Inhalt

VGH München, Urteil v. 03.12.2020 – 2 N 18.1181
Titel:

Wirksamkeit einer Vorkaufsrechtsatzung

Normenkette:
VwGO § 47 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz kann zur Ungültigkeit des Satzungsbeschlusses führen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Den Bestimmtheitsanforderungen des Rechtsstaatsprinzips ist genügt, wenn die Satzung eindeutig den räumlichen Geltungsbereich festlegt, etwa durch einen beigefügten Lageplan, in dem die erfassten Flächen farblich dargestellt sind, oder die Bezeichnung der Flurnummern des Satzungsgebiets. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Vorkaufsrechtsatzung ist insbesondere zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nötig. An das Sicherungsbedürfnis sind keine hohen Anforderungen zu stellen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorkaufsrechtssatzung, Öffentlichkeitsgrundsatz, Landschaftsschutzgebiet, Ausnahmen, Normenkontrollverfahren, Bestimmtheitsgebot, städtebauliche Entwicklung, Sicherungsbedürfnis
Fundstelle:
BeckRS 2020, 41319

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.      
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.      
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Satzungen der Antragsgegnerin über das besondere Vorkaufsrecht für den Bereich der ehemaligen Krankenanstalt Dr. M in der Fassung vom 31. Mai 2017 sowie in der Fassung vom 14. September 2017, bekannt gemacht am 31. Mai 2017 bzw. am 15. September 2017.
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Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags führt die Antragstellerin aus, sie sei Eigentümerin der Grundstücke FlNr. … und … der Gemarkung K … Im Bereich dieser Grundstücke befinde sich das Areal der ehemaligen „M. klinik“. Das ehemalige Klinikgebäude (Haupttrakt) befinde sich auf den Grundstücken FlNr. … und … Daneben befinde sich im südlichen Bereich des Grundstücks FlNr. … ein Wohngebäude (Dr. W …-Straße ..). Überdies fänden sich auf dem Grundstück FlNr. … zwei weitere Wohngebäude (Dr. W …-Straße … und ...) sowie einige Nebengebäude. Ziel der Antragstellerin sei es, die vorbezeichneten Grundstücke zu entwickeln und auf Basis eines ausgewogenen Konzepts einer langfristigen Nutzung zuzuführen.
3
Die Antragsgegnerin versuche, die Entwicklung des Areals zu unterbinden. Sie verfolge augenscheinlich eigene Verwertungsabsichten für den Grundbesitz. Die Kaufabsichten der Antragsgegnerin für das Areal seien wiederholt in der Presse öffentlich gemacht worden. Nach dem Bekanntwerden konkreter Entwicklungsabsichten der Antragstellerin sei daher durch den ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin eine dringliche Anordnung getroffen worden, auf deren Basis die Vorkaufsrechtssatzung vom 31. Mai 2017 erlassen worden sei. Eine Vorbefassung des Gemeinderats der Antragsgegnerin mit städtebaulichen Maßnahmen habe vor dem Satzungserlass nicht stattgefunden. In der Sitzung des Gemeinderats der Antragstellerin vom 14. September 2017 sei beschlossen worden, dass der Satzungserlass nochmals erfolgen solle. Städtebauliche Maßnahmen seien in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht besprochen worden. Die Vorkaufsrechtsrechtssatzung sei dann am 15. September 2017 nochmals erlassen worden.
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Die Antragstellerin sei als Eigentümerin im Geltungsbereich der Satzung gelegener Grundstücke antragsbefugt. Die Satzung sei bereits aus formalen Gründen unwirksam.
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Die Satzung sowohl in der Fassung vom 31. Mai 2017 als auch in der Fassung vom 15. September 2017 sei aufgrund eines Verstoßes gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz aus Art. 52 Abs. 2 Satz 2 GO unwirksam. Bereits die Beratungen zur Schaffung der rechtlichen Grundvoraussetzungen für ein Vorkaufsrecht als Sicherungsmittel städtebaulicher Maßnahmen entbehrten jeglichen Geheimhaltungsinteresses. Es sei kein anerkennenswerter Grund vorliegend ersichtlich, warum die vorbereitende Beratung über den Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung in der Sitzung vom 9. Februar 2017 und in der vom 4. Mai 2017 im nicht öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung stattgefunden hätten. Hinsichtlich der Satzung in der Fassung vom 31. Mai 2017 habe überhaupt keine öffentliche Sitzung stattgefunden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 14. September 2017 sei im Rahmen dieser Sitzung keine erneue Beratschlagung hinsichtlich des Inhalts der Satzung oder der Rechtfertigung des städtebaulichen Sicherungsmittels erfolgt. Bestätigt werde dieser Umstand durch die Tatsache, dass der Satzungstext der Fassung vom 15. September 2017 vollständig dem Satzungstext der Fassung vom 31. Mai 2017 entspreche.
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In materieller Hinsicht verstoße die Vorkaufsrechtssatzung in der Fassung vom 31. Mai 2017 sowie in der Fassung vom 15. September 2017 gegen das Bestimmtheitsgebot. Gemäß § 1 Satz 2 der Satzung der Antragsgegnerin sei der Lageplan Bestandteil der Satzung und lege ausweislich der Präambel den genauen Umgriff des Satzungsgebiets fest. Der Lageplan beinhalte die Aussagen „zur Maßentnahme nur bedingt geeignet“ und „nur für dienstliche Zwecke“. Es handle sich damit gerade nicht um den erforderlichen amtlichen Lageplan. Aus dem Lageplan selbst gehe daher deutlich hervor, dass Messungen anhand des Lageplans und damit die notwendige meter- und parzellengenaue Festlegung des Geltungsbereichs nicht möglich sei. Darüber könne auch der bloße Satzungstext nicht hinweghelfen, weil einige Grundstücke nur mit der Bezeichnung „teilweise“ versehen worden seien. Auch auf der Basis der Ausführungen im Rahmen der Begründung der Satzung könne keine metergenaue Bestimmung des Geltungsbereichs erfolgen. Der genaue Verlauf der in Bezug genommenen „angrenzenden Waldflächen“ könne sich naturgemäß von Jahr zu Jahr ändern. Bei der Geltendmachung eines Vorkaufsrechts sei jedoch die parzellenscharfe Kenntnis der vom Geltungsbereich umfassten Flächen zwingende Voraussetzung. Wollte der Eigentümer des Grundstücks FlNr. … den nicht im Geltungsbereich der Vorkaufsrechtssatzung liegenden südlichen Grundstücksteil verkaufen, könnte die Antragsgegnerin auf die Ungenauigkeit der Karte verweisen und hinsichtlich der am Rand des Geltungsbereichs etwaig gelegenen Überschneidungsflächen ein Vorkaufsrecht geltend machen. Bereits bei der bloßen Verschiebung der aktuellen nicht bestimmbaren Grenzlinie um einen Meter könnte sich in der Folge eine erhebliche Wertverschiebung ergeben.
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Darüber hinaus sei der Erlass der Satzung weder in der Fassung vom 31. Mai 2017, noch in der Fassung vom 15. September 2017 erforderlich gewesen. Voraussetzung hierfür sei, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses städtebauliche Maßnahmen in Betracht ziehe. Das Vorkaufsrecht sei kein Mittel allgemeiner Bodenbevorratung, sondern ermögliche nur eine strikt an städtebaulichen Interessen orientierte Bodenvorratspolitik. Die Gemeinde müsse im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zumindest eine ungefähre Vorstellung entwickelt haben, in welchem Umfang sie voraussichtlich Flächen für die gewünschte städtebauliche Maßnahme benötigen werde. Vor dem Erlass der Satzung in der Fassung vom 31. Mai 2017 habe keine nachvollziehbare inhaltliche Vorbefassung des Gemeinderats der Antragsgegnerin mit etwaigen städtebaulichen Maßnahmen mit Bezug zu den streitgegenständlichen Grundstücken stattgefunden. Der Erlass der Satzung habe hier einzig dem Zweck der Bodenbevorratung „ins Blaue hinein“ und nicht der Schaffung einer Realisierungsgrundlage für eine auch nur im Mindestmaß konkretisierte städtebauliche Maßnahme gedient. Wie aus dem Auszug der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 14. September 2017 hervorgehe, sei auch die Satzung in der Fassung vom 15. September 2017 nicht aufgrund des „in Betrachtziehens“ städtebaulicher Maßnahmen erlassen worden. Vielmehr seien der Satzungsbeschluss sowie der Erlass der Satzung allein aus dem Grund geschehen, “um einer etwaigen Klage vorzubeugen, die sich darauf stützen könnte, dass der Erlass im Rahmen einer dringlichen Anordnung nicht notwendig gewesen wäre“. Ausweislich des Sitzungsprotokolls seien städtebauliche Maßnahmen nicht Gegenstand der Sitzung gewesen. Auch weise die Behördenakte im Übrigen keine Anhaltspunkte für konkretere städtebauliche Bemühungen als eine allgemeine Vorratspolitik auf. Die Begründung der Satzung vom 15. September 2017 sei im Wortlaut vollständig deckungsgleich mit der Fassung vom 31. Mai 2017. Von der Vorbereitung städtebaulicher Maßnahmen könne aber nur bei einem aktiven Tun einer Gemeinde die Rede sein. Die bloße Übernahme formelhafter Überlegungen, mit denen sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt befasst habe, genüge insoweit als städtebauliche Rechtfertigung nicht.
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Selbst wenn die Antragsgegnerin im Zeitpunkt des jeweiligen Satzungsbeschlusses bereits tragfähige städtebauliche Maßnahmen in Betracht gezogen hätte, wäre die Sicherung dieser etwaigen Maßnahmen durch die Begründung eines Vorkaufsrechts nicht erforderlich gewesen. An der Erforderlichkeit fehle es, wenn absehbar ist, dass die gemeindliche Planung, zu deren Sicherung die Vorkaufssatzung erlassen wurde, an § 1 Abs. 3 BauGB oder an anderen unüberwindbaren Planungshindernissen scheitern wird. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang allenfalls die Erforderlichkeit aufgrund verkaufsbedingter Wertsteigerungen, die einen etwaigen Eigentumserwerb durch die Antragsgegnerin selbst hätten erschweren können. Diese wären hier jedoch bei einer Veräußerung der Grundstücke an einen anderen Käufer nicht zu erwarten gewesen. Wie die Antragsgegnerin selbst in der Vergangenheit immer wieder geäußert habe, werde eine Bauleitplanung erst bei alleinigem Zugriff der Antragsgegnerin auf das Areal erfolgen. Auch seien keine Baugenehmigungsverfahren für die Erweiterung oder Sanierung des Baubestands auf dem Areal anhängig. An diesen wäre die Antragsgegnerin jedoch in jedem Fall im Rahmen des gemeindlichen Einvernehmens zu beteiligen und könnte darüber die städtebauliche Entwicklung steuern. Darüber hinaus lägen sämtliche Grundstücke im Schutzbereich des Landschaftsschutzgebiets „Schutz des W …“. Jegliche Fortentwicklung des Areals bedürfe daher eines Zusammenwirkens mit der Gemeinde. Etwaige Veräußerungsgeschäfte hätten daher eine tatsächliche städtebauliche Maßnahmenstrategie der Antragsgegnerin nicht beeinflussen können.
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Die Antragstellerin stellt den Antrag:
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Die Satzungen der Gemeinde K … über das besondere Vorkaufsrecht für den Bereich der ehemaligen Krankenanstalt Dr. M gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in der Fassung vom 31. Mai 2017 sowie in der Fassung vom 14. September 2017, bekannt gemacht jeweils am 31. Mai 2017 sowie am 15. September 2017, sind unwirksam.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Der Antrag wird abgewiesen.
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Zur Begründung lässt sie ausführen, dass sich in ihrem Gebiet die ehemalige Krankenanstalt „Dr. M“ befinde. Der Klinikbetrieb sei am 2. Oktober 2008 aufgegeben worden. Der Betrieb der darüber hinaus noch bestehenden Dialysestation sei am 31. Dezember 2012 eingestellt worden. Seitdem stehe das Anwesen leer. Die südlich hiervon liegenden Gebäude hätten früher als Betriebswohnungen des Klinikums gedient und stünden ebenfalls seit mehreren Jahren leer. Am 29. Mai 2017 sei dem ersten Bürgermeister und der Bauamtsleiterin der Antragstellerin ein Konzept für ein Hotel auf dem Gelände der ehemaligen Krankenanstalt vorgestellt worden. Das Konzept sei der Antragsgegnerin nicht als hinreichend fundiert und realistisch erschienen. Vielmehr habe sie die Befürchtung gehabt, dass das Klinikgelände Gegenstand von Bodenspekulationen werden könnte. Während des vorgenannten Gesprächs sei der Antragsgegnerin mitgeteilt worden, dass für den 31. Mai 2017 ein Notartermin mit dem Geschäftsführer der Antragstellerin anberaumt sei, bei dem der Kaufvertrag abgeschlossen werden solle. Dieser Termin habe einen Tag vor der nächsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderats gelegen.
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Da eine Befassung des Gemeinderats innerhalb von 2 Tagen nicht möglich gewesen sei, habe der erste Bürgermeister am 31. Mai 2017 die dringliche Anordnung erlassen. Am 1. Juni 2017 habe die öffentliche Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin stattgefunden. In dieser sei das städtebauliche Konzept der Antragsgegnerin für das Areal der ehemaligen Krankenanstalt erörtert worden. Dann sei erörtert worden, dass diese Entwicklung durch eine Vorkaufsrechtssatzung gesichert werden solle. Der Gemeinderat habe nachträglich den Erlass der Vorkaufsrechtssatzung mit Begründung durch den ersten Bürgermeister genehmigt. Ferner habe der Gemeinderat an diesem Tag einen Planaufstellungsbeschluss zur Änderung des Flächennutzungsplans gefasst. Demnach sollte die Festsetzung der Fläche der ehemaligen Klinik von „Sondergebiet Sanatorium“ und „sonstige Grünfläche“ in „Wohnbaufläche“ und „gewerbliche Baufläche“ geändert werden.
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Am 14. September 2017 habe der Gemeinderat erneut über die Vorkaufsrechtssatzung beraten. Da sich die Eilbedürftigkeit im Nachhinein nicht bestätigt habe, habe der Gemeinderat die Vorkaufsrechtssatzung rein vorsorglich erneut erlassen. Gleichzeitig sei beschlossen worden, dass die Vorkaufsrechtssatzung vom 31. Mai 2017 außer Kraft trete. Die neu beschlossene Vorkaufsrechtssatzung sei am 15. September 2017 durch Anschlag auf der Gemeindetafel öffentlich bekannt gemacht worden. In der Folgezeit sei das städtebauliche Entwicklungskonzept der Antragsgegnerin zum Rahmenplan „M**-Klinik“ mit Erläuterung und Lageplan in der Fassung vom 28. August weiter verdichtet worden. Dieser Rahmenplan sei vom Gemeinderat in der öffentlichen Sitzung vom 11. Oktober 2018 beschlossen worden. In der Rahmenplanung seien insbesondere bestimmte Prüfaufträge für die darauf aufbauende Bauleitplanung definiert worden.
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Soweit der Antragsteller sich gegen die Satzung vom 31. Mai 2017 wende, sei der Normenkontrollantrag nicht statthaft. § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO setze eine in Kraft befindliche Vorschrift bei Antragstellung voraus. Die Vorkaufsrechtssatzung vom 31. Mai 2017 sei durch das Inkrafttreten der Vorkaufsrechtssatzung vom 15. September 2017 außer Kraft getreten, nach dem lex posterior-Grundsatz.
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Der Normenkontrollantrag sei in Bezug auf die Satzung vom 15. September 2017 unbegründet, weil diese wirksam sei. Eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes aus Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO liege nicht vor. Die Satzung sei ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung am 14. September 2017 beschlossen worden. Einer näheren Erörterung des Satzungsziels habe es nicht bedurft, denn diese Erörterung sei bereits in der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2017 über die inhaltsgleiche Satzung vom 31. Mai 2017 erfolgt. Damals seien sowohl das Entwicklungsziel ausführlich mündlich erörtert, als auch die Grundstücksflächen dargestellt worden, die vom Vorkaufsrecht erfasst werden sollten. Die öffentliche Sitzung vom 1. Juni 2017 habe daher hinreichende Beratungssubstanz über die zu sichernden städtebaulichen Maßnahmen aufgewiesen. Die Öffentlichkeit sei somit bereits aus der Beschlussfassung vom 1. Juni 2017 mit den Erwägungen des Gemeinderats vertraut gewesen.
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Zwar habe es zuvor auch Erörterungen als nicht öffentliche Grundstücksangelegenheiten gegeben. Die nicht öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats hätten jedoch nicht unmittelbar vor der Beschlussfassung stattgefunden, sondern hätten vier bzw. sieben Monate zurückgelegen. Damals hätten weder der Satzungszweck noch die Begründung vorgelegen. Somit habe keine Vorwegnahme der konkreten Sachdiskussion in nicht öffentlicher Sitzung stattgefunden.
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Die Satzung der Antragsgegnerin genüge auch dem Bestimmtheitsgebot. Es könne ohne weiteres bestimmt werden, inwieweit die von dem Satzungsumgriff nur teilweise erfassten Grundstücke mit dem kommunalen Vorkaufsrecht belastet seien. Nach § 1 Satz 1 der Satzung würden alle in der Satzung aufgeführten Grundstücke voll umfänglich von dieser erfasst, mit Ausnahme von zwei Flurstücken. Lediglich die Grundstücke FlNr. … und FlNr. … lägen nur teilweise im Geltungsbereich der Satzung. Wie der Plan zur Satzung aber ohne weiteres zeige, bilde der Staudenbach die nördliche Grenze des Satzungsumgriffs. Dies werde in der Begründung der Satzung auch so beschrieben. Die von der Satzung nicht erfassten Teile der Grundstücke FlNr. … und FlNr. … seien diejenigen, die am nördlichen Ufer des Staudenbachs lägen. Da der Fluss als Landschaftsmerkmal für jedermann ersichtlich sei, bedürfe es keiner maßstabsgenauen Messung, um die räumliche Reichweite der Vorkaufsrechtsbelastung der Grundstücke zu bestimmen. Darüber hinaus seien alle betroffenen Grundstücke bereits vermessen.
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Die Satzung sei auch materiell rechtmäßig, weil die Antragsgegnerin beim Beschluss der Vorkaufsrechtssatzung am 14. September 2017 städtebauliche Maßnahmen für das Satzungsgebiet in Betracht gezogen habe. Vorliegend sage die Satzungsbegründung, dass auf den im Satzungsgebiet gelegenen Grundstücken Gewerbeflächen für lokale (Klein-)Gewerbetreibende und Wohnflächen zur Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen sowie des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung entstehen sollten. Ferner werde in der Begründung ausgeführt, dass die Gewerbeflächen an geeignete Unternehmen nach städtebaulichen Kriterien vergeben werden sollten. Durch städtebaulichen Vertrag sollten Baupflichten vereinbart werden, um Bodenspekulationen zu vermeiden. Zudem sollten die Betriebsarten so ausgewählt werden, dass es zu keiner Schädigung des Ortszentrums komme. Hieraus werde klar, dass die Antragsgegnerin beim Satzungsbeschluss einen Bebauungsplan mit einer Gewerbe- und Wohnnutzung in Betracht gezogen habe. Ferner zeige die Auseinandersetzung mit der Grundstücksvergabe und der Verweis auf § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB, dass der Planvollzug durch gemeindlichen Erwerb und vertragliche Pflichten bei der Weitergabe der Grundstücke gesichert werden sollte. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin am 1. Juni 2017 bereits das Bauleitplanverfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans mit dem Planungsziel „gewerbliche Baufläche“ und „Wohnbaufläche“ eingeleitet. Diese Planungsziele sollten mit der streitgegenständlichen Vorkaufsrechtssatzung abgesichert werden.
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Die Satzung sei zur Sicherung der dargestellten geordneten städtebaulichen Entwicklung auch erforderlich. An das Sicherungsbedürfnis seien keine hohen Anforderungen zu stellen. In Bebauungsplangebieten ebenso wie in Maßnahmegebieten genüge in der Regel die allgemeine Erfahrung, dass gemeindliche Maßnahmen leichter durchgeführt werden könnten, wenn die Gemeinde im Satzungsgebiet über ausreichend Grundstücke verfüge. Vorliegend sei es ein wesentlicher Bestandteil des Planungskonzepts der Antragsgegnerin gewesen, dass sie die Nutzung der Grundstücke durch Kleingewerbetreibende, die örtliche Bevölkerung und Personen mit Wohnraumversorgungsproblemen erreiche. Die Antragsgegnerin könne die Person des Grundstücksnutzers am besten dadurch bestimmen, dass sie die Grundstücke erwerbe. Im Anschluss daran komme eine Weiterveräußerung an die gewünschte Nutzergruppe mit Baupflicht oder eine Vermietung der Grundstücke bzw. Wohnungen in Betracht.
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Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. November 2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin nach § 47 Abs. 1 VwGO hat keinen Erfolg.
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1. Soweit sich der Antrag gegen die Satzung der Antragsgegnerin vom 31. Mai 2017 richtet, ist dieser bereits unzulässig. Denn ein Normenkontrollantrag setzt eine in Kraft befindliche Vorschrift bei Antragstellung voraus (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 12; NK-VwGO/Ziekow, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 71). Die Vorkaufsrechtssatzung der Antragsgegnerin vom 31. Mai 2017 ist jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung vom 14. September 2017 nach dem Ex-posterior-Grundsatz außer Kraft getreten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass vorliegend etwas anderes gelten sollte. Vielmehr hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 14. September 2017 ausdrücklich beschlossen, dass mit der neuen Satzung gleichzeitig die alte Satzung außer Kraft treten soll. Die Antragstellerin hat ihren Normenkontrollantrag gegen beide Satzungen jedoch erst am 31. Mai 2018 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war aber die Satzung vom 31. Mai 2017 nicht mehr existent. Es fehlte somit ein taugliches Objekt für den Normenkontrollantrag insoweit.
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2. Der zulässige Normenkontrollantrag der Antragstellerin gegen die Satzung vom 14. September 2017 ist nicht begründet. Die Antragsgegnerin kann ihre Vorkaufsrechtssatzung auf § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB stützen. Danach kann die Gemeinde in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an Grundstücken zusteht. Dies ist hier geschehen.
26
a) Soweit die Antragstellerin zunächst einen Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz aus Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO rügt, führt dies nicht zum Erfolg. Zwar kann ein solcher Verstoß zur Ungültigkeit des Satzungsbeschlusses führen (vgl. BayVGH, U.v. 26.1.2009 - 2 N 08.124 - BayVBl 2009, 432; B.v. 29.1.2018 - 20 CS 17.1824 - BayVBl 2018, 818). Im vorliegenden Fall liegt aber ein derartiger Verstoß nicht vor. Die Gemeinderatssitzung am 14. September 2017, in der die Satzung beschlossen wurde, fand öffentlich statt. Soweit die Antragstellerin behauptet, dort habe keine erneute Beratschlagung stattgefunden, hindert dies die Rechtmäßigkeit des Beschlusses nicht. Eine Diskussion in öffentlicher Sitzung war jedenfalls möglich. Sowohl den Mitgliedern des Gemeinderats als auch der Öffentlichkeit war die Thematik der „Vorkaufsrechtssatzung für das Areal der ehemaligen Krankenanstalt Dr. M**“ hinreichend bekannt. Überdies weist die Antragstellerin selbst darauf hin, dass der Satzungstext der Fassung vom14. September 2017 vollständig dem Satzungstext der Fassung vom 31. Mai 2017 entspricht. Insoweit hat aber am 1. Juni 2017 eine öffentliche Sitzung des Gemeinderats stattgefunden, in der die Thematik ausführlich dargestellt und diskutiert wurde. Demnach hat auch nach dem Erlass der ersten Vorkaufsrechtssatzung vom 31. Mai 2017 eine öffentliche Behandlung der Problematik stattgefunden.
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b) Die Antragstellerin macht geltend, die Vorkaufsrechtssatzung vom 14. September 2017 verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot. Dem ist nicht zu folgen. Wie alle Satzungen muss auch die Vorkaufssatzung den Bestimmtheitsanforderungen des Rechtsstaatsprinzips genügen. Dazu gehört eine eindeutige Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs. Die Satzung muss erkennen lassen, auf welche Flächen sie sich bezieht. Dies kann durch Verweis auf eine Karte, durch genaue textliche Umschreibung oder durch Aufzählung der betroffenen Parzellen unter Angabe ihrer Bezeichnung im Liegenschaftskataster geschehen (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger/Stock, BauGB, Stand: August 2020, § 25 Rn. 23; Paetow in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: September 2020, § 25 Rn. 8). Dies ist hier der Fall. Das Satzungsgebiet ist in § 1 der Satzung nach Flurnummern bezeichnet. Zudem ist der Satzung ein Lageplan beigefügt, in dem die erfassten Flächen rot dargestellt sind. Soweit die Antragsteller monieren, der Lageplan enthalte die Aussagen „zur Maßentnahme nur bedingt geeignet!“ und „nur für dienstliche Zwecke“, hindert dies nicht die Gültigkeit der Satzung. Denn hinsichtlich der umstrittenen Teilflächen der FlNr. … und … ergibt sich eine klare Abgrenzung durch den Verlauf des Staudenbachs. Dieser verläuft gemäß dem Lageplan im Norden des Plangebiets und lässt klar erkennen, dass die nördlich seines Verlaufs liegenden Teilflächen der Grundstücke FlNr. … und … nicht zum Geltungsbereich der Vorkaufsrechtssatzung gehören sollen. Diese Teilflächen sind ebenso wie der sie abgrenzende Bach in weiß dargestellt.
28
Hinsichtlich der erneuten Ausfertigung und Bekanntmachung der Satzung samt Lageplan am 18. November 2020 ergeben sich keine Bedenken. Soweit die Antragstellerin erklärt, dass damit die Begründung zur Satzung nicht mehr zutreffend sei, weil auf Seite 2 zur Bedarfssituation von einem Stand 14. September 2017 ausgegangen werde, greift dies nicht durch. Die Antragsgegnerin hat am 18. November 2020 vorsorglich lediglich einen Ausfertigungsmangel korrigieren wollen, den Satzungsbeschluss vom 14. September 2017 dagegen nicht angetastet. Inhaltlich hat sich damit am Satzungsbeschluss nichts geändert.
29
c) Soweit die Antragstellerin die Erforderlichkeit der Satzung im Sinn von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in Zweifel zieht, bestehen diese vorliegend nicht. Die Satzung ist insbesondere zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nötig. An das Sicherungsbedürfnis sind keine hohen Anforderungen zu stellen. In Bebauungsplangebieten genügt ebenso wie in Maßnahmegebieten in der Regel die allgemeine Erfahrung, dass gemeindliche Maßnahmen leichter durchgeführt werden können, wenn die Gemeinde im Satzungsgebiet über ausreichend Grundstücke verfügt (vgl. VGH BW, U.v. 8.8.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger/Stock, BauGB, Stand: August 2020, § 25 Rn. 5).
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Vorliegend bestehen keine Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin zu sichernde städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht. Sowohl aus dem Satzungstext (§ 2 Abs. 1) als auch aus der Begründung zur Satzung ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Antragsgegnerin die Schaffung von Gewerbeflächen sowie von Wohnflächen beabsichtigt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 1. Juni 2017 das Bauleitplanverfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans mit dem Planungsziel „gewerbliche Baufläche“ und „Wohnbaufläche“ eingeleitet. In der Sitzung des Gemeinderats am 1. Juni 2017 wurden die geplanten städtebaulichen Maßnahmen sowohl unter dem Tagesordnungspunkt „Änderung des Flächennutzungsplans“ als auch unter dem Tagesordnungspunkt „Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung“ ausführlich erörtert. Soweit die Antragstellerin moniert, dass in der Begründung zur Vorkaufsrechtssatzung immer noch von einer Bedarfssituation mit dem Stand 14. September 2017 ausgegangen werde, hat sie nicht substantiiert dargelegt, dass sich diese Situation seitdem derart gravierend geändert hätte, dass die von der Antragsgegnerin in Betracht gezogenen städtebaulichen Maßnahmen in keiner Weise mehr gerechtfertigt wären.
31
Die Antragstellerin will das Sicherungsbedürfnis deshalb in Frage stellen, weil keine verkaufsbedingten Wertsteigerungen zu erwarten gewesen seien. Diese Argumentation greift hier nicht durch. Das angeführte Urteil des Senats vom 26. Januar 2009 (2 N 08.124) lässt sich mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichen. Denn dort befanden sich die überwiegend bewaldeten Grundstücke nicht nur im Außenbereich nach § 35 BauGB, sondern auch in der Schutzzone der Verordnung über den „Naturpark Fichtelgebirge“ vom 26. Juli 1990 (GVBl S. 309). Dass vorliegend sämtliche Grundstücke einer (weiteren) Bebauung in ähnlicher Weise grundsätzlich nicht zugänglich wären, kann im vorliegenden Verfahren nicht festgestellt werden. Zwar liegen die Grundstücke hier in einem Landschaftsschutzgebiet. Hierbei handelt es sich aber um eine alte Verordnung aus den 1950er Jahren, wonach praktisch die ganze Gemeinde im Landschaftsschutzgebiet liegt. Hiervon können jedoch regelmäßig Ausnahmen erteilt werden (vgl. BayVGH, U.v. 23.5.2019 - 2 N 17.1020; VerfGH, E.v. 13.5.2015 - Vf. 16-VII/14 - BayVBl 2015, 677).
32
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Gemeinde habe die Bauleitplanung immer in der Hand, ist dieses Argument nicht nachvollziehbar. Auch wenn die Gemeinde sowohl in der Bauleitplanung als auch im Baugenehmigungsverfahren über ihre Beteiligung die städtebauliche Entwicklung aktiv steuern kann, besteht trotzdem ein Sicherungsbedürfnis. Denn mit einer Vorkaufsrechtssatzung kann die Gemeinde im Satzungsgebiet langfristig über ausreichend Grundstücke verfügen, sodass die geplanten gemeindlichen Maßnahmen leichter durchgeführt werden können. Bei anderer Sichtweise würde sich nie ein Sicherungsbedürfnis für die Gemeinde ergeben, denn mit dem Argument der Antragstellerin ließe sich immer ausschließlich auf die Möglichkeit des bauleitplanerischen Zugriffs der Gemeinde verweisen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
35
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 132 Abs. 2 VwGO).