Titel:
Unzulässige Klage wegen Fristversäumnis
Normenketten:
AsylG § 74 Abs. 1
VwZG § 8
ZPO § 85 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Klagefrist beträgt in Verfahren nach dem AsylG gem. § 74 Abs. 1 AsylG zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach § 8 VwZG gilt in dem Fall, in dem sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen lässt, oder der Zugang unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften erfolgt ist, das Dokument als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch wer von der Partei nur mit einzelnen Handlungen beauftragt wurde, wie zum Beispiel der Entgegennahme von Zustellungen oder, auch ohne Rechtsanwalt zu sein, mit der Führung der Korrespondenz, ist insoweit Bevollmächtigter iSd § 85 Abs. 2 ZPO. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zustellfehler, Zurechnung von Verschulden eines nicht prozessführungsbefugten Vertreters, Eine voreilige Ersatzzustellung ist nach § 8 VwZVG heilbar, Verschulden eines nicht prozessführungsbefugten Vertreters (hier: Caritas) kann im Rahmen, von § 60 VwGO zugerechnet werden, Asylverfahren, Fristversäumnis, Zustellung, Bevollmächtigter
Fundstelle:
BeckRS 2020, 40909
Tenor
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger ist nach seinen Angaben am … geboren, afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit und sunnitischen Glaubens. Er reiste nach eigenen Angaben auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 10.11.2015 einen förmlichen Asylantrag.
2
Zur Begründung seines Asylbegehrens gab der Kläger bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 25.02.2016 an, er habe Afghanistan verlassen, weil er im Konflikt mit den Taliban gewesen sei.
3
Mit Bescheid vom 29.06.2016 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab. Die Flüchtlingseigenschaft, sowie der subsidiäre Schutz wurden nicht zuerkannt. Es wurde festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen und der Antragsteller - unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan - aufgefordert die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
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Der Akte ist zu entnehmen, dass der Kläger aufgrund des Bescheides der Regierung von Oberfranken vom 20.06.2016 ab dem 05.07.2016 verpflichtet war, in B* … zu wohnen.
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Der Bescheid wurde dem Kläger zunächst versucht an seine Adresse in W* … zuzustellen. Dies ist ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 06.07.2016 nicht gelungen, da der Kläger unbekannt verzogen war. Ein erneuter Zustellungsversuch vom 01.08.2016 an die neue Adresse in B* … ist ausweislich der Postzustellungsurkunde am 01.08.2016 erfolgt. Dort wurde unter der Ziffer 8.2 angekreuzt, dass die Sendung an einem zum Empfang ermächtigten Vertreter mit Namen … übergeben wurde.
6
Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
7
Mit Schreiben des Caritasverbandes … vom 22.09.2016, der am 26.09.2016 bei der Außenstelle des Bundesamtes in … einging und von … und dem Kläger unterzeichnet wurde, ließ der Kläger mitteilen, er sei aufgrund seines Analphabetismus nicht in der Lage gewesen, zeitnah Klage zu erheben. Außerdem verweist er auf seine Umverteilung, die eine Hilfe vor Ort erschwert habe. Es wird geschildert, dass der Kläger „gestern“ in der Beratungsstelle mit einem Dolmetscher vorstellig geworden sei und des Bescheid des Bundesamtes gezeigt habe. In dem Schriftstück heißt es im letzten Absatz wörtlich
„Wir bitten daher im Namen von … um Wiedereinsetzung der Klagefrist…“
8
Mit Brief auf dem Briefkopf des Caritasverbandes … vom 28.10.2016, der 31.10.2016 einging, hat der Kläger sich an das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg gewandt und beantragt,
Wiedereinsetzung der Klagefrist gemäß § 236 1 ZPO zu gewähren.
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Der Brief enthält die Unterschriften von … und dem Kläger. Es wird ausgeführt, dass der Kläger weder lesen noch schreiben könne. Weiterhin sei unklar, ob der Bescheid nicht verspätet eingegangen sei, da der der Kläger umverteilt worden sei. Die Einleitung zu dem obigen Antrag lautet,
„Wir bitten daher im Namen von … um…“
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Mit Schriftsatz vom 12.12.2016 zeigte sich die nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers an. Zur Zulässigkeit der Klage geht diese davon aus, dass die Klagefrist ein Jahr beträgt, da die Rechtsbehelfsbelehrung:in der der Passus enthalten sei, dass eine Klage in deutscher Sprache abgefasst sein müsse, fehlerhaft sei und daher die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO gelte. Mit Schriftsatz vom 27.05.2017 wurde die Klage auch hinsichtlich ihrer Begründetheit näher begründet. Mit weiterem Schriftsatz vom 03.12.2018 wurde weiterhin ausgeführt, dass der Kläger als Analphabet im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG kein Verschulden hinsichtlich einer fristgerechten Erhebung der Klage treffe, da er mit der erforderlichen Sorgfalt nicht einmal habe erkennen können, dass es sich um ein amtliches Dokument handelt. Im weiteren Verfahren wurde außerdem vorgetragen, der Kläger habe im laufenden Verfahren derart viele Unterlagen bekommen, dass er gerade als Unwissender keine Unterscheidungen habe treffen können. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass der Kläger oft umverteilt worden sei und jeweils Zeit benötigt habe, wieder Unterstützung von der Asylsozialberatung oder anderen Personen zu erhalten. Außerdem sei der Kläger in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen, was sich beispielsweise aus der zeitweisen Unterbringung in einer geschlossenen Station eines psychiatrischen Krankenhaues von 05.01.2017 ergebe. Davor sei der Kläger bereits von 16.12.2016 bis 13.01.2017 in der Fachabteilung für Psychiatrie in Behandlung gewesen.
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Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 09.11.2016 beantragt,
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Sie hat sich darin auch mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. Die Klage sei verfristet. Die Klage sei korrekt zugestellt worden. Ob der Kläger tatsächlich Analphabet sei, habe im Verfahren nicht eindeutig geklärt werden können. Dem Kläger seien jedoch die wichtigen Mitteilungen auch übersetzt worden und er sei auch sonst im Verfahren in der Lage gewesen sich sogar mit Dolmetscher um seine Angelegenheiten zu kümmern. Er habe weiterhin auch im Verfahren nicht lebensfremd und einfältig gewirkt.
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Mit Beschluss vom 25.11.2016 hat das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg die Klage an das Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 27.03.2018 wurde das Verfahren bis zur rechtskräftigen höchstrichterlichen Klärung seitens des Bundesverwaltungsgerichts, ob eine Rechtsmittelbelehrung, die den Zusatz enthält, die Klage müsse „in deutscher Sprache abgefasst sein“ fehlerhaft ist, die im Revisionsverfahren betr. das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10.01.2018, Az. 13a B 17.31116 erfolgen wird, ausgesetzt. Am 19.10.2018 wurde das Verfahren unter neuem Aktenzeichen fortgesetzt, nachdem dem Gericht bekannt geworden war, dass die entsprechende höchstrichterliche Entscheidung gefallen war.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 28.06.2019 wurde der Kläger zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Er hat sich mit Schriftsatz vom 16.07.2019 damit einverstanden erklärt.
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Mit Beschluss der Kammer vom 23.08.2019 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.
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Mit Gerichtsbescheid vom 28.08.2019 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt und die Klage abgewiesen. Der Gerichtsbescheid ging der Prozessbevollmächtigten des Klägers laut Empfangsbekenntnis am 04.09.2019 zu.
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Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 11.09.2019 mündliche Verhandlung beantragt.
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Der zunächst angesetzte Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.01.2020 wurde wegen eines Krankenhausaufenthalts des Klägers auf den 24.02.2020 verlegt. In der dort stattgefundenen mündlichen Verhandlung beantragte der Kläger eine Beweiserhebung dazu, dass er an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 26.02.2020 abgelehnt und der Klägerbevollmächtigten bis 04.03.2020 (Eingang bei Gericht) Gelegenheit gegeben, sich erneut schriftsätzlich zu äußern.
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Weiterhin beantragt der Kläger in der mündlichen Verhandlung:
Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffern 1 und 3 bis 6 des Bescheides verpflichtet, den Kläger als Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG anzuerkennen,
hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutz im Sinne des § 4 AsylG zuzuerkennen,
weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
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Der Kläger hat zudem in der mündlichen Verhandlung auf weitere mündliche Verhandlung nach der Entscheidung über den Beweisantrag verzichtet.
21
Mit Schriftsatz vom 04.03.2020 hat die Klägerbevollmächtigte eine Gegenvorstellung zu dem abgelehnten Beweisbeschluss übersandt. In diesem ist dargelegt, dass nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25.10.2019 - 11 ZB 19.32697 und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar ein substantiierter Sachvortrag mit einem gewissen Mindestanforderungen genügenden Attest zur Stellung eines erfolgreichen Beweisantrages nötig sei. Einer detaillierten Glaubhaftmachung bedürfe es jedoch nicht, das diese eine Beweiserhebung überflüssig machen und die Mitwirkungspflichten des Klägers übermäßig ausdehnen würde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakten Bezug genommen. Wegen der weiteren Details hinsichtlich des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage kann trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden, § 102 VwGO.
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Die Klage ist bereits unzulässig, da die Klagefrist versäumt wurde und auch keine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO zu gewähren ist. Das Gericht folgt hierzu weiterhin den Gründen des Gerichtsbescheides und verweist zur Begründung zunächst auf die dortigen Ausführungen, § 84 Abs. 4 VwGO.
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Ergänzend dazu ist folgendes festzuhalten.
26
1. Die Klage ist verfristet.
27
Die Klagefrist betrug im vorliegenden Verfahren gemäß § 74 Abs. 1 AsylG zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides.
28
Der von der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Zustellungsfehler, der darin bestehen soll, dass ohne den notwendigen vorherigen Zustellversuch an den Kläger unmittelbar eine Ersatzzustellung vorgenommen wurde (§ 3 VwZG i.V.m. § 177, 178 ZPO), ist jedenfalls nach § 8 VwZG geheilt und kann damit zu keinem anderen Ergebnis führen. Es muss daher nicht ausermittelt werden, ob eine solche Ersatzzustellung in der Gemeinschaftsunterkunft gegebenenfalls unmittelbar erfolgen konnte, weil der Kläger dort keinen eigenen Briefkasten hatte (vgl. BeckOK AuslR/Preisner, 24. Ed. 1.11.2019, AsylG § 10 Rn31). Nach § 8 VwZG gilt in dem Fall, in dem sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen lässt, oder der Zugang unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften erfolgt ist, das Dokument als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Der Kläger selbst hat vorgetragen, dass er den Bescheid drei bis vier Wochen hatte, bis er gehandelt hat. Insofern hat der Kläger selbst eingeräumt, den Bescheid erhalten zu haben. Etwaige Zustellungsfehler sind damit geheilt. Diese Heilung trat bei Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung und den Aussagen des Klägers noch im August ein. Es ist davon auszugehen, dass der Hausmeister dem Kläger den Bescheid zeitnah ausgehändigt hat. Weiterhin hat der Kläger damit auch selbst eingeräumt, dass er mit der Klageerhebung bzw. dem Wiedereinsetzungsantrag mindestens drei Wochen und damit länger als die vorgesehene Klagefrist gewartet hat.
29
Die Klagefrist von zwei Wochen war damit in jeden Fall versäumt.
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2. Dem Kläger ist auch nach der mündlichen Verhandlung nicht Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO zu gewähren.
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Der Hinderungsgrund wurde vom Kläger in der mündlichen Verhandlung weiterhin behauptet, aber nicht belegt. Ob ein solcher vorgelegen hat, kann jedoch dahinstehen, da der der Wiedereinsetzungsantrag nicht nach § 60 Abs. 2 VwGO innerhalb der Frist von zwei Wochen rechtzeitig gestellt und die erforderliche Prozesshandlung nachgeholt wurde. Nach den Einlassungen des Klägers und dem Schreiben des Caritasverbandes … vom 22.09.2016, hat der Kläger spätestens am 21.09.2016 verstanden, dass er handeln muss. In dem Schreiben der des Caritasverbandes … vom 22.09.2016 heißt es eingangs, dass der Kläger am Vortrag vorgesprochen und den Bescheid vom 29.06.2016 gezeigt hätte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt (21.09.2016) lief damit die genannte Frist.
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Daraufhin hat der Kläger jedoch im Schreiben durch den Caritasverbandes … vom 22.09.2016 an das Bundesamt nicht Wiedereinsetzung beim hierfür zuständigen Gericht beantragt. Ein solcher Antrag ist erst weit nach Ablauf der Frist mit Schreiben an das VG Würzburg vom 28.10.2016, das erst am 31.10.2016 dort einging, erfolgt.
33
Die Handlungen des Caritasverbandes … sind dem Kläger im Rahmen der §§ 60, 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO auch zurechenbar. Handlungen und Verschulden von Bevollmächtigten sind im Rahmen des § 60 VwGO dem Vertretenen zuzurechnen (vgl. Schoch/Schneider /Bier/Bier Steinbeiß-Winkelmann, 37. EL Juli 2019, VwGO § 60 Rn,.23). Der Kläger hat zunächst für jeden einzustehen, dem er eine Vollmacht erteilt hat. Unerheblich ist, ob es sich um eine isolierte Prozessvollmacht oder um eine Prozessvollmacht im Rahmen einer umfassenden, in erster Linie auf die Vornahme von materiellen Rechtsgeschäften gerichtete Vollmacht handelt. Es muss sich auch nicht um eine Prozessvollmacht im engeren Sinne handeln, ausreichend ist auch einzelne Einzelvollmacht. Auch wer von der Partei nur mit einzelnen Handlungen beauftragt wurde, wie zum Beispiel der Entgegennahme von Zustellungen oder, auch ohne Rechtsanwalt zu sein, mit der Führung der Korrespondenz, ist insoweit Bevollmächtigter im Sinne des § 85 Abs. 2 ZPO (MüKoZPO/Toussaint, 5. Auf. 2016, ZPO, § 85 Rn.11). Der Caritasverband … teilte in seinem Schreiben jeweils ausdrücklich mit, dass er für den Kläger um Wiedereinsetzung bitte. Er brachte damit zum Ausdruck mit dessen Willen und für ihn handeln zu wollen. Dies wird auch durch das zusätzliche Namenszeichen des Klägers auf den Briefen untermauert. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass er sich darauf verlassen hat, mit der Einschaltung der Caritas alle notwendigen Schritte zur gerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit des Bescheides unternommen zu haben. Der Caritasverband … war damit als Bevollmächtigte des Klägers anzusehen, sein Handeln und auch sein etwaiges Verschulden ist ihm zuzurechnen.
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Einer solchen Zurechnung des Verschuldens steht auch nicht entgegen, dass dem Caritasverband … potentiell nach § 67 VwGO die Prozessvertretungsbefugnis fehlt. Auch wenn dem Caritasverband … gegebenenfalls die entsprechende Prozessvertretungsbefugnis fehlt, so war sie nach den oben genannten Normen vom Kläger bevollmächtigt. Dort kommt es nur auf eine wirksame Bevollmächtigung an. Ob eine entsprechende Prozessvertretungsbefugnis nach § 67 VwGO bestand, kann im Ergebnis dahinstehen, da auch Handlungen eines nicht nach § 67 VwGO vertretungsbefugten Bevollmächtigten bis zum Beschluss des Gerichts wirksam bleiben, § 67 Abs. 3 Satz 2 VwGO. Ein solcher Beschluss ist vorliegend nicht ergangen. Die in § 67 Abs. 3 Satz 2 VwGO getroffene Wertung spricht zudem dafür, dass Handlungen und Verschulden eines gegebenenfalls nicht prozessvertretungsbefugten Vertreters zugerechnet werden können.
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Würde man dies wie die Prozessbevollmächtigte des Klägers anders sehen wollen, so kann dies jedenfalls nicht die Folge haben, dass den Kläger aufgrund eines unvermeidbaren Rechtsirrtums kein Verschulden trifft. Würde man der Argumentation folgen, dass das Verschulden des nicht prozessvertretungsbefugten Bevollmächtigten nicht zuzurechnen sei, kann im Gegenzug nicht gleichzeitig davon ausgegangen werden, dass dessen falsche Rechtsauskunft zu einem unvermeidbaren Rechtsirrtum führt. In diesem Fall hätte sich der Kläger auch nicht darauf verlassen können, dass er nun alles Zumutbare getan hat, um negative Rechtsfolgen für sich abzuwenden. Eine solche Argumentation würde an den jeweils entscheidenden Stellen allein auf das für den Kläger Günstigere abstellen. Sie ist damit widersprüchlich.
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Nach alledem ist dem Kläger zumindest wegen Versäumung der Frist aus § 60 Abs. 2 VwGO keine Wiedereinsetzung zu gewähren. Der darauf gerichtete Antrag ist abzulehnen und die Klage abzuweisen.
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Insofern kommt es auf die in der Gegenvorstellung angesprochenen Punkte, die die Begründetheit der Klage betreffen nicht mehr entscheidungserheblich an. Eine Auseinandersetzung damit kann folglich unterbleiben.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.