Titel:
Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der DPMA
Normenketten:
IFG § 1, § 6 S. 2, § 8
VwGO § 161 Abs. 2
Leitsätze:
1. Zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Rahmen des IFG bedarf es (1) eines Unternehmensbezugs sowie einer (2) Information, die nicht offenkundig sein darf, also nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist, und (3) nach dem Willen ihres Inhabers geheim bleiben soll sowie (4) eines berechtigten Interesses an der Geheimhaltung. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unterlagen des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) sind nicht schutzbedürftig, wenn sie nicht (mehr) geheim, d.h. einem nur begrenzten Personenkreis bekannt sind, oder nicht dargetan wird, dass sie exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen enthalten, noch, dass diese amtlichen Informationen Rückschlüsse auf solches Wissen zulassen, das geeignet wären, die Wettbewerbsposition der DPMA zu beeinträchtigen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Informationsfreiheitsgesetz, Informationsbegehren gegenüber dem DPMA, Aufsichtstätigkeit gegenüber einer Verwertungsgesellschaft, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
Fundstelle:
BeckRS 2020, 41810
Tenor
I. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2017, mit welchem dem Antrag der Beigeladenen auf Zugang zu den bei der Beklagten im Zusammenhang mit der Aufsichtstätigkeit gegenüber der Klägerin geführten Akten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) teilweise stattgegeben worden ist.
2
Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft im Sinne von § 2 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz - VGG), die Urheber- und Leistungsschutzrechte von Sendeunternehmern und Presseverlegern wahrnimmt. Die Beklagte übt durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA), eine obere Bundesbehörde, die Staatsaufsicht über Verwertungsgesellschaften aus, §§ 75ff. VGG. Die Beigeladene ist ein Technologieunternehmen, das neben verschiedenen Online-Diensten u.a. eine Internet-Suchmaschine betreibt und den Nutzern der Suchmaschine Inhalte von Presseerzeugnissen zugänglich macht.
3
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 beantragte die Beigeladene (im Folgenden auch: IFG-Antragstellerin) bei der Beklagten, ihr nach § 1 IFG Akteneinsicht in sämtliche Unterlagen zu Aufsichtsverfahren, Schreiben und Entscheidungen der Beklagten gegenüber der Klägerin zu gewähren. Der Antrag bezog sich auf
1. seit dem 15. September 2014 erstellte Unterlagen
a) betreffend den am 13. Juni 2014 veröffentlichten „Tarif Presseverleger“ sowie
b) betreffend die gesellschaftsrechtliche Beteiligung von zwölf Presseverlagen an der Klägerin im Februar 2014 und der damit verbundenen Neuausrichtung des erlaubnispflichtigen Geschäftsbetriebs der Klägerin,
2. das Beschwerdeverfahren der Beigeladenen gegen die Wahrnehmungspraxis der Klägerin (Az. des DPMA 3601/20-4.4-…III/65) (im Folgenden sind Az. stets solche des DPMA);
3. den Bescheid der Beklagten vom 2. April 2015 (Az. 3601/36-4.4-…III/30) und das diesem zugrunde liegende Verfahren,
4. die Inhaltsverzeichnisse der Akten zu 1. bis 3 sowie
5. die Liste aller zur Klägerin bei der Beklagten geführten Akten, aus der das Aktenzeichen sowie deren Betreff ersichtlich wird, soweit sie zum Zeitpunkt der Antragstellung Gegenstand der Verfahrensakten waren.
Die Beigeladene erklärte sich in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit der Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden (siehe § 7 Abs. 2 Satz 2 IFG).
4
Mit Schreiben der Beklagten vom 15. Februar 2016 wurde u.a. der Klägerin im Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 IFG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Nach Offenlegung der Identität der IFG-Antragstellerin widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 11. April 2016 weitgehend der Einsicht durch die Beigeladene in die ungeschwärzten Akten der Beklagten, da diese in weiten Teilen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten würden. Die Preisgabe der begehrten Informationen an Dritte würde die unternehmerische Strategie der Klägerin bei der Durchsetzung einheitlicher Tarife offenbaren und die Verfolgung der Geschäftsstrategie massiv erschweren. Dies gelte sowohl für bereits abgeschlossene, als auch für gegenwärtig anhängige Aufsichtsverfahren.
5
Mit Bescheid des DPMA vom 24. August 2016, der Klägerin als Dritte im Sinne des IFG zugestellt am 30. August 2016, wurde der beigeladenen IFG-Antragstellerin in Nr. 1 des Bescheids ein Anspruch auf Informationszugang nach § 1 Abs. 1 IFG insoweit gewährt, als eine Einsicht
- in die Akten 3601/36-4.4-…III/27, 3601/2-4.4-2 Band 14 Nr. 101, 3601/36-4.4-…III 24 Band 1 und 2 jeweils mit dem Akteninhalt nach dem 15.9.2014 (Nr. 1a des Bescheids) sowie
- in die Akten 3601/20-4.4-…III/65, 3601/36-4.4-…III/30 Band 1 bis 3 samt Inhaltsverzeichnisse und in die Liste aller zur Klägerin geführten Akten, soweit der IFG-Antragstellerin noch nicht bekannt oder nicht als Berufsgeheimnisse nach Ziffer II. 2. a., als personenbezogene Daten nach Ziffer II. 2. b. und als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach Ziffer II. 2. c. mit den aus Anlage 2 ersichtlichen Einschränkungen ausgeschlossen (Nr. 1b des Bescheids);
bewilligt wurde. Der Informationszugang werde in Form der Übersendung von Aktenkopien gewährt und erfolge erst, nachdem und soweit dieser Bescheid gegenüber den Drittbeteiligten bestandskräftig geworden sei (Nr. 2 des Bescheids); im Übrigen werde der Antrag abgelehnt (Nr. 3 des Bescheids).
6
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Antrag auf Informationszugang zum Teil stattzugeben sei (§ 7 Abs. 1 Satz 2 IFG). Der Antrag betreffe näher angeführte Akten, die zum Zeitpunkt der Antragstellung am 27. Oktober 2015 Gegenstand der Verfahrensakten waren. Informationen, die Berufsgeheimnisse (§ 3 Nr. 4 IFG und § 5 Abs. 2 IFG), personenbezogene Daten (§ 5 IFG) und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 6 S. 2 IFG) enthalten würden, würden nicht zugänglich gemacht. Zum Teil würden die Akten wettbewerbsrelevante Informationen und Unterlagen enthalten, die Rückschlüsse auf die Verfahrensstrategie der Klägerin zuließen, und deren Offenlegung geeignet wäre, die Verhandlungsposition der Klägerin bei potentiellen Vertragspartnern zu schwächen. Da eine Einwilligung der Klägerin insoweit nicht vorliege, sei der Informationszugang jeweils gemäß § 6 Satz 2 IFG ausgeschlossen. Soweit Aktenbestandteile auszunehmen seien, würden die betreffenden Kopien geschwärzt; seien ganze Seiten geheimhaltungsbedürftig, würden diese nicht übersendet. Die Anlage 2 des Bescheids enthielt unter Nr. 3 eine tabellarische Auflistung der näher bezeichneten Akteninhalte mit Seitenangabe und jeweiliger Begründung, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthielten bzw. - entgegen der Auffassung der Klägerin in dem vorangegangenen Verfahren nach § 8 IFG - nicht als solche eingestuft worden seien. Im Einzelnen näher aufgeführte Aktenbestandteile ließen „Rückschlüsse auf unternehmerische Strategien“ der Klägerin zu oder enthielten „wettbewerbsrelevante Informationen“ und/oder „verfahrenstaktische Überlegungen“. Bezüglich Blatt 139 der Akte 3601/20-4.4-…III/65 sei der Informationszugang teilweise im markierten Umfang gemäß § 6 Satz 2 IFG ausgeschlossen, da die gekennzeichneten Teile Rückschlüsse auf die unternehmerische Strategie der Klägerin zuließen.
7
Der Klägerin sowie weiteren Drittbeteiligten des IFG-Verfahrens wurde jeweils am 30. August 2016 per Postzustellungsurkunde eine unterschriebene Ausfertigung des Bescheids vom 24. August 2016 zugestellt. Die Beigeladene als IFG-Antragstellerin erhielt lediglich eine Sachstandsmitteilung. In den Akten befindet sich ein Hinweis (Bl. 214 der Verfahrensakte), dass der Bescheid an die Beigeladene „mit den Unterlagen“ erst nach Eintritt der Bestandskraft der Drittbeteiligungsbescheide zu versenden sei.
8
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 29. September 2016, eingegangen bei der Beklagten am selben Tag, legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 24. August 2016 Widerspruch ein und führte mit Schreiben vom 10. Januar 2017 aus, dass hinsichtlich der zur Akteneinsicht in Frage stehenden Unterlagen ein umfassendes Geheimhaltungsinteresse bestehe und nahezu sämtliche zur Veröffentlichung bestimmten Akteninhalte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthielten. Insoweit handle es sich hierbei um Unterlagen, die Rückschlüsse auf nicht öffentlich bekannte Einzelaspekte der Geschäftstätigkeit der Klägerin und zum Teil auch deren rechtliche Bewertung durch die Beklagte zuließen. Jedenfalls seien im Einzelnen aufgeführte Aktenbestandteile dem Kernbereich der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin zuzuordnen. Diese enthielten Maßnahmen, die die Klägerin zur Durchsetzung ihres Tarifs vornehme, ferner offenbarten die Auszüge Einzelheiten zu Stand und Zielrichtung des Aufsichtsverfahrens. Die Beklagte verhielte sich widersprüchlich, indem sie unter Hinweis darauf, dass bestimmte Aktenbestandteile „wettbewerbsrelevante Informationen“, „verfahrenstechnische Überlegungen“ sowie „Rückschlüsse auf unternehmerische Strategien“ enthielten, selbst grundsätzlich vom Vorliegen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ausgehe. Es sei auch anerkannt, dass deren Schutz ebenso Informationen zu behördlichen Genehmigungs- oder Untersagungsverfahren umfasse, durch die die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden könnten. Hierunter fielen u.a. die Liste der „VG M. Akten“, da nicht öffentlich bekannt sei, zu welchen Fragen die Beklagte aktuell aufsichtsrechtliche Verfahren gegen die Klägerin führe bzw. in der Vergangenheit geführt habe. Zudem liege ein Verstoß gegen § 39 Abs. 1 VwVfG vor, weil der Bescheid keine ausreichende Begründung enthalte, warum einzelne Aktenbestandteile jeweils keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalteten.
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Mit dem am 1. September 2017 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 14. August 2017 wies die Beklagte den Widerspruch vollumfänglich zurück (Nr. 1). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die streitgegenständlichen Aktenteile enthielten keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bzw. die Inhalte seien bereits öffentlich bekannt. Die Liste der „VG M. Akten“ enthalte keine Informationen aus dem technischen oder kaufmännischen Bereich der Klägerin. Vielmehr dokumentieren diese die aufsichtsrechtliche Tätigkeit der Beklagten. Hierbei sei die Beklagte im öffentlichen Interesse tätig, um nach Eingaben/Beschwerden oder auch von Amts wegen die Einhaltung der den Verwertungsgesellschaften obliegenden Pflichten nach dem VGG bzw. dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWahrnG) zu prüfen.
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Gegen den Bescheid vom 24. August 2016 und den Widerspruchsbescheid vom 14. August 2017 ließ die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten am 29. September 2017 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben. Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 5. Januar 2018 beantragte sie, den Ausgangsbescheid vom 24. August 2016 (Az. 1458/1-4.3.1J/2015-12) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2017 (Az. 1458/1-4.3.1J/2015-12) insoweit aufzuheben, wie dieser (…) über die Aktenbestandteile „Liste der beim DPMA geführten Akten (mit Ausnahme der Akten aus den Bereichen „Eingaben und Beschwerden über die Tätigkeit der VGen“ und „Eigeninitiative zur Überprüfung der Aktivitäten der VGen“)“, „Inhaltsverzeichnis zur Akte 3601/36-4.4-…III/27“, Blätter 68 bis 70 der Akte 3601/36-4.4-…III/27“, „Inhaltsverzeichnis zur Akte 3601/36-4.4-…III/24 Band 1 und 2“, „Blätter 69 und 72 der Akte 3601/36-4.4-…III/30 Band 1“ und „Blätter 624 und 700 der Akte 3601/36-4.4-…III/30 Band 3“ hinaus Akteneinsicht gewährt.
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Zur Begründung der Klage wurde ausgeführt, alle Akteninhalte mit Ausnahme der im Antrag genannten Bestandteile ließen Rückschlüsse auf die klägerische Strategie bei der Durchsetzung des Presseleistungsschutzrechts zu. Eine Veröffentlichung hätte zur Folge, dass die Verhandlungsposition der Klägerin bei zukünftigen Lizenzverhandlungen massiv geschwächt würde. Die Unterlagen seien auch nicht bereits öffentlich bekannt. Bekannt seien lediglich Randaspekte der grundsätzlichen Auseinandersetzung der Klägerin mit der Beigeladenen um die Durchsetzung des Presseleistungsschutzrechts (z.B. Aufsichtsverfahren, Schiedsstellenverfahren und mehrere Klageverfahren). Der Informationsgehalt der begehrten Unterlagen gehe weit über die bisher veröffentlichten Informationen hinaus. Zudem werde der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erhoben, da es alleiniges Ziel der Beigeladenen sei, der Klägerin bei der Ausübung ihrer treuhänderischen Tätigkeit für die Rechteinhaber im Bereich des Presseleistungsschutzrechts und in anderen Geschäftsbereichen zu schaden.
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Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2018 teilte die Beklagte dem Gericht mit, dass die Beigeladene in dem bei einer anderen Kammer des Gerichts anhängigen Verfahren (M 16 K 15.4979) betreffend eines aufsichtsrechtlichen Verfahrens gegenüber der Klägerin als Beigeladene Einsicht in die vollständige Verfahrensakte der Beklagten genommen habe. Die Beklagte habe mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 diese ungeschwärzt vorgelegt. Nach erfolgter Akteneinsicht habe die Beigeladene am 9. November 2017 ihren IFG-Antrag bezogen auf die Ziffern 1 bis 3 zurückgenommen, da sich ihr Auskunftsbegehren insoweit durch die Akteneinsicht erledigt habe.
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Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2018 legte die Beklagte die Ausgangsverfahrens- und Widerspruchsakten vor und erwiderte zur Klage, dass diese bereits teilweise unzulässig sei. Die teilweise Rücknahme des IFG-Antrags habe zu einer Erledigung nach § 43 Abs. 2 VwVfG geführt. Die noch streitgegenständlichen, nicht erledigten Aktenteile seien somit im Ergebnis:
- Liste der VG-M.-Akten („Eingaben und Beschwerden über die Tätigkeit der VGen“ und „Eigeninitiative zur Überprüfung der Aktivitäten der VGen“, 24 Seiten);
- Akte 3601/20-4.4-…III/65 (Beschwerde Antragstellerin): Inhaltsverzeichnis, Blätter 138-140;
- Akte 3601/2-4.4-2 Band 14 Nr. 101 (Korrespondenz BMJV): Inhaltsverzeichnis.
Diesbezüglich sei die Klage jedoch unbegründet. Ergänzend zur Begründung im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid werde darauf hingewiesen, dass der Herausgabe von Aktenlisten nicht entgegenstehe, dass hierüber bekannt werde, welche Beschwerden eingegangen seien bzw. welche Verfahren die Beklagte von Amts wegen führe, da diese lediglich die aufsichtsrechtliche Tätigkeit der Beklagten dokumentierten. Die Beschwerdeführer selbst könnten jederzeit die Einreichung einer Beschwerde öffentlich kommunizieren. Im Einzelnen lege die Liste der VG-M.-Akten weder Informationen aus dem technischen, noch aus dem kaufmännischen Bereich offen. Zudem sei die Tatsache, dass die Beklagte ein Aufsichtsverfahren gegen die Klägerin wegen des Presseverlegerleistungsschutzrechts führe, öffentlich bekannt. Dies zeigten entsprechende, frei zugängliche und im Internet abrufbare Berichte (als Anlage beigefügt). Darüber hinaus verhalte sich die Klägerin widersprüchlich, da sie in mehreren von ihr betriebenen Verfahren nach dem IFG selbst Einsicht in Aktenlisten der Beklagten beantragt habe. Bezüglich des Inhaltsverzeichnisses der Akte 3601/20-4.4-…III/65 sowie der Blätter 138-140 sei entgegen der Auffassung der Klägerin allgemein bekannt, dass die Beigeladene bei der Beklagten gegen die Klägerin Beschwerde eingelegt habe. Das Bundeskartellamt habe in seinem Beschluss vom 8. September 2015 (Az. B6-126/14) sämtliche Schritte detailliert aufgeführt, die die Klägerin und ihre Wahrnehmungsberechtigten zur Durchsetzung des Presseverlegerleistungsschutzrechts unternommen hätten. Außerdem sei öffentlich bekannt, dass der Tarif „Presseverleger“ Gegenstand eines Schiedsstellenverfahrens gewesen sei sowie ein möglicher Verstoß der Klägerin gegen das Gleichbehandlungsgebot durch die Aufsicht geprüft werde. Zudem lasse sich aus dem Inhaltsverzeichnis lediglich die chronologische Reihenfolge der in der Akte enthaltenen Schriftstücke mit Blattzahlen entnehmen, ohne im Einzelnen Aufschluss über den Inhalt zu geben. Blatt 138 sei die erste Seite einer Verfügung, auf welcher ein Betreff, ein Verweis auf einzelne Schreiben und ein Kürzel einer Mitarbeiterin der Beklagten zu sehen seien. Der Vermerk auf Blatt 139 enthalte lediglich kurze Ausführungen dazu, dass die Prüfung einer möglichen Ungleichbehandlung der Suchmaschinen durch die Beklagte bereits aufgenommen worden sei sowie der Tarif „Presseverleger“ bei der Schiedsstelle anhängig sei. Dies sei öffentlich bekannt. Über das Schiedsstellenverfahren und die erteilte vergütungsfreie Einwilligung habe u.a. die Klägerin selbst auf ihrer Internetseite berichtet; ebenso seien diverse Pressemitteilungen darüber im Internet abrufbar (als Anlage beigefügt). Blatt 140 enthalte einen Vermerk über einen Anruf, in welchem sich der Anrufer bei einer Mitarbeiterin des DPMA über den Verfahrensstand der Eingabe der Beigeladenen zum Tarif „Presseverleger“ erkundige. Dem Anrufer sei mitgeteilt worden, dass eine Stellungnahme der Klägerin eingeholt werde und die Prüfung noch nicht abgeschlossen sei; zudem sei dabei die Übersendung einer Eingangsbestätigung unter Angabe des Aktenzeichens angekündigt worden. Das Inhaltsverzeichnis der Akte 3601/2-4.4-2 Band 14 Nr. 101 enthalte ebenso wenig Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Dass zu einer Einzelfrage intrabehördliche Korrespondenz zwischen dem DPMA und ihrer Fachaufsicht, dem BMJV, stattgefunden habe, sei nicht geeignet, Geheimhaltungsinteressen der Klägerin zu tangieren. Aus dem Verzeichnis lasse sich ohnehin lediglich die chronologische Reihenfolge der Aktenbestandteile entnehmen, ohne im Einzelnen Aufschluss über deren Inhalt zu geben.
14
Mit Schriftsatz vom 10. September 2018 erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit für erledigt, als die Beigeladene ihren IFG-Antrag zurückgenommen habe.
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Hierzu führte die Klägerin aus, dass die Kosten bezüglich des erledigten Teil der Beklagten aufzuerlegen seien, da sie im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre und das erledigende Ereignis herbeigeführt habe. Dafür spreche schon die rechtswidrige Vorlage der vollständigen und ungeschwärzten Akte des Aufsichtsverfahrens zum Tarif „Presseverleger“ (Az. 3601/36-4.4-…III/30) im gerichtlichem Verfahren M 16 K 15.4979, obwohl sie selbst vom (teilweisen) Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ausgegangen sei. Bezüglich des nicht erledigten Teils sei zwar in der Fachpresse über die Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen berichtet worden, diese Berichterstattung weise jedoch nicht ansatzweise eine mit den streitgegenständlichen Akteninhalten vergleichbare Detailtiefe auf. Im Einzelnen enthalte die Liste der VG-M.-Akten eine Vielzahl von nicht öffentlich bekannten Informationen. Eine Veröffentlichungspflicht durch die Aufsichtsbehörde gebe es, anders als etwa im Energierecht (vgl. § 31 ARegV und § 74 EnWG), bei der Aufsicht über Verwertungsgesellschaften nicht. Bei der Aufsichtstätigkeit liege keine reine „behördeninterne“ Entscheidung vor, sondern diese entfalte Außenwirkung. Insoweit schwäche eine Preisgabe der Informationen die Akzeptanz der Klägerin und beeinträchtige sie letztlich bei ihren Bemühungen, ihre Tarife durchzusetzen. Die Informationen im Inhaltsverzeichnis und in den Blättern 139-140 der Akte 3601/20-4.4-…III/65 gingen deutlich über die im Beschluss des Bundeskartellamts enthaltenen Feststellungen hinaus. Bereits die im Inhaltsverzeichnis dargestellte chronologische Reihenfolge der Akten lasse auf deren Inhalt und insbesondere auch auf die Zielrichtung des Aufsichtsverfahrens schließen. Diese Informationen seien so detailliert nicht öffentlich bekannt. Aus der Verfügung auf Blatt 138 folge detailliert, welche Verfahrensschritte (samt Inhalt und Zielrichtung) die Beklagte gegenüber der Klägerin nach Erhalt der Beschwerde der Beigeladenen durchgeführt habe. Bezüglich Blatt 139 sei zwar u.a. über das Schiedsstellenverfahren in der Presse berichtet worden, der Inhalt interner Vermerke der Beklagten zum damaligen Stand und zur rechtlichen Bewertung des Verfahrens seien jedoch nicht bekannt. Auch der Telefonvermerk auf Blatt 140 offenbare weitreichende Informationen zum damaligen Stand des aufsichtsrechtlichen Verfahrens, insbesondere dessen Verfahrensschritte und Zielrichtung; diese würde bei Offenlegung erhebliche Nachteile für die Klägerin mit sich ziehen. Aus dem Inhaltsverzeichnis der Akte 3601/2-4.4-2 Band 14 Nr. 101 könnten erhebliche Rückschlüsse auf Gegenstand, Zielrichtung und Komplexität des aufsichtsrechtlichen Verfahrens gezogen werden, die nicht bekannt seien und der Klägerin schaden könnten.
16
Mit Schriftsatz vom 6. März 2019 stimmte die Beklagte der Erledigungserklärung der Klägerin zu und beantragte die Klage im Übrigen abzuweisen.
17
Die Kosten des erledigten Teils des Verfahrens seien von der Klägerin zu tragen, da diese im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre. Sie sei nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Vorlage der vom Gericht angeforderten Akten in dem gerichtlichen Verfahren M 16 K 15.4979 verpflichtet gewesen; zum damaligen Zeitpunkt war nicht mit einer Beiladung nach § 65 VwGO zu rechnen (Anm. des Gerichts: Die Beiladung im dortigen Verfahren erfolgte mit Beschluss des BayVGH v. 6.7.2017 - 22 C 17.639).
18
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 12. April 2019 verwahrte sich die Klägerin gegen die Kostentragung hinsichtlich des erledigten Teils. Zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aktenvorlage werde ein gerichtliches Verfahren (M 16 K 19.1047) betrieben. Bezüglich des nicht erledigten Teils verweise die Beklagte lediglich auf die Begründung im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid und liefere nach wie vor keine Erklärung dafür, dass die Beigeladene ihren Auskunftsantrag weiterverfolge, obwohl nach Ansicht der Beklagten die begehrten Informationen bereits öffentlich bekannt seien.
19
Mit Beschluss des Gerichts vom 2. Januar 2020 wurde die IFG-Antragstellerin zum Verfahren beigeladen. Das Gericht hatte den Beteiligten zuvor mit Schreiben vom 30. September 2019 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin widersprach mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 26. November 2019 der beabsichtigten Beiladung; jedenfalls müsste dann das Akteneinsichtsrecht zur Wahrung der Geheimhaltungsinteressen teleologisch reduziert werden. Ebenso sprach sich die Beklagte nach vorheriger Einsichtnahme in die Gerichtsakte am 29. November 2019 gegen eine Beiladung aus. Zwar enthalte die Verfahrensakte nach erfolgter Durchsicht keine der verbleibenden streitgegenständlichen Unterlagen, allerdings werde der nach § 8 IFG beabsichtigte verfahrensrechtliche Grundrechtsschutz der Klägerin unterlaufen. Die Klägerin wies mit Schriftsatz vom 21. Januar 2020 erneut darauf hin, dass das Akteneinsichtsrecht der Beigeladenen nach § 100 VwGO teleologisch zu reduzieren sei und eine Akteneinsicht nicht zu einer Erledigung der Hauptsache führen dürfe.
20
Die Klägerin erklärte mit Schriftsatz vom 30. März 2020, die Beklagte mit Schriftsatz vom 1. April 2020 sowie die Beigeladene mit Schriftsatz vom 31. März 2020 jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
21
Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2020 äußerte sich die Beigeladene dahingehend, dass die Klage bezogen auf den nicht erledigten Teil unbegründet sei. Die Auffassung der Klägerin, dass jede Information mit Bezug zur Aufsichtstätigkeit der Beklagten für die Klägerin ein Geschäftsgeheimnis sei, gehe fehl. Das in § 1 IFG angelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis der Zugänglichkeit von Informationen werde auf den Kopf gestellt, wenn sogar bloße Listen amtlich geführter Akten und Inhaltsverzeichnisse vom Informationszugang auszunehmen seien. Es könne dahingestellt bleiben, ob die streitgegenständlichen Informationen schon aufgrund ihrer Offenkundigkeit keine Geschäftsgeheimnisse (mehr) seien, da die Klägerin jedenfalls kein berechtigtes objektives Geheimhaltungsinteresse habe. Die Klägerin, die die Leistungsschutzrechte ihrer Mitglieder nach § 87f Abs. 1 UrhG ausschließlich wahrnehme, sei keinem Wettbewerb ausgesetzt. Das BVerwG sehe den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Schutz der wirtschaftlichen Stellung gegenüber den Marktkonkurrenten. Solche habe die Klägerin jedoch nicht, vielmehr verfüge sie über eine rechtliche und faktische Monopolstellung. Darüber hinaus könne die Klägerin durch das Bekanntwerden der Informationen auch nicht in ihrer wirtschaftlichen Stellung benachteiligt werden, da sie gesetzlich verpflichtet sei, einheitliche und objektiv angemessene Tarife aufzustellen (§ 38 VGG), Verträge zu objektiv angemessenen Bedingungen abzuschließen (§ 34 VGG) und einem Gleichbehandlungsgebot unterliege. Im Übrigen bestehe ein europarechtliches Transparenzgebot (Art. 20, 21 der RL 2014/26/EU). Insoweit sei die Klägerin nicht mit anderen wirtschaftlichen Unternehmen vergleichbar. Schließlich wies die Beigeladene die klägerischen Behauptungen zurück, die Beigeladene wolle der Klägerin schaden. Vielmehr wolle die Klägerin die Beigeladene in Misskredit bringen.
22
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten verwiesen. Die Gerichtsakten der Verfahren M 16 K 15.4979 und M 16 K 19.1047 (einschließlich der vorgelegten Behördenakten) wurden beigezogen.
Entscheidungsgründe
23
Über den Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis dazu erklärt haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
24
Soweit die Klägerin und die Beklagte den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Insoweit hat die Klägerin die Klage - bezogen auf den durch die Beigeladene in den Ziffern 1 und 3 zurückgenommen IFG-Antrag - mit Schriftsatz vom 10. September 2018 für teilweise erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 6. März 2019 der teilweisen Erledigungserklärung der Klägerin angeschlossen.
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Soweit der Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist die Klage zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
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1. Die Klage ist als Drittanfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) statthaft. Der Bescheid vom 24. August 2016 ist gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG gegenüber der Klägerin wirksam. Zwar wurde der Bescheid als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung nicht gegenüber dem er bestimmt ist - der beigeladenen IFG-Antragstellerin - wohl aber der drittbetroffenen Klägerin (§ 8 Abs. 2 Satz 1 IFG) bekannt gegeben, § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, § 41 Abs. 1 VwVfG. Die Bekanntgabe ist nach § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG dem Beteiligten gegenüber zu bewirken, für den er bestimmt ist, und demjenigen gegenüber, der von ihm betroffen ist. Die Bekanntgabe an einen Drittbetroffenen löst die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes nur diesem gegenüber aus (BeckOK/Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 49. Edition, Stand: 1.10.2020, § 41 Rn. 36). Dass die Beklagte den Bescheid erst nach Eintritt der Bestandskraft der Drittbeteiligungsbescheide an die Beigeladene zu versenden beabsichtigte, ist damit nicht entscheidend, da jedenfalls der Klägerin sowie anderen Drittbetroffenen eine unterschriebene Ausfertigung des Bescheids vom 24. August 2016 durch Postzustellungsurkunde am 30. August 2016 zugestellt wurde. Damit liegt ein tauglicher Klagegegenstand vor.
27
Die Klägerin ist auch klagebefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. Als Drittbetroffene im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 IFG kann sie eine mögliche Verletzung von § 6 Satz 2 IFG im Hinblick auf ihre durch Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geltend machen. Das erforderliche Widerspruchsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt, § 8 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 9 Abs. 4 Satz 1 IFG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Klägerin durch den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2017 nicht in ihren Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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a) Dem Informationsbegehren der Beigeladenen stehen keine formellen Hinderungsgründe entgegen.
30
aa) Eine etwaige fehlende oder unzureichende Begründung des (voraussetzungslosen) Antrags auf Informationszugang nach § 7 Abs. 1 Satz 3 IFG führt nicht schon zur Unzulässigkeit des Antrags, sondern allenfalls dazu, dass eine erforderliche Interessenabwägung zulasten eines IFG-Antragstellers ausgehen kann. Die Begründung des Antrags soll die Behörde lediglich in den Stand versetzen, eine Interessenabwägung vorzunehmen oder betroffene Dritte zu informieren, wer an seinen geschützten Informationen Interesse hat (OVG Münster, U. v. 16.06.2015 - 8 A 2429/14 - juris).
31
bb) Entgegen den klägerischen Ausführungen leidet der streitgegenständliche Bescheid auch nicht an einem Begründungsmangel nach § 39 Abs. 1 VwVfG. Ungeachtet dessen, dass diesem Begründungserfordernis wie anderen Verfahrensnormen grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zukommt, ist den Anforderungen des § 39 Abs. 1 VwVG vorliegend hinreichend Rechnung getragen. Danach ist ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen; in der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Der Bescheid vom 24. August 2016 enthält in Anlage 2 eine genaue Auflistung und Differenzierung der als geheimhaltungsbedürftig markierten Aktenbestandteile, die jeweils mit einer - wenn auch knappen Begründung - versehen sind. Im Widerspruchsbescheid vom 14. August 2017 ging die Beklagte zudem auf alle von der Klägerin benannten Aktenteile ein und begründete nochmals ausführlich die aus ihrer Sicht bestehende Reichweite der Einschränkungen des Informationsanspruchs, so dass in jedem Fall etwaige Formfehler als geheilt anzusehen sind, § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG.
32
b) Der Informationsgewährung stehen auch keine materiell-rechtlichen Hinderungsgründe entgegen, auf die sich die Klägerin berufen kann. Der der Beigeladenen gewährte Anspruch auf Information gemäß § 1 Abs. 1, Abs. 2, § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 IFG steht im Hinblick auf die noch streitbefangenen amtlichen Informationen insbesondere § 6 Satz 2 IFG nicht entgegen.
33
aa) Gemäß § 6 Satz 2 IFG darf der Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Ob schützenswerte Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse vorliegen, ist gerichtlich voll überprüfbar (BVerwG, U. v. 17.3.2016 - 7 C 2/15 - juris Rn. 35). Das BVerfG (B. v. 14.3.2006 - 1 BvR 2087/03 u. a., BVerfGE 115, 205 - juris) definiert Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als „alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge (..), die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können.“ Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 17.3.2016 a.a.O. - juris Rn. 35) wurde daher unter Zugrundelegung dieser Definition der Begriff der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im IFG entsprechend dem in § 9 Abs. 1 Nr. 3 Umweltinformationsgesetz (UIG) verwendeten Begriff auslegt, wenngleich § 6 Satz 2 IFG freilich anders als § 9 Abs. 1 a.E. UIG keinen Abwägungsvorbehalt enthält, sondern „abwägungsfest“ ist. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse ist demnach anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den „Konkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachhaltig zu beeinflussen (Wettbewerbsrelevanz)“ (BVerwG, U. v. 17.3.2016 a.a.O). In einer jüngeren Entscheidung in einem Zwischenverfahren (vgl. § 99 Abs. 1 S. 2 3. Alt. VwGO), dem ein Anspruch auf Zugang zu Informationen nach dem IFG zugrunde lag, hat das BVerwG (BVerwG, B. v. 5.3.2020 - 20 F 3.19 - juris) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse anhand des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen v. 18.4.2019 (GeschGehG) bestimmt, das der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Knowhows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung dient. Nach diesem Beschluss des BVerwG zählen zu den nach Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen „alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig sind. (…) Neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zu Grunde liegenden Informationen setzt ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus (§ 2 Nr. 1 lit. c GeschGehG). Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Schutzzweck des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses ist die Verteidigung der wirtschaftlichen Stellung des Betroffenen gegenüber den Marktkonkurrenten. Erforderlich ist demnach eine Wettbewerbsrelevanz der offenzulegenden Unterlagen, die darin zum Ausdruck kommen muss, dass die Information Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist (§ 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG)“. Zieht man § 2 Nr. 1 GeschGehG heran, sieht sich diese Auslegung freilich bezogen auf das Merkmal des berechtigten Interesses an der Geheimhaltung einer Information (§ 2 Nr. 1 lit. c GeschGehG) der Kritik in der Literatur deshalb ausgesetzt, weil dieses Merkmal keine ausreichende Entsprechung in Art. 2 Nr. 1 RL (EU) 2016/943 finde, sondern lediglich im Erwägungsgrund 14 Anklang gefunden habe (Schmeding/Rosenstock, IR 2020, 214). Andererseits wurde aber auch bisher im Schrifttum und der Rechtsprechung unter Zugrundelegung der verfassungsgerichtlichen Definition auf einen viergliedrigen Schutzbestand der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Rahmen des IFG abgestellt. Danach bedarf es (1) eines Unternehmensbezugs sowie einer (2) Information, die nicht offenkundig sein darf, also nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist, und (3) nach dem Willen ihres Inhabers geheim bleiben soll sowie (4) eines berechtigten Interesses an der Geheimhaltung (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 6 Rn. 78, BeckOK/Guckelberger, Informations- und Medienrecht, 27. Aufl., Stand: 1.2.2020, § 6 IFG Rn. 18). Diesen Kriterien folgt die Kammer.
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bb) Unter Zugrundelegung dieser Kriterien sind in Bezug auf die noch streitgegenständlichen und zum Teil - entsprechend des durch Anlage 2 des streitgegenständlichen Bescheids ersichtlichen Umfangs - geschwärzten Aktenteile keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin im Sinne von § 6 Satz 2 IFG festzustellen.
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cc) Für die Entscheidung des Gerichts genügten dabei die von den Beteiligten gemachten Ausführungen zu Umfang und wesentlichem Inhalt der sich noch in Streit befindlichen Informationen. Sofern ein Anspruch auf Informationszugang Streitgegenstand vor dem Gericht der Hauptsache ist, folgt daraus nicht zwingend, dass es für eine Sachentscheidung der Einsicht in eben diese zurückgehaltenen Akten bedarf. Solche Streitigkeiten führen nicht gleichsam automatisch zu einem „in-camera-Verfahren“ vor dem Fachsenat (vgl. BayVGH, B. v. 2.7.2013 - G 13.1 - juris unter Verweis auf BVerwG, B. v. 6.5.2013 - 20 F 12.12; B. v. 2.11.2010 - 20 F 4.10; B. v. 25.6.2010 - 20 F 1.10). Es bestand daher kein Anlass, die Vorlage des vollständigen und ungeschwärzten Aktenvorgangs durch die Beklagte zu verlangen. Über den Informationsanspruch konnte daher anhand des Beteiligtenvorbringens sowie des sonstigen Akteninhalts entschieden werden, eine Einsichtnahme in das Aktenheft selbst war aus Sicht des Gerichts nicht veranlasst, § 86 Abs. 1 VwGO (vgl. hinsichtlich VIG-Anspruch BayVGH, B. v. 13.5.2020 - 5 CS 19.2150 - juris Rn. 23).
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dd) Der Einwand der Beigeladenen, wonach es der Klägerin als Verwertungsgesellschaft schon grundsätzlich verwehrt sein soll, sich hinsichtlich einem gegenüber der Aufsichtsbehörde gerichteten Auskunftsanspruch nach dem IFG auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu berufen, ist zwar nicht überzeugend. Es dürfte nach den genannten Kriterien auch vor dem Hintergrund einer faktischen Monopolstellung der Klägerin sowie weitgehender regulatorischer Rahmenbedingungen (vgl. u.a. Transparenz- und Offenlegungspflichten) weder am Kriterium des notwendigen „Unternehmensbezuges“ noch am Merkmal des „objektiven Interesse an der Geheimhaltung der Informationen“ mangeln.
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Zwar kann es bei sich nicht erwerbswirtschaftlich betätigenden Institutionen, wie etwa Universitäten, an einem erforderlichen Unternehmensbezug fehlen (BeckOK/Guckelberger, a.a.O., § 6 IFG, Rn. 20). Zudem setzt das Merkmal des objektiven Interesses an der Geheimhaltung der Informationen ein wirtschaftliches Interesse im Hinblick auf eine gewisse Wettbewerbsrelevanz voraus. Insoweit stellen die oben dargelegten Begriffsbestimmungen zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen allgemein auf eine Konkurrenz- oder Mitbewerbersituation ab. Hieran könnte im Hinblick auf die (zumindest weitgehende) Monopolstellung der Klägerin bei der Durchsetzung von Urheber- und Leistungsschutzrechten ihrer Mitglieder gezweifelt werden. Die obergerichtliche Rspr. (BayVGH, U. v. 02.05.2012 - 5 BV 11.1724 - juris), wonach das DPMA bezogen auf die beaufsichtigten Verwertungsgesellschaften keine Wettbewerbs- oder Regulierungsbehörde nach § 3 Nr. 1 lit. d IFG darstellt, geht - unter Verweis auf die Gesetzesbegründung - davon aus, dass insoweit die zuständige Aufsichtsbehörde nicht lenkend in einen Markt eingreife, da überhaupt kein Markt unter den Verwertungsgesellschaften vorliege. Dieser gesetzlich kalkulierten Monopol- bzw. marktbeherrschenden Stellung von Verwertungsgesellschaften hat der Gesetzgeber u.a. durch die staatliche Rechtsaufsicht Rechnung getragen. Ferner ergibt sich eine Sonderstellung von Verwertungsgesellschaften gegenüber anderen privatrechtlichen Wirtschaftsunternehmen aus dem Merkmal fehlender Gewinnerzielung bestimmter Verwertungsgesellschaften (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 VGG), dem Abschlusszwang (§ 34 Abs. 1 Satz 1 VGG), dem Gebot einer nichtdiskriminierenden und angemessenen Tarifgestaltung (§ 34 Abs. 1 Satz 2 VGG), der Verpflichtung, Verhandlungen nach Treu und Glauben und unter weitgehender Offenlegungspflichten zu führen (§ 36 Abs. 1 und 2 VGG) sowie dem umfassenden Transparenzgebot nach §§ 55f VGG, das auf Art. 20, 21 der RL 2014/26/EU beruht. Zudem beinhaltet § 36 Abs. 1 Satz 2 VGG - in Umsetzung von Art. 16 der RL 2014/26/EU - u.a. eine konsequente Offenbarungspflicht gegenüber Verhandlungspartnern über laufende Verhandlungen vor der Schiedsstelle oder den Gerichten; dabei sollen sämtliche für die anstehende Lizenzvergabe erforderlichen Informationen gesammelt und an die Gegenseite übermittelt werden (BeckOK/Freudenberg, Urheberrecht, 29. Edition, Stand: 15.9.2020, VGG, § 36 Rn. 3, 4).
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Ob daraus - wie die Beigeladene argumentiert - der Schluss zu ziehen ist, dass der Klägerin als Verwertungsgesellschaft generell die Berufung auf den durch Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG vermittelten Schutz auf (eigene) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach § 6 Satz 2 IFG zu versagen ist, erscheint dem Gericht nicht zwingend. So nimmt die in der Rechtsform der GmbH tätige Klägerin quasi als verlängerter Arm die ökonomischen und rechtlichen Interessen der von ihr vertretenen privaten Medienunternehmen im Hinblick auf die Durchsetzung deren Leistungsschutzrechte treuhänderisch wahr. Im Rahmen dieser Geschäftsbesorgung sind die erwirtschafteten Erträge zwar an die Berechtigten auszuschütten, allerdings handelt es sich - auch bei fehlender Gewinnerzielung (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 VGG) - um eine entgeltliche Geschäftsbesorgung durch die Verwertungsgesellschaft, in dem sie zur Deckung ihrer Verwaltungskosten, einschließlich der allgemeinen Geschäftskosten, Abzüge von den Wahrnehmungserträgen (§ 26 Nr. 3 VGG, § 31 Abs. 1 VGG) macht (v. Ungern-Sternberg, GRUR 2020, 923). Die - freilich kartellrechtliche - Rechtsprechung zu sog. Monopolunternehmen lässt es dabei auch ausreichen, wenn Informationen inmitten stehen, die nicht nur einem Wettbewerber, sondern auch Lieferanten, Abnehmern oder Verbrauchern zugänglich gemacht werden, wenn deren Kenntnis für mögliche Empfänger (nicht nur für Wettbewerber) einen Vorteil in der Geschäftsbeziehung darstellt (OLG Düsseldorf, B. v. 14. 3. 2007 - 3 Kart 289/06 - juris). Auch ist die Entscheidung des OVG-Berlin-Brandenburg (U. v. 2.10.2007 - OVG 12 B 9.07 - juris) bezogen auf ein in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts betriebenes Monopolunternehmen (Berliner Stadtreinigung) nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar. Anders als nach § 6 Satz 2 IFG sind die Geheimhaltungsinteressen des Dritten nach dem dort maßgeblichen § 7 Satz 1 des Berliner Informationsfreiheitsgesetz einer Abwägung mit dem Informationsinteresse des Antragstellers zugänglich, die hier nach den Umständen des konkreten Einzelfalls im Hinblick auf die dort in Rede stehende Tarifgestaltung zugunsten des Antragstellers nach dem Berliner IFG ausfiel. Im Übrigen wurde selbst einem Idealverein die Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gegenüber einem Informationsanspruch aus dem UIG mit der Begründung zuerkannt, er nehme die wirtschaftlichen Interessen der Verbandsmitglieder und damit zugunsten deren Wettbewerbs wahr, sofern dies nicht einen völlig untergeordneten Aspekt der Betätigung darstellt (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 29.8.2016 - OVG 12 N 20.15 - juris). Was darüber hinaus angesichts der weitgehenden Transparenz- und Offenbarungspflichten das Merkmal des berechtigten Interesses an der Geheimhaltung anbelangt, ergibt sich zudem aus der Vorschrift des § 55 Abs. 2 VGG, dass auch Verwertungsgesellschaften wirtschaftlich sensible Daten als für sich geheimhaltungsbedürftig reklamieren können. Insoweit wurde die in Art. 25 der RL 2014/26/EU vorgesehene Möglichkeit „aufgrund identischer Interessenlage“ (BT-Drs. 18/7223, 89) genutzt, den Verwertungsgesellschaften zu ermöglichen, die Weiterverwendung von wirtschaftlich sensiblen Informationen zu schützen, sofern dies erforderlich ist (vgl. Erwägungsgrund 41 der RL 2014/26/EU „sensible Geschäftsdaten“; BeckOK/Freudenberg a.a.O. VGG § 55 Rn. 19, 20). Ebenso ergibt sich aus § 89 Abs. 5 VGG keine andere Beurteilung. Zwar hat das DPMA als staatliche Aufsichtsbehörde die Möglichkeit, Entscheidungen über Maßnahmen nach diesem Gesetz und deren Begründung (§ 89 Abs. 5 Satz 2) auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Hieraus kann aber weder auf die mangelnde Schutzwürdigkeit von Informationen im Zusammenhang mit der Aufsichtstätigkeit geschlossen, noch per se ein Anspruch auf Zugang zu diesen Informationen abgeleitet werden. Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Information, wie er streitgegenständlich verfolgt wird, bleibt insoweit allein das Informationsfreiheitsgesetz (BeckOk/Freudenberg a.a.O. VGG § 98 Rn. 17).
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ee) Letztlich aber kann die Frage, ob der Klägerin als Verwertungsgesellschaft bei an ihre Aufsichtsbehörde gerichteten Informationsansprüchen nach dem IFG schon infolge ihrer Monopolstellung bzw. der dargelegten regulatorischen Rahmenbedingungen die Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu verwehren ist, unentschieden bleiben. Denn jedenfalls bezogen auf den noch streitbefangenen Umfang der noch zu gewährenden Informationen liegen nach Überzeugung des Gerichts die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes nach § 6 Satz 2 IFG nicht vor. Der noch streitige Umfang der herauszugebenden Informationen ist in weiten Teilen nicht (mehr) geheim, d.h. einem nur begrenzten Personenkreis bekannt. Darüber hinaus wurde vorliegend von Seiten der Klägerin nicht hinreichend dargetan, dass die noch streitgegenständlichen Aktenteile weder selbst exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen enthalten, noch, dass diese amtlichen Informationen Rückschlüsse auf solches Wissen zuließen, das geeignet wären, die Wettbewerbsposition der Klägerin zu beeinträchtigen. So stehen bei den noch streitbefangenen Informationen nicht solche Kenntnisse in Rede, die auf die Betriebsführung, die Wirtschafts- und Marktstrategie, die Kostenkalkulation und Entgeltgestaltung der Klägerin (vgl. BVerfG a.a.O.). - soweit noch nicht öffentlich bekannt oder für Dritte leicht zugänglich - schließen lassen. Insoweit ist nach der Rechtsprechung des BVerwG die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen des Bekanntwerdens der Informationen nachvollziehbar und plausibel darzulegen (BVerwG, U. v. 27.11.2014 - 7 C 12.13; BeckOK/Guckelberger, a.a.O., § 6 IFG, Rn. 30). Der pauschal gehaltene Vortrag der Klägerin war zu unsubstantiiert, um einen „Geheimhaltungswert“ dieser Informationen und demnach einen absoluten Ausschlussgrund nach § 6 Satz 2 IFG gegenüber der allgemeinen Informationszugänglichkeit zu bejahen.
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Im Einzelnen: i) Akte 3601/20-4.4-…III/65 (Beschwerde Antragstellerin): Inhaltsverzeichnis; Bl., 138-140: Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach § 6 Satz 2 IFG liegen bei den aktenkundig gemachten Beschwerdeverfahren insoweit nicht vor, da die wesentlichen Informationen öffentlich bekannt sind, so z.B., dass die Beigeladene bei der Beklagten gegen die Klägerin Beschwerde eingelegt hat und dass der Tarif „Presseverleger“ Gegenstand eines Schiedsstellenverfahrens gewesen ist, und ein Verstoß der Klägerin gegen das Gleichbehandlungsgebot durch die Aufsicht geprüft wird. Das Bundeskartellamt hat in seinem Beschluss vom 8. September 2015 (Az. B6-126/14), der auf der Internetseite des Bundeskartellamtes allgemein zugänglich ist, sämtliche Schritte detailliert aufgeführt, die die Klägerin und ihre Wahrnehmungsberechtigten zur Durchsetzung des Presseverlegerleistungsschutzrechts unternommen haben (vgl. exemplarisch Rn. 81 ff, 89 ff, 103, 110). Dass die Informationen im Inhaltsverzeichnis sowie in den Blättern 138-140 über die im Beschluss des Bundeskartellamts enthaltenen hinausgehen, ist von klägerischer Seite nicht substantiiert, z.B. anhand von Beispielen, vorgetragen. So besteht das Inhaltsverzeichnis aus einer chronologischen Reihenfolge der in der Akte enthaltenen Schriftstücke mit Blattzahlen. Dass aus der Chronologie auf den Inhalt der Akten und daraus wiederum auf die Zielrichtung des Aufsichtsverfahrens geschlossen werden kann, kann als irrelevant betrachtet werden, da dies öffentlich bekannt ist. Wie Rückschlüsse auf entsprechend sensible unternehmerische Daten bei den nur abstrakt und allgemein umschriebenen Bestandteilen eines Inhaltsverzeichnisses möglich sein sollen, wurde im Übrigen ebenso wenig hinreichend dargetan. Auch enthalten die Blätter 138-140 keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Blatt 138 stellt nach dem unbestrittenen Vortrag die erste Seite einer Verfügung dar, auf welcher ein Betreff, ein Verweis auf einzelne Schreiben und ein Kürzel einer Mitarbeiterin der Beklagten zu sehen sind. Der Inhalt und die Zielrichtung der von der Beklagten unternommenen Verfahrensschritte - sollten diese tatsächlich detaillierter als bisher öffentlich bekannt darin enthalten sein - stammen jedoch nicht aus dem Unternehmen, sondern sind vielmehr Ergebnis eigener behördlicher Prüfung (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 16.2.2017 - VI-5 Kart 24/16 (V) - juris). Dass hierauf auf exklusive kaufmännische oder technische Daten der Klägerin geschlossen werden könnte, ist weder erkennbar, noch näher dargetan. Das z.T. in dem näher bezeichneten Umfang nach Anlage 2 des Bescheids geschwärzte Blatt 139 bezieht sich auf eine Beschwerde der Beigeladenen gegen die Wahrnehmung des Leistungsschutzrechts der Presseverleger durch die Klägerin. Der Vermerk enthält nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten kurze Ausführungen, dass die Prüfung einer möglichen Ungleichbehandlung bzgl. Suchmaschinen durch die Beklagte bereits aufgegriffen wurde und der Tarif „Presseverleger“ bei der Schiedsstelle anhängig ist. Diese Informationen sind öffentlich bekannt (s.o.). Jedenfalls ist nicht nachvollziehbar dargetan worden, inwieweit Informationen über eine rechtliche Bewertung durch die Aufsichtsbehörde und über den Stand des Verwaltungsverfahrens exklusives unternehmerisches Wissen offenbaren. Blatt 140 enthält nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten einen Vermerk über einen Anruf, in welchem sich der Anrufer bei einer Mitarbeiterin des DPMA über den Verfahrensstand der Eingabe der Beigeladenen zum Tarif „Presseverleger“ erkundigt und dem Anrufer mitgeteilt wird, dass die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist sowie eine Stellungnahme der Klägerin eingeholt wird; zudem wurde die Übersendung einer Eingangsbestätigung unter Angabe des Aktenzeichens angekündigt. Auch im Hinblick auf die allgemein gehaltenen Inhalte des behördlichen Verfahrens gilt das oben Gesagte.
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ii) Akte 3601/2-4.4-2 Band 14 Nr. 101 (Korrespondenz BMJV): Inhaltsverzeichnis. Aus dem Inhaltsverzeichnis lässt sich lediglich die chronologische Reihenfolge der Aktenbestandteile entnehmen. Das lediglich pauschale Argument der Klägerin, das Verzeichnis lasse erhebliche Rückschlüsse auf Gegenstand, Zielrichtung und Komplexität des aufsichtsrechtlichen Verfahrens zu, vermag nicht zu überzeugen. Dieses ist im Wesentlichen bereits bekannt, einzelne noch unbekannte Details können kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse begründen, da sie überdies nach dem oben Gesagten der behördlichen Prüfung durch die Aufsichtsbehörde zuzuordnen sind und kein exklusives unternehmerisches Wissen offenbaren, noch Rückschlüsse hierauf zulassen.
42
iii) Liste der VG-M.-Akten („Eingaben und Beschwerden über die Tätigkeit der VGen“, „Eigeninitiative zur Überprüfung der Aktivitäten der VGen“, 24 Seiten). Schließlich enthält ebenso wenig die Liste der VG-M.-Akten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 6 Satz 2 IFG. Das Argument, die Liste enthalte eine Vielzahl von Informationen, die gerade nicht öffentlich bekannt seien, bleibt pauschal und ohne weitere stützende Details. Der klägerische Vortrag, allein der Umstand, dass die Beigeladene ihren IFG-Antrag weiter aufrechterhält, lasse darauf schließen, dass die streitgegenständlichen Informationen eben nicht öffentlich bekannt sind, verfängt dabei schon nicht. Letztlich aber fehlt es auch hier am berechtigten Geheimhaltungsinteresse. Zwar mag es sein, dass die Veröffentlichung von Informationen zu laufenden oder auch abgeschlossenen Aufsichtsverfahren Außenwirkung entfaltet und sich u.U. sogar negativ auf die Marktposition und Reputation der Klägerin auswirken kann, indem etwa die Anzahl der Verfahren, der (wesentliche) Verfahrensgegenstand oder ggf. die Identität der Eingabe- und Beschwerdeführer offenbart wird. Dies gilt umso mehr, als gerade eine gesonderte Zusammenstellung von Aufsichtstätigkeiten - und zwar solchen von Amts wegen sowie von auf Beschwerden/Eingaben hin eingeleiteter Verfahren - einen eigenständigen Informationswert beinhalten könnte. Jedoch legt die Klägerin nicht näher dar, wie aus der allgemein gehaltenen Verfahrensliste Rückschlüsse auf exklusives Wissen aus dem technischen oder dem kaufmännischen Bereich der Klägerin, die sich im Übrigen wettbewerbsrelevant auswirken könnten, gezogen werden könnten. Die Darlegungslast dürfte im Übrigen entsprechend auch noch höher zu bewerten sein, als im Hinblick auf die zeitliche Komponente ggf. von bereits zwischenzeitlich abgeschlossenen Verfahren ausgegangen werden kann. Der allgemein gehaltene klägerische Vortrag, die Verhandlungsposition bei künftigen Lizenzverhandlungen werde geschwächt, genügt nicht den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung, die eine prognostische Einschätzung (nicht unerheblicher) nachteiliger wirtschaftlicher Auswirkungen im Falle des Bekanntwerdens der Informationen ermöglichen würde.
43
ff) Schließlich steht auch der klägerische Einwand, die Beigeladene wolle der Klägerin mithilfe des Auskunftsanspruch schaden, dem Anspruch aus § 1 Abs. 1 IFG nicht entgegen. Der (voraussetzungslose) Informationsanspruch nach dem IFG ist nach Inhalt und Konzeption des Gesetzes nicht an bestimmte subjektive oder objektive Motivationslagen gebunden, mögen sie ggf. auch mit der grundlegenden Zielrichtung des Gesetzgebers, u.a. im Hinblick auf eine Verbesserung der Verwaltungskontrolle, nicht übereinstimmen (OVG RhPf, U. v. 29.11.2013 - 6 A 1293/13 - juris). Dass die mit dem Auskunftsbegehren verfolgten Absichten in erster Linie der Verfolgung wohlmöglich (eigennütziger) privatrechtlicher Interessen dienen, ist damit nicht von Belang. Eine Grenze findet der Informationsanspruch nach dem IFG lediglich im Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze der unzulässigen Rechtsausübung bzw. des Rechtsmissbrauchs (vgl. §§ 226, 242 BGB). Eine solche Grenzüberschreitung ist jedoch erst dann gegeben, wenn der Verfolgung des Rechtsanspruchs offensichtlich keinerlei nachvollziehbare Motive zu Grunde liegen, sondern das Handeln des Anspruchsinhabers offenkundig und zweifelsfrei allein von der Absicht geprägt ist, die Behörde oder einen Drittbetroffenen zu schikanieren oder zu belästigen oder einem anderen in sittenwidriger Weise Schaden zuzufügen (BeckOK/Sicko a.a.O. § 9 IFG Rn. 44-47 unter Verweis u. a. auf VGH Kassel, U. v. 24.3.2010 - 6 A 1832/09 - juris Rn. 8). Von einer solchen Extremsituation kann hier nicht ausgegangen werden, der Vortrag der Klägerin hierzu blieb unsubstantiiert. Auch die etwaige Intention der Verbesserung der Chancen einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung spricht allein ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten (BeckOK/Sicko a.a.O. § 9 IFG Rn. 46 unter Verweis auf VG Frankfurt a. M., U. v. 17.6.2009 - 7 K 2282/08.F).
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Im Hinblick auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil war nur noch über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden, § 161 Abs. 2 VwGO. Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten insoweit der Klägerin und der Beklagten je zur Hälfte aufzuerlegen. Grundsätzlich hat zwar die Partei die Verfahrenskosten zu tragen, die unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ohne die Erledigung im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre (vgl. BVerwG, B. v. 24.3.1998 - 1 C 5/96 - juris). Lässt sich jedoch - wie im vorliegenden Fall - mit angemessenem, vertretbaren Aufwand keine Aussage über den Ausgang des Verfahrens treffen, so entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 161 Rn. 16 m.w.N.) oder den Beteiligten zu gleichen Teilen aufzuerlegen (BVerwG, B. v. 29.06.2012 - 7 A 6.08 - juris). Insoweit handelt es sich vorliegend um schwierige Rechtsfragen dahingehend, inwieweit bei den umfassenden Aktenmaterial Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 6 Satz 2 IFG inmitten standen - zumal diese unter Umständen ebenso für das gerichtliche Verfahren M 16 K 19.1047 vorgreiflich wären. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind jedoch weitere Sachverhaltsaufklärungen sowie die Entscheidung schwieriger Rechtsfragen durch das Gericht nach einer (auch teilweisen) Hauptsacheerledigung nicht statthaft. Aufgrund der daher als offen einzustufenden Erfolgsaussichten war mithin eine reine Interessenabwägung im Rahmen der Kostenentscheidung angezeigt. Dabei konnten der Beigeladenen, die den IFG-Antrag teilweise zurückgenommen hat und damit die (teilweise) Erledigung herbeigeführt hat, schon von vornherein keine Kosten auferlegt werden, da diese weder einen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO) noch eine Kostentragung nach §§ 154 Abs. 3 Hs. 2, 155 Abs. 4 VwGO in Betracht kommt. Entgegen dem klägerischen Vortrag waren auch der Beklagten nicht die Kosten infolge der Aktenvorlage im gerichtlichem Verfahren M 16 K 15.4979 - und zwar unabhängig von deren rechtlichen Bewertung - aufzuerlegen. Diese Kostentragungsregel im Hinblick auf die Herbeiführung eines erledigenden Ereignisses setzt voraus, dass die Erledigung durch eigenen Willensentschluss veranlasst wird (Schübel-Pfister in Eyermann, a.a.O. § 161 Rn. 18). Einen mit einer Klaglosstellung typischerweise vergleichbaren Fall durch die Beklagte kann in der Aktenvorlage nach § 99 Abs. 1 VwGO in einem weiteren bei Gericht anhängigen Verfahren aber nicht gesehen werden.
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Bezüglich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Im Sinne einer einheitlichen Kostenentscheidung waren der Klägerin damit 3/5 sowie der Beklagten 2/5 der Kosten aufzuerlegen, § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 VwGO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Das Gericht geht dabei davon aus, dass der übereinstimmend für erledigt erklärte Teil mit 4/5 und der im Übrigen anhängige Teil mit 1/5 anzusetzen ist. Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da sie keinen Antrag gestellt hat und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Die Berufung war nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.