Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 08.04.2020 – Au 2 K 19.1058
Titel:

Keine Befreiung von der Hundesteuer für Herdenschutzhund

Normenketten:
BayKAG Art. 3
(kommunale) Hundesteuersatzung § 2 Nr. 5
Leitsätze:
1. Ein nicht in Anspruch genommener Gesamtschuldner ist nicht berechtigt, im Klageweg gegen einen Bescheid, der gegenüber einem anderen Schuldner erlassen worden ist, vorzugehen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Herdenschutzhunde sind von der Hundesteuer befreit, wenn eine zwingende Notwendigkeit für die Bewachung der Herden durch die zur Hundesteuer veranlagten Hunde besteht und Herdenschutz nicht durch menschliches Zutun oder anderweitige Maßnahmen garantiert werden kann. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kommunalabgabenrecht, Hundesteuer, Befreiung von der Hundesteuer für Herdenschutzhunde, Notwendigkeit der Hundehaltung aus Gründen des Herdenschutzes (verneint), Klagebefugnis, Herdenschutzhund
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 19.01.2021 – 4 ZB 20.1217
Fundstelle:
BeckRS 2020, 41349

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zur Hundesteuer von jeweils 30,00 EUR für die Pyrenäenberghunde „...“ und „...“.
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Die Kläger bewirtschaften einen landwirtschaftlichen (Bio-)Betrieb im Nebenerwerb in ... und ... mit ca. 27 Hektar Acker- und Wiesenflächen. Der Tierbestand umfasst nach Mitteilung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... ca. 30 Mutterschafe mit Lämmern, eine Mutterkuhherde mit 16 Mutterkühen und deren Kälbern sowie Geflügel und verschiedene Kleintiere. Nach den Angaben der Kläger belaufe sich der maßgebliche Viehbestand auf durchschnittlich 100 Schafe und 50 Kühe. Die Wiesenflächen, insbesondere die Weide in, ... (Fl.Nr. ...), werden nach den Angaben der Kläger rotierend als Weide für die in Teilherden aufgeteilten Kühe und Schafe genutzt.
3
Die Kläger besitzen bereits einen Pyrenäenberghund („...“) als Herdenschutzhund. Der Hund wurde durch Bescheid der Beklagten als zum erwerbsbedingten Herdenschutz eingesetztes Tier nach § 2 Nr. 5 der Hundesteuersatzung vom 1. Oktober 2010 steuerfrei gestellt. Nachdem die Kläger die Haltung der beiden weiteren Pyrenäenberghunde „...“ und „...“ angezeigt hatten, erhob die Beklagte mit zwei an den Kläger zu 1 gerichteten Bescheiden vom 12. Januar 2019 für die Hunde „...“ und „...“ für das Jahr 2019 jeweils eine Hundesteuer in Höhe von 30,00 EUR.
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Mit undatiertem, bei der Beklagten am 29. Januar 2019 eingegangenem Schreiben des Klägers zu 1 und Schreiben beider Kläger vom 7. sowie 9. Februar 2019 erhoben der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 Widerspruch gegen die Hundesteuerbescheide mit dem Hinweis, dass es sich bei beiden Hunden um dem Schutz ihrer Viehherden dienende Tiere handle. Die Hunde seien nach § 2 Nr. 5 der Hundesteuersatzung steuerfrei zu stellen. Die Beklagte half den Widersprüchen nicht ab und legte sie dem Landratsamt ... zur Entscheidung vor.
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Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts ... vom 19. Juni 2019 wurde der Widerspruch des Klägers zu 1 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, dass für die Haltung der zur Hundesteuer veranlagten Hunde zum Herdenschutz keine Notwendigkeit dargelegt worden sei. Die zu schützenden Tiere der Kläger könnten in Ställen untergebracht werden, womit eine Bedrohung durch Wildtiere praktisch ausgeschlossen sei.
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Am 19. Juli 2019 ließen die Kläger Klage erheben mit dem Antrag,
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die Bescheide der Stadt ... vom 12. Januar 2019 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts ... vom 19. Juli 2019 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, dass die zur Hundesteuer veranlagten Herdenschutzhunde „...“ und „...“ gemäß § 2 Nr. 1 und Nr. 5 der Hundesteuersatzung der Beklagten steuerbefreit seien. Sie dienten zur Bewachung der klägerischen Herden und damit Erwerbszwecken. Die Notwendigkeit der Haltung von Herdenschutzhunden habe die Beklagte durch die Befreiung des Hundes „...“ von der Hundesteuer bereits festgestellt. Für einen tiergerechten und effektiven Herdenschutz seien jedoch mindestens zwei, idealerweise drei Herdenschutzhunde notwendig. Die Hunde dienten dem Schutz der zu Erwerbszwecken gehaltenen Herden der Kläger vor Übergriffen durch Beutegreifer aller Art, insbesondere während des Weideaufenthalts. Übergriffe durch Füchse, Greifvögel und Raben hätten bereits mehrfach stattgefunden. Darüber hinaus sei nach der Auskunft des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bayern nunmehr auch mit Übergriffen durch Wolfe zu rechnen. Aus diesem Grund sei der „Bayerische Aktionsplan Wolf“ veröffentlicht worden. Ohne die Haltung von Herdenschutzhunden sei ein wirksamer Schutz nicht gewährleistet. Insbesondere eine Einzäunung mittels Elektrozäunen biete allein keinen ausreichenden Schutz. Einen effektiven Schutz vor Wölfen gewährleiste nach dem „Bayerischen Aktionsplan Wolf“ (S. 31 ff.) ausdrücklich nur eine Kombination aus Einzäunung und Herdenschutzhunden. Das Verbringen der Tiere der Kläger in die vorhandenen Stallungen an den Betriebsstätten in ... (Schafstall) und in ... (Kuhstall) sichere nur für die Zeit des Stallaufenthalts einen wirksamen Schutz.
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Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2019 wandte sich die Beklagte gegen das Klagebegehren. Für sie ist beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 19. September 2019 wurde ausgeführt, dass die Kläger auf dem Grundstück ... in ... einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Kuhhaltung, Schafhaltung, Hühnern und Hasen betrieben. Mitarbeiter der Beklagten hätten zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten die Angaben der Kläger überprüft und festgestellt, dass zu keiner Zeit Hunde bei den Herden gewesen seien. Die Rinder- und Schafherden seien in umzäunten Weiden gesichert durch Elektrozäune gehalten worden.
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Die Klage der Klägerin zu 2 sei bereits unzulässig, da die streitgegenständlichen Hundesteuerbescheide ausschließlich an den Kläger zu 1 gerichtet seien. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet, da die veranlagten Hunde hundesteuerpflichtig seien. Der Befreiungstatbestand des § 2 Nr. 1 der Hundesteuersatzung sei nicht erfüllt. Die Hunde seien zur Sicherung des landwirtschaftlichen Betriebs der Kläger nicht notwendig. Die Steuerfreiheit nach § 2 Nr. 5 der Hundesteuersatzung für Hunde, die zur Bewachung von Herden notwendig seien, sei ebenfalls nicht gegeben. Die beiden veranlagten Pyrenäenberghunde seien zur Bewachung der Herden nicht notwendig. Die Herden würden ausschließlich auf umzäunten, durch Elektrozäune gesicherten Viehweiden gehalten. Es sei nicht ersichtlich, dass die Tierhaltung für die Kläger ohne die Haltung der beiden Hunde völlig unmöglich sei. Auch aus dem Umstand, dass möglicherweise Übergriffe von Wölfen abgewehrt werden müssten, ergebe sich keine Notwendigkeit für die Hundehaltung.
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Auf entsprechende Anforderung des Gerichts nahm das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... mit Schreiben vom 8. Oktober 2019 zur Notwendigkeit der Haltung der Pyrenäenberghunde „...“ und „...“ durch die Kläger zum Schutz des auf Weiden gehaltenen Viehbestands Stellung. Dabei wurde u.a. ausgeführt, dass die Herdenschutzhunde nach den Angaben der Klägerin zu 2 nur zeitweise bei den Herden seien. Wegen Problemen mit Jägern und aufgrund der ungeklärten Rechtslage seien sie derzeit nachts überhaupt nicht bei den Tieren. Nach den Feststellungen des Amts stellen Herdenschutzhunde eine effektive Schutzmaßnahme vor großen Beutegreifern dar. Der Schutz sei aber nur bei Anwesenheit der Hunde bei den Herden gewährleistet. Der Regelaufenthaltsort der Hunde müsse daher bei den zu schützenden Tieren sein. Dabei solle es sich um einen Großteil der gehaltenen Weidetiere handeln und nicht nur um Einzeltiere.
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Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 4. November 2019 wurde ergänzend ausgeführt, dass die Klägerin zu 2 klagebefugt sei, da sie gesamtschuldnerisch haftende Hundehalterin sei auch ohne dass die Hundesteuerbescheide ausdrücklich an sie adressiert worden seien. Die Klage sei zudem begründet, da sich aus einer Ortseinsicht nicht ergebe, dass die Haltung von Herdenschutzhunden nicht notwendig sei. Auch aufgrund des Vorhandenseins einer zwar eingezäunten, aber unbeschützten Koppel könne nicht der Schluss gezogen werden, ein Schutz sei nicht notwendig. Neben Kleintieren und Geflügel würden zum Tierbestand der Kläger durchschnittlich 100 Schafe und 50 Kühe zählen, die im Rahmen einer rotierenden Koppelhaltung auf 15 Standorte verteilt seien. Mit dem vorhandenen Bestand von drei Herdenschutzhunden würden sich die beweideten Koppeln schützen lassen. Die restlichen Koppeln hätten die Kläger trotz Schutznotwendigkeit lediglich einzäunen können. Die Einzäunung biete jedoch keinen ausreichenden Schutz insbesondere nicht vor Raben und Greifvögeln. Bei Wölfen und Füchsen senke sie zwar die Wahrscheinlichkeit eines Übergriffs, panikbedingte Schäden könnten aber bereits durch deren bloße Anwesenheit entstehen. Im Übrigen hätten die Kläger ihren Bestand mittlerweile auf fünf Herdenschutzhunde aufgestockt, um auch im Rahmen einer rotierenden Koppelhaltung die Wirksamkeit des Herdenschutzes optimieren zu können. Der Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... sei zu entnehmen, dass mit dem Auftreten von Wölfen überall und jederzeit gerechnet werden müsse. Bedroht seien vor allem Schafe und Kälber. Als effektive Schutzmaßnahme habe sich die Kombination aus Elektrozaun und Herdenschutzhunden erwiesen. Pro Herde sei die regelmäßige Anwesenheit von mindestens zwei Hunden erforderlich. Zu schützen sei ein erheblicher Teil der gehaltenen Weidetiere.
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Mit Beschluss vom 8. November 2019 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. November 2019 wies die Beklagte darauf hin, dass das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... bei der Ortseinsicht am 6. September 2019 festgestellt habe, dass sich die drei Hunde der Kläger alle im Wohnhaus befunden hätten und ausschließlich der Hund „...“ als Herdenschutzhund zertifiziert sei. Die Hunde seien derzeit nur zeitweise bei den Herden und nachts überhaupt nicht. Der Gutachter führe aus, dass Herdenschutzhunde zwar eine effektive Schutzmaßnahme darstellen würden, der Schutz aber nur bei Anwesenheit der Herdenschutzhunde bei der Herde gegeben sei. Dabei solle es sich aber zumindest um einen erheblichen Teil der gehaltenen Weidetiere handeln und nicht nur um wenige Einzeltiere. Aus den Darlegungen des Sachverständigen ergebe sich, dass das Halten der Herdenschutzhunde nicht zwingend notwendig sei.
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Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 29. November 2019 nahm dieser abschließend zur Sache Stellung und erklärte das Einverständnis der Kläger mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Die Beklagte verzichtete mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2020 auf mündliche Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichtsund Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, da die Parteien hierauf übereinstimmend verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die von der Klägerin zu 2 erhobene Klage erweist sich als unzulässig. Die Klage des Klägers zu 1 ist zulässig, aber unbegründet.
21
Die Klage der Klägerin zu 2 ist - selbst wenn diese wegen der nur gegenüber dem Kläger zu 1 erfolgten Verbescheidung des (auch) von ihr erhobenen Widerspruchs als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO betrachtet würde - mangels Klagebefugnis bzw. wegen fehlenden Rechtschutzbedürfnisses unzulässig. Im Übrigen wäre die Klage auch unbegründet (s. unten). Die Klägerin zu 2 besitzt als Nichtadressatin der angefochtenen Bescheide nicht die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. Mangels Beschwer würde sie im Übrigen auch nicht über das für die Zulässigkeit der Klage notwendige Rechtschutzbedürfnis verfügen. Die Kläger sind als gemeinsame Halter und (Mit-)Eigentümer der Hunde „...“ und „...“ gesamtschuldnerisch hundesteuerpflichtig. Nach § 3 Abs. 2 der Hundesteuersatzung sind mehrere Personen, die gemeinsam einen oder mehrere Hunde halten, Gesamtschuldner. Daraus folgt, dass die Beklagte die Leistung der Hundesteuer nur von einem der Beitragspflichtigen fordern darf (§ 421 Satz 1 BGB). Ein nicht in Anspruch genommener Gesamtschuldner ist aber nicht berechtigt, im Klageweg gegen einen Bescheid, der gegenüber einem anderen Schuldner erlassen worden ist, vorzugehen. Die auf § 3 Abs. 2 der Hundesteuersatzung beruhende gesamtschuldnerische Haftung der Hundehalter für die Hundesteuer vermag daher weder eine Widerspruchs- noch eine Klagebefugnis der Klägerin zu 2 zu begründen (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.1975 - IV C 76.42 - KStZ 1975, 129; BayVGH, B.v. 14.1.2008 - 6 CS 04.3182 - juris Rn. 2; B.v. 20.12.1995 - 23 CS 94.3352 - juris; SächsOVG, B.v. 11.3.2013 - 5 A 751/10 - NJW-RR 2013, 1162; VG Augsburg, U.v. 27.3.2019 - Au 6 K 18.1246 - juris Rn. 23). Auch die Möglichkeit, dass die Klägerin zu 2 einem Ausgleichsanspruch des Gesamtschuldners, der die Beitragsforderung erfüllt hat, ausgesetzt sein könnte (vgl. § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB), vermittelt ihr nicht die erforderliche Klagebefugnis, da sie in ihrem Recht, dem Ausgleichsanspruch Einwendungen entgegenzuhalten, durch das vorliegende Verfahren nicht eingeschränkt wird. Das zwischen den Gesamtschuldnern bestehende zivilrechtliche Schuldverhältnis steht nämlich rechtlich unabhängig neben dem Abgabenschuldverhältnis zwischen Abgabengläubiger und dem persönlich herangezogenen Beitragspflichtigen (BVerwG, U.v. 31.1.1975 - IV C 76.42 - KStZ 1975, 129; B.v. 13.3.1995 - 8 B 5.95 - BayVBl 1995, 764; BayVGH, B.v. 14.1.2008 - 6 CS 04.3182 - juris Rn. 2; VG Augsburg, U.v. 22.12.2011 - Au 2 K 10.1430 - juris Rn. 21).
22
Die Klage des Klägers zu 1 ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da die ausschließlich an ihn gerichteten Hundesteuerbescheide der Beklagten vom 12. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts ... vom 19. Juli 2019 rechtmäßig sind und ihn nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23
Rechtsgrundlage für den Erlass der Hundesteuerbescheide vom 12. Januar 2019 ist Art. 3 KAG i.V.m. der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Satzung für die Erhebung der Hundesteuer der Beklagten vom 1. Oktober 2010 (im Folgenden: Hundesteuersatzung). Die Beklagte kann örtliche Verbrauch- und Aufwandssteuern erheben, solange und soweit diese nicht bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartig sind (Art. 3 Abs. 1 KAG). Die Abgaben werden aufgrund einer besonderen Abgabensatzung erhoben (Art. 2 Abs. 1 KAG). Die Beklagte hat mit dem Erlass der Hundesteuersatzung vom 1. Oktober 2010 von dem ihr gesetzlich zustehenden Satzungsrecht Gebrauch gemacht. Die Hundesteuer fällt unter die herkömmlichen gemeindlichen Aufwandssteuern (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2013 - 9 B 41.12 - juris; VG München, U.v. 27.9.2012 - M 10 K 11.6018 - juris; VG Trier, U.v. 1.10.2009 - 2 K 327/09 - juris). Gleichartige bundesrechtliche Steuerregelungen sind nicht vorhanden. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung der Beklagten bestehen nicht.
24
Gemäß § 1 der Hundesteuersatzung unterliegt das Halten eines über vier Monate alten Hundes im Stadtgebiet einer gemeindlichen Jahresaufwandsteuer nach Maßgabe dieser Satzung. Der Kläger zu 1 ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 der Hundesteuersatzung Steuerschuldner, da er zumindest auch Halter der beiden Pyrenäenberghunde „...“ und „...“ ist (§ 3 Abs. 1 Satz 4 der Hundesteuersatzung). Als Hundehalter gilt, wer einen Hund im eigenen Interesse oder im Interesse seiner Haushalts- oder Betriebsangehörigen aufgenommen hat (§ 3 Abs. 1 Satz 2 der Hundesteuersatzung). Der Kläger hat die Hunde im eigenen Interesse dauerhaft aufgenommen.
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Ein steuerfreies Halten von Hunden im Sinn von § 2 Nr. 1 bzw. Nr. 5 der Hundesteuersatzung liegt nicht vor. Das Halten der Hunde dient weder Erwerbszwecken (Nr. 1), noch handelt es sich um Hunde, die zur Bewachung von Herden zwingend notwendig sind (Nr. 5).
26
Eine Haltung der Hunde (ausschließlich) zu Erwerbszwecken ist weder vorgetragen, noch ist dies sonst in einer zur Bejahung des Befreiungstatbestands des § 2 Nr. 1 der Hundesteuersatzung ausreichender Weise erkennbar. Vielmehr ergibt sich aus dem der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt, dass die Hunde (auch) Freizeitzwecken zu dienen bestimmt sind. Dafür spricht neben der Zahl der gehaltenen Hunde u.a. der zeitliche Umfang der Haltung am bzw. im Wohnhaus der Kläger (vgl. z.B. VG Meiningen, U.v. 23.10.2019 - 5 K 307/17 - juris Rn. 57 ff. m.w.N; VG Augsburg, U.v. 16.4.2007 - Au 6 K 07.15 - juris Rn. 38 ff.).
27
Die Pyrenäenberghunde sind als Herdenschutzhunde zur Bewachung der zum landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger gehörenden Viehherden nicht notwendig und folglich auch nicht steuerfrei im Sinn von § 2 Nr. 5 der Hundesteuersatzung. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den Angaben der Beteiligten hierzu und aus der vom Gericht erholten Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... vom 8. Oktober 2019. Danach kann in Bezug auf die Haltung der Hunde „...“ und „...“ nicht die für die Steuerfreiheit nach § 2 Nr. 5 der Hundesteuersatzung verlangte Notwendigkeit für die Bewachung der klägerischen Viehherden festgestellt werden (s. hierzu z.B. VG München, U.v. 24.9.2015 - M 10 K 14.60 - juris; VG Trier, U.v. 20.5.2010 - 2 K 58/10.TR - juris Rn. 20). Die Kläger besitzen nach den Angaben des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... zwar (mindestens) ca. 16 Mutterkühe mit Kälbern und ca. 30 Mutterschafe mit Lämmern, die sie in der Regel als (Teil-)Herden - auf den verschiedenen zur Verfügung stehenden Wiesenlagen rotierend - im Weidebetrieb halten. Jedoch besteht keine zwingende Notwendigkeit für die Bewachung der Herden durch die zur Hundesteuer veranlagten Pyrenäenberghunde. Die Notwendigkeit für die Bewachung von Herden kann nur dann angenommen werden, wenn der Schutz der Kuh- bzw. Schafherden durch menschliches Zutun oder anderweitige Maßnahmen nicht garantiert werden kann. Lässt sich der Zweck auch ohne Haltung von Hunden erreichen oder ergibt sich aus der Art und dem zeitlichen Umfang der Schutzzwecken dienenden Haltung, dass allenfalls von einer bedingten bzw. temporären betrieblichen Erforderlichkeit ausgegangen werden kann, so besteht kein alternativloser Bedarf für den Einsatz der Tiere. Die Kuh- und Schafherden der Kläger befinden sich in der Regel auf (mittels Elektrozaun) umzäunten Weidebereichen. Durch diese Umzäunung werden die Herden ausreichend effektiv geschützt. Zwar befinden sich in der Nähe der Weiden der Kläger Wälder sowie ein Naturschutzgebiet, so dass Angriffe durch Wildtiere nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Zumindest größere Wildtiere dürften aber durch die elektrische Umzäunung von Übergriffen abgehalten werden. Zudem hätten die Kläger grundsätzlich auch die Möglichkeit, ihre Herden durch die Unterbringung in ihren Ställen zu schützen. Es ist jedoch weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass den Klägern bei entsprechendem Schutzbedarf die Aufstallung ihrer Herden nicht möglich bzw. unzumutbar wäre. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Hunde tatsächlich in der fachlich gebotenen Weise zum Herdenschutz eingesetzt werden. Bei Ortsbesichtigungen durch Mitarbeiter der Beklagten, durch das Veterinäramt und durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... befanden sich Hunde der Kläger zu keinem Zeitpunkt bei den Herden. Vielmehr hielten sich die Hunde am Wohnhaus der Kläger auf. Zudem wurde von Klägerseite gegenüber dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... am 6. September 2019 eingeräumt, dass die Hunde momentan tagsüber nur zeitweise und nachts gar nicht zum Herdenschutz eingesetzt würden. Damit erfüllen die Hunde nicht die in § 2 Nr. 5 der Hundesteuersatzung geregelte tatbestandliche Voraussetzung, dass sie „zur Bewachung von Herden notwendig“ sind. Eine bloße Nützlichkeit der Hunde zum Schutz der Viehherden des klägerischen Betriebs reicht nicht aus (vgl. VG Trier a.a.O. Rn. 20). Dass derzeit im Gebiet der Weideflächen der Kläger Angriffe durch Wölfe abzuwehren wären, ist im Übrigen konkret nicht ersichtlich. Allein die Anwesenheit von Wölfen in Bayern rechtfertigt im vorliegenden Fall (noch) nicht die Notwendigkeit des Schutzes durch Herdenschutzhunde zumal es sich bei dem Gemeindegebiet der Beklagten nicht um ein definiertes Wolfsgebiet nach den Festlegungen des „Bayerischen Aktionsplans Wolf“ handelt.
28
Da im Fall der Hunde „...“ und „...“ im streitgegenständlichen Veranlagungsjahr 2019 die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 2 Nr. 1 bzw. Nr. 5 der Hundesteuersatzung nicht vorliegen, konnte auch die vom Kläger zu 1 erhobene Klage keinen Erfolg haben.
29
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.
30
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
31
Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§ 124, § 124a VwGO).