Titel:
Anordnung zur Beseitigung von Mängeln in einer Zahnarztpraxis
Normenketten:
BayVwZVG Art. 31 Abs. 3 S. 3, Art. 38 Abs. 3
VwGO § 43 Abs. 1
Leitsatz:
In einer gegen die Fälligstellung gerichteten Feststellungsklage kommen als selbstständige Rechtsverletzungen iSd Art. 38 Abs. 3 BayVwZVG nur Umstände im Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt nach Art. 31 Abs. 3 S. 3 BayVwZVG in Betracht. (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zahnarztpraxis, Besichtigung, Mängel, Medizinprodukte, Beseitigung, Anordnung, Sofortvollzug, Erledigung, Feststellungsklage, Rechtsverletzung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 03.03.2021 – 22 ZB 20.1685
Fundstelle:
BeckRS 2020, 43397
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger betreibt eine Zahnarztpraxis.
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Am 7. April 2016 hat der Beklagte, vertreten durch die … - … (im Folgenden: …), im Vollzug des Arbeitsschutzgesetzes und des Medizinproduktegesetzes eine Besichtigung der Zahnarztpraxis des Klägers durchgeführt.
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Bei der Besichtigung der Zahnarztpraxis hat das … eine Reihe von Mängeln festgestellt. Mit Schreiben vom 13. April 2016 an den Kläger hat das … die festgestellten Mängel zusammenfassend dargestellt und den Kläger aufgefordert, diese durch geeignete Maßnahmen zu beheben und dem … bis spätestens 30. Juli 2016 mitzuteilen, dass die Maßnahmen durchgeführt worden sind.
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Der Kläger reagierte auf diese Aufforderung mit Schreiben an das … vom 29. Juli 2016 dahingehend, dass aus seiner Sicht die Durchführung einiger der geforderten Maßnahmen im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben und den Herstellerangaben stünden, keine nachvollziehbare gesetzliche Grundlage gegeben sei oder diese den Vorgaben der Zahnärztekammer widersprechen.
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Das … forderte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 10. August 2016 auf, die geforderten Maßnahmen, soweit sie noch nicht durchgeführt seien, durchzuführen und deren Erledigung dem … bis spätestens 30. Oktober 2016 mitzuteilen.
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Der Kläger teilte daraufhin dem … mit Schreiben vom 29. Dezember 2016 mit, er könne die vom … geforderten Maßnahmen bzw. die hierzu erfolgten Ausführungen des … nicht nachvollziehen.
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Mit Bescheid vom 16. Mai 2017, Az. 4537/2016 - A, erließ das … folgenden
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I. Zur Beseitigung der vorgefundenen Mängel wird die unverzügliche Durchführung nachstehender Maßnahmen angeordnet.
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II. Dem … ist bis spätestens 30.06.2017 schriftlich mitzuteilen, welche Maßnahmen Sie zur Umsetzung der einzelnen Anforderungen getroffen haben. Bis zu diesem Termin sind auch die erforderlichen Unterlagen zu übersenden.
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III. Falls Sie die Verpflichtungen nach Nr. I nicht oder nicht vollständig erfüllen, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1500,- Euro fällig.
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IV. Sie haben die Kosten des Verfahrens (Gebühr und Auslagen) zu tragen. Die Gebühr für diesen Bescheid wird auf 600,- Euro festgesetzt. An Auslagen sind 19,11 Euro entstanden.
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Maßnahmen zu Ziffer I.:
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1.1. Anpassen der Gefährdungsbeurteilung
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2. Aufbereitung von Medizinprodukten
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2.1. Einstufung der Medizinprodukte
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Sie haben als verantwortlicher Betreiber die in Ihrer Praxis verwendeten Medizinprodukte entsprechend der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ von 2012 (KRINKO/BfArM Empfehlung von 2012) einzustufen. Anhand der Einstufung ist dann das Verfahren zur Aufbereitung Ihrer Medizinprodukte festzulegen.
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2.2. Aufbereitung von „semikritisch B“ Instrumenten
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Für alle als „semikritisch B“ eingestuften Medizinprodukte sind spezielle für die erhöhten Anforderungen geeignete Verfahren zur Aufbereitung anzuwenden.
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2.3. Aufbereitung von „kritisch B“ Instrumenten
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Alle als „kritisch B“ eingestuften Medizinprodukte sind grundsätzlich mit einem validierten maschinellen Verfahren aufzubereiten.
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3. Strahlenschutz - Röntgen
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Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.
25
Der Bescheid wurde ausweislich des auf ihm angebrachten Postauslaufstempels vom … am 19. Mai 2017 zur Post gegeben.
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Mit Schreiben vom 25. Oktober 2017 an den Kläger stellte das … das in Nr. III des Bescheides vom 16. Mai 2017 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 EUR mit der Begründung fällig, dass der Kläger die ihm mit dem Bescheid vom 16. Mai 2017 auferlegten Verpflichtungen nicht erfüllt habe.
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Am 29. November 2017 führte das … eine weitere Besichtigung der Zahnarztpraxis durch. Auf den hierüber gefertigten Aktenvermerk des … wird Bezug genommen.
28
Mit Schreiben vom 1. Februar 2018 an den Kläger, Az. 478/2018-A, ergänzte das … seinen Bescheid vom 16. Mai 2017 wie folgt:
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„A. Zur Beseitigung der vorgefundenen arbeitsschutzrechtlichen Mängel wird die unverzügliche Durchführung nachstehender Maßnahmen angeordnet.“
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B. Zur Beseitigung der vorgefundenen hygienischen Mängel hinsichtlich der Aufbereitung von Medizinprodukten wird die unverzügliche Durchführung nachstehender Maßnahmen angeordnet.
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1. Sie haben unverzüglich, bis spätestens 28.02.2017 die in Ihrer Praxis verwendeten Medizinprodukte entsprechend der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukte“ von 2012 (KRINKO/BfArM Empfehlung von 2012) einzustufen. Anhand der Einstufung ist dann das Verfahren zur Aufbereitung Ihrer Medizinprodukte festzulegen.
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2. Die Einstufung ist zu dokumentieren und ist dem … unverzüglich, spätestens bis zum 15.03.2018, schriftlich mitzuteilen.
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3. Sie haben unverzüglich alle nach KRINKO/BfArM 2012 eingestuften Medizinprodukte dementsprechend aufzubereiten.
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4. Sie haben unverzüglich, jedoch bis spätestens 30.03.2018 Sorge zu tragen, dass für sämtliche Medizinprodukte, die nach der KRINKO/BfArM 2012 als „kritisch B“ einzuordnen sind, geeignete Ausstattung zur Aufbereitung dieser vorhanden ist.
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5. Der Sofortvollzug der Ziffern 1.-4. wird angeordnet.
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6. Falls Sie den Verpflichtungen nach Ziffer 1.-4. nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, wird ein Zwangsgeld gegen Sie festgesetzt. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes wurde unter Berücksichtigung der Schwere des jeweiligen Verstoßes festgelegt. Danach wurden die Verstöße an sich für schwerwiegender befunden und folglich mit einem höheren Zwangsgeld angesetzt als die Vorlagepflicht bei uns.
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Diese beträgt für die Nichterfüllung der Verpflichtung nach
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C. Zur Beseitigung der vorgefundenen strahlenschutzrechtlichen Mängel wird die unverzügliche Durchführung nachstehender Maßnahmen angeordnet.
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Sie haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gebühr beträgt 900,- €, an Auslagen sind 14,61 € angefallen.
45
Auf die Begründung des Schreibens wird Bezug genommen.
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Das Schreiben wurde ausweislich des auf ihm angebrachten Postauslaufstempels am 2. Februar 2018 zur Post gegeben.
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Der Kläger hat mit Schreiben vom 23. Februar 2018, eingegangen bei Gericht per Fernkopie am 23. Februar 2018, gegen das Schreiben des … vom 1. Februar 2018 unter dem Az. Au 5 K 18.289 Klage erhoben.
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Er hat mit Schreiben vom 20. Juni 2018 im Verfahren Au 5 K 18.289 beantragt, den Bescheid des … vom 1. Februar 2018 aufzuheben.
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Zur Begründung des Klageantrages hat der Kläger in dem Schreiben vom 20. Juni 2018 im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid sei unklar bzw. unbestimmt und in Bezug auf den Bescheid vom 16. Mai 2017 teilweise widersprüchlich.
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Soweit der Bescheid vom 1. Februar 2018 den Bescheid vom 16. Mai 2017 ergänze, sei für den Kläger nicht klar, bzw. nicht nachvollziehbar, welche Regelungen in welchem Bescheid nun gelten würden. So regele beispielsweise der Bescheid vom 16. Mai 2017 unter Nr. 1, dass die vorhandene Gefährdungsbeurteilung und die daraus resultierenden Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und anzupassen seien. Im Bescheid vom 1. Februar 2018 werde der Kläger aufgefordert, die Gefährdungsbeurteilung bis 28. Februar 2018 zu überarbeiten, eine Kopie an die Mitarbeiter auszuhändigen, sich den Empfang bestätigen zu lassen und eine Kopie der Gefährdungsbeurteilung bis zum 15. März 2018 an das … zu übersenden. Auch in den übrigen Fällen sei nicht klar, ob bezüglich der einzelnen Maßnahmen nunmehr die Regelung im Bescheid vom 16. Mai 2017 oder die im Bescheid vom 1. Februar 2018 gelte. Es handle sich teilweise um ähnliche, nicht aber gleichlautende Formulierungen zum gleichen Regelungsgegenstand. Da die Neuregelungen die ursprünglichen Regelungen jedoch nicht ersetzten, sondern lediglich ergänzten, sei es für den Kläger nicht eindeutig erkennbar, was nun konkret vom … gefordert werde.
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Hinsichtlich der Auflage B des angefochtenen Bescheides werde festgestellt, dass die unter B. 1. gesetzte Frist bis 28. Februar 2017 bereits vor Bekanntgabe des Bescheides abgelaufen gewesen sei. Der Kläger bezweifle, ob die herangezogene KRINKO-Empfehlung vorliegend tatsächlich Geltung beanspruchen könne, da sie nicht unter Mitwirkung fachkundiger Zahnärzte zustande gekommen sei. Darüber hinaus werde in der Einleitung der KRINKO-Empfehlung festgestellt, dass diese eine entsprechende Empfehlung aus dem Jahr 2001 ersetze, sodass sogar fraglich sei, ob durch diese die „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde“ aus dem Jahr 2006 ersetzt worden sei oder ob diese formal weiterhin gültig sei. Beide Versionen unterschieden sich insbesondere hinsichtlich der Frage, ab wann die validierte maschinelle Aufbereitung von Medizinprodukten zwingend vorgeschrieben sei. Die KRINKO-Empfehlung 2006 sehe dies bei Medizinprodukten für chirurgische Eingriffe mit speicheldichtem Verschluss vor, die KRINKO-Empfehlung 2002 dagegen für Medizinprodukte zur Anwendung von Blut, Blutprodukten oder anderen sterilen Arzneimitteln, sterilen Medizinprodukten oder Medizinprodukten, die bestimmungsgemäß die Haut oder Schleimhaut durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut bzw. anderen inneren Geweben oder Organen kommen. Je nach dem entstehe ein enormer Mehraufwand. In der dem Beklagten vom Kläger vorgelegten aktuellen Auflistung der Medizinprodukte sei kein Produkt enthalten, das „kritisch B“ eingestuft worden sei. In einer veralteten Fassung seien genau zwei dieser Produkte fehlerhaft als „kritisch B“ gelistet worden, ein Mehrwegsauger und eine Ultraschallspitze. Die Behörde sei auf diesen Fehler hingewiesen worden und habe ihn korrigiert. Die Produkte seien richtig gelabelt (Ultraschallspitze) bzw. durch Einwegartikel ersetzt worden (Sauger). Es werde bestritten, dass nach der KRINKO-Empfehlung als „kritisch B“ eingestufte Produkte vom Kläger anders bewertet würden. Die KRINKO-Empfehlung nehme nämlich da keine Einstufung vor. So sei dort beispielsweise nur ein Instrument, nämlich ein Trokar gelistet. Wer sich die Funktionsweise eines Trokars betrachte, stelle fest, dass die Nutzung dieses Instrumentes in der Zahnmedizin ausscheide und auch keine ähnlichen Instrumente verwandt würden. Die KRINKO-Empfehlung gebe lediglich Empfehlungen für die Einstufung. Die Einstufung selbst unterliege dem Anwender. Es gelte für die Einstufung entsprechend der Empfehlung auf Seite 1247 der KRINKO-Empfehlung, dass Medizinprodukte zur Anwendung von Blut, Blutproben oder anderen sterilen Arzneimitteln/sterilen Medizinprodukten und Medizinprodukten, die bestimmungsgemäß die Haut oder Schleimhaut durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut bzw. anderen inneren Geweben oder Organen zur Anwendung kommen einschließlich Wunden, als kritische Medizinprodukte. Bei den vom Beklagten angenommenen Eingriffen finde gerade keine bestimmungsgemäße Haut- oder Schleimhautdurchdringung statt. Es würden auch nicht Blut, Blutprodukte oder sterile Medizinprodukte angewandt. Bei der Wurzelkanalbehandlung würden zugelassene, aber eben nicht sterile Medizinprodukte temporär oder auch dauerhaft im Zahn verankert. Das bedeute, dass nicht einmal die Zulassungsbehörden für die Medizinprodukte eine Behandlung erkennen würden, die eine Einstufung nach „kritisch B“ rechtfertigen würde. Die wenigen bestimmungsgemäß schleimhautdurchdringenden Eingriffe, die in der Praxis des Klägers stattfänden, seien die Eröffnung von Abszessen und die Verabreichung von Injektionen zur Schmerzausschaltung. Diese Eingriffe erfolgten ausschließlich mit Einmalartikeln (Kanüle und Nadel, Skalpell) bzw. mit Instrumenten, die als „kritisch A“ eingestuft würden (Raspartorium).
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Das … hat in seinem Schreiben vom 3. Juli 2018 hierzu wie folgt Stellung genommen.
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Bei der in der Auflage B. des angefochtenen Bescheides festgesetzten Frist vom 28. Februar 2017 handle es sich um einen Schreibfehler, soweit offensichtlich als Frist der 28. Februar 2018 gemeint war. Nach § 8 Abs. 1 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) sei die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet sei und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet sei. Nach Abs. 2 der Vorschrift werde eine ordnungsgemäße Aufbereitung vermutet, wenn die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet werde. Auf die RKI-Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ könne hingegen nicht abgestellt werden können, da die Medizinprodukte-Betreiberverordnung gerade nicht auf diese Empfehlung Bezug nehme. Auch in der aktuell vorgelegten Einstufung seien entgegen den Angaben des Klägers weiterhin die Ansätze für Ultraschall und der Absaugansatz als „kritisch B“ eingestuft. Auch hier treffe es zwar zu, dass die Einstufung in der Verantwortung des Anwenders liege. Hierbei seien jedoch die Definitionen der KRINKO-Empfehlung zu beachten. Übertragungsinstrumente für chirurgische, parodontologische und endodontologische Behandlungen seien daher regelmäßig in die Kategorie „kritisch B“ einzustufen. Medizinprodukte der Gruppe „kritisch B“ seien laut der KRINKO-Empfehlung insbesondere solche Medizinprodukte, bei denen die Effektivität der Reinigung nicht durch Inspektion unmittelbar beurteilt sei (z.B. wegen langer, enger, insbesondere endständiger Lumina, Hohlräumen mit nur einer Öffnung, komplexer, rauer oder schlecht zugänglicher und daher schlecht zu reinigender Oberflächen). Die in der Einstufungsliste des Klägers als „kritisch A“ eingestuften Instrumente wie z.B. Bohrer, Fräser, Kerrbohrer und Feilen, Rosenbohrer, Linnemannbohrer seien daher wegen der rauen und extrem schwierig zu reinigenden Oberfläche als „kritisch B“ einzustufen. Zwischenzeitlich lägen dem … über die vom Kläger abgerechneten Behandlungen entsprechend dem Schreiben des Klägers vom 19. Juni 2018 weitere Unterlagen vor. Danach wurden entgegen den Behauptungen des Klägers, dass nur wenige hautdurchdringende Behandlungen durchgeführt würden, eine Vielzahl chirurgischer, parodontologischer oder endodontologischer Behandlungen abgerechnet, sodass der Verdacht bestehe, dass vorsätzlich die Gesundheit von Patienten durch nicht ordnungsgemäß aufbereitete Medizinprodukte gefährdet werde.
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Mit Schreiben vom 16. Juli 2018 an den Kläger stellte das … das in B. 6. des Beschei des vom 1. Februar 2018 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR wegen Nichterfüllung der Anordnung in B. 2. des Bescheides vom 1. Februar 2018 fällig. Die vom Kläger am 15. März 2018 vorgelegte Einstufung der Medizinprodukte entspreche weiterhin nicht den Einstufungskriterien der KRINKO-Empfehlungen beim Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (KRINKO/BfArM-Empfehlung von 2012). Damit habe der Kläger die Auflage B. 2. des Bescheides vom 1. Februar 2018 nicht erfüllt.
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Gegen die Feststellung des Zwangsgeldes hat der Kläger mit Schreiben vom 7. August 2018, eingegangen bei Gericht per Fernkopie am 7. August 2018, unter dem Az. Au 5 K 18.1361 Klage erhoben und beantragt,
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festzustellen, dass das in B. 2. und 6. des Bescheides des Beklagten vom 1. Februar 2018 angedrohte und mit Schreiben vom 16. Juli 2018 fällig gestellte Zwangsgeld nicht fällig geworden ist.
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Der Kläger hat den Klageantrag mit Schreiben vom 7. August 2018 wie folgt begründet.
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Zu der Auflage B im angefochtenen Bescheid sei festzustellen, dass sich zugegebenermaßen in der Auflistung des Klägers bei zwei Instrumenten ein Fehler eingeschlichen habe und diese Instrumente fälschlicherweise als „kritisch B“ deklariert worden seien. Dieser Fehler sei in der aktuellen Überarbeitung behoben worden. Ungeachtet dessen habe der Kläger bereits zuvor deutlich gemacht, dass die Einstufung fehlerhaft erfolgt sei. Die Einstufung „kritisch B“ setze die bestimmungsgemäße Durchdringung der Schleimhaut, eine sterile/keimarme Anwendung und erhöhte Anforderungen an die Aufbereitung voraus. Diese finde aber mit den genannten Instrumenten und im Rahmen der genannten Eingriffe nicht statt und bzw. oder die Instrumente hätten keine Lumina. Ein endotontologischer Eingriff orthograd durchgeführt sei nicht schleimhautdurchdringend und werde nicht steril oder keimarm durchgeführt, retrograde Wurzelkanalbehandlungen würden ebenso wie parodontologische Eingriffe im geschlossenen Vorgehen (schleimhautdurchdringend) in der Praxis des Klägers nicht durchgeführt. Ein Rosenbohrer sei nicht „kritisch B“, er komme nicht steril in Verwendung. Ebenso sei das bei anderen Bohrern und Fräsern der Fall, diese würden alle unsteril gelagert, was seitens des … unbeanstandet geblieben sei. Der Kläger verfüge zudem nur über außengekühlte, nicht innengekühlte Bohrer. Diese hätten keine Lumina. Zum anderen seien gerade diese Bohrer aufgrund der geringen Größe maschinell nicht sicher aufbereitbar, da der Spüldruck in den Behältnissen aufgrund deren geringer Gitterweite regelmäßig nicht ausreiche. Wenn ein chirurgischer Eingriff mit einem Hebel oder einem Scaler durchgeführt werde, seien diese Instrumente dennoch nur „kritisch A“ einzustufen. In der Zahnmedizin sei es zudem nicht zwingend, dass chirurgische Eingriffe schleimhautdurchdringend seien. Der Kläger richte sich bei seinen Eingriffen nach Einschätzung der Bundeszahnärztekammer und überweise konsequent alle Eingriffe, die unter sterilen Kautelen nach „kritisch B“ einzustufen seien. Hierzu werde auf die Einstufung der Bundesärztekammer (Stand: 3/2018 S. 7) sowie der deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene verwiesen. Darin würden zahlreiche Instrumente anders als von dem … eingestuft.
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Das … hat zu den Ausführungen des Klägers im Schreiben vom 7. August 2018 mit Schreiben vom 20. August 2018 wie folgt Stellung genommen.
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Im Hinblick auf die Auflage B. des angefochtenen Bescheides bestätige der vom Kläger zitierte Hygieneleitfaden der Bundeszahnärztekammer keinesfalls, dass die in der Praxis des Klägers durchgeführten Behandlungen keine als „kritisch B“ eingestuften Instrumente erforderten. Beispielsweise würden Instrumente für die Wurzelspitzenresektion oder die Osteotomie eines impaktierten Zahnes darin als „kritisch B“ eingestuft. Diese Behandlungen würden laut Abrechnungsunterlagen laut Kläger durchgeführt. Eine Einhaltung der Empfehlungen der Bundeszahnärztekammer beinhalte darüber hinaus nach der Medizinprodukte-Betreiberverordnung kein Kriterium für eine ordnungsgemäße Aufbereitung. Der zitierte Hygienetipp der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene aus dem Jahr 2015 beinhalte eine beispielhafte Auflistung und Klassifizierung von Medizinprodukten. Unter den aufgeführten Medizinprodukten befinde sich jedoch keines, das im zahnärztlichen Bereich verwendet werde. Inwiefern die Auflistung danach für die Einstufung von zahnärztlichen Instrumenten von Bedeutung sein könne, erschließe sich nicht. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass auch in der Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut über Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene aus dem Jahr 2005, an der sich der Kläger nach seinen Angaben orientiert habe, rotierende oder oszillierende Instrumente sowie Übertragungsinstrumente für chirurgische, parodontologische oder endodontische Maßnahmen als „kritisch B“ eingestuft würden.
61
Am 21. März 2019 fand die mündliche Verhandlung in den Verfahren Au 5 K 18.289 und Au 5 K 18.1361 statt, in der eine Reihe streitgegenständlicher Punkte geklärt werden konnten. Das … hat in der mündlichen Verhandlung zugesichert, dass aus Ziffer B. 1 bis 4 des Bescheides vom 1. Februar 2018 keine weitere Zwangsvollstreckung bis zum bestandskräftigen Abschluss des Verfahrens Au 5 K 18.1361 erfolgt.
62
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung das Verfahren Au 5 K 18.289 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 25. März 2019 hat das Gericht das Verfahren Au 5 K 18.289 eingestellt.
63
Am 5. Juni 2019 hat die Kammer im Verfahren Au 5 K 18.1361 folgenden Beweisbeschluss erlassen:
64
Es ist Beweis zu erheben zu der Frage, ob der Kläger als verantwortlicher Betreiber einer Zahnarztpraxis in seiner Zahnarztpraxis Behandlungen durchführt bzw. durchführen lässt, die die Verwendung von Medizinprodukten erforderlich macht, die entsprechend der „Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut - Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene, veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 4/2006“ und der „Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10/2012“ eine Einstufung und Aufbereitung sowie deren Dokumentation entsprechend den o.g. Empfehlungen erfordern.
65
Für den Fall, dass der Kläger Behandlungen in dem un ter I. genannten Umfang durchführt bzw. durchführen lässt, ist Beweis zu erheben zu der Frage, wie die verwendeten Medizinprodukte entsprechend den unter I. genannten Empfehlungen einzustufen sind und wie deren Aufbereitung und die Dokumentation entsprechend den o.g. Empfehlungen zu erfolgen hat,
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durch Einholung eines fachärztlichen Gutachtens durch …
67
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2019 wurde das Verfahren Au 5 K 18.1361 statistisch für erledigt erklärt.
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Das zu dem Beweisbeschluss erstellte Gutachten vom 26. Januar 2020 wurde dem Gericht mit Schreiben vom 26. Januar 2020 übersandt.
69
Das statistisch erledigte Verfahren wurde unter dem Az. Au 5 K 20.804 fortgesetzt.
70
Das Gutachten wurde an die Beteiligten weitergeleitet und um Stellungnahme bis 15. März 2020 gebeten.
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Das … führte mit Schreiben vom 11. März 2020 aus, das Gutachten bestätige, dass das in Ziffer B. Nr. 2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 angedrohte Zwangsgeld fällig geworden sei. Die vom Kläger am 15. März 2018 vorgelegte Einstufung der Medizinprodukte entspreche nicht den Einstufungskriterien der Empfehlung der KRINKO und des BfArM. Auf Seite 40 des Gutachtens werde festgestellt, dass der Kläger für die laut BEMA (Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen) Nr. 56c von ihm im ersten Quartal 2017 abgerechnete Zysten-Operation - Systektomie mit Osteotomie - ein chirurgisches Handstück mit chirurgischen Fräsen benötige, die als kritisch B einzustufen sind und eine maschinelle Aufbereitung erfordern. In der vom Kläger am 15. März 2018 eingereichten Einstufung würden jedoch chirurgische Fräsen als kritisch A eingestuft (Bl. 191 der Akte des …). Chirurgische Handstücke seien in der Einstufungsliste nicht aufgeführt. Für die abgerechnete BEMA-Nr. 45, die Entfernung eines tieffrakturierten Zahnes, die BEMA-Nr. 47a, eine Zahnentfernung durch Osteotomie und die BEMA-Nr. 48, die Entfernung eines verlagerten Zahnes durch Osteotomie einschließlich Wundversorgung, seien vom Gutachter auf Seite 39 des Gutachtens zwar keine ausdrücklichen Aussagen getroffen worden. Es sei jedoch offensichtlich, dass auch hier chirurgische Fräsen und Handstücke benötigt würden, die ebenfalls als kritisch B einzustufen seien. Für die vom Kläger abgerechnete BEMA-Nr. 28, die Exstirpation der vitalen Pulpa, seien nach den Feststellungen auf Seite 37 des Gutachtens die Wurzelkanalinstrumente dann als kritisch B einzustufen, wenn die Effektivität der Reinigung durch Inspektion nicht unmittelbar beurteilbar sei, ein erhöhter Aufwand bei der technischfunktionellen Prüfung erforderlich sei oder deren Anwendung oder Aufbereitungszyklen auf eine bestimmte Anzahl begrenzt seien. Eine optische Kontrolle der filigranen Wurzelkanalinstrumente sei, zumindest ohne optische Vergrößerungshilfen, nicht möglich. Diese seien aber nach der Stellungnahme des Klägers zur Forderung nach einer Lichtlupe auf Bl. 13 der Akte des … in der Praxis nicht vorhanden, so dass auch die Wurzelkanalinstrumente als kritisch B einzustufen seien. In der Einstufung des Klägers, Bl. 191 der Akte des …, werde die Exstirpationsnadel jedoch als kritisch A eingestuft. Hierzu werde angemerkt, dass bei Zweifeln an der Einstufung laut Nr. 1.2.1 der KRINKO das Medizinprodukt der höheren, kritischeren Risikostufe zuzuordnen sei.
72
Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 20. April 2020 dahingehend, das Gutachten bestätige, dass der Kläger eine zutreffende Einstufung der Medizinprodukte vorgenommen habe. Der Gutachter habe sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die vom Kläger vorgenommene Einstufung der von ihm tatsächlich in der Praxis verwendeten Instrumente den Vorgaben der KRINKO entspreche, was nach Auffassung des Klägers der Fall sei. Das Gutachten beantworte nicht die im Rahmen des Beweisbeschlusses gestellte Frage. So habe der Gutachter für den Fall, dass der Kläger zahnärztliche Behandlungen durchführe, zu der Frage Stellung nehmen sollen, wie die verwendeten Medizinprodukte entsprechend der KRINKO einzustufen seien und wie deren Aufbereitung und Dokumentation entsprechend den oben genannten Empfehlungen zu erfolgen habe. Der Gutachter beschränke sich jedoch darauf, anhand der abgerechneten Leistungen auf die Art der für die Behandlung verwendeten Instrumente zu schließen. Sofern sich aus der Auflistung der BEMA-Nrn. nicht eindeutig ersehen lasse, mit welchen Instrumenten die Behandlung konkret durchgeführt worden sei, wäre eine Nachfrage beim Kläger hinsichtlich der tatsächlich von ihm verwendeten Instrumente erforderlich gewesen. So finde sich auf Seite 40 des Gutachtens zu der BEMA-Nr. 56c die erwähnte Zysten-Operation. Hierzu würden vom Gutachter Instrumente für eine komplizierte Zystektomie beschrieben. Die erwähnten Instrumente seien in der Praxis des Klägers überhaupt nicht vorhanden, seien von diesem daher auch nicht in Bezug auf deren Aufbereitung eingestuft worden. Die Instrumente, die vom Kläger benutzt würden und auch in dessen Aufstellung geführt würden, würden vom Gutachter nicht aufgeführt. Aus den aufgeführten BEMA-Nrn. lasse sich daher gerade nicht der Schluss auf die Verwendung bestimmter Instrumente ziehen. Aus diesem Grund könne zwar der Rückschluss auf die Einstufung dieser - nicht verwendeten - Instrumente zutreffend sein, führe jedoch nicht zu einer Beantwortung der gestellten Beweisfrage. Sofern die Beklagte in ihrem Schreiben vom 11. März 2020 von weiteren, angeblich als kritisch B einzustufenden Instrumenten ausgehe, treffe sie ebenfalls nur Mutmaßungen über die Art der verwendeten Instrumente. Exemplarisch sei seitens des Klägers festzustellen, dass das vom Kläger bei der Vitalextirpation verwendete Instrument ein Einweginstrument sei. Dies sei in den Arbeitsanweisungen auch so hinterlegt. Eine Aufbereitung für Einweginstrumente gebe es naturgemäß nicht. Es sei daher festzustellen, dass sich aus dem vorliegenden Gutachten weder ergebe, dass der Kläger Instrumente verwende, die als kritisch B einzustufen seien, noch, dass die von ihm vorgenommene Risikobewertung und Einstufung bezüglich der Aufbereitung unzutreffend sei.
73
Am 14. Mai 2020 fand die mündliche Verhandlung vor Gericht statt.
74
Ergänzend wird auf die vorgelegten Akten, die Gerichtsakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2020 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die nach § 43 Abs. 1 VwGO erhobene Feststellungsklage ist zulässig, aber nicht begründet.
76
Die Fälligstellung des in B.6.2 des Bescheides des … vom 1. Februar 2018 angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,00 EUR wegen Nichterfüllung der Anordnung in 8.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 ist zu Recht erfolgt.
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Wird die Pflicht zu einer Handlung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt, so kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen nach Art. 31 Abs. 1 BayVwZVG zur Erfüllung anhalten. Das Zwangsgeld ist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG schriftlich anzudrohen. Hierbei ist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Die Androhung des Zwangsgeldes kann nach Art. 36 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung aufgegeben wird. Sie soll nach Art. 36 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG mit ihm verbunden werden, wenn der sofortige Vollzug angeordnet ist oder wenn dem Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der Betrag des Zwangsgeldes ist nach Art. 36 Abs. 5 BayVwZVG in bestimmter Höhe anzudrohen.
78
Wird die Verpflichtung nach Art. 31 Abs. 1 BayVwZVG nicht bis zum Ablauf der gesetzten Frist des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG erfüllt, wird die Zwangsgeldforderung nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 BayVwZVG fällig.
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Die Beklagte hat die in B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 getroffenen Anordnung in B.5 des Bescheides vom 1. Februar 2018 für sofort vollziehbar erklärt. Die in 8.6.2 erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung in B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 ist bereits nach Art. 21a BayVwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Damit war die in B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 getroffene Anordnung zum Zeitpunkt der Fälligstellung in der des Zwangsgeldes am 16. Juli 2018 sofort vollziehbar. Die Erklärung des mündlichen Verhandlung vom 21. März 2019, dass aus B.1 bis B.4 des Bescheides vom 1. Februar 2018 keine „weitere“ Zwangsvollstreckung bis zum bestandskräftigen Abschluss des Verfahrens Au 5 K 18.1361 (nunmehr Au 5 K 20.804) erfolge, lässt die bereits erfolgte streitgegenständliche Fälligstellung des Zwangsgeldes unberührt.
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In einer gegen die Fälligstellung gerichteten Feststellungsklage kommen als selbstständige Rechtsverletzungen i.S.d. Art. 38 Abs. 3 BayVwZVG nur Umstände im Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 BayVwZVG in Betracht. Von Bedeutung ist nur die Frage, ob der Kläger die sofort vollziehbare Anordnung rechtzeitig und vollständig erfüllt hat.
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Auf der Grundlage der dem Gericht vorgelegten Akten, des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 26. Januar 2020 und der in der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2020 gewonnenen Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass der Kläger gegen die sofort vollziehbare Anordnung in B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 verstoßen hat und das in B.6.2 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR zur Zahlung fällig geworden ist.
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Nach B.1 des Bescheides vom 1. Februar 2018 hat der Kläger bis spätestens 28. Februar 2017 die in seiner Praxis verwendeten Medizinprodukte entsprechend der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ von 2012 (KRINKO/BfArM Empfehlung von 2012) einzustufen und anhand der Einstufung das Verfahren zur Aufbereitung der Medizinprodukte festzulegen. Die Einstufung ist nach B.2 zu dokumentieren und dem … unverzüglich, spätestens bis 15. März 2018, schriftlich mitzuteilen.
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Auf Seite 40 des Gutachtens vom 6. Januar 2020 wird unter der BEMA-Nr. 56c festgestellt, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum in seiner Praxis eine Zysten-Operation - Zystektomie mit Osteotomie bzw. WSR durchgeführt hat. Für diesen Eingriff werden nach den Feststellungen des Gutachters ein chirurgisches Handstück mit chirurgischen Fräsen benötigt und die benötigten Instrumente sind nach den Feststellungen des Gutachters als kritisch B einzustufen. Für die Aufbereitung des als kritisch B eingestuften Handstückes ist nach dem Gutachten ein validitiertes Verfahren im RDG anschließend Verfahren 5: Sterilisation im Dampfsterilisator (verpackt) - Verfahren 1.1 - oder ein Verfahren im RDG, bei dem nur die Reinigung validierbar ist, anschließend Verfahren 5: Sterilisation im Dampfsterilisator (verpackt) - Verfahren 1.2 - erforderlich. Der Kläger hat in seiner dem … am 15. März 2018 vorgelegten Einstufung auf Bl. 191 der Akte des … Fräsen zur chirurgischen Behandlung dagegen als kritisch A eingestuft und dementsprechend auch dokumentiert und dem … schriftlich mitgeteilt. Es haben sich für das Gericht keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger entgegen der Feststellung auf S. 40 des Gutachtens unter der BEMA-Nr. 56c die dort erwähnte Zysten-Operation - Zystektomie mit Osteotomie bzw. WSR nicht durchgeführt hat. Es haben sich weiter keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die insoweit eindeutig formulierte Feststellung des Gutachters, dass für die Durchführung des Eingriffs ein chirurgisches Handstück mit chirurgischen Fräsen benötigt wird, das als kritisch B einzustufen ist, nicht zutreffend ist. Der erforderlichen Einstufung der benötigten chirurgischen Fräse als kritisch B und der Verpflichtung zu einer entsprechenden Mitteilung der Einstufung an das … ist der Kläger danach nicht nachgekommen, soweit er in seiner dem … am 15. März 2018 vorgelegten Einstufung chirurgische Fräsen auf Bl. 191 der Akte des … lediglich als kritisch A eingestuft hat. Damit ist hinreichend belegt, dass der Kläger jedenfalls bei der unter der BEMA-Nr. 56c aufgeführten Behandlung gegen die in B.2. des Bescheids vom 1. Februar 2018 angeordnete Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Einstufung und Dokumentation der von ihm verwendeten Medizinprodukte gemäß B.1 des Bescheides vom 1. Februar 2018 verstoßen hat. Soweit der Kläger dem entgegenhält, die unter der BEMA-Nr. 56c für die Durchführung des Eingriffs vom Gutachter für erforderlich gehaltenen Instrumente chirurgisches Handstück mit chirurgischen Fräsen seien in seiner Praxis gar nicht vorhanden und könnten daher auch nicht eingestuft werden, überzeugt das nicht, da der Kläger in seiner dem … am 15. März 2018 vorgelegten Einstufung Fräsen zur chirurgischen Behandlung ausdrücklich erwähnt und diese entgegen der vom Gutachter vorgenommenen Einstufung als kritisch B als lediglich kritisch A einstuft. Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, das Gutachten lasse keine Rückschlüsse darauf zu, welche Instrumente der Kläger verwende und wie diese einzustufen seien, trägt das jedenfalls in Bezug auf die BEMA-Nr. 56c nicht. Aus den Feststellungen auf S. 40 des Gutachtens ergibt sich zweifelsfrei die fachliche Notwendigkeit der Verwendung der dort aufgeführten Instrumente für den beschriebenen Eingriff. Die bloße Behauptung des Klägers, er verwende solche Instrumente nicht und diese würden für den Eingriff auch nicht benötigt, reichen nicht aus, um durchgreifende Zweifel an den Feststellungen des Gutachters zu begründen. Gleiches gilt für die vom Gutachter vorgenommene Einstufung der Instrumente als kritisch B.
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Damit steht aber jedenfalls in Bezug auf die unter der BEMA-Nr. 56c beschriebene Zysten-Operation - Zystektomie mit Osteotomie bzw. WSR fest, dass der Kläger in Bezug auf diesen Eingriff gegen B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 verstoßen hat.
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Bereits aufgrund dieses einmaligen Verstoßes ist damit das angedrohte Zwangsgeld fällig geworden.
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Ungeachtet dessen ist davon auszugehen, dass der Kläger auch unter der BEMANr. 28 gegen B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 verstoßen hat, soweit dort festgestellt wird, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum eine Exstirpation der vitalen Pulpa durchgeführt hat, für die laut S. 37 des Gutachtens Wurzelkanalinstrumente benötigt werden, die als kritisch A bzw. kritisch B einzustufen sind, wobei laut Gutachter gemäß dem Musterhygieneplan der BZÄK die Einstufung dieser Instrumente in die Risikogruppe kritisch B erforderlich ist, wenn die Effektivität der Reinigung durch Inspektion nicht unmittelbar beurteilbar ist. Davon ist vorliegend auszugehen, da der Kläger auf Bl. 13 der Akte des … angegeben hat, dass er in seiner Praxis nicht über eine Lichtlupe zur Inspektion verfüge. Im Zweifel hätten danach die für den Eingriff erforderlichen Wurzelkanalinstrumente als kritisch B eingestuft werden müssen. Das hat der Kläger auf Bl. 155 der Akten des … aber gerade nicht getan, soweit er die Exstirpationsnadel als kritisch A eingestuft hat. Soweit der Kläger dem entgegenhält, er habe für diesen Eingriff ein Einweginstrument verwendet, steht das der Feststellung des Gutachters, dass für den Eingriff Wurzelkanalinstrumente benötigt werden, die jedenfalls vorliegend als kritisch B einzustufen sind, weil die Effektivität der Reinigung nicht durch Inspektion unmittelbar beurteilbar ist, nicht entgegen.
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Ob darüber hinaus durch den Gutachter auf S. 39 des Gutachtens unter den BEMANrn. 45, 47a und 48 weitere Verstöße des Klägers gegen die Anordnung unter B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 dokumentiert sind, kann letztlich dahingestellt bleiben.
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Das in B.6.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 angedrohte Zwangsgeld wird nämlich bereits durch einen einmaligen Verstoß gegen die Anordnung in B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 fällig. Die Höhe des Zwangsgeldes ist auch bei einem lediglich einmaligen Verstoß angemessen. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR und soll nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Das Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR bewegt sich damit am unteren Rand des gesetzlich vorgesehenen Rahmens und ist auch hinsichtlich seiner Höhe nicht unverhältnismäßig.
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Zusammenfassend ist danach festzustellen, dass das in B.6.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung in B.2 des Bescheides vom 1. Februar 2018 angedrohte Zwangsgeld fällig geworden ist und mit dem Schreiben vom 16. Juli 2018 geltend gemacht werden konnte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO, § 711 ZPO.