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AG München, Endurteil v. 28.04.2020 – 182 C 21375/19
Titel:

Präkludierte Einwendungen im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage

Normenkette:
ZPO § 767 Abs. 2
Leitsatz:
Die Klagepartei ist im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage mit den vorgetragenen Einwendungen ausgeschlossen, weil diese bereits vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in den jeweiligen Ausgangsverfahren entstanden sind und von der Klagepartei auch dort erhoben wurden.  (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vollstreckungsabwehrklage, Präklusion
Rechtsmittelinstanzen:
LG München I, Beschluss vom 22.06.2020 – 20 S 5405/20
OLG München, Beschluss vom 13.10.2020 – 29 W 1050/20
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 28.01.2021 – IX ZB 64/20
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 04.05.2021 – IX ZB 64/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 42664

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.800,30 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus Vollstreckungstiteln des Amtsgerichts München.
2
Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 13.04.2015, Aktenzeichen 155 C 30870/13 wurde der hiesige Kläger verurteilt, an den hiesigen Beklagten 502,78 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.05.2013 zu zahlen. Die Entscheidungsgründe des als Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 15.12.2019 vorgelegten Endurteils vom 13.04.2015 lauten auszugsweise wie folgt: „Letzteres ist durch die als Anlage K1 vorgelegte Niederschrift über die öffentliche Sitzung des 5. Senats des Finanzgerichts München am 28.02.2013, Az: 5 K 3908/10, in München belegt. Aus der Niederschrift geht hervor, dass der Beklagte persönlich mit dem Kläger im Rahmen der Sitzung unter Hinweis auf eine eingereichte Vollmacht anwesend war und übereinstimmend Erledigung sowie weiter erklärt wurde, dass die damalige Beklagte die Gerichtskosten zu tragen hatte und im Übrigen jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst tragen würde.“ Mit Endurteil des Amtsgerichts München vom 19.12.2013, Aktenzeichen 173 C 22380/13, wurde der hiesige Kläger verurteilt, an den hiesigen Beklagten 418,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.07.2013 zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Mit Endurteil vom 07.11.2017, Az.: 281 C 716/17, wurde der hiesige Kläger verurteilt, an den hiesigen Beklagten 316,18 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.06.2013 zu zahlen. Die Urteile sind rechtskräftig. Die Entscheidungsgründe des als Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 15.12.2019 vorgelegten vorgenannten Endurteils lauten auszugsweise wie folgt: „Das Gericht ist überzeugt, dass der Beklagte dem Kläger in dem Prozess des Beklagten vor dem Arbeitsgericht eine wirksame Vollmacht erteilt hat. Der Kläger hat eine Kopie der Vollmacht des Beklagten (Anlage K4) vorgelegt. Das Gericht hat die Akte des Arbeitsgerichts München beigezogen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte auf die in den Akten des Arbeitsgerichts München befindliche Vollmacht angegeben, dass die Unterschrift von ihm herrührte.“
3
Der Kläger behauptet, das Endurteil des Amtsgerichts München vom 23.03.2015, Az.: 155 C 30870/13, sei falsch, die Vollmacht sei gefälscht gewesen, welche der Beklagte vorgelegt habe. Weiter behauptet er, das Endurteil des Amtsgerichts München vom 19.12.2013 Az.: 173 C 22380/13 sei falsch gewesen, es habe sich hierbei um 2 Personen gehandelt, den Kläger und den Prozessbevollmächtigten. Der Kläger kenne den Beklagten nicht. Diese Person sei kein Anwalt, ferner werde beantragt, sofern der Prozessbevollmächtigte den Kläger kenne, dass dieser eine Vollmacht vorlegen solle. Weiter behauptet der Kläger, das Endurteil des Amtsgerichts München, Az.: 281 C 716/17 sei falsch, es handle sich wieder um 2 Personen der Beklagte habe nie eine Prozessvollmacht vorgelegt.
4
Der Kläger beantragt zuletzt:
1.
Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Endurteil des Amtsgerichts München vom 19.12.2013 sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 15.10.2018 (Az: 173 C 22380/13) wird für unzulässig erklärt.
2.
Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Endurteil des Amtsgerichts München vom 13.04.2015 sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 05.05.2015 (Az: 155 C 30870/13) wird für unzulässig erklärt.
3.
Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Endurteil des Amtsgerichts München vom 07.11.2017 (Az: 281 C 716/17) wird für unzulässig erklärt.
4.
Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die ihm erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen der unter Ziffer 1. - 3. genannten Urteile und Kostenfestsetzungsbeschlüsse herauszugeben.
5.
Der Klagepartei beantragt, dass für den Fall, dass der Beklagte im vorliegenden Verfahren als Prozessbevollmächtigter auftritt, eine Prozessvollmacht vorzulegen hat.
5
Der Beklagte beantragt:
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
6
Der Beklagte vertritt die Ansicht, dass die Einwendungen des Klägers präkludiert seinen. Im Übrigen bestreitet er diese und hält sie für rechtlich abwegig. Dem Kläger seien zu Ziffer 2. in mehreren Verfahren von den Gerichten dargelegt worden, dass ein sich selbst vertretender Anwalt einen Gebührenanspruch laut RVG innehabe.
7
Beweis wurde nicht erhoben. Mit Zustimmung der Parteien mit Schriftsätzen vom 20.03.2020 und 26.03.2020 erfolgt eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren. Dieses wurde durch Beschluss vom 30.03.2020 angeordnet, wobei als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, der 14.04.2020 bestimmt wurde. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8
Die teilweise zulässige Klage ist unbegründet.
I.
9
Die Klage ist teilweise zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München sachlich und örtlich zuständig, §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG, 12, 13 ZPO.
10
Soweit man in dem Antrag des Klägers unter Ziff. 5. einen eigenen Klageantrag sehen will, so ist dieser bereits unzulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag ist nicht erkennbar.
II.
11
Die Klage ist unbegründet.
12
1. Die von der Klagepartei zu den Klageanträgen Ziff. 1. - 3. vorgetragenen Gründe, auf denen die geltend gemachten Einwendungen beruhen, sind vorliegend sämtlich nicht nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in den jeweiligen Verfahren entstanden und damit gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert (vgl. Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2019, § 767 Rn. 14). Hierauf hat das Gericht den Kläger bereits mit Verfügung vom 11.03.2020 hingewiesen. Bereits dem eigenen klägerischen Vortrag sowie den von ihm vorgelegten Anlagen ist zu entnehmen, dass die von ihm geltend gemachten Einwendungen bereits Gegenstand der jeweiligen Verfahren und der daraufhin ergangenen Endurteile gewesen sind. Bereits dort hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte habe keine gültigen Vollmachten vorgelegt bzw. seien diese von ihm gefälscht worden. Dass der Kläger nach den unstreitig zwischen den Parteien geführten Verfahren nunmehr vorträgt, der Beklagte sei ihm unbekannt, ist nicht nachvollziehbar aber auch nicht entscheidungserheblich.
13
2. Soweit der Kläger sich gegen die Vollstreckung aus den streitgegenständlichen Kostenfestsetzüngsbeschlüssen wendet, trägt er keine weiteren Gründe als diejenigen, die er gegen die Endurteile anführt, vor. Diese stellen aber keine geeigneten Einwendungen gegen die streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschlüsse dar.
14
3. Der weitere klägerische Antrag unter Ziffer 4. auf Herausgabe der Schuldtitel analog § 371 BGB ist ebenfalls unbegründet. Dieser Herausgabeanspruch würde eine rechtskräftig zugunsten des Schuldners entschiedene Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO voraussetzen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Vollstreckungsabwehrklagen sind nach dem soeben Ausgeführten unbegründet.
III.
15
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
16
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
17
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 3 ff. ZPO, 48 Abs. 2, 39 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG, wobei jeweils der Nennwert der vollstreckbaren Ansprüche anzusetzen war.