Titel:
Anordnung der Feuerstättenschau – Fortsetzungsfeststellungsklage bzw. allgemeine Feststellungsklage
Normenketten:
GG Art. 13 Abs. 1, Abs. 7
VwGO § 42 Abs. 1 Alt. 1, § 43 Abs. 1, § 84 Abs. 1, § 91, § 113 Abs. 1 S. 4
SchfHwG § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1
Leitsätze:
1. An der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Anordnung zur Feuerstättenschau besteht durch die regelmäßige Verpflichtung zu ihrer Durchführung ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bzw. ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung wegen Wiederholungsgefahr in Bezug auf eine – auch in der Vergangenheit – zwischen den Beteiligten bestehende Streitfrage, etwa dazu, welche Räumlichkeiten der Feuerstättenschau unterliegen. Dabei ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft bei Verweigerung der Feuerstättenschau vergleichbare Verwaltungsakte ergehen werden und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Wesentlichen unverändert bleiben. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Gesamtbegutachtung der in einem Haus befindlichen Schornsteine und Feuerungsanlagen durch eine Feuerstättenschau dient der Sicherstellung der Betriebs- und Brandsicherheit und des Umweltschutzes. Sie umfasst auch die Feststellung, ob seit der letzten Feuerstättenschau an den Feuerungs- oder Abgasanlagen Änderungen vorgenommen wurden, und damit insbesondere das Betreten sämtlicher Räume, die an den Schornstein angrenzen und solcher Räume, in denen der Kamin eingemauert ist. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der mit der Anordnung einer Feuerstättenschau verbundene Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. § 1 Abs. 3 SchfHwG gibt dem Bezirksschornsteinfeger lediglich das Recht, die Wohnung zu betreten und zu besichtigen und ist als sonstiger Eingriff nach Art. 13 Abs. 7 GG aufgrund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zulässig. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnung der Feuerstättenschau, Androhung von Zwangsgeld, Erledigung der Hauptsache vor Klageerhebung, Wiederholungsgefahr, Einbeziehung angrenzender Räume, Unverletzlichkeit der Wohnung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 42811
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2018, mit dem die Durchführung der Feuerstättenschau im Anwesen der Kläger angeordnet und den Klägern aufgegeben wurde, dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger G. (im Weiteren: BBS) den Zutritt zu den Räumlichkeiten zu gestatten und die Durchführung der Feuerstättenschau zu dulden.
2
Die Kläger sind Eigentümer und Besitzer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in der B., … Ingolstadt. Das Wohnhaus ist dreigeschossig (Untergeschoss, Erdgeschoss und Dachgeschoss). Eine Feuerstätte (Heizungsanlage) befindet sich im Untergeschoss, der dazugehörige Schornstein verläuft von dort durch das Erd- sowie Dachgeschoss. Im Erdgeschoss befindet sich eine weitere Feuerstätte. Im Dachgeschoss verläuft der Schornstein durch den dortigen Speicher. Im Speicher befindet sich eine Kehrtür, die Zugriff in das Innere des Schornsteins ermöglicht. Die Schornsteinwand grenzt an einer Seite an das sich im Dachgeschoss befindende Schlafzimmer an.
3
Die letzte Feuerstättenschau im betreffenden Anwesen fand am 23. Juni 2015 statt.
4
Nach zunächst vergeblichem Versuch des BBS im Juli 2018 eine Feuerstättenschau im Anwesen der Kläger durchzuführen, welche den Zutritt mit dem Hinweis, der BBS habe bei Ihnen Hausverbot, verweigert hatten, fand nach Anhörung durch die Beklagte mit Schreiben vom 10. August 2018 am 3. September 2018 eine teilweise Feuerstättenschau durch den BBS statt. Dabei wurde seitens der Kläger der Zutritt zum Schlafzimmer im Dachgeschoss mit dem Argument verwehrt, das Zimmer sei vermietet und verfüge über keinen Kaminanschluss.
5
Mit Schreiben vom 24. September 2018 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass die Feuerstättenschau nicht vollständig durchgeführt worden sei, und forderte sie auf, den noch ausstehenden Teil der Feuerstättenschau bezüglich des durch das Schlafzimmer laufenden Schornsteins, der zu den überprüfungspflichtigen Anlagen gehöre, durchzuführen. Dazu wurde ein Termin festgesetzt (15. Oktober 2018 um 10.00 Uhr) und für den Fall einer weiteren Verweigerung des Zutritts der Erlass einer kostenpflichtigen und zwangsgeldbewährten Anordnung angedroht. Den Klägern wurde Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen gegeben.
6
Mit Schreiben vom 26. September 2018 nahm der Kläger zu 1 zu dem Schreiben der Beklagten vom 24. September 2018 Stellung. Er teilte mit, dass nach seiner Ansicht die Feuerstättenschau ohne Beanstandung erledigt sei, so dass ein Einblick in das Schlafzimmer seiner Mieterin nicht erforderlich sei.
7
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2018 teilte der BBS der Beklagten mit, dass die Feuerstättenschau am 15. Oktober 2018 wegen erneuter Zutrittsverweigerung nicht durchgeführt werden konnte.
8
Mit Schreiben der Beklagten vom 18. Oktober 2018 wurde dem Kläger zu 1 die Sach- und Rechtslage erläutert. Da laut Auskunft aus dem Melderegister in seinem Anwesen lediglich er, seine Frau und seine Tochter gemeldet seien, wurde er aufgefordert, falls er selbst keinen Zugriff auf das Schlafzimmer haben sollte, den Namen des Mieters mitzuteilen. Er wurde nochmals aufgefordert, die Feuerstättenschau durchführen zu lassen und hierzu einen Termin zu vereinbaren.
9
Mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 2. November 2018 teilten diese der Beklagten unter Beifügung von Auszügen des Baugenehmigungsbescheids vom 30. März 1975 in Kopie mit, dass der Kamin nicht „durch das Schlafzimmer“, sondern jenseits der zwischen Schlafzimmer und Speicher gelegenen Innenwand verlaufe und ausschließlich vom Speicher her zugänglich sei.
10
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. November 2018, zugestellt am 9. November 2018, wurde die Feuerstättenschau im Anwesen der Kläger durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger G. angeordnet (Ziffer 1), den Klägern aufgegeben, dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger G. den Zutritt zu den Räumlichkeiten zu gestatten und die Durchführung der Feuerstättenschau zu dulden, dazu das Anwesen jedenfalls am 26. November 2018 von 11.00 Uhr bis 12.00 Uhr für den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger G. zugänglich zu halten, sofern die Durchführung der Arbeiten nicht schon vorher erfolgt ist (Ziffer 2). Außerdem wurde für den Fall, dass die angeordneten Arbeiten wegen eines Hindernisses, das die Kläger zu vertreten haben, nicht fristgerecht durchgeführt werden, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro angedroht (Ziffer 3), die Anordnungen in Ziffer 1 und 2 für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer 4) und die Kosten des Verfahrens (Gebühr von 150,- Euro sowie Auslagen von 2,76 Euro) den Klägern auferlegt.
11
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die ordnungsgemäße Durchführung der Feuerstättenschau beinhalte eine Gesamtbegutachtung aller sich im Anwesen befindlichen, benutzten und nicht benutzten Feuerstätten, Schornsteine, Verbindungsstücke und Lüftungsanlagen durch den BBS. Zur Sachverhaltsermittlung sei es erforderlich, dass der BBS neben Dach, Speicher, Keller alle Wohnräume in Augenschein nehme, durch die ein Schornstein oder eine Schornsteinwand verlaufe.
12
Mit Schreiben der Beklagten vom 6. November 2018 teilte diese den Prozessbevollmächtigten der Kläger mit, die Feuerstättenschau erfordere eine umfassende Sachverhaltsermittlung und insbesondere das Betreten sämtlicher Räume, die an den Schornstein angrenzen, um eine Inaugenscheinnahme des Schornsteins an allen vier Seiten zu ermöglichen. Hierbei sei auch erforderlich, Räume zu betreten, in denen der Kamin eingemauert sei, weil es Aufgabe des BBS sei, diese ebenfalls zu besichtigen, um die Angaben des Eigentümers zu überprüfen und nachzusehen, ob Anlagen geändert oder weitere Anlagen in Betrieb genommen worden seien. Aus der Baugenehmigung ergebe sich, dass sich die östliche Seite der Kaminmauer im Dachgeschoss in dem als Schlafzimmer dargestellten Raum befinde. Daher sei dort zwingend eine Sichtprüfung vorzunehmen. Der Name der Mieterin sei der Beklagten bislang nicht mitgeteilt worden; diese würde bei Durchsetzung der Feuerstättenschau mit unmittelbarem Zwang eine entsprechende Duldungsverfügung erhalten.
13
Am 26. November 2018 fand um 11.00 Uhr die Sichtkontrolle im Schlafzimmer durch den BBS und damit die Vervollständigung der Feuerstättenschau statt.
14
Gegen den Bescheid vom 6. November 2018 erhoben die Kläger über ihre Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2018, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, Klage und beantragten zunächst:
15
1. Der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2018, Az. III/32/2, wird aufgehoben.
16
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
17
Zur Begründung wurden die bereits geäußerten Argumente wiederholt. Der im Bescheid geforderte Zutritt ins Schlafzimmer sei nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Dort befinde sich keine Feuerstätte. Man könne zudem durch die Kehrtür im Speicher in den Kamin blicken und dessen Zustand vollständig überprüfen. Auch bei einem Hochhaus gehe der Kaminkehrer ohne konkreten Anlass nicht durch sämtliche Geschosse und Wohnungen, sondern befahre den Kamin von unten oder oben.
18
Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2019 beantragte die Beklagte,
20
Zur Begründung wurde ausgeführt, zur Sachverhaltsermittlung sei erforderlich, dass der BBS neben Dach, Speicher, Keller alle Wohnräume in Augenschein nehme, durch die ein Schornstein oder eine Schornsteinwand verlaufe. Somit sei auch eine Inaugenscheinnahme der Schornsteinwand im Schlafzimmer zur vollständigen Durchführung der Feuerstättenschau erforderlich. Es gehe um die reine Sichtkontrolle der Schornsteinwand, unabhängig davon, ob Einsicht über eine Reinigungsöffnung möglich sei. Die Feuerstättenschau erfordere eine umfassende Sachverhaltsermittlung und insbesondere das Betreten sämtlicher Räume, die an den Schornstein angrenzen, um eine Inaugenscheinnahme des Schornsteins an allen vier Seiten zu ermöglichen. Hierbei sei auch erforderlich, Räume zu betreten, in denen der Kamin eingemauert sei, weil es Aufgabe des BBS sei, diese ebenfalls zu besichtigen, um die Angaben des Eigentümers zu überprüfen und nachzusehen, ob Anlagen geändert oder weitere Anlagen in Betrieb genommen worden seien. Bei mehrgeschossigen Gebäuden sei in jeder Nutzungseinheit in jedem Stockwerk, d.h. in allen Räumen, in denen sich eine Schornsteinwand befinde, eine Sichtprüfung durchzuführen. Es bestehe u.a. Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.
21
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2019 wurden die Prozessbevollmächtigten der Kläger angesichts der erfolgten Durchführung der Feuerstättenschau aufgefordert, eine prozessbeendende Erklärung abzugeben.
22
Mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 18. Dezember 2019 wurden die Klageanträge wie folgt geändert:
23
1. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2018, Az. III/32/2, rechtswidrig ist.
24
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
25
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kläger ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung hätten, da die Frage, welche Teile des Hauses der BBS im Rahmen der Feuerstättenschau betreten darf, bereits seit 2012 Gegenstand mehrerer Streitigkeiten gewesen sei und die nächste Feuerstättenschau für 2021/22 zu erwarten und angekündigt sei. Die Streitfrage werde sich erneut stellen.
26
Mit Schriftsatz vom 12. März 2020 führte die Beklagte aus, sie nehme in rechtlicher Hinsicht Bezug auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. November 2017 - Au 5 K 17.590 sowie auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 2. August 2011 - M 1 K 11.2656. Danach erfordere die Feuerstättenschau das Betreten sämtlicher Räume, die an den Schornstein angrenzen bzw. eine Inaugenscheinnahme des Schornsteins von allen vier Seiten. Das Schlafzimmer grenze unstreitig an den Kamin an. Die Beklagte erklärte erneut u.a. ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.
27
Mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 13. März 2020 teilten diese mit, dass sie sich mit der Beklagten dahingehend verständigt hätten, dass Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid bzw. einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bestehe. Den dahingehenden Verfahrensanträgen der Beklagten schließen sich die Klägerbevollmächtigten an.
28
Mit weiterem Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 13. März 2020 führten diese ergänzend aus, es sei zwischen dem Kehrwesen und der Feuerstättenschau zu differenzieren, für das Kehrwesen werde im betreffenden Anwesen Kaminkehrermeister E. E., E., tätig. Dazu legte er ein Formblatt zum Nachweis der Durchführung von Schornsteinfegerarbeiten vom 17. Juli 2019 vor; Mängel seien laut dem Formblatt nicht vorhanden. Die Aufgabe des BBS beschränke sich damit auf die Feuerstättenschau. Die von der Beklagten im letzten Schriftsatz genannten Urteile könnten nicht ohne weiteres und unbesehen auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Da beim Betreten privater Räume in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 13 GG, eingegriffen werde, müsse stets eine Interessenabwägung stattfinden. Aus unerheblichem Anlass, beispielsweise zur Erfüllung überflüssiger Formalitäten, dürfe die Wohnung nicht gegen den Willen des Eigentümers betreten werden. Ein konkreter Anlass zum Betreten des Schlafzimmers sei nicht ersichtlich, da bereits dargelegt worden sei, dass man die Rückwand des Kamins und deren baulich einwandfreien und unversehrten Zustand leicht mittels eines Blicks durch die Kamintür besichtigen könne. Diese Möglichkeit habe der BBS trotz entsprechenden Hinweises außer Acht gelassen.
29
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
30
Über die Klage kann durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil das Verfahren keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtordnung - VwGO). Zudem konnte von einer Anhörung zum Erlass eines Gerichtsbescheids abgesehen werden, da die Beteiligten sich einvernehmlich und ausdrücklich mit einer solchen Entscheidung einverstanden erklärt haben.
31
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
32
Die Klage ist zwar zulässig.
33
Insbesondere ist die erhobene Klage statthaft, unabhängig davon, ob man sie als Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog oder als allgemeine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO behandelt (vgl. zum Meinungsstand Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 90, 97).
34
Es liegt jedenfalls auch in Bezug auf § 43 Abs. 1 VwGO eine zulässige Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO vor; die Umstellung des Antrags bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage stellt keine Klageänderung in diesem Sinne dar und ist ohne weiteres zulässig (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 88).
35
Die anwaltlich vertretenen Kläger erhoben zwar zunächst mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2018 Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO und begehrten Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids vom 6. November 2018. Erst nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass sich die Hauptsache auf Grund der vor Klageerhebung erfolgten Durchführung der Feuerstättenschau erledigt hat, stellten die Klägerbevollmächtigten den Klageantrag in einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des o.g. Bescheids um. Dies kann eine echte Klageänderung darstellen, so dass gem. § 91 Abs. 1 VwGO diese nur zulässig ist, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Gem. § 91 Abs. 2 VwGO ist von einer Einwilligung auszugehen, wenn die Beklagte sich, ohne der Änderung zu widersprechen, z.B. in einem Schriftsatz, auf die geänderte Klage eingelassen hat. Dies ist hier anzunehmen, da sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. März 2020 rügelos zur geänderten Klage geäußert hat.
36
Die Kläger haben auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bzw. ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, § 43 Abs. 1, HS. 2 VwGO. Nach allgemeiner Meinung ist ein Interesse berechtigt, wenn es rechtlicher oder schutzwürdiger tatsächlicher, insbesondere wirtschaftlicher oder ideeller Art ist (vgl. BVerwG, B. v. 20.12.2017 - 6 B 14/17 - NVwZ 2018, 739, 740). Die gerichtliche Entscheidung muss geeignet sein, die Rechtsposition des Klägers zu verbessern (vgl. Happ/Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 43 Rn. 30, § 113 Rn. 108 f., 112). Vorliegend besteht durch die regelmäßige Verpflichtung aus § 14 Abs. 1 SchfHwG, die Feuerstättenschau durchzuführen, eine Wiederholungsgefahr in Bezug auf die - auch in der Vergangenheit zwischen den Beteiligten bestehende - Streitfrage, welche Räumlichkeiten der Feuerstättenschau unterliegen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 43 Rn. 34). Dabei ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft bei Verweigerung der Feuerstättenschau seitens der Beklagten vergleichbare Verwaltungsakte ergehen werden und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Wesentlichen unverändert bleiben (vgl. st. Rspr. des BVerwG, u.a. U.v. 18. 12. 2007 - C-47/06 - juris Rn. 13; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 112).
37
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich als rechtmäßig.
38
Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids ist § 1 Abs. 4, Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 SchfHwG. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG sind Eigentümer und Besitzer von Grundstücken und Räumen verpflichtet, u.a. dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für die Durchführung der Feuerstättenschau (§ 14 SchfHwG) Zutritt zu ihren Räumen und Grundstücken zu gestatten; wird dieser Zutritt nicht gestattet, erlässt die zuständige Behörde nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SchfHwG eine Duldungsverfügung. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG besichtigt der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger persönlich zweimal im Zeitraum seiner amtlichen Bestellung von sieben Jahren (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG) sämtliche Anlagen in den Gebäuden seines Bezirks, in den Arbeiten nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 SchfHwG (d.h.: der Kehr- und Überprüfungsordnung - KÜO) und der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (d.h.: der 1. BImSchV) oder nach den landesrechtlichen Bauordnungen durchzuführen sind, und prüft die Betriebs- und Brandsicherheit der Anlagen (Feuerstättenschau), § 14 Abs. 1 Satz 2 SchfHwG. Diese Gesamtbegutachtung der in einem Haus befindlichen Schornsteine und Feuerungsanlagen dient der Sicherstellung der Betriebs- und Brandsicherheit und des Umweltschutzes. Sie ist als ergänzende Maßnahme zu den Arbeiten zu verstehen, die in der KÜO und 1. BImSchV vorgeschrieben sind. Hierzu gehört auch die Feststellung, ob seit der letzten Feuerstättenschau an den Feuerungs- oder Abgasanlagen sonstige Änderungen vorgenommen wurden, etwa Schornsteine ggf. rechtswidrig belegt wurden, neue Anlagen angeschlossen oder stillgelegte Anlagen wieder in Betrieb genommen wurden. Die Feuerstättenschau stellt die Grundlage für den Erlass des Feuerstättenbescheids nach § 14a SchfHwG dar, mit dem festgelegt wird, welche Schornsteinfegerarbeiten an einem Gebäude im Einzelnen durchzuführen sind. Dies erfordert eine umfassende Sachverhaltsermittlung. Denn ohne die Erkenntnisse der Feuerstättenschau gibt es keine Möglichkeit zu erfahren, ob die Daten in den Kehrbüchern noch aktuell oder korrekt sind oder ob nicht gemeldete Änderungen an Feuerungs- oder Abgasanlagen, der Einbau neuer Anlagen oder die Inbetriebnahme stillgelegter Anlagen erfolgt sind (vgl. VG Regensburg, B.v. 16.2.2016 - RN 5 S 16.161 - juris Rn. 24). Die Feuerstättenschau umfasst damit insbesondere das Betreten sämtlicher Räume, die an den Schornstein angrenzen, um eine Inaugenscheinnahme des Schornsteins an allen vier Seiten zu ermöglichen. Hierbei ist es auch erforderlich, Räume zu betreten, in denen der Kamin eingemauert ist, weil es Aufgabe des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers ist, diese ebenfalls zu besichtigen, um die Angaben des Eigentümers zu überprüfen und nachzusehen, ob Anlagen geändert oder weitere Anlagen in Betrieb genommen wurden (vgl. VG Augsburg, U.v. 23.11.2017 - Au 5 K 17.590 - juris Rn. 27; VG München, juris Rn. 17; VG München, U.v. 21.5.2019 - M 32 K 18.3641 - noch nicht veröff.).
39
Hiervon ausgehend ist der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2018 rechtmäßig.
40
Der Schornstein, der durch das Anwesen der Kläger verläuft und an einer Seite an das Schlafzimmer im Dachgeschoss angrenzt, unterliegt gem. § 14 Abs. 1 SchfHwG der Feuerstättenschau, denn er ist Teil einer Abgasanlage im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KÜO (vgl. Definition in Nr. 1 der Anlage 4 zu § 7 KÜO), die auch nicht nach § 1 Abs. 3 KÜO von der Überwachungspflicht ausgenommen ist. Der Schornstein unterlag auch entsprechend den obigen Ausführungen der Feuerstättenschau, da dieser von allen vier Seiten eingesehen werden musste. Der Zutritt zum Schornstein im Bereich des Schlafzimmers im Dachgeschoss wurde zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht gewährt. Der Einwand der Kläger, die Rückwand des Kamins und deren baulich einwandfreier und unversehrter Zustand hätten leicht mittels eines Blicks durch die im Speicher befindliche Kamintür überprüft werden können, greift nicht durch, da auch durch diese Vorgehensweise eine Gesamtbegutachtung des Schornsteins auf der kompletten Länge nicht möglich gewesen wäre. So könnten z.B. an der Schornsteinwand Gegenstände (Heizkörper, Regale) angebracht oder Rohrbüchsen eingelassen worden sein, welche nicht die gesamte Schornsteinwand durchdrungen haben und damit nicht durch die Kamintüre sichtbar wären, aber dennoch die Betriebs- und Brandsicherheit gefährden könnten.
41
Da die letzte vollständige Feuerstättenschau am 23. Juni 2015 stattgefunden hatte, sind die Fristen des § 14 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG gewahrt.
42
Da die Kläger die in der Anhörung gesetzte Frist zur Vervollständigung der Feuerstättenschau nicht eingehalten hatten, war der Erlass des Bescheids erforderlich.
43
Sonstige Gründe, die den streitgegenständlichen Bescheid rechtswidrig erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Die Anordnung ist verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei. Denn der mit der Feuerstättenschau verbundene Eingriff in Grundrechte der Kläger ist von geringer Intensität, erfolgt nur kurzzeitig und liegt zur Durchsetzung des vorbeugenden Brand- und Gesundheitsschutzes im besonderen öffentlichen Interesse. Dagegen müssen die klägerischen Interessen zurücktreten.
44
Der mit der Anordnung verbundene Eingriff in das Grundrecht der Kläger auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. § 1 Abs. 3 SchfHwG gibt dem Bezirksschornsteinfeger lediglich das Recht, die Wohnung zu betreten und zu besichtigen und ist als sonstiger Eingriff nach Art. 13 Abs. 7 GG aufgrund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zulässig. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Art. 13 Abs. 7 GG nicht den Eintritt einer konkreten Gefahr voraussetzt. Eingriffe und Beschränkungen des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung sind bereits dann zulässig, wenn sie dem Zweck dienen, einen Zustand nicht eintreten zu lassen, der seinerseits eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen würde. Zweifel an der Erforderlichkeit oder Angemessenheit der Anordnung ergeben sich entsprechend der o.g. Argumentation nicht. Insbesondere liegen dem Gericht keine Anhaltspunkte für ein willkürliches Verhalten des BBS oder dafür vor, dass dieser aus unerheblichem Anlass, beispielsweise allein zur Erfüllung überflüssiger Formalitäten gehandelt hatte. Die Voraussetzung des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ist durch Nennung des Art. 13 GG in § 1 Abs. 5 SchfHwG erfüllt.
45
Schließlich begegnet auch die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheids keinen rechtlichen Bedenken. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, v.a. Art. 31, 36 VwZVG, lagen im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vor. Es ist insbesondere das mildeste Zwangsmittel. Die Zwangsgeldandrohung ist überdies hinreichend bestimmt formuliert. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes hält sich in dem in Art. 31 Abs. 2 VwZVG eröffneten Rahmen und ist angemessen.
46
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziffer 4) war zwar im vorliegenden Fall überflüssig, da bereits gesetzlich vorgesehen (§ 1 Abs. 4 Satz 2 SchfHwG i.V.m. § 25 Abs. 4 SchfHwG), jedoch unschädlich. Eine Auswirkung auf die Höhe der Bescheidsgebühr wäre damit nicht verbunden gewesen.
47
Die Klage war daher abzuweisen.
48
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.