Titel:
Tierschutzrechtliche Anordnung für Hundezucht
Normenketten:
TierSchG § 2, § 11 Abs. 1, Abs. 2, § 15 Abs. 2, § 16a Abs. 1
TierSchHundeV § 2, § 2a Abs. 1, § 3, § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5
VwZVG § 31 Abs. 3, § 36 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5
Leitsätze:
1. Sinn und Zweck des Kumulationsverbots ist es, der Behörde vor Androhung eines weiteren Zwangsmittels eine erneute Ermessensbetätigung aufzugeben. Eine Androhung für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist als unbegrenzte Kumulierung von Zwangsgeldern nicht erlaubt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dem Vollstreckungsschuldner muss eine angemessene Frist zur Erfüllung der zu vollstreckenden Pflicht gewährt werden. Ein ausnahmsweiser Verzicht auf eine Erfüllungsfrist ist nur zulässig, wenn reine Duldungs- oder Unterlassungspflichten zu vollstrecken sind. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Tierschutzgesetz erachtet die Einschätzung des beamteten Tierarztes im Regelfall als maßgeblich; beamteten Tierärzten wird eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Werden die gesetzlichen Anforderungen an die Haltung von Hunden in der Hundezucht nicht vollständig erfüllt, sind behördlich angeordnete Maßnahmen, die zu der nach § 2 Abs. 1 TierSchG geschuldeten Pflege der gehaltenen Tiere gehören, zur Beseitigung der festgestellten Defizite notwendig. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
gewerbliche Hundezucht, Tierschutzrecht, tierschutzrechtliche Anordnung, Pflegezustand, Auslauf, Zwangsgeldandrohung, Kumulationsverbot, Amtstierarzt
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 13.01.2021 – 23 ZB 20.2291
Fundstelle:
BeckRS 2020, 42287
Tenor
I. Der Bescheid des Landratsamts R.-I. vom 29.12.2016 wird in Nr. 3.10, 3.11, 3.13, 3.14 und 3.15 aufgehoben; in Nr. 4.2 wird er aufgehoben, soweit darin Auslagen für die Tätigkeit des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erhoben werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 4/5, der Beklagte zu 1/5.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
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Gegenstand des Rechtsstreits sind tierschutzrechtliche Anordnungen.
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Der Kläger betreibt seit 1968 eine gewerbliche Hundezucht, für die ihm am 3.8.1989 eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) erteilt wurde. Die beamteten Tierärzte des Landratsamts R.-I. und Bedienstete des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit kontrollierten den Betrieb am 22.6.2016. Aus dem zugehörigen Bericht vom 27.9.2016 ergibt sich ein Bestand von 37 oder 38 Hunden (ohne Welpen), darunter zehn bis zwölf Zuchthündinnen. Für diese standen der Kläger und seine Ehefrau als Betreuungspersonen zur Verfügung. Der Bericht hält fest, dass der Pflege- und Gesundheitszustand der Tiere mäßig bis schlecht gewesen sei und die Hunde in reizarmer Umgebung gehalten würden. Viele hätten sich ängstlich verhalten und Beschwichtigungsgesten, Angststarre und Zittern gezeigt, was auf fehlenden Kontakt zu Betreuungspersonen hindeute. Vorgefundene Kratz- und Nagespuren wiesen auf Verhaltensstörungen hin, wie sie bereits bei Kontrollen in den Jahren 2001 und 2004 festgestellt worden seien. Einer der vorgefundenen Würfe sei bereits in der siebten Woche abgesetzt gewesen. Mehrere der genutzten Boxen seien zu klein und ließen keine Sicht nach außen zu. Zumeist seien Boxen aber miteinander verbunden und es bestehe eine Verbindung zu einem Außenauslauf mit Sichtkontakt zu anderen Tieren. Dieser könne nach Darstellung der Ehefrau des Klägers in der Regel zumindest tagsüber, oft aber durchgängig genutzt werden. Zum Teil hätten sich im Aufenthaltsbereich der Hunde verletzungsträchtige Gegenstände befunden. Die Ausläufe der Hundehäuser seien mit einer Ausnahme aus Beton, nicht weiter strukturiert und besäßen keine separaten Liegeflächen. Nur in drei Ausläufen seien einzelne Spiel- und Beschäftigungsgegenstände vorhanden gewesen, witterungsgeschützte Liegeplätze gebe es dort nur zum Teil. Mehrere Tiere hätten an Zahnstein und zu langen Krallen gelitten sowie Entzündungssymptome gezeigt. Ein Bestandsbuch werde nicht geführt.
3
Der Kläger begann am 26.7.2016 einen längeren E-Mail-Austausch mit dem Leiter des Veterinäramtes. In einer E-Mail vom 14.11.2016 stellte letzterer in Aussicht, dass die am 22.6.2016 festgestellten Mängel Gegenstand einer weiteren Anordnung würden und führte aus, dass er und seine Mitarbeiter hierzu jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung stünden. Es stehe dem Kläger frei, den zuständigen Stellen seine Überlegungen vorzutragen. Der Kläger äußerte sich daraufhin mehrfach per E-Mail.
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Mit Bescheid vom 29.12.2016, zugestellt am 2.1.2017, gab das Landratsamt R.-I. dem Kläger verschiedene Abhilfemaßnahmen auf. Er wurde verpflichtet, für jeweils zehn Zuchthunde und ihre Welpen eine Betreuungsperson mit nachgewiesener Sachkunde zur Verfügung zu stellen (Nr. 1.1). Erwachsene Hunde müssten mit diesen täglich mehrmals über insgesamt mindestens eine Stunde Umgang erhalten, Welpen seien von der dritten Lebenswoche bis zum Absetzen täglich mindestens drei Stunden in einem Welpenauslauf oder Spielzimmer zu beschäftigen (Nr. 1.2). Der Kläger wurde verpflichtet, Zeit und Dauer des Kontakts zu dokumentieren (Nr. 1.3). Weiter gab ihm die Behörde auf, jedem Hund in Abhängigkeit von der Widerristhöhe eine näher definierte Bodenfläche zur Verfügung zu stellen (Nr. 1.4) und den Tieren in den Boxen der Hundehäuser Sichtkontakt nach außen zu gewähren (Nr. 1.5). Kein Hund dürfe einzeln ohne Sichtkontakt zu Artgenossen gehalten werden (Nr. 1.6). Die Behörde verpflichtete den Kläger zudem, für jeden Hund in den Ausläufen einen witterungsgeschützten, wärmegedämmten Liegeplatz vorzuhalten (Nr. 1.7). Die Ausläufe müssten so strukturiert sein, dass die Hunde ihre Bedürfnisse nach Abwechslung, Beschäftigung und Erkundung befriedigen könnten (Nr. 1.8), und frei von einengenden oder verletzungsträchtigen Gegenständen sein (Nr. 1.9). Dem Kläger wurde aufgegeben, den Hunden zweimal täglich Auslauf im Gesamtumfang von mindestens einer Stunde zu gewähren (Nr. 1.10) und dies zu dokumentieren (Nr. 1.11). Allen Hunden müsse ständig Beschäftigungsmaterial angeboten werden (Nr. 1.12); Welpen dürften erst nach acht Wochen vom Muttertier getrennt werden (Nr. 1.13). Daneben ordnete das Landratsamt die Behandlung verletzter oder kranker Tiere (Nr. 1.14), eine regelmäßige Krallen- und Fellpflege (Nr. 1.15) sowie das Führen eines auf Verlangen vorzulegenden Bestandsbuchs an (Nr. 1.16 und 1.17). Hinsichtlich der einzelnen Verpflichtungen wurden in Nr. 3 des Bescheids Zwangsgelder angedroht, wobei in Nr. 3.10, 3.11, 3.13, 3.14 und 3.15 eine Erfüllung ab Zustellung des Bescheids gefordert wurde. Nr. 3.13 sprach eine Zwangsgeldandrohung für jeden unter Verletzung der Nr. 1.13 vom Muttertier getrennten Hund aus. Zugleich erlegte die Behörde dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf (Nr. 4.1), wobei sie eine Gebühr von 650,12 EUR festsetzte (Nr. 4.2) und Auslagen von 2.462,85 EUR (davon 2.451,65 EUR für die Tätigkeit des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) in Ansatz brachte (Nr. 4.3).
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Zur Begründung verweist der Bescheid auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG. Hiernach treffe die Behörde die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen, insbesondere die zur Erfüllung des § 2 TierSchG erforderlichen. Nach dieser letztgenannten Norm müsse der Halter ein Tier unter anderem angemessen pflegen und verhaltensgerecht unterbringen; er dürfe seine Möglichkeit zu artgemäßer Bewegung nicht derart einschränken, dass Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden entstünden. Die Kontrolle vom 22.6.2016 habe in dieser Hinsicht mehrere Mängel gezeigt, zu deren Beseitigung der ermessensgerechte und verhältnismäßige Bescheid ergehe. Nr. 1.1 wiederhole die Forderung des § 3 Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) und sei wie Nr. 1.2 und 1.3 erforderlich, weil die klägerischen Hunde offenbar zu wenig Kontakt mit Betreuungspersonen erhielten. Die Festlegung in Nr. 1.4 setze § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TierSchHuV um. Dieser schreibe Mindestgrößen vor, hinter denen die Boxen im Betrieb des Klägers zurückblieben. Zwar seien mehrere Boxen durch Durchlässe verbunden, diese seien aber zu klein für ausreichendes Bewegungs- und Spielverhalten. Nr. 1.5 des Bescheids stütze sich auf § 6 Abs. 3 Satz 4 TierSchHuV, der freie Sicht aus einem Gebäude oder Zwinger heraus fordere. Dies sei gegenwärtig nicht in allen Boxen der Fall. Werde den Hunden der Zugang in den Auslauf verwehrt, dann bestehe auch der von § 6 Abs. 5 TierSchHuV geforderte Sichtkontakt zu Artgenossen nicht, weshalb die Anordnung in Nr. 1.6 getroffen werde. Nr. 1.7 gründe sich auf § 4 Abs. 1 Satz 1 TierSchHuV und sei erforderlich, weil es an witterungsgeschützten Liegeplätzen bisher fehle. Die an die Hundehäuser angegliederten Auslaufareale seien reizarm und klein, weshalb die Hunde ihr Abwechslungs-, Beschäftigungs- und Erkundungsbedürfnis nicht adäquat befriedigen könnten. Es bedürfe folglich der Anordnung in Nr. 1.8 des Bescheids. Bei der Kontrolle vorgefundene verletzungsträchtige Gegenstände machten Nr. 1.9 des Bescheids erforderlich. Die in Nr. 1.10 und 1.11 getroffenen Anordnungen beruhten auf § 2 Abs. 1 TierSchHuV, die konkrete Zeitvorgabe ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Beschäftigungsmaterial sei wegen des Spiel- und Erkundungsverhaltens der Hunde notwendig, andernfalls zeigten sich Verhaltensstörungen. Deshalb sei die Verpflichtung in Nr. 1.12 ausgesprochen worden. Das Verbot des vorzeitigen Absetzens vom Muttertier in Nr. 1.13 stütze sich auf § 4 Abs. 2 Satz 1 TierSchHuV. Die Anordnungen in Nr. 1.14 und 1.15 seien erforderlich, weil viele Hunde hochgradige Zahnsteinbildung, Entzündungsanzeichen und zu lange Krallen gezeigt hätten. Hinsichtlich der Verpflichtung zum Führen eines Bestandsbuchs stütze sich der Bescheid auf § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TierSchG in der bis zum 13.7.2013 geltenden Fassung (TierSchG a.F.), der gemäß § 21 Abs. 5 TierSchG vorliegend zur Anwendung komme. Nur durch entsprechende Dokumentation sei eine effektive tierschutzrechtliche Kontrolle sicherzustellen.
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Der Kläger hat am 25.1.2017 Klage gegen den Bescheid vom 29.12.2016 erhoben. Er trägt vor, alle behördlichen Forderungen zu erfüllen. Sein Tierarzt könne bestätigen, dass er die Hunde erforderlichenfalls stets behandle und sie gut versorgt würden. Vor den Boxen seien mittlerweile Markisen als Witterungsschutz installiert. Alle Flächen bestünden aus wärmedämmendem Ziegelsplitt. Die beanstandeten Hundehäuser nutze er seit Jahren nicht mehr. Die Tiere würden in Gruppen auf ausreichend Platz gehalten und könnten Tag und Nacht zwischen Box und Auslauf wechseln. Ihnen werde ständig Beschäftigungsmaterial angeboten; eine Trennung vom Muttertier erfolge immer erst nach zehn Wochen. Was die Anordnung zur Führung eines Bestandsbuchs angehe, habe das Gericht am 8.9.1997 im Verfahren RN 11 K 96.2340 geurteilt, dass die Behörde eine Zuchtkartei nicht fordern dürfe. Das Landratsamt habe seinem Vorgehen die unzutreffenden Behauptungen einer früheren Kundin zugrunde gelegt. Zudem hätten die Amtstierärzte den wärmedämmenden Boden nicht erkannt, woraus auf fehlende Sachkunde zu schließen sei. Ein ebenfalls eingeleitetes Strafverfahren wegen quälerischer Misshandlung eines Wirbeltieres durch Unterlassen habe das Amtsgericht Eggenfelden gemäß § 153a Strafgesetzbuch (StGB) eingestellt. Auch dies zeige, dass die Vorwürfe des Landratsamts überzogen und haltlos seien. Der kostenintensiven Anforderung des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit habe es ebenfalls nicht bedurft. Das behördliche Vorgehen stelle sich angesichts dessen als unverhältnismäßig dar. Dies gelte in besonderer Weise für die unangekündigte und rücksichtlose Kontrolle am 22.6.2016, die seiner Gesundheit schwer geschadet habe.
den Bescheid des Landratsamts R.-I. vom 29.12.2016 aufzuheben.
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Das Landratsamt R.-I. beantragt für den Beklagten,
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Eine Ortseinsicht am 28.2.2019 habe ergeben, dass der Kläger entgegen seiner Darstellung die Verpflichtungen aus dem Bescheid nicht erfüllt habe. Ein Befolgen führe aber ohnehin weder zur Erledigung noch zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Auch die Anordnung zur Führung eines Bestandsbuchs sei rechtmäßig, weil sich die Gesetzeslage seit Erlass des zitierten Urteils geändert habe. In den Zwangsgeldandrohungen habe eine Erfüllung ab Zustellung vorgesehen werden können, weil dem Kläger die Umsetzung unmittelbar möglich gewesen und er nur zu Handlungen verpflichtet worden sei, die ihm bereits das Gesetz aufgebe. Die Androhung in Nr. 3.13 stelle keine solche für jeden Fall der Zuwiderhandlung dar, sondern solle lediglich die Möglichkeit eröffnen, bei gleichzeitiger Abgabe einer Vielzahl von Welpen den klägerischen Verstoß entsprechend seinem Gewicht angemessen abzubilden. Die Kosten für das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit seien zurecht als Auslagen geltend gemacht worden. Wegen der Höhe werde auf die Gesundheitsgebührenverordnung (GGebV) verwiesen.
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Das Verfahren ist mit Beschluss vom 7.3.2017 an den Güterichter verwiesen worden. Vor diesem schlossen die Beteiligten am 10.5.2017 eine Vereinbarung hinsichtlich zukünftiger Kontrollen. Das Güterichterverfahren wurde am 25.6.2019 ohne weitere Ergebnisse abgeschlossen.
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Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte mit den eingereichten Schriftsätzen, die vorgelegte Behördenakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Die Verfahren RN 4 K 19.800 und RN 4 K 19.801, die Vollstreckungsmaßnahmen zum Bescheid vom 29.12.2016 betreffen, wurden beigezogen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist im Umfang des Entscheidungssatzes begründet (dazu I.), im Übrigen ist sie unbegründet (dazu II.).
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Soweit sich die Klage gegen die in Nr. 3.10, 3.11, 3.13, 3.14 und 3.15 ausgesproche nen Zwangsgeldandrohungen (dazu 1.) und gegen die geltend gemachten Auslagen für die Tätigkeit des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wendet (dazu 2.) ist sie zulässig und begründet. In diesem Umfang ist der Bescheid vom 29.12.2016 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Die in Nr. 3.10, 3.11, 3.13, 3.14 und 3.15 ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen sind rechtswidrig. Hinsichtlich der Nr. 3.13 fehlt es an der notwendigen Bestimmtheit (dazu a)). Zu den übrigen Nummern hat der Beklagte in rechtswidriger Weise keine Erfüllungsfrist gesetzt (dazu b)).
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a) Nr. 3.13 des Bescheids vom 29.12.2016 ist rechtswidrig, weil die dortige Zwangsgeld androhung dem in Art. 36 Abs. 3 und 5 Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) niedergelegten Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügt. Nach den genannten Vorschriften muss ein bestimmtes Zwangsmittel angedroht werden, wobei die gleichzeitige Anwendung mehrerer Zwangsmittel nicht in Aussicht gestellt werden darf. Der Betrag eines Zwangsgelds ist in bestimmter Höhe anzudrohen.
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Nr. 3.13 formuliert im Hinblick auf die Verpflichtung, Hunde nicht vor Vollendung der achten Lebenswoche vom Muttertier zu trennen, dass bei einer Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 100,- EUR für jeden Hund fällig werde, dessen Absetzung vor diesem Zeitpunkt erfolge. Der Inhalt dieser Festlegung ist nicht in einer Weise eindeutig, die den Anforderungen des Art. 36 Abs. 3 und 5 VwZVG genügen würde.
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So bleibt auf Grundlage des Wortlauts unklar, ob das Zwangsgeld für zu früh abgesetzte Hunde eines Wurfes fällig werden soll oder schlechterdings für jeden im Lauf der Zeit unter Verletzung von Nr. 1.13 vom Muttertier getrennten Hund. In letzterem Fall wäre von einer Androhung für jeden Fall der Zuwiderhandlung auszugehen, die gegen das Kumulationsverbot des Art. 36 Abs. 3 Satz 2 VwZVG verstößt. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist, dem Betroffenen die Folgen seines Verstoßes transparent zu machen und der Behörde vor Androhung eines weiteren Zwangsmittels eine erneute Ermessensbetätigung aufzugeben (BayVGH, B.v. 13.10.1986 - 22 CS 86.1950 - NVwZ 1987, 512; B.v. 20.11.2008 - 10 CS 08.2399 - juris Rn. 69). Dies ist nicht gewährleistet, wenn die ausgesprochenen Zwangsgeldandrohung eine unbegrenzte Kumulierung von Zwangsgeldern erlaubt. Vielmehr kann die Behörde damit unbemerkt vom Vollstreckungsschuldner Zwangsgelder gleichsam „sammeln“. Bei einer Zwangsgeldandrohung, die sich - wie von Art. 36 Abs. 3 Satz 2 VwZVG vorgeschrieben - auf einen einzelnen Verstoß bezieht, hat der Vollstreckungsschuldner hingegen bereits vorher Kenntnis davon, in welchem (begrenzten) Rahmen ein Zwangsgeld fällig werden kann; weitere Zwangsgelder müssen ihm mit gesondertem Bescheid angedroht werden.
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Zwar hat der Beklagte eingewandt, dass eine Auslegung der Nr. 3.13 als Zwangsgeldandrohung für jeden Fall der Zuwiderhandlung nicht seinem Willen entspreche. Er verweist darauf, dass im Fall mehrerer abgesetzter Hunde ein schwerwiegenderer Verstoß vorliege. Es wäre in der Tat rechtlich möglich gewesen, die Höhe des Zwangsgelds auf die Anzahl der zu früh abgesetzten Hunde eines Wurfes oder jedenfalls der gleichzeitig zu früh abgesetzten Welpen zu beziehen. Denn in einem solchen Fall hätte die Zwangsgeldandrohung tatsächlich einen einzelnen Verstoß sanktioniert. Der Bescheid lässt indes weder im Tenor noch in der Begründung erkennen, dass eine solche Beschränkung beabsichtigt war. Diese Unbestimmtheit stellt einen Verstoß gegen Art. 36 Abs. 5 VwZVG dar, der Nr. 3.13 des Bescheids vom 29.12.2016 rechtswidrig macht.
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b) Rechtswidrig und aufzuheben sind auch Nr. 3.10, 3.11, 3.14 und 3.15 des streitgegen ständlichen Bescheids. Sie verstoßen gegen die Verpflichtung aus Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG, wonach dem Vollstreckungsschuldner eine angemessene Frist zur Erfüllung der zu vollstreckenden Pflicht gewährt werden muss. Diese Verpflichtung beruht auf dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und ist vor allem auch deshalb zu beachten, weil Zwangsgelder im bayerischen Recht keiner Festsetzung bedürfen. Vielmehr wird das Zwangsgeld gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG unmittelbar von Gesetzes wegen fällig, wenn der Betreffende die ihm obliegende Verpflichtung nicht innerhalb der gewährten Frist erfüllt hat. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof betrachtet Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG vor diesem Hintergrund als zwingende rechtliche Vorgabe (B.v. 24.4.2013 - 22 CS 13.590 - juris Rn. 4). Ein ausnahmsweiser Verzicht auf die Gewährung einer Erfüllungsfrist ist nur dann zulässig, wenn reine Duldungsoder Unterlassungspflichten zu vollstrecken sind. Aber selbst in diesem Fall bedarf es der Einräumung einer angemessenen Reaktionszeit, wenn der Vollstreckungsschuldner zur Erfüllung seiner Verpflichtungen Handlungen vollziehen oder Vorkehrungen treffen muss (BayVGH, B.v. 21.11.2006 - 24 CS 06.2627 - juris Rn. 41; B.v. 19.5.2010 - 10 CS 09.2672 - juris Rn. 22 ff.).
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Bei den dem Kläger in Nr. 1.10, 1.11, 1.14 und 1.15 auferlegten Verpflichtungen handelt es sich nicht etwa um eine reine Duldungs- oder Unterlassungspflichten, sondern um Handlungspflichten. In Nr. 1.10 und 1.11 wird dem Kläger aufgegeben, den Hunden in bestimmtem Umfang Auslauf zu gewähren und dies zu dokumentieren. Nach Nr. 1.14 hat er kranke und verletzte Tiere unverzüglich einem Tierarzt vorzustellen und sie einer Behandlung zuzuführen. Nr. 1.15 verpflichtet ihn zum Durchführung der erforderlichen Krallen- und Fellpflegemaßnahmen. All diese Verpflichtungen erfordern vom Kläger ein bestimmtes Tun, das eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Das Landratsamt hat ihm in den genannten Zwangsgeldandrohungen aber keine Erfüllungsfrist eingeräumt, sondern eine Befolgung unmittelbar nach Zustellung verlangt. Ein derart angedrohtes Zwangsgeld wird - wenn sich der Vollstreckungsschuldner nicht gerade zufällig an die ihm gerade erst bekannt werdende Verpflichtung hält - bereits in der juristischen Sekunde fällig, in der der Bescheid zugestellt wird. Dies ist rechtswidrig, weil dem Betreffenden so entgegen Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG keine Möglichkeit eingeräumt wird, seinen Verpflichtungen vor Fälligkeit der Zwangsgelder freiwillig nachzukommen.
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2. Rechtswidrig ist schließlich die Kostenentscheidung in Nr. 4.3 des Bescheids, wo der Beklagte die Kosten der hinzugezogenen Spezialeinheit des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit als Auslagen geltend macht. Tatsächlich stellen diese aber keine Auslagen dar, sondern wären bei der Festsetzung der Gebührenhöhe zu berücksichtigen gewesen (dazu a)). Eine Umdeutung kommt nicht in Betracht (dazu b)).
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a) Gemäß Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 Kostengesetz (KG) werden die anderen Behörden oder anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehenden Beträge als Auslagen erhoben. Als Auslagen nach dieser Vorschrift kommen deshalb grundsätzlich nur Beträge in Betracht, die an die andere Behörde zu leisten sind, hinsichtlich derer die Kosten erhebende Behörde der anderen Behörde zur Kostenerstattung verpflichtet ist (Roth in PdK Bay E-4b, Stand Juni 2017, Nr. 10.2.6). Bei einer nur innerdienstlichen Mitwirkung entsteht kein Anspruch der mitwirkenden Behörde auf Auslagenersatz (Roth in PdK Bay E-4b, Stand Juni 2017, Nr. 10.2.6).
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Das Landratsamt hat im Verfahren vorgetragen, die Kosten der Spezialeinheit nach der Verordnung über die Benutzungsgebühren der Gesundheitsverwaltung (GGebV) angesetzt zu haben. Gleichwohl ergibt sich weder aus diesem Vortrag noch aus der Kostenmitteilung oder den vorgelegten Unterlagen, dass das Landratsamt dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zur Erstattung des aufgelaufenen Kontrollaufwands verpflichtet wäre. Die vom Beklagten ins Feld geführten Benutzungsgebühren hat vielmehr derjenige zu tragen, der die Verrichtung veranlasst hat oder in dessen Interesse sie vorgenommen wurde oder aber, wer Gebühren und Auslagen gegenüber der Dienststelle schriftlich übernommen hat (§ 2 GGebV). Aus dieser Vorschrift lässt sich eine Kostentragungspflicht des Landratsamtes nach der Gesundheitsgebührenverordnung nicht ableiten. Die insoweit allein in Betracht kommende Vorschrift des § 2 Nr. 1 GGebV, die als Schuldner denjenigen benennt, der eine Verrichtung veranlasst hat, ist vorliegend nicht einschlägig. Denn auszulegen ist die Norm wie der gleichlautende Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG. Danach ist mit Veranlassung nicht die verwaltungsmäßige innerdienstliche Beauftragung oder Einschaltung des Landesamtes zu verstehen, die in der Tat vom Landratsamt ausging. Vielmehr ist entscheidend, wer in tatsächlich verantwortlicher Weise die Ursache für das Tätigwerden des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gesetzt hat, wer also durch sein Verhalten oder durch einen von ihm zu vertretenden Umstand die Amtshandlung auslöst (Roth in PdK Bay E-4b, Stand Juni 2017, Nr. 5.2.1). Dies war hier der Kläger, der durch den Betrieb der Hundezucht in der geschilderten Weise die Ursache für die Kontrolle unter Beteiligung des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gesetzt hat.
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Die aus § 2 Nr. 1 GGebV abgeleitete Folgerung, dass das Landratsamt dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nicht zur Kostenerstattung verpflichtet ist, wird durch die von der letztgenannten Behörde versandte Kostenmitteilung vom 5.10.2016 bestätigt. Hierbei handelt es sich um ein bei der vorgelegten Akte befindliches Schreiben, in dem das Landesamt mitteilt, dass Kosten in Höhe von 2.451,65 EUR entstanden seien. Weiter ist dort ausgeführt: „Falls Anordnungen oder Maßnahmen getroffen und Kosten des LGL einem Dritten auferlegt werden, sind diese auf das Konto […] zu überweisen.“ Zugleich besteht auf einem anschließenden Fragebogen die Möglichkeit, anzugeben, dass Kosten nicht erhoben würden und eine Kostenerstattung daher unterbleibe. Daraus ergibt sich, dass auch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nicht von einem gegen die Tierschutzbehörde gerichteten Erstattungsanspruch ausgeht, sondern die Erstattung davon abhängig macht, dass die Kosten einem Dritten auferlegt werden.
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Der vom Beklagten vorgelegte Leitfaden des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz zur Anwendung der Lfd. Nrn. 7.IX.9// bis 7.IX.14/ des Kostenverzeichnisses vom 14.12.2019 steht dem nicht entgegen. Denn ungeachtet dessen, dass es sich um eine behördliche Interpretation des Gesetzes handelt, die das Gericht nicht bindet, enthält auch der Leitfaden keine eindeutige Aussage zu der Frage, ob die Kosten des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit als Auslagen geltend gemacht werden können. Während auf S. 22 f. die Rede davon ist, dass die vollen Kosten der Betriebskontrolle durch das Landesamt als Auslagen zu erheben seien, wenn die Kreisverwaltungsbehörde Anordnungen treffe, heißt es unmittelbar vorher auf S. 22:
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Wenn die Behörde Anordnungen oder Maßnahmen trifft, hat sie die vollen Kosten der Kontrolle, die [hierzu] geführt hat, bei der Bemessung der Gebühr mit zu berücksichtigen. […] Dies gilt grundsätzlich auch für Kontrollen mit Beteiligung des LGL.
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Aus dem Leitfaden lässt sich also nicht schließen, ob eine Erhebung der Kosten als Auslagen oder im Rahmen der Gebührenbemessung erfolgen soll.
28
Zuletzt führt der Hinweis des Beklagten auf Art. 10 Abs. 3 KG nicht dazu, dass die Auslagenerhebung rechtmäßig wäre. Zwar wird nach dieser Vorschrift die Erhebung von Auslagen nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Kosten erhebende Behörde aus Gründen der Gegenseitigkeit, der Verwaltungsvereinfachung und aus ähnlichen Gründen an die anderen Behörden, Einrichtungen oder Personen Zahlungen nicht zu leisten hat. Eine solche Situation liegt hier aber nicht vor. Die fehlende Erstattungspflicht des Landratsamtes folgt bereits aus der Regelung des § 2 GGebV, also daraus, dass die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung fehlen. Ein von Art. 10 Abs. 3 KG angesprochener Verzicht auf eine an sich vorzunehmende Erstattung - wie er etwa in § 4 GGebV geregelt ist - greift vorliegend nicht ein.
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b) Daraus folgt indes nicht, dass der Beklagte zur Geltendmachung der auf Seiten des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit aufgelaufenen Kosten nicht berechtigt wäre. Vielmehr hat die Behörde bei der Ausfüllung des Gebührenrahmens der Nr. 7.IX.10/2.3 KVz den mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand aller beteiligten Behörden und Stellen zu berücksichtigen (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG). Hierbei hätte der Aufwand des Landesamtes gebührenerhöhend berücksichtigt werden müssen (vgl. VG München, U.v. 30.6.2016 - M 23 K 16.928 - juris Rn. 59).
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Obwohl damit eine Gebührenerhebung anstelle der erfolgten Erhebung als Auslagen zulässig gewesen wäre, kommt eine Umdeutung der Nr. 4.3 des angegriffenen Bescheids nicht in Betracht. Denn wegen Art. 47 Abs. 3 BayVwVfG kann eine Entscheidung, die - wie hier die Auslagenerhebung gemäß Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG - nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden (vgl. VG Regensburg, U.v. 23.5.2013 - RN 9 K 13.371 - juris Rn. 20).
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Im Übrigen ist die Klage hingegen unbegründet, denn insoweit ist der angegriffene Be scheid formell (dazu 1.) und materiell (dazu 2.) rechtmäßig und verletzt daher den Kläger nicht in seinen Rechten.
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1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere im Hinblick auf das Anhörungserfordernis des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG. Nach der genannten Vorschrift muss einem Beteiligten vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Erforderlich ist, dass die Behörde dem Betroffenen die in Aussicht genommene Verwaltungsentscheidung in Grundzügen erkennbar macht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eröffnet (Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 28 VwVfG Rn. 31 f.).
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In Anlegung dieser Maßstäbe liegt in der E-Mail-Korrespondenz des Leiters des Veterinäramts mit dem Kläger eine genügende Anhörung. Der Erstgenannte hat dem Kläger Abhilfemaßnahmen im Hinblick auf die Feststellungen bei der Kontrolle 25.6.2016 angekündigt und die Möglichkeit zur Äußerung eröffnet; der Kläger hat im weiteren Verlauf dazu Stellung genommen.
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2. Der Bescheid ist im Übrigen auch materiell rechtmäßig. Dies gilt für die in Nr. 1 des Bescheids getroffenen tierschutzrechtlichen Anordnungen (dazu a)) ebenso wie für die übrigen Zwangsmittelandrohungen, die Kostengrundentscheidung, die Gebührenfestsetzung sowie die Feststellung der Fahrtauslagen (dazu b)).
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a) Die Behörde hat die in Nr. 1 des Bescheids vom 29.12.2016 ausgesprochenen Anord nungen zu Recht auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG gestützt. Gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG insbesondere die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen. Die letztgenannte Vorschrift gibt dem Tierhalter auf, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen (Nr. 1). Zudem darf der Halter die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht derart einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden. Näher konkretisiert werden die Anforderungen des § 2 TierSchG gemäß § 2a Abs. 1 durch die Tierschutz-Hundeverordnung.
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Das Tierschutzgesetz erachtet in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 die Einschätzung des beamteten Tierarztes im Regelfall als maßgeblich; auch sind beamtete Tierärzte als gesetzlich vorgesehene Sachverständige im Bereich des Tierschutzes eigens bestellt (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof räumt beamteten Tierärzten deshalb im Hinblick auf die Anforderungen des § 2 TierSchG und ihre Erfüllung eine vorrangige Beurteilungskompetenz ein (U.v. 30.1.2018 - 9 B 05.3146 - juris Rn. 29). Vor diesem Hintergrund kommt den amtstierärztlichen Feststellungen bei der Kontrolle am 22.6.2016 besonderes Gewicht zu.
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Gemessen an diesen Maßstäben stellen sich die in Nr. 1 des angegriffenen Bescheids ausgesprochenen Anordnungen als materiell rechtmäßig dar. Insbesondere hat das Gericht keinen Zweifel, dass die klägerischen Hunde - wie von den Amtstierärzten festgestellt - nicht ausreichend sozialisiert waren. Das lediglich pauschale Bestreiten des Klägers unter Vorlage hierfür nur wenig aussagekräftiger Unterlagen und Lichtbilder stellt diese sachkundigen Feststellungen nicht durchgreifend in Frage. Die in Nr. 1.1 bis 1.3 getroffenen Anordnungen stellen sich als verhältnismäßige Maßnahmen zur Beseitigung dieses Mangels dar; Nr. 1.1 wiederholt ohnehin nur die bereits geltende Forderung des § 3 TierSchHuV. Der Rechtmäßigkeit der letztgenannten Anordnung steht nicht entgegen, dass sie nach der Anzahl der bei der Kontrolle vorhandenen Hunde möglicherweise im Erlasszeitpunkt erfüllt war. Denn zum einen war aufgrund der klägerischen Angaben bei der Ortseinsicht eine Bestandsveränderung als durchaus möglich anzusehen. Zum anderen hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass in Nr. 1.1 des Bescheids auch die Sachkunde der Betreuungsperson gefordert ist, so dass die Anordnung bereits aus diesem Grund zur Beseitigung der festgestellten Defizite erforderlich war. Dem Protokoll der Kontrolle vom 22.6.2016 lässt sich weiter entnehmen, dass einzelne der Boxen, in denen der Kläger zum damaligen Zeitpunkt Hunde hielt, wegen des nicht dauerhaft gewährleisteten Offenstehens der Verbindungsklappen die Mindestgrößen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TierSchHuV unterschritten. Diese Feststellung bezog sich - anders als der Kläger meint - nach dem Akteninhalt zweifelsfrei auf Boxen, die im Zeitpunkt der Kontrolle am 22.6.2016 belegt waren. Es kommt für die Rechtmäßigkeit der Nr. 1.4 folglich nicht darauf an, dass der Kläger Teile seiner Haltungseinrichtungen nach eigener Einlassung seit mehreren Jahren nicht mehr benutzt. Nr. 1.5 und 1.6 des Bescheids setzen die Vorgaben aus § 6 Abs. 3 Satz 4 und § 6 Abs. 5 TierSchHuV um. Das Gericht hat aufgrund der amtstierärztlichen Darstellung keinen Zweifel, dass die Hundehaltung des Klägers im Zeitpunkt der Kontrolle diesen Anforderungen nicht entsprach. Es ist nach dem Ergebnis des Verfahrens auch überzeugt, dass nicht allen Hunden in den Ausläufern ein witterungsgeschützter Liegeplatz zur Verfügung stand. Vor diesem Hintergrund war die Behörde berechtigt, in Nr. 1.7 das Bescheids Maßnahmen zur Erfüllung des § 4 Abs. 1 Satz 1 TierSchHuV zu verlangen. Der klägerseits geführte Einwand, ein wärmegedämmter Boden sei in den Ausläufern vorhanden und die Amtstierärzte hätten dies verkannt, greift nicht durch. Nach der Begründung das Bescheids war ein behördliches Handeln wegen fehlenden Witterungsschutzes angezeigt. Dass die Behörde in diesem Rahmen die Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 TierSchHuV im Bescheid vollumfänglich wiederholt hat, macht ihre Anordnung nicht rechtswidrig. Das Gericht teilt darüber hinaus die behördliche Einschätzung, dass die Hundeausläufe - von denen dem Gericht verschiedene Fotografien vorliegen - den Hunden eine adäquate Befriedigung ihrer Abwechslungs-, Beschäftigungs- und Erkundungsbedürfnisse nicht erlaubte. Vor diesem Hintergrund stellen sich Nr. 1.8 und 1.12 des Bescheids als rechtmäßig dar. Keine Einwände bestehen auch hinsichtlich der Nr. 1.9, mit der dem Kläger die Entfernung vorhandener verletzungsträchtiger Gegenstände aufgegeben wurde. Hinsichtlich Nr. 1. 10 und 1.11 hat das Landratsamt in zutreffender Weise auf die Anforderungen des § 2 Abs. 1 TierSchHuV und die zugehörige Gesetzesbegründung verwiesen. Dass ein Auslauf im Sinne dieser Vorschriften nicht gewährt wurde, ergibt sich zweifelsfrei aus den amtstierärztlichen Feststellungen. Die Notwendigkeit der in Nr. 1.14 und 1.15 angeordneten Maßnahmen, die zu der nach § 2 Nr. 1 TierSchG geschuldeten Pflege der gehaltenen Tiere gehören, hat auch der Kläger nicht bestritten. Zugleich ergibt sich aus dem Inspektionsprotokoll, dass verschiedene Tiere Zahnsteinbildung, Entzündungsanzeichen und zu lange Krallen gezeigt hatten. Die Verpflichtung zum Führen eines Bestandsbuchs hat die Behörde zurecht auf § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TierSchG a.F. gestützt, der gemäß § 21 Abs. 5 TierSchG vorliegend zur Anwendung kommt. Aus den Normen ergibt sich, dass als Nebenbestimmung zu einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 TierSchG die Führung eines Bestandsbuchs gefordert werden kann. Das vom Kläger und seinem Bevollmächtigten wiederholt in Bezug genommene Urteil des Gerichts vom 8.9.1997 steht dem nicht entgegen. Denn den Tierschutzbehörden stand § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TierSchG a.F. zu diesem Zeitpunkt als Rechtsgrundlage noch nicht zur Verfügung. Im betreffenden Verfahren hatte sich das Landratsamt deshalb auf § 16a Abs. 1 Tierschutzgesetz gestützt. Die damalige gerichtliche Feststellung, dass diese Vorschrift als Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zum Führen eines Bestandsbuchs nicht in Betracht komme, ist angesichts des nunmehr anwendbaren § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TierSchG a.F. folglich ohne Belang.
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Ein anderes ergibt sich nicht aus dem vom Klägerbevollmächtigten erhobenen, allgemeinen Einwand der Unverhältnismäßigkeit. Der Bevollmächtigte rügt, die Behörde sei mit einer großen Anzahl Bediensteter zur Kontrolle gekommen. Die Situation wäre völlig anders verlaufen, hätte man den Kläger vorher angerufen und dann eine Amtstierärztin zur Kontrolle vorbeigeschickt. Der Bevollmächtigte hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Kläger den Umfang seiner Hundezucht in der jüngeren Vergangenheit erheblich reduziert hat. Mit diesem Vorbringen kann der Klägerbevollmächtigte die Rechtmäßigkeit der in Nr. 1 des Bescheids getroffenen Anordnungen nicht in Zweifel ziehen. Denn diese beruhen allein auf der Tatsache, dass die gesetzlichen Anforderungen an die Haltung von Hunden in der Hundezucht des Klägers nicht vollständig erfüllt wurden. Die Frage, auf welche Weise und unter welchem Personaleinsatz die Behörde diese Diskrepanzen aufgedeckt hat, betrifft allein das Verwaltungsverfahren. Diesbezüglich aufgetretene Mängel sind gemäß Art. 46 BayVwVfG nur insoweit von Relevanz, als sie die Entscheidung in der Sache beeinflusst haben könnten. Dies ist vorliegend aber ausgeschlossen. Das Gericht braucht daher der vom Klägerbevollmächtigten aufgeworfenen Frage, ob das behördliche Vorgehen vor Erlass des Bescheids unverhältnismäßig war, an dieser Stelle nicht weiter nachzugehen.
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b) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohungen in Nr. 3.1 bis 3.9, 3.12, 3.16 und 3.17 sowie gegen die Kostengrundentscheidung, die Gebührenfestsetzung und die Erhebung der Fahrtauslagen sind nicht ersichtlich. Für die Zwangsgeldandrohungen liegen die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Die Kostengrundentscheidung entspricht Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG, wonach der Veranlasser der Amtshandlung die Kosten zu tragen hat. Die Gebührenfestsetzung hält sich im Rahmen der Nr. 7.IX.10/2.5 Kostenverzeichnis, wobei nicht ersichtlich ist, dass die Behörde rechtswidrig einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand generiert hätte. Die Fahrtkosten der Bediensteten des Landratsamtes stellen sich gemäß Art. 10 Abs. 1 Nr. 4 KG als Auslagen dar.
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Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die Gewichtung der Kostenanteile hat das Gericht berücksichtigt, dass der Beklagte hinsichtlich eines größeren Teils seiner vollstreckungsrechtlichen Maßnahmen und hinsichtlich des weit überwiegenden Teils der erhobenen Kosten unterlegen ist.
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Rechtsgrundlage des Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit sind § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.