Titel:
Beseitigungsanordnung
Normenkette:
BayBO Art. 76 S. 1
Schlagwort:
Beseitigungsanordnung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.01.2021 – 1 ZB 20.408
Fundstelle:
BeckRS 2020, 41294
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Beseitigungsanordnung bezogen auf die weder den Vorgaben des einschlägigen Bebauungsplans „…“ noch der Genehmigungslage entsprechende Doppelgarage auf seinem Grundstück FlNr. 1593 Gemarkung …
2
Der am 17. Februar 2005 als Satzung beschlossene und am 3. Januar 2006 bekannt gemachte, einschlägige Bebauungsplan „…“ der Gemeinde … enthält unter anderem Festsetzungen über die überbaubaren Grundstücksflächen in Gestalt von Baufenstern für die Hauptbaukörper sowie Garagen und Stellplätze. Auf dem klägerischen Grundstück befindet sich der Bauraum für den Hauptbaukörper im nördlichen Teil, der Bauraum für die Garage freistehend südwestlich davon.
3
Bereits am 4. Dezember 2013 hatte der Kläger erstmals einen Bauantrag und einen Antrag auf Befreiung vom Bebauungsplan zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit einer Doppelgarage nordwestlich unmittelbar angebaut an das Wohnhaus gestellt. Hierzu verweigerte die Gemeinde ihr Einvernehmen. Am 19. Mai 2014 wurde ein sog. „Austauschplan“, in der Folge dann der „Austauschplan 2“ vom 22. August 2014 vorgelegt, der die Situierung der Doppelgarage an der hierfür im Bebauungsplan festgesetzten Stelle vorsah. Die Baugenehmigung hierzu wurde unter dem 28. August 2014 erteilt und ist bestandskräftig geworden.
4
Eine Ortseinsicht durch den Beklagten am 17. Oktober 2017 hat ergeben, dass die Doppelgarage planabweichend und unter Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans „…“ doch im Nordwesten an das Einfamilienhaus angebaut errichtet worden ist.
5
Nach vorheriger Anhörung erließ das Landratsamt unter dem … März 2018 den angefochtenen Bescheid, in dessen Nr. 1 die Beseitigung der planwidrig errichteten Garage angeordnet wird. In Nr. 2 des Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 Euro für den Fall angedroht, dass der Kläger dem nicht spätestens vier Wochen nach Bestandskraft der Beseitigungsanordnung nachkommt. Die Beseitigungsanordnung wurde auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützt. Die Doppelgarage sei nicht entsprechend der Baugenehmigung vom 28. August 2014 errichtet worden und sei auch nicht nachträglich genehmigungsfähig, weil ihre Situierung dem Bebauungsplan widerspreche und eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nicht erteilt werden könne, weil die Grundzüge der Planung berührt seien. Das in Art. 76 Satz 1 BayBO eröffnete Ermessen wurde ausgeübt.
6
Bereits am 12. Februar 2018 hatte der Kläger einen Bauantrag und einen Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „…“ für die errichtete Garage gestellt. In der Bauausschusssitzung vom 6. März 2018 verweigerte die Gemeinde ihr Einvernehmen hierzu u.a. unter Verweis auf die Grundzüge der Planung und die geordnete städtebauliche Entwicklung. Das Landratsamt lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom … Mai 2018 ab, weil das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans über die überbaubaren Grundstücksflächen widerspreche. Die Gemeinde habe ihr Einvernehmen zur Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB zu Recht verweigert. Die hiergegen am 23. Mai 2018 erhobene Versagungsgegenklage (M 1 K 18.2496) wurde mit Urteil vom 21. Januar 2020, auf das Bezug genommen wird, abgewiesen.
7
Mit seiner Klage vom 26. März 2018 gegen die Beseitigungsanordnung vom … März 2018 macht der Kläger insbesondere geltend, die Beseitigungsanordnung sei rechtswidrig. Die Garage sei so wie errichtet genehmigungsfähig. Der Bebauungsplan „…“ sei formell unwirksam. Nach § 34 BauGB sei die Garage ohne Weiteres städtebaulich zulässig. Für den Fall, dass der Bebauungsplan als wirksam anzusehen sein sollte, bestehe ein Anspruch auf Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von seinen Festsetzungen über die überbaubaren Grundstücksflächen. Die Zulassung der Garage an anderer als im Bebauungsplan vorgesehener Stelle berühre nicht die Grundzüge der Planung. Selbst wenn man für eine Beseitigungsanordnung gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO die formelle Illegalität des Vorhabens genügen lassen wolle, müsse die Klage erfolgreich sein, weil bei Verbindung der Klagen gegen die Beseitigungsanordnung und auf Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wegen der Genehmigungsfähigkeit der Garage die formelle Illegalität nicht mehr gegeben sei.
9
Der Bescheid vom … März 2018 wird aufgehoben.
10
Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,
12
Am 26. März 2019 fand die mündliche Verhandlung statt, in der die Beteiligten sich mit einem Übergang in das schriftliche Verfahren, u.a. auch zur Prüfung etwaiger Auswirkungen des in der Zwischenzeit erlassenen Bebauungsplans „… …“ auf das vorliegende Verfahren,einverstanden erklärten. In der Folge wurden die vorgelegt. Die Beteiligten erPlanaufstellungsakten zum Bebauungsplan „… hielten Gelegenheit, sich hierzu zu äußern, wovon lediglich der Kläger mit Schriftsatz vom 20. September 2019 Gebrauch gemacht hat.
13
Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 26. März 2019, wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten, auch im Verfahren M 1 K 18.2496 verwiesen.
Entscheidungsgründe
14
Über den Rechtsstreit kann ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
15
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Beseitigungsanordnung, denn diese ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16
1. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, so kann die Bauaufsichtsbehörde gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. So liegt es hier.
17
a) Die Kammer folgt der herrschenden Auffassung auch in der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 11.4.2017 - 1 B 16.2509 - juris Rn. 19; B.v. 23.11.2015 - 1 ZB 15.1978 - juris Rn. 5), wonach die formelle Illegalität eines Bauvorhabens für eine rechtmäßige Beseitigungsanordnung nicht ausreicht, sondern die materielle Baurechtswidrigkeit hinzukommen muss. Beide Voraussetzungen sind erfüllt, denn die vom Kläger errichtete Garage ist weder von der unter dem 28. August 2014 erteilten Baugenehmigung gedeckt, noch ist sie genehmigungsfähig. Es können somit auch nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden. Die Ausübung des in Art. 76 Satz 1 BayBO eröffneten Ermessens in dem Bescheid vom … März 2018 entspricht dem Zweck der Ermächtigung und ist nicht zu beanstanden.
18
Wegen der mangelnden Genehmigungsfähigkeit der streitigen Garage wird auf die Entscheidungsgründe in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil vom 21. Januar 2020 in der Sache M 1 K 18.2496 Bezug genommen, mit dem die Klage auf Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung abgewiesen wurde.
19
b) Rechtliche Mängel der Zwangsgeldandrohung wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
20
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.