Inhalt

LG Traunstein, Urteil v. 04.08.2020 – 5 Ks 201 Js 40996/19
Titel:

Totschlag aus Eifersucht

Normenkette:
StGB § 64, § 211 Abs. 2, § 212 Abs. 1, § 213
Leitsätze:
1. Ausführliche Begründung einer Verurteilung wegen Totschlags aus Eifersucht. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eifersucht nicht als niedriger Beweggrund iSd § 211 Abs. 2 StGB.  (Rn. 186) (redaktioneller Leitsatz)
3. Keine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einer Therapie-Erfolgsaussicht von nur 50 zu 50. (Rn. 209 und 224) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Totschlag, Mord, niedrige Beweggründe, Eifersucht, minder schwerer Fall, Unterbringung in Entziehungsanstalt, Therapieerfolgsaussicht
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2020 – 1 StR 445/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 41686

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig des Totschlags.
2. Der Angeklagte wird deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Entscheidungsgründe

A.
I. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse
1
Der Angeklagte wurde am ... 1973 in Pr. im Nordkaukasus geboren. Er ist geschieden und deutscher Staatsangehöriger. Der Vater des Angeklagten ist gestorben, als der Angeklagte ein Jahr alt war. Er soll von einer Frau aus einer in der Nähe des damaligen Wohnortes in Kasachstan befindlichen Einrichtung des offenen Strafvollzugs getötet worden sein. Seine Mutter, T. K., ist 66 Jahre alt und lebt in Nordrhein-Westfalen, in L.. In Deutschland hat sie in einer Fabrik gearbeitet.
2
Als der Vater gestorben war, ist die Mutter wieder in den Kaukasus umgezogen. Dort hat die Familie beim älteren Bruder der Mutter gewohnt. Zum damaligen Zeitpunkt hat seine Mutter als Kranführerin gearbeitet und war beruflich von zu Hause weg. Deswegen hat der Angeklagte 3 Jahre bei seinem Onkel und seiner Tante verbracht. Im Alter von etwa 5 oder 6 hat ihn seine Mutter abgeholt und er ist dann weiter bei ihr aufgewachsen. 1980 ist er mit 7 Jahren in die Schule gekommen. Er hat einen Hauptschulabschluss erreicht und 8 Klassen in verschiedenen Schulen besucht. Er hat hierbei keine Klasse wiederholen müssen. Zuhause ist russisch gesprochen worden und Deutsch hat er als Fremdsprache 4 Jahre lang gelernt. Mit 14 oder 15 Jahren ist er mit der Schule fertig gewesen und ist zur Ausbildung als Lokomotivführer in eine Berufsschule nach Tschetschenien gegangen. 1991 ist die Familie nach Deutschland umgezogen, sodass er diese Ausbildung nicht hat beenden können. Zunächst ist er mit seiner Mutter und einem Halbbruder nach Lage im Kreis Bielefeld in eine Notwohnung gekommen. Dort haben sie etwa 3 Jahre lang in einem Zimmer zu dritt gewohnt. Er hat 8 Monate einen Deutschkurs besucht und war 1994 ein Jahr bei der Bundeswehr in Schleswig. Zur damaligen Zeit hat er dort viel Alkohol konsumiert und war an einigen Schlägereien beteiligt. Im Januar 1995 ist er aus der Bundeswehr entlassen worden und hat anschließend als Galvaniker in einem Betrieb in Lage gearbeitet.
3
Im Jahre 1995 hat er auch seine 3 Jahre jüngere Ex-Ehefrau Tatjana kennengelernt. Im gleichen Jahr ist er Vater einer Tochter, J., geworden. Zusammen hat die Familie eine Wohnung in Lage bewohnt. Nach 3 Jahren ist die Ehe auseinandergegangen, da seine Frau fremdgegangen sei. Er hat damals viel gearbeitet und mehrere Jobs angenommen und auch teilweise schwarz gearbeitet, da er ein Haus für die Familie kaufen wollte, sodass er auch an den Wochenenden meist nicht Zuhause gewesen ist. 1998 ist dann die Trennung erfolgt, die Scheidung im Jahr 2000. Nach der Trennung hat der Angeklagte mit dem intravenösen Konsum von Heroin begonnen und ist 1999 wegen Beschaffung und Hehlerei inhaftiert worden. Er war sodann bis 2001 in der JVA Bi. und ein paar Monate auch in der JVA Mü.. Im März oder April 2001 hat er sodann eine Therapie im Rahmen des § 35 BtMG im Münsterland absolviert und diese auch nach 6 Monaten mit Erfolg abgeschlossen. Seither nimmt er kein Heroin mehr. Nach der Therapie ist er aus Gründen der Arbeit nach Bayern umgezogen und hat 2002 in L. bei BMW über eine Leiharbeitsfirma angefangen. Zu seiner Tochter hat er zu dieser Zeit nur gelegentlich Kontakt gehabt. Bei BMW hat er bis 2004 in der Gießerei gearbeitet. Ab 2003 hatte er wieder eine Partnerin, Ina Corell. Im Jahr 2005 wurde der gemeinsame Sohn N1. und 2006 die Tochter K1. geboren.
4
Von November 2005 bis August 2007 war er erneut in Haft u.a. wegen einer Körperverletzung nach Alkoholkonsum. Nach dem Ende der Haft war die Beziehung zur Partnerin beendet und er hat damals von ALG I Leistungen bis ca. 2008 gelebt. Die Beziehung zu Frau C. war ebenfalls belastet durch Alkoholkonsum seiner damaligen Freundin. Diese habe sich nicht um die Kinder gekümmert und auch nicht um ihren Sohn aus erster Ehe. Sie habe die Kinder oft allein gelassen und sei betrunken nach Hause gekommen. Dann habe sie irgendwann die Polizei angerufen und gesagt, dass er sie geschlagen habe.
5
Ab März 2008 hat er bei einer Leichtmetallfabrik in H. gearbeitet, dabei 1.700 - 1.800 € verdient und davon auch Unterhalt bezahlt. Bis 2012 hat er in H. gearbeitet und gewohnt. Ihm wurde dann gekündigt, da er auch hier schon Alkohol konsumiert hat. Der Angeklagte ist sodann nach L. umgezogen und hat dort über eine Leiharbeitsfirma wieder Arbeit bei BMW gefunden. Wegen einer Leistenbruchoperation wurde ihm vor Ende der Probezeit gekündigt. Danach hat er erhebliche Mengen Alkohol konsumiert. Ab 2013 ist er in einer kleinen Metallbaufirma in L. angestellt gewesen. Er habe dann aus Landshut weg gewollt, da es Probleme mit seiner Ex-Frau gegeben hat. Im November 2013 ist er nach Waldkraiburg umgezogen und hat eine Arbeitsstelle gefunden. Im Sommer 2015 sind dann seine Kinder aus der Beziehung mit I. C. in ein Heim in L. gekommen. Seine Exfreundin, Frau C., ist dann inhaftiert worden und hat ihre Wohnung verloren. 2016 ist ihm gekündigt worden und er hatte auch zu diesem Zeitpunkt versucht das Sorgerecht für seine Kinder über das Gericht zu bekommen, was ihm jedoch nicht gelungen ist, sodass er wieder zunehmend Alkohol konsumiert hat.
6
Wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ist er im Januar 2017 zu einem Jahr Freiheitsstrafe und der Unterbringung im Maßregelvollzug gemäß § 64 StGB verurteilt worden. Zunächst war er von Februar bis Juli 2017 in Therapie, sodann gab es einen 7-monatigen Zwischenvollzug. Zwischen Februar und Oktober 2018 war er wieder in Unterbringung nach § 64 StGB in Wa.. Nach einem Schreiben seiner Tochter hat er sich dann letztlich doch für die Therapie entschieden, nachdem er eigentlich einen Abbruch machen wollte. Die Therapie hat ihm - nach eigenem Bekunden - nichts gebracht. Er habe seinen Alkoholkonsum und seine Aggressionen bearbeiten wollen. Für Aggressivität habe es in der Klinik aber kein Angebot gegeben. Gründe, durchzuhalten, waren ausschließlich seine Kinder. Die Therapie wäre insgesamt auf Kokain und Heroin zugeschnitten gewesen. Er hat die Therapie im Oktober 2018 jedoch regulär beendet. Im April 2019 hat er in L. eine Umschulung als Maschinenanlagenführer begonnen. Gewohnt hat er in Mü. am Inn und ist mit dem Zug gependelt. Die Umschulung wäre im August 2020 zu Ende gewesen. Anfang Mai 2018 hat er die Zeugin S3. über das Internet kennengelernt, als er noch in der Unterbringung war. In Mü. hat er eine Wohnung in der S1.strasse 15 angemietet, Vormieter der Wohnung war der Geschädigte R2. R3.. Die Wohnung hat er im August 2018 bezogen, Frau S3. ist im März 2019 zusammen mit 2 von ihren 4 Kindern bei ihm eingezogen, einer Tochter im Alter von 4 Jahren und einem Sohn, der 5 Jahre alt ist. Die beiden weiteren Kinder verblieben beim Ex-Mann der Zeugin. Erst zum Zeitpunkt des Zusammenzugs hat der Angeklagte bemerkt, dass auch die Zeugin ein Alkoholproblem hat. Er selbst ist weiterhin zur forensischen Nachsorgeambulanz gegangen. Die Zeugin hat zunächst heimlich getrunken und auch deshalb hat es vermehrt Streit gegeben. Zuletzt hat er von Hartz-IV Leistungen gelebt und auch keinen Unterhalt mehr zahlen können. Schulden hat er in Höhe von ca. 5.000 €, im Wesentlichen aus Gerichtskosten. Die Miete betrug zuletzt 400 € bzw. 320 € kalt.
7
Der Angeklagte hat ersten Kontakt mit Alkohol bereits in der Jugend gehabt hat. Als er nach Deutschland gekommen ist, ist es mit dem Alkoholkonsum mehr geworden. Er hat nichts zu tun gehabt und wenn er Geld hatte, hat er getrunken. Bei der Bundeswehr hat er regelmäßig getrunken. In der Zeit um 2015/2016 hat er am meisten getrunken, überwiegend Bier und Schnaps jeden Tag. Als er Kurzarbeit gehabt hat und auch gekündigt worden ist, sei er nur noch am Trinken gewesen. Hierbei hat er schon morgens mit dem Trinken begonnen. Dies war auch die Zeit als er kein Sorgerecht für die Kinder bekommen hat. In der Therapie im Maßregelvollzug war er abstinent. Auch in der Nachsorge ist er - nach eigenem Bekunden - nicht rückfällig geworden, erstmals Ende April/Anfang Mai 2019. Dies zusammen mit der Zeugin S3., welche ebenfalls Bier konsumiert hat. Der Konsum der neuen Lebensgefährtin hat sich dann ab September 2019 langsam gesteigert und auch er ist dann „eingestiegen“. Zu diesem Zeitpunkt ist Schnaps dazugekommen.
8
1991 hat er mit Marihuanakonsum begonnen, immer dann, wenn etwas vorhanden gewesen sei. Nach der Untreue seiner Ex-Ehefrau 1998 ist es auch gleich zum intravenösen Konsum von Heroin gekommen. Nach seiner Inhaftierung 1999 sei er von harten Drogen wieder clean gewesen. Ein paar Mal hat er danach noch Marihuana geraucht.
9
Sein Problem ist - nach eigener Aussage -, dass er zu unpassenden Zeiten zuviel trinke. Er werde aggressiv und könne dann explodieren. Auch seine Vorstrafen seien alle unter Alkoholeinfluss passiert.
II. Strafrechtlich ist der Angeklagte bisher wie folgt in Erscheinung getreten:
11.06.1993 AG DETMOLD (R2303) -3 DS/9 JS 567/93 Rechtskräftig seit 11.06.1993
10
Tatbezeichnung: Fahrlässige Trunkenheit im Straßenverkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung Datum der (letzten) Tat: 14.03.1993 Angewandte Vorschriften: STGB § 316 ABS. 1, ABS. 2, § 142, § 2 23, § 113, § 69 A, § 52, § 53, § 21, STVG § 21 ABS. 1 NR. 1, JGG § 1, § 3, § 31, § 105, § 108 Sperre für die Fahrerlaubnis bis 10.03.1994.
Erbringung von Arbeitsleistungen.
11
Anmerkung: MITGETEILT UNTER DEM ABWEICHENDEN GEBURTSORT PR. UND DEM VORNAMEN D..
29.01.1997 AG DETMOLD (R2303) -2 DS 17 JS 877/96-17 VRS 465/97 Rechtskräftig seit 29.01.1997
12
Tatbezeichnung: Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis Datum der (letzten) Tat: 07.09.1996 Angewandte Vorschriften: STGB § 36 ABS. 1 ABS. 2, § 69, § 69A, § 52, STVG§'21 ABS. 1 NR. 1
70 Tagessätze zu je 40,00 DM Geldstrafe.
13
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 28.01.1998.
14
Anmerkung: MITGETEILT UNTER DEM ABWEICHENDEN GEBURTSORT PR. UND DEM VORNAMEN D..
29.10.1997 AMTSGERICHT DETMOLD (R2303) -2 DS 5 JS 518/97 - 5 VRS 643/97 Rechtskräftig seit 29.10.1997
15
Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung Datum der (letzten) Tat: 22.04.1997 Angewandte Vorschriften: STGB § 113 ABS. 1, § 223, § 52 
30 Tagessätze zu je 40,00 DM Geldstrafe.
16
Anmerkung: MITGETEILT UNTER DEM ABWEICHENDEN GEBURTSORT PR. UND DEM VORNAMEN D..
16.11.1998 AG BIELEFELD - STA BIELEFELD - (R2101) -36 CS 64 JS 1745/98 Rechtskräftig seit 08.12.1998
17
Tatbezeichnung: Diebstahl Datum der (letzten) Tat: 08.10.1998 20 Tagessätze zu je 30,00 DM Geldstrafe.
21.01.1999 AMTSGERICHT DETMOLD (R2303) -2 CS 17 JS 1224/98 - 17 VRS 58/99 Rechtskräftig seit 11.02.1999
18
Tatbezeichnung: Diebstahl einer geringwertigen Sache Datum der (letzten) Tat: 23.11.1998
Angewandte Vorschriften: STGB § 242, § 248A
20 Tagessätze zu je 30,00 DM Geldstrafe.
19
Anmerkung: MITGETEILT UNTER DEM ABWEICHENDEN VORNAMEN DIMITRI.
16.07.1999 AMTSGERICHT DETMOLD (R2303) -2 DS 5 JS 300/99-5 VRS 149/99 Rechtskräftig seit 24.07.1999
20
Tatbezeichnung: Hehlerei und wegen Diebstahls in drei Fällen, in einem Fall wegen Diebstahls geringwertiger Sachen Datum der (letzten) Tat: 08.06.1999
Angewandte Vorschriften: STGB § 259, § 242, § 248A, § 53, § 54, § 56
7 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahr(e) .
Bewährungshelfer bestellt.
21
Anmerkung: MITGETEILT UNTER DEM ABWEICHENDEN GEBURTSORT  PR..
09.09.1999 AMTSGERICHT BIELEFELD (R2101) -36 DS 64 JS 730/99 (DS) Rechtskräftig seit 17.09.1999
Tatbezeichnung: Diebstahl Datum der (letzten) Tat: 17.03.1999
Angewandte Vorschriften: STGB § 242, § 55, § 56
8 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahr(e) .
22
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 16.07.1999+2 DS 5 JS 300/99+R2303+AMTSGERICHT DETMOLD.
Bewährungshelfer bestellt.
23
Anmerkung: MITGETEILT UNTER DEM ABWEICHENDEN GEBURTSORT PR..
Strafaussetzung widerrufen.
24
Strafvollstreckung erledigt am 02.02.2001.
01.09.2000 AMTSGERICHT BIELEFELD -STA BIELEFELD-(R2101) -39 CS 36 JS 1785/00 Rechtskräftig seit 23.09.2000
25
Tatbezeichnung: Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Datum der (letzten) Tat: 07.07.2000
Angewandte Vorschriften: STGB § 74, BTMG § 1 ABS. 1, § 3 ABS. 1, § 29 ABS. 1  NR. 1, § 33
90 Tagessätze zu je 15,00 DM Geldstrafe.
Einziehung (von Tatprodukten, -mitteln und -objekten).
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG).
26
Anmerkung: MITGETEILT UNTER DEM ABWEICHENDEN GEBURTSORT PR. UND DEM VORNAMEN D..
30.11.2000 AMTSGERICHT DETMOLD (R2303) -2 DS 23 JS 277/00 - 23 VRS 163/01 Rechtskräftig seit 22.06.2001
27
Tatbezeichnung: Diebstahl geringwertiger Sachen und wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 46 Fällen, begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit Datum der (letzten) Tat: 30.03.2000
Angewandte Vorschriften: STGB § 242 ABS. 1, § 248A, § 53, § 21, BTMG § 1, § 3  ABS. 1 NR. 1, § 29 ABS. 1 NR. 1, JARBSCHG § 25
7 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG).
28
Vollstreckung der Freiheitsstrafe zurückgestellt bis 04.04.2003.
29
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 20.11.2004.
26.02.2002 AMTSGERICHT DETMOLD (R2303) -2 DS 23 JS 277/00 - 23 VRS 163/01 Rechtskräftig seit 26.03.2002
9 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit bis 26.02.2005.
30
Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe.
31
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 01.09.2000+39 CS 36 JS 1785/00+R2101+AG BIELEFELD.
32
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 30.11.2000+2 DS 23 JS 277/00+R2303+AG DETMOLD.
33
Bewährungszeit verlängert bis 26.02.2006.
Strafaussetzung widerrufen.
34
Strafvollstreckung erledigt am 07.04.2007.
20.03.2003 AG LANDAU A. D. ISAR (D2403) -1 DS 18 JS 33281/02 Rechtskräftig seit 20.03.2003
35
Tatbezeichnung: Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr Datum der (letzten) Tat: 10.11.2002
Angewandte Vorschriften: STGB § 316 ABS. 1, ABS. 2, § 69, § 69 A, § 56
6 Monat(e) Freiheitsstrafe.
36
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 19.03.2005.
Bewährungszeit 3 Jahr(e) .
Bewährungshelfer bestellt.
Strafaussetzung widerrufen.
37
Strafvollstreckung erledigt am 21.01.2007.
11.03.2005 AG LANDSHUT (D2404) -03 DS 35 JS 1007/05 Rechtskräftig seit 12.10.2005
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung Datum der (letzten) Tat: 24.12.2004 Angewandte Vorschriften: STGB § 223 ABS. 1, § 230 ABS. 1, § 47 ABS.1
4 Monat(e) Freiheitsstrafe.
30.05.2005 AG LANDSHUT (D2404) -03 DS 35 JS 7433/05 Rechtskräftig seit 12.10.2005
38
Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzl. Körperverletzung in 2 Fällen in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tateinheit mit Beleidigung in 4 Fällen in Tatmehrheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in 3 Fällen Datum der (letzten) Tat: 24.12.2004
Angewandte Vorschriften: STGB § 53, § 52, § 113 ABS. 1, § 223 ABS. 1, § 230 ABS. 1, § 21, § 47 ABS. 1, § 303, § 303 C, § 185, § 194 ABS. 1
10 Monat(e) Freiheitsstrafe.
02.02.2006 AG Landshut (D2404) -03 Ds 35 Js 7433/05 Rechtskräftig seit 14.02.2006
12 Monat(e) Freiheitsstrafe.
39
Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe.
40
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 11.03.2005+03 Ds 35 Js 1007/05+D2404+AG Landshut.
41
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 30.05.2005+03 Ds 35 Js 7433/05+D2404+AG Landshut.
42
Strafvollstreckung erledigt am 03.08.2007.
05.05.2008 AG Landshut (D2404) -03 Ds 45 Js 3166/08 Rechtskräftig seit 14.05.2008
43
Tatbezeichnung: Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln Datum der (letzten) Tat: 18.01.2008
Angewandte Vorschriften: StGB § 47 Abs. 1, § 56 Abs. 1, BtMG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
2 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 5 Jahr(e) .
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG).
44
Bewährungszeit verlängert bis 13.05.2014.
Strafaussetzung widerrufen.
45
Strafvollstreckung erledigt am 29.01.2015.
20.04.2011 AG Landshut (D2404) -01 Cs 35 Js 9633/11 Rechtskräftig seit 12.05.2011
46
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung Datum der (letzten) Tat: 08.01.2011
Angewandte Vorschriften: StGB § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1
80 Tagessätze zu je 40,00 EUR Geldstrafe.
31.03.2014 AG Landshut (D2404) -01 Ds 106 Js 1897/14 Rechtskräftig seit 31.03.2014
47
Tatbezeichnung: Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln (Anlage 3)  Datum der (letzten) Tat: 10.01.2014
Angewandte Vorschriften: BtMG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 3
90 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe.
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG).
25.06.2014 AG Mühldorf a. Inn (D2908) -1 Ds 530 Js 4126/14 Rechtskräftig seit 03.07.2014
48
Tatbezeichnung: Fahrlässiger Vollrausch Datum der (letzten) Tat: 14.08.2013
Angewandte Vorschriften: StGB § 323 a, § 56 d, § 56
10 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 4 Jahr(e) .
49
Bewährungshelfer bestellt bis: 02.07.2016.
50
Bewährungszeit verlängert bis 02.01.2019.
51
Bewährungshelfer bestellt bis: 02.07.2017.
Strafaussetzung widerrufen.
52
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 05.11.2023.
Ausgesetzt durch: 16.10.2018+StVK 803/18+D2900+LG Traunstein.
Bewährungshelfer bestellt.
53
Diesem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
54
Am 14.08.2013 gegen 13:50 Uhr hielt sich der Angeklagte im Bereich des Bahnhofs in Mü. auf. Er war erheblich alkoholisiert und belästigte andere Bahnreisende. Als ein Aufsichtsbeamter der Deutschen Bahn den Angeklagten ansprach, sagte er zu diesem, dass er ihn „am Arsch lecken“ könne. Kurze Zeit später trafen uniformierte Beamte der Bundespolizei ein. Sie trafen den Angeklagten im Schalterraum an und forderten ihn auf, diesen zu verlassen. Hierauf reagierte er dahin, dass er unvermittelt in Richtung eines Beamten schlug. Der Beamte konnte dem Schlag ausweichen und der Angeklagte wurde in Gewahrsam genommen und gefesselt. Während der Fahrt zur Dienststelle der Bundespolizei spukte er einem Beamten ins Gesicht und beleidigte alle Beamten. Auch gegen die Verbringung in die Zelle und eine beabsichtigte Blutentnahme setzte er sich unter Einsatz von körperlicher Kraft zur Wehr. Während der Blutentnahme hat er auch einen Beamten in die Hand gebissen. Eine Verletzung entstand hierdurch nicht, da der Beamte einen Lederhandschuh trug. Zum Tatzeitpunkt stand er hierbei unter dem Einfluss von Schmerzmitteln (Tilidin) und Alkohol in unbekannter Größenordnung. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass er bei der Begehung der Tat unfähig war, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Das Erreichen eines solchen Rauschzustandes hätte er aber vorhersehen und vermeiden können und müssen. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für 4 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.
14.10.2015 AG Mühldorf a. Inn (D2908) -1 Cs 110 Js 38193/15 Rechtskräftig seit 31.10.2015
55
Tatbezeichnung: Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln Datum der (letzten) Tat: 17.09.2015
Angewandte Vorschriften: BtMG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1  Nr. 3
30 Tagessätze zu je 40,00 EUR Geldstrafe.
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG).
56
Diesem Strafbefehl lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
57
Am 17.09.2015 gegen 14:05 Uhr führte der Angeklagte in Waldkraiburg einen Marihuanajoint wissentlich und willentlich mit sich. Dieser hatte einen Wirkstoffgehalt von nicht ausschließbar lediglich 5% THC.
24.01.2017 AG Landshut (D2404) -11 Ds 311 Js 12666/16 Rechtskräftig seit 24.01.2017
58
Tatbezeichnung: Beleidigung in 2 tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in 2 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Beleidigung in 2 tateinheitlichen Fällen Datum der (letzten) Tat: 05.12.2015
Angewandte Vorschriften: StGB § 185, § 194, § 52, § 53, § 64, § 113 Abs. 1, § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1, § 21 1 Jahr(e) Freiheitsstrafe.
59
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
60
Ende Freiheitsentzug (Unterbringung § 64): 17.10.2018.
61
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 05.11.2023.
Ausgesetzt durch: 16.10.2018+StVK 664/17+D2900+LG Traunstein.
62
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zur Bewährung ausgesetzt.
Bewährungshelfer bestellt.
63
Führungsaufsicht nach Aussetzung oder Erledigung einer Unterbringung bis 05.11.2023.
64
Dieser Verteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
65
Am 05.12.2015 gegen 1.45 Uhr befand sich der Angeklagte im Bereich des J.-F. K.-Platzes in L.. Er hatte Atemprobleme und war aufgrund erheblicher Alkoholisierung nicht in der Lage, sich auf den Beinen zu halten. Er wurde deshalb im Stehen ohnmächtig und stürzte nach hinten, wobei er mit dem Kopf auf der Teerdecke aufschlug und bewusstlos liegen blieb. 2 Polizeibeamte leisteten Erste Hilfe und verständigten den Rettungsdienst. Nach Wiedererlangung des Bewusstseins stand der Angeklagte auf, stürzte jedoch erneut bewusstlos zu Boden schlug erneut mit dem Kopf auf der Teerdecke auf. Die Beamten leisteten erneut Hilfe, wogegen sich der Angeklagte jedoch wehrte und die Polizeibeamten beleidigte. Der Angeklagte weigerte sich zudem, trotz erkennbarer Verletzungen, sich vom herbeigerufenen Rettungsdienst behandeln zu lassen, weshalb die Beamten ihn versuchten von einer Behandlung zu überzeugen. Er weigerte sich weiterhin, stand auf und stürzte erneut zu Boden. Am Boden liegend begann er mit den Füßen gegen die Beamten und die Rettungskräfte zu treten. Es wurde sodann versucht ihn von weiteren Tritten abzuhalten und ihn zu fixieren. Auch hiergegen leistete er körperlichen Widerstand, indem er mit den Händen und Beinen um sich schlug und trat. Während dieses Gerangels verletzte er einen Polizeibeamten, indem er diesem zweimal mit der Faust ins Gesicht schlug und mit Füßen trat. Auch der andere Polizeibeamte erlitt nicht unerhebliche Verletzungen. Eine beim Angeklagten um 4:00 Uhr am 05.12.2015 entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,94 Promille. Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit konnte nicht ausgeschlossen werden. Zudem bejahte das Gericht die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB.
66
Mit Beschluss des Landgerichts Traunstein - StVK - vom 16.10.2018, Az.: StVK 664/17 und 803/18, rechtskräftig seit 06.11.2018, wurde die weitere Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und der Rest der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 24.01.2017 sowie der weitere Rest der widerrufenen Freiheitsstrafe von 10 Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 25.06.2014 ab dem 18.10.2018 zur Bewährung ausgesetzt. Im Rahmen der somit eintretenden Führungsaufsicht von 5 Jahren und gleichzeitiger Bewährung war dem Angeklagten unter anderem aufgegeben worden, keinen Alkohol und sonstige Betäubungsmittel zu konsumieren sowie sich Alkohol- und Suchtmittelkontrollen zu unterziehen.
III. Sonstige Verfahren
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1. Mit Anklage vom 17.10.2019 im Verfahren 310 Js 23445/19 legte die Staatsanwaltschaft Traunstein dem Angeklagten zur Last, am 29.05.2019 gegen 21:00 Uhr im Wohnanwesen in der S1. straße 15 in M. seine Lebensgefährtin, die Geschädigte S3., verletzt zu haben, indem er ihr mit der flachen Hand zweimal ins Gesicht geschlagen haben soll. Außerdem soll er am 31.05.2019 gegen 18:30 Uhr sie aggressiv gefragt haben, wo sein Geld sei. Aus Angst vor Schlägen durch den Angeklagten sei diese geflüchtet. Der Angeklagte sei ihr hinterher und habe sie im Flur des 1. Stockes aufhalten können. Er habe sie dann mit beiden Händen am Oberkörper gepackt und mit dem Rücken gegen die Wand und mit seinem rechten Unterarm gegen ihre linke Halsseite gedrückt, um sie zu verletzen. Hierdurch habe sie unter anderem einen Bluterguss am Unterkiefer links, Blutergüsse an den Oberarmen und Atemnot erlitten. Nach der Festnahme habe er auch während der Fahrt zur PI Mü. den Polizeibeamten N. als „Wichser“ beschimpft. Eine beim Angeklagten am 31.05.2019, 23:25 Uhr, entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,64 Promille. Das Verfahren wegen Körperverletzung in 2 Fällen und Beleidigung wurde im Hinblick auf das vorliegende Verfahren Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 27.11. 2019 gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Im Rahmen seiner Angaben in der Hauptverhandlung räumte der Angeklagte ein, dass er die Geschädigte verletzt hat.
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2. Gegenstand eines weiteren Verfahrens der StA Traunstein, Az.: 250 Js 37072/19, war, dass der Angeklagte am Freitag, den 13.09.2019 gegen 21:40 Uhr den Geschädigten R3. grundlos geschlagen und beleidigt haben soll. Beim Geschädigten hat ein freiwilliger Alkoholtest eine AAK von 0,66 mg/l erbracht, beim Angeklagten eine AAK von 0,89 mg/l. Von der Verfolgung in diesem Verfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 20.11.2019 nach § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf das vorliegende Verfahren abgesehen.
IV.
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Der Angeklagte wurde am 19.11.2019 vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem 20.11.2019 aufgrund Untersuchungshaftbefehls des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 20.11. 2019, Gz.: 7 Gs 161/19, in Untersuchungshaft.
B. Sachverhalt
I. Vorgeschichte:
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Der Angeklagte ist vielfach vorbestraft und hat bereits mehrere Freiheitsstrafen verbüßt, unter anderem wegen Betäubungsmittel- und Aggressionsdelikten, welche er unter dem Einfluss von Alkohol begangen hat. Zuletzt verurteilte ihn das Amtsgericht Landshut am 20.01.2017 wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einem Jahr Freiheitsstrafe und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein vom 16.10.2018, Az.: StVK 664/17 und 803/18, rechtskräftig seit 06.11.2018, wurde die weitere Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zur Bewährung ausgesetzt und der Angeklagte mit Weisungen im Rahmen der Führungs- und Bewährungsaufsicht entlassen. Unter anderem war ihm aufgegeben keinerlei Alkohol zu sich zu nehmen und sich auch diesbezüglich Suchtmittelkontrollen zu unterziehen.
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Bereits im August 2018 mietete er die Wohnung bzw. das Haus in der S1. straße 15, ... Mü. am Inn. Vormieter dieser Wohnung war der später Geschädigte R2. R3., der in das Haus gegenüber mit der Adresse S1. straße 16 zog. Das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten R3. war zunächst gut; der Geschädigte R3. half dem Angeklagten und man hat sich auch sonst in der Freizeit getroffen. Noch in der Unterbringung lernte der Angeklagte über das Internet die Zeugin N2. S3. kennen und begann mit ihr ab Juli 2018 eine Beziehung. Im März 2019 zog sie zusammen mit 2 ihrer Kinder zum Angeklagten. So lernte auch sie den Geschädigten R3. kennen. Im weiteren Verlauf stellte sich heraus, dass auch die Zeugin S3. ein Alkoholproblem hatte, indem sie regelmäßig Alkohol in Form von Bier konsumierte. Dieses Konsumverhalten führte zu einer erheblichen Belastung in der Beziehung mit dem Angeklagten, welcher eigentlich trocken bleiben wollte, jedoch bereits im Mai 2019 einen Rückfall mit Alkohol hatte. Nach weiteren Streitigkeiten und Problemen, zog die Zeugin S3. am 30.05.2019 für eine Woche aus der Wohnung des Angeklagten zum Geschädigten R3., da der Angeklagte sie geschlagen hatte. Nach einer Woche kehrte sie zum Angeklagten zurück und bereits im September 2019 begannen beide wieder vermehrt Alkohol zu trinken. Es gab diesbezüglich immer wieder Probleme zwischen dem Angeklagten und der Zeugin, auch mit Gewalttätigkeiten und Aggressionen. Die Zeugin unterhielt auch Kontakt zum Geschädigten R3., indem sie sich immer wieder bei ihm Alkohol holte bzw. mit diesem zusammen trank, wenn kein Alkohol mehr im Hause des Angeklagten war und sie sich auch nach Streitigkeiten und Gewalttätigkeiten des Angeklagten zu ihm flüchtete. Der Geschädigte R3. hatte seinerseits Interesse an der Zeugin S3., sodass auch das Verhältnis zwischen ihm und dem Angeklagten nach dem Vorfall am 30.05.2019 schlecht wurde. Der Geschädigte R3. schrieb zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Mai 2019 und dem Tattag eine Nachricht an den Angeklagten, in der er behauptete, mit der Zeugin ein Verhältnis zu haben und mit dieser geschlafen zu haben. Der Angeklagte wurde deshalb eifersüchtig.
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Die Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Zeugin S3. war insgesamt problembelastet mit vielen Aufs und Abs und vielfältigem Chatverkehr, welcher weit überwiegend in russischer Sprache stattfand. Bereits am 18.08.2019 schrieb er über R. R. an die Zeugin „Der Weg führt eh in den Knast.“ und am 25.08.2019: „Ich habe diesem Penner geschrieben, dass es einen Krieg gibt.“. Am 13.09.2019 äußerte der Angeklagte gegenüber der Zeugin „Du hast wahrscheinlich auch mit R. gefickt.“.
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Bis zum November 2019 wechselten sich so Beleidigungen und Beschimpfungen, aber auch Liebesbekundungen ab. Aus dem Chat-Verkehr geht hervor, dass es erheblichen Streit darum gab, dass sich die Zeugin oft beim Geschädigten R3. aufgehalten hat. Bereits am 28.10.2019 um ca. 22:00 Uhr beginnend, fertigt der Angeklagte diverse Videos vom Anwesen und vom Fenster aus vom Bereich des Wohnzimmers des Geschädigten an, welche den Geschädigten zusammen mit der Zeugin zeigen.
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Am 29.10.2019 äußerte der Angeklagte unter anderem „Sorge Dich um Deinen Freund.“ sowie „jetzt weiß ich, was man machen muss.“ und „du hast mich umgebracht.“, zudem „Seinetwegen hat alles angefangen.“. In einer weiteren Konversation am 05.11.2019 teilte die Zeugin dem Angeklagten mit: „habe nicht mit ihm geschlafen und ich habe dich nicht betrogen.“, woraufhin der Angeklagte antwortete: „er behauptet etwas anderes“.
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Nach einer erneuten Streitigkeit am 15.11.2019, wobei der Angeklagte im alkoholisierten Zustand am Wochenende des erneut handgreiflich wurde, zog die Zeugin S3. 16.11.2019/17.11.2019 aus und mit ihren Kindern zu ihrem Vater und ihrer Mutter nach H.-berg in der Nähe von P..
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Sie entschloss sich jedoch einen Tag später wieder nach Mü. zurückzukehren und beim Geschädigten R3. für die Dauer ihrer noch laufenden Umschulungsmaßnahme in Mü. zu bleiben und zu übernachten.
77
Das hat der Angeklagte mitbekommen und in der Folgezeit bestand weiterhin Kontakt über soziale Medien zwischen dem Angeklagten und der Zeugin. Unter anderem äußerte der Angeklagte am 18.11.2019: „Schreibe deinem Freund, er war gestern stolz auf seinen Sieg.“ und „ich habe alle eure Umarmungen gefilmt“ sowie Anspielungen dahingehend, ob sie schon nackt sei und dass sie „weiter ficken“ solle. Weiterhin teilte er am 18.11.2019 mit, dass er sich schon bereit für das Gefängnis mache. Der Angeklagte fertigte auch am 18.11.2019 um 23:09 Uhr beginnend verschiedene Videosequenzen, in welchen er ins Wohnzimmer des Geschädigten filmte und den Geschädigten zusammen mit der Zeugin aufnahm.
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Am 19.11.2019 beobachtete der Angeklagte, wie beide von einem Einkauf zurückkehrten. Dabei kam es zu einem kurzen Streit des Angeklagten mit dem Geschädigten R3. und anschließend zu einem umfangreichen Chat-Verkehr zwischen dem Angeklagten und der Zeugin S3.. Der Angeklagte hat den Einzug der Zeugin S3. beim Geschädigten R3. als Erniedrigung empfunden und hat sich darüber maßlos geärgert.
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Im Rahmen des Chat-Verkehrs am Tattag teilte der Angeklagte mit, dass er um 21:00 Uhr auf die Zeugin warten würde. Diese antwortete, dass sie nicht kommen werde. Der Angeklagte antwortete hierauf, dass wenn sie nicht komme, alles klar sei. Im weiteren Verlauf kündigte er an, dass er sich jetzt volllaufen lassen würde. Um 17:08:24 Uhr gibt er zudem an, „ich werde im Knast lachen, während ich daran denke, wie ich diesen Penner den Hals durchgeschnitten habe.“ sowie um 17:38:05 Uhr „willst du, dass ich/er jetzt sterbe/stirbt?“. Sodann äußert er um 19:04:17 Uhr „Dann kein Frieden. Dann werden alle es bereuen, ich, Du und Er erst recht“. Des Weiteren gibt der Angeklagte um 19:14:25 Uhr im Chat gegenüber der Zeugin an „Und er soll sich beim Laufen umschauen. Bevor ich gehe, wird er sich an seiner dreckigen Sauce/Suppe verschlucken.“ und um 19:36:42 Uhr „das Messer ist stumpf“. Dies steht offensichtlich im Zusammenhang mit einem von ihm gefertigten Video von 19:43:57, in welchem er sich mit einem Messer in den linken Unterarm eine Art „Windrose“ einritzt. Dieses Video bzw. Bilder von seiner Selbstverletzung sendete er sodann im engen zeitlichen Zusammenhang an die Zeugin. Um 19:37:56 Uhr äußerte er darüber hinaus „Lebe wohl“ und „Ich, also:Suizid wegen Weibes.“.
80
Um 21:00:06 Uhr erklärt er zudem „komm raus auf die Straße! Bist du etwa feige?“, „Er kann mitkommen. Ich warte auf Euch beide“. Um 21:25:51 Uhr äußert der Angeklagte gegenüber der Zeugin „jetzt bringe ich ihn um, sowieso. Ob mit dir oder ohne dich, fuck. Er soll dafür bezahlen, was er getan hat … tja … und ihr alle, die Käuflichen, werdet zahlen.“. Um 21:30:40 Uhr teilte er der Zeugin mit „Und höre jetzt ihm, den Gefickten, zu. Er hat nicht mehr lange.“ und um 21:32:14 Uhr bis 21:33:26 Uhr „jetzt ist es egal, aber er wird mir für alles büßen müssen.“, „Ich werde niemanden mehr etwas verzeihen.“ und „Und ihm erst recht nicht.“.
II. Unmittelbares Tatgeschehen
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Am 19.11.2019 kam es daraufhin mit der Zeugin S3. auf der Straße zwischen dem Anwesen des Geschädigten in der S1. straße 16 in Mü. und der Wohnung des Angeklagten gegenüber gegen 21:45 Uhr zu einer kurzen Aussprache. Welchen konkreten Inhalt diese Aussprache hatte, war nicht klärbar.
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Der Angeklagte lief sodann plötzlich weg und durch die unverschlossene Wohnungstüre in das Haus des Geschädigten R3.. Dabei führte er in seiner Jackentasche ein Klappmesser der Marke Hilti mit rotem Griff und einer Klingenlänge von 8,8 cm mit sich.
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Als der Angeklagte in der Küche auf den Geschädigten R3. traf, forderte dieser ihn auf, sofort das Haus zu verlassen, der Angeklagte antwortete aber, er soll die Fresse halten. Die hinterhereilende Zeugin S3. versuchte noch, den Angeklagten zurückzuhalten, wurde von ihm jedoch aus der Küche gestoßen.
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Daraufhin kam es zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten R3., der selbst erheblich alkoholisiert war, zu einem Kampf, der sich von der Küche in das Schlafzimmer verlagerte und wobei der Angeklagte mehrfach mit dem Messer auf den Geschädigten einstach. Dabei kam es dem Angeklagten darauf an, den Geschädigten zu töten.
85
Der Geschädigte versuchte sich zu wehren, dabei erlitt auch der Angeklagte Verletzungen u.a. eine Schnittverletzung am rechten Oberschenkel. Der Angeklagte drängte den Geschädigten von der Küche in das Schlafzimmer, wobei sie gegen den Ölofen in der Küche stießen. Im Schlafzimmer ging der Geschädigte vor dem Bett oder neben dem Bett zu Boden. Sodann stach der Angeklagte auf dem Boden kniend weiter mit dem Messer auf den liegenden Geschädigten ein, der noch nach „Basti“, seinem Untermieter, um Hilfe rief Insgesamt kam es zu ca. 23 Stich- und Schnittverletzungen verteilt über den gesamten Körper des Geschädigten im Rahmen des Kampfgeschehens, sechs Stiche davon erfolgten in den Hals- und Kopfbereich. Durch einen Stich wurde der Bereich der rechten Halsseite eröffnet und die gemeinsame Kopfschlagader an der rechten Hals-Mundbodenregion vollständig durchtrennt.
86
R. R. verstarb an einem Verbluten nach außen resultierend aus einer Stich-Schnittverletzung an der rechten Hals-Mundbodenregion mit vollständiger Kappung der rechten gemeinsamen Kopfschlagader, der Tod wurde um 23.15 Uhr im Krankenhaus Mü. festgestellt.
87
Nach dem Geschehen gegen 21.50 Uhr setzte die Zeugin S3. einen Notruf ab, dabei war der Angeklagte aus dem Hintergrund mehrfach zu hören, wobei er äußerte, er habe jetzt einen Mann umgebracht und „Er ist tot“.
88
Der Angeklagte ging sodann aus der Wohnung in sein Haus, legte dort das Messer im Gang ab und stellte sich der eintreffenden Polizei. Die Zeugin S3. leistete bis zum Eintreffen der Polizei noch vergeblich Erste Hilfe Maßnahmen.
89
Gegenüber verschiedenen Polizeibeamten äußerte der Angeklagte in der Folgezeit nach seiner Festnahme, u.a. „Ich sag doch ich hab ihm reingestochen. Ich geb zu bled.“, dass er wisse, warum er das gemacht habe und dass er es verdient habe und er fragte, ob der Geschädigte tot sei und dass er, falls dies nicht der Fall sei, es erneut versuchen müsse. Auf die Nachricht des Versterbens des Geschädigten reagierte er zudem mit erhobenen Daumen. Zum Grund seiner Tat befragt, fragte er einen Beamten sinngemäß, ob es in Ordnung sei, dass er seine Frau „ficken“ dürfe.
90
Eine beim Angeklagten am 20.11.2019 entnommene Haarprobe von 6 cm Länge ergab eine Ethylenglucuronid-Konzentration von > 100 pg/mg.
91
Eine beim Angeklagten am 20.11.2019, 3:19 Uhr, durchgeführte Atemalkoholkontrolle ergab einen Wert von 0,64 mg/l.
92
Aus entnommenen Blutproben vom 20.11.2019, 0:15 Uhr und um 4:03 Uhr ergeben sich um 0:15 Uhr ein Mittelwert der Blutalkoholkonzentration von 2,01 Promille und um 4:03 Uhr ein solcher von 1,39 Promille. Zur Tatzeit gegen 21.50 Uhr hatte der Angeklagte mithin eine maximale BAK von ca. 2,71 Promille.
93
Beim Angeklagten liegt ein Alkoholmissbrauch im Übergang zu einer behandlungsbedürftigen profunden Alkoholabhängigkeit vor.
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Die Schuldfähigkeit war beim Angeklagten nicht beeinträchtigt.
C. Beweiswürdigung
95
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Einlassung des Angeklagten selbst, sowie der Einvernahme der Zeugen, insbesondere der beiden Zeugen N3. sowie den polizeilichen Zeugen, den in Augenschein genommenen Bodycamaufzeichnungen, der Aufzeichnung des Notrufes der Zeugin S3. sowie insbesondere den Expertisen der Sachverständigen PD Dr. Prof. Dr. P1., Dr. L1., Dr. T2. und Dr. 
I.
96
Der Angeklagte hat zunächst auf Vorhalt der biografischen Angaben gegenüber der Sachverständigen Dr. L1. diese bestätigt und teilweise ergänzt.
97
Zur Sache hat er sich dahingehend eingelassen, dass der Geschädigte R3. der Onkel eines ehemaligen Freundes gewesen sei. Anfänglich habe dieser ihm noch geholfen und der Kontakt wäre gut gewesen, jedoch sei dieser schlechter geworden, da er in seine Freundin, die Zeugin S3., verliebt gewesen sei. Er habe erst nach dem Einzug der Zeugin gemerkt, dass diese ein Alkoholproblem habe. Bis Mai 2019 habe der Geschädigte mehrmals Liebeserklärungen an die Zeugin gemacht. Dies habe sie ihm erzählt. Er habe der Zeugin das Trinken verbieten wollen, da er eigentlich abstinent leben wollte. Es sei richtig, dass die Zeugin am Vatertag am 30.05. 2019 ausgezogen sei wegen Stresses aufgrund Alkohols. Sie sei nach einer Woche wieder zurückgekehrt. Es auch sei richtig, dass er sie da geschlagen habe. In dieser Woche sei sie auch zum Geschädigten R3. gezogen. Der Geschädigte habe ihr immer Alkohol gegeben und gesagt, dass sie sich den Alkohol nicht verbieten lassen solle. Nachdem die Zeugin das erste Mal ausgezogen gewesen sei, habe der Geschädigte ihm geschrieben, dass er mit ihr im Bett gewesen sei. Nach dem Auszug und der Rückkehr habe sie dann 2 Monate lang nicht mehr getrunken, aber im September wieder angefangen, wobei der Anfang heimlich gewesen sei. Die Beziehung sei aktuell beendet. Ab Mai 2019 bis zum 19.11.2019 habe er keinen Kontakt mehr zu dem Geschädigten gehabt. Er habe lediglich einen Tag vor der Tat in das Haus des Geschädigten gefilmt; dies deswegen, da die Zeugin S3. gemeint habe, dass sie mit dem Geschädigten nichts gehabt habe. Die Videoaufnahmen habe er deswegen gemacht, da er Beweise habe sammeln wollen.
98
Die Beziehung zur Zeugin sei insgesamt mal gut, mal schlecht gewesen. Wenn sie getrunken hätten, habe es Stress gegeben und auch das Geld habe nicht gereicht. Nach der Rückkehr zu ihm im Mai habe es auch Funkstille zunächst zwischen dem Opfer und der Zeugin gegeben, da der Geschädigte gemeint habe, dass sie einen Fehler gemacht habe, da sie zurückgegangen sei. Als die Zeugin ab September wieder angefangen habe Alkohol zu trinken, habe sie wieder Kontakt zum Geschädigten aufgenommen. Sie habe bei ihm immer Alkohol holen können. In den letzten paar Monate ab September habe die Zeugin vermehrt getrunken und zu dem anfänglichen lediglichen Bierkonsum sei Schnaps dazugekommen. Er habe sich verleiten lassen und mitgetrunken.
99
Am Abend vor der Trennung seien die Zeugin und er in einer Gaststätte gewesen und hätten getrunken. Der Geschädigte habe am nächsten Morgen die Zeche für die Zeugin S3. und ihn gezahlt, aber nur ihr zuliebe. Am Wochenende als die Zeugin ausgezogen sei, habe es wieder Streit wegen Alkohol gegeben und sie habe gemeint, dass er sie geschlagen habe. Er habe sie aber nur festgehalten. Er habe nicht gewollt, dass sie zum Geschädigten rübergehe, da sie schon genug in der Gaststätte getrunken hätten. Sie hätten 1 Stunde deswegen gestritten. Am nächsten Tag habe sie ihre Sachen gepackt, ihren Vater angerufen und die Sachen abgeholt. Für ihn sei die Beziehung dann beendet gewesen. Vor dem Tattag habe man noch einmal miteinander geschrieben.
100
Er habe beide bereits am Mittag des Tattages gesehen als sie vom Einkaufen zurückgekommen seien. Er habe einen Schlüssel von dem Geschädigten für seine Wohnung zurückhaben wollen und ihn angesprochen. Danach habe er dann begonnen zu trinken. Der Trinkbeginn sei ca. 14:00 oder 15:00 Uhr gewesen. Im Vorfeld, im September und Oktober, habe er nicht jeden Tag konsumiert, aber wenn, jeden Tag 4 - 6 Bier und ab und zu 3 kleine 0,2 l Flaschen Schnaps oder Jägermeister am Tag. Am Tattag habe er mehr Schnaps getrunken. Diesen habe er zuvor in der Stadtmitte in einem Laden gekauft. Er sei ziemlich besoffen gewesen, sei wackelig gegangen und sein Sprechen sei wahrscheinlich nicht mehr gut gewesen. Die konkrete Trinkmenge am Tattag wisse er nicht mehr. Die Zeugin habe ihm noch mitgeteilt, dass sie beim Geschädigten bleibe. Er habe eigentlich den Kontakt abbrechen wollen. Er sei schon ziemlich besoffen gewesen und eigentlich nicht mehr in der Lage zu reden. Dann habe sie doch reden wollen und er habe sich mit ihr auf der Straße vor den Häusern getroffen. Weitere Erinnerungen habe er nicht.
101
Das Tatmesser habe er schon lange zu Hause gehabt. Er habe es immer mit beim Arbeiten gehabt und es sei zufällig in seiner Jackentasche gewesen. Seine Erinnerung setze erst dann wieder ein, als die Polizei schon da gewesen sei und er vor dem Tor gesessen habe. Was er mit der Polizei gesprochen habe, wisse er nicht mehr, auch nichts über die eigenen Verletzungen. Er habe früher schon öfter Erinnerungslücken nach Alkoholkonsum gehabt.
102
Er sei auch eifersüchtig gewesen. Der Geschädigte habe ständig gesagt, dass er etwas mit der Zeugin gehabt habe, dies habe er seit Mai so geschrieben. Er habe aber nicht geglaubt, dass das richtig sei, er habe seiner Freundin geglaubt, welche dies abgestritten habe. Bei den Videoaufnahmen habe er auch nur gemeinsames Trinken gesehen. Er denke nicht, dass zwischen den beiden etwas gewesen sei.
103
Im Rahmen einer bestätigten ergänzenden Verteidigererklärung wurde zudem angegeben, dass er seinen Hang zum Alkohol besiegen wolle und eine Therapie im Maßregelvollzug anstrebe. Eine Berufung auf Notwehr solle nicht erfolgen.
104
Im Rahmen des letzten Wortes gab der Angeklagte an, dass er seine grausame Tat bereue. Er habe nie im Leben einem Menschen das Leben nehmen wollen. Das dürfe niemand. Er möchte noch einmal eine Chance bekommen, um frei zu leben und zu seinen Kindern zu gehen. Er müsse mit diesem Gewissen leben.
II.
105
Die Zeugin N2. S3. gab im Wesentlichen an, den Angeklagten seit ca. 2 Jahren zu kennen und im März 2019 zu ihm gezogen zu sein. Auch den Geschädigten habe sie von Anfang an gekannt. Dieser sei immer ein guter Freund gewesen und habe immer geholfen. Der Geschädigte sei jedoch neidisch auf den Angeklagten gewesen, wegen ihr. Das Problem des Angeklagten und von ihr sei der Alkohol gewesen. Ca. 2 - 3 Monate vor der Tat hätten sie beide angefangen zu trinken. Sie habe mit dem Alkoholkonsum begonnen und der Angeklagte habe sie gebeten es nicht zu tun. Dann habe er letztlich auch mit getrunken. Beim Angeklagten habe sie nie Entzugserscheinungen gesehen. Trotz des Trinkens hätten sie gemeinsame Aktivitäten unternommen und Alkohol sei auch nicht das Wichtigste in ihrem Leben gewesen. Sie habe den ganzen Tag getrunken und der Angeklagte habe erst am Abend damit begonnen. Beim Alkoholkonsum sei es auch immer wieder zu Übergriffen des Angeklagten auf sie gekommen. Wenn der Angeklagte trinke, werde er aggressiv. Am 30.05. 2019 sei es zu einem ersten Übergriff gekommen. Nach diesem Streit sei sie eine Woche zum Geschädigten gezogen. Auch zu diesem Zeitpunkt hätten schon Probleme zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten bestanden. Sie denke schon, dass der Angeklagte eventuell eifersüchtig gewesen sei. Der Angeklagte habe immer gesagt, dass der Geschädigte sie lieben würde. Sie sei dann zurückgekommen, da sie ihn liebe. Ein Verhältnis mit dem Geschädigten habe sie nicht gehabt. Der Angeklagte habe beim Trinken immer wieder Pausen gemacht und im Wesentlichen am Wochenende getrunken. Sie habe auch unter der Woche getrunken. Beim Geschädigten habe sie immer Bier bekommen und auch zusammen mit ihm getrunken Der Grund des Auszugs im November 2019 seien wieder Schläge unter Alkoholeinfluss gewesen. Ihr Vater habe sie abgeholt. Sie sei dann aber wieder zurück nach Mühldorf, da sie die Schule fertig habe machen wollen und habe sich dann bei dem Geschädigten aufgehalten. Es habe dann einen WhatsApp-Chat gegeben und der Angeklagte habe mit ihr reden wollen. Sie habe Angst gehabt, als sie ein Bild mit der Verletzung des Angeklagten erhalten habe, dass er sich etwas antun würde. Das Bild habe sie gegen 19:20 Uhr erhalten. Sie habe bereits 5 - 6 Bier getrunken gehabt, als sie sich mit ihm am Abend getroffen habe. Das Treffen habe auf der Straße zwischen den beiden Häusern mit einer Dauer von ca. 5 Minuten stattgefunden. Bei dem Gespräch auf der Straße sei auch der Angeklagte betrunken gewesen, was sie an der Sprache und am Aussehen bemerkt habe. Er habe zuvor geschrieben, er wolle sie ein letztes Mal sehen. Die Drohungen im Rahmen der Chats habe sie insgesamt nicht ernst genommen. An den Inhalt des Gespräches könne sich sie sich nicht mehr erinnern.
106
Auf einmal sei der Angeklagte ohne erkennbaren Grund ins Haus des Geschädigten gelaufen. Sie sei hinterher. Es habe einen Kampf in der Küche gegeben und der Geschädigte habe versucht den Angeklagten zu schlagen. Beide hätten sodann aufeinander eingeschlagen. Das Messer mit einem roten Griff habe der Angeklagte in der rechten Hand ca. auf Hüfthöhe gehalten, habe jedoch in ihrer Gegenwart nicht zugestochen. Sie habe versucht den Angeklagten aus der Küche zu drängen, was sie nicht geschafft habe. Der Angeklagte habe sie aus der Küche gestoßen und die Türe zugemacht. Sodann seien beide wohl ins Schlafzimmer, jedenfalls habe sie den Geschädigten dann dort am Boden liegend und voller Blut aufgefunden. Sie habe sogleich die Polizei angerufen. Nach der Tat habe sie mit dem Angeklagten nicht mehr geredet oder ihn gar nur gesehen.
107
Darüberhinaus hat sie auch nach dem Anhören ihres Notrufes in der Hauptverhandlung nicht erklären können, warum der Angeklagte entgegen ihren Angaben anwesend war und im Hintergrund zu hören ist und dabei äußerte, dass er einen Mann umgebracht habe und er tot sei.
III.
108
Aus den Angaben des Zeugen V2. K2., dem Vater der Zeugin S3., ergibt sich insbesondere, dass ihm seine Tochter mitgeteilt habe, dass der Angeklagte mit einem Messer gekommen sei. Es habe einen Kampf gegeben und der Angeklagte habe dem Geschädigten in die Gurgel gestochen und auch in die Backe. Hierbei habe er es so verstanden, dass seine Tochter dies auch so gesehen habe. Sie habe ihm auch die Messerhaltung gezeigt
IV.
109
Das Ehepaar S. und Z. N. mit ihren beiden kleinen Kindern war Untermieter im nicht abgetrennten Obergeschoss im Haus des Geschädigten. Sie haben die Tat zwar nicht gesehen, aber aufgrund des lauten Kampfgeschehens mitbekommen.
110
S. N. hat angegeben, dass zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten schon lange ein Streit um die Zeugin S3. bestanden habe, der immer schlimmer geworden sei. Er habe öfter mitbekommen, dass spätabends die Zeugin S3. zum Geschädigten gekommen und entweder zu Besuch geblieben sei oder Bier geholt habe. Der Geschädigte habe ihnen erzählt, dass der Angeklagte seine Frau schlage, sie aber Angst habe, ihn zu verlassen. Der Geschädigte sei hilfsbereit gewesen und er habe schon den Eindruck gehabt, dass R. R. etwas von der Zeugin S3. gewollt habe. R. R. habe auch gesagt, dass wenn der Angeklagte komme, er ihn totschlagen werde. Dies sei aber nicht ernstzunehmen gewesen.
111
Am 19.11.2019 gegen 21:00 Uhr sei er darauf aufmerksam geworden, dass der Bewegungsmelder draußen angegangen sei, dann sei im Flur ein paarmal das Licht an und aus gegangen. Er habe den Geschädigten sagen hören „was willst du hier und raus.“ Es habe dann ein „Gebumper“ gegeben und er habe an der Stimme erkannt, dass der Angeklagte dagewesen sei. Er habe gleich gedacht, dass dieser den Geschädigten jetzt fertig mache und ihn umbringen werde. Dies habe ihn nicht gewundert, da der Geschädigte die ganze Zeit mit der Frau des Angeklagten „rumgespielt“, teilweise provoziert und gestänkert habe und er habe gedacht, jetzt komme die Abrechnung. Das Geschehen habe seines Erachtens im Flur begonnen und sei dann kurz im Wohnzimmer, in der Küche und letztlich im Schlafzimmer weitergegangen. Er habe gehört und später gesehen, dass der Ölofen bei dem Kampf verschoben worden sei. Es sei fast gar nichts geredet worden. Seine Frau habe sodann einen Notruf abgesetzt, da auch die beiden Kinder im Haus gewesen seien und nach oben hin ja nur ein Vorhang als Absperrung bestanden habe. Er habe Angst gehabt nach unten zu gehen. Er habe jedoch dann gehört, dass der Geschädigte noch „Basti“, also nach ihm, gerufen habe. Er habe noch 1 bis 2 Sätze des Angeklagten auf Russisch gehört, wie er mit einer Frau gesprochen habe, dann sei schon die Polizei gekommen.
112
Die Zeugin Z. N3. bestätigte im Wesentlichen die Angaben ihres Mannes. Der Geschädigte sei schon an der Zeugin S3. interessiert gewesen. Er habe nach seinen Angaben mit ihr auch ein Verhältnis gehabt, als sie einmal 5 Tage bei ihm gewohnt habe. Immer wenn die Zeugin S3. mit dem Angeklagten Streit gehabt habe, sei sie rüber gekommen. Der Geschädigte habe auch einmal von einer Körperverletzung ohne Grund durch den Angeklagten berichtet.
113
Der Angeklagte sei wohl eifersüchtig gewesen und der Geschädigte habe ihn eventuell auch provoziert. Der Geschädigte habe gut provozieren können. Sie habe gewusst, dass der Angeklagte einen Hass auf den Geschädigten gehabt habe. Der Geschädigte habe auch einmal gesagt, dass der Angeklagte nur kommen solle, er mache ihn kalt. Er habe damit geprahlt den Angeklagten fertig machen zu können. Er habe zudem angegeben, dass er eine Beziehung mit der Zeugin S3. gehabt habe. Es sei immer nur um diese Frau gegangen. Sie sei ständig herüber gekommen um Alkohol und Geld zu holen. Der Geschädigte habe sich wohl mehr erhofft. Nach außen habe er es so dargestellt, als hätte er dem Angeklagten die Frau ausgespannt.
114
Am 17.11.2019 habe die Zeugin ihre Sachen gepackt und sei zu ihren Eltern gezogen. Am Montagabend sei sie aber wieder da gewesen um ca. einen Monat zu bleiben, da sie einen Kurs habe zu Ende machen müssen. Am Dienstagmittag sei der Geschädigte mit ihr zusammen einkaufen gewesen. Der Angeklagte sei hingegangen und habe nach einem Schlüssel gefragt.
115
Gegen 21.30 Uhr habe sie ihren Sohn ins Bett gebracht und im Hof sei ständig der Bewegungsmelder angeschlagen, auch im Flur sei 2- bis 3-mal das Licht an- und ausgegangen. Unten habe dann der Geschädigte geschrien „Raus aus dem Haus“ und der Angeklagte habe gesagt: „Halt die Fresse.“. Dann habe es nur noch gescheppert und gebumpert. Es habe sich wie ein Kampf angehört. Sie habe dann sofort den Notruf gewählt und habe nur Angst gehabt und sich Gedanken wegen den Kindern gemacht. Danach sei nur noch gekommen „Basti, Basti“ und dann sei Ruhe gewesen. Die Frau habe zu dem Angeklagten noch etwas gesagt und der Angeklagte auch etwas zu ihr. Das ganze Geschehen habe ca. ein paar Minuten gedauert.
V.
116
Die polizeiliche Zeugin P2. V3. H. hat angegeben, dass sie am Tatort unter anderem mit der Zeugin S3. geredet und diese betroffen gewirkt habe. Sie habe angegeben, dass sie zur Tatzeit im Wohnzimmer bei geschlossener Tür gewesen sei und ein Rumpeln vernommen habe. Danach habe sie das Opfer am Boden im Schlafzimmer gesehen. Sie habe gesagt, dass sie glaube, dass der Angeklagte der Täter sei. Sie habe auch starken Alkoholgeruch bei ihr wahrnehmen können. Eine Atemalkoholkontrolle habe die Zeugin abgelehnt.
VI.
117
Der Zeuge PHM Th. Ob. berichtete, dass er mit seinem Streifenkollegen als erstes vor Ort gewesen sei. Man habe den Angeklagten auf der Straße angetroffen und er habe sofort etwas dahingehend geäußert, dass er im Haus liege und er ihn abgestochen habe. Der Angeklagte habe in der Mitte der Straße gestanden und es seien Blutspuren an ihm erkennbar gewesen. Darauf sei der Angeklagte aufgefordert worden, seine Hände zu zeigen. Nach dem Namen befragt, seien dann spontan die Äußerungen gefallen. Auffälligkeiten hinsichtlich einer Alkoholisierung des Angeklagten habe der Zeuge nicht in Erinnerung.
VII.
118
Aus den Angaben des Zeugen POM S. L. ergibt sich, dass er den Angeklagten zusammen mit den Kollegen O. und H. im VW-Bus zur PI Mü. transportiert habe. Ohne zu Fragen habe der Angeklagte geäußert, dass er Selbststeller sei und hoffe, dass der andere tot sei, sonst müsse er es noch einmal machen. In der Zelle habe der Angeklagte nochmals gefragt, ob der andere tot sei und sinngemäß angegeben, dass dieser seine Frau gefickt habe. Er gehe davon aus, dass der Täter alkoholisiert gewesen sei, wegen dem wahrnehmbaren Alkoholgeruch. Der Angeklagte habe Probleme mit dem normalen Gehen gehabt und habe im Gang geschwankt. Sprachliche Auffälligkeiten habe er wegen des gebrochenen Deutsches nicht beurteilen können. Aufgefallen sei ihm noch, dass zunächst seine Hände hinter dem Rücken gefesselt gewesen seien und er habe offensichtlich die Hände unter dem Körper durchführen können, sodass die Fesseln auf einmal vorne gewesen seien.
VIII.
119
Der Zeuge POK Ch. H. gab an, dass er bei der ersten Streife dabei gewesen sei. Es sei eine Person im Straßenbereich aufgegriffen worden, welche von sich aus angegeben habe, dass sie gerade jemanden abgestochen habe. Bei der Festnahme seien die Hände des Angeklagten blutverschmiert gewesen. Die Person sei auf einmal zusammengesackt und erschlafft. Ein Kollege habe ein Asthmaspray holen müssen und es ihm verabreichen müssen. Er sei bei der Festnahme bereits belehrt worden. Auf der Fahrt zur Dienststelle habe der Angeklagte gefragt, ob der andere noch lebe. Falls ja, dann müsse er es beim nächsten Mal nochmals probieren. Er habe insgesamt ruhig und gefasst gewirkt und habe seiner Auffassung nach nicht merklich unter Einfluss von Alkohol oder Drogen gestanden. Deutliche Ausfallerscheinungen habe er nicht wahrnehmen können.
IX.
120
Der Zeuge POM J. O. führte aus, dass er mit Erststreife vor Ort gewesen sei. Bereits bei der Anfahrt sei der Angeklagte auf sie zugekommen. Der Angeklagte sei von seinem Haus aus in R4. Straße gegangen. Auf Frage, ob er D. Kr. sei, habe er mit „Ja“ geantwortet und gesagt, er habe gerade jemanden abgestochen. Gleich bei der Festnahme sei er sodann belehrt worden. Auf dem Weg zum Auto und während der Verbringung zur Polizeistation habe er einen asthmatischen Anfall erlitten. Er sei dann mit der Zeugin S3. in die Wohnung des Angeklagten gegangen und habe das Spray des Angeklagten geholt. Beim Verlassen des Hauses habe er das Messer liegen gesehen. Auf der Polizeiinspektion habe er den Angeklagten überwacht. In der Zelle habe der Angeklagte gefragt, ob der andere gestorben sei, woraufhin er zunächst mit „Nein“ geantwortet habe und der Angeklagten geäußert habe: „Schade“. Sonstige Auffälligkeiten betreffend einer etwaigen Alkoholisierung habe er nicht beobachtet. Eine deutliche Alkoholisierung könne er aber ausschließen, da der Angeklagte keine Schwierigkeit mit dem Gleichgewicht gehabt habe und noch in der Zelle habe herumgehen können. Auch ein „Lallen“ sei ihm nicht erinnerlich.
X.
121
Aus den Angaben des polizeilichen Sachbearbeiters, Herrn KHK M. Sch., ergibt sich insbesondere, dass mehrere Notrufe gegen 21:50 Uhr am Tattag eingegangen sind.
122
Die Tatörtlichkeit sei so beschaffen, dass im Haus des Geschädigten auf der unteren Etage der Geschädigte gewohnt habe. Im gleichen Haus oben, wobei nur eine Treppe nach oben und dort ein Vorhang als Abtrennung diene, liege eine 2. Wohnung im Obergeschoss, die der Zeugen N3.. Im unteren Bereich befänden sich zudem ein Gemeinschaftsbad und eine Gemeinschaftsküche Es gebe auch Bodycamaufzeichnungen von der Festnahme. Hierauf sei zu sehen, dass der Angeklagte angebe, dass er jemanden gestochen habe. Er sei insgesamt dreimal belehrt worden, um ca. 22:00 Uhr nach der Festnahme, gegen 0:00 Uhr und um ca. 2:45 Uhr durch ihn selbst. Der Angeklagte habe nach der Festnahme mehrfach gefragt, ob der Angeklagte tot sei, sonst müsse er es noch einmal probieren und es wäre schade, wenn er nicht tot wäre. Auch als er selbst noch einmal zur Haftzelle gegangen sei und den Angeklagten erneut belehrt habe, habe dieser gefragt, ob der Geschädigte tot sei. Auf die Reaktion, dass dies so sei, habe der Angeklagte auf der Pritsche gesessen, die Daumen erhoben und sich auf die Seite gerollt. Er habe dann sehr gelöst und freudig gewirkt. Am Angeklagten selbst hätte er oberflächliche Verletzungen sehen können. Auch ergebe sich eine Eigenverletzung am rechten Unterarm, wovon er ein Video etwa 1 bis 2 Stunden vor der Tat gefertigt habe. Es handele sich dabei um einen sogenannten „Nordstern“ oder eine „Windrose“.
123
Aus seinem persönlichen Eindruck vom Angeklagten hätten sich keine Anzeichen ergeben, dass dieser verwirrt gewesen sei. Eine Alkoholisierung habe man ihm nicht angemerkt. Es habe kein unsicherer Gang oder eine verwaschene Aussprache vorgelegen.
XI.
124
1. Der Spurensachbearbeiter KHK Sch. hat jeweils einen Schuh des Geschädigten im Schlafzimmer und einen in der Küche aufgefunden. Der Ofen in der Küche des Geschädigten war verschoben. Im Schlafzimmer war das meiste Blut, Blutspuren haben bis in das Haus des Angeklagten verfolgt werden können. Vor dem Eingangsbereich zum Haus des Angeklagten wurde auch eine Jacke des Angeklagten mit Blutanhaftungen an den Ärmeln aufgefunden.
125
2. Im Eingangsbereich hat POM L. im aufgeklappten Zustand das Tatmesser aufgefunden. In der Küche befand sich unter anderem eine zu 2/3 geleerte 0,7 Flasche Doppelweizenkorn mit Blutanhaftungen.
126
3. Nach dem Gutachten des Bayerischen LKA - Erkennungsdienst - vom 03.12.2019 entspricht eine gesicherte Fingerspur am Messergriff rechts dem rechten Daumen des Angeklagten.
127
4. Die DNA - Auswertung der Sachverständigen Dr. D. von M. hat ergeben, dass das biologische Material an der Messerklinge rechts und links vollständig mit dem des Geschädigten übereinstimmt und ohne vernünftigen Zweifel von dieser Person stammt. Auch am Messergriff hat sich eine Merkmalmischung ergeben, wobei die männliche Hauptkomponente die des Geschädigten war. An der aufgefundenen Spirituosenflasche war im Rahmen einer Merkmalmischung in einer Hauptkomponente die DNA des Angeklagten festzustellen.
XII.
128
Der Sachverständigen PD Dr. A. hat ausgeführt, dass sich aus dem Blutspurenbild ergebe, dass sich das wesentliche Tatgeschehen generell bodennah ereignet habe. Im Eingangsbereich des Schlafzimmers rechts und links des Bettes hätten sich wesentliche Teile abgespielt und es sei der Tatort im engeren Sinne. Die Tür zum Schlafzimmer habe dabei weitgehend offen gestanden.
129
Den Anfang könne das Geschehen durchaus in der Küche gehabt haben. Auf dem Boden der Küche zeige sich ein Konglomerat aus runden größeren Einzelspuren sowie flächenhafte, uncharakteristisch konfigurierte Blutantragungen, teilweise wischerartig erweitert. Dies seien langsame Schleuderspuren bzw. Tropfspuren, sodass das Geschehen hier eventuell seinen Anfang genommen haben könnte.
130
Im Schlafzimmer seien hingegen diverse Blutspurenmuster unter anderem auch lachenartige Antragungen festzustellen gewesen. Aufgrund der vielfältigen Schleuderspuren sei auch hier von einem dynamischen Geschehen mit einem blutenden Objekt auszugehen. Insbesondere das Spurenbild an den Schränken links deute auf eine Zeichnung gegen Ende des Geschehens hin, da hier viel Blut zu sehen sei. Diese Spuren seien als Schleuderspuren dahingehend zu werten, dass ein kontaminiertes Objekt schwungvoll bewegt worden sei. Aufgrund der Konvexität sei auch hier eine erniedrigte Position des Tatgeschehens anzunehmen. Im Stehen seien derartige Spuren so nicht zu erwarten, sodass auf das blutende Objekt eher am Boden eingestochen worden sei.
131
Nach dem Blutspurenbild habe ein Teil das Tatgeschehen vor der eingangsnahen Seite sowie vor dem Fußende des Doppelbettes stattgefunden. In beiden Lokalisationen hätten sich insbesondere Schleuderspuren befunden. Es habe somit auch eine räumliche Verlagerung innerhalb des Schlafzimmers stattgefunden. Sämtliche auf dynamische Vorgänge zurückzuführen Blutspurenmuster und die entsprechenden Ursprungsbereiche würden sich auf niedrigen Höhen befinden, was dafür spräche, dass der Geschädigte bereits in einer frühen Phase des Geschehens zu Boden gegangen sei.
132
Zwischen den Häusern des Geschädigten und des Angeklagten seien statische Blutspuren erkennbar gewesen. Auch an den Schuhen des Angeklagten seien an den Oberseiten dezente Blutantragungen festzustellen gewesen, auch einzelne spritzerartige Spuren. An der braunen Jacke des Angeklagten würden sich an beiden Ärmeln körperfern sowie in den Randbereichen uncharakteristisch konfigurierte Blutanhaftungen zeigen.
133
Auch die Beinkleidung des Angeklagten entspreche dem Blutspurenbild. Hier sei insbesondere die auffällige Blutsättigungsspur im linken Kniebereich zu berücksichtigen, welche darauf hindeute, dass der Täter in einer Blutlache gekniet habe. Auch dies spreche für ein bodennahes Geschehen.
134
Daneben passe das Verletzungsbild des Angeklagten mit einer Verletzung im rechten Oberschenkelbereich zu einem dynamischen Geschehen in Bodennähe.
135
Zudem würden die feststellbaren feinen Spritzer am Schuhwerk des Angeklagten für dynamische Vorgänge sprechen. Diese seien auch im unteren Bereich der Hose zu finden. Die Blutspuren im Bereich der Ärmel seien Kontaktspuren. Auch das Vorkommen von Spritz- und Kontaktspuren insbesondere in bodennahen Bereichen der Hosenbeine des Angeklagten würden im Einklang mit der Annahme von bodennahen Positionen des Geschädigten zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung sprechen.
136
Angesichts des Verletzungsbildes des Geschädigten mit multiplen Schnitt-Stichwunden einschließlich Abwehrverletzungen sei von einem hochdynamischen Tatgeschehen auszugehen. Die am rechten Oberschenkel des Angeklagten festgestellte Schnittwunde entspreche ihrer Lage und Ausprägung der Durchsetzung der Hose und der Unterhose an entsprechenden Stellen und könnte im Rahmen des Kampfgeschehens als Eigenverletzung entstanden sein.
XIII.
137
Aus dem ärztlichen Bericht vom 20.11.2019 ergibt sich unter anderem, dass die Sprache des Angeklagten bei der 1. Blutentnahme um 0:15 Uhr deutlich gewesen sei, sein Bewusstsein klar, sein Denkablauf geordnet, sein Verhalten aggressiv und seine Stimmung gereizt. Darüber hinaus wird angegeben, dass die Konstitution „mittel“ sei. Weitere Eintragungen wurden nicht vorgenommen.
XIV.
138
Aus dem Gutachten der Rechtsmedizin München vom 21.11.2019 betreffend die BAK des Angeklagten hinsichtlich der Blutproben vom 20.11.2019, 0:15 Uhr und um 4:03 Uhr ergibt sich um 0:15 Uhr ein Mittelwert von 2,01 Promille und um 4:03 Uhr ein solcher von 1,39 Promille. Aus einer entsprechenden Untersuchung in chemischtoxikologischer Hinsicht ergaben sich nach dem Gutachten vom 03.01.2020 ebenfalls der Rechtsmedizin München keine Anhaltspunkte für getestete Betäubungsmittel oder sonstige Stoffe. Entsprechend dem Gutachten des Forensisch Toxikologischen Centrums München vom 18.12.2019 und vom 18.01.2020 betreffend eine am 20.11.2019 entnommene 6 cm lange Haarprobe ergab sich ein Wert an Ethylglucuronid von > 100 pg/mg. Konzentrationen im Bereich von 7 - 30 pg/mg wären mit einem sozialen Konsum vereinbar. Die Grenze zum chronisch exzessiven Alkoholkonsum werde zwischen 25 und 30 pg/mg angesiedelt. Ein chronisch exzessives Konsumverhalten sei hier mit durchschnittlich 60 g Alkohol oder mehr pro Tag über mehrere Monate definiert. Andere Stoffe seien in den Haaren ebenfalls nicht gefunden worden.
XV.
139
Der rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. P1. führte aus, dass beim Geschädigten eine BAK von 1,88 Promille und im Urin von 2,77 Promille vorgelegen habe. Dies deute darauf hin, dass das Trinkende ein wenig zurück gelegen habe und 1,88 Promille nicht der höchste Wert der Alkoholisierung gewesen sei. Nachdem auch der Methanolspiegel beim Geschädigten erhöht gewesen sei, spreche dies für eine über mehrere Stunden andauernde Alkoholisierung. Insgesamt sei beim Geschädigten ein chronischer Alkoholgebrauch in höheren Mengen anzunehmen gewesen.
140
Beim Geschädigten seien mindestens 38 Verletzungen, überwiegend oberflächlicher Art festzustellen gewesen. Über die Reihenfolge der Beibringung könne nichts gesagt werden. Die Verletzungen seien Stich-/Schnittverletzungen gewesen. 6 hätten sich am Kopfbereich gefunden, 2 am Hals links, 1 am Hals rechts, mindestens 2 an der rechten Schulter, 2 an der rechten Hand, eine am rechten Knie, eine an der linken Schulter, 4 an der linken Ellenbeuge und Unterarm, und insgesamt 9 an der linken Hand. Führende Verletzung sei eine lange Stich-/Schnittverletzungen an der rechten Halsseite etwa im Bereich der Mundbodenfalte gewesen (Verletzung Nr. 12). Todesursache sei ein Verbluten nach außen aus der Stich-/Schnittverletzung an der rechten Hals-Mundbodenregion mit vollständiger Kappung der rechten gemeinsamen Kopfschlagader gewesen. Herauszuheben seien die Verletzungen Nummer 2, 3, 10, 11,12, sowie 33 (Nummerierung im Gutachten zur gerichtlichen Leichenöffnung vom 25.11.2019). Verletzung Nummer 2 befinde sich quer über dem rechten Nasenflügel, leicht seitlich nach unten abfallend mit einer Länge von ca. 4,5 cm Länge. Sie hätte insbesondere weiter in die Tiefe gehen können, da sie an einem Knochen geendet habe. Verletzung Nummer 3 befinde sich rechts neben dem Schnauzbartansatzbereich und 1 1/2 cm rechts neben dem rechten Mundwinkel, sei ca. 4,5 cm lang und reiche bis zu 5 cm in die Tiefe. Herausragende Verletzungen seien zudem noch die Nummer 10 und 11 gewesen. Hierbei handele es sich um 2 typische Einstichverletzungen. Die 1. liege 2 cm unterhalb des linken Unterkieferwinkels und sei ca. 1 cm tief. Nummer 11 beginne links in der Mundbogenfalte auf Höhe des Kehlkopfvorsprungs und sei eine horizontal gestellte 1,7 cm lange etwas unregelmäßig berandete Einstichverletzung. Der sondierbare Wundkanal gehe dabei ca. 4 cm horizontal nach hinten in Richtung Nacken. Bei Verletzung Nummer 10 sei der Messerrücken nach oben und die Schneide nach unten geführt worden. Der Einstich reiche seitlich bis ans Zungenbein hin. Er sei knapp an den Halsgefäßen vorbei verlaufen. Auch der Stich Nummer 11 sei neben dem Adamsapfel verlaufen und habe keine wesentlichen Strukturen verletzt. Beide Verletzungen sei nicht todesursächlich gewesen. Relevant sei die Verletzung Nummer 12. Sie liege an der rechten Halsseite und sei eine nahezu horizontal verlaufende glattrandige Hautdurchsetzung der Länge von 7,5 cm. Der Messerrücken sei dabei nach rechts außen gelegen und es sei hier zur vollständigen Durchtrennung der rechten Halsschlagader gekommen und somit zu einem sehr schnellen Verbluten. Die Stiche/Schnitte 2, 3, 10 und 11 seien sehr gefährlich, aber ohne größere Folgen geblieben. Nummer 12 sei der einzig tödlich relevante gewesen.
141
Die Verletzung Nummer 33 in der Beugefalte des Zeigefingergrundgelenkes sei 2 cm lang, die Lederhaut vollständig durchsetzend und in der Tiefe bis auf den Knochen reichend. Auch an der rechten Hand hätte noch eine weitere Verletzung bis auf die Knochen geführt. Im Übrigen hätte sich noch bei Nummer 23 eine aktive Abwehrverletzung im Bereich der Beugeseite des Daumengrundgliedes bis auf den Knochen reichend gezeigt. Anhaltspunkte für stumpfe Gewalteinwirkung in Form von Faustschlägen hätten sich hingegen nicht ergeben.
142
Das Verletzungsbild mit 38 Stichbzw. Schnittverletzungen würde sich insgesamt dahingehend darstellen, dass es vielfältig nur Ritzer gewesen seien und viele Angriffe mit dem Messer abgeglitten seien. Insgesamt seien mindestens ca. 23 unterschiedliche Stiche oder Schnitte abgrenzbar.
143
Nach Verletzung Nummer 12 könne sich das Opfer nicht mehr lange gewehrt haben, so dass ein Großteil der anderen Verletzungen vorher entstanden sein müssten. Es handele sich beim Tatwerkzeug um ein sehr stabiles Messer wobei die Messerspitze über der Mitte der Klingenbreite liege. Bei den Stichen 10, 11 und 12 könne von einer relativ hohen Wucht des jeweiligen Stiches ausgegangen werden.
144
Aus den Angaben des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. P1. ergibt sich, dass nachdem keinerlei Hinweise auf stark erhöhte Abbauwerte beim Angeklagten bestehen würden, bei Trinkbeginn um 14:00 Uhr und eines Vorfallzeitpunktes um ca. 21:50 Uhr eine maximale BAK des Angeklagten, ohne Berücksichtigung eines Nachtrunkes, von maximal 2,7 Promille und wahrscheinlich von 2,37 Promille vorgelegen habe. Hinweise auf eine akute erhebliche Intoxikation würden aus seiner Sicht nicht bestehen.
145
Die Erinnerungslücken der Zeugin seien schwerlich erklärlich, auch beim Angeklagten sei eine entsprechende Annahme eher schwierig.
XVI.
146
Die rechtsmedizinische Sachverständige Dr. C. H., die den Angeklagten untersucht hat, hat angegeben im Rahmen ihrer Untersuchung am 20.11.2019 ab 3:15 Uhr einen wachen und kooperativen Angeklagten vorgefunden zu haben. Er habe angegeben, dass er „Kopfschmerzen“ habe, da er wisse, was er getan habe. Eine um 3:15 Uhr am 20.11.2019 durchgeführte Atemalkoholkontrolle habe den Wert von 0,64 mg/l ergeben. Bei der Untersuchung seien vor allem im Bereich des Kopfes, des Rumpfes und der Extremitäten frische Verletzungen abgrenzbar gewesen, welche mit dem Vorfallszeitpunkt in Einklang zu bringen seien. Es hätten Verletzungen infolge scharfer Gewalteinwirkung insbesondere in Form einer oberflächlichen Schnittverletzungen an der Vorderseite des rechten Oberschenkels, mittleres Drittel, mit einer Länge von 4,9 cm vorgelegen. Diese seien gegebenenfalls auch durch Selbstbeibringung etwa im Rahmen eines Kampfgeschehens erklärlich. An der rechten Unterarmbeugeseite hätten sich, sich kreuzende oberflächliche ritzerartige Hautdefekte in Form einer Windrose ergeben, welche er sich - nach eigenen Angaben - selbst beigebracht habe. Auch am linken Kleinfingerendglied sei eine oberflächliche Schnittverletzung zu erkennen gewesen.
147
Verletzungen in Form von Schürfungen hätten sich in Form kratzerartiger oberflächlicher Defekte an der hohen Scheitelregion links, an der rechten und linken Halsseite, oberhalb des linken Schlüsselbeins, vorderhalb des linken Ellenhakens, am linken Daumengrundgelenk, über dem linken Mittelfingergrundgelenk und über dem Grundgelenk des linken Ringfingers gezeigt. Prellmarken als Folge stumpfer Gewalteinwirkungen wären in Form frischer Hämatome an der rechten Halsseite, an der rechten vorderen und hinteren Schulterhöhe, der linken Oberarminnenseite, der rechten Oberarmvorderseite, der rechten Unterarmstreckseite sowie im rechten unteren äußeren Brustquadranten festzustellen gewesen. Des weiteren über dem rechten Schulterblatt, an der linken Oberarmvorderseite und an beiden Oberarminnenseiten. Darüber hinaus habe sie eine Prellung der linken Daumenregion sowie eine flächige Einblutung von 25 × 10 cm über die gesamte Rückseite des rechten Oberarmes bis zum Ellenhaken gezeigt. Die beschriebenen frischeren Verletzungen neben solchen aufgrund oberflächlicher Schnittverletzungen würden sich auf die Einwirkung stumpfer Gewalt auch mit tangentialschürfender Komponente erklären lassen, wie zum Beispiel im Rahmen eines Kampfgeschehens, und seien auch mit Schlägen mit der Hand oder Faust in Einklang bringen. Im Bereich der beiden Oberarminnenseiten hätten sich zusätzlich Hautverfärbungen gezeigt, welche an Haltegriffe denken ließen.
XVII.
148
Aus den im allseitgen Einverständnis in Augenschein genommenen Sequenzen der Bodycamaufzeichnungen der Festnahme vom 19.11.2019 und im Rahmen der 1. Blutentnahme am 20.11.2019 ergeben sich die im Sachverhalt festgestellten Äußerungen des Angeklagten sowie dessen Verhalten und die Reaktion auf und Interaktion mit weiteren Personen. Aus der Inaugenscheinnahme durch Anhören des Notrufes der Zeugin S3. ergeben sich die vom Angeklagten im Hintergrund getätigten Erklärungen sowie dessen Anwesenheit nach der Tat.
XVIII.
149
Aus den Angaben des Sachverständigen Dr. J. T2. ergibt sich insbesondere, dass die kognitive Leistungsfähigkeit des Angeklagten als gut durchschnittlich im Vergleich zu einer Referenzpopulation (Gymnasialschüler in der 12. Klasse) bewertet werden könne. Auch seine Konzentrationsfähigkeit stelle sich selbst bei anspruchsvollen Leistungsaufgaben unter Zeitdruck ohne Beeinträchtigungen dar. Er verfüge über genügend analytische Denkfähigkeit. Beim Angeklagten sei weder das Auffassungs-, Denk- oder Wahrnehmungsvermögen eingeschränkt. Hirnfunktionsstörungen würden sich nicht eruieren lassen. Insgesamt würden keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende psychiatrische Grunderkrankung mit Auffälligkeiten in der Affektbearbeitung, des Denkens und der Wahrnehmung, die zu einer zeitlich überdauernden Funktionsbeeinträchtigung im Persönlichkeitsgefüge führen könnten, auffindbar sein. Der Angeklagte sei eine labile Persönlichkeit mit strukturellen Fehlleistungen, wie es für orale Charakterstrukturen typisch sei. Im interpersonellen Kontakt imponiere er mit einem geringen Reizschutz und egoistischen Verhaltensweisen. Es mangele ihm an Selbstmanagement bei der Bewältigung von innerpsychischen Konflikten, was ihn für Suchtmittelkonsum besonders anfällig erscheinen lasse. Er sei leicht kränkbar und habe eine geringe Frustrationstoleranz. Besonders interpersonelle Konfliktsituationen gingen bei ihm mit affektiver Überschüttung einher, wobei es in der Folgewirkung zu einer ungesunden Stressregulierung durch Alkohol oder andere psychoaktive Substanzen kommen könne. Die Handlungsschwelle für aggressive Impulshandlungen unter dem konstruktiven Faktor Alkohol falle niedrig aus und berge eine besondere Brisanz im Hinblick auf seine zukünftige Kriminalprognose. Das Trinken benutze er zur Emotionsregulation von Stress. Eine generell erhöhte Aggressionsbereitschaft im Alltagsverhalten, sowohl in spontaner als auch reaktiver Hinsicht sei jedoch nicht anzunehmen. Bei Stress greife er schablonenhaft auf Alkohol zurück, obwohl er wisse, dass er darunter aggressiv werde, was die mangelnde Affektsteuerung belege. Unter Alkohol sei er weiterhin zu Aggressionen neigend. Grundsätzlich könne er anders, weil er in der Vergangenheit jeweils eine Zeit lang abstinent habe durchhalten können. Seine Stressresistenz sei sehr, sehr gering. Es habe auch mit seiner Persönlichkeit zu tun, dass er sich bei Problemen nicht an Helfer gewandt habe. Seine Persönlichkeit sei als narzisstisch einzustufen.
XIX.
150
Gegenüber der psychiatrischen Sachverständigen Dr. S5. L1. gab der Angeklagte an, dass er Erinnerungslücken habe. Er habe am Tattag mittags angefangen zu trinken, wobei er vorher eine Flasche Schnaps und 4 oder 6 Bier gekauft habe. Wieviel er davon getrunken habe, wisse er nicht mehr. An Stiche habe er keine Erinnerung und sein Ärger auf den Geschädigten sei nicht so groß gewesen, dass er ihn habe töten wollen. Ca. 1 - 3 Monate vor der Tat habe er vermehrt Alkohol getrunken. Er habe dann auch 1 bis 2 Flachmänner Schnaps getrunken, jedoch nicht jeden Tag. Der Konsum habe sich stetig gesteigert.
151
Im Rahmen der Exploration hätten sich keine Hinweise für kognitiv mnestische Einschränkungen ergeben. Es hätten sich auch keine Beeinträchtigungen der Auffassungs- und der Konzentrationsfähigkeit ergeben. Er habe nur wenig schwingungsfähig imponiert und habe sich über die emotionale Seite nicht erreichen lassen. Der Angeklagte habe zudem ein wenig fatalistisch und resigniert gewirkt. Bezüglich seiner deliktischen Vorgeschichte hätten sich Hinweise auf Bagatellisierung und Externalisierung ergeben.
152
Hirnorganische Beeinträchtigungen hätten sich nicht ergeben. Er sei eine labile Persönlichkeit mit strukturellen Fehlleistungen.
153
Diagnostisch liege ein Alkoholmißbrauch im Übergang zu einer behandlungsbedürftigen, profunden Alkoholabhängigkeit nach ICD-10: F10.2 vor. Es würde sich insbesondere ein starker Wunsch eruieren lassen, psychotrope Substanzen zu konsumieren; eine verminderte Kontrollfähigkeit; der Nachweis einer Toleranz und ein anhaltender Substanzkonsum, trotz Nachweises eindeutig schädlicher Folgen. Eine ausgeprägte Entzugssymptomatik sei nach der Inhaftierung hingegen nicht objektivierbar gewesen. In seiner Persönlichkeit würden sich dissoziale und narzisstische Strukturanteile finden lassen, wobei eine Persönlichkeitsstörung im klinischen Sinne nicht vorliege. Eine ausgeprägte suchtbedingte Persönlichkeitsdepravation lassen sich ebenso nicht feststellen.
154
Im Rahmen der zu beurteilenden Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB sei insbesondere die Biografie des Angeklagten unter Berücksichtigung seiner Aufwachssituation, das Erreichen des Hauptschulabschlusses, die nicht abgeschlossenen Lehre, der erfolgte Umzug nach Deutschland, die gescheiterte 1. Ehe und der damit verbundene Heroinkonsum, aber auch die erfolgreiche Therapie nach § 35 BtMG im Jahr 2001 sowie die sonst wechselnden Arbeitsstellen, Wohnorte und auch teilweisen Inhaftierungen, welche letztlich im Maßregelvollzug mit regulärem Ende im Oktober 2018 gegipfelt seien, zu berücksichtigten.
155
Im Rahmen dieses früheren Maßregelvollzugsverlaufs sei zunächst zu sehen, dass der Angeklagte vor dem Zwischenvollzug Probleme mit Regelakzeptanz und Änderungsbereitschaft gezeigt habe. Trotz vielfältigem Bemühen der Therapeuten um eine stabile Bereitschaft zu regelgerechtem Verhalten, habe ein solches nicht erreicht werden können. Die Klinik habe sodann die Bereitschaft des Angeklagten zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung und zur Veränderung vor dem Zwischenvollzug im Juli 2017 infrage gestellt. Nach der Wiederaufnahme in der Klinik sei es jedoch gelungen deutliche Verbesserungen bezüglich der Konfliktfähigkeit, Problemlösung, Regulation von Emotionen und Kontrolle seiner Impulsivität zu erarbeiten. Die Klinik habe letztlich die bedingte Entlassung empfehlen können. Zur Nachsorge sei er an die forensische Sicherungsnachsorgeambulanz angegliedert worden. Im Verlauf der Bewährungs- und Führungsaufsicht hätten sich bereits Ende 2018/Anfang 2019 erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei Drogenscreenings ergeben. Im Januar 2019 sei ein positiver Befund für Cannabis aufgefallen, wobei er diesen in Abrede gestellt habe. Das Drogen- und ETG-Screening vom 07.06.2019 habe Auffälligkeiten beim CDT-Wert ergeben, was einen Hinweis auf etwaigen Alkoholkonsum gebe. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens im Mai 2019 anlässlich eines Beziehungskonfliktes sei eine BAK von 1,64 Promille festgestellt worden. Diesbezüglich habe der Angeklagte angegeben, dass er hier erstmalig rückfällig geworden sei.
156
Insgesamt seien seine Partnerbeziehungen häufig konflikthaft verlaufen. Auch in der Beziehung mit der Zeugin S3. habe es Probleme insbesondere mit Alkoholkonsum, Streitigkeiten und Tätlichkeiten gegeben. Es sei ein stetiges Auf und Ab gewesen.
157
Die Suchtanamnese des Angeklagten habe im Jugendalter, mit Wochenendkonsum von Alkohol begonnen. Dieser habe sich nach der Umsiedlung nach Deutschland und seiner Zeit bei der Bundeswehr gesteigert. Die drastischste Alkoholphase datiere der Angeklagte auf das Jahr 2015 mit täglichem, bereits morgendlichem Trinken von Alkohol. Während der Therapie im Maßregelvollzug sei er abstinent gewesen und auch in der Nachsorge sei er nicht dauerhaft rückfällig gewesen. Diese Angaben des Angeklagten widersprächen aber den Drogen- und ETG-Screenings während dieser Zeit. Letztlich hab er angegeben, etwa 1 - 3 Monate vor dem verfahrensgegenständlichen Vorfall deutlich und massiv mit Alkohol rückfällig geworden zu sein.
158
Beim Angeklagten bestünden keinerlei Hinweise darauf, dass im Zeitraum der vorgeworfenen Tat ein überdauernder, krankhafter, psychischer Zustand vorgelegen habe, der aus psychiatrischer Sicht als krankhafte seelische Störung einzuordnen wäre. So würden sich keine Hinweise für eine endogene Psychose oder eine ausgeprägte depressive Symptomatik finden lassen. Auch hirnorganische Beeinträchtigungen im Sinne eines organischen Psychosyndroms würden sich nicht nachweisen lassen.
159
Ein Schwachsinn liege in Anbetracht seines Werdegangs auch nicht vor. Im Rahmen des Eingangsmerkmals der schweren anderen seelischen Abartigkeit würden sich allenfalls narzisstische und dissoziale Persönlichkeitszüge des Angeklagten eruieren lassen. Seine schulische und berufliche Entwicklung würden auf einen akzeptablen Leistungswillen und Zielstrebigkeit hindeuten, wobei es mit Einsetzen des Abhängigkeitssyndroms zu einer Abwärtsspirale gekommen sei. Im Zusammenhang mit Kränkungserleben und Zurückweisung gegenüber seiner Beziehungspartnerin sei er zunehmend dominanter aufgetreten und es sei zu Tätlichkeiten und aggressiven Tendenzen gekommen. Diese hätten mit Konsum von Alkohol in Verbindung gestanden. Vom Ausprägungsgrad her seien diese Charakterzüge als Akzentuierungen aufzufassen, welche noch nicht das klinische Ausmaß einer Persönlichkeitsstörung erreichen würden. Insbesondere aus dem Lebenslauf und den Befunden würden sich keine Hinweise dafür ergeben, dass von einem kontextunabhängigen, andauernden und gleichförmig auffälligen Verhaltensmuster in mehreren Funktionsbereichen auszugehen sei. Auch die Dauerhaftigkeit der Auffälligkeiten sei nicht zu bestätigen, da der Angeklagte auch wichtige Lebensaufgaben ohne Einschränkungen habe bewältigen können. Ein Leidensdruck unter der Störung sei ebenfalls nicht zu bestätigen. In seinen Alltagsbezügen scheinen die dargestellte Persönlichkeitszüge kompensiert zu sein, sodass insgesamt auch dieses Eingangsmerkmal zu verneinen sei.
160
Eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung habe ebenso nicht vorgelegen. Dies scheitere bereits daran, dass der Tatanstoß bei derartigen Affekthandlungen meist unverhältnismäßig sei. Hier habe aber eine vorher erfolgte Trennung vorgelegen. Auch die aggressiven Handlungen vor dem Tatgeschehen würden gegen einen Affekt sprechen. Insbesondere das Nachtatverhalten sei völlig abweichend von einer eigentlich zu erwartenden akuten Belastungsreaktion. Vorliegend habe das Gegenteil vorgelegen, in Form von bewertenden Äußerungen und sogar Erleichterung, dass der Geschädigte nun tot sei. Auch habe ihn die Situation nicht unvorbereitet getroffen, da der Angeklagte gewusst habe, dass seine Ex-Freundin beim Geschädigten sei. In der Exploration habe er zudem Gefühlszustände offenbart, was nicht im Einklang mit einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung sei.
161
Auch eine vorübergehende krankhafte seelische Störung aufgrund einer Intoxikation müsse verneint werden. Zum Vorfallszeitpunkt gegen 20:45 Uhr ergebe sich rechnerisch eine maximale BAK von 2,71 Promille. Insoweit sei von einem mittelgradigen bis schweren Rausch auszugehen. Neben der Berechnung einer BAK seien insbesondere psychopathologische und neurologische Kriterien für Aussagen über das Leistungsverhalten aussagekräftig. Darüber hinaus sei vorliegend eine Gewöhnung an Alkohol zu berücksichtigen. Die Schilderungen des Verurteilten über seinen Zustand und von Zeugen gemachte Beobachtungen seien uneinheitlich. Der Angeklagte habe Erinnerungslücken ab dem Zeitpunkt, als er sich nach dem Treffen mit der Zeugin S3. auf der Straße auf dem Weg zur Wohnung des Geschädigten aufgemacht habe, angegeben. Erinnerungslücken könnten bei höhergradigen Alkoholisierungen auftreten, wenngleich sich im weiteren Verlauf meist inselartige Erinnerungen einstellen würden. Dies sei beim Angeklagten nicht zu erkennen. Eine affektive Labilisierung sei aufgrund der Äußerungen des Angeklagten im Zusammenhang mit den Selbstverletzungen zu unterstellen. Gegen die Annahme einer höhergradigen Alkoholisierung sprächen die Aussagen der Zeugen zum psychophysischen Leistungsvermögen und der Befund anlässlich der ersten Blutentnahme. Im ärztlichen Untersuchungsbefund würden sich keine Hinweise für kognitive und neurologische/motorische Beeinträchtigungen finden lassen. Hinweise für eine erhaltene Urteilsfähigkeit und Wahrnehmung der Geschehnisse würden sich zudem aus den Aktenvermerken und den Aussagen der Polizeibeamten und auch aus den Äußerungen im nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Sachverhalt ergeben. Hier seien insbesondere die Angaben des KHK Sch. zur Reaktion auf den Tod des Geschädigten zu berücksichtigen. Auch aus dem Notrufprotokoll ergebe sich eine Bewertung der Geschehnisse und Wahrnehmung der Umgebungssituation durch den Angeklagten. Die tatzeitliche Alkoholisierung habe für sich genommen kein Erkenntniswert. Bei der Festnahme habe er einen orientierten Eindruck gemacht und auch sinngemäß geantwortet. Auf die Frage, wo sein Spray sei, habe er gut antworten können. Auch bei der Bodycamaufzeichnung bei der 1. Blutentnahme sei eine relativ deutliche Sprache aufgefallen, er habe Nachfragen gestellt und es habe hier einen Dialog gegeben. Er habe auch gesagt, wo man stechen solle. Dies lasse auf eine situative Wahrnehmung schließen. Er habe den Anweisungen des Arztes Folge leisten können. Die Polizeibeamten Ob., H. und Ot. hätten keine Ausfallerscheinungen bemerkt und auch dem Zeugen L2., der zwar von einem schwankenden Gang berichtet habe, sei aufgefallen, dass er sehr beweglich und in der Lage gewesen sei, die am Rücken gefesselten Hände unter dem Körper bzw. Beinen durchzuführen, so dass sie vorne gewesen seien. Trotz der beträchtlichen BAK sei in der Zusammenschau beim Angeklagten somit nicht von einem psychischen Zustand auszugehen, der aus medizinischer Sicht einer vorübergehenden krankhaften seelischen Störung zuzuordnen wäre.
162
Auch bei Berücksichtigung einer Wechselwirkung der Persönlichkeit, der konkreten Belastung mit affektiver Aufschaukelung und des konsumierten Alkohols führe dies in einer Gesamtschau sämtlicher vorgenannter Gesichtspunkte nicht zu einem Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB, wobei insbesondere das Geschehen in der Vorlaufzeit mit entsprechenden Konflikten und beidseitigem problematischen Verhalten zu sehen ist, sodass alles keine Überraschung mehr für den Angeklagten gewesen sei.
163
Zu den Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sei insbesondere auszuführen:
164
Hinsichtlich der Schilderungen des Angeklagten zu den Konsumgewohnheiten von Alkohol und Drogen ergebe sich eine Abhängigkeit von Alkohol, welche durch eine vorhandene und regulär abgeschlossene Therapie im Maßregelvollzug zunächst entaktualisiert gewesen sei. Mit dem Einzug der Zeugin S3., die ebenfalls dem Alkohol erheblich zugesprochen habe, sei es zu einer emotionalen Labilisierung und Rückfälligkeit mit Alkohol gekommen. Insbesondere 1 bis 3 Monate vor der verfahrensgegenständlichen Handlung habe sich dieser Konsum deutlich ausgeweitet. Aus Sicht der Sachverständigen sei hierin auch ein Hang zum Suchtmittelgebrauch im Übermaß zu erblicken. Es bestehe darüber hinaus ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Alkoholkonsum des Angeklagten und Aggressionen.
165
Fraglich seien jedoch die Erfolgsaussichten einer erneuten Maßregel. Ungünstige Merkmale im Hinblick auf eine Therapie seien mangelndes Problembewusstsein, eine ausgeprägte kriminelle Identifikation, wiederholte Behandlungsabbrüche in der Vergangenheit und ein jahrelanger Konsum von psychotropen Substanzen, der bereits zu Persönlichkeitsveränderungen geführt habe.
166
Beim Angeklagten liege zunächst ein mangelndes Problembewusstsein vor. Er wisse zwar, dass er an einer Suchtkrankheit leide und welche Konsequenzen damit verbunden seien, jedoch seien ihm die Dynamik dieser Erkrankung sowie insbesondere der spezifische Zusammenhang im Rahmen von emotionalen Beziehungen mit Kränkungspotenzial nicht zugänglich. Obwohl er im Maßregelvollzug Kenntnisse über die individuellen Risikofaktoren erlernt haben müsste, habe er sich in der akuten Situation nicht an die Verantwortlichen der Nachsorgeambulanz gewandt. Auch gegenüber dem Bewährungshelfer habe er sich nicht in dem erforderlichen Maße öffnen können. Er neige eher zu Externalisierung wenn er betone, dass sein Scheitern in der Maßregeltherapie durch den mangelnden Zuschnitt der Therapie auf seine deliktrelevanten Bedürfnisse bedingt gewesen sei. Bei Rückschlägen habe er auf gewohnte Problemlösestrategien zurückgegriffen, indem er psychotrope Substanzen zur Bewältigung von Problemen eingesetzt habe. Es sei ihm auch nicht gelungen in seiner letzten Partnerschaft die Trennungswünsche seiner Partnerin zu akzeptieren, obwohl er sich der Brisanz einer Beziehung mit einer konsumierenden Partnerin wohl bewusst gewesen sei. Hinsichtlich der kriminellen Identifikation ergebe sich eine subkulturelle Orientierung aus der Biografie des Angeklagten. Bei emotionalen Rückschlägen habe er auf dysfunktionale Strategien zurückgegriffen und konsumiert. Andererseits habe er sich immer wieder um Arbeit bemüht und habe zuletzt auch eine berufliche Qualifizierungsmaßnahme begonnen. Auch der Umstand, dass er für seine Kinder trocken bleiben wolle, sei als protektiv zu werten. In der Vergangenheit habe er eine freiwillige Therapie seiner Opiatabhängigkeit erfolgreich abgeschlossen und auch eine Therapie im Maßregelvollzug nach anfänglichen Problemen zunächst erfolgreich absolviert, wenngleich er zu einer überdauernden Abstinenz vor dem Hintergrund der Beziehung zur Zeugin S3. nicht lange in der Lage gewesen sei. Ungünstig sei darüber hinaus, dass er im Vorfeld die Möglichkeit gehabt habe, die Therapeuten der FOSA zu informieren und gegebenenfalls eine stationäre Krisenbehandlung anzustreben. Auch gegenüber seinem Bewährungshelfer habe er sich nicht geöffnet. Zudem lägen dissoziale Persönlichkeitsaspekte vor, welche im Zusammenhang mit dem langjährigen Substanzkonsum stünden. Seine Bemühungen um eine Abstinenz und ein sozial akzeptiertes Leben seien immer wieder dem übermäßigen Konsum von Suchtmitteln zum Opfer gefallen. Die Bewertung der Misserfolgskriterien würde nach derzeitiger Einschätzung ein kritisches Bild ergeben, wobei es ihm derzeit an einer intrinsischen Motivation zu einer Therapie im Maßregelvollzug fehle.
167
Insgesamt sei zu sehen, dass der Nachhall der Therapie im Maßregelvollzug nicht sehr fundiert gewesen sei. Bereits im Januar 2019 seien erste Unregelmäßigkeiten aufgefallen und im Mai habe er unter Alkohol eine Straftat begangen. Mit Einzug der Zeugin S3. sei es problematischer geworden. Zuletzt habe er die Trennung auch nicht akzeptieren können. Aus dem BZR ergebe sich zudem eine polytrope Kriminalität mit einer teilweise hohen Rückfallgeschwindigkeit. Beim psychopathologischen Befund sei auffällig gewesen, dass wenn man einen wunden Punkt angesprochen habe, er geschwiegen habe. Er habe die Disposition in bestimmten Situationen übermäßig Alkohol zu konsumieren. Er sei auch wieder auf dem Weg zu einer profunden Alkoholabhängigkeit gewesen.
168
Im Rahmen der Erfolgsaussichten sei zudem noch zu sehen, dass es Ansätze von Agieren mit Verantwortungsgefühl und erfolgreiche Therapien in der Vergangenheit gegeben habe. Er habe die Beziehung zur Zeugin S3. unterschätzt. Die Sachverständige sehe es insbesondere kritisch, ob er über einen längeren Zeitraum abstinent leben könne. Es müsse auch eine Veränderung in seiner Persönlichkeit, was auch eines der maßgeblichen Probleme des Angeklagten sei, erreicht werden, sodass eine alleinige Therapie im Rahmen des § 64 StGB als in erster Linie Suchttherapie eigentlich zu kurz greife. Eine eventuelle Therapiedauer sei jedenfalls mit 2 Jahren anzusetzen, da die Erprobungslockerungen beim Angeklagten längere Zeit notwendig sein müssten. Eine Gewalttätertherapie würde die vorliegende Persönlichkeitsproblematik im Rahmen der SothA mitbearbeiten. Der Angeklagte sei auch ein Fall für Sozialtherapie. Die Erfolgsaussichten einer neuerlichen Therapie im Maßregelvollzug schätze sie mit 50 : 50 ein.
XX. Zusammenfassung
169
Der festgestellte Sachverhalt insbesondere zum Ablauf des eigentlichen Tatgeschehens ergibt sich für die Kammer maßgeblich aus den Aussagen der Zeugen Z. und S. N., den Angaben der übrigen polizeilichen Zeugen und der Sachverständigen, insbesondere des Sachverständigen Dr. A., welcher auch den Tatablauf an Hand der Blutspuren übereinstimmend mit den Angaben der Zeugen N3. beurteilte.
170
Der Angeklagte, der in der Hauptverhandlung angab, sich an das Tatgeschehen nicht mehr erinnern zu können, hat nach der Festnahme die Tat gegenüber den polizeilichen Zeugen PHM Ob., POM L., POK H. und POM Ot. eingeräumt.
171
Die Kammer hat Zweifel, dass die Zeugin S3. zum Inhalt des vorherigen Gesprächs keine Erinnerungen mehr und zum Tatgeschehen keine Beobachtungen gemacht hat.
172
Insbesondere zum Tatgeschehen hat sie mehr beobachtet. Ihr vernommener Vater, der Zeuge V2. K2., hat angegeben, dass ihm seine Tochter aus eigener Wahrnehmung wiedergebend insbesondere gesagt habe, dass der Angeklagte mit einem Messer gekommen sei, es einen Kampf gegeben habe und der Angeklagte den Geschädigten in die Gurgel gestochen habe und auch in die Backe. Sie habe ihm sogar die Messerhaltung gezeigt.
173
Die Zeugin hat mit ihrer Aussage dem Angeklagten helfen wollen oder das Geschehen wegen ihrer eigenen Rolle zwischen den beiden Männern und ihrer Verantwortung für das Geschehen nicht offenbaren wollen.
174
Selbst aus ihren Angaben ergibt sich aber, dass der Angeklagte mit einem Messer bewaffnet in das Haus gelaufen ist und mit der Auseinandersetzung mit dem unbewaffneten R. R. begonnen hat.
175
Gegen die Angaben der Zeugen S3., vom weiteren Kampf nichts mitbekommen zu haben und den Angeklagten nach der Tat nicht mehr gesehen zu haben, spricht zum einen der Notruf der Zeugin, bei welchem im Hintergrund der Angeklagte zu hören war. Zur Überzeugung des Gerichtes will die Zeugin S3. hier den Angeklagten nicht vollends belasten und gibt weniger preis, als sie tatsächlich gesehen hat. Zum anderen haben die Zeugen N3. gehört, dass sie sich nach der Tat mit dem Angeklagten noch unterhalten hat.
176
Der Angeklagte selbst hat die Tat in der Hauptverhandlung nicht in Abrede gestellt. An ihm selbst und seiner Kleidung wurden Blutspuren gefunden und am auch von der Zeugin S3. beschriebenen und im Haus des Angeklagten aufgefundenem Tatmesser waren Blutspuren des Geschädigten und ein Daumenabdruck des Angeklagten festzustellen. Die Blutspur lässt sich bis in das Haus des Angeklagten verfolgen, dort befinden sich auch noch Blutspuren z.B. an einer Flasche.
177
Der Angeklagte war gekränkt aufgrund der vorhergehenden Beendigung der Beziehung durch die Zeugin S3. und deren „Einzug“ beim Geschädigten, wobei er von jeher eine Affäre zwischen den Beiden vermutete. Nach dem Gespräch mit der Zeugin S3. hat er sich endgültig entschlossen die vorher geäußerten konkreten Drohungen in die Tat umzusetzen und ist in das Haus des Geschädigten gestürmt. Hier gab es einen kurzen Wortwechsel und es folgte dann sofort der Angriff des Angeklagten. Der Angeklagte hatte das Messer bereits zur Aussprache mit der Zeugin mitgenommen und ging sofort auf den Geschädigten, entsprechend seiner Absicht, los. Ihm kann es auf den Tod des Geschädigten an, dies ergibt sich aus dem vorherigen Chat-Verkehr, der Heftigkeit und der Vielzahl der Stiche und insbesondere auch seinen Äußerungen nach der Tat, als er fragte, ob sein Kontrahent tot sei, und er sich darüber gegenüber KHK Sch. befriedigt äußerte bzw. gegenüber dem Zeugen POM Ot. angab, dass es „schade“ sei, dass der Geschädigte zunächst noch nicht tot gewesen sei. Zudem gab er gegenüber den Zeugen POM L. und POK H. an, dass wenn das Opfer nicht versterben sollte, er es nochmal probieren müsse. Beim Tatgeschehen kniete er auch noch am Boden und stach auf den bodennah befindlichen Geschädigten ein, wobei es eine Verlagerung von der Küche in das Schlafzimmer und auch innerhalb des Schlafzimmers gab und der Angeklagte immer weiter nachsetzte, obwohl sich der Geschädigte, bereits am Boden befindlich, wehrte, Abwehrverletzungen aufwies und auch der Angeklagte leichtere Verletzungen erlitt bzw. sich selbst mit dem Messer verletzte. Hinzu kommt, dass er die Tat in der konkreten Ausgestaltung unter anderem mit Messereinsatz gegen den Hals, auch so in vorherigen Äußerungen im Chat gegenüber der Zeugin ankündigte.
178
Anhaltspunkte für die Beteiligung einer weiteren Person bestehen nicht.
179
Aufgrund eigener Überzeugungsbildung und den überzeugenden und widerspruchsfreien Ausführungen der Sachverständigen Dr. L1. folgend, ergeben sich für die Kammer auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte in seiner Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen oder diese gar aufgehoben gewesen war. Diagnostisch liegt ein Alkoholmissbrauch im Übergang zu einer Alkoholabhängigkeit vor. Anhaltspunkte für eine krankhafte seelische Störung ergaben sich nicht; so ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Psychose oder depressiven Symptomatik sowie einer hirnorganischen Beeinträchtigung im Sinne eines organischen Psychosyndroms. Die Kammer geht hierbei auch insbesondere nicht von einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung etwa im Sinne einer Affekthandlung aus. Einerseits ist in diesem Zusammenhang die erhebliche Anzahl der Stiche des Angeklagten, das Tatmotiv der Eifersucht, die alkoholische Enthemmung des Angeklagten sowie die Aufschaukelungssituation in der Vorgeschichte der Tat zu sehen. Jedoch ist der vorliegende Tatanstoß - abweichend von einer „ausreichenden“ Affekthandlung - nicht derart unverhältnismäßig, da vorher tatsächlich eine Trennung vorgelegen hat. Auch die vor dem Tatgeschehen gezeigten aggressiven Handlungen des Angeklagten sprechen gegen einen Affekt . Vor allem aber weicht das Nachtatverhalten völlig von einer bei einer Affekthandlung zu erwartenden akuten Belastungsreaktion ab. Der Angeklagte zeigte hier eher das Gegenteil davon in Form von bewertenden Äußerungen und sogar Erleichterung, dass der Geschädigte nun tot sei. Den Angeklagten hat die Situation auch nicht unvorbereitet getroffen, da er gewusst hat, dass sich die Zeugin S3. nach der Trennung beim Geschädigten aufgehalten hat. Darüber hinaus hat er im Rahmen seiner Ausführungen auch Gefühlszustände offenbart, was nicht im Einklang mit einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung steht. Aufgrund seines Werdegangs kann auch nicht von einem Schwachsinn ausgegangen werden, ebenso auch nicht von einer schweren anderen seelischen Abartigkeit. Die beim Angeklagten vorliegenden narzisstischen und dissozialen Persönlichkeitszüge liegen noch im Bereich einer Akzentuierung. Auch eine vorübergehende krankhafte seelische Störung aufgrund einer Intoxikation ist nicht gegeben. Trotz der maximal möglichen BAK von 2,71 Promille zum Tatzeitpunkt kann aufgrund der anzunehmenden Alkoholgewöhnung des Angeklagten, der Aussagen der polizeilichen Zeugen O., H. und Ot., welche keinerlei entsprechende Ausfallerscheinungen wahrnehmen konnten, aufgrund der gezeigten Interaktionen mit den Beamten, des Eindrucks des Angeklagten auf den Bodycamaufzeichnungen und dem dort gezeigten Verhalten sowie den Äußerungen des Angeklagten im Hintergrund des Notrufs der Zeugin S3., welche eine situative Wahrnehmung des Angeklagten belegen, nicht von einer Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden. Lediglich ein Beamter konnte sich bei dem Angeklagten an Alkoholgeruch und Probleme beim Gehen erinnern, was jedoch in Anbetracht der Beobachtungen der übrigen Beamten und den sonstigen Umstände, z. B. als er die am Rücken gefesselten Hände unter die Beine hindurch nach vorne brachte, an dieser Einschätzung nichts ändern kann, wobei die Kammer auch berücksichtigt hat, dass bei hoher Alkoholgewöhnung allein dem „motorischen“ Verhalten und der Leistungsfähigkeit des Angeklagten nach der Tat nur geringe Aussagekraft zukommt. Der Angeklagte hat insgesamt im Rahmen des Tatgeschehens nicht nur zielgerichtet gehandelt mit vielfachen Stichen in den Kopf- und Halsbereich und der Verfolgung des Opfers bis ins Schlafzimmer, er hatte - wie sich aus seinen Äußerungen ergeben hat - auch keine Wahrnehmungsdefizite.
180
Diese gesamten Umstände haben weder für sich alleine, noch insgesamt zu einer Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit bei dem Geschehen geführt, das sich über eine längere Zeit mit Konflikten und der Androhung eines solchen Vorgehens hingezogen hat.
D. Rechtliche Würdigung
181
Der Angeklagte ist mithin schuldig des Totschlags nach § 212 Abs. 1 StGB.
I.
182
Der Angeklagte hat mit Tötungsabsicht (dolus directus 1. Grades) gehandelt.
183
Absicht liegt vor, wenn der Handlungswille des Täters, wie bei den Verletzungsdelikten, auf den tatbestandlichen Erfolg (Tod des Opfers), oder aber auch auf einen weiteren Erfolg gerichtet ist, den der Täter nur zu erstreben, aber nicht zu erreichen braucht. Erstrebt der Täter den Erfolg, so kommt es nicht darauf an, ob er mit dem Eintritt des Erfolges sicher oder nur möglicherweise rechnet (BGH NJW 81, 2204) (vgl. insgesamt Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 15 StGB, Rn. 66, 67 m.w.N.).
184
Vorliegend ist zunächst zu sehen, dass der Angeklagte aus Eifersucht in einer bestehenden längeren Konfliktlage mit dem Geschädigten gehandelt hat und auch alkoholisch enthemmt war. Er war aber in der Steuerungsfähigkeit nicht beeinträchtigt und es ergibt sich aus dem gesamten Chatverkehr zwischen ihm und der Zeugin S3., dass er massive Todesdrohungen gegen R. R. ausgestoßen hat, die er letztendlich umgesetzt hat. Die Kammer geht zugunsten des Angeklagten davon aus, dass er erst während der Aussprache mit der Zeugin S3. endgültig den Entschluss zur Tötung des R. R. gefasst hat. Das überfallartige Vorgehen im Haus des Geschädigten mit einem Messer, das Einwirken auf ihn nach einem kurzen Streit mit zahlreichen und zum Teil heftigen Stichen mit der Verlagerung des Geschehens und dem Nachsetzen des Angeklagten bis ins Schlafzimmer sowie seine Äußerungen nach der Tat sprechen für die Tötungsabsicht.
II.
185
Mordmerkmale liegen hingegen nicht vor. Insbesondere das Mordmerkmal der Heimtücke kann nicht angenommen werden, da es vor dem unmittelbaren Kampfgeschehen einen, wenn auch nur kurzen, Streit zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten gab. Auch die körperliche Untersuchung des Geschädigten ergab mehrere Abwehrverletzungen, sodass sich nicht sicher belegen ließ, dass der erste mit Tötungsabsicht geführte Stich auf ein arg- und wehrloses Opfer geführt wurde.
186
Sonstige niedrige Beweggründe ebenfalls liegen nicht vor. Der Angeklagte handelte vorliegend insbesondere aus Eifersucht. Aufgrund diverser Umstände ging der Angeklagte nicht unnachvollziehbar von einer Beziehung des Getöteten und der Zeugin S3. aus, nachdem der Geschädigte eine solche behauptet hatte und nach der Trennung die Zeugin auch bei diesem einzog. Mithin ist subjektiv nicht nachzuweisen, dass die Beweggründe des Angeklagten auf einer derart niedrigen Gesinnung ihrerseits beruhen.
187
Auch das Mordmerkmal der Mordlust liegt nicht vor. Hierbei müsste es dem Täter auf den Tötungsakt aus Freude oder dergleichen ankommen. Hier kam es dem Angeklagten auf das konkrete Opfer an, sodass dieses Merkmal nicht anzunehmen ist.
III.
188
Anhaltspunkte dafür, dass die Handlungen des Angeklagten von Notwehr gemäß § 32 StGB gedeckt sind, ergeben sich nicht. Vorliegend ist der Angeklagte mit Angriffswillen bereits in das Haus des Geschädigten eingedrungen. Allein hierin ist schon ein bevorstehender Angriff auf den Geschädigten zu sehen, sodass der erste Angriff jedenfalls vom Angeklagten ausging. Verteidigungswillen hat er zu keinem Zeitpunkt gehabt. Seine eigenen Verletzungen waren Abwehrverletzungen des Geschädigten.
E. Rechtsfolge
189
Die Kammer geht vom Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB aus, welcher Freiheitsstrafe zwischen 5 und 15 Jahren vorsieht.
I.
190
Anhaltspunkte für einen minder schweren Fall nach § 213 StGB oder einen besonders schweren Fall nach § 212 Abs. 2 StGB bestehen nicht.
191
Im Rahmen der hier vorzunehmenden Gesamtwürdigung weicht der vorliegende Fall weder erheblich nach oben noch nach unten ab.
192
Gegen einen besonders schweren Fall sprechen insbesondere, dass keinerlei Nähe zu einem Mordmerkmal zu erkennen ist, er die Tatbegehung auch nicht vollends in Abrede stellte und sich auf eine partielle Gedächtnislücke berief und im letzten Wort seine Tat bereute. Auch das vorherige Verhalten des Geschädigten, der sich mit einem Verhältnis zur Zeugin S3. brüstete und aggressive Äußerungen in Richtung des Angeklagten machte und die alkoholbedingte Enthemmung des Angeklagten sprechen in der Gesamtschau gegen einen besonders schweren Fall, auch wenn der Angeklagte die Tat zuvor im Chatverkehr ankündigte.
193
Gegen einen minder schweren Fall spricht im vorliegenden Fall insbesondere die Vehemenz und die Tatausführung des Angeklagten im Einzelnen, welcher insgesamt mindestens 23 Stiche auch teilweise gegen den Kopf- und Halsbereich des Opfers führte. Das Opfer ist zudem sehr schnell in bodennaher Lage gewesen und der Angeklagte hat immer weiter eingestochen, wobei er dem Opfer auch nachsetzte, was die Geschehensverlagerung erkenntlich auch im Spurenbild im Schlafzimmer zeigt. Zudem ist die nicht unerhebliche strafrechtliche Vorbelastung des Angeklagten und das Handeln nur etwas über ein Jahr nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug und unter offener Bewährungs- und Führungsaufsicht stehend zu sehen. An dieser Einschätzung ändern auch die alkoholische Enthemmung, das Aussageverhalten des Angeklagten sowie dessen Reue, vorgegebene Änderungsbereitschaft und die Eigenverletzungen des Angeklagten nichts. Dabei hat die Kammer die Vorgeschichte und seine Eifersucht wegen der Zeugin S3. und auch vor allem das provokante Verhalten des Geschädigten in die Beurteilung einbezogen. Unmittelbar vor der Tat ist der Angeklagte von R2. R. aber nicht provoziert worden.
II.
194
Auch eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21,49 StGB ist nicht vorzunehmen. Anhaltspunkte für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit liegen nicht vor. Insbesondere eine vorübergehende krankhafte seelische Störung aufgrund Alkoholkonsums kann in Anbetracht der fehlenden Ausfallerscheinungen aufgrund der Aussagen der polizeilichen Zeugen und auch dem Eindruck im Rahmen der Bodycamaufzeichnungen sowie der erheblichen Alkoholgewöhnung des Angeklagten auch bei einer maximalen BAK von 2,71 Promille nicht angenommen werden.
195
Trotz der Diagnose eines Alkoholmissbrauchs im Übergang zu einer behandlungsbedürftigen, profunden Alkoholabhängigkeit bestehen keine Anhaltspunkte für eines der Eingangsmerkmale der Schuldfähigkeitsparagrafen.
III.
196
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne ist zu sehen, dass der Angeklagte das Tatgeschehen und die Vorgeschichte eingeräumt hat, soweit er sich erinnern konnte. Er war zudem alkoholisch enthemmt und es handelte sich um eine emotionale aufgeschaukelte Situation, wobei die Zeugin S3. auch Umgang mit dem Geschädigten, trotz Missfallens des Angeklagten hatte und ihn somit provozierte, wenngleich vorher eine Trennung erfolgt ist. Der Geschädigte hat sich auch öffentlich mit einem Verhältnis mit der Zeugin gebrüstet und damit zur Verärgerung des Angeklagten beigetragen. Darüber hinaus gab er an die Tat zu bereuen und erklärte eine Therapiebereitschaft.
197
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte erheblich vorbestraft ist. Der Auszug aus dem Bundeszentralregister enthält insgesamt 20 Eintragungen. Viele von ihnen stehen offenbar im Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum, wobei Aggressionsdelikte jedenfalls - soweit aus dem BZR erkennbar und den Feststellungen im Verfahren entnehmbar - 8 der Verurteilungen darstellen. Der Angeklagte war auch bereits mehrfach in Haft ohne sich von der Begehung weiterer Straftaten in der Vergangenheit abhalten zu lassen. Von mehreren bisher eingeräumten Bewährungen hat er nicht eine durchgestanden, so handelte er auch im vorliegenden Verfahren unter offener Bewährung und Führungsaufsicht stehend. Seine Rückfallgeschwindigkeit ist hoch, da die neuerliche Tat nur etwas über ein Jahr nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug datiert. Im Rahmen der konkreten Tatbegehung hat er massive Gewalt in Form von ca. 23 Stichen auf einen bereits früh am Boden Liegenden angewendet.
198
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hält die Kammer eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren für tat- und schuldangemessen
IV.
199
Eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB war nicht anzuordnen. Aus Sicht der Kammer bestehen diesbezüglich keine ausreichenden Erfolgsaussichten.
200
Die übrigen Voraussetzungen für eine Unterbringung sind hingegen gegeben.
201
1. Einhergehend mit der Einschätzung der psychiatrischen Sachverständigen Dr. L1. liegt bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne des § 64 StGB vor.
202
Aus den Schilderungen des Angeklagten zu seinen Konsumgewohnheiten von Alkohol und Drogen aktuell vor der Inhaftierung und auch in seiner Lebensgeschichte ergibt sich ein Alkoholmissbrauch an der Grenze zu einer profunden Abhängigkeit von Alkohol, welche nicht dauerhaft durch eine vorhandene und regulär abgeschlossene Therapie im Maßregelvollzug ausreichend therapiert worden ist. Mit dem Einzug der Zeugin S3., die ebenfalls dem Alkohol erheblich zugesprochen hat, ist es zu einer emotionalen Labilisierung und Rückfälligkeit mit Alkohol gekommen.
203
2. Es besteht auch ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Alkoholkonsum des Angeklagten und Aggressionen, sodass - nicht zuletzt aufgrund seiner strafrechtlichen Vorgeschichte - die große und hohe Gefahr besteht, dass er deshalb erneut erhebliche rechtswidrige Taten zumindest im Verkehrs- und Aggressionsdeliktsbereich begeht.
204
3. Auch liegt eine Hangtat vor, da der Angeklagte alkoholisch enthemmt mit einer max. BAK von 2,71 Promille - wie er weiß - aggressiv geworden ist und auf den Geschädigten eingestochen hat.
205
4. Die Kammer sieht jedoch - im Einklang mit der Einschätzung der Sachverständigen Dr. L1. - keine ausreichenden Erfolgsaussichten für eine neuerliche Therapie im Maßregelvollzug nach § 64 StGB.
206
Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist unter Einbeziehung aller relevanten Umstände eine Gesamtwürdigung geboten; es ist insbesondere auf die Persönlichkeit des Täters abzustellen. Zudem sind Art und Stadium der Sucht, bereits eingetretene physische und psychische Veränderungen und Schädigungen, frühere Therapieversuche (ggf. der alsbaldige Rückfall nach früheren Behandlungen) sowie die aktuelle Therapiebereitschaft zu berücksichtigen. Negative Faktoren, die sich ungünstig auf die Erfolgsaussicht auswirken, sind z.B.: früher Beginn des Rauschmittelkonsums, frühe Delinquenz (insbesondere Gewalttaten), frühere Haftzeiten, fortbestehende Aggressivität, fehlender Schulabschluss, Berufslosigkeit, Gebrauch verschiedener Suchtmittel (Polytoxikomanie), mehrere erfolglose Vollstreckungszurückstellungen gem. § 35 BtMG, wiederholte vergebliche Entgiftungsversuche, mehrfache erfolglose Therapieversuche, Beikonsum von Rauschgiften während der Substitutionsbehandlung, erfolglose frühere Maßregelvollzugsbehandlung mit fortbestehender Verweigerungshaltung, das völlige Fehlen ernsthafter Versuche, das Konsumverhalten grundlegend zu ändern, verfestigter langjähriger Drogenkonsum, Drogensucht als Ausdruck dissozialer Persönlichkeitsfehlentwicklungen, Verständigungsschwierigkeiten und neben der Sucht bestehende weitere psychische Beeinträchtigungen (insbesondere Persönlichkeitsstörungen oder Intelligenzdefizite).
207
Hinsichtlich des Angeklagten schließt auch der Umstand der nur vorübergehend erfolgreichen Entwöhnungsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach § 64 StGB eine Erfolgsaussicht nicht generell aus. Die mangelnde Erfolgsaussicht kann zudem nicht mit Persönlichkeitsdefiziten begründet werden, die typische Symptome der Sucht sind. So gehört etwa der Umstand, dass der Süchtige zur Bewältigung von Krisen Rauschmittel konsumiert, anstatt sich aktiv mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen, zu den Kernproblemen der Sucht. Die Stärkung der Affekttoleranz des Abhängigen ist daher eines der Ziele der Therapie. Diesbezügliche Defizite reichen zur Verneinung der Erfolgsaussicht nicht aus.
208
Positive Faktoren, die dafür sprechen, dass die Therapie erfolgreich verlaufen wird, sind beispielsweise wenn der Angeklagte sich bereits in Freiheit (nicht nur unter dem Druck eines Strafverfahrens) um Hilfe bemüht hat, insbesondere ein zuvor erfolgter Selbstentzug, der zu einer längeren Abstinenzphase geführt hat. Ebenso eine frühere freiwillige Therapie, die zumindest vorübergehend erfolgreich war. Auch der Umstand, dass es um die erstmalige Durchführung einer stationären Therapie geht, kann sich positiv auswirken. Für Erfolgsaussicht spricht auch, wenn der Angeklagte seine Abhängigkeit als eine schwere Störung erkennt, die er nicht als schicksalhaft ansieht und unter der er leidet und die für ihn mit negativen Erinnerungen besetzt ist und wenn er zur totalen Abstinenz bereit ist; er sollte bereits konkrete und realistische Vorstellungen zu seiner Zukunft (u.a. bzgl. Therapie und der späteren beruflichen Tätigkeit) entwickelt haben. Als günstig anzusehen ist es zudem, wenn vor dem Anlassdelikt keine oder nur wenige Straftaten begangen wurden, wenn der Angeklagte noch relativ jung ist (str.), der Drogenkonsum noch nicht lange andauert (unter drei Jahre), keine zusätzliche Persönlichkeitsstörung vorliegt, Schule und Berufsausbildung erfolgreich absolviert wurden, Erfahrungen mit Erwerbstätigkeit vorliegen, er vor der Unterbringung ins Arbeitsleben integriert war sowie belastbare familiäre Bindungen (insbesondere Ehe und Kinder) fortbestehen (vgl. van Gemmeren in MüKo, StGB Komm., 3. Aufl. 2016,§ 64 StGB, Rn. 64-66 jew. m.w.N.).
209
Es muss insbesondere eine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg unter Bezugnahme auf konkrete Tatsachen anzunehmen sein (vgl. BGH NJW 2015, 2898). Die bloße Möglichkeit einer therapeutischen Veränderung vermag die Prognose eines hinreichend konkreten Therapieerfolges nicht zu stützen (BGH NStZ-RR 2018, 275).
210
Einhergehend mit der Einschätzung der psychiatrischen Sachverständigen Dr. L1. ist bei der vorzunehmenden Abwägung zunächst die Biografie des Angeklagten unter Berücksichtigung seiner Aufwachssituation, das Erreichen des Hauptschulabschlusses, die nicht abgeschlossene Lehre, der erfolgte Umzug nach Deutschland, die gescheiterte erste Ehe und der damit verbundene Heroinkonsum, aber auch die erfolgreiche Therapie nach § 35 BtMG sowie die bis zuletzt häufig wechselnden Arbeitsverhältnisse, Wohnorte und auch die strafrechtliche Vorgeschichte des Angeklagten mit mehreren Inhaftierungen und der zuletzt erfolgten bedingten Entlassung aus dem Maßregelvollzug nach regulärem Ende im Oktober 2018, zu berücksichtigen. Der Auszug aus dem Bundeszentralregister des Angeklagten enthält insgesamt 20 Einträge. Von den Vorahndungen erfolgten mehrere unter Suchtmitteleinfluss und jedenfalls 8 entstammen dem Aggressionsdeliktsbereich. Auffällig ist insbesondere, dass die erste registrierte Straftat aus dem Jahre 1993 datiert und somit nur ca. 2 Jahre nach Umsiedlung nach Deutschland liegt und ausweislich des Tatvorwurfes Ursache bereits Alkoholkonsum war. Bei dieser Tat war der Angeklagte noch nicht einmal 20 Jahre alt. Im Rahmen dieser Tat kam es auch zu erstmaliger Gewaltanwendung. Die 1. Inhaftierung erfolgte 2000/2001, im Alter von ca. 27 Jahren. Von bisher gewährten Bewährungschancen hat er nicht eine durchgestanden.
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Belastbare familiäre Bindungen, welche ihm von neuerlichen Rückfällen abgehalten hätten, waren damals und sind auch heute nicht ersichtlich. Auch die Partnerbeziehungen des Angeklagten sind häufig konflikthaft verlaufen. Mit der Zeugin S3. und der Mutter zweier seiner Kinder, Frau I. C., hat er zwei Lebensgefährtinnen gehabt, die ebenfalls erheblich dem Alkohol zugesprochen haben.
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Im Rahmen des früheren Maßregelvollzugs hatte der Angeklagte zunächst Probleme mit Regelakzeptanz und Änderungsbereitschaft gezeigt, sodass im Juli 2017 ein Zwischenvollzug erfolgte. Nach Rückkehr in die Klinik im Januar 2018 trat eine Verbesserung ein, da der Angeklagte - nach eigenem Bekunden - die Therapie für seine Kinder durchstehen wollte, wobei er, wie er angab, einen positiven Effekt von ihr nicht gespürt habe, letztlich doch im Oktober 2018 regulär entlassen werden. Dem Angeklagten wurde eine Teilnahme an der Nachsorge auferlegt, ein Konsumsverbot und auch ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Bereits Ende 2018/Anfang 2019 fanden sich erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei den durchgeführten Screenings. Im Januar 2019 zeigte sich sodann ein positiver Befund für Cannabis. Das Drogen- und ETG-Screening vom 07.06.2019 ergab zudem Auffälligkeiten beim CDT-Wert und im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wurde im Mai 2019 eine BAK von 1,64 Promille beim Angeklagten gemessen. Zuletzt hat er ca. ab August/September 2019 vermehrt Alkohol konsumiert (>60 g am Tag; was sich aus dem Haargutachten ergibt), wobei die Kammer nicht verkennt, dass er wohl teilweise noch zu normalem Leben befähigt gewesen ist (Praktikum), indem er teilweise wohl erst abends begonnen hat zu trinken. Die Abstinenz des Angeklagten hat also noch nicht einmal 7 Monate (nachweislich erster Konsum bei Streit im Mai 2019) gehalten. Danach erfolgte erneut regelmäßiger Konsum von Alkohol.
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Der Alkoholkonsum des Angeklagten hat bereits im Jugendalter begonnen und sich in Deutschland und während seiner Zeit bei der Bundeswehr gesteigert. Die erheblichste Alkoholphase benennt der Angeklagte im Jahr 2015 mit täglichem, bereits morgendlichem Trinken von Alkohol.
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In der Vergangenheit hat mithin ein jahrelanger Konsum von psychotropen Substanzen vorgelegen, der bereits zu Persönlichkeitsveränderungen geführt hat. Von seiner Persönlichkeit her bestehen bezüglich seiner deliktischen Vorgeschichte Bagatellisierungstendenzen sowie Hinweise auf Externalisierung. Er weist zudem dissoziale und narzisstische Strukturanteile auf, wobei eine Persönlichkeitsstörung im klinischen Sinne (noch) nicht vorliegt.
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Beim Angeklagten liegt auch ein mangelndes Problembewusstsein vor, indem er die Dynamik seiner Suchtkrankheit nicht einschätzen kann, obwohl er diese Kenntnisse im Rahmen einer erfolgreichen Therapie nach § 64 StGB erworben haben sollte.
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Er hat sich zudem in, von ihm erkannten, problematischen Situationen nicht an Verantwortliche der Nachsorgeambulanz oder seinen Bewährungshelfer gewandt und hat somit ambulant installierte Hilfsangebote, die einer erneuten Rückfälligkeit entgegenwirken sollten, gerade nicht in Anspruch genommen.
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Bei Rückschlägen und Stresssituationen greift er auf gewohnte Problemlösestrategien zurück, indem er psychotrope Substanzen konsumiert.
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Zu keinem Zeitpunkt konnte der Angeklagte zudem bisher eine intrinsische Therapiemotivation entwickeln, was nach Ansicht der Kammer aber zwingende Voraussetzung für einen andauernden Abstinenz- und Therapieerfolg ist.
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Diagnostisch liegt beim Angeklagten derzeit ein Alkoholmissbrauch im Übergang zu einer behandlungsbedürftigen, profunden Alkoholabhängigkeit vor. Er hat in der Vergangenheit einen starken Wunsch gezeigt insbesondere Alkohol zu konsumieren, wobei sein Missbrauch aber nicht darauf beschränkt war und er nach der Trennung von seiner 1. Ehefrau auch intravenös Heroin spritzte. Zudem legt er eine verminderte Kontrollfähigkeit und eine gewisse Alkoholtoleranz an den Tag, was bereits zum jetzigen Zeitpunkt wieder für ein fortgeschrittenes Konsumstadium spricht. Der Angeklagte konsumierte in der Vergangenheit immer weiter, in Kenntnis eindeutig schädlicher Folgen für sein Leben - auch in Form von erwartbarer Delinquenz.
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Die Kammer verkennt im Rahmen ihrer Abwägung nicht, dass eine ausgeprägte Entzugssymptomatik auch nach der Inhaftierung nicht feststellbar gewesen ist und eine ausgeprägte suchtbedingte Persönlichkeitsdepravation nicht vorliegt. Zudem hat er sich immer wieder um Arbeit bemüht und wollte für seine Kinder trocken bleiben, was ihn jedoch zuletzt auch nicht zu einer längerfristigen Abstinenz hat motivieren können. Er hat zudem offensichtlich mit einer freiwilligen Therapie seine Opiatabhängigkeit erfolgreich bekämpfen können.
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Im Rahmen der Abwägung kann die Kammer insbesondere keine ausreichend positive Prognose stellen, den Angeklagten über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren. Entscheidend ist hierbei zu sehen, dass der Erfolg der früheren Therapie im Maßregelvollzug, welche insgesamt ca. 14 Monate dauerte, nicht sehr fundiert gewesen ist. Er hat sich auf eine Beziehung mit einer Person eingelassen, welche ebenfalls dem Alkohol zuspricht; jedenfalls hat er die Beziehung fortgeführt, ohne zumindest therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er hat wohl zunächst langsam, spätestens ab Mai 2019 mit dem Trinken begonnen zunächst erst abends. Zum Ende hin hat er aber, wie auch am Tattag, bereits nachmittags begonnen Alkohol zu konsumieren.
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Mit der Sachverständigen sieht das Gericht zudem, dass maßgeblich eine Veränderung in seiner Persönlichkeit bezüglich der dissozialen und narzisstischen Anteile und seiner Kränkbarkeit erreicht werden muss, sodass eine alleinige Therapie im Rahmen des § 64 StGB zu kurz greift. In diesem Zusammenhang hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Angeklagte ein Kandidat für eine Gewalttätertherapie im Rahmen der SothA ist. Eine derartige Therapie wäre auch im Rahmen eines anzuordnenden Vorwegvollzuges jedenfalls zeitlich möglich.
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Aus Sicht der Kammer kann deren erfolgreicher Abschluss aber keineswegs einfach unterstellt oder vorausgesagt werden, so dass dieser Gesichtspunkt auch in Verbindung mit den übrigen genannten protektiven Gesichtspunkten derzeit keine insgesamt positive Erfolgsprognose begründen kann. Im Gegenteil erscheint ein Erfolg einer derartigen Therapie wegen des fehlenden Problembewusstseins und auch der bisher gezeigten fehlenden Bereitschaft, verfügbare therapeutische Hilfe (FOSA, Bewährungshilfe) nachhaltig und offen und ehrlich in Anspruch zu nehmen als eher unwahrscheinlich, auch wenn ein langer Vorwegvollzug und die Einwirkung einer längeren Freiheitsstrafe zu berücksichtigen ist.
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Die Sachverständige selbst schätzte die Erfolgsaussichten einer neuerlichen Therapie mit 50 zu 50 ein. Das reicht aber nicht aus, die Erfolgsaussichten müssen mit hinreichend konkreter Wahrscheinlichkeit vorliegen.
F.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464, 465 StPO. Als Verurteilter hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.