Titel:
Keine Berücksichtigung von Heiz- und Warmwasserkosten bei Wohngeld
Normenkette:
WoGG § 9, § 12, § 13, § 19
Leitsatz:
Heiz- und Warmwasserkosten werden bei der Ermittlung der Miete nach dem Wohngeldgesetz nicht berücksichtigt; dies betrifft auch Kosten der verbrauchten Brennstoffe (hier: Erdgas). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anrechnung von Miete, Stromkosten, Heizungskosten, Berücksichtigung von Erdgaskosten, Wohngeld, Miete, Warmwasser, Erdgas
Fundstelle:
BeckRS 2020, 40910
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtkostenfreien Verfahrens.
3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Wohngeldantrages. Er begehrt vom Beklagten die Gewährung von Mietzuschuss.
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Mit Antrag vom 16.01.2020, der am 17.01.2020 bei der Wohngeldbehörde einging, beantragte der Kläger die Gewährung von Wohngeld in Form eines Mietzuschusses für die von ihm alleine bewohnte 70 qm große Wohnung in der … Im Antrag gab er an, dass die monatliche Miete 340 EUR betrage. Aus einem beigefügten Mietvertrag vom 20.06.2009 ergibt sich eine Miete von monatlich 270 EUR sowie 40 EUR Betriebskosten - ausschließlich Heizung (Warmwasser und Strom) -. Eine vorgelegte Abschlagsrechnung der Stadtwerke … vom 04.01.2019 wies einen Gasabschlag in Höhe von 74 EUR und einen Stromabschlag in Höhe von 36 EUR für das Jahr 2019 aus. Der Kläger erhält ab dem 01.07.2019 ausweislich einer in den Akten befindlichen Rentenmitteilung der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland eine monatliche Rente in Höhe von 1.104,57 EUR brutto, von der nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge 980,87 EUR netto verbleiben.
3
Mit Schreiben vom 06.03.2020 des Beklagten wurde der Kläger aufgefordert, Mietzahlungsnachweise für die Monate November 2019 bis Februar 2020, eine Mietbescheinigung oder Änderungsmitteilung zum Mietvertrag vorzulegen sowie den Antrag ordnungsgemäß zu unterschreiben.
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Aus einem weiteren vom Kläger vorgelegten Mietvertrag vom 12.02.2019 ergibt sich eine Gesamtmiete von monatlich 300 EUR bei 275 EUR Kaltmiete und 25 EUR Betriebskosten - ausschließlich Heizung (Warmwasser und Strom) -. Eine vorgelegte Mietbescheinigung mit Unterschrift des Vermieters und des Klägers vom 14.03.2020 weist eine Gesamtmiete von 470 EUR aus. Darin enthalten seien Nebenkosten in Höhe von 72 EUR für Heizung und 58 EUR für Strom. Aus vorgelegten Kontoauszügen des Klägers geht hervor, dass im November 2019 per Dauerauftrag Miete in Höhe von 300 EUR, im Dezember 2019 per Dauerauftrag Miete in Höhe von 300 EUR und im Januar 2020 per Dauerauftrag eine Miete in Höhe von 300 EUR überwiesen wurde. Aus einem vorgelegten Kontoauszug vom 04.01.2019 ergibt sich eine Mietzahlung in Höhe von 320 EUR im Januar 2019.
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Nach erneuter Aufforderung des Beklagten vom 16.03.2020 zur Unterschrift kam der Kläger dieser mit Unterzeichnung vom 18.03.2020 auf dem Antrag nach. Der Antrag des Klägers wurde mit Bescheid vom 20.03.2020 abgelehnt. Heizkosten seien nach § 9 Abs. 2 WoGG i.V.m. § 6 Abs. 1 WoGV nicht zu berücksichtigen. Der angegebene Abschlag für den Haushaltsstrom sei als Nebenkostenbestandteil nach dem Wohngeldgesetz nicht zu berücksichtigen. Die Angaben des Klägers zu den Wohnkosten und die dazu gehörigen Unterlagen seien nicht deckungsgleich. Selbst bei Berechnung des Wohngelds mit dem Höchstbetrag von 338 EUR für eine Person bei der Mietstufe 1 ergebe sich eine Ablehnung des Bescheids, weshalb auf weitere Anforderungen von Unterlagen verzichtet worden sei.
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Aus den Behördenakten geht hervor, dass die Behörde der Berechnung einen Mietbetrag von 320 EUR zugrunde gelegt hat (Bl. 29 d. Akten).
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Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 01.04.2020 Widerspruch ein. Er verwies darin auf seine Gas- und Stromkosten sowie seine Miete in Höhe von 300 EUR, Nebenkosten von 20 EUR sowie einer Mieterhöhung von 20 EUR. Der Beklagte stellte eine Abhilfe mit Schreiben vom 02.04.2020 nicht in Aussicht. Selbst bei Berücksichtigung des Höchstbetrages von 338 EUR ergebe sich kein Anspruch auf Wohngeld. Die Gas- und Stromkosten seien nicht zu berücksichtigen. Mit Schreiben vom 07.05.2020 legte das Landratsamt … den Widerspruch der Regierung von Unterfranken zur Entscheidung vor.
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Die Regierung von Unterfranken wies den Widerspruch mit Bescheid vom 15.05.2020 zurück. Die Wohngeldbehörde habe bereits zugunsten des Klägers 320 EUR statt 300 EUR an Miete berücksichtigt. Selbst bei Berücksichtigung des Miethöchstbetrags gem. § 12 WoGG in Höhe von 338 EUR errechne sich gem. § 19 WoGG kein Wohngeld für die Zeit ab Januar 2020. Es handele sich um eine gebundene Entscheidung nach Errechnung der Berechnungsgrößen nach § 4 WoGG. Härtefallentscheidungen lasse das Wohngeldrecht nicht zu.
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Mit Schriftsatz vom 28.05.2020, eingegangen bei Gericht am 29.05.2020, hat der Kläger Klage erhoben. Ein konkreter Klageantrag wurde nicht gestellt.
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Er habe keine Zentralheizung. Er beziehe Erdgas zum Heizen. Mit Schriftsatz vom 08.06.2020 ergänzte der Kläger zur Korrektur eine Miete von 300 EUR, eine Mieterhöhung von 20 EUR und Nebenkosten in Höhe von 20 EUR. Mit weiterem Schriftsatz vom 05.07.2020 ergänzte der Kläger, dass nach einer Mieterhöhung durch den Hauswirt in Höhe von 20 EUR die Miete insgesamt 340 EUR betrage. Mit Schriftsatz vom 25.08.2020 überreichte er einen weiteren, auf den 25.08.2020 datierten, Mietvertrag, aus dem sich eine Netto-Kaltmiete von 295 EUR sowie 45 EUR Nebenkosten in Form von Betriebskosten seit dem 01.11.2019 (handschriftlich ergänzt) ergeben.
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Die Beklagtenseite hat mit Schriftsatz vom 17.06.2020 beantragt,
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Es sei ein monatliches Einkommen von 986,46 EUR ermittelt und zugrunde gelegt worden. Bei der Berücksichtigung der Miete sei von einem Betrag in Höhe von 320 EUR ausgegangen worden, da entsprechend der Kontoauszüge dieser Betrag nachgewiesen worden sei. Nach § 9 Abs. 2 WoGG i.V.m. § 6 Abs. 1 WoGV seien die Betriebskosten für die zentrale Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlage sowie die zentrale Brennstoffversorgungsanlagen und die Kosten der eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme und Warmwasser von der Miete abzuziehen. Dies betreffe auch die eigenständige Belieferung von Brennmaterial, z.B. Holz oder Öl, etc. Stromkosten seien nur als Allgemeinstrom im Sinne der Betriebskostenverordnung (BetrKV) zu berücksichtigen. Der Abschlag für Haushaltstrom könne nach dem WoGG nicht als Nebenkostenbestandteil berücksichtigt werden.
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Auf Nachfrage des Gerichts vom 09.07.2020 legte der Beklagte mit Schriftsatz vom 16.07.2020 die Rechenschritte nach § 19 Abs. 1 und 2 WoGG i.V.m. der Anlage 1 und 2 zu § 19 Abs. 1 und 2 WoGG offen, für (1.) die in Ansatz gebrachten 320 EUR sowie (2.) für den maximal in Ansatz zu bringenden Wert von 338 EUR gem. § 12 WoGG.
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Mit Schreiben vom 12.06.2020 wies das Gericht darauf hin, dass bei der Berechnung von Wohngeld grundsätzlich keine Heizkosten berücksichtigt werden, unabhängig davon, ob mit Erdgas oder einer Zentralheizung die Wohnung beheizt werde. Es erfolgte ein weiterer gerichtlicher Hinweis mit Schreiben vom 09.07.2020, dass sich selbst bei Berücksichtigung des Miethöchstbetrags nach § 12 WoGG maximal 338 EUR kein Wohngeld nach den Vorgaben des § 19 WoGG berechne.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 10.08.2019 erhielten die Beteiligten Gelegenheit, sich zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid zu äußern.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Die Klage ist als Versagungsgegenklage, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, zulässig. Gem. § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO „soll“ die Klage einen bestimmten Klageantrag enthalten. Dem Erfordernis eines bestimmten Klageantrags ist genügt, wenn das Ziel der Klage aus der Tatsache der Klageerhebung allein, aus der Klagebegründung und/oder in Verbindung mit den während des Verfahrens abgegebenen Erklärungen hinreichend erkennbar ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 82 Rn. 10). Dies kann vorliegend noch bejaht werden. Aus dem Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren wird hinreichend deutlich, dass er sich gegen den ablehnenden Bescheid der Wohngeldbehörde vom 20.03.2020 in Form des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2020 zur Wehr setzen will und damit auch die Verpflichtung der Behörde zur positiven Verbescheidung seines Antrags vom 16.01.2020 verlangt.
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2. In der Sache bleibt die Klage allerdings ohne Erfolg. Ein Anspruch des Klägers auf Wohngeld besteht nicht.
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Selbst bei Zugrundlegung einer vom Kläger vorgetragenen - aber auch auf Aufforderung des Gerichts hin nicht nachgewiesenen (s.u.) - Miete in Höhe von 340 EUR ergibt sich im Falle des Klägers kein Anspruch auf Wohngeld. Denn damit ist bereits der Miethöchstbetrag gem. § 12 des Wohngeldgesetzes - WoGG - von maximal 338 EUR in der Berechnung gem. § 19 WoGG zugrunde gelegt. Dabei ist auch das Monatseinkommen des Klägers gem. §§ 13 ff. WoGG richtigerweise in Höhe von 986,46 EUR angesetzt worden.
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Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 WoGG bleiben Heizkosten und Kosten für die Erwärmung von Wasser, gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WoGG Kosten der eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme und Warmwasser, soweit sie den in Nummer 1 bezeichneten Kosten entsprechen, sowie gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 3 WoGG die Kosten der Haushaltsenergie, soweit sie nicht von den Nummern 1 und 2 erfasst sind, unberücksichtigt. Dies betrifft auch Kosten der verbrauchten Brennstoffe (vgl. Winkler in BeckOK Sozialrecht, WoGG, 57. Ed., Juni 2020, § 9 WoGG, Rn. 22), wie im Falle des Klägers Erdgas. Daher sind seine monatlichen Erdgaskosten nicht zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob er über eine Zentralheizung verfügt.
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Ergänzend ist anzumerken, dass auch der mit Schriftsatz vom 25.08.2020 vorgelegte Mietvertrag, der nun eine Miete von 340 EUR ausweist, nichts an dieser Entscheidung ändert. Zum einen ergibt sich auch bei Zugrundelegung von 338 EUR als Höchstbetrag kein Wohngeldanspruch (s.o.). Zum anderen - worauf es aber nicht mehr entscheidungserheblich ankommt - wird eine Miete nur berücksichtigt, wenn sie tatsächlich gezahlt wird (vgl. Winkler in BeckOK Sozialrecht, WoGG, 57. Ed., Juni 2020, § 9 WoGG, Rn. 9). Dies ist in Anbetracht der - im behördlichen Verfahren - vorgelegten Kontoauszüge des Klägers bislang nicht anzunehmen. Die Mietüberweisungen im November 2019, Dezember 2019 und Januar 2020 erfolgten in Höhe von 300 EUR. Aus der für Januar 2019 nachvollziehbaren Überweisung in Höhe von 320 EUR kann ohne Weiteres keine Aussagekraft für eine tatsächlich gezahlte Miete ab November 2019 zukommen.
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Im Übrigen folgt das Gericht der zutreffenden Begründung des Bescheids vom 20.03.2020 und Widerspruchsbescheids vom 15.05.2020, vgl. § 117 Abs. 5 VwGO.
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2. Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Verfahren bezüglich des Wohngeldrechts sind nach § 188 Satz 2 VwGO als Angelegenheit der Fürsorge gerichtskostenfrei (BVerwG, U.v. 23.04.2019 - 5 C 2.18 Rn 36 ff. - NVwZ-RR 2019, 1002-1007; BeckOK VwGO/Wolff, 48. Ed. 01.01.2019, § 188 Rn. 3-3.1; Schoch/Schneider/Bier/Clausing/Kimmel, 35. EL September 2018, VwGO § 188 Rn. 8-10; Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO § 188 Rn. 3-8).
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3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung - ZPO -.