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VG Regensburg, Urteil v. 07.01.2020 – RN 4 K 18.1385
Titel:

Postfach, 84023 Landshut

Schlagworte:
Postfach, 84023 Landshut
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 08.02.2021 – 10 ZB 20.340
Fundstelle:
BeckRS 2020, 41299

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Sicherstellung von Gemälden.
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Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Regensburg - Zweigstelle Straubing - vom 3.4.2012 wurde dem Kläger zur Last gelegt, sich des banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in 16 Fällen, davon in einem Fall als Versuch, strafbar gemacht zu haben. Der Kläger sowie die anderweitig Verfolgten (A) …, (B) … und (C) … hätten ab Ende des Jahres 2007 bis zur Durchsuchung am 15.9.2010 Gemälde, die als Werkstücke verschiedener weltweit bekannter Künstler bezeichnet werden, als solche unter Vorspiegelung ihrer Echtheit zum Verkauf angeboten. Hierbei sei ein Schaden von über 1 Mio. Euro entstanden.
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Mit Beschluss vom 29.7.2014 eröffnete das Landgericht Regensburg das Hauptverfahren in Bezug auf näher aufgeführte Taten und lehnte im Übrigen die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.
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Mit Schreiben vom 6.10.2014 ließ der Kläger durch seinen Strafverteidiger beim Landgericht Regensburg beantragen, die durch das Bayerische Landeskriminalamt München aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Straubing vom 18.6.2010 am 15.9.2010 sichergestellten Bilder herauszugeben, da keines dieser Bilder noch Gegenstand des Verfahrens sei.
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Hierauf bat die Staatsanwaltschaft Regensburg - Zweigstelle Straubing - das Bayerische Landeskriminalamt München unter dem 28.11.2014 um Stellungnahme, ob Einwände gegen die Herausgabe der sichergestellten Bilder bestehen.
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Am 29.12.2014 erließ das Bayerische Landeskriminalamt folgenden Bescheid:
1. Die am 15.9.2010 anlässlich der Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Straubing vom 20.8.2010 beschlagnahmten Gemälde und Grafiken (aufgeführt in den Sicherstellungsverzeichnissen vom 15.9.2010) werden gem. Art. 25 Nr. 1 PAG sichergestellt und in öffentliche Verwahrung genommen.
2. Die Sicherstellung und Überführung in ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis beinhalten gleichzeitig ein Verfügungsverbot.
3. Der sofortige Vollzug der Sicherstellung und des Verfügungsverbotes wird nach Aufhebung der Beschlagnahme angeordnet, § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
4. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei.
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Zur Begründung ist ausgeführt, nach den bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Straubing und des Bayerischen Landeskriminalamts bestehe der dringende Verdacht, dass der Kläger gefälschte Gemälde namhafter Maler unter Vorspiegelung deren Authentizität verkauft habe. Anlässlich der Durchsuchung des Anwesens des Klägers am 15.9.2010 seien 90 Gemälde/Grafiken und an anderer Stelle 350 Gemälde/Grafiken beschlagnahmt worden, deren Eigentümer der Kläger sei. Die unter Nachahmung des Stils des jeweiligen Künstlers gemalten Gemälde seien mindestens seit 2009 von (C) … auf Bestellung des … im Interesse des Klägers angefertigt und vom Kläger als Originalwerke in betrügerischer Absicht und Verschleierung der Herkunft an interessierte Kunden angepriesen und verkauft worden. Gegenüber den Kunden gebe der Kläger an, die Kunstwerke entweder aus einer großen Erbschaft oder einer Sammlung eines Freundes zu haben. Durch die Umstände und aufgrund fehlender Expertisen seien die Gemälde, deren tatsächlicher Wert bei bis zu 1 Mio. Euro liegen würde, für 30.000 € bis 50.000 € abzugeben.
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Ein ausreichender Sicherstellunggrund sei vorhanden. Es sei davon auszugehen, dass die Sicherstellung der Gemälde/Grafiken zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr (Art. 25 Nr. 1 Polizeiaufgabengesetz - PAG -) erforderlich sei. Anhand des Tatsachenwissens müsse aus Sicht eines objektiven, besonnenen Amtswalters das Vorliegen einer Gefahr bejaht werden können (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 2.7.2009 - 11 LC 4/08, Rn. 38). An die Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts seien umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer sich die möglicherweise eintretenden Schäden darstellten. Sämtliche Gemälde/Grafiken seien dem Malstil und Motiven namhafter Künstler nachempfunden. Ebenso seien die Signaturen denen der Künstler nachempfunden und bewusst auf „alt“ getrimmt worden. Von Fälschungen gehe die hohe Gefahr aus, dass sie künftig zum Verkauf angeboten würden und damit in Umlauf gelangten. Der Kläger habe mehrmals tatsächlich versucht, die oben bezeichneten Gemälde/Grafiken als Originale darstellen zu lassen. So habe die KPI Straubing wegen der Veräußerung von 13 gefälschten bzw. unechten Gemälden zum Gesamtpreis von über 54.000 € über eBay ermittelt; das Verfahren sei durch Beschluss des Amtsgerichts Straubing vom 18.11.2008 gemäß § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt worden. Eine eBay-Recherche habe ergeben, dass der Kläger im Jahr 2009 95 unterschiedliche Kunstwerke im Wert von über 23.600 € verkauft habe. Am 21.7.2014 habe sich der Kläger bezüglich eines Nolde-Aquarells an die Firma … GmbH, …, gewandt und dieser schließlich zwei Aquarelle vorgelegt. Das Auktionshaus … sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich keinesfalls um Originale handeln könne. Dies sei auch durch die … Stiftung in … bestätigt worden. Im September 2014 habe die …-Stiftung in … das Bayerische Landeskriminalamt informiert, dass der Kläger Lichtbilder von einem signierten Heckel-Gemälde eingereicht habe. Dieses Bild sowie weitere bei der Durchsuchung im Jahr 2010 beim Kläger sichergestellte Bilder von Erich Heckel seien als Fälschung identifiziert worden.
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Die Anordnung der Sicherstellung sei geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, Art. 4 PAG, sie erweise sich auch als angezeigt und ermessensgerecht, Art. 5 PAG. Auf Grundlage der vorliegenden Informationen sei nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts entschieden worden, dass die Sicherstellungen im Einzelfall geboten seien. Grundsätzlich sei die Allgemeinheit vor dem Verkauf der Bilder als authentische Werke der jeweiligen Künstler und der damit verbundenen Begehung weiterer Straftaten zu schützen. Das alleinige Interesse des Klägers sei es, wieder in den Besitz der Gemälde/Grafiken zu gelangen. Dieses Interesse wiege nicht so schwer, wie das Interesse der Allgemeinheit, vor Gefahren für die öffentliche Sicherheit geschützt zu werden. Die Sicherstellung sei auch ausreichend inhaltlich bestimmt. Eine Liste der in Frage kommenden Bilder sei dem Schreiben angefügt.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit der am 29.1.2015 erhobenen Klage. Zur Begründung der Herausgabe der beschlagnahmten 440 Gemälde und Grafiken wird ausgeführt:
- Die im Bescheid vom 29.10.2014 angeführte Gefahr, der Kläger würde gefälschte Gemälde als echt veräußern, bestehe nicht. Es sei offen, ob es sich um Originale oder Fälschungen handle. Zum Beweis, dass es sich wenigstens teilweise um Originale handle, wolle der Kläger entsprechende Expertisen in Auftrag geben. Die Kunden des Klägers seien sich darüber im Klaren gewesen, dass es sich bei den Bildern um Fälschungen handeln könnte. Sie hätten diese deshalb zum Teil unter Marktwert erworben. Eine gegenwärtige Gefahr läge nicht vor. Hierzu müsste sicher feststehen, dass es sich um gefälschte Gemälde handle. Allein der Verdacht, es könne sich um Fälschungen handeln, reiche nicht aus. Der Beklagte möge für jedes einzelne Bild durch eine Expertise belegen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fälschung sei.
- Es stehe auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Einwirkung eines schädigenden Ereignisses bevor. Der Kläger habe nicht vor, die Gemälde zu veräußern. Er benötige sie zum Beweis seiner Unschuld im Strafverfahren. Der dem Urteil des OVG Lüneburg vom 2.7.2009 -11LC 4/08- zugrundeliegende Fall läge anders.
- Eine Reihe der beschlagnahmten Gemälde lasse eine Signatur nicht erkennen. Damit läge keine Kunstfälschung im Sinne des § 267 StGB vor. Werde ein Käufer darüber aufgeklärt, dass er ein Falsifikat erwerbe, fehle es an einer Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB. Damit sei der Beklagte jedenfalls zur Herausgabe sämtlicher erkennbar nicht signierten Bilder, insbesondere der Bilder mit den Asservatennummern 1.7, 1.19 und des Bildes „Buntes Haus“ verpflichtet.
- Es lägen für mehrere Bilder positive Analysen vor, so für die Bilder Asservatennummern 1.81, 1.9, 1.89, 2.3, 2.4, 4.2.2 und 4.3.2.23. Des Weiteren gäbe es Bilder und Aquarelle, die in der Asservatenliste nicht durch Nummern bezeichnet seien, für die es positive Analysen gäbe.
Mit Strafurteil des Landgerichts Regensburg vom 15.12.2015 wurde der Kläger wegen Betrugs in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollziehung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
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Die Frage des Gerichts, ob die Klage aufrechterhalten bleibe, wurde bejaht, da das Strafurteil Straftaten zum Gegenstand habe, die die streitgegenständlichen Bilder nicht unmittelbar beträfen.
- Der Kläger nehme nach wie vor an, dass wenigsten einige der Bilder, die er von Herrn … erhalten habe, Originale sein könnten, da es einige positive Analysen gebe. Auch das Fehlen einer Signatur spräche dagegen, dass sie von Herrn … erstellt worden sind. Auch habe der Strafprozess nicht ergeben, dass alle Bilder von der Kunststudentin Frau … im Auftrag von Herrn … erstellt worden sind. Darüber hinaus habe der Kläger die Bilder Nrn. 1.26 und 1.27 der Asservatenliste selbst angefertigt. Nicht von Herrn … habe er die Bilder Nrn. 1.33 und 1.34 der Asservatenliste erhalten.
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Er gehe davon aus, dass es sich bei den Bildern Nrn. 1.12, 1.58 und 1.81 der Asservatenliste um Originale handle. Für die Echtheit des Bildes von Karl Schmidt-Rottluff „Landhaus mit blauem Dach,“ Asservatenliste Nr. 1.81, spreche der breite, handgeschnitzte Rahmen. Auf Anfrage des Klägers habe Frau Prof. … von der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung unter dem 9.9.2011 eine physikalische Untersuchung empfohlen. Dies möchte der Kläger tun. Hinsichtlich der Bilder „Häuser mit Reetdach“ von E.L. Kirchner, Asservatenliste Nrn. 1.12 und 1.58, beantrage der Kläger, eine physikalische Analyse und eine Expertise einzuholen.
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Aufgrund einer vorliegenden wissenschaftlichen Analyse vom 8.4.2002 sei belegt, dass das Bild „Spielfiguren“ von G. de Chirivo, Asservatenliste Nr. 1.9, ein Original sei (Beweis physikalische Analyse, Expertise). Das Gleiche gelte für das Bild „Schlafendes Mädchen“ von Balthus, Asservatenliste Nr. 1.89, (Beweis physikalische Analyse, Expertise). Auch das Bild „Sitzende nackte Frau“, Asservatenliste Nr. 1.19, möge untersucht werden (Beweis physikalische Analyse, Expertise).
- Der Kläger habe auch versucht, ein Bild von Ciovanni Giacometti begutachten zu lassen (Schreiben vom 21.2.2016 und 5.3.2016). Auch hier habe er nicht mit falschen Tatsachen operiert. Zudem belege ein Schreiben des Klägers an das Max-Beckmann-Archiv vom 15.5.2016, dass er völlig transparent und offen mit der Sache umgehe. Er habe sich selbst als „Betrüger und Fälscher“ bezeichnet, wenngleich er den Vorwurf nach wie vor von sich weise. Dazu komme, dass er um Begutachtung gebeten habe. Er habe Anlass anzunehmen, dass es sich wenigstens bei einigen Bildern um Originale handle, da unbestritten über 40 positive Analysen vorlägen. Der Kläger sei in öffentlicher Verhandlung wegen Betrugs verurteilt worden. Die Presse habe darüber berichtet, er selbst mache keinen Hehl daraus.
- Die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten bestehe auch deshalb nicht, da der Kläger unter Bewährung stehe und aus der Verurteilung gelernt habe.
- Es liege auch deshalb keine gegenwärtige Gefahr vor, da der Kläger nicht darauf angewiesen sei, sich eine neue Einnahmequelle zu verschaffen. Seine finanziellen Verhältnisse seien geordnet.
- Ergänzend wird geltend gemacht, der streitgegenständliche Bescheid sei unbestimmt.
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Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bayerischen Landeskriminalamts München vom 29.12.2014 aufzuheben und dem Kläger sämtliche 440 sichergestellten Gemälde herauszugeben.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
- Es sei nicht fraglich, ob es sich bei den sichergestellten Gemälden um Originale oder Fälschungen handle. Im Auftrag des BLKA seien zu folgenden im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Bildern Gutachten erstellt worden:
vom 18.10.2017
Gemälde, signiert von Schmidt-Rottluff; Gutachter Prof.
Gemälde, signiert von Pechstein; Gutachterin Prof. Dr. … vom 12.10.2013
1. Gemälde, signiert von Pechstein; Materialanalyse Dörner Institut vom 22.9.2013
9. Gemälde, signiert von Heckel; Gutachter … und …, Erich-Heckel-Stiftung vom 2.10.2017.
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Alle Gutachter seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den vorgelegten Gemälden um Fälschungen handle. Von der Erstellung weiterer Gutachten sei mit Blick auf die Pflicht zur Minimierung der Kosten der Beweisführung aufgrund der im Übrigen mehr als ausreichenden Beweislage verzichtet worden. Aus den durchgeführten strafrechtlichen Ermittlungen ergebe sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger die Herstellung aller sichergestellten Gemälde durch Frau … bei Herrn … in Auftrag gegeben habe, um diese unter Vorspiegelung falscher Tatsachen mit erheblichem Gewinn an Dritte zu veräußern.
- Die durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass der Kläger bei seinen Verkaufsgesprächen die Erwerber zu keinem Zeitpunkt aktiv darauf hingewiesen habe, dass es sich bei den jeweils angebotenen Gemälden um Fälschungen handeln könne. Vielmehr sei diesen aufgrund der falschen Angaben zur Herkunft der Gemälde der Eindruck vermittelt worden, dass es sich um Originale mit entsprechend hohem Wert handle.
- Die Ausführungen des Klägers, er habe in keiner Weise vor, die Gemälde zu veräußern und lasse sich vom Strafverfahren gebührend beeindrucken, schienen vor dem Hintergrund der vergangenen Verkäufe, diesbezüglichen Verfahren und den Erklärungen des Klägers wenig glaubhaft. Durch die von der Anklageschrift erfassten Verkäufe sei ein Gesamtschaden von 577.753 €, den der Kläger für sich vereinnahmt habe, entstanden. In Relation zu den übrigen Einkünften des Klägers sei davon auszugehen, dass erzielbare Gewinne aus möglichen weiteren Gemäldeverkäufen weiterhin einen sehr starken finanziellen Anreiz darstellten.
- Eine konkrete Gefahr gemäß Art. 25 Nr. 1 PAG sei gegeben, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der nächsten Zeit eine Störung der öffentlichen Sicherheit zu erwarten sei. Aus den im Bescheid dargestellten Umständen ergebe sich, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiter versuchen werde, die gefälschten Bilder - unter bewusst falschem Anschein, es handle sich um Originale - mit Profit zu verkaufen.
- Die Gefahr sei auch gegenwärtig. Hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger unmittelbar nach Herausgabe der Gemälde diese zur Begehung von weiteren Betrugsstraftaten verwenden werde, ergäben sich beispielsweise aus dem Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit bereits abgeschlossenen Strafverfahren. Dieses lasse erkennen, dass er sich von strafrechtlichen Ermittlungen gegen seine Person oder zivilrechtlichen Verpflichtungen gerade nicht von weiteren Verkaufsaktivitäten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen habe abschrecken lassen. Dies gelte umso mehr, als sich der Kläger nach polizeilichen Erkenntnissen aufgrund geltend gemachter Schadenersatzansprüche in einer finanziellen Drucksituation befinde.
- Da aufgrund der polizeilichen Ermittlungen ausgeschlossen werden könne, dass die Sicherstellung Originale umfasse, sei bei der Streitwertfestsetzung lediglich deren Wert als Fälschung und damit lediglich ein maximaler Streitwert von 99.000 € anzusetzen.
- Da bezüglich der im Strafverfahren gegenständlichen Gemälde durch das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 2.2.2016 (richtig: 15.12.2015) feststehe, dass es sich um Fälschungen handle, könne nunmehr auch in Bezug auf die übrigen, polizeirechtlich sichergestellten Gemälde mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich um Fälschungen handle.
- Richtig sei, dass auch Gemälde ohne Signatur sichergestellt worden seien. Dies sei jedoch kein Beleg dafür, dass sie nicht aus der Quelle … stammten bzw. dass es sich um Originale handle. Die polizeilichen Ermittlungen hätten ergeben, dass Frau … im Auftrag von … auch Bilder ohne Signatur gefertigt habe.
- Eine positive Analyse dahingehend, dass es sich entgegen den vorliegenden Gutachten sowie dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen bei einzelnen Bildern um Originale handle, sei nicht bekannt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Landgerichts Regensburg vom 2.2.2016 (richtig: 15.12.2015). Die polizeilichen Ermittlungen hätten ergeben, dass mindestens 130 der sichergestellten Bilder und Zeichnungen aus der Quelle … stammten. Ob auch die übrigen Bilder aus dieser Quelle oder aus anderen Quellen stammten, habe nicht nachvollzogen werden können, da der Kläger bislang keine näheren Angaben zu deren Herkunft gemacht habe. Belege für eine legale Herkunft lägen ebenfalls nicht vor.
- Die Bilder Nrn. 1.25 und 1.26 könnten vom Kläger gemalt worden sein. Beim Bild Nr. 1.27 sei auszuschließen, dass es sich bei der Signatur um den Namenszug des Klägers handle. Einen Nachweis, dass es sich beim Bild Nr. 1.33 um einen eBay-Kauf handeln solle, liege nicht vor. Die Signatur des Bildes Nr. 1.34 solle wohl auf die Urheberschaft des tschechischen Malers hindeuten. Die Bilder Nrn. 1.12 und 1.58 seien mit E.L. Kirchner signiert.
Erkenntnisse, die auf einen legalen Ursprung oder auf die Echtheit dieser Bilder schließen ließen, lägen nicht vor. Hinsichtlich des Bildes Nr. 1.81 sei im Gutachten von Prof. … vom 18.10.2013 festgestellt worden, dass es sich um eine Fälschung handle.
- Die Bilder Nrn. 1.25 und 1.26 könnten herausgegeben werden. Die Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Betrugsstraftaten in diesem Zusammenhang sei aufgrund der nur sehr eingeschränkten Täuschungseignung relativ gering.
- Im Übrigen bestehe die Gefahr, dass bei der Rückgabe der sichergestellten Bilder diese erneut zur Begehung von Betrugsstraftaten verwendet würden, unverändert fort. Ein Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG bestehe daher nicht. Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung stehe fest, dass der Kläger auf dem durch die polizeilichen Ermittlungen festgestellten Weg eine Vielzahl von gefälschten Bildern erworben und zur Begehung der nachgewiesenen Taten eingesetzt habe. Aufgrund der Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen und der erfolgten Begutachtungen durch Kunstsachverständige sowie den Feststellungen im Strafverfahren sei davon auszugehen, dass es sich durchgehend um Fälschungen handle, zumal die große Mehrzahl der Bilder mit der Signatur sehr berühmter Maler versehen sei. Gleichzeitig sei aufgrund kriminalistischer Erfahrung auch aller Wahrscheinlichkeit nach zu erwarten, dass der Kläger ohne Aufrechterhaltung der polizeilichen Sicherstellung seine illegalen Geschäfte fortsetzt, zumal die neuesten Bemühungen des Klägers zur Erlangung positiver Expertisen erkennen ließen, dass er trotz aller gegenteiligen Beweise weiterhin von der Verwertbarkeit der Bilder als Originale ausgehe. Das gelte auch für Bilder, die über keine Signatur verfügten. Ein Unrechtsbewusstsein in Bezug auf die rechtswidrig verurteilten Straftaten läge beim Kläger ausweislich seines Schreibens an das Max Beckmann Archiv nicht vor, so dass aufgrund der Verurteilung nicht auf eine Minderung oder gar einen Ausschluss der Gefahrenlage geschlossen werden könne.
- Das Bayerische Landeskriminalamt habe zusätzlich die Bilder Asservatennummern 1.12 und 1.58 (beide E. L. Kirchner) von Fr. Dr. … und die Bilder Asservatennummern 2.3 (P. Signac) und 2.4 (C. Pissarro) von Herrn … begutachten lassen. Beide seien zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich um Fälschungen handele (Gutachten … vom 7.10.2017, Dr. … vom 8.10.2017). Madame … habe anhand einer Fotografie das Gemälde Nr. 4.3.23 (Gontscharova) wiederholte Anfragen nach Echtheitsbestätigungen trotz vorliegender Analysen abgelehnt (Stellungnahme vom 26.9.2017).
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Frau Dr. … und Herr … hätten am 25.9.2017 die Gemälde Asservatennummern 1.19, 1.89, 1.9, 4.2.2, 4.3.23, 1.33, 1.34, 1.39 und 1.81 angesehen. Sie hätten übereinstimmend festgestellt, dass es sich - ohne eine eingehende Untersuchung durchgeführt zu haben - aufgrund der Gemeinsamkeiten mit begutachteten Werken ebenfalls um Fälschungen handele (Anschreiben … vom 7.10.2017, Gutachten Dr. … vom 8.10.2017).
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Durch die vorliegenden Gutachten, wonach es sich insgesamt bei 45 Gemälden um Fälschungen handele, seien die vom Kläger bezüglich einiger Werke vorgelegten Expertisen sowie die Behauptung, es handele sich dabei um Originale, widerlegt. Damit sei es wahrscheinlich, dass auch die restlichen beschlagnahmten Bilder Fälschungen seien. Der Kläger habe bislang keinen Beweis für die Echtheit der herausgeforderten Bilder erbracht. Durch die vorgelegten Expertisen werde lediglich nicht ausgeschlossen, dass die Bilder echt seien.
- Im Asservatenbestand befänden sich insgesamt acht Bilder ohne Signatur (Asservatennummer 1.19, 1.7, 1.79, 2.2, 2.38, 2.41, 2.48 und 4.5.2). Bei diesen unsignierten Bildern bestehe ebenso wie bei den signierten Fälschungen die Gefahr der Weiterveräußerung auf dem Markt und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Insbesondere sei nicht davon auszugehen, dass durch das Fehlen der Signatur offenkundig sei, dass es sich um Fälschungen handele. So gäbe es Künstler, deren Markenzeichen ein unsigniertes Gemälde sei. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit, das Bild durch sonstige Expertisen einem bestimmten Künstler zuzuordnen. Da der Kläger dies bereits mehrfach (auch erfolgreich) versucht habe, sei nicht ausgeschlossen, dass durch derartiges Vorgehen eine Täuschung über die Provenienz des Bildes hervorgerufen werde.
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In der mündlichen Verhandlung am 24.10.2017 hat der Kläger vorgetragen, mit Ausnahme der Bilder Asservatennummern 1.33 und 1.7, die er über ebay erworben habe, des Bildes Asservatennummer 1.34, das er etwa 1990 in Prag erworben habe, und der Bilder Asservatennummer 1.25 und 1.26, die er selbst gemalt habe, stammten alle anderen streitgegenständlichen Bilder aus der Quelle … Seitens des Beklagten wurde auf ein Gutachten von Dr. … vom 24.8.2010 hingewiesen, in dem ein Van Gogh als Fälschung des fortgeschrittenen 20. Jahrhunderts bezeichnet wurde. Dem Kläger wurde zugestanden, die Bilder Asservatennummern 1.12, 1.19 und 1.58 auf seine Kosten durch das Doerner-Institut in München begutachten zu lassen. Hinsichtlich des Bildes Asservatennummer 1.81 „Landhaus mit blauem Dach“ mit der Signatur von Karl Schmidt-Rottluff sollte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden.
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Mit Beschluss vom 19.12.2017 wurde Frau PD Dr. … vom Doerner-Institut München mit der Erstellung eines Sachverständigen Gutachten zur Frage, ob das Bild Asservatennummer 1.81 ein Original ist, beauftragt.
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Mit E-Mail vom 20.6.2018 teilte Frau PD Dr. … mit, dass es sich bei dem zu begutachtenden Bild nicht um ein originales Werk aus der Hand Schmidt-Rottluff (1884 bis 1976) handeln könne, da die Analysen originaler Farbschichten mindestens zwei moderne Pigmente ergeben hätten.
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Auf Anfrage des Gerichts teilte der Bevollmächtigte des Klägers mit, dass die Begutachtung fortgesetzt werden solle.
23
Hinsichtlich des Bildes Asservatennummer 1.12 „Fehmarn-Häuser I“ kam Frau PD Dr. … im Gutachten vom 2.10.2018 zu dem Ergebnis, dass sowohl aus restauratorisch-maltechnischer als auch aus materialanalytischer Sicht eindeutig auszuschließen sei, dass es sich um eine eigenhändige Arbeit Ernst-Ludwig Kirchners aus dem Jahr 1908 handele.
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Hinsichtlich des Bildes Asservatennummer 1.81 „Landhaus mit blauem Dach“ kam Frau PD Dr. … im Gutachten vom 7.7.2018 zu dem Ergebnis, dass sowohl aus restauratorisch-maltechnischer als auch materialanalytischer Sicht eindeutig auszuschließen sei, dass es sich um eine eigenhändige Arbeit Karl Schmidt-Rottlufs aus dem Jahr 1908 handele. Zum Zierrahmen ist ausgeführt, dass auf Grundlage der visuellen Kurzbefundung die angebliche Originalität des Zierrahmens ebenfalls stark bezweifelt werde.
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Unter dem 24.9.2018 ließ der Kläger mitteilen, dass er das Ergebnis der Untersuchungsberichte zur Kenntnis nehme. Aus dem gesamten prozessualen Verhalten des Klägers werde deutlich, dass er einerseits stets gehofft habe, es handle sich bei den Bildern um Originale. Andererseits sei er auch bereit gewesen, diese Frage sachverständig klären zu lassen. Er habe keinerlei Verschleierungs- oder Täuschungsabsichten. Es könnten nicht sämtliche Bilder des Herrn … gefälscht sein. Es sei nicht vorstellbar, dass die junge Kunststudentin in der Lage gewesen sein könnte, zwischen 2007 und 2010 480 Arbeiten von über 200 weltbekannten Künstlern nahezu perfekt nachzuahmen.
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Er ließ eine Mappe mit der Charakterisierung der Kunststudentin sowie eine Mappe mit seiner Stellungnahme vorlegen.
27
Für den Beklagten wurde vorgetragen, die Beschlagnahme/Sicherstellung beruhe auf der vorliegenden Gefahrenlage. Der Kläger habe bereits in der Vergangenheit erfolgreich verschiedene Methoden angewandt, um gefälschten Bildern eine Provenienz zu beschaffen. Bilder berühmter Künstler seien auch ohne Signatur täuschungsgeeignet. Die vorgetragenen fehlenden Verschleierungs- oder Täuschungsabsichten hätten ihm ermöglicht, die Verwertung/Vernichtung zu verzögern bzw. zu verhindern. Es sei sehr wohl möglich, in vier Jahren 480 Bilder zu fertigen. Dies bedeute die Fertigung eines Bildes alle drei Tage.
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Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2019 bat das Gericht Herrn Dr. rer. nat. …, Chemiker beim Landeskriminalamt, um eine Stellungnahme zu der Frage, ob die streitgegenständlichen Bilder mit fluoreszierenden Mitteln dauerhaft als Fälschungen gekennzeichnet werden können.
29
Herr Dr. … kam im Gutachten vom 13.08.2019 zu dem Ergebnis, dass die Kennzeichnung von Gemälden als Fälschung durch eine Aufschrift oder einen Aufdruck mit optischen Aufhellern mit Einschränkungen (leichte Verfärbung durch die blaue Fluoreszenz) möglich sei. Private Kaufinteressenten würden eine Fälschungskennzeichnung mit einem optischen Aufheller in der Regel nicht erkennen, da nicht davon auszugehen sei, da sie vor dem Kauf ein Gemälde mit einer geeigneten UV-Lampe in einem abgedunkelten Raum untersuchen werden. Für die Entfernung, das Verdecken oder die Verfälschung einer Kennzeichnung gebe es mehrere Möglichkeiten, von denen einige aufgezeigt worden seien (mechanisch, Lösungsmittel, Übermalen, Aufkleber …). Da die optischen Aufheller mit zunehmender Lagerzeit ausbleichen und „auswandern“ könnten, sei die Kennzeichnung mit optischen Aufhellern nicht dauerhaft. Durch Vererben oder Verschenken könne ein mit optischen Aufhellern als Fälschung markiertes Kunstwerk in den Besitz Dritter gelangen, die keine Kenntnis davon haben, dass es sich um ein markiertes, gefälschtes Gemälde handele.
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Auf Bitten des Klägers wurde der handgeschnitzte Rahmen zu dem Bild „Haus in blauer Landschaft“, signiert R. Rottluff 1908, an Herrn Werner … vom Brücke Museum Berlin zur Begutachtung übergeben. Herr … kam zu dem Ergebnis, dass der Rahmen definitiv nicht original von Schmitt-Rottluff stamme.
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Der Kläger ließ Unterlagen vorlegen, die Kennzeichnungsmöglichkeiten gefälschter Bilder bzw. deren Handhabung darlegen. Des Weiteren legte er Unterlagen zur Straffreiheit des Aufbringens von Signatur und Datierung auf kopierten Gemälden vor.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegende Behördenakte, die eingereichten Schriftsätze und die Niederschriften zur mündlichen Verhandlung vom 24.10.2017 und 5.2.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Soweit das Klagebegehren die Bilder Asservatennummern 1.25 und 1.26 betrifft, ist die Klage unzulässig. Seitens des Beklagten wurde mehrfach angeboten, diese Bilder, die vom Kläger selbst gemacht worden sind, herauszugeben. Ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Überprüfung des streitgegenständlichen Bescheids besteht insoweit nicht mehr.
34
II. Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 29.12.2014 (vgl. 1) noch auf Herausgabe der sichergestellten Gemälde/Grafiken (vgl. 2).
35
1. Der Bescheid vom 29.12.2014 ist rechtmäßig. Die verfügte Sicherstellung der am 15.9.2010 beschlagnahmten Gemälde/Grafiken sowie die Anordnung der öffentlichen Verwahrung und das damit festgestellte Verfügungsverbot verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36
1.1 Die Klage hat nicht bereits deshalb Erfolg, weil der streitgegenständliche Bescheid nicht inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG wäre. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts liegt vor, wenn der Inhalt der getroffenen Regelung, der Entscheidungssatz ggf. im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen, für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen ist, dass der Inhalt etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen zugrunde gelegt werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer VwVfG § 37 Rn. 5 mit weiteren Nachweisen). Hieran besteht kein Zweifel. Der Umstand, dass in Nr. 1 des Bescheids „Sicherstellungsverzeichnisse vom 15.9.2010“ benannt sind, dem Bescheid jedoch eine Asservatenliste mit dem Datum „3.12.2013: 21:00 Uhr“ beiliegt, macht den Bescheid nicht unbestimmt. Nachdem die streitgegenständlichen Gemälde/Grafiken am 15.9.2010 an mehreren Stellen beschlagnahmt worden waren, gab es diesbezüglich mehrere Sicherstellungsverzeichnisse. In der angefügten Asservatenliste sind die beschlagnahmten Werke insgesamt ausgeführt. Das auf dieser Liste angeführte Datum bezieht sich auf den Zeitpunkt des Ausdrucks dieser Liste. Jedenfalls ergibt sich aus dieser Liste eindeutig, welche Bilder von der streitgegenständlichen Anordnung betroffen sind.
37
1.2 Da es sich bei der angefochtenen Sicherstellung nicht um einen Dauerverwaltungsakt handelt (vgl. BayVGH Urteil vom 23.2.2016 - 10 Bv 14.2353 Rn. 16 - juris) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Bescheidserlasses an.
38
Gemäß Art. 25 Nr. 1 PAG a.F. kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Eine Gefahr ist gegenwärtig, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in aller nächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Ausreichend zur Rechtfertigung der Sicherstellung ist die Anscheinsgefahr (vgl. Berner/Köhler/Käß PAG Art. 25 Rn. 3). Die Frage, ob eine Maßnahme vorliegender polizeilicher Gefahrenabwehr erforderlich ist, beurteilt sich nach dem Sach- und Erkenntnisstand zu dem Zeitpunkt, in dem sie getroffen werden muss (sog. Beurteilung „ex ante“). Die Polizei besitzt dabei einen Einschätzungsspielraum. Ihre Einschätzung ist nur dann zu beanstanden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausging, die sich bereits im Zeitraum der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Berner/Köhler/Käß PAG, 20. Auflage, Art. 3 Rn. 9).
39
In den Fällen, in denen der Schaden noch nicht eingetreten ist, bedarf es zur Feststellung einer gegenwärtigen Gefahr einer Wahrscheinlichkeitsprognose, der das Tatsachenwissen, das der Verwaltungsbehörde im Zeitpunkt ihres Einschreitens bekannt war, zugrunde zu legen ist. Anhand dieses Tatsachenwissens muss aus Sicht eines objektiven, besonnenen Amtswalters das Vorliegen einer Gefahr bejaht werden können. Hieran wird deutlich, dass der Begriff „gegenwärtige Gefahr“ hohe Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritt stellt. Es kommt insoweit aber auch auf die Schwere des drohenden Schadens und die Intensität des Eingriffs an. Das für die Wahrscheinlichkeitsprognose heranzuziehende Tatsachenwissen kann sich aus verschiedenartigen Erkenntnissen unterschiedlichen Gewichts zusammensetzen.
40
Nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg (vgl. Urteil vom 2.7.2009 - 11 LC 4/08 Rn. 38 und 41 - juris) ist nicht zu beanstanden, dass die zuständige Behörde aufgrund einer Gesamtschau des vorliegenden Tatsachenmaterials zu der Einschätzung gelangt sei, die Sicherstellung sei zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich. Je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, umso geringer sind die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit gestellt werden können. Bei gefährlichen und schwer zu bekämpfenden Straftaten wie dem Rauschgifthandel sind deshalb die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeitsprognose nicht so hoch anzusetzen (vgl. OVG Lüneburg Urteil vom 7.3.2013 - 11 LB 438/10 Rn. 36 - juris). Auf diese Rechtsprechung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (vgl. Beschluss vom 17.9.2015 - 10 CS 15.1435, 10 C 15.1434 Rn. 21 - juris) Bezug genommen und ausgeführt, dass ein bloßer Gefahrenverdacht oder bloße Vermutungen nicht ausreichten. Allerdings gelte ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlich des Schadenseintritts. Bezüglich einer Sicherstellung unterhalb der Drogenkriminalität knüpft das OVG Lüneburg (vgl. Urteil vom 25.6.2015 - 11 LB 34/14 Rn. 35 - juris) an die von der Rechtsprechung bisher entschiedenen Fällen der Sicherstellung von Bargeld im Rahmen der Drogenkriminalität, bei denen oftmals die Gesamtlage zu einer Annahme einer gegenwärtigen Gefahr der Verwendung der sichergestellten Gelder für weitere Drogengeschäfte führe, an. Dieser Annahme läge eine Gesamtbetrachtung und -bewertung der im Einzelnen festgestellten Indiztatsachen zugrunde. Sie beruhe vor allem auf der kriminalistischen Erfahrung, dass offensichtlich aus illegalen Drogengeschäften stammendes Geld in der Regel zumindest teilweise in die Beschaffung von Betäubungsmittel investiert werde. Eine Erweiterung dieser Annahme auf Deliktarten außerhalb des Bereichs der Drogenkriminalität wie hier Hehlerei von Kraftfahrzeugen und Versicherungsbetrug sei mangels ausreichender kriminalistischer Erfahrungswerte nicht ohne weiteres möglich. Vielmehr bedürfe es in jedem Einzelfall der Feststellung einer konkreten gegenwärtigen Gefahr nach den oben genannten Kriterien. Es müsse also aufgrund der vorliegenden Indizien der sichere Schluss dahingehend gerechtfertigt sein, das aus illegalen Geschäften herrührende Geld werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder zu illegalen Zwecken verwandt und demzufolge gleichsam in die illegale „Kreislaufwirtschaft“ wieder eingespeist.
41
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bezogen auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses am 29.12.2014 zu prüfen, ob das Landeskriminalamt davon ausgehen durfte, dass es sich bei den sichergestellten Bildern um Fälschungen handelt (vgl. 1.2.1) und ob diesbezüglich die Prognose erlaubt war, dass die Sicherstellung der Bilder zur Verhinderung weiterer Straftaten geboten war (vgl. 1.2.2).
42
1.2.1 Dem Landeskriminalamt lagen zum Bescheidszeitpunkt das Gutachten von Prof. Hermann … vom 18.10.2013 vor, wonach 11 Bilder (Urheberschaft Karl Schmidt-Rottluff) ohne jeden Zweifel Fälschungen sind. Des Weiteren kommt Prof. Dr. … im kunsthistorischen Gutachten vom 12.10.2013 zu dem Ergebnis, dass die vorgelegten 10 Gemälde (Urheberschaft Max Pechstein) eindeutig Fälschungen sind. Das Doerner Institut München schließt für das Bild „Fischerhaus in Nidden“, datiert auf 1909, eine Echtheit für das Jahr 1909 oder später durch Max Pechstein mit Sicherheit aus. … und … von der Erich-Heckel-Stiftung bestätigen unter dem 2.10.2013 hinsichtlich der vorgelegten 9 Gemälde (Urheberschaft Erich Heckel), dass diese Bilder mit Sicherheit nicht aus der Hand von Erich Heckel stammen.
43
Bekannt war der Beklagtenseite zudem die Anfrage des Klägers an die Firma … GmbH & Co. KG in München bezüglich zweier Nolde Aquarelle vom 21.7.2014, die vom Kunsthaus … nicht als authentisch angesehen wurden. Prof. Dr. … von der Nolde-Stiftung in Seebüll bestätigte unter dem 23.10.2014 zudem, dass es sich um Fälschungen handele. Laut Schlussbericht des Bayerischen Landeskriminalamts vom 31.8.2011 im Ermittlungsverfahren Az. 133 JS 90492/10 der Staatsanwaltschaft Straubing unter anderem gegen den Kläger wegen Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in der Zeit von 2009 bis 15.9.2010 mit einem Schaden von ca. 1,5 Mio. wurde dem Kläger zur Last gelegt, dass er seit mindestens Februar 2009 gefälschte Bilder namenhafter Künstler an vier verschiedene Käufer mit großem Gewinn veräußert habe. Er habe die Fälschungen bei den Beschuldigten … in Auftrag gegeben, der die Bilder von der Beschuldigten … anfertigen habe lassen und vor der Weitergabe an Kohlmeier auf „alt trimmte“.
44
Der später vom Kläger vorgebrachte Einwand, er habe die Bilder Asservatennummern 1.33, 1.34 und 1.7 nicht von … erhalten sowie der Vortrag, er habe die Bilder Asservatennummern 1.25 und 1.26 selbst gemalt, war im Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht bekannt. Nicht thematiert wurde zu diesem Zeitpunkt auch der Umstand, dass einige Bilder keine Signatur aufweisen.
45
Unabhängig davon, ob die im Verfahren vom Kläger vorgelegten „positiven Analysen“ dem Bayerischen Landeskriminalamt bei Bescheidserlass bekannt waren, ergibt sich aus diesen jedenfalls nicht, dass es sich bei den betroffenen Bildern um Originale handelte. So führte Prof. … von der Karl und Emy Schmidt-Rottluff-Stiftung unter dem 9.9.2011 zu dem Bild Asservatennummer 1.81 lediglich aus, dass anhand des vorgelegten Fotos keine Aussage möglich sei. Empfohlen wurde eine physikalische Untersuchung. Zur Asservatennummer 1.9 führte Dr. … unter dem 8.4.2002 und zum Bild Asservatennummer 1.89 unter dem 5.4.2002 aus, dass die Gemälde mit dem Alter der Signatur vereinbar seien. Zum Bild Asservatennummer 2.3 und zum Bild Asservatennummer 2.4 bestätigt Prof. Dr. … unter dem 2.2.2010, dass die Ergebnisse einer naturwissenschaftlichen Untersuchung keinen Rückschluss auf einen bestimmten Künstler zuließen. Zum Bild Asservatennummer 4.2.2 bescheinigt Dr. … unter dem 8.4.2012, dass die ausgeführten Untersuchungen keine Zeichen eines Fälschungsversuches aufwiesen. Die gefundenen objektiven Eigenschaften seien mit dem vermuteten Alter von 90 Jahren vereinbar. Zum Bild Asservatennummer 4.3.23 liegt eine E-Mail von … vom 14.8.2000 vor, in der steht: „Please find here a device for your painting. The primary analysis are quite positive…“. Des Weiteren befinden sich in der Gerichtsakte (K17 zum Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 10.3.2017) zu weiteren 7 Bildern/Aquarellen Analysen von Prof. Dr. … und Dr. … vom 18.8.2003, 17.9.2003, 19.8.2002, 1.9.2003 und 18.8.2003 zu in der Liste nicht auffindbaren Bildern. Hier wird im Wesentlichen bestätigt, dass die erfolgten Materialuntersuchungen nicht gegen eine Zuordnung zu den erkennbaren Künstlern und die Datierung sprächen. Keiner dieser Analysen ist jedoch konkret zu nehmen, dass das jeweils begutachtete Bild ein Original ist. Insbesondere hinsichtlich einer Analyse von … fehlen weitere Ausführungen.
46
Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass bei dieser Erkenntnislage das Bayerische Landeskriminalamt davon ausgehen konnte, dass es sich bei allen sichergestellten Bildern um Fälschungen handelte.
47
1.2.2 Eine Sicherstellung nach Art. 25 PAG a.F. setzt jedoch zudem die Prognose voraus, dass von den als Fälschungen eingeschätzten Bildern die Gefahr ausgegangen war, dass diese künftig vom Kläger zur Begehung von (weiteren) Straftaten verwendet werden würden.
48
Bei den sichergestellten Gemälden/Grafiken handelt es sich überwiegend um Werke, die die Urheberschaft namhafter Künstler für sich in Anspruch nehmen. Bei einem Verkauf derartiger Werke war davon auszugehen, dass sich Käufer finden werden, die bereit sind, hohe Summen zu investieren. Dieser Umstand rechtfertigt es angesichts der Umsätze, die auf dem Kunstmarkt erzielt werden, im vorliegenden Fall die oben genannte Rechtsprechung des OVG Lüneburg vom 7.3.2013 zur Sicherstellung von Bargeld zur Verhinderung von (weiteren) Drogendelikten heranzuziehen. Danach sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeitsprognose nicht so hoch anzusetzen. Dass dieser Maßstab gerechtfertigt ist, bestätigen die im Strafverfahren (vgl. Schlussbericht vom 31.8.2011) aufgeführten Vorgänge, die die Größenordnung der vom Kläger angestrebten Geschäfte zeigen: Es ist die Rede von einem Verkauf von 39 Bildern an den Geschädigten … im Gesamtwert von 1,4 Mio. €, einer Übergabe (ohne Bezahlung) von 4 Bildern an den Geschädigten … zum vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 160.000 €, einem Verkaufsangebot für 1 Bild in Höhe von 155.000 €, einem Verkauf von Bildern an … im Wert von 135.000 €, einem Verkauf von Bildern an … zu einer Gesamtsumme von 50.000 €, sowie dem Angebot eines Bildes an einen verdeckten Ermittler für 1 Mio. €.
49
Der Kläger hat wiederholt versucht, die Bilder als Originale zu verkaufen. In diesem Zusammenhang ist auf einen E-Mail-Verkehr des Klägers mit Herrn … vom 27.08.2010 hinzuweisen. Hier zeigte sich, dass der Kläger über eine Beurteilung eines Bildes durch den Gutachter Dr. … vom 24.8.2010 als Fälschung erbost war. Er versuchte, Herrn … zu veranlassen, durch den Gutachter diese Sätze streichen zu lassen.
50
Hinzuweisen ist auch auf das Verhalten des Klägers im Jahr 2014, als er sich mit E-Mail vom 21.7.2014 an die Firma … gewandt hatte. Er fragte dort an, ob Interesse an einem Nolde Aquarell bestehe, das aus einer Erbschaft stamme und leider nicht seinen Geschmack treffe und ob ggf. die Expertisenanfrage selbst vorgenommen werden würde. Dies zeigt, dass der Kläger weiterhin an seiner Sicht der Dinge, es handele sich bei den Bildern um Originale, festgehalten hat. Der Umstand, dass die im Strafverfahren angeführten Gegebenheiten im Zeitpunkt des Bescheidserlass bereits einige Jahre zurücklagen, stehen der getroffenen Prognose somit nicht entgegen.
51
Die maßgeblichen Überlegungen kommen im streitgegenständlichen Bescheid hinreichend zum Ausdruck. Das Landeskriminalamt legte seiner Prognose die Bewertung der Bilder als Fälschung zugrunde, von denen die hohe Gefahr ausgehe, dass sie künftig zum Verkauf angeboten werden und damit in Umlauf gelangten. Dies wird auf ein (letztlich im Jahr 2008 eingestelltes) Verfahren der KPI Straubing (2380-003858-08/6), auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Straubing (133 Js 90492/10), auf die Anfrage des Klägers vom 21.7.2014 bei der Firma … in München und die Information durch den Leiter der Ernst-Heckel-Stiftung vom September 2014 gestützt. Durchgreifende Indizien, die eine andere Einschätzung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Nach Abwägung aller betroffener Belange erweise sich die Sicherstellung als angezeigt und ermessensgerecht. Hieran hat das Gericht nichts auszusetzen.
52
Die angeordnete öffentlich-rechtliche Verwahrung entspricht Art. 26 PAG a.F. Das Verfügungsverbot ist Folge der Sicherstellung der Bilder und deren Überführung in ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis.
53
Demnach ist die Klage insoweit als unbegründet abzuweisen.
54
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Gemälde/Grafiken. Hinsichtlich dieses vom Kläger geltend gemachten Herausgabeanspruchs, der mit der Herausgabepflicht der Polizei gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 PAG n.F. korrespondiert, ist auf die Sachlage abzustellen, wie sie im Zeitpunkt der (letzten) gerichtlichen Entscheidung besteht.
55
2.1 Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Voraussetzungen für die Sicherstellung nicht entfallen. Das Landeskriminalamt geht weiterhin zu Recht davon aus, dass die sichergestellten Gemälde/Grafiken - mit Ausnahme der vom Kläger selbst gemalten Bilder - Fälschungen sind. Die Sicherstellung ist demnach nicht gem. Art. 28 Abs. 1 PAG n. F. zu beenden.
56
Eine Änderung hinsichtlich der Annahme, dass es sich bei den sichergestellten Bildern um Fälschungen handelt, ist mit Ausnahme der Bilder Asservatennummern 1.25 und 1.26 nicht eingetreten. Hinsichtlich dieser Bilder, die der Kläger nach seinen Angaben selbst gefertigt hat, besteht aus Sicht des Landeskriminalamts keine Gefahr (mehr), dass der Kläger damit Straftaten begehen könnte.
57
Hinsichtlich der übrigen Bilder stellt sich die Situation wie folgt dar: Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 24.10.2017 klargestellt, diese mit Annahme der Bilder Asservatennummern 1.33 (Erwerb über ebay), 1.34 (etwa 1990 in Prag erworben) und 1.7 (Erwerb von ebay) von … erworben zu haben.
58
Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hat das Landeskriminalamt weitere Bilder (Asservatennummern 1.12, 1.58, 2.3 und 2.4) begutachten lassen. Die Gutachter wiesen diese Bilder als Fälschungen aus. Hinsichtlich des Bildes Asservatennummer 4.3.23 liegt eine Stellungnahme von Madame … vom 26.9.2017 vor, die wiederholte Anfragen nach Echtheitsbestätigungen ablehnte. Weitere Bilder (Asservatennummern 1.19, 1.89, 1.9, 4.2.2, 4.3.23, 1.33, 1.34, 1.39 und 1.81) sind ohne eingehende Untersuchung von Sachverständigungen als Fälschungen beurteilt worden.
59
Ob damit - wie vom Landeskriminalamt angeführt - tatsächlich 45 negative Gutachten vorliegen, kann dahingestellt bleiben. Tatsache ist, dass jedenfalls 32 Bilder im Vorverfahren und zunächst vier Bilder im gerichtlichen Verfahren explizit durch Gutachter als Fälschungen erkannt wurden. Hinsichtlich weiterer zehn Bilder lassen die Äußerungen von Sachverständigen auf das Vorliegen von Fälschungen schließen.
60
In der mündlichen Verhandlung am 24.10.2017 wurde dem Kläger zugestanden, die Bilder Asservatennummern 1.12, 1.19 und 1.58 auf seine Kosten begutachten zu lassen. Die Begutachtung des Bildes Asservatennummer 1.12 ergab eindeutig, dass es sich nicht um ein Bild von Ernst-Ludwig Kirchner handelt. Die Bilder 1.19 und 1.58 wurden vom Kläger keiner weiteren Begutachtung unterzogen. Für das aufgrund des Beweisbeschlusses vom 19.12.2017 begutachtete Bild Asservatennummer Nr. 1.81 wurde ebenfalls eindeutig ausgeschlossen, dass es von Karl Schmidt-Rottluff stammt. Damit ist für 38 Bilder gutachterlich geklärt, dass es sich nicht um Originale handelt.
61
Aufgrund der Bitte des Klägers vom 17.05.2019 wurde der Rahmen des Bildes Asservatennummer 1.81 von Herrn … vom Brücke Museum Berlin besichtigt und als definitiv nicht original von Schmidt-Rottluff stammend eingeschätzt.
62
Die Beweislast für die fehlende Echtheit der Bilder liegt grundsätzlich auch hinsichtlich des Herausgabeanspruchs beim Landeskriminalamt. Dies folgt aus der Herausgabepflicht gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 PAG n.F., die mit dem Hinweis auf das Vorliegen von Fälschungen seitens des Landeskriminalamts verneint wird. Ein Beweis dafür, dass die nicht explizit als Fälschungen begutachteten Bilder tatsächlich Fälschungen sind, liegt nicht vor.
63
Anhand der vorliegenden Indizien kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass alle Bilder mit Ausnahme der vom Kläger der selbstgemalten Bilder Asservatennummern 1.25 und 1.26 Fälschungen sind. Dies ergibt sich aus Folgendem:
64
Alle Bilder mit Ausnahme der Bilder Asservatennummern 1.33, 1.34 und 1.7 stammen nach Angaben des Klägers aus der gleichen Quelle. Die vorliegenden negativen Gutachten beziehen sich auf Bilder aus dieser Quelle. Dass diese Gutachten nicht sachgerecht erstellt worden wären, wurde nicht substantiiert vorgetragen. Des Weiteren enthalten die vom Kläger vorgelegten „positiven Analysen“ keine konkreten Aussagen zur Echtheit der jeweiligen Bilder. Hinsichtlich der aus anderen Quellen erworbenen Bilder Asservatennummern 1.33 und 1.34 lassen die Einschätzung durch Fr. Dr. … und Herrn … auf das Vorliegen von Fälschungen schließen. Zu Bild Asservatennummer 1.7 hat der Kläger keine Angaben gemacht, es liegen auch keine gutachtlichen Äußerungen vor. Noch bestehende Zweifel werden jedenfalls dadurch entkräftet, dass der Kläger außer dem vom Beweisbeschluss erfassten Bild Asservatennummer 1.81 nur an der Begutachtung der Bilder Asservatennummern 1.12, 1.19 und 1.58 ein Interesse hatte. Letztendlich hat er es mit der Begutachtung des Bildes Asservatennummer 1.12 bewenden lassen.
65
Bei dieser Indizienlage obliegt es dem Kläger, substantiiert schlüssige Argumente gegen die Annahme, es handele sich bei den oben genannten Bildern um Fälschungen, vorzutragen. Hieran fehlt es.
66
2.2 Eine Änderung der Sachlage liegt auch nicht vor hinsichtlich der Prognose zur Begehung weiterer Straftaten. Bei der festgestellten Schwere des drohenden Schadens reicht nach den obigen Ausführungen ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsgrad.
67
Der Kläger hält nach wie vor dem Grunde nach daran fest, dass es sich bei den sichergestellten Bildern um Originale handelt. Dies macht er durch die dem Gericht am 29.09.2018 übermittelte Mappen nochmals deutlich. Dass der Kläger aus der Verurteilung des Landgericht Regensburg (Urteil vom 15.12.2015) gelernt haben soll, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Anzuführen sind insoweit exemplarisch zwei Schreiben des Klägers vom 21.2.2016 und 5.3.2016 an Herrn Dr. …, in denen er unter anderem anführt, seine Sammelleidenschaft habe ihn bedauerlicherweise kriminalisiert, da ihm das LKA Bayern seit 2010 vorwerfe, verschiedene Gemälde internationaler Künstler zum Fälschen in Auftrag gegeben zu haben. Man habe ihn nicht nur kriminalisiert, sondern auch „beltracchisiert“. Des Weiteren führt er an, dass er quasi durch Falschaussagen und nicht erbrachte Zeugenaussagen vom Landgericht Regensburg schuldig gesprochen worden sei. Dadurch sei er unbegründet in eine finanzielle Schieflage geraten.
68
Des Weiteren wird auf eine Anfrage des Klägers vom 15.5.2016 an das Max-Beckmann-Archiv verwiesen, wonach die oberflächlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Straubing, des LKA München und der tschechischen Behörden ihn als Betrüger und Fälscher stigmatisiert hätten. Die im Urteil des Landgerichts Regensburg (Seite 8) attestierte Schuldeinsicht und Reue finden sich in diesem Verhalten des Klägers nicht wieder. Im Übrigen sind die Bewertungen des Strafgerichts für das Verwaltungsgericht nicht bindend.
69
Die finanziellen Verhältnissen des Klägers wurden im Schriftsatz vom 18.11.2016 als geordnet bezeichnet. Danach beziehe er ein Geschäftsführergehalt von 4.000 € brutto und erhalte im Jahr 2018 Pensionsrücklagen in Höhe von rund 350.000 € ausbezahlt. Nicht gedeckte Verbindlichkeiten gebe es nicht. Wie sich das zu den im Urteil des Landgericht Regensburg vom 15.12.2015 enthaltenen Angaben verhält, wonach sich der Kläger zu Zurückzahlungen an den Geschädigten … in Höhe von 347.410 € verpflichtet hat und laut Schlussbericht vom 31.8.2011 (Blatt 9) der Geschädigte … zivilrechtliche Ansprüche hinsichtlich gekaufter bzw. angezahlter Bilder mit einem Gesamtpreis von 175.000 € geltend macht, ist unklar. Hinzu kommt die oben genannte Angabe im Schreiben an Dr. …, dass er in eine finanzielle Schieflage geraten sei. In der mündlichen Verhandlung am 5.2.2019 hat der Kläger hierzu ausgeführt, er müsse noch 1,8 Millionen mit Zinsen an Herrn … zurückzahlen. Er lebe von einer Rente i.H.v. monatlich 750 Euro und einem kleinen Gehalt i.H.v. 450 Euro mtl. Sein Sohn unterstütze ihn mit monatlich 500,00 Euro. Diese Gegebenheiten tragen die angenommene Gefährdungsprognose nach wie vor.
70
2.3. Zu der vom Kläger vorgetragenen Möglichkeit der Kenntlichmachung der Bilder als Fälschungen hat die im Einvernehmen mit den Beteiligten erfolgte Nachfrage des Gerichts bei Herrn Dr. … ergeben, dass zwar eine Kennzeichnung mit optischen Aufhellern oder fluoreszierenden Mitteln möglich wäre. Optische Aufheller könnten bei Ölgemälden entfernt oder verdeckt werden. Die Fluoreszenz einer Aufschrift könnte durch Überstreichen mit einem UV-Absorber vermindert bzw. durch Überstreichen mit einem weiteren UV-Marker abgeändert werden. Bei einem Aquarell dürfte die Entfernung mit optischen Aufhellern schwierig bis nahezu unmöglich sein. Auch hier sei jedoch die Verfälschung einer Aufschrift durch das Überstreichen mit einem weiteren UV-Marker möglich. Es sei bekannt, dass die Beständigkeit von optischen Aufhellern gegen die Einwirkung von Licht relativ begrenzt sei.
71
Unter Berücksichtigung dieser vom Kläger nicht substantiiert widerlegten Aussagen ist eine Kennzeichnung der streitgegenständlichen Bilder kein geeignetes milderes Mittel zur Vermeidung von Betrugsstraftaten durch Täuschung potentieller Erwerber über die Echtheit der Bilder. Der Kläger, bei dem nach wie vor die Prognose gerechtfertigt ist, dass er die Bilder erneut zu verwerten versuchen könnte, kann sich demnach nicht mit Erfolg auf das in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1.12.2016 -1 K 236.13- berufen. Wie in dem vom Verwaltungsgericht Berlin entschiedenen Fall besteht vorliegend ein erhebliches Risiko, dass die Fälschungen in betrügerischer Absicht als authentische Werke auf dem Kunstmarkt veräußert werden könnten und dadurch dass Vermögen eines Erwerbers erheblich geschädigt werden könnte.
72
Des Weiteren kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf den Umstand berufen, dass seitens der Beklagten an Herrn … Bilder, die als Fälschungen gekennzeichnet wurden, herausgegeben wurden. Insoweit hat der Beklagte - anders als beim Kläger - keine Gefahr gesehen, dass diese Bilder als Originale wieder auf dem Markt gebracht werden könnten.
73
Letztlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass auf dem Kunstmarkt Kopien berühmter Meister mit Signatur und Datierung gehandelt werden, ohne dass dies strafrechtlich geahndet wird. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass derartige Bilder, die als Originale mehrere Millionen Euro wert sind, bei Angebotspreisen von wenigen Tausend Euro von potentiellen Käufern nicht als Originale eingeschätzt werden würden. Er selbst habe kein einziges seiner 440 Bilder auf dem Kunstmarkt angeboten, weder als Original noch als Kopie (vgl. Schriftsatz vom 29.12.2019). Unabhängig von den genauen Modalitäten der in der Vergangenheit getätigten Verkäufe gab es zahlreiche Verkäufe an Gutgläubige, bei denen den Käufern hoher finanzieller Schaden zugefügt worden war. Insbesondere ist den Akten nicht zu entnehmen, dass der Kläger diese Bilder für die genannten 500 Euro bis 2.000 Euro angeboten hätte, was der Erwartung, ein Original zu erwerben, entgegen gestanden hätte. Zu berücksichtigen ist zudem, dass sich unter den sichergestellten Bildern auch stilistische Nachahmungen befinden, für die ein Referenzwerk fehlt und damit die Nachvollziehbarkeit einer Nachahmung ausgeschlossen ist. Letztlich sprechen seine Einlassungen, aus denen zu schließen ist, dass er die Bilder bzw. wenigstens einige Bilder für Originale hält, gegen die Glaubhaftigkeit der Versicherung des Klägers, die Bilder nicht als Originale verkaufen zu wollen. So hat er auch im gerichtlichen Verfahren wiederholt darauf bestanden, weitere Bilder begutachten zu lassen. Auch hält er die negativen Bewertungen der Experten für irrelevant, sie stellten lediglich subjektive Äußerungen dar, die vor Gericht nicht verwertet werden dürften.
74
Bei einer Zusammenschau dieser Aspekte teilt das Gericht die Befürchtung des Beklagten, die Bilder könnten nach einer Rückgabe an den Kläger wieder einer Veräußerung zugeführt werden.
75
Die Klage ist demnach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
76
Vorläufige Vollstreckbarkeit § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 ZPO.