeklagte … ihnen gegenüber jeweils von Misshandlungen ihrerseits gegenüber … berichtet habe. So schilderte die Zeugin … plastisch, dass die Angeklagte … bei ihren Einkäufen in … erzählt habe, dass sie … wieder „verdroschen“ habe.
68
g) Die Feststellungen dazu, dass die Angeklagte … dazu neigt, die Polizei über angebliche Straftaten dritter Personen zu informieren, beruhen auf den dahingehenden übereinstimmenden Angaben der Ex-Freunde … und … sowie der Tochter einer Bekannten, der Zeugin …. Die Zeugen … und … gaben jeweils an, dass die Angeklagte … die Polizei gerufen habe, wenn sie diese aus der Wohnung habe bringen wollen. So führte der Zeuge … weiter aus, dass die Angeklagte … in solchen Situationen gegenüber der Polizei behauptet habe, dass er sie vergewaltigt beziehungsweise geschlagen hätte. Hierzu in Einklang stehend schilderte die Zeugin … einen Vorfall, bei welchem ihre Mutter bei der Angeklagten … zu Besuch gewesen und durch die Polizei der Wohnung verwiesen worden sei. Die Angeklagte … habe nach ihrem Empfinden zu Unrecht gegenüber der Polizei behauptet, dass sich ihre Mutter weigern würde, die Wohnung der Angeklagten zu verlassen.
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Die Angaben der Zeugen stehen auch in Einklang mit den Feststellungen aus den beigezogenen Akten (…), in welchen Anzeigeerstattungen auf Grund von vermeintlich zum Nachteil der Angeklagten … begangenen Taten erfolgten. Mit Ausnahme des Verfahrens …, welches nach § 154 StPO eingestellt wurde, wurden die weiteren Verfahren nach § 152 StPO bzw. § 170 StPO eingestellt oder erst gar nicht in ein Strafverfahren überführt.
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Die Feststellungen dazu, dass das Thema Vergewaltigung für die Angeklagte … eine gängige Angelegenheit war, beruhen auf den dahingehenden Angaben der Ex-Freunde … und …, ihres ehemaligen Mitbewohners …, ihres Bekannten aus der Jungendzeit … und ihrer Nachbarin …. Die Zeugen gaben übereinstimmend an, dass die Angeklagte … behauptet habe, vergewaltigt worden zu sein bzw. dass versucht worden sei, sie zu vergewaltigen. So schilderte der Zeuge …, dass die Angeklagte … gegenüber … behauptet habe, dass er sie vergewaltigt hätte. Er sei daraufhin angezeigt worden, das Verfahren sei jedoch eingestellt worden (vgl. …). Der Zeuge …, schilderte, dass die Angeklagte … ihn nach Beendigung der Beziehung wegen Vergewaltigung angezeigt hätte, das Verfahren sei jedoch eingestellt worden (vgl. …). Ihrem ehemaligen Mitbewohner gegenüber, dem Zeugen …, habe die Angeklagte … behauptet, so der Zeuge in der Hauptverhandlung, dass sie von einem Russen vergewaltigt worden sei. Nach den Angaben ihres Jungendfreundes, des Zeugen … habe sie ihm gegenüber behauptet, dass ihr Cousin versucht habe, sie zu vergewaltigen. Die Zeugin … schilderte, dass die Angeklagte … behauptet habe, von den Männern in ihrer Wohnung vergewaltigt worden zu sein.
71
Die Feststellungen zu den Vorahndungen beruhen auf der in der Hauptverhandlung verlesenen und von der Angeklagten … als zutreffend anerkannten Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 05.12.2019 sowie den in der Hauptverhandlung auszugsweise verlesenen Entscheidungen (BZR Ziffer 2 und 3).
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Über die Festnahme berichtete in der Hauptverhandlung die ermittlungsführende Polizeibeamtin KK’in ….
II. Hinsichtlich der Feststellungen zur Person des Angeklagten …
1. Hinsichtlich der Feststellungen zum Werdegang
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Die Feststellungen zum Werdegang des Angeklagten beruhen mit Ausnahme seines Drogenkonsums auf dessen dahingehenden Angaben gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen …, über die dieser in der Hauptverhandlung berichtete. Der Angeklagte bestätigte die Ausführungen als richtig.
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Die Feststellungen zum Drogenkonsum des Angeklagten … beruhen auf den Ausführungen des Sachverständigen …, der über das Ergebnis eines Haargutachtens des Angeklagten … hinsichtlich seines Konsums von Cannabisprodukten, Methamphetamin bzw. von Amphetamin berichtete.
75
Die Feststellungen zu den Vorahndungen beruhen auf der in der Hauptverhandlung verlesenen und als zutreffend anerkannten Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 31.01.2020 sowie der in der Hauptverhandlung auszugsweise verlesenen Entscheidung (BZR Ziffer 6), die der Angeklagte … als richtig bestätigte.
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Über die Festnahme berichtete in der Hauptverhandlung die ermittlungsführende Polizeibeamtin KK’in ….
III. Feststellung zur Person des … und seiner Beziehung zur Angeklagten E.
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a) Die Feststellungen hinsichtlich der Ehen des … und seiner Kinder beruhen auf den übereinstimmenden Angaben der Zeuginnen … (Tochter des …), … (Ex-Frau des …) und … (Ex-Freundin des …).
78
b) Die Feststellungen zur Veränderung … während der Freundschaft zur Angeklagten … beruhen auf Angaben der Zeugen … (Bekannter der Angeklagten … und …), seiner Tochter …, seiner Ex-Freundin … und der Nachbarin der Angeklagten … der Zeugin …. So führten alle vorgenannten Zeugen übereinstimmend aus, dass … während der Freundschaft zur Angeklagten … immer mehr abbaute und sich körperlich veränderte. Die Zeugin … schilderte weiter plastisch, dass es …, ihrem Vater, vor der Bekanntschaft zur Angeklagten … gut gegangen sei. Er habe bei der Firma … im Sicherheitsbereich gearbeitet. Er sei ein gepflegter Mann gewesen. Im Laufe der Zeit habe sich ihr Vater verändert und mehr Alkohol konsumiert. Als sie ihn Mitte Januar 2018 getroffen habe, sei dieser total „heruntergekommen“ und abgemagert gewesen. Bei einem weiteren Treffen am 02.02.2019 habe … gehumpelt und eine Wunde im Gesicht gehabt. Hierzu in Einklang stehend schilderte der Zeuge …, dass er … im Jahr 2015 oder 2016 kennen gelernt habe. Zu dieser Zeit habe … eine feste Stelle bei der Firma … gehabt. Sein Erscheinungsbild sei gepflegt gewesen. Während der Bekanntschaft zur Angeklagten … habe er sich verändert. Er sei „heruntergekommen“, sehr ungepflegt gewesen und habe seine Arbeit „hingeschmissen“. Zuletzt sei er sogar zwangsgeräumt worden.
2. Verhältnis zur Angeklagten …
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Die Feststellungen dazu, dass die Angeklagte … in alkoholisiertem Zustand gewalttätig gegenüber … war, beruhen auf den dahingehend übereinstimmenden Angaben der Ex-Freunde … und … sowie ihrem Bekannten …. Alle Zeugen schilderten Gewalttätlichkeiten, insbesondere auch Schläge, gegen ….
80
Dass … die Tätlichkeiten der Angeklagten … erduldete und keine Anzeigen erstattete, sondern diese gegenüber Dritten in Schutz nahm, steht fest auf Grund der Angaben der Zeugen … und ….
3. Verhältnis zum Angeklagten …
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Die Feststellungen zum Kennenlernen … beruhen auf den Angaben des Angeklagten ….
IV. Zur Beziehung zwischen den Angeklagten
82
Die Feststellungen zur Beziehung der Angeklagten beruhen auf den dahingehend übereinstimmenden Angaben beider Angeklagter im Ermittlungsverfahren.
V. Zum Messerstich im November 2017
1. Die Einlassung der Angeklagten …
83
Die Angeklagte … hat in der Hauptverhandlung eine Einlassung durch ihre Verteidigerin verlesen lassen. Im Einzelnen hat sie sich wie folgt eingelassen:
a) In der Hauptverhandlung
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Sie, der Zeuge … und … hätten sich in ihrem Wohnzimmer aufgehalten. Sie vermute, dass der Vorfall im Dezember 2017 passiert sei. Zwischen ihr und … sei es verbal zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Grund hierfür sei … gewesen. Sie habe … zur Ruhe ermahnt und diesen in die Küche geschickt. Der Geschädigte … sei aus der Küche mit einem Messer mit einer Klingenlänge von maximal 5 cm zurückgekommen und habe dieses ihr übergeben und dabei geäußert, dass sie sich doch nicht traue. Die Angeklagte … habe einen Schnaps getrunken, das Messer genommen und habe es in die Küche zurückbringen wollen. Hierbei habe sie sich mit dem Messer gedreht und dabei den seitlich hinter ihr stehenden … in die Seite gestochen. Der Stich sei versehentlich erfolgt. Sie habe Hilfe holen wollen, … habe dies verweigert. Sie habe die Wunde mit Wodka desinfiziert und anschließend hätten die beiden weiter zusammen Alkohol getrunken.
b) Am 13.03.2019 gegenüber KHK’in … und KK’in …
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KHK’in … und KK’in … berichteten in der Hauptverhandlung über die Angaben der Angeklagten …, welche diese in ihrer Beschuldigtenvernehmung vom 13.03.2019 in Anwesenheit ihrer Verteidigerin tätigte. Die Angeklagte … habe den Vorwurf des Messerstiches im November 2017 zum Nachteil … zunächst abgestritten. Sie hätte gelacht und angegeben, dass sie erklären könne, wie sich der Vorfall zugetragen habe. So habe die Angeklagte ausgeführt, dass sie zusammen mit … gekocht hätte. … sei auch anwesend gewesen. … habe „feige“ gesagt. Sie habe sich dann umgedreht und dabei habe sie dem … mit dem Messer einen Stich versetzt.
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Im weiteren Verlauf der Vernehmung habe die Angeklagte zugegeben, dass sie auf dem Sofa gelegen habe und … sich auf sie gelegt hätte. Hierbei habe sie ihm das Messer in die Seite gerammt. … habe anschließend die Klinge aus der Wunde gezogen. Sie habe die Wunde mit Wodka und Deospray versorgt. Zudem habe die Angeklagte weiter angegeben, dass sie ihm das Messer in die Seite gerammt habe, weil … „feige“ gesagt habe.
87
Nach einer Unterbrechung der Vernehmung habe die Verteidigerin der Angeklagten angegeben, dass ihre Mandantin den Vorfall mit dem Messer gegenüber … einräume.
88
Die Kammer ist davon überzeugt, dass sich der Einsatz des Messers der Angeklagten … wie festgestellt ereignet hat. Die Überzeugung der Kammer beruht vor allem auf den Angaben des Zeugen …, soweit ihnen gefolgt werden konnte. Die Kammer hat hierbei hinsichtlich der Angaben des Zeugen … besonders gewürdigt, dass dieser nach Überzeugung der Kammer zu einer übertriebenen Darstellungsweise neigte und Belastungstendenzen gegenüber der Angeklagten … zeigte. Dennoch legte sie seine Angaben im Kerngeschehen ihren Feststellungen zu Grunde, da diese insoweit durch weitere Beweismittel bestätigt wurden. Soweit der Zeuge … jedoch über die Feststellungen hinaus weitergehende Angaben zum Tatablauf dahingehend gemacht hat, dass die Angeklagte … mit Wucht auf … eingestochen habe und hierbei geäußert habe, dass sie sich nun für … räche und … deshalb nun sterben müsse, hatdie Kammer Zweifel an den Angaben des Zeugen … und legt diese ihren Feststellungen nicht zu Grunde.
89
Die Angaben des Zeugen … zum festgestellten Tatablauf sind glaubhaft, da diese durch weitere Zeugen und dem Sachverständigen … gestützt werden.
90
Der Zeuge … gab an, dass er gemeinsam mit der Angeklagten … und dem Geschädigten … im Wohnzimmer der Angeklagten … gewesen sei. Die anderen beiden hätten getrunken und seien in Streit geraten. Auf Aufforderung der Angeklagten … sei … in die Küche und habe ein Messer geholt. Dieses habe er der Angeklagten übergeben und dabei zu dieser gesagt, dass sie sich doch eh nicht traue. Die Angeklagte habe das Messer genommen, es zur Seite gelegt und sich mit … wieder versöhnen wollen. Hierzu habe sie sich mit dem Rücken auf die Couch gelegt und ihre Arme ausgebreitet. … habe sich dann auf die Angeklagte … in einer Art „Missionarsstellung“ gelegt. Die Angeklagte hätte jedoch das Messer wieder genommen und damit dem auf ihr liegenden … in die Seite gestochen, es müsse die linke Seite gewesen sein. Die Klinge des Messers sei hierbei abgebrochen. Dann habe er die Klinge aus der Wunde gezogen. Im Anschluss daran habe die Angeklagte … Wodka über die Wunde gegossen und Deo in die Wunde gesprüht. Sie habe damit die Wunde desinfizieren wollen.
(1) Äußerungen des … hierüber gegenüber Dritten
91
Die Zeugen … (Freundin der Angeklagten …), …, und der Ex-Freund der Angeklagten …, der Zeuge …, berichteten übereinstimmend und glaubhaft, dass der Geschädigte … ihnen jeweils von einem Messerstich durch die Angeklagte … erzählt habe. Der Zeuge … welcher ein Bekannter der Angeklagten … und … war, führte hierzu weiter aus, dass der Geschädigte … zu ihm gekommen sei und ihm eine stark blutende Wunde gezeigt habe. Zu dieser Wunde habe er angegeben, dass die Angeklagte … ihm ein Messer reingerammt hätte. … sei fast zusammengeklappt, als er bei ihm gewesen sei. Da sein Pflaster auf der Wunde bereits völlig durchgenässt gewesen sei, habe er ein neues Pflaster auf die Wunde geklebt.
92
Die Kammer hat keine Anhaltspunkte an der Richtigkeit der Angaben des … gegenüber den vorgenannten Zeugen zu zweifeln, da diese in Einklang mit den Angaben der Angeklagten … gegenüber Dritten zum Vorfall des Messerstichs stehen (vgl. Punkt (2)).
(2) Äußerungen der Angeklagten … hierüber gegenüber Dritten
93
Die Zeugen … (Bekannte der Angeklagten …), … (Bekannter des Angeklagten …), … (Halbbruder des Angeklagten …), sowie die Ex-Freunde der Angeklagten …, die Zeugen … und … gaben übereinstimmend und glaubhaft an, dass die Angeklagte … ihnen gegenüber erzählt habe, dass sie den Geschädigten … mit einem Messer gestochen hätte.
94
Die Kammer ist auch von der Richtigkeit der Angaben der Angeklagten … gegenüber den vorgenannten Zeugen überzeugt. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, dass der Vorfall erfunden ist. Zudem stehen die Angaben über die Äußerung der Angeklagten … mit den Äußerungen des … gegenüber Dritten in Einklang.
95
Weiter werden die Angaben des Zeugen … durch die Angaben der Angeklagten …, die diese im Ermittlungsverfahren am 13.03.2019 im Beisein ihrer Verteidigerin gegenüber den Polizeibeamten KHK’in … und KK’in … getätigt hat, gestützt. Dabei hat die Angeklagte den Geschehensablauf - wie festgestellt - eingeräumt. Hierüber haben KHK’in … und KK’in … in der Hauptverhandlung glaubhaft und übereinstimmend berichtet.
(3) Vereinbarkeit mit den Ausführungen des Sachverständigen
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Die Angaben des Zeugen … zur Ausführung des Messerstiches, mit Ausnahme der Wuchtigkeit (vgl. Punkt (1) uns (2) S. 29 f.), stehen auch in Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen …. Dieser führte nachvollziehbar aus, dass Lokalisation, Verlauf des Stichkanals und Größe der Wunde zu dem vom Zeugen … beschriebenen Ablauf passen würde und von einem Stich mit einem Messer herrühren könnte. An Hand des in Augenschein genommenen Lichtbildes 7 (Bl. 260 der Fallakte), auf welchem das Sofa der Angeklagten … im Wohnzimmer zu sehen ist, erläuterte er, dass bei einem derartig großen Sofa - einem Kingsize Sofa - problemlos ein Stich mit einem Messer in die linke Flanke des Geschädigten in der vom Zeugen … beschriebenen Position möglich gewesen sei. Die Größe des Sofas führe unter zur Grundlegung der Angaben des Zeugen … zu keiner Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Armes der Angeklagten …, wie dies bei einem normalen Sofa der Fall gewesen wäre.
(4) Widerlegung der abweichenden Einlassung der Angeklagten in der Hauptverhandlung
97
Soweit die Angeklagte … sich zu Beginn der Hauptverhandlung über ihre Verteidigerin dahingehend eingelassen hat, dass der Stich versehentlich aus einer Drehbewegung heraus passiert sei, als … seitlich hinter ihr gestanden habe, schenkt die Kammer diesen Angaben keinen Glauben.
(4.1) Verletzung passt nicht zu Tatablauf
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Nach den Ausführungen des Sachverständigen … ist der von der Angeklagten geschilderte Geschehensablauf mit dem Verletzungsbild nicht in Einklang zu bringen. Der Sachverständige führte aus, dass die Stichwunde am Übergang von der linken Lendenpartie auf die linke Flanke etwa 2 cm oberhalb des Beckenkamms lokalisiert gewesen und waagerecht verlaufen sei. Bei dem von der Angeklagten geschilderten Geschehensablauf wäre der Stich in der hinteren Flankenpartie zu erwarten gewesen. Die Kammer hat keine Zweifel an den Ausführungen des Sachverständigen. Diese sind überzeugend und höchst plausibel. Die Begründung des Ablaufs des Stiches aus einer Drehbewegung heraus ist somit offensichtlich im Nachhinein konstruiert.
(4.2) Widerspruch Verhalten gegenüber Dritten
99
Nach den entsprechenden Angaben der Zeugen … und … (s. zuvor Punkt (2) S. 26) prahlte und schmückte sich die Angeklagte geradezu mit dem Messerstich gegenüber …, was bei einem versehentlichen Stich nach Überzeugung der Kammer nicht der Fall sein würde. Der Zeuge … gab hierzu an, dass die Angeklagte … ihm ganz stolz erzählt habe, wie sie … mit einem Messer gestochen hätte. Sie sei nach eigenen Angaben mit dem Messer auf … losgegangen, nachdem die beiden sich gestritten hätten. Die Zeugin … führte aus, dass die Angeklagte … ihr gegenüber berichtet habe, dass sie … mit einem Messer attackiert habe, weil er sie genervt habe. Die Kammer hat keinen Zweifel an den Ausführungen der Zeugen, da deren Angaben glaubhaft und übereinstimmend waren.
100
Die Angaben zum Tatort beruhen auf den Angaben des Zeugen …, der beim Vorfall im Wohnzimmer der Angeklagten … anwesend war.
101
Die Feststellungen zur Tatzeit beruhen auf den Angaben der Zeugin …, welche an Hand der in Augenschein genommenen Lichtbilder (Bl. 37 Fallakte 1), auf welchen eine frische Verletzung im Bereich des Oberkörpers zu sehen ist, schilderte, dass ihr Vater, der Geschädigte …, ihr am 13.11.2017 um 13:10 Uhr ein Foto auf ihr Handy geschickt habe, auf welchem eine Verletzung an der linken Flanke zuerkennen gewesen sei. Hierzu in Einklang stehen die Angaben des Zeugen …, der angab, dass der Vorfall zeitlich im November oder Dezember 2017 gewesen sein könnte. Einen früheren Zeitpunkt schloss der Zeuge … aus, da dieser erst am 01.11.2017 eine Beziehung mit der Angeklagten … eingegangen sei und sich erst ab diesem Zeitpunkt bei der Angeklagten … aufgehalten habe. Die Kammer hat an der Richtigkeit der Angaben der Zeugen keinen Zweifel, da damit das Wundalter der Verletzung korrespondiert. Hierzu führte …, der bereits viele Jahre am Institut für Rechtsmedizin … tätig ist und als Rechtsmediziner aus einer Vielzahl von ähnlich gelagerten Fällen über große forensische Erfahrung verfügt, aus, dass an der Narbe an der linken Flanke keine Hinweise vorhanden seien, dass hier eine jüngere, nur maximal wenige Monate alte Verletzung vorliege. Als Entstehungszeitpunkt käme durchaus November 2017 in Betracht.
102
Die Feststellungen der Kammer bezüglich der physischen Verletzung des Geschädigten … beruhen auf den Angaben der Zeugen … und …, dem in Augenschein genommen Lichtbild (Bl. 37 Fallakte 1), auf welchen eine frische Verletzung im Bereich des Oberkörpers zu sehen ist, sowie den plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, der die Verletzung wie festgestellt erläuterte.
103
Die Feststellungen zur Alkoholisierung beruhen auf den Angaben des Zeugen …, welche durch die Angaben des Zeugen … sowie den Ausführungen des Sachverständigen … gestützt werden. So gab der Zeuge … ein Bekannter der Angeklagten …, welchen sie 2016 kennen lernte, an, dass solange er die Angeklagte … kenne, diese morgens aufgestanden sei und erst einmal eine Flasche Wodka getrunken habe. Hierzu in Einklang stehen die Ausführungen des Sachverständigen … zum Konsumverhalten der Angeklagten …. So führte er aus, dass die Angeklagte … ihm geschildert habe, seit längerer Zeit vermehrt Alkohol zu konsumieren und zuletzt bis zu zwei bis drei Flaschen Wodka sowie mehrer Bier pro Tag getrunken zu haben.
e) Weitergehende Angaben des Zeugen …
(1) Zur Intensität des Stiches
104
Die Angaben des Zeugen … hinsichtlich der Intensität des Stiches der Angeklagten … gegen … sind zur Überzeugung der Kammer übertrieben und nicht mit der Verletzung in Einklang zu bringen. Der Sachverständige … führte hierzu in der Hauptverhandlung aus, dass der kurze Stichkanal mit 1,3 cm Tiefe eindeutig gegen eine kraftvolle Tatausführung spreche. Zwar sei es auch möglich, dass die Klinge des Messers abgebrochen sei, bevor diese in ihrer ganzen Länge eingeführt worden sei. Dennoch wäre hierbei bei einem kraftvoll ausgeführten Stich ein längerer Stichkanal auf Grund des weichen Gewebes im Flankenbereich zu erwarten gewesen, da nach Durchtrennung der Haut kein Widerstand im Gewebe dem Stich entgegengebracht werde. Die Verletzungstiefe spreche eindeutig gegen eine wuchtige Stichbewegung. Die Kammer hat keine Zweifel an den plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen.
(2) Zur Ausführungsweise des Stiches
105
Der Zeuge … hat, wovon sich die Kammer durch in Augenscheinnahme der Videoaufnahme „Messerangriff der Angeklagten …“, DVD Bl. 38 Fallakte I, selbst überzeugen konnte, nachgestellt und dies auch so in der Hauptverhandlung ein weiteres Mal geschildert, wie er neben dem Sofa abgewandt von den anderen beiden gesessen, den Kopf auf seine Hände gestützt habe und lediglich aus dem Augenwinkel habe beobachten können, wie die Angeklagte … schnell und wuchtig mit dem Messer ausgeholt habe. Er habe sich dann zu diesen gedreht, sei aufgesprungen und habe in die Stichführung der Angeklagten … gegriffen, wobei er selbst durch das Messer verletzt worden sei. Diese Schilderung des Zeugen … zur Ausführung des Stiches ist für die Kammer nicht glaubhaft. Es ist fernliegend, dass der Zeuge während einer schnellen Stichbewegung das Geschehen aus dem Augenwinkel beobachten, reagieren, sich umdrehen und aufstehen habe können und auch noch den Arm rechtzeitig vor dem Einstich im Bereich des Messers hätte halten können.
(3) Zur Darstellungsweise des Verfalls
106
Die Kammer konnte sich zudem von der übertriebenen Darstellungsweise des Zeugen … bei seinen Angaben zum Vorwurf des Messerstiches zu seinem Nachteil ein Bild machen. So schilderte der Zeuge … in verschiedenen Versionen jeweils anschaulich und schauspielerisch, wie es zum Angriff der Angeklagten … mit einem Messer auf ihn gekommen sein soll (vgl. Punkt F.I. S. 87 f.).
107
Der Zeuge … steht nach Überzeugung der Kammer der Angeklagten … nicht neutral gegenüber. Zum einen wurde der Zeuge … von der Angeklagten nach deren Beziehungsende im Jahr 2018 der Vergewaltigung bezichtigt, weshalb ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft anhängig gewesen sei. Zum anderen handelt es sich beim Mitangeklagten … um den Halbbruder des Zeugen …, zu welchem er ein gutes Verhältnis hat: Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Angeklagten … und … sich gegenseitig der Tötung des … bezichtigen, hat der Zeuge zur Überzeugung der Kammer ein Interesse daran, dass die Angeklagte … in ein möglichst schlechtes Licht gerückt wird.
108
Die Kammer hat aufgrund des äußeren Tatbildes keinerlei Zweifel, dass die Angeklagte … mit dem Messer auf … in Verletzungsabsicht einwirkte.
109
Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte … billigte, dass der Geschädigte … durch den Angriff mit dem Messer zu Tode kommt, haben sich keine ergeben. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Stich gezielt in die Flankenregion erfolgte und nicht gegen den ungleich sensibleren Bereich des Oberkörpers oder Halses, deren Verletzung mit einem Messer wegen der dort verlaufenden großen Blutgefäße und Organe größeren Erfolg versprochen hätte. Anhaltspunkte dafür, dass ihr ein Angriff gegen eine sensiblere Region nicht möglich gewesen wäre, hat die Kammer nicht gesehen. Es lag auch kein dynamisches Geschehen vor, bei welchem der Einsatz nicht kontrollierbar gewesen wäre. Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass der Stich dosiert gesetzt wurde. Diesen Schluss zieht die Kammer aus den Ausführungen des Sachverständigen …, der plausibel und nachvollziehbar in der Hauptverhandlung erläuterte, dass der kurze Stichkanal mit 1,3 cm Tiefe eindeutig gegen eine kraftvolle Tatausführung spreche. Auf Grund dieser Punkte sieht die Kammer ein bewusst gefahrenreduzierendes Verhalten der Angeklagten … die … „nur“ verletzen wollte.
110
Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit der Angeklagten … beruhen auf den Angaben des Sachverständigen ….
111
Nach den Angaben des Sachverständigen stützen sich seine gutachterlichen Ausführungen auf die Akten, die persönliche Exploration und Untersuchung der Angeklagten, sowie den Eindruck von der Angeklagten in der Hauptverhandlung.
113
1. Der Sachverständige … führte aus, dass keine Anhaltspunkte für eine hirnorganische Beeinträchtigung, eine Schizophrenie, eine in Phasen verlaufende affektive Erkrankung oder eine intellektuelle Minderbegabung bestünden. Bei der Angeklagten ließe sich aber zweifelsohne eine Abhängigkeit von Alkohol feststellen (Abhängigkeitssyndrom von Alkohol, ICD-10: F 10.2). So habe die Angeklagte berichtet, dass bei ihr seit langer Zeit ein ausgeprägter Drang bestehe, Alkohol zu konsumieren, wodurch eine erhebliche Toleranzentwicklung zustande gekommen sei. Die Angeklagte trinke bis zu drei Flaschen Wodka und mehrere Flaschen Bier am Tag. Die Angeklagte habe eine nur eingeschränkte Kontrolle über das Ausmaß ihres Konsums und habe diesen insbesondere fortgesetzt, obwohl sie um die schädlichen Folgen des Konsums gewusst habe. Selbst die Entziehung der Versorgungsaufgaben ihrer Kinder habe die Angeklagte nicht veranlassen können, ihr Trinkverhalten zu ändern. Auch der Umstand, dass die Angeklagte … unter körperlichen Entzugserscheinungen bei ausbleibendem Alkoholkonsum leide, sei ein Beleg für eine Alkoholabhängigkeit.
114
Unter Berücksichtigung des Werdeganges der Angeklagten … - Vielzahl von Beziehungsaufnahmen und -abbrüchen, gelegentliche Aufnahmen beruflicher Tätigkeiten, Wegnahme der Kinder - könne zudem der Verdacht einer „Persönlichkeitsstörung des emotional-instabilem Typus“ in Betracht gezogen werden. Dieser sei jedoch im Ergebnis zu verneinen, da auf Grund der Alkoholabhängigkeit keine eindeutige Diagnose gestellt werden könne.
115
Die Kammer tritt der Beurteilung des Sachverständigen … bei. Dabei hat die Kammer auch die Angaben und den Werdegang der Angeklagten und weitere objektive Anhaltspunkte für das Konsumverhalten der Angeklagten in den Blick genommen. Die Angeklagte selbst bestätigte ihre Angaben zum Konsumverhalten in der Hauptverhandlung. Daneben berichteten die Zeugen … übereinstimmend, dass die Angeklagte … bereits schon morgens hochprozentigen Schnaps konsumierte.
116
2. Der Sachverständige … erläuterte weiter, dass unter Berücksichtigung der langjährig bestehenden Suchtmittelproblematik und des alltäglichen Konsumverhaltens der Angeklagten … davon auszugehen sei, dass diese auch im Tatzeitpunkt alkoholisiert gewesen sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass im Tatzeitpunkt eine vorübergehende krankhafte seelische Störung im Sinne eines Intoxikationszustandes vorgelegen habe.
117
Anhaltspunkte dafür, dass diese von ihren konkreten Auswirkungen auf die Angeklagte zur Tat von einem derartigen Ausmaß gewesen sei, dass ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit aufgehoben gewesen wäre, hätten sich aus medizinischer Sicht nicht ergeben. Es lägen weder Anhaltspunkte vor, dass die Angeklagte … nicht mehr zwischen Recht und Unrecht habe unterscheiden können, noch dass sie durch die Alkoholisierung überhaupt nicht mehr in der Lage gewesen wäre, nach dieser Einsicht zu handeln. Die Angeklagte sei entsprechend ihrer eigenen Angaben, dass sie zwei bis drei Flaschen Wodka sowie mehrere Flaschen Bier am Tag konsumiere, an sehr hohe Intoxikationszustände gewöhnt, ohne dass es hierbei zu Situationsverkennung oder ähnlich gravierenden Zuständen gekommen sei. Dafür, dass die Angeklagte im Tatzeitraum eine größere Menge an Alkohol als sonst konsumiert habe, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Angeklagte sei zudem in der Lage gewesen, zu erkennen, dass die Stichverletzung versorgt werden müsse.
118
Der Sachverständige führte weiter aus, dass zum Tatzeitpunkt aus medizinischer Sicht jedoch die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten … gravierend eingeschränkt gewesen sei. Die Angeklagte sei in einem erheblichen Rauschzustand und dadurch enthemmt gewesen. Hierdurch könne es im Zusammenspiel mit der bei der Angeklagten bestehenden emotionalen Instabilität zu besonders heftigen Auswirkungen kommen, welche die Angeklagte … nur eingeschränkt habe steuern können.
119
Für die Kammer steht fest, dass die Einsichtsfähigkeit der Angeklagten … zum Tatzeitpunkt erhalten war, deren Steuerungsfähigkeit hingegen erheblich eingeschränkt war. Der Sachverständige … ist der Kammer aus zahlreichen Verfahren als sorgfältiger und gewissenhafter Gutachter bekannt. Als Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie … verfügt er über ausreichend Fachkunde und Erfahrung zur Beurteilung der Schuldfähigkeit. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte an dessen Ausführungen zu zweifeln. Der Sachverständige ist auch von den zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Die Kammer schließt sich den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen vollinhaltlich an.
120
Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Angeklagte … zum Tatzeitpunkt trotz ihrer Alkoholisierung noch Recht von Unrecht unterscheiden konnte. Die Angeklagte machte zu keinem Zeitpunkt geltend, dass es zum Tatzeitpunkt zu irgendwelchen gravierenden Ausfällen oder Realitätsverkennungen gekommen sei. Trotz der von ihr geschilderten teilweise hohen Trinkmengen schaffte sie es, nachdem … sich auf sie gelegt hatte, das Messer zu ergreifen und damit … in die Seite zu stechen. Nach dem Stich realisierte die Angeklagte …, dass … eine Wunde hatte, welche versorgt werden musste. So nahm sie Wodka und Deospray und gab dies auf die Wunde.
121
Für die Kammer steht weiter fest, dass die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten bei der Tat zwar wesentlich beeinträchtigt, nicht jedoch aufgehoben war. Diesen Schluss zieht die Kammer zum einen auf Grund der von den Zeugen geschilderten Verhaltensänderung bei Alkoholisierung der Angeklagten, die hierbei, trotz ihrer sonst auch liebevollen Art, aggressiv und gewalttätig wurde. Trotz dieser Beeinträchtigung war die Angeklagte dennoch zu einem situationsgerechten Vorgehen in der Lage und nahm im Rahmen der Versöhnung mit … das Messer an sich, um ihn damit zu verletzen. Die Situationsbezogenheit äußerte sich weiter im Nachtatverhalten der Angeklagten, als diese anschließend die Wunde versorgte.
122
Die Kammer schließt daher auch unter Berücksichtigung eines hohen Alkoholisierungsgrades der doch alkoholgewöhnten Angeklagten eine aufgehobene Steuerungsfähigkeit aus.
VI. Zum Vorwurf des Widerstandes am 01.01.2019
1. Einlassung des Angeklagten …
123
Der Angeklagte … räumte zu Beginn der Hauptverhandlung den Vorwurf des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in vier tateinheitlichen Fällen umfassend ein und gab an, dass er sich hierfür entschuldigen möchte.
124
In seinem letzten Wort erklärte der Angeklagte …, dass der Vorfall ihm Leid tue.
125
Die Feststellungen zur Verletzung und zum Verhalten des Angeklagten … am 01.01.2019, insbesondere, dass dieser PK … zurückstieß, sich sperrte und um sich trat, die Polizeibeamten beleidigte, sowie zu seiner Verletzung stehen zur Überzeugung der Kammer fest auf Grund der insoweit mit seiner Einlassung übereinstimmenden Angaben der Polizeibeamten PK …. PHMin …, POM … und POW …. Der Zeuge … schilderte zudem glaubhaft und ohne Belastungseifer, dass er, wie festgestellt, vom Angeklagten beleidigt wurde.
126
Die Zeugen PK …. PHMin …, POM … und … bestätigten, wie festgestellt, jeweils schriftlich Strafantrag gestellt zu haben. Die Kammer ist auf Grund der Angaben der Zeugen davon überzeugt, dass das diesbezügliche Geständnis des Angeklagten … zutreffend ist.
127
Die Kammer hat die Atemalkoholkonzentration des Angeklagten … entsprechend den Angaben des Polizeibeamten PK … festgestellt, der über das Ergebnis des durchgeführten Atemalkoholtests in der Hauptverhandlung berichtete.
128
Die Feststellung, dass der Angeklagte bei der Tat am 01.01.2019 nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt war, beruht auf einer Gesamtwürdigung der Angaben der Polizeibeamten unter Berücksichtigung der hohen Alkoholisierung des Angeklagten …. Die Polizeibeamten PK …. PHMin …, POM … und POW … gaben übereinstimmend an, dass der Angeklagte … stark alkoholisiert gewirkt habe und ein Gespräch mit ihm nicht mehr möglich gewesen sei. Er habe eine stark verwaschene Aussprache gehabt und sei verbal aggressiv gewesen, so POM … weiter. Die Kammer vermag auf dem Boden der Angaben der Zeugen und unter Berücksichtigung der hohen Alkoholisierung des Angeklagten nicht ausschließen, dass der Angeklagte in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Anhaltspunkte dafür, dass die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit im Tatzeitpunkt aufgehoben waren, legt weder der Alkoholwert nahe, noch ergab sich dies aus den Angaben der Zeugen. Denn trotz der von den Polizeibeamten geschilderten Beeinträchtigung habe, so die Zeugen übereinstimmend weiter, der Angeklagte sie als Polizeibeamte erkannt und zunächst auch ihren Anweisungen, sich ins Krankenhaus zu begeben, Folge geleistet. Erst als der Angeklagte … realisiert habe, dass die Angeklagte … ihn nicht habe gehen lassen wollen, habe dieser sich gesperrt und es sei zu dem Vorfall gekommen. Eine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit oder Aufhebung der Steuerungsfähigkeit schließt die Kammer unter diesen Umständen aus.
VII. Zum Vorwurf der Tötung des … am 16.02.2019
a) Einlassung der Angeklagten …
(1) In der Hauptverhandlung
129
Die Angeklagte ließ sich zu Beginn der Hauptverhandlung über ihre Verteidigerin dahingehend ein, dass sie unschuldig sei. Sie hat über ihre Verteidigerin nach der Erklärung zu Ziffer vier der Anklage (s. Punkt F.II. S. 88) folgende Erklärung abgegeben:
130
Im Folgenden sei die zeitliche Einordnung der Angeklagten … durch ihren immensen Alkoholkonsum getrübt und nicht eindeutig verifizierbar. Insbesondere habe die Angeklagte … zeitliche Filmrisse.
131
Die Angeklagte … bestreite, dem Mitangeklagten … gegenüber gesagt zu haben, der Getötete … habe ihre Tochter … vergewaltigt bzw. versucht, diese zu vergewaltigen. Des Weiteren bestreite die Angeklagte …, dem Mitangeklagten … gegenüber geäußert zu haben, der Getötete … habe versucht, sie, die Angeklagte … zu vergewaltigen.
132
Am Tattag habe der Mitangeklagte … erneut zur Angeklagten … gesagt, er wolle mit … reden, um etwas zu klären - Männergespräch. Unmittelbar zuvor habe der Mitangeklagte … die Angeklagte … gefragt, ob der Getötete … sie selbst, also die Angeklagte … oder ihre Tochter angefasst habe. Dies habe die Angeklagte … verneint.
133
Bereits zu diesem Zeitpunkt habe die Angeklagte … das Gefühl gehabt, dass etwas nicht stimme. Gleichwohl sei sie auf Geheiß des Angeklagten … zur … gegangen. Dort habe sie Bier eingekauft und Wodka gestohlen. Gleichzeitig habe sie sich auch gedacht, dass dies passe, da könne sie mit …, mit welchem sie ebenfalls liiert gewesen sei, telefonieren, dann bekomme der Mitangeklagte … das nicht mit.
134
Die Angeklagte … habe also mit … und … telefoniert. Dabei habe sie beiden aufgeregt mitgeteilt: „Es stimme etwas nicht zuhause“. Nach Aussage der Zeugen … und … solle die Angeklagte weiterhin gesagt haben: „Der … kümmere sich jetzt um den …, der kriege jetzt seine Strafe für das was er gemacht habe, dafür müsse er jetzt bluten“.
135
An eine derartige Äußerung könne sich die Angeklagte … nicht konkret erinnern. Sie könne sich diese aber nur so erklären, dass sie Angst gehabt habe, der Mitangeklagte … würde aufgrund der Strafanzeige durch den … vom 09.02.2019 diesen bestrafen und ihm eine Abreibung verpassen. Die Angeklagte … habe lediglich gewusst, dass der Mitangeklagte … vom … „die Wahrheit habe wissen wollen“ - aber nicht welche Wahrheit. Hinzu komme, dass der Angeklagte … in diesem Zusammenhang der Angeklagten … gegenüber eine komische Bemerkung gemacht habe, wie: jetzt knalle es richtig, ich werde ihn bluten lassen.
136
Der Einkauf bei der … und das Telefonat mit … und …, also die Abwesenheit der Angeklagten … habe - von der Angeklagten … geschätzt - insgesamt ca. 15-20 Minuten gedauert.
137
Als die Angeklagte … danach zurück in ihre Wohnung gekommen sei, habe sich ihr folgendes Bild im Wohnzimmer geboten: Der Getötete … sei am Boden gelegen, er habe Klebeband am Mund gehabt, seine Hände seien mit einem Gürtel auf den Rücken gefesselt gewesen, er habe einen schwarzen Stock - Regenschirm mit geradem Griff im Hintern stecken gehabt. Der Mitangeklagte … habe zu diesem Zeitpunkt den Boden um den Getöteten … gewischt und auch diesem über den Kopf mit einem Wischmopp von Vileda, um das vorhandene Blut beseitigen zu können. Dieses Bild habe sich in das Gedächtnis der Angeklagten … eingebrannt; dies sehe sie nahezu täglich, sowohl tagsüber, als auch nachts in ihren ständigen Alpträumen. Sobald das Gespräch auf diese Situation komme, beginne die Angeklagte … zu weinen.
138
Die Angeklagte … habe das Klebeband und den Gürtel und alles entfernen wollen. Dabei habe sie gesehen, dass Blut aus dem Mund des Getöteten herausgekommen sei. Sie habe dem Getöteten … noch den Gürtel und das Klebeband entfernt. Die Angeklagte … wisse nicht, ob der Geschädigte … noch reagiert habe. Sie glaube es jedoch nicht.
139
Es sei weder zu irgendwelchen Misshandlungen durch die Angeklagte … gegenüber … gekommen, noch sei diese bei solchen anwesend gewesen. Vielmehr mache sich die Angeklagte … bis heute massivste Vorwürfe beziehungsweise Gedanken darüber, ob sie dem Getöteten … zu diesem Zeitpunkt noch hätte helfen können.
140
Unmittelbar nach Entfernen des Klebebands und des Gürtels habe die Angeklagte … fluchtartig aus der Wohnung rennen wollen. Der Mitangeklagte … habe sie jedoch gepackt und habe sie in das daneben liegende Zimmer gesperrt. Dort habe die Angeklagte … auf dem dort befindlichen weißen Bett - ca. 1 Stunde gesessen. Eine genaue Zeitangabe hierzu sei der Angeklagten … nicht möglich.
141
Der Mitangeklagte … habe der Angeklagten … eine Schnapsflasche, eine Flasche Bier und eine Zigarette gegeben. Des Weiteren habe er ihr einen blauen Eimer und eine Rolle Klopapier für den Notfall hingestellt. Er selbst sei zurück ins Wohnzimmer gegangen, habe aber die Tür abgeschlossen und die Angeklagte … damit im Zimmer eingesperrt.
142
Die Angeklagte … habe beide Flaschen Alkohol getrunken; sie könne nicht mehr sagen, ob sie zu diesem Zeitpunkt ein Handy bei sich gehabt habe.
143
Die Angeklagte … habe nicht sehen können, was im Wohnzimmer vor sich gegangen sei, habe aber ein Scheppern, ein stumpfes BUM, ein dumpfes Geräusch hören können. Nach Meinung der Angeklagten … sei dieses Geräusch aus dem Wohnzimmer oder Badezimmer oder zwischen den beiden Räumen gekommen. Des Weiteren habe sie den Mitangeklagten … vor sich hinreden hören, Worte, wie „Du Schwein, das hast Du verdient“. Außerdem habe sie nach dem Bumpern im Bad Wasser laufen hören, glaublich in der Dusche. Nach Einschätzung der Angeklagten … sei die Dusche jedenfalls 5 Minuten gelaufen.
144
Des Weiteren habe die Angeklagte … gehört, dass die Waschmaschine eingeschaltet worden und gelaufen sei - sie habe auch gehört, wie der Mitangeklagte … am Waschbecken rumhantiert habe. Schließlich habe die Angeklagte … gehört, wie der Mitangeklagte … das Badezimmer abgesperrt habe.
145
Unmittelbar im Anschluss habe der Mitangeklagte … die Angeklagte … aus dem Zimmer gelassen, habe diese am rechten Arm gepackt, weil die Angeklagte erneut versucht habe, aus der Wohnung zu rennen, und habe ihr eine Schelle gegeben. Unmittelbar im Anschluss hieran sei der Mitangeklagte … wie umgewandelt gewesen, völlig normal und liebevoll der Angeklagten gegenüber.
146
Dann habe der Mitangeklagte … seinen Gürtel angezogen, eben jenen, welche die Angeklagte … zuvor am Getöteten … gesehen habe, womit dessen Hände auf den Rücken gefesselt gewesen seien. Außerdem habe der Mitangeklagte nasse Haare gehabt.
147
Als die Angeklagte das Wohnzimmer gesehen habe, sei wieder alles, wie immer gewesen, der Getötete … sei verschwunden und alles sei sauber gewesen, nirgendwo sei Blut zu sehen gewesen - lediglich der Putzeimer habe im Gang gestanden, wo er sonst nicht stehe. Der Boden vom Wohnzimmer sei noch feucht gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Angeklagte … so voller Angst gewesen, dass sie aus dem Nebenzimmer ihren Wodka geholt und weiter getrunken habe. Die Angeklagte … habe zu dem Mitangeklagten … gesagt, sie müsse sich die Zähne putzen, woraufhin dieser entgegnet habe „warte, du kriegst alles in den Gang rausgestellt“.
148
Daraufhin habe er Schminksachen, Fön, Haarbürste, Zahnbürste und Wimperntusche der Angeklagten … aus dem Bad geholt und es ihr in den Flur gestellt - währenddessen sei die Angeklagte … im Wohnzimmer auf dem Sofa gesessen.
149
Auf Nachfrage der Angeklagten …, wo denn der … sei, habe der Mitangeklagte … geantwortet „er sei gegangen“ und habe weiterhin zu ihr gesagt „verzeih mir“.
150
Gegen 19:00 Uhr habe es weitere Sprachnachrichten seitens der Angeklagten … gegeben, nämlich:
Um 19:03 Uhr gegenüber der Zeugin …, mit dem Inhalt:
„(…) Der … wird jetzt behandelt. Weißt Du, was ich gehört hab, dass der … meine Tochter vergewaltigt hat“.
151
Diese Äußerung stamme vom Mitangeklagten … - dies glaube die Angeklagte … jedoch nicht. Ihrer Meinung nach hätte der Getötete … so etwas nie gemacht.
152
Eine Sprachnachricht gegenüber dem … mit dem Inhalt:
„Schatz du kannst auch anrufen, ich bin draußen, ich bin sparzieren. Es geht um den … und nicht um den …, Okay. Ruf einfach an, der … hilft mir bloß“.
153
Und um 19:16 Uhr eine Sprachnachricht gegenüber der Zeugin … mit dem Inhalt:
„Ruf mich mal an, ich hab etz grad 30 Cent, ich habe nur zahlen müssen in der …, weil der …, wast scho, der hat mir jetzt auch grad geholfen, weil ich hab gesagt, dass ich verprügelt worden bin. Und glaub mir, der … ist es nicht, das war der …“.
154
Diese Nachrichten seien erfolgt, da die Angeklagte … vor dem Mitangeklagten … massivste Angst gehabt habe.
155
Auf dessen Anweisung hin habe sie, die Angeklagte … niemandem etwas sagen sollen, vielmehr habe sie alles auf den Getöteten … schieben sollen. Dritten gegenüber habe die Angeklagte … auf Anweisung des Mitangeklagten … hin behaupten sollen, dass die Angeklagte … und der Getötete … sich wechselseitig geschlagen hätten. Tatsache sei jedoch, dass der Getötete … die Angeklagte … nicht angefasst habe. Sie habe auch keinerlei Verletzungen gehabt. Gleichzeitig habe der Mitangeklagte … von der Angeklagten … verlangt, diese solle behaupten, er, der Mitangeklagte … wäre nicht einmal bei ihr gewesen und habe auch nichts gemacht. Die Angeklagte … sei zu diesem Zeitpunkt volltrunken gewesen.
156
Zur Begründung, weshalb die Angeklagte … nicht ins Bad gedurft habe, habe der Mitangeklagte … angegeben, dass er etwas für ihren Geburtstag am … vorbereite. Obgleich das der Angeklagten … komisch vorgekommen sei, habe sie dies nur zu gerne glauben wollen. Die Folgezeit habe die Angeklagte … damit verbracht, Alkohol, insbesondere Wodka in Mengen zu trinken.
157
Am …, dem Geburtstag der Angeklagten …, habe diese den … in der JVA … besuchen wollen. Sie habe für 18:45 Uhr einen Besuchstermin vereinbart und habe daher eine halbe Stunde vorher, also um 18:15 Uhr vor Ort sein müssen. Tatsächlich sei die Angeklagte … etwas zu spät dran gewesen. Aufgrund einer Alkoholisierung von 1,24 ‰ sei die Angeklagte dann nicht in die JVA eingelassen worden. Die Zeugen … und … hätten sich vor der JVA befunden. Zusammen sei man dann zum … gegangen, habe Sekt gekauft und diesen vor Ort getrunken. An diesem Tag habe der Mitangeklagte … seine Sachen von seiner Ehefrau holen und dort auch ausziehen wollen. Die Wohnungsschlüssel der Angeklagten …, einschließlich des Badezimmerschlüssels habe zu diesem Zeitpunkt der Mitangeklagte … gehabt.
158
Die Angeklagten hätten sich dann ungefähr gegen 20:00 Uhr an der U-Bahn-Station … getroffen. Die Angeklagte … sei oben an der U-Bahn gestanden, der Mitangeklagte … sei von unten die Treppen hochgekommen mit einem Koffer und habe der Angeklagten … erklärt, dass sich in dem Koffer seine Sachen befinden würden. Beide seien zusammen in die Wohnung der Angeklagten … gegangen, wo der Mitangeklagte … den Koffer im Schlafzimmer abgestellt habe. Im Anschluss hätten die Angeklagten weiter Alkohol in Form von Wodka konsumiert.
159
Für die folgende Zeit habe die Angeklagte … einen zeitlichen Filmriss - sie könne nicht mehr sagen, ob der Mitangeklagte … an diesem oder erst am nächsten Abend ein Auto geholt habe, um vorgeblich mit ihr, der Angeklagten …, einen Ausflug anlässlich ihres Geburtstags zu machen.
160
Schließlich sei der Mitangeklagte … mit einem Pkw gekommen, einem schwarzen … mit den Anfangsbuchstaben auf dem Kennzeichen …. Er habe zur Angeklagten … gesagt, sie solle im Wohnzimmer bleiben und sich nicht bewegen. Diese sei im Wohnzimmer sitzen geblieben, habe ihren Wodka und eine Flasche Öttinger Bier aus einer Glasflasche getrunken. Schließlich sei der Mitangeklagte … gekommen und habe gesagt, dass sie nun losfahren könnten. Die Angeklagte … habe ihn noch gefragt, ob er ihr wenigstens vernünftige T-Shirts eingepackt habe, was er bejaht habe. Der Mitangeklagte … habe die Angeklagte … gefragt, ob sie einen besonderen Wunsch habe, wo sie hin möchte. Sie habe daraufhin angegeben, dass sie ans Grab ihres Vaters wolle.
161
Der Angeklagte … habe dann den Koffer genommen. Dabei sei der Griff abgerissen. In diesem Zusammenhang habe die Angeklagte … noch einen Scherz gemacht und gemeint „sag mal, so schwer sind meine T-Shirts doch gar nicht“.
162
Schließlich habe die Angeklagte … versucht, den Griff wieder an den Koffer dran zu machen, was jedoch nicht gegangen sei. Die Angeklagte … habe zu keinem Zeitpunkt den Koffer angehoben oder gar getragen.
163
Auf die Fahrt habe die Angeklagte … jedenfalls 3-4 Flaschen Bier der Marke Öttinger mitgenommen. Der Angeklagte … sei erst in … herumgefahren, erst als ihm die Angeklagte … gesagt habe, wo es Richtung … gehe, sei er auch in diese Richtung gefahren. Schließlich habe der Angeklagte … irgendwo angehalten und habe zur Angeklagten … gesagt: „Du hältst jetzt Deine Fresse, Du wirst Dich nicht bewegen und Du bleibst in dem Auto sitzen“. Gleichwohl habe die Angeklagte versucht aus dem Auto zu kommen, was ihr aber nicht gelungen sei. Der Mitangeklagte … sei ausgestiegen, zum Kofferraum gegangen, habe den Koffer raus und diesen irgendwo hingeschmissen.
164
Daraufhin habe die Angeklagte … den … gefragt, „was schmeißt Du jetzt meine Klamotten weg?“ Dieser habe geantwortet „die sind von meiner Exfrau, die Sachen“. Dies sei der Angeklagten … komisch vorgekommen und sie habe den Eindruck gehabt, dass etwas nicht stimme. Daraufhin habe sie den Angeklagten … gebeten, sie wieder nach Hause zu fahren. Aufgrund eines weiteren zeitlichen Filmrisses könne die Angeklagte … nicht mehr rekonstruieren, wie lange die Heimfahrt gedauert habe.
165
Als beide wieder in der Wohnung der Angeklagten … gewesen seien, wäre der Mitangeklagte … sehr aggressiv gewesen. Dabei habe er in das Handy der Angeklagten … gebissen. Er habe ihr verboten zu telefonieren. Gleichzeitig habe er die Herausgabe des Ausweises der Angeklagten … gefordert, sowie des Reisepasses deren Tochter …. Zudem habe er zur … gesagt, wenn diese ihre Klappe aufmachen würde oder schreien würde, dann brächte er sie, die Angeklagte …, nach … und würde diese an die Schweine verfüttern.
166
Die Angeklagte habe aufgrund weiteren Alkoholkonsums irgendwann geschlafen und sei erst am Folgetag gegen 14:00 Uhr aufgewacht. Zu diesem Zeitpunkt sei der Angeklagte … weggewesen. Die Angeklagte … habe ihr Handy gesucht und dann sofort die Zeugin … angeschrieben: „Hol mich ab, aber bring mir noch ein Bier mit“. Als die Zeugin … gekommen sei, haben beide die Sachen der Angeklagten … gepackt und letztere sei mit der Zeugin … nach Hause gegangen.
167
Die Angeklagte … habe die Rufnummer des Mitangeklagten … in ihrem Handy als Kontakt mit dem Namen „Mörder“ gespeichert (AV KK … Bl. 28 - EA 1). Dies habe die Angeklagte glaublich in dem Zeitraum, während sie sich bei der Zeugin … aufgehalten habe, getan. Intention der Angeklagten … sei dabei gewesen, sollte ihr aufgrund der vorangegangenen Drohungen des Mitangeklagten … etwas passieren, dass es in ihrem Handy einen Hinweis auf den Mitangeklagten … gäbe.
168
Am 22. oder 23.02.2019 habe der Mitangeklagte … die Angeklagte … schließlich über Handy angeschrieben und diese aufgefordert: „lösch alles aus Facebook von mir“: Aus Angst vor dem Mitangeklagten … habe die Angeklagte … in Gegenwart der Zeugin … alles aus Facebook gelöscht und zur Zeugin … gesagt: „der sucht mich, ich glaube der hat den … umgebracht.“
169
Dann habe die Angeklagte … mit … und mit ihrer Tochter … telefoniert. Im Anschluss habe die Angeklagte mit Hilfe der Zeugin … die Polizei gerufen.
170
In ihrem letzten Wort erklärte die Angeklagte …, dass sie ihren besten Freund, …, nicht getötet habe.
(2) Gegenüber den Polizeibeamten PHM … und PM … am 23.02.2019
171
Nach den übereinstimmenden Angaben der Polizeibeamten PHM … und PM … fing die Angeklagte … sofort nach Eintreffen der Polizeibeamten am 23.02.2019 gegen 18.00 Uhr in der Wohnung der Zeugin … von sich aus an, Angaben zur Sache zu machen. Eine ausführliche Zeugenbelehrung habe nicht erfolgen können, da die Angeklagte … bei jedem Versuch der Belehrung mit einem Tränenausbruch reagiert habe. Sie habe sich jedes Mal wieder beruhigt und weiter geredet. So habe die Angeklagte geschildert, dass der Angeklagte … in ihrer Wohnung den … umgebracht habe. … sei nackt mit gefesselten Händen am Boden gelegen, als sie nach Hause gekommen sei, und habe einen Regenschirm im Gesäß gehabt. Zudem habe er Klebeband über den Mund gehabt und es sei ihm Blut aus After und Mund gelaufen. Sie habe ihm noch ein Glas Wasser geben wollen, er habe jedoch kein Lebenszeichen von sich gegeben. Als sie den Angeklagten … auf diese Situation angesprochen habe, habe dieser damit gedroht, dass sie die Klappe halten soll, sonst käme sie auch noch in einen Koffer. Der Angeklagte … soll die Leiche im Bad aufbewahrt haben. Sie habe in der Folgezeit zur Flasche gegriffen und durchgetrunken. In der Nacht vom 19.02.2019 auf den 20.02.2019 habe der Angeklagte … die Leiche entsorgt. Hierfür habe dieser Müllsäcke aus der Küche geholt. Anschließend habe der Angeklagte … einen schweren Koffer aus dem Badezimmer in ein Auto getragen und sie, die Angeklagte …, gezwungen mit ihm mit zu fahren. Ab diesem Zeitpunkt habe sie vermutet, dass … in Tüten verpackt im Koffer liegen würde. Sie seien Richtung … gefahren und der Angeklagte habe dort den Koffer entsorgt. Hierbei sei der Plastikgriff des Koffers gerissen. Anschließend seien sie wieder zurück nach … gefahren. Die Angeklagte … habe sich, so PHM … und PM … weiter, bei ihren Angaben auch mehrfach widersprochen und konnte die Abweichungen auf Nachfragen nicht aufklären. So habe sie unterschiedliche Angaben zur Fesselung gemacht. Einmal sollen die Hände mit Klebeband gefesselt gewesen sein, dann sei es ein Gürtel gewesen. Hinsichtlich ihrer Flucht habe die Angeklagte … geschildert, dass ihr diese gelungen sei, als sie an ihrem Geburtstag, dem …, zur JVA gegangen sei, ein anderes Mal habe sie im Rahmen eines Arzttermines fliehen können. Sie sei jedoch immer wieder in die Wohnung zurückgekehrt. Sie habe beteuert, dass sie eingesperrt gewesen sei und nicht habe entkommen können, obwohl der Angeklagte … immer wieder für einige Stunden die Wohnung verlassen habe. Denn dieser habe die Tür abgeschlossen gehabt und die Rollläden heruntergelassen. Aus Angst habe sie die Rollläden nicht hochgezogen, weshalb sie trotz der Wohnung im Erdgeschoss nicht habe fliehen können.
(3) Am 23.02.2019 gegenüber KK’in … und KHK’in …
172
Über die Angaben der Angeklagte … in ihrer Vernehmung vom 23.02.2019 berichteten KK’in … und KHK’in … wie folgt:
„Der Mitangeklagte … habe sie am Tattag aus der Wohnung geschickt. Sie sei in die … gegangen und habe mit … telefoniert. Als sie zurückgekommen sei habe … auf dem Boden gelegen und einen Regenschirm im Hintern gehabt. Seine Hände seien mit einem Gürtel gefesselt gewesen und er habe Klebeband über dem Mund gehabt. Sie habe dann nicht mehr ins Bad gehen dürfen. Am … sei sie abends in die JVA … gegangen, um … zu besuchen. Sie sei jedoch zu stark alkoholisiert gewesen und habe die JVA nicht betreten dürfen. Sie hätte sich dann vor der JVA mit ihren Freunden … und … getroffen, um gemeinsam Geburtstag zu feiern. Anschließend habe sie sich wieder mit dem Mitangeklagten … getroffen. Dieser habe einen Koffer dabei gehabt. Der Mitangeklagte habe ihr auch erzählt, dass er ein Auto anmieten wolle, um mit ihr einen Ausflug zu machen. In der Folgezeit seien sie dann mit dem Auto gemeinsam losgefahren und der Mitangeklagte habe auf der Fahrt angehalten, um den Koffer zu entsorgen. Es hätten sich darin Sachen von seiner Ex-Frau befunden, die er weggeworfen habe. Einen Tag später habe der Mitangeklagte … ihr erzählt, dass er den … umgebracht habe und dieser in dem Koffer gewesen sei. Sie habe ruhig sein sollen, sonst käme sie auch in einen Koffer.“
173
Auf Nachfrage habe die Angeklagte … weiter ausgeführt, dass … nackt auf dem Bauch gelegen habe und seine Hände am Rücken gefesselt gewesen wären mit einem Gürtel des Mitangeklagten …. Sie sei dann zu … hin und habe ihm geholfen. Hierauf habe … geäußert. Sie habe … die Fesseln gelöst und das Klebeband vom Mund entfernt. … sei ganz normal aufgestanden. Der Mitangeklagte … habe diesem den Schirm aus dem Hintern gezogen. … sei nicht tot gewesen.
174
Im Rahmen einer Nachstellung der Auffinddesituation des … mit KK’in … habe die Angeklagte … ausgeführt, dass sie gefragt habe, was denn los sei. Hierauf habe der Mitangeklagte … geantwortet, dass … das verdient habe. Daraufhin sei sie zu … hin und habe diesen gefragt, ob alles in Ordnung sei. Sie habe ihm das Klebeband und den Gürtel entfernt. Sie habe ihm hochgeholfen und er habe gesagt, dass schon alles passe. Dann habe er sich auf einen Stuhl gesetzt und sie hätte ihm Wasser gebracht.
175
Auf Vorhalt, dass die Angeklagte … gegenüber den Polizeibeamten PHM … und PM … geäußert habe, dass … kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben habe, habe die Angeklagte … erwidert, dass dies nicht stimme, das schwöre sie bei Gott. Sie habe das nicht zu den Polizeibeamten gesagt.
176
Nach einer Vernehmungspause, die die Angeklagte … zusammen mit der Zeugin KK’in … verbrachte, habe die Angeklagte … geschildert, dass … nach ihrer Rückkehr aus der … mit den Händen auf dem Rücken auf dem Boden gelegen sei, Klebeband über den Mund gehabt habe und ein Schirm in seinem Hintern gesteckt habe. Der Mitangeklagte … habe gewischt. Sie habe das Klebeband und die Fesselung entfernt und sei gleich aus der Wohnung gegangen. Sie habe nicht feststellen können, ob … tot gewesen sei. Als sie wieder in die Wohnung zurückgekommen sei, sei … nicht mehr da gewesen. Sie habe nicht mehr ins Bad gehen dürfen. Der Mitangeklagte sei in der Folgezeit mit einem Koffer zu ihr gekommen, weil er bei ihr habe einziehen wollen. Später habe er gesagt, dass in dem Koffer die Sachen seiner Ex-Frau seien. Sie habe nicht gewusst, dass … im Koffer gewesen sei.
(4) Beim Ermittlungsrichter
177
Die Angeklagte habe geschildert, dass der Mitangeklagte … und … bei ihr gewohnt hätten. Zwischen diesen beiden habe es häufiger Streitigkeiten gegeben. Der Mitangeklagte … habe sie aus der Wohnung zum Einkaufen geschickt. Sie sei dann in die … gegangen und habe mit … telefoniert. Als sie nach Hause zurückgekehrt sei, habe … wie bereits in ihrer Einlassung vom 23.02.2019 gegenüber KK’in … und KHK’in … geschildert, nackt am Boden gelegen. Sie sei zu … und habe versucht das Klebeband vom Mund zu entfernen. Sie habe dann ihre Schlüssel gepackt und sei nach draußen Richtung … gegangen. Nach ungefähr 15 Minuten sei sie zurückgekehrt und … sei verschwunden gewesen. Am nächsten Morgen sei … nicht in seinem Zimmer gewesen. Der Mitangeklagte … habe auf Nachfrage geäußert, dass … tot sei oder schon wieder komme. Sie habe das Bad nicht mehr betreten dürfen. An ihrem Geburtstag habe der Mitangeklagte einen Koffer mitgebracht. Sie seien mit einem Auto weggefahren und der Mitangeklagte hätte den Koffer entsorgt. Über diese Angaben berichtete der Zeuge Staatsanwalt als Gruppenleiter … glaubhaft in der Hauptverhandlung.
(5) Am 25.02.2019 gegenüber KHK’in … und KK …
178
Während der Verbringung in die JVA … wiederholte die Angeklagte in Teilen ihre Angaben, welche sie am 23.02.2019 gegenüber KK’in … und KHK’in … geäußert hat, worüber KHK’in … und KK … in der Hauptverhandlung berichteten. Konkret habe sie ausgeführt, dass sie vom Mitangeklagten … einkaufen geschickt worden sei. Dies sei bereits vorher schon so gewesen, dass der Mitangeklagte … sie einkaufen schicke und in der Zwischenzeit den … misshandelt habe. Grund hierfür sei, dass der Angeklagte … eifersüchtig auf … gewesen sei. Dieser habe gestört in der Wohnung. Sie sei dann in die … gegangen und habe in dieser Zeit mit … telefoniert. Als sie zurückgekehrt sei, habe … nackt am Boden gelegen. Sie wisse nicht, wo seine Kleidung gewesen sei. Seine Hände wären mit einem Gürtel auf dem Rücken gefesselt gewesen. Er habe Klebeband über dem Mund gehabt. In seinem Hintern habe ein Schirm gesteckt Sie habe das Klebeband entfernt und den Gürtel gelöst. Sie sei sich nicht sicher, ob … noch gelebt habe. Dieser hätte nicht reagiert. Der Mitangeklagte habe zu ihr gesagt, dass … dies doch verdient habe. Sie habe sich ein Bier und Zigaretten genommen und die Wohnung dann verlassen. Nach Rückkehr in der Wohnung sei … nicht mehr da gewesen. Sie habe sich dann hingelegt und habe geschlafen. Die Badezimmertür sei zudem abgeschlossen gewesen. Am … habe sie sich mit ihren Freunden … und … vor der JVA getroffen. Sie hätten zusammen ihren Geburtstag gefeiert. Als der Mitangeklagte … mit einem Koffer zu ihr gekommen sei, habe sie gedacht, dass dieser nun bei ihr einziehe. Sie seien dann mit einem Auto weggefahren und hätten den Koffer mitgenommen. Auf der Fahrt habe der Angeklagte … den Koffer entsorgt, weil sich darin Sachen von seiner Ex-Frau befunden hätten. Sie habe zwar geahnt, dass … im Koffer sein könnte, aus Angst habe sie jedoch nicht danach gefragt und niemanden informiert.
(6) Am 13.03.2019 gegenüber KHK’in … und KK’in …
179
Über die Angaben der Angeklagten …, welche diese in ihrer Beschuldigtenvernehmung am 13.03.2019 von 11:45 Uhr bis 15:36 Uhr in Anwesenheit ihrer Verteidigerin … äußerte, berichteten KHK’in … und KK’in … in der Hauptverhandlung wie folgt:
„Am Tattag habe der Mitangeklagte … sie zum Einkaufen geschickt, weil er mit … ein Männergespräch habe führen wollen. Der Mitangeklagte … habe ihr erzählt, dass der … ihre Tochter vergewaltigt hätte. Sie habe das nicht geglaubt. Sie sei in die … gegangen und habe auf dem Weg mit … und … telefoniert. Die Sprachnachrichten an … habe sie aus Angst vor dem Mitangeklagten … versandt. Als sie nach Hause zurückgekommen sei, habe sie … nackt auf dem Bauch liegend im Wohnzimmer vorgefunden. Er habe die Hände am Rücken mit einem Gürtel gefesselt gehabt und über seinem Mund sei Klebeband gewesen. Ein Regenschirm habe in seinem Hintern gesteckt und Blut sei aus seinem Mund gekommen. Sie habe den Gürtel gelöst und das Klebeband vom Mund entfernt. Sie wisse nicht, ob … noch reagiert habe. Sie habe gehen wollen, doch der Mitangeklagte … habe sie gepackt und in ein Zimmer gesetzt. Es habe sich so angehört, als würde der Mitangeklagte … aufräumen. Sie habe ein dumpfes Geräusch gehört und die Dusche sei gelaufen. Als sie wieder aus dem Zimmer hinaus gedurft habe, sei … nicht mehr im Wohnzimmer gelegen. Das Bad sei dann abgeschlossen gewesen. Am … habe sie sich mit … und … vor der JVA … getroffen und sie hätten zusammen Sekt getrunken. Anschließend habe sie sich mit dem Mitangeklagten … getroffen. Dieser habe einen großen Koffer dabei gehabt, in welchem seine Sachen gewesen sein sollen. Er habe mit ihr einen Ausflug mit dem Auto machen wollen. Einen Tag bevor der Mitangeklagte mit einem Auto gekommen sei habe dieser erzählt, dass er den … umgebracht habe. Dieser sei tot. Sie habe geahnt, dass … im Koffer gewesen sein könnte. Am Tag ihrer Gerichtsverhandlung, dem 22.02.2019, habe sie sich mit dem Mitangeklagten … am Hauptbahnhof getroffen. Sie seien dann zusammen in ihre Wohnung.“
(7) Gegenüber dem Psychiatrischen Sachverständigen
180
Wie vom psychiatrischen Sachverständigen … ausgeführt, machte die Angeklagte nach einer entsprechenden, durch ihn erfolgten Belehrung auch ihm gegenüber geltend, an der Tötung von … nicht beteiligt gewesen zu sein. Sie sei am 16.02.2019 einkaufen gegangen. Der Mitangeklagte habe gesagt, dass er von … die Wahrheit wissen wolle. Als sie zurückgekommen sei vom Einkaufen habe sie … wie in ihren Vernehmungen zuvor geschildert nackt am Boden liegen sehen. Sie habe weglaufen wollen, doch der Mitangeklagte habe sie aufgehalten und in ein Zimmer gebracht. Er habe ihr Bier und Wodka gegeben. Als sie das Zimmer später verlassen habe, sei … nicht mehr da gewesen. Die Badezimmertür sei verschlossen gewesen. Sie habe schon geahnt, dass … im Bad sein könnte. Am … habe sie … in der JVA … besuchen wollen, sie sei jedoch zu betrunken gewesen. Sie hätte sich dann mit … und … getroffen. Der Angeklagte … sei dann mit einem Koffer gekommen. Am 19.02.2019 habe der Angeklagte … ein Leihauto gehabt. Mit diesem seien sie weggefahren. Der Angeklagte … hätte auf der Fahrt den Koffer entsorgt. Am Tag nach der Entsorgung des Koffers sei sie zu ihrer Freundin …. Sie habe sich nur noch einmal mit dem Mitangeklagten … am 22.02.2019 getroffen. Er habe sie zum Arzt begleitet. Anschließend sei sie wieder zu ihrer Freundin … und habe dieser mitgeteilt, dass der Mitangeklagte … den … umgebracht hätte.
b) Einlassung des Angeklagten …
(1) An ersten Hauptverhandlungstag 10.02.2020
181
Er sei ab dem 12.02.2019 bis nach der Tat durchgängig in der Wohnung der Angeklagten … gewesen, ebenso ….
182
Am 16.02.2019 seien alle drei im Wohnzimmer gewesen. Die Mitangeklagte … habe … ein Wasser versetzt mit Schmerztabletten gegeben. Zudem habe sie seine Brille kaputt gemacht. Gegen nachmittags sei die Mitangeklagte … das erste Mal einkaufen gegangen. Nachdem sie wieder nach Hause zurückgekehrt sei, hätten sie und … sich gestritten. Die Mitangeklagte … habe behauptet, dass … sie vergewaltigt habe. Später sei die Mitangeklagte … ein weiteres Mal nach draußen zum Einkaufen gegangen. Als diese gegen 19:30 Uhr wieder zurückgekehrt sei, sei sie völlig aufgelöst gewesen und habe … gefragt, ob sie ihm, dem Angeklagten …, sagen solle, was passiert sei. Daraufhin habe sie erzählt, dass der … ihre Tochter vergewaltigt haben soll. Die Mitangeklagte … habe sich dann ausgezogen und Alkohol aus ihrer Tasche geholt. Plötzlich habe sie ein Spültab genommen und dieses …, der auf dem Sofa im Wohnzimmer gesessen habe, derart tief in die Nase gestopft, dass der halbe Zeigefinger in der Nase gewesen sei. Er sei dazwischen gegangen. Daraufhin habe die Mitangeklagte sich vom Tisch eine Chilisauce gepackt und diese … über den Kopf geschüttet, anschließend begoss sie … noch mit Bier. Anschließend habe die Mitangeklagte … ein 50-Cent-Stück genommen, habe es … in den Mund gesteckt und dessen Kopf derart mit Klebeband umwickelt, dass sie ihm den Mund damit verschlossen habe. Weiterhin habe sie … die Hände fesseln wollen, dies habe er aber nicht zugelassen. … habe sich das Klebeband vom Mund gerissen. Er habe dann versucht, die Mitangeklagte … von … fernzuhalten, weil sie angefangen habe, diesen zu schlagen. Zudem habe er … aufgefordert ins Bad zu gehen, um sich die Soße und das Bier abzuwaschen. Er sei dann kurz aus dem Zimmer, um sich im Gästeklo die Hände zu waschen und um einen Putzeimer zu holen. Zurückgekehrt ins Wohnzimmer habe er … am Boden liegen sehen. Als er sah, wie die Mitangeklagte … mit beiden Beinen auf dessen Brustkorb gesprungen sei, habe er versucht, diese zu beruhigen. Die Mitangeklagte … sei jedoch immer wilder geworden. Er sei dann erneut aus dem Zimmer gegangen. Bei seiner erneuten Rückkehr ins Wohnzimmer habe … mitten im Zimmer auf dem Boden gelegen, während die Mitangeklagte … einen Regenschirm in der Hand gehalten habe, welcher in … gesteckt sei. Er habe die Mitangeklagte zur Seite auf den Schreibtisch geschubst, wodurch der Schirm aus … raus sei. Die Mitangeklagte … habe jedoch von … nicht abgelassen. Sie habe sich seinen Gürtel, welcher über dem Schreibtischstuhl gehangen habe, genommen und damit auf … eingeschlagen. Schließlich habe er es geschafft, sie zur Terassentür wegzudrängen und die Situation zu beenden. Er habe … dann aufgeholfen und sei mit diesem ins Badezimmer gegangen. Dort habe er … den Duschkopf in die Hand gegeben und sei zurück zur Mitangeklagten … ins Wohnzimmer. Dies sei ungefähr zwischen 20 und 21 Uhr gewesen. Die Angeklagte … sei immer wieder zu … ins Bad und habe diesen geschlagen. Zudem habe sie diesen mit einem Rasierer geschnitten. Er habe an dem Abend noch mit einem Freund aus … über facebook telefoniert, bevor er sich Schlafen gelegt habe. Als er am 17.02.2019 ins Badezimmer gegangen sei, habe … noch immer dort gelegen. Er sei regungslos gewesen, Wiederbelebungsversuche seien gescheitert. Als er der Mitangeklagten … davon berichtet habe, dass … tot sei, habe diese geäußert, dass er das verdient habe. Überlegungen seinerseits einen Notarzt zu rufen, habe die Mitangeklagte … verneint. Auf Aufforderung der Mitangeklagten …, sich um die Entsorgung der Leiche zu kümmern, habe er die Idee bekommen sich von … ein Auto zu leihen. Er sei am 18.02.2019 nach Hause in seine Wohnung gegangen und habe dort einen Koffer geholt. Gegen 20:00 Uhr habe er sich mit der Mitangeklagten … an der U-Bahnhaltestelle getroffen und sie hätten den Koffer gemeinsam in die Wohnung der Mitangeklagten … gebracht. Am 19.02.2019 habe er sich das Auto von … geliehen und sei damit nach 21:00 Uhr zur Mitangeklagten gefahren. Nachdem er den Koffer ins Bad gestellt habe, hätte die Mitangeklagte sich rosa Gummihandschuhe angezogen und ihn aufgefordert, Mülltüten aus der Küche zu holen. Er habe die Mülltüten abgerissen und sie habe diese dem … über die Beine gezogen. Sie hätten den … gemeinsam im Koffer verpackt und die Mitangeklagte habe sich auf … gesetzt, damit dieser in den Koffer passe. Sie beide seien dann gegen 23:00 Uhr mit … im Koffer mit dem Auto losgefahren. Die Mitangeklagte habe vorgeschlagen Richtung … zu fahren, da sie dort eine einsame Stelle kenne. Auf der Fahrt habe sie ihm ins Lenkrad gegriffen, woraufhin er ihr die Hand derart weggeschlagen habe, dass diese gegen den Innenspiegel geprallt sei, wodurch der Innenspiegel abgerissen sei. In … angekommen, habe die Mitangeklagte nicht weiter gewusst, weshalb sie wieder nach … umgekehrt seien. Auf dem Rückweg hätten sie bei … gestoppt, um den Koffer zu entsorgen. Er und die Mitangeklagte … seien aus dem Auto gestiegen. Diese habe sich noch von … verabschieden wollen. Als er den Koffer gepackt habe, um diesen aus dem Kofferraum zu nehmen, sei der Griff gerissen. Er habe es dennoch geschafft, den Koffer die Böschung hinunter zu werfen. Beide seien dann zurück ins Auto gestiegen und wären gemeinsam nach … in die Wohnung der Mitangeklagten … gefahren. Die Angeklagte … habe dort ihre Hand gegen eine Wand geschlagen und ihr Handy am Tisch beschädigt. Er habe noch eine Zigarette geraucht, bevor er anschließend das Auto zurückgebracht habe. Anschließend sei er nach Hause zu seiner Frau gegangen.
183
In der Folgezeit bis zu seiner Festnahme sei er überwiegend zu Hause bei seiner Frau gewesen. Er habe den Kontakt zur Mitangeklagten … meiden wollen, diese habe ihn aber immer wieder angeschrieben. Am 22.02.2020 habe er einen Termin beim … in … gehabt und sich anschließend mit der Mitangeklagten am Hauptbahnhof in … getroffen. Sie seien gemeinsam in ihre Wohnung. Dort habe die Mitangeklagte die Sachen von … in gelbe Säcke verpackt und anschließend in einer Mülltonne weggeschmissen. Anschließend habe er die Mitangeklagte noch zum Arzt begleitet, dann hätten sie sich wieder getrennt. Zu Hause habe er seiner Frau erzählt, dass er fremdgegangen sei. Diese habe daraufhin von ihm verlangt, dass er die Beziehung beende und den Kontakt abbreche. Seine Frau habe ihn vor die Wahl gestellt, entweder er beende die Beziehung oder sie schicke der anderen Frau eine Nachricht. Deshalb habe er am 23.02.2020 der Mitangeklagten …, welche er unter dem Namen „Engelchen“ in seinem Handy gespeichert habe, über Whats App eine Nachricht geschrieben, dass sie alles von ihm löschen solle. Die Mitangeklagte habe noch geantwortet, warum er dies mache.
184
Er habe mit … keine körperlichen Auseinandersetzungen gehabt. Er habe … nur helfen wollen. Die Mitangeklagte … habe … regelmäßig Schmerztabletten verabreicht.
185
Auf Nachfragen der Verfahrensbeteiligten, die mit Ausnahme der Rechtsanwältin … zugelassen wurden, wiederholte der Angeklagte die oben beschriebene Einlassung zum Geschehen vom 16.02.2019. Ergänzend gab er noch an, dass … nackt gewesen sei, als er am Boden gelegen habe. Seinen Pullover habe … sich bereits zuvor selbst ausgezogen gehabt, nachdem die Mitangeklagte ihn mit Chilisauce und Bier übergossen habe. Er habe nicht mitbekommen, wie die Hose ausgezogen worden sei. Während des gesamten Geschehens sei … von der Mitangeklagten geschlagen worden, insbesondere ins Gesicht. Die Mitangeklagte habe den Schirm mit kreisenden Bewegungen hoch und runtergezogen und dabei geäußert, dass er, …, nie wieder ihr Kind anfasse. Während der Schläge mit dem Gürtel habe … noch versucht auf alle Vier zu kommen. Zudem habe er bei den Gürtelschlägen mal „Aua“ geschrien. Als er … in die Badewanne geholfen habe, sei dieser ausgerutscht und habe sich den Hinterkopf angeschlagen. Hierbei habe er „Aua“ gesagt. Die Mitangeklagte … sei zwei Mal zu ihm ins Badezimmer gegangen und habe ihn dort weiter geschlagen. Er habe sie aus dem Bad bringen müssen. Als er … zuletzt gesehen habe, sei dieser mit offenen Augen und angewinkelten Beinen sitzend in der Badewanne gesessen und habe den Duschkopf in der Hand gehalten. Bei der Einführung des Spültabs, also einer Kugel davon, in die Nase habe er Blut gesehen und nach Entfernung des Schirmes aus dem Körper von … sei Blut und Urin am Boden gewesen. Sonst sei ihm kein weiteres Blut aufgefallen.
(2) Siebter Hauptverhandlungstag 09.03.2020
186
Am 09.03.2020 wurde der Angeklagte … erneut befragt. Hintergrund war eine kurzfristig gewonnene Zeitlücke im Beweisprogramm, da sich zwei Zeugen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben. Er beantwortete die Fragen aller Verfahrensbeteiligten, ohne Rücksprache mit seinem Verteidiger gehalten zu haben. Der Angeklagte wiederholte die oben beschriebene Einlassung und ergänzte diese. Er gab Folgendes an:
187
… sei ab dem 12.02.2019 mit ihm und der Angeklagten … in der Wohnung gewesen. Die Angeklagte … habe … bereits ab dem 14.02.2019 Schmerzmittel gegeben und diesem das Handy abgenommen. Die Mitangeklagte … sei am 16.02.2019 zwei Mal zum Einkaufen gegangen. Das erste Mal gegen 15:00 bzw. 16:00 Uhr und dann abends gegen 19:00 Uhr. Zwischen den beiden Einkäufen hätten sie sich zu dritt im Wohnzimmer aufgehalten und gemeinsam Alkohol getrunken. Kurz bevor die Mitangeklagte das zweite Mal zum Einkaufen gegangen sei, habe sie behauptet, dass … sie vergewaltigt hätte. Nach ihrer Rückkehr habe sie plötzlich damit angefangen, dass … ihre Tochter vergewaltigt hätte. Sie habe … das Kügelchen eines Spültabs in die Nase eingeführt, worauf er, der Angeklagte … gesagt hätte, dass die Angeklagte … dies lassen solle, da es giftig sei. Die Angeklagte hätte …, der auf dem Sofa gesessen sei, dann Chilisoße und Bier über den Kopf geschüttet. Er, der Angeklagte … habe noch zur Angeklagten gesagt, ob sie spinne, … könne blind werden wegen der Chilisoße. … sei auch Blut aus der Nase auf seinen Pullover getropft. Die Angeklagte habe sich dann eine 50-Cent-Münze genommen und diese … in den Mund gesteckt. Anschließend habe sie dessen Mund mit Klebeband verschlossen, indem sie das Klebeband mehrfach um seinen Kopf gewickelt habe. Hierbei habe die Angeklagte geäußert, dass … ihr ständig auf der Tasche liege. Als die Angeklagte … versucht habe, … die Hände zu fesseln, wäre dieser noch bekleidet gewesen. Der Geschädigte hätte sich hiergegen jedoch gewehrt und sich zudem das Klebeband vom Mund entfernt. Die Angeklagte habe … anschließend aufgefordert, seinen Pullover auszuziehen. Dem sei er nachgekommen und habe sich den Oberkörper entblößt. In diesem Moment habe er das erste Mal das Zimmer verlassen. Als zurückgekommen sei, hätte … auf dem Bauch gelegen. Er sei noch mit seiner Unterhose bekleidet gewesen. Es könne sein, dass seine Hose noch an seinen Knöcheln gehangen war. Die Angeklagte hätte auf … eingeschlagen und getreten, woraufhin dieser sich auf den Rücken gedreht hätte. Die Angeklagte sei sodann mehrfach auf seinen Brustkorb mit beiden Beinen gesprungen. Die Angeklagte habe bei ihren Sprüngen Schuhe angehabt. Er habe versucht die Angeklagte zu beruhigen, woraufhin diese geäußert habe, dass … ihr Kind nicht mehr anfasse. Als er das zweite Mal ins Zimmer zurückgekommen sei, habe … nackt bäuchlings auf dem Boden gelegen. Die Hose sei neben ihm gelegen, er wisse nicht, wie die Hose von … ausgezogen wurde. Die Angeklagte … habe in diesem Moment einen Schirm in der Hand gehabt, welchen sie kreisförmig hoch und runter bewegte. Er habe diese dann von … „weggeschubst“, wobei der der Schirm „rausgefallen“ wäre. Daraufhin habe sich die Angeklagte … einen Gürtel genommen und auf … eingeschlagen. Hierbei habe … „Aua“ geäußert. Er habe die Angeklagte … erneut weggedrückt, dieses Mal gegen die Terrassentür. Sodann habe er … aufgeholfen und sei mit diesem ins Badezimmer gegangen. Als … in die Badewanne gestiegen sei, sei dieser ausgerutscht und habe sich den Hinterkopf angeschlagen. Hierbei habe dieser erneut „Aua“ geäußert. Er, der Angeklagte … habe … dann den Duschkopf in die Hand gedrückt und habe das Badezimmer verlassen. Die Angeklagte … sei zeitweise auch im Badezimmer mit anwesend gewesen und habe dort … geschlagen und diesen mit einem Rasierer geschnitten. Der Vorfall hätte ungefähr eineinhalb bis zwei Stunden gedauert. Er selbst habe an diesem Tag zwei Bier und ein paar Schnäpse getrunken sowie einen Joint geraucht gehabt.
188
Während der Misshandlungen im Wohnzimmer habe die Angeklagte … mehrfach auf … eingeschlagen. Als er aus dem Wohnzimmer gegangen sei, habe er sich einmal ein Glas in der Küche geholt, ein anderes Mal sei er auf die Toilette gegangen und habe sich die Hände gewaschen. Hierbei könne es auch sein, dass er einen Putzeimer geholt habe. Er wisse nicht, woher der Schirm stamme, den die Angeklagte … eingeführt habe. Es sei ein gerader, schwarzer Regenschirm gewesen. Ob dieser eine Spitze gehabt habe, wisse er nicht.
189
Am nächsten Tag habe die Angeklagte die Kleidung des … gewaschen und den Schirm am Badewannenrand zerbrochen, bevor sie diesen in den Müll geworfen habe.
190
Am 22.02.2019 habe die Angeklagte … einen Termin bei Gericht wegen einer Räumungsklage gehabt und er sei in … bei Gericht gewesen. Sie hätten sich nach ihren Terminen am Hauptbahnhof in … getroffen und seien anschließend in die Wohnung der Angeklagten … gegangen. Sie habe Sex mit ihm haben wollen, er habe sich jedoch schlafen gelegt. Die Angeklagte habe zudem die Sachen von … zusammengepackt und anschließend bei Verlassen der Wohnung einen Teil der Sachen in eine schwarze und eine gelbe Mülltonne geworfen.
191
Er habe sie an diesem Tag auch noch zum Arzt begleitet und sei danach noch einmal mit ihr in ihre Wohnung gegangen. In seiner polizeilichen Vernehmung nach seiner Festnahme habe er Angst gehabt, dass er mit in die Sache hineingezogen werden könnte. Deshalb habe er abgestritten, etwas über den Vorfall zu wissen. Aus Angst vor Strafverfolgung habe er auch mitgeholfen, den Leichnam von … zu entsorgen. Er sei schon einmal im „Knast“ gewesen und habe sich aus der Sache raushalten wollen. Er habe gedacht, wenn er vorgibt nichts von der Sache zu wissen, würde dies besser für ihn sein. Er habe befürchtet, dass es lauten könnte: „mitgehangen, mitgefangen“.
192
In seinem letzten Wort erklärte der Angeklagte …, dass er den Vorfall bedauere.
(3) Im Ermittlungsverfahren
193
Im Ermittlungsverfahren machte der Angeklagte … geltend, unschuldig zu sein, und dass er erst im Auto erfahren habe, dass sich … in einem Koffer verpackt im Kofferraum befinde. So führte er in der in Augenschein genommenen Videovernehmung vom 24.02.2019 von 14:30 Uhr bis 14:59 Uhr aus, dass die Angeklagte … ihm erzählt habe, dass sie … Hausverbot erteilt habe. Dieser hätte angeblich sie, die Angeklagte …, vergewaltigt und habe auch ihre Tochter vergewaltigen wollen. Seitdem, vor ungefähr knapp zwei Wochen, habe er … nicht mehr gesehen. Die Angeklagte … habe wegfahren wollen, weshalb er ihr einen Koffer gebracht habe. Mit einem von seiner Freundin … geliehenen Auto sei er dann zur Angeklagten … gefahren, um diese abzuholen. Dort habe der Koffer geschlossen im Flur gestanden und sie beide hätten zusammen den Koffer ins Auto in den Kofferraum gebracht. Der Koffer sei schwer gewesen Er sei dann im Auto mit der Angeklagten … in Richtung … zu deren Stiefmutter losgefahren. Die Angeklagte … sei betrunken gewesen und habe plötzlich erzählt, dass der … hinten im Kofferraum sei. Er habe dann bei der erstbesten Gelegenheit angehalten und in den Koffer gesehen. Im Koffer sah er ein Bein mit der Tüte eines gelben Sackes darüber gezogen. Er habe den Koffer wieder verschlossen und sei weitergefahren. Er habe einen ruhigen Ort angefahren und den Koffer dort die Böschung hinuntergeworfen. Die Angeklagte … habe ihm hierbei nicht geholfen, da diese „besoffen“ am Boden gelegen habe. Er habe die Angeklagte dann zurück ins Auto gebracht und sei mit dieser zurück nach … gefahren. Die Angeklagte … habe ihm irgendetwas über Tabletten erzählt, welche sie dem … gegeben hätte. Er habe … nichts gemacht. Auch habe er diesen nicht in die Badewanne gelegt. Er hätte die Beziehung mit der Angeklagten … beendet, deshalb schiebe diese ihm die Sache in die Schuhe. Die Tage vor seiner Festnahme habe er bei seiner Frau verbracht. Er habe die Polizei aus Angst nicht verständigt.
194
Er kenne die Angeklagte … bereits seit Ende 2017, als diese mit seinem kleinen Bruder zusammengekommen ist. Im Dezember habe er sie wieder getroffen und sie beide seien sich nähergekommen. Ende Januar habe er dann die Beziehung beendet, es sei anschließend eine ON/OFF Situation gewesen. Bei der Angeklagten … sei immer der … anwesend gewesen. Die Angeklagte … habe … immer geschimpft und geschlagen.
(4) Beim psychiatrischen Sachverständigen
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Wie vom psychiatrischen Sachverständigen … ausgeführt machte der Angeklagte nach einer entsprechenden, durch ihn erfolgten Belehrung auch ihm gegenüber geltend, vom Tod … nichts mitbekommen zu haben und wiederholte die oben beschriebene Einlassung in seiner polizeilichen Vernehmung vom 24.02.2019. Ergänzend führte er aus, dass er und die Angeklagte … am darauffolgenden Freitag nach der Entsorgung des Leichnams beide Gerichtstermine gehabt hätten. Im Anschluss daran hätten die beiden sich getroffen und seien in die Wohnung der Angeklagten gegangen. Dort wären noch Sachen von … gewesen, die die Angeklagte … habe entsorgen wollen. Am nächsten Tag habe er ihr kurz vor 16 Uhr geschrieben, dass sie alles von ihm löschen solle. Kurz darauf sei er festgenommen worden.
196
Die Kammer ist auf Grund der Angaben des Angeklagten … und des Ergebnisses der Beweisaufnahme vom Hergang der Tat - wie festgestellt - überzeugt. Die Kammer hat das Tatgeschehen so festgestellt, wie es der Angeklagte … soweit er eigene Wahrnehmungen machen konnte, in der Hauptverhandlung geschildert hat. Die Kammer ist davon überzeugt, dass seine Schilderung der Wahrheit entspricht, da sie mit einer Reihe an weiteren Beweismitteln in Einklang steht.
a) Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten …
197
Die Kammer hat bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten … einen äußerst kritischen Maßstab angelegt und dabei besonders dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die Angeklagten vor dem gegen beide erhobenen Tatvorwurf jeweils gegenseitig belasten. Allein die Angeklagten waren mit dem Geschädigten … in der Tatwohnung zugegen. Bei beiden Angeklagten war daher zu unterstellen, dass sie jeweils ein großes Interesse daran haben könnten, den Tatverdacht von sich auf den anderen abzulenken. Ihre Angaben wurden im Hinblick auf diese Konstellation von Aussage gegen Aussage durch die Kammer besonders intensiv geprüft und kritisch hinterfragt. Die Kammer ist unter Anlegung dieses besonders strengen Maßstabes zweifelsfrei von der Richtigkeit der Angaben des Zeugen … überzeugt. Seine Angaben stehen in Einklang mit einer Vielzahl anderer Beweisanzeichen. Anders als die Angeklagte … wirkte sein Auftreten in der Hauptverhandlung in hohem Maße authentisch, zeichnete sich neben sehr detaillierten und konstanten Angaben auch dadurch aus, dass er Ausführungen zu neuen Umständen machte, die erst im Laufe der Beweisaufnahme verifiziert werden konnten. Die Kammer erachtet ihn insgesamt als glaubwürdig. Im Einzelnen:
(1) Auftreten in der Hauptverhandlung
198
Der Angeklagte … trat bei seiner Einlassung sowohl am ersten Tag der Hauptverhandlung sowie auch am siebten Tag der Hauptverhandlung sicher auf und gab - sofern dies der Fall war - an, wenn er sich hinsichtlich eines Punktes nicht mehr sicher war. So räumte er ein, nicht genau zu wissen, wie die Hose des … ausgezogen wurde. Er sei zu dieser Zeit nicht im Wohnzimmer gewesen. Auch durch kritische Nachfragen ließ er sich nicht verunsichern und konnte seine Aussage auf Nachfragen zu einzelnen Punkten vertiefen und ergänzen. Auch machte er seine Angaben nicht in einer starren zeitlich chronologischen Reihenfolge, sondern schilderte zunächst das Kerngeschehen und sprang dann zwischen einzelnen Geschehnissen vor der Tat oder nach der Tat hin und her, ohne hierbei die Orientierung zu verlieren. Dies gilt insbesondere für seine Befragung am siebten Hauptverhandlungstag (vgl. Punkt (2) S. 49 ff. oben).
(1.2) Kein Belastungseifer
199
Beim Angeklagten war auch kein äußerer Belastungseifer zu erkennen. Insbesondere dem aussagebegleitenden Verhalten des Angeklagten war ein solcher Eifer nicht zu entnehmen. Die an ihn gestellten Fragen beantwortete er ruhig, detailreich und ohne spürbare Erregung.
200
Zwar verkennt die Kammer nicht den Umstand, dass der Angeklagte als möglicher Täter in Betracht kommt und für diesen somit ein sehr starker Anreiz bestanden haben könnte, seine eigene Position im Verfahren durch möglicherweise unzutreffende Angaben zu verbessern. Jedoch räumte der Angeklagte nach dem Inhalt seiner Einlassung selbst ein, während der Misshandlungen teilweise anwesend gewesen zu sein und trotzdem keine Hilfe geholt zu haben und belastete sich damit auch selbst. Es war auch nicht zu erkennen, dass der Angeklagte … bemüht gewesen wäre, Verantwortung auf die Angeklagte abzuwälzen. Vielmehr räumte er ohne Umschweife ein, sich nach den Misshandlungen durch die Angeklagte … keine Gedanken mehr um … gemacht zu haben und erst wieder am nächsten Tag nach diesem gesehen zu haben. Die Belastung der Angeklagten … korrespondierte daher stets mit einer eigenen zu erwartenden Strafverfolgung des Angeklagten.
201
Für ein anderes Falschaussagemotiv im persönlichen Bereich hat die Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte ergeben. Zu seinem persönlichen Verhältnis zur Angeklagten … gab er an, dass er sie nach der Tötung des … zwar habe meiden wollen, sich dennoch mit ihr getroffen habe. Die Beziehung habe er auf Druck seiner Ehefrau beenden müssen. Eine feindselige Haltung des Angeklagten … gegenüber der Angeklagten … ist nicht zu erkennen.
(2.1) Plastische Schilderung und Interaktionen
202
Die Aussage des Angeklagten … ist detailreich und konkret, wie es in der Regel nur vor dem Hintergrund realer Erlebnisse zu erwarten ist. So schilderte er der Kammer nicht nur das Kerngeschehen der Misshandlungen der Angeklagten … ausführlich und plastisch, sondern auch das Rahmengeschehen. Der Angeklagte … beschrieb detailliert, wie die Angeklagte … dem … zu Beginn ihrer Misshandlungen verschiedene Flüssigkeiten über den Kopf schüttete. Hinsichtlich der Flüssigkeiten legte er sich sowohl bei der Reihenfolge als auch der Art der Flüssigkeit fest. So gab er an, dass die Angeklagte … zuerst die Chilisoße und dann das Bier über den Kopf geschüttet habe. Weiter schilderte der Angeklagte …, dass sich … zunächst das Abkleben seines Mundes mit Klebeband von der Angeklagten … habe gefallen lassen, er sich jedoch widersetzt habe, als die Angeklagte seine Hände habe fesseln wollen. Er, der Geschädigte …, habe sich dann auch das Klebeband vom Mund abgezogen. Er schilderte auch, dass, als … am Boden gelegen habe, dieser versucht habe auf alle Vier zu kommen. Die Angeklagte … habe aber unablässig mit dem Gürtel auf ihn eingeschlagen.
(2.2) Schilderung neuer Umstände auf eigenes Risiko
203
Der Angeklagte … beschrieb nicht nur die sich aus dem Obduktionsbericht ergebenden Verletzungen und dazu korrespondierende Verletzungshandlungen, er schilderte vielmehr auch ausführlich und anschaulich der Kammer neue, zu diesem Zeitpunkt aus den Akten nicht ersichtliche Verletzungshandlungen. So führte er aus, dass die Misshandlungen damit begannen, dass die Angeklagte … dem … die Kugel eines Geschirrspültabs in die Nase eingeführt habe. Auch schilderte er bildhaft, wie die Angeklagte … mit beiden Beinen auf den Brustkorb des … eingesprungen sei. Diese Angaben erfolgten zu einem Zeitpunkt, bei welchem noch offen war, ob sie durch die späteren Ausführungen des Sachverständigen … zum Ergebnis der Obduktion bestätigt oder widerlegt werden würden.
(3) Vereinbarkeit mit anderen Beweisanzeichen
204
Die Angaben des Angeklagten … stehen zudem mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme in Einklang. Hierzu im Einzelnen.
(3.1) Zum Geschehen unmittelbar vor der Tat
205
Die Angaben des Angeklagten … zum Alkoholkonsum des … werden durch die Ausführungen des Sachverständigen … gestützt. So habe … eine Blutalkoholkonzentration von 1,85 Promille im Zeitpunkt seines Ablebens gehabt.
206
Die Bekannten … und … der Angeklagten … sowie eine Mitarbeiterin der …, die Zeugin …, gaben übereinstimmend an, dass die Angeklagte … am Abend des 16.02.2019 in der … einkaufen war. Die Zeugin … schilderte zudem glaubhaft, dass die Angeklagte … auf dem Hin- und Rückweg zur … während eines Telefonats zu ihr gesagt habe, dass der „… scheiße gebaut habe und dafür jetzt bluten müsse“. Die Angeklagte habe von ihrer Tochter … selbst erfahren wollen, dass … sich an dieser vergriffen hätte. … bekomme jetzt seine gerechte Strafe. … kümmere sich um das Problem. Die Angaben der Zeugin … stehen in Einklang mit der in Augenschein genommen Telefonauswertung des Handys der Angeklagten …, aus welcher sich ergibt, dass die Angeklagte … mit ihrer Bekannten … am 16.02.2019 um 19:03 Uhr und um 19:17 Uhr telefonierte (BWA II Band 3 Anlage D3-2 S. 19).
207
Hierzu korrespondieren auch die in Augenschein genommenen Sprachnachrichten der Angeklagten … an die Zeugin … am 16.02.2019 um 19:02 Uhr, 19:03 Uhr und 19:16 Uhr sowie an den Zeugen … um 19:03 Uhr (vgl. CD ÜL-Nr. 14269/2019 lfd. Nr. 2, verschriftet Bl. 437 BWA III sowie Sprachnachricht … an … verschriftet Bl. 318 BWA III). Aus diesen ist ersichtlich, dass die Angeklagte in der … einkaufen war und bereits zu dieser Zeit Vergewaltigungsvorwürfe gegen … erhob sowie mittteilte, dass derselbe nun behandelt werde. … helfe ihr bloß. So enthalten die Sprachnachrichten der Angeklagten … an … folgenden Inhalt:
„Ruf mal an bitte, bitte ruf an“
„…, ich hab net viel Guthaben drauf, ruf halt einfach mal an, Donnerwetter Alter, Donnerwetter. Der … wird jetzt behandelt. Weißt du was ich gehört habe, dass der … meine Tochter vergewaltigt hat. Du musst mich anrufen sofort, ich bin draußen, ich bin auf der Straße. Okay damit du Bescheid weißt, ruf mich bitte an.“
„Schatz, ruf mich mal an. Ich hab jetzt 30 Cent, ich hab nur zahlen müssen in der …, weil der Blonde, weißt scho, der hat mir jetzt auch etz grad geholfen. Weil ich hab gsagt, Alter, dass ich auch verprügelt worden bin und glaub mir, der … ist es nicht, des war der … Alter.“
208
Die Sprachnachricht an … lautet wie folgt:
„Schatz, du kannst auch anrufen, ich bin draußen, ich bin spazieren. Es geht um den …. Und nicht um den …, ok. Ruf einfach an. Der … hilft mir bloß.“
209
Zur Auswertung der Mobiltelefone führte der Sachverständige … Fa. …, in der Hauptverhandlung aus, dass er vier Geräte, nämlich ein Mobiltelefon Nokia 5 des Zeugen …, ein Samsung Galaxy S7 der Zeugin … ein Neffos C5 der Angeklagten … und ein Huawei P8 des Angeklagten … übersandt bekommen habe. Er erläuterte ausführlich und nachvollziehbar, dass und wie die gespeicherten Daten der Handys, vor allem in Form von Sprachnachrichten, Whats App Chatverläufen, Suchvorgängen, aufgerufenen Internetseiten, SMS-Nachrichten und mit gespeicherten Lichtbildern mit einem forensischen Spezialprogramm ausgelesen worden seien. Ergänzend hierzu berichtete KOK …, dass er den Whats App Chat der Angeklagten … extrahiert habe.“
210
Über die inhaltliche Auswertung der ihm vom Sachverständigen … sowie KOK … zur Verfügung gestellten ausgewerteten und ausgelesenen Kommunikation der Handys berichtete KHK ….
(3.2) Tatörtlichkeit und Tatzeit
211
Der Sachverständige für Blutverteilungsmuster PD … vom Institut für Rechtsmedizin der … berichtete an Hand der von ihm gefertigten Lichtbilder Abbildung 1-14 (TEA 3 Gutachten Bl. 7-11 und Bl. 12-17) über die zu dem bei einer Tatortbesichtigung am 07.03.2019 durch ihn und … festgestellten Blutspurenverteilungsmuster in der Wohnung der Angeklagten …. So lasse das Gesamtbild der Blutverteilung darauf schließen, dass der Geschädigte … im Wohnzimmer vor dem Schreibtisch Blut verloren habe, wobei sich dieser in bodennaher, sehr wahrscheinlich liegender Position befunden habe. Dies könne er auf Grund von Spritzspuren am Schreibtisch, welche sich auf einer Höhe von 30-40 cm befänden, feststellen. Derartige Spritzspuren entstünden bei der Einwirkung auf eine in Bodennähe befindliche blutkontaminierte Person. Weiter habe er latente Blutspuren in einem breiten Streifen vom Wohnzimmer über die Diele ins Bad feststellen können. Auch in der Badewanne habe er Blutantragungen feststellen können. Er könne jedoch keine Angabe über die Blutmenge treffen, da augenscheinlich eine Nassreinigung nach der Kontamination des Bodens mit Blut stattgefunden habe, welche eine Aussage über Mengen unmöglich mache.
212
Der Sachverständige … erläuterte, dass es aus medizinischer Sicht durchaus möglich sei, dass … nach Zufügung der festgestellten Misshandlungen noch habe laufen können. Eine Handlungsunfähigkeit bei den Verletzungen des … müsse nicht eintreten.
213
Die Kammer nahm zudem hinsichtlich des Tatanwesens unter Erläuterung von KHK … mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten die entsprechenden Lichtbilder Nr. 1-124 vom 24.02.2019 (vgl. BWA I, Band 1, Bl. 80-142) sowie unter Erläuterung durch KHK … und KHK … mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten die entsprechenden Lichtbilder Nr. 114 bis 120 vom 28.02.2019 (vgl. BWA I, Band 1, Bl. 70-74) sowie die Skizze Bl. 306 in Augenschein.
214
Seine Angaben zur Tatzeit korrespondieren mit den Angaben der Zeugin … hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der Telefonate auf dem Hin- und Rückweg zur …, welche diese mit der Angeklagten … am 16.02.2019 geführt habe.
215
Der Sachverständige …, Institut für Rechtsmedizin der …, führte aus, dass das Verletzungsbild des … mit dem vom Angeklagten … geschilderten Geschehensablauf vollumfänglich erklärbar sei. Insbesondere erläuterte er, dass es kein Widerspruch sei, dass im Rahmen der Obduktion keine Hinweise auf das Einführen einer Kugel eines Geschirrspültabs in die Nase von … gefunden worden wäre. Dies könnte daran liegen, dass die Nase des … nicht näher untersucht worden sei. Es habe lediglich eine Sichtkontrolle stattgefunden, da zum Obduktionszeitpunkt keine Anhaltspunkte für ein gewaltsames Eindringen in die Nase vorgelegen hätten. Weiter führte er zu der Verletzung des Brustkorbes - mehrreihige Rippenserienbrüche und zweifacher Brustbeinquerbruch - aus, dass diese mit mehrfachen, beidbeinigen Sprüngen auf den Brustkorb erklärbar seien. Denn um ein derartiges Verletzungsbild hervorrufen zu können, bedürfe es einer hohen Gewalteinwirkung, welche allein durch die Einwirkung mit Schlägen nicht erklärbar sei. Die Kammer hat keine Zweifel an den Ausführungen des Sachverständigen.
216
Die Feststellung zum Tathergang stehen auch hinsichtlich der Pfählung mit den Angaben der Zeugen … und … in Einklang. Diese schilderten übereinstimmend, dass die Angeklagte … ihnen gegenüber geäußert hätte, dass … mit einem Regenschirm gepfählt worden sei.
217
Die Angaben des Angeklagten … werden durch die Ausführungen der Zeugen KHK … und KHK … sowie der Ausführungen des Sachverständigen … insoweit gestützt, dass ein schwarzer Regenschirm mit geradem Griff, welcher zerbrochen war, in der Restmülltonne vor dem Wohnanwesen der Angeklagten … in der … in … aufgefunden wurde, an welchem DNA des Getöteten … gesichert werden konnte. Die Zeugen KHK … und KHK … schilderten an Hand der in Augenschein genommenen Lichtbilder 1-41 (BWA 1 Band 1, Bl. 342-365), dass sie am 25.02.2019 die zum Wohnanwesen der Wohnung der Angeklagten … gehörenden Mülltonnen durchsucht hätten. Hierbei hätten sie in der Restmülltonne einen schwarzen Regenschirm gefunden, welcher zerbrochen gewesen sei. Diesen hätten sie sichergestellt und zur weiteren Untersuchung an das Bayerische Landeskriminalamt versandt. Die Sachverständige …, Bayerisches Landeskriminalamt, Forensische Analytik, führte zu der DNA - Auswertung des aus der Mülltonne sichergestellten schwarzen Regenschirms aus, dass sowohl an der Spur 5.1.2.1 Schirm, Regenschirm, verbogen, schwarz Spitze sowie an der Spur 5.1.2.2 Schirm, Regenschirm, verbogen, schwarz Schirmgriff DNA des … aufgefunden worden sei.
218
Hierzu in Einklang stehen auch die Ausführungen des Sachverständigen … der an Hand des durch KHK … und KHK … sichergestellten und in Augenschein genommenen Regenschirms aus der Mülltonne mit der ÜL-Nr. 2463/20, lfd. Nummer 115, unter Berücksichtigung des Verletzungsbildes von … erläuterte, dass dieser Regenschirm zur Herbeiführung der bei … festgestellten analen Verletzungen geeignet sei.
219
Der Sachverständige …, Diplom-Ingenieur beim bayerischen Landeskriminalamt, erstattete an Hand der Abbildungen 1-9 (Bl. 105-109 TEA 3 Gutachten), auf welche wegen der Einzelheiten der Hämatome und des erfolgten Abgleichs mit einer Gürtelschnalle gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen wird, in der Hauptverhandlung ein Gutachten über Formspuren. Die Hämatome auf der Rückseite des Leichnams des … könnten durch Schläge mit der Schnalle eines Gürtels herrühren. Eine eindeutige Zuordnung zu einem konkreten Gürtel sei nicht möglich. Der ihm zu Vergleichszwecken übersandte Gürtel des Angeklagten … bezeichnet mit „Spur 6.8.1“ könne weder als Tatwerkezug bestätigt noch ausgeschlossen werden.
220
Die Zeugin … stützt die Angaben des Angeklagten … zur Täterschaft der Angeklagten …. So führte diese aus, dass die Angeklagte …, als diese ab dem 20.02.2019 bei ihr gewohnt habe, abends im Bett zu ihr gesagt habe: „Ich war’s Maus, ich habe scheiße gebaut. Ich habe den … umgebracht“. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Äußerungen der Angeklagten … gegenüber ihrer Bekannten … der Wahrheit entsprechen. Hierfür spricht zum einen, dass die Angeklagte … durchaus über ihre Misshandlungen zum Nachteil … anderen berichtete (S. 20 Punkt f)) sowie S. 26 Punkt (2)). Zum anderen schließt es die Kammer aus, dass sie sich zu Unrecht falsch belasten würde. Hierbei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass die Angeklagte …, so die Zeugin … weiter, am nächsten Tag ihre Äußerungen dahingehend relativiert habe, dass sie und der Angeklagte … gemeinsam den … umgebracht hätten bzw. zuletzt nur noch den Angeklagten … als Täter bezeichnet habe. Das Verhalten der Angeklagten … ist für die Kammer insoweit nachvollziehbar, dass diese die Konsequenzen ihrer Tat realisierte und deshalb versuchte, den Tatverdacht von sich zu lenken.
221
Die Angaben des Angeklagten … zur Täterschaft lassen sich auch mit dem Wesen der Angeklagten … vereinbaren. In alkoholisiertem Zustand sind Aggressionen der Angeklagten … nicht wesensfremd. Denn die Beziehung zu … war in einem solchen Zustand durch Gewalttätlichkeiten geprägt (S. 23 Punkt 2.). Die Angeklagte schreckte auch nicht davor zurück, ihr nahestehende Personen körperlich anzugehen, worüber die Heimleiterin … glaubhaft berichtet (S. 20 Punkt e)).
222
Die Ehefrau des Angeklagten …, die Zeugin …, bestätigt, dass der Angeklagte … am 18.02.2019 gegen Abend bei ihr gewesen sei. Zudem fehle aus der gemeinsamen Wohnung ein großer Koffer aus einem Kofferset.
(3.7) Verbringen der Leiche
223
Die Feststellungen zur Besorgung des PKW … werden durch die Angaben der Zeugin …, einer Bekannten des Angeklagten …, gestützt. Diese gab an, dass der Angeklagte … sich am Abend des 19.02.2019 den PKW … von ihr geliehen habe und erst wieder in den frühen Morgenstunden des 20.02.2019 gegen 05:40 Uhr zurückgebracht habe.
224
Die Angaben des Angeklagten … zur Verpackung und Entsorgung des Leichnams stehen in Einklang mit der Auffindesituation des …. Die Kammer nahm hierzu unter Erläuterung von KHK … und KHK … mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten die entsprechenden Lichtbilder Nr. 1-74 (vgl. BWA I, Band 1, Bl. 3-42) in Augenschein, auf welchen der Leichnam … neben einem Koffer liegend mit Mülltüten um seine Beine abgebildet war. Auf diese wird wegen der Einzelheiten der Verpackung … und der Auffindeortes- sowie -situation gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen. Zudem belegen die Ausführungen des Sachverständigen KHK …, dass der Angeklagte … an der Verpackung der Beine des … mit den Mülltüten beteiligt war. So führte der Sachverständige nachvollziehbar und plausibel aus, dass Fingerabdrücke des Angeklagten … an der Mülltüte nachgewiesen werden konnten. Dass es sich hierbei um eine Mülltüte aus der Wohnung der Angeklagten … handelt, erläuterte der Sachverständige … an Hand der in Augenschein genommen Lichtbilder Abbildung 1-4 (Bl. 134 bis 136 TEA 3 Band 2), auf welchen ein Abgleich der Abrisskanten der Mülltüten ersichtlich ist, nachvollziehbar und ausführlich. Weiter bestätigte der Sachverständige … an Hand der Abbildungen 1 bis 12 (Bl. 114 bis 120 TEA 3), dass ein Verpacken des Leichnams im Koffer möglich ist.
225
Seine Angaben werden weiter gestützt durch die Angaben der Zeugen … und …, beide Mitarbeiter des Bauhofes …, welche den Leichnam … am 20.02.2019 gegen 08:45 Uhr auffanden. Beide berichteten übereinstimmend, eine vermeintliche Puppe um 08.45 Uhr am 20.02.2019 in einem Koffer liegend und mit Mülltüten verpackt in der Nähe des … bei … gefunden zu haben.
(3.8) Nach der Entsorgung
226
Seine Angaben, sich nach der Entsorgung bis zu seiner Festnahme überwiegend bei seiner Familie aufgehalten zu haben, stehen in Einklang mit den Angaben seiner Ehefrau, der Zeugin ….
227
Der Whats App Chat zwischen den Angeklagten im Zeitraum vom 20.02.2019, 16:52 Uhr, bis zum 22.02.20219, 20:34 Uhr legt, soweit dieser durch Verlesen in Augenschein genommen wurde (Chat … BWA III Bl. 236-237 20.02.2019 16:52 bis 18:06 Uhr, Bl. 237 - 238 20.02.2019 18:09 Uhr bis 21:30 Uhr, Bl. 239-241 21.02.2019 11:52 Uhr bis 13:08 Uhr, Bl. 243-248 21.02.2019 19.29 Uhr bis 23:14 Uhr, sowie Bl. 249-256 22.02.219 08:01 Uhr bis 20:34 Uhr), nahe, dass sich die Angeklagten mit Ausnahme des 22.02.2019 nicht sahen, obwohl die Angeklagte … mehrfach auf ein Treffen mit dem Angeklagten … drängte.
228
Hierzu in Einklang stehen auch die Angaben der Zeugen … und …, zu welchen die Angeklagte … nach der Entsorgung gegangen ist. Diese gaben übereinstimmend an, dass die Angeklagte … ab dem 20.02.2019 bei ihnen eingezogen sei und sich dort aufgehalten habe. Lediglich am 22.02.2019 sei die Angeklagte … noch einmal in ihre Wohnung zurückgekehrt, so die Zeugin … weiter.
(3.9) Beendigung der Beziehung
229
Die Angaben des Angeklagten … zur Beendigung der Beziehung werden durch den in Augenschein genommen Whats App Chat zwischen den Angeklagten gestützt (Chat … BWA III Bl. 257). Hieraus ergibt sich, dass die Angeklagte … am 23.02.2019 um 15:57 Uhr eine Nachricht vom Angeklagten … erhielt, mit folgendem Inhalt:
"Bitte lösch aus facebook alles was mit mir zu tun hat.
Ich möchte dich nicht mehr sehen noch hören.
Meine Telefonnummer lösch bitte auch"
(4) Aussagekonstanz und Aussageentstehung
230
Die Angaben des Angeklagten sind detailreich, in einen Kontext eingebunden und in den Kernpunkten über zwei länger andauernde Befragungen hinweg konstant erfolgt. Am ersten Hauptverhandlungstag schilderte der Angeklagte … die durch die Angeklagte … gegenüber … erfolgten Misshandlungen wie unter Punkt (Punkt (1) S. 46 ff.) dargestellt sehr umfassend und in sich schlüssig. Auch bei seiner erneuten Äußerung am siebten Hauptverhandlungstag schilderte er den Tathergang detailliert und widerspruchsfrei wie unter Punkt (Punkt (2) S. 49 ff.) dargestellt. Die Kammer hat berücksichtigt, dass die Schilderung des Angeklagten … am ersten Hauptverhandlungstag dem Akteninhalt angepasst oder deshalb so erlebnisbasiert gewesen sein könnte, weil er die Tat selber begangen haben könnte. Der Angeklagte hat sich jedoch, ohne damit rechnen zu können, am siebten Hauptverhandlungstag einer zweiten Befragung durch das Gericht und aller Verfahrensbeteiligter gestellt. Ohne eine Rücksprache mit seinem Verteidiger gehalten, noch eine Unterbrechung beantragt zu haben, hat der Angeklagte … die Fragen aller Verfahrensbeteiligter erschöpfend beantwortet. Dabei hat er die wesentlichen Kernpunkte, die die Kammer der Verurteilung zugrunde gelegt hat, sowie mehrere nebensächliche Besonderheiten übereinstimmend zur Einlassung am ersten Tag konstant wiedergegeben. So gab er, ohne sich beim eigentlichen Tatgeschehen in Widersprüche zu verstricken, jeweils die Reihenfolge der einzelnen Misshandlungen der Angeklagten … gegenüber … übereinstimmend wieder. Hierbei konnte der intensiv über eineinhalb Stunden befragte Angeklagte das Geschehen nicht nur chronologisch erzählen, vielmehr war es ihm möglich bei Nachfragen nach Details jeweils sofort seine Schilderung der Ereignisse zu ergänzen und die Details sinnvoll einzuordnen.
231
Der Umstand, dass der Angeklagte … nach längerer Zeit und insbesondere ohne Vorbereitung in der Lage war, seine Angaben vom ersten Hauptverhandlungstag widerspruchsfrei am siebten Hauptverhandlungstag zu reproduzieren, ist ein wesentliches Kriterium dafür, ob Erlebnisbezug vorliegt oder eine Orientierung an einem zuvor zurecht gelegten Aussagekonzept.
232
Ein solches Aussageverhalten indiziert für die Kammer, dass die Angaben des Angeklagten … nicht erfunden waren. Denn hätte der Angeklagte … anhand eines ausgedachten Konzepts am ersten Hauptverhandlungstag ausgesagt, dann wäre es für ihn äußerst schwierig gewesen, an verschiedenen Stellen einzusteigen.
233
Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten … spricht auch nicht, dass er im Ermittlungsverfahren geleugnet hat, etwas über die Tat zu wissen. Denn zum einen ist das Leugnen einer Tat unmittelbar nach der Festnahme nachvollziehbar. Dem Angeklagten sind insbesondere auch keine konkreten Vorhalte aus den Vernehmungen der Angeklagten … oder der Zeugin … gemacht worden, zu welchen er sich hätte äußern können. So ist der Angeklagte … nur einmal polizeilich vernommen worden über einen Zeitraum von lediglich 29 Minuten. Zum anderen konnte der Angeklagte plausibel erklären, dass er nicht in die Sache mit „hineingezogen“ werden wollte. Denn schließlich war der Angeklagte, wie er in der Hauptverhandlung eingeräumt hat, bei den Misshandlungen teilweise anwesend und half maßgeblich dabei, den Leichnam des … aus der Wohnung zu bringen. Bei dieser Konstellation ist es nicht abwegig, dass der Angeklagte … befürchtete, selbst in Verdacht zu geraten. Der Angeklagte hatte daher für das Gericht nachvollziehbare Motive, sodass seine Falschangaben im Ermittlungsverfahren keinen Rückschluss auf die Glaubhaftigkeit seiner in der Hauptverhandlung getätigten Äußerungen zulassen.
(b) Glaubwürdigkeit im Übrigen
(5.1) Lügen im Privatleben
234
Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten … spricht nicht, dass er gegenüber seiner Ehefrau, der Zeugin …, und der Zeugin … Lügen erzählt hat. Auch wenn der Angeklagte seine Ehefrau belogen und mit der Zeugin … und der Angeklagten … betrogen hat, sowie … in Unkenntnis darüber gelassen hat, dass er noch mit seiner Ehefrau … zusammen ist, worüber beide Zeuginnen jeweils glaubhaft berichteten, so sind diese Lügen von anderer Herkunft und Qualität. Hieraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Angeklagte … generell zu Unwahrheiten neigt.
235
Die Kammer hat ebenfalls berücksichtigt, dass der Angeklagte … bereits erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
236
Durch Urteil des Gerichtshofs in Amsterdam vom 14.09.2005 (BZR. Ziffer 6) wurde er wegen Teilnahme an versuchtem Mord verurteilt.
237
Hieraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass Gewaltdelikte dem Angeklagten … nicht wesensfremd seien. Denn die der Verurteilung zu Grunde liegende Tat ereignete sich bereits im Jahr 2004 und liegt lange Zeit zurück. Mit Ausnahme dieser Verurteilung ergeben sich aus dem Lebenslauf des Angeklagten … keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte … gewalttätig ist oder zu Aggressionen neigt. Seit der Verurteilung im Jahr 2005 ist der Angeklagte ausweislich seines Auszugs aus dem Bundeszentralregister 31.01.2020 auch nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten.
(5.3) Mögliche eigene Tatmotive
238
Die Kammer hat auch in den Blick genommen, dass der Angeklagte … selbst ein Interesse am Tod des … hätte haben können. Dafür, dass eine Misshandlung des … erfolgt sein soll, um von diesem die Wahrheit über eine angebliche Vergewaltigung der Angeklagten … oder deren Tochter … zu erfahren, liegen keine Anhaltspunkte vor. Einzig die Angeklagte … schildert die Existenz eines „Männergesprächs“ diesbezüglich so, doch ist dies zur Überzeugung der Kammer - wie bei Ziffer 4 der Anklage auch (s. Punkt II. S. 88 f.) - nicht glaubhaft.
239
Die Kammer hat auch erwogen, dass der Angeklagte … eifersüchtig auf oder des … überdrüssig gewesen sein könnte. Denn dieser war, wie festgestellt, ständig in der Wohnung der Angeklagten … anwesend. Es gibt auch - mit Ausnahme der Angaben der Angeklagten … - keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte … eifersüchtig auf … war oder sich überhaupt jemals gewalttätig gegenüber diesem verhielt. Zwar schilderte die Zeugin … zunächst, dass der Angeklagte … durchaus körperlich gegen … vorgegangen sei. Im Rahmen ihrer Vernehmung räumte sie dann aber ein, dass sie dies nie selbst miterlebt habe. Sie habe hierüber nur von der Angeklagten … gehört.
(6) Kein Entgegenstehen der Einlassung der Angeklagten …
240
Auch die entgegenstehenden Angaben der Angeklagten … begründen keinen Zweifel an den Angaben des Angeklagten …. Bei den Einlassungen der Angeklagten im Ermittlungsverfahren sowie gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen … und in der Hauptverhandlung handelt es sich zur Überzeugung der Kammer um bloße Schutzbehauptungen, mit welchen die Angeklagte versuchte, die Täterschaft von sich zu weisen und auf den Mitangeklagten … zu schieben. Von entscheidender Bedeutung war für die Kammer dabei eine Gesamtschau folgender Gesichtspunkte:
- -
-
Widersprüche und Ungereimtheiten der von der Angeklagten geschilderten Auffindesituation und ihres Verhaltens,
- -
-
Widersprüchliche Angaben betreffend die Kenntniserlangung der Vergewaltigung ihrer Tochter
- -
-
Äußerungen gegenüber Dritten und Aussageentstehung
(6.1) Widersprüche und Ungereimtheiten in den Schilderungen der Angeklagten …
241
Die Angeklagte schilderte den Zustand …, als sie diesen nach Rückkehr aus der … aufgefunden habe, neben einigen kleineren Abweichungen auch in einem wesentlichen Punkt unterschiedlich. Zwar beschreibt die Angeklagte konstant das Bild, dass … nackt am Boden mit durch einen Gürtel gefesselten Händen am Rücken gelegen sei, ein Klebeband über den Mund gehabt habe sowie, dass ein Regenschirm in seinem Hintern gesteckt habe. Sie machte jedoch unterschiedliche Angaben dazu, ob … hierbei noch gelebt habe oder nicht. In einer Version soll … sicher noch gelebt haben. Sie habe ihm ein Glas Wasser gebracht und er habe sich auf seinen Stuhl setzen können. In einer anderen Version wisse sie nicht, ob … noch gelebt habe.
242
So schilderte sie in ihrer Version gegenüber den Polizeibeamten PHM … und PM … bei ihrer Abholung am 23.02.2019 sowie am 25.02.2019 bei ihrer Verbringung in die JVA …, in ihrer Vernehmung am 13.03.2019 und schließlich auch in ihrer Einlassung in der Hauptverhandlung, dass sie nicht wisse, ob … noch gelebt habe. Dieser habe kein Lebenszeichen von sich gegeben. Im Gegensatz hierzu schilderte die Angeklagte in ihrer Vernehmung vom 23.02.2019 gegenüber den Polizeibeamten KHK’in … und KK’in … verschiedene Versionen. Zunächst schilderte die Angeklagte …, dass … noch gelebt habe. Sie habe ihm Fessel und Klebeband gelöst. Dieser habe ihren Namen gesagt, sei aufgestanden und habe sich auf seinen Stuhl gesetzt. Sie habe ihm auch ein Glas Wasser gebracht. Auf Vorhalt, dass sie zuvor im Rahmen ihrer Abholung gegenüber den Polizeibeamten PHM … und PM … andere Angaben gemacht hat, schwört die Angeklagte … sogar, dass … noch gelebt habe. Erst nach einer Vernehmungspause änderte die Angeklagte ihre Angaben und führte aus, dass sie nicht habe feststellen können, ob … noch am Leben gewesen sei.
243
Hinsichtlich ihres Verhaltens nach Entdeckung … schilderte sie in der einen Version, dass sie die Wohnung verlassen habe. In der anderen Version hingegen schildert die Angeklagte, dass der Angeklagte … sie am Verlassen der Wohnung gehindert habe.
244
So führte die Angeklagte in ihrer Vernehmung vom 23.02.2019 gegenüber KK’in … und KHK’in …, gegenüber dem Ermittlungsrichter sowie im Rahmen der Verbringung am 25.02.2019 in die JVA … gegenüber KHK’in … und KK …, aus, dass sie nach Auffinden … die Wohnung verlassen habe und nach einiger Zeit zurückgekehrt sei. Hingegen schilderte die Angeklagte in ihrer Vernehmung vom 13.03.2019, gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen … sowie in der Hauptverhandlung, dass der Mitangeklagte … sie am Verlassen der Wohnung gehindert und in ein Zimmer gebracht habe. In ihrer Einlassung in der Hauptverhandlung rundete die Angeklagte das Bild des Eingesperrt-Seins erstmals damit ab, dass der Mitangeklagte … ihr sogar einen Eimer sowie Toilettenpapier zur Verfügung gestellt haben soll.
245
Die Angeklagte schilderte zudem unterschiedliche Versionen, wann sie vom Tod des … erfahren haben will.
246
In der Version vom 23.02.2019 schilderte die Angeklagte gegenüber KHK’in … und KK’in …, dass sie am Tag nach Entsorgung der Leiche, also dem 20.02.2019, vom Mitangeklagten … erst erfahren habe, dass dieser … umgebracht haben soll. Hingegen gab die Angeklagte … gegenüber dem Ermittlungsrichter an, dass sie bereits am Tag nach dem Vorfall, also am 17.02.2019, vom Angeklagten … erfahren habe, dass … tot sei oder nicht mehr komme. In ihrer Vernehmung vom 13.03.2019 soll der Mitangeklagte … ihr einen Tag bevor er mit dem Auto gekommen sei, also am 18.02.2019, berichtet haben, dass er den … getötet habe. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass die genaue Festlegung auf ein konkretes Datum schwerfallen kann und gewissen Ungenauigkeiten unterliegt. Die Kenntnis vom Tod eines nahen stehenden Bekannten und der Abtransport der Leiche sind jedoch so, einprägsame Erlebnisse, die nach Überzeugung der Kammer verschiedenen Schilderungen und einem Irrtum hierüber nicht zugänglich sind.
247
Auch hinsichtlich des Umstands, ob die Angeklagte … geahnt habe, dass sich … im Koffer befundet hat, gibt es unterschiedliche Angaben. So reicht das Spektrum ihrer Angaben von völliger Unkenntnis bis hin dazu, dass sich … verpackt im Koffer befände.
248
So schilderte die Angeklagte am 23.02.2019 gegenüber PHM … und PM …, dass der Angeklagte … mit Mülltüten ins Badezimmer gegangen sei. Anschließend sei dieser mit einem schweren Koffer aus dem Badezimmer gekommen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe sie, die Angeklagte …, geahnt, dass … mit Tüten verpackt im Koffer liegen würde. In ihrer Vernehmung am 23.02.2019 schilderte die Angeklagte gegenüber KHK’in … und KK’in … in einer Version, dass der Mitangeklagte … ihr am Tag nach der Entsorgung erzählt habe, dass … im Koffer gewesen sei. In einer anderen Version schilderte sie, nicht gewusst zu haben, dass … im Koffer gewesen sei. In ihren weiteren Vernehmungen am 25.02.2019 und am 13.03.2019 schilderte die Angeklagte, dass sie geahnt habe, dass … im Koffer gewesen sein könnte. In der Hauptverhandlung gab die Angeklagte … an, nicht gewusst zu haben, was im Koffer gewesen sei. Es sei ihr lediglich komisch vorgekommen, dass der Mitangeklagte … den Koffer weggeschmissen habe.
249
Das geschilderte Vorgehen der Angeklagten aus Angst am Abend des 16.02.2019 die Sprachnachrichten an … und …, dass … sich jetzt um … kümmere, versandt zu haben, ist nicht nachvollziehbar und völlig lebensfern. Die Angeklagte befand sich zu diesem Zeitpunkt, wovon sich die Kammer durch in Augenscheinahme der Sprachnachrichten, auf welchen deutlich Verkehrslärm im Hintergrund zu hören ist, selbst ein Bild machen konnte (vgl. CD ÜL-Nr. 14269/2019 lfd. Nr. 2, verschriftet Bl. 437 BWA III sowie Sprachnachricht … an … verschriftet Bl. 318 BWA III) im Freien und war damit nach eigenen Angaben nicht dem Angeklagten … ausgesetzt. Zudem erfolgten die Sprachnachrichten auf dem Hin- und Rückweg zur …, also zu einem Zeitpunkt, zu welchem die Angeklagte … selbst nach ihrer eigenen Einlassung noch nicht einmal von vermeintlichen Misshandlungen durch den Angeklagten … wissen konnte.
250
Die Angeklagte hatte Täterwissen. So gaben die Polizeibeamten PHM … und PK … an, dass die Angeklagte bei ihrer Abholung erzählt habe, dass … in Tüten verpackt im Koffer liegen würde. In keiner Vernehmung oder Einlassung schilderte die Angeklagte, dass sie Einblick in den Koffer gehabt habe. Zwar habe die Angeklagte, so PHM … weiter, versucht, ihr Wissen zu erklären, indem sie angegeben habe, aus dem Umstand, dass der Mitangeklagte … mit Mülltüten ins Badezimmer gegangen sei, geschlossen zu haben, dass dieser … in Mülltüten verpackt habe. Dieser Rückschluss ist lebensfremd und zur Überzeugung der Kammer nicht nachvollziehbar, will die Angeklagte doch in ihrer Einlassung in der Hauptverhandlung noch nicht einmal gewusst haben, was überhaupt im Koffer gewesen sei.
251
Das geschilderte Verhalten der Angeklagten nach Entdeckung … am 16.02.2019 ist nicht nachvollziehbar und überhaupt nicht damit in Einklang zu bringen, dass sie Angst vor … gehabt haben will.
252
So führten die Zeugen … und … aus, dass die Angeklagte … am … in der JVA … gewesen sei und sich anschließend mit ihnen getroffen habe, um ihren Geburtstag zu feiern. Hierzu in Einklang stehen die von der Kammer in Augenschein genommenen Lichtbilder (vgl. BWA II Band 3 Anlage D3-S7 S. 108-113), auf welchen die Angeklagte … sich völlig frei bewegt und mit einer kleinen Sektflasche mit ihren Freuden … und … anstößt. Weiter gaben die Zeugen übereinstimmend an, dass die Angeklagte ab dem 20.02.2019 zu … gezogen und dort bis zu ihrer Inhaftierung geblieben sei. Lediglich am 22.02.2019 traf sich die Angeklagte auf mehrfachen Wunsch ihrerseits hin mit dem Angeklagten … (vgl. S. 61 Punkt (3.8)). Die Angeklagte hätte im Fall des Eingesperrt seins viele Möglichkeiten gehabt, aus ihrer Wohnung im Erdgeschoss zu entkommen und sich Dritten anzuvertrauen. Bereits im Rahmen ihrer Anwesenheit in der JVA … hätte die Angeklagte sich gegenüber den dortigen Beamten anvertrauen können. Ebenso verbrachte die Angeklagte die überwiegende Zeit nach der Entsorgung des Leichnams mit ihren Freunden … und …. Warum die Angeklagte diese vielen Chancen nicht genutzt und ihr Wissen über die Tat Dritten offenbart haben will, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Die Schilderung der Angeklagten Angst vor dem Mitangeklagten … gehabt zu haben, ist zur Überzeugung der Kammer unglaubhaft, insbesondere unter Berücksichtigung ihres Drängens auf gemeinsame Treffen mit dem Angeklagten ….
(6.2) Widersprüchliche Angaben betreffend die Kenntniserlangung der Vergewaltigung ihrer Tochter
253
Dass die Angeklagte … vom Mitangeklagten … von der angeblichen Vergewaltigung ihrer Tochter erfahren haben will, wird durch die glaubhaften Angaben der Zeugin … widerlegt. So führte diese in der Hauptverhandlung ruhig und ohne Belastungseifer aus, dass die Angeklagte … ihr am Telefon erzählt habe, dass sie die Vergewaltigungsvorwürfe von ihrer Tochter … erfahren habe.
(6.3) Äußerungen gegenüber Dritten und Aussageentstehung
254
Die Kammer hat neben all den bisher genannten Punkten auch das Aussageverhalten der Angeklagten … gegenüber Dritten und die Aussageentstehung berücksichtigt. Dieses spricht eindeutig dafür, dass sie vom Tod des … von Anfang an wusste, diesen billigte und aus Kränkung wegen der Beendigung der Beziehung den Angeklagten … der Tötung beschuldigte.
255
So ist aus der in Augenschein genommenen Sprachnachricht zwischen der Angeklagten … und der Zeugin … einer Freundin der Angeklagten …, ersichtlich, dass die Angeklagte … bereits am 18.02.2019 um 17:24 Uhr ihre Freundin darüber informierte, dass … nicht mehr kommen werde (vgl. BWA III Bl. 59 verschriftlicht). So teilte sie der Zeugin … mit, dass sie … rausgeschmissen habe und dieser irgendwo auf der Straße rumgammle. Jedenfalls komme er nicht mehr her, weil sie ihn entfernt hätten. Ebenfalls zur etwa gleichen Zeit gab sie gegenüber ihrer Nachbarin, der Zeugin …, worüber diese glaubhaft berichtete, an, dass diese keine Angst mehr haben müsste, dass es laut werden könnte. Dies sei immer der … gewesen. Den hätte die Polizei nun mitgenommen. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Angeklagte … diese Äußerungen tätigte, weil sie wusste, dass … tot war. Nur so ist die Gewissheit der Angeklagten … über das künftige Wegbleiben … zu erklären. Dafür, dass die Mitteilungen auf Geheiß des Mitangeklagten entstanden sein könnten, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. So wurden die Äußerungen zu einer Zeit getätigt, in der die Angeklagte … nicht mit dem Angeklagten … zusammen war. Aus dem Whats App Chat zwischen den Angeklagten vom 18.02.2019 in der Zeit zwischen 17:43 Uhr und 18:02 Uhr, wovon die Kammer sich durch in Augenscheinnahme überzeugen konnte (BWA III Bl. 231 bis 235 d.A.), ist ersichtlich, dass sich der Angeklagte … unter anderem danach erkundigte, ob die Angeklagte … schon los sei.
256
Die Aussageentstehung der Angeklagten … belegt schließlich deutlich ihren Belastungseifer gegenüber dem Angeklagten …. So schrieb die Angeklagte … noch, wovon sich die Kammer durch in Augenscheinnahme überzeugen konnte, am Abend des 22.02.2019 dem Angeklagten … Liebesbekundungen (Chat … BWA Bl. 250-256, 22.02.2019 20:13’ Uhr bis 20:34 Uhr). Einen Tag später, unmittelbar nachdem die Angeklagte … am 23.02.2019 um 15:57 Uhr die Nachricht über das Beziehungsende erhielt (S. 61 Punkt (3.9) sowie Punkt (2) S. 71 f.), änderte sich ihr Verhalten und sie schilderte gegenüber Dritten die Tötung des … durch den Angeklagten …. Zur Überzeugung der Kammer spricht der zeitliche Zusammenhang ganz klar dafür, dass die Nachricht über das Beziehungsende Auslöser für die Behauptungen der Angeklagten … waren. Dieses Verhalten steht auch in Einklang mit dem Wesen der Angeklagten … und ist dieser nicht fremd. So steht fest, dass die Angeklagte … in der Vergangenheit immer wieder ehemalige Freunde diverser Straftaten bezichtigte, die jeglicher Grundlage entbehrten (S. 21 Punkt g)).
(6.4) Erhebung falscher Vorwürfe nicht wesensfremd
257
Die Angeklagte … schreckte auch nicht davor zurück, falsche Vorwürfe gegen den Angeklagten … zu erheben. Obwohl die Angeklagte am Nachmittag des 20.02.2019 gegenüber ihrer Bekannten … behauptete, dass der Angeklagte … sie verprügelt habe, erkundigte sie sich beinahe gleichzeitig bei diesem, ob sie sich wiedersehen werden. Diese Feststellungen beruhen zum einen auf den im Wege des Augenscheins verlesenen Chatverlauf bzw. der angehörten Sprachnachrichten zwischen der Angeklagten … und ihrer Bekannten … (vgl. Chat … BWA III Bl. 86-89, 20.02.2019 ab 14:19 Uhr bis 16:55 Uhr) mit dem Inhalt, dass der Angeklagte sie verprügelt habe, er habe ihr gestern Nacht auf den Kopf geschlagen, ihr Kopf tue ihr weh und ihre Lippe sei geschwollen. Der Angeklagte sei ausgerastet, er sei ein Psychopath. Die weiteren Feststellungen beruhen auf den in Augenschein genommen Chatverlauf der Angeklagten … mit dem Angeklagten … (vgl. Chat … BWA III Bl. 236-237, 20.02.2019 16:52 bis 18:06 Uhr) mit dem Inhalt, dass sie es ohne ihn nicht aushalte, er solle sich bitte melden und der Erkundigung, ob sie sich wiedersehen können. Dass die behaupteten Verletzungen der Angeklagten gegenüber der Zeugin … frei erfunden waren, wird durch die Angaben der Zeugin … gestützt. Diese führte glaubhaft aus, dass sie am 20.02.2019 bei der Angeklagten … weder Verletzungen gesehen habe, noch habe die Angeklagte … über Verletzungen geklagt.
258
Die Kammer hält auf Grund einer Gesamtwürdigung dieser Umstände, insbesondere wegen der detailreichen Schilderungen des Angeklagten … hinsichtlich der Tat, die authentisch, in sich geschlossen und nachvollziehbar berichtet wurde, seine Angaben für glaubhaft. Der Angeklagte hat ohne Umschweife Fragen aller Verfahrensbeteiligten beantwortet. Gerade seine plastische Darstellung der Tat, unter Schilderung ergänzender, neuer Details, fügt sich in das Bild einer chaotischen, auch von Gewalt geprägten Beziehung zwischen der Angeklagten … und dem Geschädigten … ein. Die hohe Aussagekonstanz und die Vereinbarkeit mit den objektiven Beweismitteln sprechen ebenfalls für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben.
259
Die Kammer hat hierbei auch berücksichtigt, dass es nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist, weshalb der Angeklagte … mehrfach aus dem Wohnzimmer gegangen ist und er seinerseits die Angeklagte trotz nicht unerheblicher Einwirkungen gegen … mit diesem allein gelassen hat. Dies gibt der Kammer jedoch keinen Anlass, den Wahrheitsgehalt der Angaben des Angeklagten … anzuzweifeln. Denn es war üblich, dass die Angeklagte … körperlich gewalttätig gegenüber … war und dass hierbei anwesende Personen nicht eingegriffen haben. So hat der Zeuge …, ein Bekannter der Angeklagten … und …, glaubhaft angegeben, dass er, wenn es ihm zu viel geworden sei, wie die Angeklagte auf … losgegangen sei, einfach die Wohnung der Angeklagten … verlassen habe. Auch der Zeuge … gab an, dass er sich weggedreht habe, wenn es zwischen der Angeklagten … und … losgegangen sei.
260
Die weiteren Feststellungen der Kammer beruhen auf folgenden Beweismitteln:
(1) Verletzungsfolgen und Todesursache
261
Die festgestellten Verletzungen und die Todesursache ergeben sich aus den Angaben des Sachverständigen …, Institut für Rechtsmedizin …, der der Kammer bei der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder Nr. 75 bis 110 (BWA I Band I Bl. 44-62 d.A.) der Obduktion die Ergebnisse nachvollziehbar erläuterte.
262
… habe Einrisse und Unterblutungen am After, zwei rundliche im Durchmesser knapp über 2 cm haltende Pfählungsverletzungen des Enddarms mit Nachweis eines kräftig blutenden, tunnelartigen ca. 24 cm langen verlaufenden Wundkanals hinter dem Bauchfell nach links oben bis zum Übergang zwischen Zwölffingerdarm und Leerdarm verlaufend, sowie eines ebenfalls kräftig umbluteten, gegabelten Wundkanals mit Durchsetzen der Harnblase und Verlauf in die Bauchhöhle unter Verletzung des Dünndarmgekröses mit einer Länge von ungefähr 13 cm, mehrreihige Rippenserienbrüche und zweifacher Brustbeinquerbruch, ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, ein schweres Rumpftrauma, Hirngewebseinblutungen am Hinterhauptlappen und Hämatome am Oberkörper und am linken Oberarm gehabt. Der Tod sei als Folge eines hochgradigen Blutverlustes nach innen und nach außen infolge der bis in den Hinterbauchraum reichenden Pfählungsverletzung des Enddarms auf gewaltsame Weise eingetreten, wobei der Todeseintritt auch infolge des schweren Schädel-Hirn-Traumas oder des Rumpftraumas mit den beidseits mehrreihigen Rippenserienbrüchen hätte eintreten können.
(2) Beendigung Beziehung und Mitteilung Täterschaft …
263
Die Feststellungen dazu, dass die Angeklagte … unmittelbar nach Erhalt der Nachricht des Angeklagten … am 23.02.2019 um 15:57 Uhr begann, ihre Freunde über den Tod … und die vermeintliche Täterschaft des Angeklagten … zu informieren beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugin … und …. So schilderte die Zeugin … glaubhaft, dass sie gemeinsam am 23.02.2019 mit der Angeklagten … in ihrer Küche gesessen sei. Die Angeklagte … habe gegen Nachmittag eine Nachricht vom Angeklagten … erhalten. Direkt danach habe die Angeklagte … angefangen zu erzählen, dass … tot sei und sie wolle, dass dieser gefunden werde. Der Angeklagte … hätte ihn umgebracht. Auch … schilderte, dass die Angeklagte … am 23.02.2019 unmittelbar äußerte, dass der Angeklagte … umgebracht habe.
264
Hierzu in Einklang stehen die Äußerungen der Angeklagten … über Whats App gegenüber ihren Bekannten … und …, wovon sich die Kammer durch Abspielen der Sprachnachrichten bzw. Verlesen der Textnachrichten bzw. Ansehen der Medien überzeugen konnte.
265
So geht aus dem Chatverlauf der Angeklagten … mit der Zeugin … vom 23.02.2019 ab 16:50 Uhr bis 17:57 Uhr (Chat … BWA III Bl. 101-102,), wovon sich die Kammer durch in Augenscheinnahme der Text- und Sprachnachrichten selbst ein Bild machen konnte, hervor, dass die Angeklagte … der Zeugin … mitteilte, dass es um Mord gehe und der …, haben den … umgebracht“. Sie, die Angeklagte …, könne den Mord nicht mehr decken. Die Zeugin … bestätigte den Inhalt des Chatverlaufs und führte hierzu ergänzend in der Hauptverhandlung aus, dass sie anschließend mit der Angeklagten … telefoniert hätte. Hierbei habe die Angeklagte … wiederholt, dass es um Mord gehe. Die Angaben der Zeugin hinsichtlich des Telefonats werden durch in Augenscheinnahme der Telefonliste der Angeklagten … gestützt (vgl. BWA II Band III Anlagen D3-2, Seite 22).
266
Hierzu korrespondierend ist aus dem Chatverlauf der Angeklagten … mit der Zeugin … beginnend am 22.02.2019 um 21:46 Uhr bis 23.02.2019 13:27 Uhr sowie am 23.02.2019 in der Zeit von 14:29 Uhr bis 14:37 Uhr ersichtlich, dass die Angeklagte … sich zunächst mit der Zeugin … über ihre Wohnsituation austauschte. In der Zeit von 16:38 Uhr bis 16:55 Uhr geht aus dem Chatverlauf hervor, dass die Angeklagte … der Zeugin … dringend etwas schlimmes mitteilen wollte. Dass es sich hierbei um die Tötung des … durch den Angeklagten … handelt, steht fest auf Grund der Angaben der Zeugin …. Diese bestätigte den Chatverlauf zwischen ihnen beiden und gab ergänzend an, dass sie anschließend mit der Angeklagten … telefoniert habe. In diesem Gespräch habe die Angeklagte … behauptet, dass der Angeklagte … den … umgebracht habe. Die Angeklagte … könne nicht länger schweigen. Die Kammer hat sich durch in Augenscheinnahme vom Inhalt der vorgenannten Chatverläufe überzeugen können (vgl. Chat … BWA III Bl. 92-93 22.02.2019 21:46 Uhr bis 23.02.2019 13:27 Uhr; Bl. 94 23.02.2019 14:29 Uhr bis 14:37 Uhr sowie Bl. 94-95 23.02.2019 16:38 Uhr bis 16:55 Uhr).
267
Auch aus der Kommunikation mit … vom 23.02.2019 in der Zeit zwischen 17:40 Uhr bis 17:53 Uhr, wovon sich die Kammer durch in Augenscheinnahme überzeugen konnte (Chat … Bl. 274 23.02.2019 ab 17:40 Uhr bis 17:53 Uhr), ist ersichtlich, dass die Angeklagte … per Sprachnachricht über den Tod des … informierte und den Angeklagten … als vermeintlichen Täter benannte.
268
Die Feststellungen zur Alkoholisierung beruhen auf den Erkenntnissen zum Konsumverhalten der Angeklagten … (S. 19 Punkt b)). Dass dies auch auf den Zeitraum Februar 2019 zutrifft, steht fest auf Grund der Angaben der Zeugen … und …, welche zu dieser Zeit in engem Kontakt zur Angeklagten … standen, worüber beide berichteten. So gaben die Zeugen übereinstimmend an, dass die Angeklagte … viel Alkohol getrunken habe und häufig betrunken gewesen sei. Hierzu in Einklang stehen die Ausführungen des Sachverständigen … zum Konsumverhalten der Angeklagten …. So führte er aus, dass die Angeklagte … ihm geschildert habe, seit längerer Zeit vermehrt Alkohol zu konsumieren und zuletzt bis zu zwei bis drei Flaschen Wodka sowie mehrere Bier pro Tag konsumiert zu haben.
(4.1) Hinsichtlich der Angeklagten …
269
Die Kammer ist weiter aufgrund einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände der Tat und der Angeklagten … davon überzeugt, dass ihr trotz ihrer Alkoholisierung bewusst war, dass durch die Sprünge auf den Brustkorb sowie der festgestellten analen Pfählung des am Boden liegenden Geschädigten … dieser zu Tode kommen könnte. Gleichwohl war es ihr zumindest gleichgültig, ob dieser dadurch ums Leben kommt.
270
Die Kammer ist sich sicher, dass die Angeklagte … den möglichen Tod des … als nicht ganz fernliegend erkannt hat. Diese Überzeugung gründet sich auf der äußerst gefährlichen Gewaltanwendung durch die Angeklagte …. Auch der Angeklagten … war bewusst, dass mehrmalige, beidbeinige Sprünge auf den Brustkorb sowie zweimaliges Zustoßen eines anal eingeführten Regenschirms bis zu 24 cm tief eines am Boden liegenden Menschen besonders gefährlich sind und zum Tod führen können.
271
Die Kammer ist sich bewusst, dass die möglichen medizinischen Folgen derartiger Handlungen im Detail einem medizinischen Laien wie der Angeklagten nicht geläufig sind, dennoch ist die Lebensgefahr bei heftigen Einwirkungen auf den Oberkörper bzw. analer Penetration mit einem Regenschirm eines am Boden liegenden Menschen grundsätzlich jedermann, also auch der Angeklagten, ohne weiteres einsichtig. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass dies auch ihr bewusst war, obwohl sie zum Tatzeitpunkt erheblich alkoholisiert war. Dies fußt zunächst auf den in sich schlüssigen Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen … zu den Auswirkungen ihrer Alkoholisierung bei der Tat. Er erläuterte, dass die Alkoholisierung die Angeklagte … grundsätzlich nicht daran gehindert habe, die Gefährlichkeit ihres Handelns zu erkennen. Die Kammer teilt diese Einschätzung. Die Angeklagte … war trotz ihrer Alkoholisierung unmittelbar vor der Tat in der Lage, in den Supermarkt einkaufen zu gehen und auf dem Hin- und Rückweg mit den Zeugen … und … zu telefonieren. Die Kammer konnte sich zudem durch in Augenscheinnahme der an die Zeugen … und … gerichteten Sprachnachricht vom 16.02.2019 selbst ein Bild davon machen, dass die Angeklagte … durchaus in der Lage war, zusammenhängend und sinnvoll zu kommunizieren. Die Angeklagte war es zudem gewohnt, täglich größere Mengen Alkohol zu konsumieren. Die Kammer hat deswegen keine Zweifel, dass die Angeklagte auch die offensichtliche Gefährlichkeit ihrer Sprünge sowie des Einführens des Regenschirms wahrgenommen hat. Zudem handelt es sich bei dem die Lebensgefahr begründeten Sachverhalt um einen einfachen.
272
Aspekte, welche die vorliegend gegebene hohe und offensichtliche Lebensgefährlichkeit der Gewalthandlung als gewichtiges auf den Tötungsvorsatz hinweisendes Beweisanzeichen in Frage stellen oder relativieren, hat die Kammer nicht feststellen können. Zwar ist die Angeklagte … in der Vergangenheit gegenüber dem Getöteten … wiederholt gewalttätig geworden, ohne dass dieser verstorben ist. Dies gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie sich um die Folgen der Tat für … irgendwelche Gedanken gemacht hat, denn die brutale Ausführungsweise der Tat ist damit nicht ansatzweise vergleichbar. Das wiederholte Einspringen auf den Brustkorb sowie das anschließende anale Einführen des Regenschirms in den am Boden liegenden … unter mehrmaligem Zustoßen bis zu einer Tiefe von 24 cm stellt ein über die bisherigen Gewalttätigkeiten mehr als deutlich hinausgehende Aggression dar.
273
Die Kammer hat weiter berücksichtigt, dass die Angeklagte auf Grund der vermeintlichen Vergewaltigung ihrer Tochter aufgebracht und so alkoholisch enthemmt war, dass deswegen ihre Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt war.
274
Hinweise darauf, dass die Angeklagte … bei der Tatausführung ernsthaft darauf vertraute, der Geschädigte … werde nicht zu Tode kommen, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Dies zeigt ihre Reaktion auf die Einmischung und Unterbindungsversuche des Angeklagten …. So hat sie sich von ihren Gewalthandlungen, ausgelöst durch die angebliche Vergewaltigung ihre Tochter, durch nichts stoppen lassen. Die Angeklagte … hat selbst nach Verbringen des blutenden … in die Badewanne diesen erneut geschlagen. Dies zeigt zur Überzeugung der Kammer, dass ihr mögliche tödliche Folgen vollkommen gleichgültig waren.
(4.2) Hinsichtlich des Angeklagten …
275
Die Kammer ist aufgrund einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände der Tat und des Angeklagten … davon überzeugt, dass ihm bewusst war, dass … auf Grund der vorangegangenen Misshandlungen durch die Angeklagte … schwer verletzt war und Hilfe benötigte. Gleichwohl nahm er in Kauf bzw. war es ihm zumindest gleichgültig, dass er … allein im Bad zurückließ und dieser dadurch zu Schaden kommen könnte. Diesen Schluss zieht die Kammer daraus, dass der Angeklagte … trotz Wahrnehmung der einzelnen Misshandlungen, insbesondere die Sprünge der Angeklagten … auf den Brustkorb von … sowie der analen Pfählung mit einem Regenschirm, des Austretens von Blut aus seinem After und der Tatsache, dass er diesem ins Bad helfen musste, ihn dennoch dort allein zurückließ. Auch die Tatsache, dass der Angeklagte … sich nicht weiter um … kümmerte, belegt, dass ihm völlig gleichgültig war, wie es um … steht und welche Folgen die vorangegangenen Misshandlungen bringen können.
(5.1) Hinsichtlich der Angeklagten …
276
Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit der Angeklagten … beruhen auf den Angaben des Sachverständigen … Psychologe und Psychiater, Leiter der forensischen Klinik des … in ….
277
Nach den Angaben des Sachverständigen stützen sich seine gutachterlichen Ausführungen auf die Akten, die persönliche Exploration und Untersuchung der Angeklagten, sowie den Eindruck von der Angeklagten in der Hauptverhandlung.
278
1. Der Sachverständige … erläuterte, dass seine Ausführungen zur Schuldfähigkeit der Angeklagten … betreffend die Tat im November 2017 für die Tat vom 16.02.2019 entsprechend Geltung hätten und dass sich bei der Angeklagten … zweifelsohne eine Abhängigkeit von Alkohol feststellen lasse (Abhängigkeitssyndrom von Alkohol, ICD-10: F 10.2). Unter Berücksichtigung der langjährig bestehenden Suchtmittelproblematik der Angeklagten … sei davon auszugehen, dass diese auch im Tatzeitpunkt am 16.02.2019 alkoholisiert gewesen sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass im Tatzeitpunkt eine vorübergehende krankhafte seelische Störung im Sinne eines Intoxikationszustandes vorgelegen habe (Punkt g) S. 31).
279
Anhaltspunkte dafür, dass diese von ihren konkreten Auswirkungen auf die Angeklagten zur Tat von einem derartigen Ausmaß gewesen sei, dass ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit aufgehoben gewesen wäre, hätten sich aus medizinischer Sicht nicht ergeben. Es lägen weder Anhaltspunkte vor, dass die Angeklagte … nicht mehr zwischen Recht und Unrecht habe unterscheiden können, noch dass sie durch die Alkoholisierung nicht mehr in der Lage gewesen wäre, nach dieser Einsicht zu handeln. Die Angeklagte sei entsprechend ihren eigenen Angaben, dass sie zwei bis drei Flaschen Wodka sowie mehrere Flaschen Bier am Tag konsumiere, an sehr hohe Intoxikationszustände gewöhnt, ohne dass es hierbei zu Situationsverkennung oder ähnlich gravierenden Zuständen gekommen sei. Dafür, dass die Angeklagte im Tatzeitraum eine größere Menge an Alkohol als sonst konsumiert habe, gibt es keine Anhaltspunkte.
280
Der Sachverständige führte weiter aus, dass zum Tatzeitpunkt aus medizinischer Sicht jedoch die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten … gravierend eingeschränkt gewesen sei. Die Angeklagte sei in einem erheblichen Rauschzustand und dadurch enthemmt gewesen. Hierdurch könne es im Zusammenspiel mit der bei der Angeklagten bestehenden emotionalen Instabilität zu besonders heftigen Auswirkungen kommen, welche die Angeklagte … nur eingeschränkt habe steuern können.
281
Für die Kammer steht fest, dass die Einsichtsfähigkeit der Angeklagten … zum Tatzeitpunkt erhalten war, deren Steuerungsfähigkeit hingegen erheblich eingeschränkt war. Der Sachverständige … ist der Kammer aus zahlreichen Verfahren als sorgfältiger und gewissenhafter Gutachter bekannt. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte an dessen Ausführungen zu zweifeln. Der Sachverständige ist auch von den zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Die Kammer schließt sich den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen vollinhaltlich an. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Angeklagte … zum Tatzeitpunkt trotz ihrer Alkoholisierung noch Recht von Unrecht unterscheiden konnte. Die Angeklagte machte zu keinem Zeitpunkt geltend, dass es zum Tatzeitpunkt zu irgendwelchen gravierenden Ausfällen oder Realitätsverkennungen gekommen sei. Trotz der von ihr geschilderten teilweise hohen Trinkmengen schaffte sie es, mehrfach gezielt auf … einzuwirken und ließ sich auch durch Unterbindungsversuche des Angeklagten … nicht abhalten. Vielmehr schaffte sie es, nachdem der Angeklagte … sie abgedrängt hatte, einen Gürtel zu ergreifen und diesen entsprechend als Schlagwerkzeug gegen … einzusetzen.
282
Für die Kammer steht weiter fest, dass die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten bei der Tat zwar wesentlich beeinträchtigt, nicht jedoch aufgehoben war. Diesen Schluss zieht die Kammer auf Grund der von den Zeugen geschilderten Verhaltensänderung bei Alkoholisierung der Angeklagten, die hierbei, trotz ihrer sonst auch liebevollen Art, aggressiv und gewalttätig wurde und dem situationsgerechten Vorgehen der Angeklagten, die ihre Aggression gezielt gegen … richtete. Ihre Aggression stellt sich als Fortsetzung ihrer Äußerung dar, dass … wegen der vermeintlichen Vergewaltigung ihrer Tochter „bluten müsse“ (vgl. Punkt (3.1) S. 55). Die Angeklagte … ließ sich auch durch Unterbindungsbemühungen des Angeklagten … nicht davon abbringen, weiter auf … einzuwirken. Sie war trotz des vorangegangenen Alkoholkonsums in der Lage, mehrfach auf … einzuwirken und diesen zu misshandeln. Die Kammer schließt daher auch unter Berücksichtigung eines hohen Alkoholisierungsgrades der doch alkoholgewöhnten Angeklagten eine aufgehobene Steuerungsfähigkeit aus.
(5.2) Hinsichtlich des Angeklagten …
283
Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung der Kammer keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass der Angeklagte … zum Tatzeitpunkt Recht von Unrecht nicht mehr unterscheiden konnte oder seine Fähigkeit nach dieser Einsicht zu Handeln aufgehoben oder erheblich vermindert war. Seine eigenen glaubhaften Angaben hinsichtlich seines Konsums von Alkohol und Marihuana am 16.02.2019 legen dies nicht ohne weiteres nahe.
I. Hinsichtlich der Angeklagter …
284
Die Angeklagte … hat sich durch ihr Verhalten zum Nachteil des … beim Vorfall im November 2017 der gefährlichen Körperverletzung (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) sowie beim Vorfall am 16.02.2019 des Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht. Die Taten stehen in Tatmehrheit zueinander, § 53 StGB.
II. Hinsichtlich des Angeklagten …
285
Der Angeklagte … hat sich durch sein Verhalten am 01.01.2019 des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in vier tateinheitlichen Fällen sowie durch sein Verhalten am 16.02.2019 der unterlassenen Hilfeleistung strafbar gemacht (§§ 113 Abs. 1 und 3, 114 Abs. 1 und 3, 185, 194 Abs. 1, 323c, 52, 53 StGB)
I. Hinsichtlich der Angeklagten …
1. Hinsichtlich des Messerstiches im November 2017
286
Die Kammer hat den nach §§ 21, 49 StGB gemilderten Strafrahmen der gefährlichen Körperverletzung angenommen.
(1) Kein minder schwerer Fall
287
Die Kammer hat für die Frage, ob ein minder schwerer Fall nach § 224 Abs. 1 2. Hs StGB vorliegt, eine Gesamtbetrachtung vorgenommen und alle Umstände einbezogen und gewürdigt, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, insbesondere die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Motive, das Tatbild selbst und die die Tat begleitenden Umstände. Die durchzuführende Gesamtbetrachtung ergibt nicht, dass die Tat im Unrechts- und Schuldgehalt wesentlich vom Regeltatbild nach unten abweicht.
288
Die Kammer berücksichtigte dabei im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte:
289
Zugunsten der Angeklagten war zu berücksichtigen, dass sie in ihrer polizeilichen Vernehmung am 13.03.2019 die Tat eingeräumt hat, dass sie in Folge ihres Alkoholkonsums alkoholbedingt enthemmt war und bisher nur wegen geringfügiger Delikte vorbestraft ist.
290
Weiter war zu berücksichtigen, dass der Geschädigte … kein Strafverfolgungsinteresse hatte, dass keine erheblichen Verletzungen aufgetreten sind und dass auch, mit Ausnahme der Narbe, keine Folgeschäden geblieben sind. Zu ihren Gunsten war weiter zu sehen, dass sie aufgrund der Beziehung zu ihren drei Kindern besonders haftempfindlich ist und sie durch den Vollzug der Haftstrafe von wesentlichen Lebensabschnitten ihrer Kinder, auch wenn sich diese vor Inhaftierung nicht bei der Angeklagten aufgehalten haben, ausgeschlossen wird. Ferner war zu Gunsten der Angeklagten … die lange Verfahrensdauer und die damit korrespondierende Untersuchungshaft zu sehen.
291
Zu Lasten der Angeklagten war zu werten, dass sie bereits vorbestraft ist und dass sie durch die teilweise vollstreckte Freiheitsstrafe (BZR Ziffer 3) hafterfahren ist.
292
Bei einer Gesamtbetrachtung all dieser allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte weichen die Tat und die Persönlichkeit der Angeklagten … trotz der für die Angeklagten sprechenden Umstände nicht so stark vom Regelbild ab, als dass allein mit diesen ein minder schwerer Fall vorliegen würde.
293
Auch unter zusätzlicher Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB und ihrer dadurch erheblich verminderten Schuldfähigkeit lag ein minder schwerer Fall nach Überzeugung der Kammer nicht vor.
(2) Milderung nach §§ 21, 49 StGB
294
Die Kammer hat aber von der fakultativen Möglichkeit der Milderung des Strafrahmens nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht, da im Hinblick auf die zur Tatzeit vorherrschende Alkoholintoxikation eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit vorlag.
b) Strafzumessung im engeren Sinne
295
Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer die oben unter (1). aufgeführten, für und gegen die Angeklagte … sprechenden Gesichtspunkte erneut abgewogen und besonders berücksichtigt, dass die Angeklagte erheblich alkoholisiert und dass der Geschädigte … kein Strafverfolgungsinteresse hatte.
296
Die Kammer erachtet eine
Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten
für erforderlich, die tat - und schuldangemessen, aber auch ausreichend ist.
2. Hinsichtlich der Tötung am 16.02.2019
297
Der Strafrahmen ergibt sich aus §§ 212 Abs. 1, 21, 49 StGB.
298
(1) Nach den getroffenen Feststellungen bestehen keine Anhaltspunkte für einen besonders schweren Fall gemäß § 212 Abs. 2 StGB oder einen minder schweren Fall gemäß § 213 StGB. Anhaltspunkte, dass … die Angeklagte … provozierte oder beleidigte sind nicht gegeben. Die Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände, die für die Wertung der Tat und der Angeklagten … bedeutsam sein können, und die Abwägung aller wesentlichen entlastenden und belastenden Faktoren ergibt nicht, dass sich die Tat in einem solchen Grad vom „Normalfall“ eines Totschlags abhebt, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens unangemessen wäre.
299
Hierbei hat die Kammer zugunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie nur mit bedingtem Vorsatz handelte, alkoholbedingt enthemmt war und dass sie bisher nur wegen geringfügiger Delikte vorbestraft ist. Zu ihren Gunsten war weiter zu berücksichtigen, dass sie aufgrund der Beziehung zu ihren drei Kindern besonders haftempfindlich ist. Ferner war zu Gunsten der Angeklagten … die lange Verfahrensdauer und die damit korrespondierende Untersuchungshaft zu sehen.
300
Zu Lasten der Angeklagten ist zu werten, dass sie bereits vorbestraft ist und dass sie durch die teilweise vollstreckte Freiheitsstrafe (BZR Ziffer 3) hafterfahren ist. Weiter geht zu Lasten der Angeklagten die brutale Ausführung der Tat.
301
Bei einer Gesamtbetrachtung weichen die Tat und die Persönlichkeit der Angeklagten … trotz der für die Angeklagten sprechenden Umstände nicht so stark vom Regelbild ab, als dass allein mit diesen ein minder schwerer Fall vorliegen würde.
302
Auch unter zusätzlicher Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB und ihrer dadurch erheblich verminderten Schuldfähigkeit lag ein minder schwerer Fall nach Überzeugung der Kammer nicht vor. Gegen die Annahme eines minderschweren Falles sprach bei Berücksichtigung sämtlicher bereits angeführter Umstände das vorliegend gegebene Tatbild.
303
(2) Die Kammer hat aber von der fakultativen Möglichkeit der Milderung des Strafrahmens nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht, da im Hinblick auf die zur Tatzeit vorherrschende Alkoholintoxikation eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit vorlag.
b) Strafzumessung im engeren Sinne
304
Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer die oben unter (1). aufgeführten, für und gegen die Angeklagte … sprechenden Gesichtspunkte erneut abgewogen und besonders berücksichtigt, dass die Angeklagte erheblich alkoholisiert und dadurch in besonderem Maße enthemmt war.
305
Die Kammer erachtet eine
Freiheitsstrafe von 10 Jahren
für erforderlich, die tat - und schuldangemessen, aber auch ausreichend ist.
306
Bei der gemäß § 54 StGB gebotenen Bildung der Gesamtstrafe aus den zwei Einzelstrafen ging die Kammer von einer Einsatzstrafe von 10 Jahren aus. Die Kammer beachtete bei der gebotenen Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe nochmals alle für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte, berücksichtigte insbesondere, dass die Angeklagte nicht einschlägig vorbestraft ist.
307
Die Kammer bildete unter Berücksichtigung der oben angeführten Kriterien eine
Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Jahren
für erforderlich, die tat - und schuldangemessen, aber auch ausreichend ist.
II. Hinsichtlich des Angeklagten …
1. Hinsichtlich der Tat vom 01.01.2019
308
Die Kammer legt im Hinblick auf den Angeklagten … den Strafrahmen des § 114 Abs. 1 StGB zu Grunde, der gegenüber den ebenfalls mitverwirklichten Straftatbeständen die schwerste Strafe vorsieht, § 52 Abs. 2 S. 1 StGB.
309
Die Kammer hat in Ausübung ihres Ermessens (§§ 21, 49 Abs. 1 StGB) davon abgesehen, den Strafrahmen wegen der nicht ausschließbar alkoholisch bedingten, erheblich verminderten Schuldfähigkeit zu mildern. Die Kammer hat hierbei eine Gesamtbetrachtung vorgenommen und alle Umstände einbezogen und gewürdigt, die für die Wertung der Tat und des Angeklagten … in Betracht kommen, insbesondere die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Motive, das Tatbild selbst sowie die tatbegleitenden Umstände.
310
Die Kammer berücksichtigte bei der Beurteilung im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte:
311
Zu Gunsten des Angeklagten wurde berücksichtigt, dass der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung geständig gezeigt, dabei auch Reue hat erkennen lassen sowie sich im letzten Wort entschuldigt hat. Weiter war zu Gunsten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte infolge seines Alkoholkonsums enthemmt war. Ferner war zu Gunsten des Angeklagten … die lange Verfahrensdauer und die damit korrespondierende Untersuchungshaft zu berücksichtigen.
312
Gegen den Angeklagten war jedoch zu sehen, dass er mehrere Straftatbestände gegenüber mehreren Personen mit einer Handlung erfüllt hat. Zu Lasten war auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte mehrfach vorbestraft ist.
313
Die Kammer hat bei der Gesamtwürdigung sämtlicher bereits angeführter schuldrelevanten Umstände insbesondere berücksichtigt, dass der Angeklagte … sich vor der Tat bei der Silversterfeier in der Wohnung der Angeklagten … selbstverantwortlich stark betrunken hat. Auch wenn keinerlei Anhaltspunkte vorhanden sind, dass der Angeklagte … unter Alkoholeinfluss zu aggressivem Verhalten neigt, war dem Angeklagten dennoch aufgrund der allgemein bekannten, enthemmenden Wirkung von Alkohol die mit einem starken Betrinken einhergehende abstrakte Gefahr für die Begehung von Straftaten bekannt. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass dem Angeklagten zum Tatzeitpunkt auch gegenwärtig war, zu welchen Aggressionen Alkoholkonsum führen kann. Bei der Gesamtabwägung kompensieren daher vorliegend die schulderhöhenden Umstände die mit der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit einhergehende Verringerung des Schuldgehalts der Tat.
b) Strafzumessung im engeren Sinne
314
Unter Berücksichtigung aller oben unter a) aufgeführten für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere unter Berücksichtigung der alkoholbedingten Enthemmung des Angeklagten … hält die Kammer eine
Freiheitsstrafe von 6 Monaten
für erforderlich, die tat - und schuldangemessen, aber auch ausreichend ist.
2. Hinsichtlich der Tat vom 16.02.2019
315
Der Strafrahmen ist § 323c StGB zu entnehmen.
b) Strafzumessung im engeren Sinne
316
Ausgehend von dem genannten Strafrahmen hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass der Angeklagte den Sachverhalt vollumfänglich eingeräumt hat und in seinem letzten Wort auch Reue hat erkennen lassen. Ferner war zu Gunsten des Angeklagten … die lange Verfahrensdauer und die damit korrespondierende Untersuchungshaft zu sehen. Gegen den Angeklagten war jedoch zu sehen, dass er mehrfach vorbestraft ist.
317
Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte hält die Kammer eine Strafe von
elf Monaten Freiheitsstrafe
für erforderlich, die tat - und schuldangemessen, aber auch ausreichend ist.
318
Bei der gemäß § 54 StGB gebotenen Bildung der Gesamtstrafe aus den zwei Einzelstrafen ging die Kammer von einer Einsatzstrafe von 11 Monaten aus. Die Kammer beachtete bei der gebotenen Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe nochmals alle für und gegen den Angeklagten … sprechenden Gesichtspunkte, berücksichtigte insbesondere, dass der Angeklagte vielfach vorbestraft ist.
319
Die Kammer bildete unter Berücksichtigung der oben angeführten Kriterien eine
Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 1 Monat
für erforderlich, die tat - und schuldangemessen, aber auch ausreichend ist.
I. Hinsichtlich der Angeklagten …
320
Die Kammer hat die Unterbringung der Angeklagten … in einer Entziehungsanstalt angeordnet, da sie den Hang hat, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der Tat und dem Alkoholkonsum der Angeklagten besteht und die Gefahr gegeben ist, dass die Angeklagte in der Folge ihres Hangs weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Zudem liegt eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht vor.
321
1. Ein Hang im Sinne des § 64 StGB liegt vor, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muss. „Im Übermaß“ bedeutet, dass der Täter berauschende Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass er sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. (BGH, Beschluss v. 01.10.2019, Az. 2 StR 108/19, Zif. 3, BGH, Beschluss v. 23.10. 2018, Az. 2 StR 359/18 Zif. 3 - jeweils zitiert nach juris).
322
Ein symptomatischer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Tat entweder im Rausch begangen wurde oder auf den Hang des Täters zurückgeht, d.h. ihre Wurzel im übermäßigen Genuss von Rauschmitteln oder in der Gewöhnung daran hat. Die Tat muss Symptomwert für den Hang haben. Das ist schon dann der Fall, wenn der Hang alleine oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (BGH, Beschluss v. 25.05.2011, Az. 4 StR 27/11, Zif. 7; BGH, Beschluss v. 30.09.2003, Az. 4 StR 382/03, Zif. 5 - zitiert nach iuris). Die Tat muss also in dem Hang ihre Wurzel finden und Symptomwert für den Hang des Täters zu Missbrauch von Rauschmitteln haben, indem sich in ihr seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert (BGH, Beschluss v. 09.03.2006, Az. 4 StR 472/05, Zif. 2 - zitiert nach iuris). Sicher feststehen muss dabei, dass die Tat im Rausch begangen wurde oder auf die Rauschmittelabhängigkeit des Täters zurückzuführen ist (Fischer, StGB, 67. Auflage, § 64, RdNr. 14).
323
2. a) Der Sachverständige … führte aus, dass die Angeklagte aus medizinischer Sicht einen Hang habe, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen.
324
Der Sachverständige erläuterte hierzu, dass die Angeklagte … abhängig von Alkohol sei. Der jahrelange Alkoholkonsum der Angeklagten habe zu erheblichen Auswirkungen im privaten Leben geführt. Der Angeklagten seien die Kinder weggenommen worden und sie leide unter körperlich sich auswirkenden Entzugssymptomen. Dies sei zumindest auch ihrem erheblichen Alkoholkonsum geschuldet.
325
b) Der Sachverständige … bejahte aus medizinischer Sicht auch das Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs und die Gefahr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten infolge des Hangs.
326
Der Sachverständige … führte hierzu aus, dass vorliegend die bei beiden Taten zu unterstellende Alkoholisierung eine wesentliche Komponente jeweils bei der Tat gespielt habe. Es sei davon auszugehen, dass die Angeklagte jeweils erheblich alkoholisiert und dadurch enthemmt gewesen sei. Hierdurch könne es im Zusammenspiel mit der bei der Angeklagten bestehenden emotionalen Instabilität zu besonders heftigen Auswirkungen kommen, welche die Angeklagte … nur eingeschränkt habe steuern können, worauf dann jeweils die Tat zurückgeführt werden könne. Es sei jeweils ein symptomatischer. Zusammenhang zwischen der verfahrensgegenständlichen Straftat und der Alkoholproblematik zu bejahen.
327
Der Sachverständige … führte weiter aus, dass bei fortgesetztem Suchtmittelgebrauch von einer Wiederholungsgefahr für ähnlich geartete Straftaten auszugehen sei. Es sei hinreichend belegt, dass die Angeklagte … unter Alkoholeinfluss gewalttätig werde und zu aggressivem Verhalten neige. Aus diesem Grunde bestehe auch die hohe Gefahr weiterer erheblicher gleichartiger rechtswidriger Taten der Angeklagten, die auf diese Alkoholproblematik zurückzuführen seien.
328
Seine Ausführungen träfen sowohl auf die Tat - Messerstich im November 2017 - sowie die Tötung am 16.02.2019 zu.
329
c) Der Sachverständige … erachtete die Erfolgsaussichten aus medizinischer Sicht als hinreichend konkret.
330
Er führte hierzu aus, dass die Angeklagte sich aktuell entsprechend therapiemotiviert und veränderungsbereit zeige. Sie habe den Wunsch nach Abstinenz geäußert. Zwar habe die Angeklagte … eine Therapie, wenn auch ohne Erfolge, bereits durchlaufen. Hieraus lasse sich aber nicht ableiten, dass keine Veränderungsmöglichkeit bestehe. In der Gesamtwürdigung, so der Sachverständige …, sei von einem Überwiegen der positiven Gesichtspunkte auszugehen. Es bestünden daher konkrete Erfolgsaussichten, dass es der Angeklagten gelinge, eine Entwöhnungstherapie erfolgreich zu durchlaufen und anschließend zumindest längere Zeit alkoholfrei zu leben. Auf Grund der Persönlichkeit der Angeklagten und der besonders schwerwiegenden Suchterkrankung sei hierbei von einer Therapiedauer von 24 Monaten auszugehen.
331
3. Die Kammer schließt sich nach eigener kritischer Würdigung auf Grund der von ihr getroffenen Feststellungen den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des Sachverständigen … an. Die Kammer hat bei ihrer Entscheidung in den Blick genommen, dass die Angeklagte … physisch abhängig von Alkohol ist und massiv unter den Auswirkungen des Alkohols leidet, welche insbesondere im privaten Bereich zur Inobhutnahme ihrer Kinder führten. Der Alkoholkonsum führt bei der Angeklagten … zu einer Wesensänderung, insbesondere zu aggressivem Verhalten. Die Angeklagte hat jeweils unter Alkoholeinfluss stehend Tätlichkeiten gegenüber … begangen. Die Kammer hat keinerlei Zweifel, dass die in den Taten jeweils zum Ausdruck gekommene brutale Aggression durch den vorherigen Alkoholkonsum ermöglicht wurde und die Wahrscheinlichkeit für vergleichbare zukünftige Taten ohne entsprechende Behandlung hoch ist. Die Angeklagte hat ihr Einverständnis mit einer Therapie erklärt. Die Therapie verspricht auch hinreichenden Erfolg.
332
4. Die Maßregel ist im Hinblick auf die Schwere der begangenen und die Bedeutung der zu erwartenden Taten verhältnismäßig. Ein Vorwegvollzug war gemäß § 67 StGB anzuordnen. Dieser war auf 3 Jahre und 6 Monate festzusetzen.
II. Hinsichtlich des Angeklagten …
333
Die Unterbringung des Angeklagten … in einer Entziehungsanstalt war nicht anzuordnen, weil die Voraussetzungen des § 64 StGB zur Überzeugung der Kammer nicht vorlagen.
334
Die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat hat ergeben, dass beim Angeklagten kein Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu konsumieren, vorliegt.
335
Der Sachverständige … führte hierzu nachvollziehbar aus, dass beim Angeklagten … weder eine erkennbare psychosoziale Beeinträchtigung, eine gesundheitliche Störung als Folge des Suchtmittelkonsums oder eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistung vorliege, noch eine Abhängigkeitserkrankung gegeben sei. Das vom Angeklagten … geschilderte Konsummuster spreche ganz klar dagegen, da es sich allenfalls um einen gelegentlichen Freizeitkonsum von Alkohol und anderen Produkten handle.
336
Dies deckt sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Die Kammer sieht keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hangs. Keiner der Zeugen wusste über alkohol- oder drogenbedingte Ausfälle oder Leistungseinbußen des Angeklagten … zu berichten. Auch ergaben sich keine Anhaltspunkte über Beeinträchtigungen im sozialen Bereich.
I. Hinsichtlich der Angeklagten …
337
1. Die Staatsanwaltschaft legte der Angeklagten in ihrer Anklageschrift vom 12.09.2019 folgenden weiteren Vorwurf zur Last:
338
Die Angeklagte … soll zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im November oder Dezember 2017, jedenfalls nach dem Messerstich gegen …, im Verlaufe eines Streits mit … ein Messer mit einer Klingenlänge von ungefähr 30 cm aus ihrer Küche an sich genommen haben und gegenüber … geäußert haben, dass sie ihn umbringen werde. … habe versucht, die Angeklagte … mit einem ausgestreckten Arm auf Abstand zu halten. Die Angeklagte soll, als die beiden ungefähr eine Armlänge entfernt gestanden haben, mit dem Messer über dem Kopf ausgeholt und in Richtung des Brustkorbes des … gestochen haben. Entgegen der Absicht der Angeklagten … sei ihr dieses Vorhaben nicht gelungen, sondern … habe den Arm, in dem die Angeklagte … das Messer gehalten habe, fassen und den Stich verhindern können. Sodann habe er der Angeklagten das Messer abnehmen und sie aus der Küche drängen können. Die Angeklagte … soll erkannt haben, dass ihr Vorhaben, den … zu töten, auf Grund der körperlichen Überlegenheit desselben nicht mehr durchführbar gewesen sei und soll deshalb von dem Vorhaben abgelassen haben.
339
2. Von diesem Vorwurf war die Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
340
Es steht nicht mit einer zur Verurteilung erforderlichen Sicherheit fest, dass die Angeklagte tatsächlich mit einem Messer auf … eingestochen hat. Es bestehen diesbezüglich erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen … (vgl. Punkt e) S. 29 ff.). Der Zeuge schilderte den Vorfall in wesentlichen Punkten unterschiedlich. So sei es in einer Version zum Messerstich gekommen, weil er den Alkohol der Angeklagten … weggeschüttet habe. In einer anderen Version sei der Messerstich im Zusammenhang mit dem Thema … erfolgt. Nach dem Messerstich sei die Angeklagte … in einer Version weggerannt und habe um Hilfe gerufen, in seiner anderen Version habe er die Angeklagte … eingesperrt. Auch hinsichtlich seines Verhaltens nach dem vermeintlichen Messerstich schilderte der Zeuge unterschiedliche Darstellungen. So sei er in einer Schilderung gegangen und nur auf Bitten der Angeklagten … später in die Wohnung zurückgekehrt. Ein anderes Mal sei er in der Wohnung geblieben und habe vor lauter Angst kein Auge zu bekommen. In seiner Tatnachstellung, wovon sich die Kammer durch in Augenscheinnahme selbst ein Bild machen konnte („Messerangriff der Angeklagten …“ (Tat Ziffer 2 der Anklage), DVD Bl. 38 Fallakte I), sei er nach dem Messerstich gegangen und ab da sei Schluss gewesen mit der Angeklagten …. Schließlich vermochte der Zeuge auch nicht den Zeitpunkt des vermeintlichen Angriffs einzuordnen.
II. Hinsichtlich des Angeklagten …
341
1. Die Staatsanwaltschaft legte dem Angeklagten in ihrer Anklageschrift vom 12.09.2019 folgenden weiteren Vorwurf zur Last:
342
Es soll zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt am Abend des 07.02.2019 zwischen 22:00 Uhr und 24:00 Uhr zwischen den Angeklagten … und … zu einem Streit gekommen sein. Der Geschädigte … habe versucht diesen Streit zu schlichten und sei dann in ein anderes Zimmer gegangen. Der Angeklagte … soll dem Geschädigten … gefolgt sein und soll diesen sodann mehrfach, mindestens jedoch zweimal, heftig ins Gesicht geschlagen und diesen getreten haben. Hierdurch soll der Geschädigte …, wie es der Angeklagte … beabsichtigt habe, starke Schmerzen, eine leichte Gehirnerschütterung und mehrere Hämatome im Gesichtsbereich erlitten haben. Durch die Schläge sei der Geschädigte … zu Boden gefallen und habe sich den Kopf gestoßen sowie kurzzeitig sein Bewusstsein verloren und habe eine Riss-Quetschwund am Hinterkopf erlitten. Auch dies soll der Angeklagte … zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen haben.
343
2. Die Angeklagte … äußerte sich am 12. Hauptverhandlungstag hierzu dahingehend, dass der Angeklagte … ausgerastet sei und auf sie und … losgegangen wäre.
344
3. Der Angeklagte … war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
345
Es steht nicht mit einer zur Verurteilung erforderlichen Sicherheit fest, dass der Angeklagte … tatsächlich … am 07.02.2019 körperlich misshandelt hat. Der Angeklagte selbst streitet diesen Vorwurf ab. Es bestehen zum einen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage der Angeklagten …. So gab die Angeklagte … gegenüber den zur Anzeigeerstattung gerufenen Polizeibeamten POM … und PHK … am 09.02.2019 an, dass sie von der vermeintlichen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten … und … nichts mitbekommen habe, da sie im Nebenzimmer geschlafen habe. In ihrer Einlassung und ihrer Beschuldigtenvernehmung vom 13.03.2019, worüber die Zeugen KHK’in … und KK’in … berichteten, schilderte die Angeklagte … hingegen, dass sie vom Angeklagten … aus der Wohnung geschickt worden wäre, da er ein „Männergespräch“ habe führen wollen. Im Rahmen der Anzeigenaufnahme am 09.02.2019 habe die Angeklagte … zudem massiv auf … eingewirkt, dass dieser eine Anzeige gegen den Angeklagten … erstatte, worüber die Polizeibeamten POM … und PHK … glaubhaft berichteten.
346
Zum anderen bestehen erhebliche Zweifel hinsichtlich des Zeitpunkts einer etwaigen Körperverletzung des Angeklagten … zum Nachteil …. Zwar gab es in der Nacht vom 07.02.2019 auf den 08.02.2019 einen Polizeieinsatz in der Wohnung der Angeklagten …, weil es dort laut gewesen war, wie der Polizeibeamte … schilderte. Er sei, da zunächst niemand die Tür geöffnet habe, über den Balkon geklettert. Dort habe ihm … die Tür geöffnet und ihn in die Wohnung gelassen. In der Wohnung hätten sich …, der Angeklagte … sowie die Angeklagte … aufgehalten. Der Einsatz sei am 08.02.2019 gegen 02:00 Uhr gewesen. Er habe zu diesem Zeitpunkt keinerlei Verletzungen an … feststellen können, obwohl in der Wohnung Licht gewesen sei und er das Gesicht des … deutlich sehen konnte. Hingegen gab … in seiner Zeugenvernehmung, worüber POM … in der Hauptverhandlung glaubhaft berichtete, an, dass es um 10:00 Uhr Streit gegeben habe, der Angeklagte … ihm gefolgt sei und es darauf hin zu den Misshandlungen ihm gegenüber gekommen sei. Auch wenn unklar bleibt, ob … 22:00 Uhr am Abend oder 10:00 Uhr am Morgen gemeint hat, sind seine Angaben nicht mit den Beobachtungen des Polizeibeamten … in Einklang zu bringen. Denn wäre die Körperverletzung tatsächlich am 07.02.2019 erfolgt, so hätte der Polizeibeamte … bei seinem Einsatz in der Nacht zumindest eine Verletzung im Gesicht des … feststellen müssen.
347
Auch das Verhalten des … selbst ruft Zweifel hervor. So habe dieser, worüber die Polizeibeamten POM … und PHK … glaubhaft berichteten, zunächst eine Anzeige wegen Körperverletzung zum Nachteil des Angeklagten … am 09.02.2019 erstattet. Wie PHM’in … berichtete, habe … seine Anzeige am 12.02.2019 wieder zurückgenommen.
348
Dem Angeklagten … war keine Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft vom 25.02.2019 bis zum 20.07.2020 und die vorläufige Festnahme vom 24.02.2019 bis 25.02.2019 zu gewähren. Die Entschädigung ist gemäß § 5 Abs. 2 StrEG ausgeschlossen, da der Angeklagte die Strafverfolgungsmaßnahme durch seine falschen Angaben bei der Polizei am 24.02.2019 grob fahrlässig verursacht hat.
349
Denn aus dem Haftbefehl ergibt sich, dass der dringende Tatverdacht ganz wesentlich auf den Angaben des Angeklagten … selbst und den Angaben der Angeklagten … beruhten. Ausweislich des Haftbefehls vom … wurden die bis dahin getätigten Äußerungen des Angeklagten … und die sich daraus ergebende Konsequenz, dass die Angeklagte … allein getötet und in den Koffer verpackt haben soll, als sehr unwahrscheinlich eingeschätzt. Mit seinen Angaben im Ermittlungsverfahren handelte der Angeklagte grob fahrlässig, indem er nach objektiven Maßstäben in ungewöhnlichem Maß die Sorgfalt außer Acht ließ, die ein verständiger Mensch in gleicher Lage anwenden würde, um sich vor Schaden durch die Strafverfolgungsmaßnahmen zu schützen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das Ermittlungsverfahren bei wahrheitsgemäßen Angaben einen anderen Verlauf genommen hätte und insbesondere die Angaben der Angeklagten … anders gewürdigt worden wären. Auch wäre es dem Angeklagten … ohne Weiteres zumutbar gewesen, eine für die Angeklagte … belastende Aussage zu machen.
350
Soweit sie verurteilt wurden, haben die Angeklagten die Kosten des Verfahrens und ihre eigenen notwendigen Auslagen sowie die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen §§ 464, 465, 472 StPO. Im Übrigen trägt diese Kosten die Staatskasse, § 467 StPO.