Titel:
Unzulässige Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen Münchener Mietspiegel 2017
Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2, § 43 Abs. 1
BGB § 558d
ZPO § 292
BayVwVfG Art. 35 S. 1, S. 2
Leitsätze:
Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines qualifizierten Mietspiegels nach § 558d BGB ist unzulässig. Effektiver Rechtsschutz besteht vor den Zivilgerichten. (Rn. 25, 29 und 33)
Der Münchener Mietspiegel 2017 stellt mangels unmittelbarer Regelungswirkung nach außen keinen Verwaltungsakt iSd Art. 35 S. 1 BayVwVfG oder eine Allgemeinverfügung nach Art. 35 S. 2 BayVwVfG dar. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Feststellungsklage, Qualifizierter Mietspiegel, Keine Klagebefugnis, qualifizierter Mietspiegel, Münchener Mietspiegel, Klagebefugnis
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 03.02.2022 – 4 ZB 21.966
Fundstelle:
BeckRS 2020, 43372
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger, ein eingetragener Verein zur Interessensvertretung der Haus- und Grundbesitzer in … und selbst Vermieter eines Mehrfamilienhauses in …, begehrt die Feststellung, dass es sich bei dem Münchener Mietspiegel 2017 nicht um einen qualifizierten Mietspiegel i.S.v. § 558d Abs. 1 BGB handelt.
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Der Stadtrat der Beklagten beschloss am 1. Juli 2015, für das Jahr 2017 einen neuen Mietspiegel aufzustellen. Die Beklagte erstellt diesen alle zwei Jahre neu und nutzt unter normalen Umständen nicht die Möglichkeit, einen Mietspiegel einmalig fortzuschreiben (§ 558d Abs. 2 BGB). Mit der Datenerhebung wurde die T-GmbH (nunmehr: K-GmbH) beauftragt, mit der Datenanalyse mittels Regressionsanalyse das Institut für Statistik der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU). Die Datenerhebung wurde zum Stichmonat Januar 2016 durchgeführt
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Laut § 6 der Haushaltsbefragungssatzung Mietspiegel 2017 vom 16. Dezember 2015 dürfen die erhobenen Daten nur vom Auftragnehmer zur wissenschaftlichen Auswertung im Rahmen des erteilten Auftrags zur Mietspiegelerstellung und in anonymisierter Form für Forschungszwecke genutzt, in anonymisierter Form an die Beklagte zur Mitwirkung bei der Erstellung des Mietspiegels weitergegeben sowie in anonymisierter Form an das für Mietsachen zuständige Amts- oder Landgericht sowie an gerichtlich bestellte Sachverständige im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung des Mietspiegels weitergegeben werden. Eine sonstige Verwendung oder Weitergabe der zur Erstellung des Mietspiegels ermittelten Daten ist für alle Beteiligten unzulässig, § 6 Satz 3 der Satzung.
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Mit Beschluss vom 15. März 2017 hat der Stadtrat der Beklagten den Mietspiegel 2017 als qualifizierten Mietspiegel anerkannt.
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Der Kläger führte gegen die Beklagte einen Rechtsstreit um die Herausgabe von Datensätzen der Mieterbefragung für den Mietspiegel 2017. Das Bayerische Verwaltungsgericht München wies die Klage ab. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verpflichtet die Beklagte mit Urteil vom 13. Mai 2019 - 4 B 18.1515 - zur Herausgabe des Datensatzes über die nicht mietspiegelrelevanten Wohnungen sowie zur Herausgabe des erweiterten Datensatzes betreffend die ausgewerteten Hauptinterviews in gekürzter Form (Nettokaltmiete pro Quadratmeter und Stadtteilbezirk).
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Mit Schriftsatz vom … Februar 2018, bei Gericht am 6. März 2018 eingegangen, hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben.
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Zur Begründung führt er aus, dass die gesetzlichen Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB an die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen nicht erfüllt seien. Es werde bestritten, dass die Datenbasis gesetzeskonform ermittelt und zugrunde gelegt und dass das Ergebnis vollständig, verfahrensfehlerfrei, in der Sache vertretbar und willkürfrei erarbeitet worden sei.
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Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Die inzidente Kontrolle durch die Zivilgerichte stehe der Öffnung des Verwaltungsrechtswegs nicht entgegen. Als Beispiel sei auf die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen verwiesen. Auch diese könne inzident durch die Arbeitsgerichte geprüft werden. Dennoch sei - vor der Zuweisung ausschließlich an die Arbeitsgerichte - eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit angenommen worden. In § 558c Abs. 4 Satz 1 BGB werde die Mietspielgelerstellung als kommunale Aufgabe verankert. In der Erstellung und Anerkennung eines qualifizierten Mietspiegels liege schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln. Das streitbefangene Anerkenntnis der Gemeinde habe öffentlich-rechtlichen Charakter und beeinträchtige den Rechtskreis der Mieter und Vermieter.
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Eine Feststellungsklage sei statthaft. Ein qualifizierter Mietspiegel enthalte eine statistisch aufbereitete Sammlung von Vergleichsmieten sowie Elemente eines Sachverständigengutachtens in Gestalt der Bewertung von Tatsachen. Er entspreche damit einer Auskunft, die neben der zusammenfassenden Mitteilung von Einzeltatsachen noch gutachterliche Äußerungen beinhalte. Wenn die Gemeinde tätig werde, handele ein Hoheitsträger und zwar zumindest mit mittelbarer Außenwirkung. Ein Mietspiegel entfalte mittelbar aus den Tatbestandsvoraussetzungen gesetzlicher Vorschriften Rechtswirkungen. Es müsse bei jeder Mieterhöhung auf den qualifizierten Mietspiegel Bezug genommen werden (§ 558a Abs. 3 BGB) und durch die Mietpreisbremse (§ 556d BGB) werde die zulässige Miethöhe bei Vertragsschluss an die ortsübliche Vergleichsmiete gebunden, wie sie durch den qualifizierten Mietspiegel wiedergegeben werde. Durch die Bestimmungen zur zwingenden Mitteilungspflicht aus § 558a Abs. 3 BGB, der widerleglichen Vermutung des § 558d Abs. 3 BGB und zum Bußgeldverfahren nach § 5 WiStrG werde die Orientierung an den Wert des Mietspiegels im privaten Rechtsverkehr faktisch erzwungen, es entstünden deutlich weiterreichende Rechtsfolgen als bei einer bloßen Erstellung eines einfachen Mietspiegels. Durch die Wirkungen begebe er sich in die Nähe des Normerlasses. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne eine Feststellungsklage auch dann zulässig sein, wenn mangels administrativen Vollzugs kein konkretes Rechtsverhältnis zwischen Normanwender und Normadressaten begründet werde, die Rechtsbeeinträchtigung aber bereits unmittelbar durch die Norm bewirkt werde und effektiver Rechtsschutz nur im Verhältnis zwischen Normgeber und Normadressaten gewährt werden könne (sogenannte atypische Feststellungsklage). Rechtsschutz sei daher jedenfalls über die Feststellungsklage zu gewähren. Das Anerkenntnis beziehe sich sowohl auf das Verfahren der Erstellung als auch auf die Richtigkeit der konkreten Wertangaben des Mietspiegels. Insgesamt müsse sich das Anerkenntnis auf das beziehen, was die Vermutungsregelung des § 558d Abs. 3 BGB tatsächlich leiste. Durch die Mietpreisbremse, die ausdrücklich Bezug auf die gesetzliche Definition der ortsüblichen Vergleichsmieten nehme, würden im Rückforderungsprozess des neuen Mieters nach § 556g BGB die gleichen Kriterien gelten wie im Mieterhöhungsverfahren des Altmieters. Diese Wirkungen eines qualifizierten Mietspiegels seien der Gemeinde zuzurechnen, denn sie intendiere die Folgen ihrer Willenserklärung gerade auch in dieser Intensität. Hinreichend verdichtet sei das Rechtsverhältnis gegenüber demjenigen, dessen konkrete Rechtsposition als Mieter oder Vermieter von den Wirkungen des gemeindlich als qualifiziert anerkannten Mietspiegels erreicht werde. Da der Mietspiegel naturgemäß aus Daten über konkrete Wohnungen in der Gemeinde generiert worden sei, sei der Kreis der erfassten Mietwohnungen bestimmbar und überschaubar.
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Der Kläger sei klagebefugt, da er sich als Vermieter auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen könne. Zwar würden die Rechte des Vermieters auf die ortsübliche Vergleichsmiete nicht unmittelbar durch die Verwaltungshandlung, sondern erst durch ein davon beeinflusstes Verhalten der Mieter (Verweigerung der Zustimmung zur Mieterhöhung etc.) beeinträchtigt. Die Eigentumsfreiheit werde aber durch die gemeindliche Anerkennung eines Mietspiegels als qualifiziert mittelbar-faktisch beeinträchtigt. Der Kläger sei als Vermieter bei Neuvermietungen und Mieterhöhungen an die Werte des Mietspiegels gebunden, die deutlich unter den tatsächlich gezahlten ortsüblichen Mieten liegen würden. Dass eine Mietpreisbindung Art. 14 Abs. 1 GG verletze, wenn die zulässige Miete das Niveau der Kostenmiete unterschreite und auf Dauer zu Verlusten für den Vermieter und zur Substanzgefährdung der Mietsache führe, sei in der Rechtsprechung anerkannt.
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Nach § 558d Abs. 3 BGB greife im Rechtsstreit über ein Mieterhöhungsverlangen die Vermutungswirkung eines qualifizierten Mietspiegels ein. Voraussetzung hierfür sei die gerichtliche Feststellung, dass ein solcher Mietspiegel vorliege. Es müsse für die Mietparteien überprüfbar sein, ob es sich um einen ordnungsgemäß erstellten und anerkannten qualifizierten Mietspiegel handele. Die zivilgerichtliche Inzidenzprüfung werde durch ein verwaltungsgerichtliches Feststellungsurteil gegen die Gemeinde zwar nicht entbehrlich, denn ohne Beiladung der anderen Mietpartei entfalte das Urteil keine Bindungswirkung. Vielmehr seien die Tatsachen der Erstellung des Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen sowie die Anerkennung durch die Gemeinde oder Interessenvertreter der Mieter und der Vermieter im Zivilprozess aufs Neue zu prüfen. Jedoch bestehe ein schutzwürdiges Interesse an der verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage, weil die Inzidenzprüfung des Mietspiegels zu spät komme. Es bleibe dem Vermieter andernfalls nur der Weg in gegebenenfalls etliche zivilgerichtliche Streitverfahren, die die Gefahr sich widersprechender Ergebnisse bergen würden und auch nicht zur Befriedigung des Mietverhältnisses beitragen könnten. Zudem sei die Prüfung des qualifizierten Mietspiegels im Zivilprozess des Vermieters gegen einen Mieter auf Zustimmung zur Mieterhöhung durch das konkrete Mietverhältnis begrenzt, im Verwaltungsprozess könne der Vermieter mit allen seinen Wohnungen argumentieren. Zwar unterliege der qualifizierte Mietspiegel der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung. Jedoch setze die zivilgerichtliche Inzidenzprüfung ein substantiiertes Bestreiten voraus. Informationen, die sich aus einer Dokumentation zur Erstellung des Mietspiegels ergäben, könnten nicht mit Nichtwissen bestritten werden. Substantiierter Sachvortrag im Zivilprozess sei allerdings schwer möglich, wenn die bestreitende Partei keine Informationen über die Richtigkeit und Vollständigkeit des dem Mietspiegel zu Grunde liegenden Datenmaterials habe. Auch wenn ein Urteil des Verwaltungsgerichts keine Bindungswirkung entfaltete, sei die Klage zum Verwaltungsgericht angesichts der verfassungsmäßig verankerten Bindung der Beklagten an Recht und Gesetz nicht nutzlos und überflüssig, weil von der Beklagten die Respektierung von Gerichtsurteilen auch ohne dahinterstehenden Vollstreckungsdruck zu erwarten sei. Dies gelte erst recht, wenn substantielle Einwendungen gegen den Mietspiegel auch auf die Rechtsverordnung über das Vorliegen eines angespannten Marktes durchschlagen würden. Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sei zudem der Rechtsweg gegen die öffentliche Gewalt eröffnet. Es stelle die grundrechtliche Garantie auf den Kopf, wenn unmittelbar auf das Verwaltungshandeln bezogener verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz unter Verweis auf eine mittelbare zivilgerichtliche Prüfung für besonders rechtfertigungsbedürftig erklärt werde. Schließlich bestehe die Gefahr sich widersprechender Gerichtsentscheidungen nicht, weil für das Anerkenntnis eines kommunalen Mietspiegels stets dasselbe Verwaltungsgericht zuständig sei.
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Der Zulässigkeit der Feststellungsklage stehe schließlich auch nicht deren allgemeine Subsidiarität nach § 43 Abs. 2 VwGO entgegen, die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts wohl rechtswegübergreifend gelte. Vor diesem Hintergrund könnten die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Berlin zu einer Verordnung nach § 556d Abs. 2 BGB nicht überzeugen. Ein Rechtssatz, der die Überprüfung der Wirksamkeit einer Mietpreisbegrenzungsverordnung allein und ausschließlich den Zivilgerichten zuweise, sei nicht ersichtlich. Soweit auch das Bundesverfassungsgericht auf die Beschreitung des Zivilrechtswegs verwiesen habe, habe es damit wohl nicht per se eine verwaltungsgerichtliche Kontrollmöglichkeit ausschließen, sondern klarstellen wollen, dass die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde dazu zwinge, alle in Betracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, auch eine inzidente Überprüfung in einem Mietprozess.
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Die Klage sei auch begründet. Insbesondere sei die Dokumentation über die Datenerhebung und -auswahl äußerst lückenhaft und unzureichend, zudem fänden sich widersprüchliche Aussagen. Die Grundmietwerte laut Tabelle seien gegenüber dem Mietspiegel 2015 für mehr als die Hälfte der Wohnungen gesunken. Zudem stünden die Zu- und Abschläge in erheblichem Widerspruch zu den Verhältnissen auf den Wohnungsmarkt. Darüber hinaus wurden weitere Ausführungen zur Begründetheit gemacht, mit Schriftsatz vom … September 2019 vertiefte der Kläger seine Einwendungen gegen die Datenerhebung.
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Der Kläger hat beantragt,
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festzustellen, dass es sich bei dem von der Beklagten aufgestellten Mietspiegel für München 2017 nicht um einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne des § 558d BGB handelt.
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Die Beklagte hat beantragt,
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Sie führt im Wesentlichen aus, die Klage sei unzulässig. Der Bundesgerichtshof habe klargestellt, dass die Auslegung eines Mietspiegels der uneingeschränkten zivilgerichtlichen Nachprüfung unterliege. Nach überwiegender Auffassung sei geklärt, dass es Aufgabe der Zivilgerichte sei, die sachliche Überprüfung qualifizierter Mietspiegel vorzunehmen. Der Mietspiegel stelle kein Rechtsverhältnis dar, dessen Bestehen oder Nichtbestehen Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Feststellung sein könne. Der vorliegende Klageantrag betreffe weder die Bedeutung oder Tragweite einer Vorschrift des öffentlichen Rechts noch einen konkreten Sachverhalt. Ein kommunaler Mietspiegel begründe keine konkreten Rechtsbeziehungen mit Blick auf einen bereits überschaubaren Sachverhalt. Er enthalte abstrakt-generelle Angaben der ortsüblichen Vergleichsmieten für allgemein umschriebene Kategorien von Wohnungen. Bei der Aufstellung von Mietspiegeln handele es sich zwar um eine der öffentlichen Verwaltung zugewiesene Aufgabe. Die Wahrnehmung sei jedoch nur eine schlicht-verwaltende Tätigkeit ohne bindende Außenwirkung. Der Mietspiegel sei weder ein Verwaltungsakt noch eine Allgemeinverfügung und auch keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Zwar komme dem qualifizierten Mietspiegel eine Vermutungswirkung zu, diese sei jedoch nach § 292 ZPO widerlegbar. Damit habe ein qualifizierter Mietspiegel zwar eine weitergehende rechtliche Wirkung, die Auswirkungen hätten im Hinblick auf die Widerlegbarkeit jedoch keinen zwingenden regelnden Charakter. Die Beurteilung angeblicher Mängel in der Dokumentation und vorgebliche inhaltliche Ungereimtheiten des Mietspiegels sowie die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmieten obliege den Zivilgerichten. Es fehle dem Kläger auch die Klagebefugnis, die Vorschriften über die Aufstellung von Mietspiegeln dienten nicht dazu, Rechte der Vermieter zu schützen. Ein dahingehender Wille des Gesetzgebers, auch im Hinblick auf einen gleichsam verdoppelten Rechtsschutz, könnten im Zweifel nicht unterstellt werden. Eine abstrakte verwaltungsgerichtliche Kontrolle kommunaler Mietspiegel sei gesetzlich nicht vorgesehen. Ein Feststellungsurteil des Verwaltungsgerichts hätte keine Bindungswirkung für einen Prozess über die Miethöhe. Ein solcher doppelter Rechtsschutz sei nicht sinnvoll. Aufgrund der fehlenden Einbindung der Mieter und der Zivilgerichte in die Rechtskraftwirkung würde ein verwaltungsgerichtliches Urteil von vornherein auch das eigentliche Rechtsschutzziel verfehlen, die Gültigkeit des Mietspiegels für alle verbindlich zu klären. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet, der Mietspiegel entspreche den gesetzlichen Vorschriften.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2020 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage auf Feststellung, dass es sich beim Münchener Mietspiegel 2017 nicht um einen qualifizierten Mietspiegel i.S.d. § 558d Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - handelt, ist unzulässig.
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Nach § 43 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
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1. Die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes kommt hier von vornherein nicht in Betracht. Der Mietspiegel stellt mangels unmittelbarer Regelungswirkung nach außen keinen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG - oder eine Allgemeinverfügung nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG dar; gleiches gilt hinsichtlich des Anerkenntnisses der Beklagten, dass der Mietspiegel ein qualifizierter Mietspiegel ist (vgl. eingehend: Brünig, NZM 2003, 921 <926>).
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2. Die Klage ist indes auch nicht nach § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig.
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a) Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19/94 - NJW 1996, 2046; U.v. 28.1.2010 - 8 C 19/09 - NVwZ 2010, 1300 Rn. 24 m.w.N.). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig” sein (BVerwG BVerwG, U.v. 13.10.1971 - VI C 57.66 38, 346 - Buchholz 232 § 123 BBG Nr. 8 m.w.N.; BVerwG, U.v. 30.5.1985 - 3 C 53.84 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 13). Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt (BVerwG, U.v. 23.01.1992 - 3 C 50/89 - NVwZ 1993, 64). Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden (BVerwG, U.v. 28.1.2010, a.a.O.). Dies gilt auch für Klagebegehren, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit, der Unwirksamkeit, Nichtigkeit etc. eines bestimmten Verwaltungshandelns abzielen, wie sich schon aus dem Umkehrschluss zu § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zeigt. Hierbei geht es um die rechtliche Qualifikation, d.h. um Eigenschaften von Verwaltungsmaßnahmen, die für sich genommen kein Rechtsverhältnis darstellen und als solche nicht Gegenstand der Feststellungsklage sein können (Möstl in: BeckOK VwGO, 56. Ed. 1.10.2020, § 43 Rn. 4; Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 43 Rn. 35; Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 43 Rn. 16 m.w.N.).
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Ausgehend davon begehrt der Kläger mit seinem ausdrücklich gestellten Klageantrag schon nicht die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses. Die so zur Entscheidung gestellte Frage, ob der von der Beklagten aufgestellte Mietspiegel ein qualifizierter Mietspiegel i.S.d. § 558d Abs. 1 BGB ist, zielt auf die rechtliche Qualifikation des Verwaltungshandlens als solche ab, die für sich genommen kein Rechtsverhältnis darstellt. Die Gültigkeit eines kommunalen Mietspiegels insgesamt kann zudem mangels hinreichender Konkretisierung des streitigen Anwendungsbereichs nicht zum Gegenstand einer nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaften Feststellungsklage gemacht werden. Ein kommunaler Mietspiegel begründet noch keine konkreten Rechtsbeziehungen mit Blick auf einen bereits überschaubaren Sachverhalt. Er enthält - insoweit einer Verwaltungsvorschrift vergleichbar - abstrakt generelle Angaben der ortsüblichen Vergleichsmieten allgemein umschriebener Kategorien von Wohnungen. Das steht einer Feststellung seiner Unwirksamkeit jedenfalls durch eine allgemeine Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht insgesamt ebenso wie einer Feststellung der Ungültigkeit von Verwaltungsvorschriften nach § 43 Abs. 1 VwGO entgegen (BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19/94 - NJW 1996, 2046 <2047>).
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b) Bei Auslegung des klägerischen Begehrens (§ 88 VwGO) anhand der Klagebegründung begehrt der Kläger jedoch im Ergebnis die Feststellung, dass die Beklagte nicht befugt gewesen ist, den Mietspiegel wegen der als fehlerhaft angesehenen Erstellung als qualifiziert anzuerkennen, mithin eine entsprechende Willenserklärung abzugeben, bzw. die Feststellung, dass er infolge der Anerkennung durch die Beklagte nicht verpflichtet ist, die an das Bestehen eines qualifizierten Mietspiegels knüpfenden mietrechtlichen Folgen zu tragen (vgl. zu einer solchen Auslegung Happ a.a.O.; ebenso BVerwG, U.v. 28.1.2010 - 8 C 19/09 - NVwZ 2010, 1300 Rn. 26).
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aa) So verstanden kann sich allerdings allein mit Blick auf das im Eigentum des Klägers stehende und mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück überhaupt ein mögliches Rechtsverhältnis zur Beklagten ergeben (BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19/94 - NJW 1996, 2046 <2049>; ebenso wohl BayVGH, U.v. 14.6.1994 - 24 B 93.3620 - juris Rn. 23). Nur in Bezug auf die vermieteten oder zu vermietenden Wohnungen des Klägers werden diesem durch das Bestehen eines als qualifiziert anerkannten Mietspiegels von Gesetzes wegen Pflichten auferlegt.
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bb) Es fehlt der Klage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedoch bereits am Rechtsschutzbedürfnis, weil der Mietspiegel 2017 mangels Fortschreibung (§ 558d Abs. 2 BGB) durch die Neuerstellung des Mietspiegels 2019 überholt ist und daher bereits keinen qualifizierten Mietspiegel mehr darstellt. Auch unter dem Aspekt der nachträglichen Feststellungsklage ist kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich. Der Kläger hat weder geltend gemacht, dass er mit Blick auf den Mietspiegel 2017 einer bestehenden oder konkret drohenden Streitigkeit um die Miethöhe - sei es im Rahmen der Mieterhöhung oder der Neuvermietung - ausgesetzt ist. Die in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene, lediglich abstrakte Möglichkeit, dass einer seiner Mieter eine Rückforderung überzahlter Miete nach § 556g Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§ 812 ff. BGB geltend machen könnte, geht fehl, weil die Mieterschutzverordnung vom 10. November 2015 (GVBl. S. 398, BayRS 400-6-J) unwirksam war (LG München I, U.v. 6.12.2017 - 14 S 10058/17 - juris) und daher die Voraussetzungen für die Begrenzung der höchstzulässigen Miete bei Vermietungsbeginn nach § 556d Abs. 1 BGB während der Geltungsdauer des Mietspiegels 2017 nicht vorlagen.
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cc) Aber auch ungeachtet dessen ist die Klage unzulässig. Dem Kläger fehlt die Klagebefugnis. Ein Rechtsschutzbegehren ist ohne Rücksicht auf die Klageart nur dann zulässig, wenn es sich auf Rechte stützt, die gerade dem Kläger zustehen können (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19/94 - NJW 1996, 2046 <2048> m.w.N.; U.v. 27. 5. 2009 - 8 C 10/08 - NVwZ 2009, 1305 <1306>). Zwar ist das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung nicht gleichbedeutend mit einem “rechtlichen Interesse“, sondern schließt darüber hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art, ein. Daraus folgt indessen nicht, dass jeder in diesem Sinne Interessierte auch ohne eigene Rechtsbetroffenheit Feststellungsklage erheben kann. Auf diese Klage ist vielmehr - wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. BVerwG, U.v. 6.2.1986 - 5 C 40/84 - juris; U.v. 26.1.1996 - 8 C 19/94 - NJW 1996, 2046 <2048> m.w.N.; U.v. 10.7.2001 - 1 C 35/00 - NVwZ 2001, 1396 <1396>; U.v. 27. 5. 2009 - 8 C 10/08 - NVwZ 2009, 1305 <1306>) - die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden. Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) sind nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, in seinen Rechten verletzt zu sein, entweder, weil er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist oder weil von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte abhängen (vgl. BVerwG, Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 106 S. 66 (68) und BVerwG, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 69 S. 9 (24)).
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Die Vorschriften über die Aufstellung, Veröffentlichung und Verwendbarkeit von Mietspiegeln begründen keine die Rechtsverfolgung vor den Verwaltungsgerichten ermöglichenden subjektiv-öffentlichen Rechte von Vermietern, die bereits ohne solche Rechte angemessen geschützt sind. Der Mietspiegel zeitigt nur als Tatbestandsvoraussetzung mietrechtlicher Vorschriften, soweit diese auf die ortsübliche Vergleichsmiete abstellen, Wirkungen. Nur im Rahmen dieser Vorschriften über das Zustimmungsverfahren zur Mieterhöhung (§ 558 ff. BGB) und bei der maximalen Wiedervermietungshöhe (§ 556d BGB) kommt ihm nach § 558d Abs. 3 BGB eine Vermutungswirkung zu (vgl. statt aller Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, MietR, 14. Aufl. 2019, § 558d BGB Rn. 92). Darüber hinaus sind Mietspiegel in Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz - WiStrG - von Bedeutung, ebenso bei der Fehlbelegungsabgabe. In diesen Fällen sind sie aber lediglich Teil der freien richterlichen Überzeugungsbildung ohne jede Vermutungswirkung (Börstinghaus a.a.O.). Seine im Unterschied zum einfachen Mietspiegel weitergehenden Wirkungen erschöpfen sich daher in der zwischen den privatrechtlichen Mietvertragsparteien vereinbarten Mietzinsabrede. Für Streitigkeiten über den Mietzins sind nach § 23 Nr. 2 Buchst. a) Gerichtsverfassungsgesetz indes die Amtsgerichte ausschließlich erstinstanzlich zuständig. Im Rahmen der konkreten mietrechtlichen Streitigkeit kann und muss ein Mietspiegel überprüft werden, sowohl was die Einhaltung der anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze als Grundvoraussetzung für die Vermutungswirkung angeht (BGH, U.v. 21.11.2012 - VIII ZR 46/12 - NJW 2013, 775; U.v. 6.11.2013 - VIII ZR 346/12 - NJW 2014, 292) als auch im Hinblick auf die jeweilige Auslegung des Mietspiegels (BGH, U.v. 4.5.2011 - VIII ZR 227/10 - BeckRS 2011, 15961). Erst, wenn die Vermutungsgrundlagen, für deren Vorliegen diejenige Partei darlegungs- und beweispflichtig ist, die sich auf den Mietspiegel beruft, feststehen, greift die - dann nur noch schwer zu widerlegende - Vermutungswirkung nach § 558d Abs. 3 BGB i.V.m. § 292 Zivilprozessordnung - ZPO - (Börstinghaus a.a.O, Rn. 95 ff.).
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Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass er ein erhebliches Interesse daran haben kann, einen qualifizierten Mietspiegel, dessen Angaben der ortsüblichen Vergleichsmieten er für fehlerhaft zu niedrig hält, bereits vor Mieterhöhungsverlangen bzw. Neuvermietung und zivilgerichtlichen Auseinandersetzungen darüber zu Fall zu bringen. Die Nachteile eines die Möglichkeiten der Rechtsverteidigung gleichsam verdoppelnden Rechtsschutzes, insbesondere die Gefahr planloser Doppelarbeit, einander widersprechender Entscheidungen, des Leerlaufs und der - in Zeiten knapper Ressourcen besonders zu vermeidenden - Inanspruchnahme staatlicher Rechtsschutzeinrichtungen im Übermaß, liegen jedoch auf der Hand. Das Bundesverwaltungsgericht hat darauf seit jeher mit Nachdruck hingewiesen und aus diesem Grunde in ständiger Rechtsprechung sogar Klagen gegen behördliche Zustimmungen oder Genehmigungen zu privaten Rechtsgeschäften ohne eine angemessen deutliche Willensäußerung des Gesetzgebers in Richtung auf eine Zweigleisigkeit der Rechtsverfolgung für unzulässig erachtet, wenn der Betroffene die Einwendungen, mit denen er die Genehmigung oder Zustimmung abzuwehren sucht, in dem wegen des privaten Rechtsverhältnisses vor den ordentlichen Gerichten zu führenden Prozess erheben kann (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19/94 - NJW 2046 <2048>, BVerwG, U.v. 15.11.1985 - 8 C 43/83 - NJW 1986, 1628, jeweils m.w.N.). Den gesetzlichen Bestimmungen betreffend den Mietspiegel und seine Wirkungen ist nicht zu entnehmen, dass Vermietern wie auch Mietern hieraus ein subjektiv-öffentliches Klagerecht eingeräumt werden sollte (vgl. VG Minden, U.v. 3.11.2003 - 3 K 920/02 - juris Rn. 30; OVG Münster, B.v. 22.8.2006 - 14 A 428/04 - NVWZ-RR 2007, 78; s. auch BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19/94 - NJW 2046 <2049> zu § 2 MHRG). Hinzu kommt die auch vom Kläger eingeräumte Tatsache, dass ein obsiegendes Urteil vor dem Verwaltungsgericht die zivilrechtliche Auseinandersetzung und erneute Prüfung durch die Zivilgerichte nicht obsolet machen würde, da das Zivilgericht im Streitfall mangels Rechtskrafterstreckung nicht an die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gebunden wäre. Die vom Kläger angenommene faktische Breiten- oder Präjudizwirkung eines verwaltungsrechtlichen Urteils besagt daher nichts über einen Vorrang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gegenüber der inzidenten Kontrolle durch die gleichwertigen Zivilgerichte (vgl. auch BVerwG, U.v. 15.9.2014 - 8 B 30/14 - NVwZ-RR 2015, 69 Rn. 7; BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 13.06 - juris Rn. 24). Die Möglichkeit einer Vielzahl an gerichtlichen Verfahren mit der Gefahr sich widerstreitender Ergebnisse ist dem grundsätzlich auf nachträglichen Individualrechtsschutz ausgerichteten Klagesystem immanent. Bei Verdopplung des Rechtswegs bestünde diese Gefahr jedoch umso mehr, ohne dass die Effektivität des Rechtsschutzes erhöht würde.
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Auch aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich vorliegend keine Klagebefugnis. Unbestritten können durch einen fehlerhaften Mietspiegel die durch die Eigentumsgarantie geschützten vermögenswerten Positionen des Klägers betroffen sein. Daher muss der Kläger den Mietspiegel auf seine Richtigkeit hin überprüfen lassen können. Allerdings gebieten auch diese Grundrechte keine unmittelbare Kontrolle des behördlichen Handelns. Maßgeblich ist allein, dass dem Kläger effektiver Rechtsschutz zur Verfügung steht, ungeachtet durch welches Gericht. Vor diesem Hintergrund sind sogenannte atypische Feststellungsklagen etwa unmittelbar gegen den Normgeber (BVerwG, U.v. 28.1.2010 - 8 C 19/09 - NVwZ 2010, 1300) als auch im Fall der Allgemeinverbindlichkeitserklärung nach § 5 Tarifvertragsgesetz (BVerwG, U.v. 28.1.2010 - 8 C 38/09 - NZA 2010, 1137) anerkannt worden, obwohl zwischen den Beteiligten kein unmittelbares Rechtsverhältnis bestand, weil andernfalls kein effektiver Rechtsschutz zu erreichen gewesen wäre. Dabei ist aber auch zu sehen, dass in diesen Fällen jeweils unmittelbar auf die Rechtsstellung der Kläger eingewirkt wurde (durch unmittelbare Verpflichtung zur Zahlung eines Mindestlohns bzw. durch Bindung an einen bestimmten Tarifvertrag). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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Zudem besteht effektiver Rechtsschutz durch die Zivilgerichtsbarkeit. Der Kläger kann dort sowohl auf Zustimmung zur Mieterhöhung als auch auf Zahlung der vereinbarten Miete klagen und sich ebenfalls gegen Einwendungen nach § 556g BGB zur Wehr setzen. Ebenso besteht die Möglichkeit, die Wirksamkeit der Mietzinsabsprache im Wege der zivilrechtlichen Feststellungsklage prüfen zu lassen (AG Neukölln, U.v. 8.9.2016 - 11 C 414/15 - juris; LG Berlin, U.v. 29.3.2017 - 65 S 424/16 - juris). Dem steht auch nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (U.v. 21.11.2012 - VIII ZR 46/12 - NJW 2013, 775; U.v. 6.11.2013 - VIII ZR 346/12 - NJW 2014, 292) eine Prüfung der Einhaltung der Grundlagen für die Vermutungswirkung des § 558d Abs. 3 BGB, also ob ein qualifizierter Mietspiegel i.S.d.
§ 558d Abs. 1 BGB vorliegt und die weiteren Voraussetzungen des § 558d Abs. 2 BGB eingehalten sind, nicht bereits auf einfaches Bestreiten hin überprüft werden, sondern ein substantiiertes Bestreiten unter Auseinandersetzung mit den öffentlich zugänglichen Informationen erfordert. Dies mag die Rechtsverfolgung zwar erschweren, der Kläger wird dadurch aber nicht vor unzumutbare Hürden gestellt, zumal er einen Anspruch auf Herausgabe bestimmter Daten über die Mietspiegelerstellung hat (BayVGH. U.v. 13.5.2019 - 4 B 18.1515 - BeckRS 2019, 17760). Die Rechtsprechung der Zivilgerichte zeigt zudem, dass Einwendungen gegen einen Mietspiegel nachgegangen werden (vgl. nur BGH, U.v. 6.11.2013 - VIII ZR 346/12 - NJW 2014, 292). Im Rahmen der zivilgerichtlichen Überprüfung werden auch seitens der Beklagten die erhobenen Daten in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt (§ 6 der Haushaltsbefragungssatzung Mietspiegel 2017 vom 16.12.2015). Zudem sind die Zivilgerichte in der Lage, amtliche Auskünfte einzuholen oder die mit der Erstellung des Mietspiegels befassten Personen als sachverständige Zeugen zu vernehmen. Demgegenüber sind die Ermittlungsmöglichkeiten des Verwaltungsgerichts ungeachtet der in § 86 VwGO verankerten Amtsermittlungspflicht nicht derart weitreichender, als dass der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ein wesentlicher Vorrang zukäme. Denn auch die Amtsermittlungspflicht findet ihre Grenzen dort, wo ohne jeden Anhaltspunkt gleichsam ungefragt auf Fehlersuche gegangen werden müsste (BVerwG, U.v. 7.9.1979 - 4 C 7.77 - Buchholz 406.11 § 10 BBauG Nr. 10; B.v. 1.4.1997 - 4 B 206.96 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 35; B.v. 20.6.2001 - 4 BN 21.01 - NVwZ 2002, 83, U.v. 17.4.2002 - 9 CN 1.01 - BeckRS 2002, 30253824). Es obläge daher auch im Verwaltungsprozess dem Kläger, substantiierte Einwendungen gegen den Mietspiegel zu erheben, selbst wenn insoweit weniger strenge Maßstäbe gelten sollten, als die zivilrechtliche Judikatur aufgestellt hat.
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c) Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme, hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass sich das etwaig bestehende Rechtsverhältnis durch eine bevorstehende Neuvermietung bzw. Mieterhöhung bereits so konkretisiert hat, dass es auf die Anwendung des Mietspiegels ankommen würde. Der Kläger begehrt daher vorbeugenden Rechtsschutz, der der Verwaltungsgerichtsordnung jedoch grundsätzlich fremd ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.6.2016 - BVerwG 2 C 18.15 - juris Rn. 19). Insbesondere vorbeugende Feststellungsklagen sind grundsätzlich nur zulässig, wenn der Verweis auf nachgängigen Rechtsschutz mit unzumutbaren Nachteilen für den Kläger verbunden wäre (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - BVerwG 4 C 15.14 -, juris, Rn. 6). Dies ist hier aus den vorstehenden Erwägungen nicht der Fall.
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Nach alledem war die Klage mit der kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.