Inhalt

VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 08.10.2020 – B 1 K 20.36
Titel:

Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Zulassungsbehörde nach Erlöschensmitteilung des Versicherers

Normenketten:
FZV § 25 Abs. 1 S. 6, Abs. 4 S. 1
StVG § 6a Abs. 1 Nr. 3
GebOSt § 1 Abs. 1
Leitsätze:
1. Für die Rechtmäßigkeit der aufgrund einer Erlöschensanzeige des Haftpflichtversicherers eingeleiteten Maßnahmen der Zulassungsstelle ist ohne Bedeutung, dass die Anzeige des Versicherers über das Nichtbestehen einer Kraftfahrzeugversicherung irrtümlich abgegeben wurde. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßnahmen der Zulassungsbehörde auf eine Erlöschensanzeige hin richten sich grundsätzlich nach der letzten bei ihr eingegangenen Versicherungsbestätigung, sofern keine offensichtlichen Mängel vorliegen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Zulassungsbehörde muss keine Nachprüfungen anstellen, ob die Versicherung, die vor der nun angezeigten beendeten Versicherung bestand, noch besteht. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Gebührenrechtlicher Veranlasser in Bezug auf die Sorge für den Nachweis ununterbrochenen Pflichtversicherungsschutzes gegenüber der Zulassungsbehörde ist der Kraftfahrzeughalter, in dessen Pflichtenkreis sie fällt. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Außerbetriebsetzung eines Kfz, Erlöschensanzeige des vermeintlichen Versicherers, Zurechnung, Veranlassung der Außerbetriebsetzung, Kraftfahrzeug, Haftpflichtversicherung, Versicherungsbestätigung, Erlöschensanzeige, Außerbetriebsetzung, irrtümliche Mitteilung, Veranlasser, Gebührenrecht
Fundstelle:
BeckRS 2020, 40881

Tenor

1. Soweit das Verfahren hinsichtlich Ziffern 1 bis 4 übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich zuletzt gegen die Kostentragung für einen Bescheid, mit dem die Außerbetriebsetzung seines Fahrzeuges angeordnet wurde.
2
Das Fahrzeug Hersteller Volkswagen - VW Fahrzeug - Identnummer … amtliches Kennzeichen … wurde am 12. August 2014 unter Vorlage einer elektronischen Versicherungsbestätigung (eVB-Nummer: …*) der …AG (im Folgenden: …-AG) zugelassen.
3
Ende November 2019 trat der Kläger mit der … (im Folgenden: …*) in Kontakt und erörterte telefonisch Konditionen, die sich bei einem möglichen Versicherungswechsel zum 1. Januar 2020 vorteilhaft für den Kläger auswirken könnten. Unter dem 4. Dezember 2019 teilte die …-AG dem Kläger mit, dass die Versicherung für das Fahrzeug amtliches Kennzeichen … wunschgemäß am 12. August 2020 ende.
4
Am 6. Dezember 2019 wurde dem Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) eine Versicherungsbestätigung zur Übermittlung (VBÜ) der … für das Fahrzeug mit o. g. Kennzeichen und den korrekten persönlichen Daten des Klägers mit Beginn des Haftpflichtversicherungsschutzes zum 1. Januar 2020 eingespielt.
5
Am 7. Januar 2020 ging eine Versicherungsanzeige der … ein, mit der für das o. g. Fahrzeug das Ende des Versicherungsschutzes rückwirkend zum 1. Januar 2020 mitgeteilt wurde.
6
Mit Bescheid vom 7. Januar 2020 Az. …, zugestellt am 9. Januar 2020, untersagte das Landratsamt den Gebrauch des Fahrzeugs Hersteller Volkswagen - VW Fahrzeug - Identnummer … amtliches Kennzeichen … im öffentlichen Verkehr bis zur Vorlage einer gültigen Versicherungsbestätigung (Ziffer 1). Der Kläger wurde verpflichtet innerhalb von 3 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides a) eine durch seinen Versicherer veranlasste Versicherungsbestätigung zur Übermittlung oder b) den Fahrzeugschein, die Zulassungsbescheinigung Teil I bzw. die Anhängerverzeichnisse oder - bei zulassungsfreien Fahrzeugen für die ein amtliches Kennzeichen zugeteilt ist - die Bescheinigung über die Zuteilung des Kennzeichens und c) die Kennzeichenschilder des Fahrzeugs zur Entstempelung vorzulegen (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Nummer 1 dieses Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 3). Unter Ziffer 4 wurde die kostenpflichtige zwangsweise Außerbetriebsetzung des o. g. Fahrzeuges für den Fall angedroht, dass der Kläger die unter Nr. 2 dieses Bescheides angeordnete Verpflichtung nicht befolgt. Unter Ziffer 5 wurden dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt. Unter Ziffer 6 wurde eine Gebühr in Höhe von 40 EUR samt Auslagen von 4,10 EUR, insgesamt 44,10 EUR erhoben.
7
Dies begründete das Landratsamt damit, dass die Versicherung des Klägers - ausweislich des Betreffs die … - mitgeteilt habe, dass für das o. g. Fahrzeug keine Kfz-Haftpflichtversicherung mehr bestehe und gemäß § 25 Abs. 4 FZV das Fahrzeug in diesem Fall unverzüglich außer Betrieb zu setzen sei.
8
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 10. Januar 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger gegen den Bescheid Az. … Klage erheben.
9
Er vertritt die Rechtsauffassung, dass der Bescheid rechtswidrig sei, weil die Kraftfahrtversicherung des Klägers zu keinem Zeitpunkt unterbrochen gewesen sei.
10
Am 13. Januar 2020 wurde eine VBÜ der …-AG mit Beginn des Haftpflichtversicherungsschutzes rückwirkend zum 1. Januar 2020 eingespielt.
11
Mit Schreiben vom 18. Februar 2020 beantragt
das Landratsamt die Klage abzuweisen.
12
Das Landratsamt vertritt die Rechtsauffassung, dass die Untersagung des Gebrauchs des Kfz rechtmäßig erfolgt sei. Der entsprechende Haftpflichtversicherungsnachweis sei erst durch die VBÜ der …-AG vom 13. Januar 2020 erbracht worden. Es liege anscheinend ein Kommunikationsfehler zwischen dem Kläger und der … vor, den jedoch das Landratsamt nicht zu vertreten habe. Unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2015 - 3 C 3.15 - gebe es keine Prüfungspflichten der Zulassungsstelle im Hinblick auf das tatsächliche Bestehen des Versicherungsvertrages und es werde seitens der Zulassungsstelle immer die zuletzt eingespielte VBÜ als aktueller Stand angesehen.
13
Anzumerken sei, dass die Halteradresse des Klägers - jeweils in … - vom 12.08.2014 bis zum 01.10.2014 die H* …Str., vom 01.10.2014 bis 15.04.2017 die L* …straße**, vom 15.04.2017 bis 28.09.2019 S. gewesen sei und er seit 28.09.2019 im K* …weg** gemeldet sei. Die Änderung der Halterdaten von der L* …straße auf die S. sei nicht vorgenommen worden. Erst am 13. Januar 2020 sei nach entsprechender Aufforderung seitens des Landratsamtes vom 7. Januar 2020 eine Änderung auf die aktuellen Halterdaten erfolgt.
14
Der Klägerbevollmächtigte erwidert hierauf unter dem 7. April 2020, dass der Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liege, eine andere Konstellation betreffe. Entscheidend sei, ob sich der Fahrzeughalter als Veranlasser der Stilllegung des Kraftfahrzeugs ansehen lassen müsse, was nicht der Fall sei, wenn ein Versicherungsunternehmen gegenüber der Zulassungsbehörde zunächst eine Versicherungsbestätigung und dann später eine Erlöschensanzeige einspiele.
15
Als der Kläger Ende November 2019 mit der …in Kontakt getreten sei, habe diese ihm mitgeteilt, dass ein Versicherungswechsel zum 1. Januar 2020 nicht möglich sei, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt im August. In der Folge habe der Kläger dann seinen bisherigen Versicherer, die …-AG, informiert, dass er einen Versicherungswechsel zum August 2020 beabsichtige. Die …-AG habe ihm daraufhin am 4. Dezember 2019 den Versicherungsschutz bis zum 12. August 2020 bestätigt. Aufgrund dessen habe der Kläger keine Veranlassung sehen müssen irgendwie mit dem Beklagten in Verbindung zu treten, da er zu Recht davon ausgehen habe können, dass sein Versicherungsschutz ununterbrochen fortbestehe und er seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten als Halter eines Fahrzeugs nachgekommen sei. Es liege nicht im Verantwortungsbereich des Klägers, wenn die … aus welchem Grund auch immer ohne Wissen des Klägers der Zulassungsstelle einen Versicherungswechsel zum 1. Januar 2020 anzeige und könne diesem auch nicht als Veranlassung zugerechnet werden. Bislang seien der … keine Aufträge erteilt worden. Ein Dritter habe ohne Kenntnis des Klägers in seinen Rechtskreis eingegriffen, wovon er nicht ausgehen müsse, da er hiervon mangels Mitteilung keinerlei Kenntnis hatte. Dieser Fehler der … sei dem Kläger nicht zuzurechnen.
16
Dem Beklagten hätte aufgrund der Information am 6. Dezember 2019 über den Beginn eines Versicherungsverhältnisses zum 1. Januar 2020 und der kurz darauffolgenden Information über die rückwirkende Beendigung dieses Versicherungsverhältnisses wie jedem vernünftig Denkenden ein offensichtlich wie auch immer gearteter fehlerhafter Verfahrensablauf auffallen müssen, jedenfalls eher als dem Kläger, da das Landratsamt mit diesem Vorgang befasst gewesen sei, während der Kläger von diesem Vorgang überhaupt nichts gewusst habe.
17
Die Formulierung des Beklagten in der Klageerwiderung sei gezielt irreführend, wenn dort dargestellt werde, dass die …-AG etwas rückwirkend zum 1. Januar 2020 eingespielt habe und sozusagen rückwirkend einen Zustand hergestellt habe, der niemals beendet gewesen sei. Eine Mitteilung einer Beendigung oder einer Kündigung seitens der …-AG sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt, sodass auch keinerlei Veranlassung bestanden habe, irgendetwas rückwirkend wieder in Gang zu setzen. Die Bestätigung, dass ein Versicherungsvertrag mit der …-AG bestehe, resultiere daraus, dass der Bevollmächtigte des Klägers fernmündlich die Versicherung gebeten habe, das Weiterbestehen des Versicherungsverhältnisses zu bestätigen, obgleich diese hierzu nicht verpflichtet gewesen sei.
18
Mit Schreiben des Gerichts vom 20. August 2020 wurde der Klägerbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass sich Ziffern 1 und 2 des Bescheides vom 7. Januar 2020 erledigt haben, da der Gebrauch des Fahrzeugs lediglich bis zur Vorlage einer gültigen Versicherungsbestätigung untersagt war, welche durch die Anzeige der …-AG am 13. Januar 2020 erfolgt sei. Die auflösende Bedingung hinsichtlich Ziffer 1 und Erfüllung hinsichtlich Ziffer 2 sei daher eingetreten. Ziffer 4 habe sich erledigt, da die Androhung des Zwangsmittels durch die Erfüllung gegenstandslos geworden sei. Gegen Ziffer 3 sei eine Anfechtungsklage mangels Verwaltungsaktqualität nicht statthaft.
19
Die Beteiligten sind zur Absicht des Gerichts durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, mit Schreiben vom 20. August 2020 gehört worden.
20
Mit Schreiben vom 8. September 2020 erklärte der Klägerbevollmächtigte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragte dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Auf Nachfrage des Gerichts, ob sich die Erledigterklärung auf den gesamten Rechtsstreit oder lediglich die Ziffern 1 bis 4 des Bescheides beziehe, teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass „sie die Erledigterklärung auf die Ziffern des Bescheids bezieht.“
21
Mit Schreiben vom 28. September 2020 stimmte das Landratsamt der Erledigterklärung betreffend die Ziffern 1 bis 4 des Bescheids vom 7. Januar 2020 zu.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

23
1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
24
2. Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist, soweit sie aufrechterhalten wurde, zulässig, aber unbegründet. Der angegriffene Bescheid in Ziffer 5 und 6 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
25
Rechtsgrundlage für die Kostenerhebung ist § 6a Abs. 1 Nr. 3 StVG i.V. m. § 1 Abs. 1 GebOSt i.V. m. Nr. 254 der Anlage zu § 1 GebOSt.
26
a. Die Untersagung des Gebrauchs des Fahrzeugs in Ziffer 1 des Bescheids war rechtmäßig.
27
aa. Rechtsgrundlage hierfür ist § 25 Abs. 4 Satz 1 FZV (Fahrzeug-Zulassungsverordnung v. 03.02.2011 BGBl. I S. 139 (Nr. 5); zuletzt geändert durch Artikel 4 G. v. 29.06.2020 BGBl. I S. 1528). Vorliegend wurde das Ende des Versicherungsschutzes durch die … mit Anzeige vom 7. Januar 2020 rückwirkend zum 1. Januar 2020 angezeigt, da tatsächlich (und unstreitig zu diesem Zeitpunkt) kein Versicherungsschutz bei ihr bestand. Dies musste die Zulassungsbehörde zum Anlass nehmen, das Fahrzeug außer Betrieb zu setzen.
28
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2015 - 3 C 3/15 (NJW 2016, 2199 Rn. 20 ff.) gilt für § 25 FZV die Rechtsprechung zur Vorgängerregelung entsprechend, wonach es keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der aufgrund einer Erlöschensanzeige des Haftpflichtversicherers eingeleiteten Maßnahmen der Zulassungsstelle hat, wenn die Anzeige des Versicherers über das Nichtbestehen einer Kraftfahrzeugversicherung irrtümlich abgegeben wurde und die Haftpflichtversicherung entgegen der Anzeige in Wahrheit ununterbrochen fortbestand. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht zweifelsfrei hervor, dass nicht auf das tatsächliche Nichtbestehen der Haftpflichtversicherung abgestellt wird, sondern allein darauf, dass der Zulassungsstelle durch eine Anzeige des Versicherers das Nichtbestehen erklärt wird. Allein den Zugang dieser Anzeige nimmt der Verordnungsgeber zum Anlass, der Behörde ein unverzügliches Handeln zu gebieten. Ein Abwarten oder unter Umständen zeitraubendes Überprüfen der Richtigkeit der Anzeige verbietet sich deshalb. Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Die Vorschriften sollen soweit möglich sicherstellen, dass Kraftfahrzeuge, für die eine Haftpflichtversicherung nicht abgeschlossen ist, nicht am Straßenverkehr teilnehmen und dass Verkehrsteilnehmer, die bei Unfällen geschädigt werden, auf jeden Fall Versicherungsschutz genießen. Es liegt auf der Hand, dass das gesetzliche Ziel, Verkehrsteilnehmer vor unversicherten Fahrzeugen zu schützen, nicht erreichbar ist, wenn die Zulassungsbehörde nach Eingang der Anzeige des Versicherers verpflichtet ist, erst durch eine Rückfrage beim Versicherer oder beim Fahrzeughalter nachzuprüfen, ob die Erlöschensanzeige zu Recht erstattet worden ist, zumal die darauf bezogenen Erkundigungen wiederum auf ihre Richtigkeit überprüft werden müssten.
29
bb. Ein möglicher Ausnahmefall, wonach die Erlöschensanzeige selbst - etwa bei erkennbaren Schreibfehlern o.Ä. - offensichtliche Unrichtigkeiten enthält oder vermuten lässt, liegt nicht vor. Sie gibt alle relevanten Daten - soweit für das Gericht ersichtlich - zutreffend an. Zwar war zu diesem Zeitpunkt nach Angaben des Beklagten im Schriftsatz vom 18. Februar 2020 eine Änderung der Halterdaten (aktuelle Meldeadresse) noch nicht erfolgt und damit stellte sich die von der … in der Anzeige angegebene Adresse als nach Kenntnisstand der Zulassungsbehörde eigentlich falsch dar. Dies allein führt nicht dazu, dass die Zulassungsbehörde weitere Nachforschungen hätte anstellen müssen, da die übrigen Daten in der Gesamtschau den Kläger und das Fahrzeug hinreichend identifizieren und ein Adresswechsel keine Seltenheit ist. Der Zulassungsbehörde war der Umzug des Klägers offenkundig ohnehin schon bekannt, da der streitgegenständliche Bescheid vom selben Tag dem Kläger unter der neuen Adresse zugestellt wurde, obwohl zu diesem Zeitpunkt eine Änderung der Halterdaten durch den Kläger noch nicht erfolgt sein soll.
30
Hierfür spricht auch der Umstand, dass ein Umzug das Versicherungsverhältnis nicht berührt und daher keine neue Versicherungsbestätigung erforderlich ist, wenn der Halter in einen anderen Zulassungsbezirk umzieht und hierdurch die Beantragung der Zuteilung eines neuen Kennzeichens notwendig wird (Koehl in MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, FZV, § 23 Rn. 3).
31
Nach einem Urteil des VG Saarlouis vom 8. September 2010 - 10 K 30/10 (BeckRS 2011, 54312) ist auch unschädlich, wenn in der fraglichen Erlöschensanzeige eine andere Fahrzeugidentifizierungsnummer als die des betroffenen Fahrzeugs angegeben und ein anderer Halter aufgeführt ist. Das in Rede stehende Fahrzeug werde durch das zutreffend angegebene amtliche Kennzeichen hinreichend bestimmt.
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Dieser Adress„fehler“ legt daher nicht die Annahme nahe, dass mit dem anzeigenden Versicherungsunternehmen kein tatsächliches Versicherungsverhältnis bestanden hat, das nun beendet ist.
33
cc. Die Zulassungsbehörde durfte also davon ausgehen, dass die von der HUK abgegebene Anzeige über das Ende des Versicherungsschutzes zutreffend ist. Insbesondere betrifft die Anzeige das von der Zulassungsbehörde in zulassungsrechtlicher Hinsicht als maßgeblich anzusehende Haftpflichtversicherungsverhältnis. Die Behörde hat sich grundsätzlich nach der letzten bei ihr eingegangenen Versicherungsbestätigung zu richten, sofern sie keine offensichtlichen Mängel im o. g. Sinne aufweist (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 3 C 3/15 - NJW 2016, 2199 Rn. 23 f.). Für die Zulassungsbehörde war daher das Versicherungsverhältnis des Klägers zur … ausschlaggebend, da diese zuletzt am 6. Dezember 2019 den Beginn des Versicherungsschutzes angezeigt hatte.
34
Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter folgenden Gesichtspunkten:
35
Bei der den Zulassungsbehörden obliegenden Überwachung, inwieweit die am Verkehr teilnehmenden Fahrzeuge über den gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungsschutz verfügen, handelt es sich um ein Massenverfahren, das eine Systematisierung und Standardisierung der Nachweise erfordert. Das gilt insbesondere mit Blick auf die Jahreswechsel, zu denen regelmäßig eine hohe Zahl von Versicherungswechseln erfolgt. Im Hinblick auf dieses „Massengeschäft“ hat der Verordnungsgeber in § 23 FZV standardisierte Versicherungsbestätigungen vorgesehen und in § 24 Absatz 1 Nr. 3 FZV das Vorgehen der Zulassungsbehörde beim Eingang einer solchen Versicherungsbestätigung sowie in § 25 Abs. 4 FZV bei einer Erlöschensanzeige formal vom Eingang einer entsprechenden Erklärung des Versicherers abhängig gemacht. Die Zulassungsbehörde trifft wie gezeigt - abgesehen von offensichtlichen Mängeln der vom Versicherer abgegebenen Erklärung - grundsätzlich keine Pflicht zu deren inhaltlicher Überprüfung und zu weiterer Sachaufklärung. Diesem Regelungssystem entspricht es, dass die Zulassungsbehörde von der ihr zeitlich zuletzt übermittelten Versicherungsbestätigung als maßgeblich auszugehen hat (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 3 C 3/15 - NJW 2016, 2199 Rn. 34).
36
dd. Die Zulassungsbehörde muss keine Nachprüfungen anstellen, ob die Versicherung, die vor der nun angezeigten beendeten Versicherung bestand, noch besteht (vgl. auch VG Potsdam, G.v. 26.10.2011 - 10 K 1269/07 - BeckRS 2011, 56876).
37
Dass eine ältere durch eine zeitlich danach bei der Zulassungsbehörde eingegangene Versicherungsbestätigung „überschrieben“ wird, wird hinreichend darin deutlich, dass § 24 Abs. 1 Nr. 3 FZV der Zulassungsbehörde eine Benachrichtigungspflicht gegenüber der „Altversicherung“ auferlegt. Ist eine solche Benachrichtigung durch die Zulassungsbehörde erfolgt, hat der „Altversicherer“ nach § 25 Abs. 1 Satz 6 FZV eine Erlöschensanzeige zu unterlassen und nach § 25 Abs. 4 Satz 2 FZV löst eine dennoch erfolgte Erlöschensanzeige des „Altversicherers“ keine Stilllegungsanordnung der Zulassungsbehörde mehr aus. Das setzt die Annahme voraus, dass die bisherige Haftpflichtversicherung durch eine neue ersetzt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 3 C 3/15 - NJW 2016, 2199 Rn. 34).
38
Insbesondere verfängt der Einwand des Klägers nicht, wonach dem Beklagten „wie jedem vernünftig Denkenden ein offensichtlich wie auch immer gearteter fehlerhafter Verfahrensablauf auffallen“ hätte müssen, wenn er am 6. Dezember 2019 über den Beginn des Versicherungsschutzes und schon am 7. Januar 2020 wieder über dessen Ende informiert wird.
39
Selbst wenn in unmittelbar zeitlicher Nähe zwei für denselben Versicherungszeitraum geltende Versicherungsbestätigungen eingehen, veranlasst dies nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Juni 2009 - 18 L 796/09 (BeckRS 2011, 47150) nicht zu Zweifeln, ob die andere Versicherung noch besteht, wenn eine von beiden das Ende der Versicherung angezeigt hat. Der Eingang einer zweiten Versicherungsbestätigung könnte seine Erklärung nämlich ohne Weiteres etwa darin finden, dass der Kläger mittlerweile von seinem Widerrufsrecht hinsichtlich der ersten Versicherung Gebrauch gemacht hatte, weil er festgestellt hatte, dass er sein Fahrzeug bei dem zweiten Versicherer günstiger versichern konnte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 3 C 3/15 - NJW 2016, 2199 Rn. 41).
40
Übertragen auf den vorliegenden Fall gilt dies erst recht, da der Behörde nicht einmal Überschneidungen vor Augen geführt wurden, die zu Zweifeln veranlasst hätten. Die Sachverhalte sind vergleichbar, da die ganze Problematik erst dadurch entstand, dass der Kläger eben gerade aus Kostengründen die Versicherung wechseln wollte, dies aber vorerst nicht geklappt hat.
41
Die Zulassungsbehörde durfte also davon ausgehen, dass die Versicherung bei der …-AG beendet war.
42
b. Der Kläger hat als Halter des zu versichernden Fahrzeugs die gegen ihn ergangene Untersagungsanordnung veranlasst und ist damit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt zur Zahlung der dafür entstandenen Verwaltungskosten verpflichtet.
43
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gebührenrechtlicher Veranlasser in solchen Fällen nicht nur, wer die Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat, sondern auch, in wessen Pflichtenkreis sie erfolgt. Die Pflicht, für den ununterbrochenen Nachweis eines Haftpflichtversicherungsschutzes bei der Zulassungsbehörde Sorge zu tragen, trifft den Kraftfahrzeughalter (§ 1 PflVG). Im Hinblick darauf steht die Haftpflichtversicherung gewissermaßen auf Seiten des Kraftfahrzeughalters. Es ist daher sachgerecht, dem Kraftfahrzeughalter die Folgen des fehlerhaften Verhaltens „seines“ Versicherers aufzubürden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 3 C 3/15 - NJW 2016, 2199 Rn. 25).
44
Demzufolge verfängt auch der Einwand des Klägers nicht, dass er nach Gesprächen mit der … und einer von dieser Seite vorerst ablehnenden Erklärung keine Veranlassung sehen musste, mit der Zulassungsbehörde in Verbindung zu treten.
45
Es ist ausreichend, dass er nach eigenen Angaben mit der … in Kontakt getreten war und Konditionen erörtert hat. Der Fall entspricht insoweit dem Sachverhalt des vom Bundesverwaltungsgerichts entschiedenen Falles, da sich auch hier ein Versicherer angezeigt hatte, nachdem er zunächst erklärt hatte, dass der Versicherungsschutz mit den gewünschten Konditionen zum anvisierten Zeitpunkt nicht gewährt werden kann. Danach muss sich der Kläger das Handeln der … zurechnen lassen, weil er sich an dieses Versicherungsunternehmen gewandt und ihm alle für einen Versicherungsabschluss notwendigen Daten übermittelt hatte. Die Zurechnung des Handelns des Versicherers in den Pflichtenkreis des Fahrzeughalters kann sich nicht danach richten, ob sich die rechtlichen Beziehungen zwischen ihm und dem von ihm in Aussicht genommenen und eingeschalteten Versicherer soweit verdichtet haben, dass es tatsächlich zum Abschluss des Pflichtversicherungsvertrages gekommen ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 3 C 3/15 - NJW 2016, 2199 Rn. 25, 27).
46
Die gegenteilige Rechtsauffassung des VG Saarlouis in seinem Urteil vom 8. September 2010 - 10 K 30/10 (BeckRS 2011, 54312) ist unter o. g. Gesichtspunkten überholt.
47
c. Schließlich ist die streitige Verwaltungsgebühr auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Festsetzung durch den Beklagten bewegt sich am unteren Rand des in Nr. 254 des Gebührentarifs eröffneten Rahmens, der von 14,30 € bis 286,00 € reicht. Es ist nicht zu erkennen, dass das unverhältnismäßig sein könnte. Einwände gegen die Höhe dieser Gebühr macht auch der Kläger selbst nicht geltend. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt hat er außerdem die Kosten für die Zustellung des Bescheids zu tragen, die in Höhe von 4,10 € angefallen sind.
48
3. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Klage gegen Ziffer 5, 6 des Bescheides folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
49
Hinsichtlich der Ziffern 1 bis 4 des Bescheides ist das Verfahren aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen beendet worden. Es ist daher in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Nach § 161 Abs. 2 VwGO hat das Gericht über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. In der Regel entspricht es der Billigkeit, demjenigen die Kosten zu überbürden, der im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre.
50
Die Klage gegen Ziffern 1 und 2 war nach Anzeige der …-AG am 13. Januar 2020 nicht mehr zulässig, weil diese sich nach Klageerhebung erledigt haben. Die Regelungswirkung entfiel, weil der Gebrauch des Fahrzeugs lediglich bis zur Vorlage einer gültigen Versicherungsbestätigung untersagt war (vgl. VG Aachen, G.v. 3.1.2012 - 2 K 703/11 - BeckRS 2012, 46723). Die auflösende Bedingung war eingetreten. Hinsichtlich Ziffer 2 war Erfüllung eingetreten. Auch Ziffer 4 des Bescheids hatte sich erledigt, da die Androhung des Zwangsmittels durch Erfüllung gegenstandslos wurde und dieser Teil des Bescheids als Nebenentscheidung voll akzessorisch zur Hauptentscheidung ist und ihr rechtliches Schicksal teilt. Gegen Ziffer 3 war eine Anfechtungsklage mangels Verwaltungsaktqualität nicht statthaft. Da der Kläger daher voraussichtlich auch insoweit unterlegen wäre, ist es sachgerecht, ihm die Kosten aufzuerlegen.
51
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. VwGO.