Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 28.01.2020 – Au 8 K 18.1890
Titel:

Förderung für ärztliche Filialpraxis

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
BayHO Art. 23, Art. 44 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Die in der Förderrichtlinie vorgesehene Differenzierung zwischen der Niederlassung als Vertragsarzt und der Bildung einer Filialpraxis erweist sich als sachgerecht und willkürfrei. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Filialpraxisbildung, Besondere Bedeutung für den ländlichen Raum, Richtlinie, medizinische Versorgung, Hausarzt, Förderung, Filialpraxis, ländlicher Raum
Fundstelle:
BeckRS 2020, 4086

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Förderung in Höhe von 15.000,-- EUR für die Bildung einer Filialpraxis.
2
Die Klägerin ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und betrieb zusammen mit ihrer nunmehr verstorbenen Kollegin, die unter dem Az. Au 8 K 18.1891 zunächst ebenfalls Klage erhoben hatte, eine Berufsausübungsgemeinschaft. Nach Schließung einer anderen Praxis beschlossen die Klägerin und ihre Kollegin, zur Sicherung des Praxisstandorts in den freigewordenen Räumlichkeiten eine Filialpraxis zu bilden. Dem Antrag der Klägerin bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (im Folgenden: KVB) vom 24. August 2017 auf Genehmigung zur vertragsärztlichen Tätigkeit ist mit Bescheid vom 2. Oktober 2017 stattgegeben worden mit der Begründung, dass die Filialpraxis zu einer qualifizierten Versorgungsverbesserung führe. Eine im Zuge dessen durchgeführte Auswertung der KVB habe ergeben, dass die nächsten Hausärzte bereits ausgelastet seien. Die Klägerin investierte in den Umbau der Praxisräume etwa 35.000,-- EUR.
3
Mit Antrag vom 4. März 2018 beantragte die Klägerin die Förderung ihrer Filialpraxisgründung zum 19. März 2018.
4
Mit E-Mail vom 14. März 2018 teilte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn mit.
5
Mit Bescheid vom 13. September 2018, der Klägerin formlos zugestellt am 17. Oktober 2018, wurde der Antrag auf Förderung abgelehnt. Die Filialpraxisbildung erfülle nicht die Zuwendungsvoraussetzungen der zugrunde liegenden Richtlinie zur Förderung der Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten sowie von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im ländlichen Raum vom 2. Oktober 2013 (im Folgenden: Förderrichtlinie). Es könne nicht von einer besonderen Bedeutung für den ländlichen Raum ausgegangen werden. In der Gemeinde ... liege auch die Stammpraxis der Klägerin und ihrer Kollegin. Zusammen mit den sechs umliegenden Orten im Umkreis von 10 km würden in ... und Umgebung 61.607 Menschen leben (Stand 30. September 2017). Bei 40 Hausärzten liege das Verhältnis von Hausarzt je Einwohner im 10-km-Umkreis der Gemeinde ... bei 1:1540 und damit unter der bundesweiten Verhältniszahl von 1:1671. Durch den öffentlichen Personennahverkehr sei ... an das Mittelzentrum ... und die Stadt ... sehr gut angeschlossen, das Mittelzentrum ... sei angemessen erreichbar. Da somit von einer sehr guten Mitversorgung durch die nahegelegenen überversorgten Mittelzentren und der Metropole ausgegangen werden könne, liege im Fall der Filiale in ... keine besondere Bedeutung für den ländlichen Raum vor.
6
Hiergegen ließ die Klägerin am 12. November 2018 Klage erheben und mit Schriftsatz vom 15. Februar 2019 beantragen,
7
den Bescheid vom 13. September 2018, Az.:, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die Förderung in Höhe von 15.000 EUR zu gewähren,
8
hilfsweise,
9
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 13. September 2018, Az.:, zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 4. März 2018 unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
10
Zur Begründung der Klage wurde geltend gemacht, dass die Voraussetzungen der Förderung gemäß der Förderrichtlinie erfüllt seien. Die Klägerin sei als Hausärztin im Fördergebiet vertragsärztlich tätig. Die Gemeinde ... sei dem Planungsbereich ... zugeordnet, für den keine Zulassungsbeschränkung angeordnet sei. Der Versorgungsgrad des Planungsbereichs habe bei Antragstellung bei 103,1% gelegen. Überversorgung bestehe ab 110%, Unterversorgung bei unter 75%. Dem Bedarfsplan der KVB könne entnommen werden, dass für den nördlichen Unterbereich ... in einem Prognosezeitraum von drei Jahren eine Unterversorgung zu befürchten sei. Der für die Förderung einer Filialbildung maßgebliche Begriff der besonderen Bedeutung für den ländlichen Raum sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der durch Auslegung zu ermitteln und gerichtlich voll überprüfbar sei. Bei der Auslegung seien die sonstigen Bestimmungen sowie der Zuwendungszweck der Förderrichtlinien heranzuziehen. Angesichts des Zwecks der Förderung, eine flächendeckende und wohnortnahe medizinische Versorgung zu gewährleisten, dürften für die Beurteilung der besonderen Bedeutung der Filialbildung für den ländlichen Raum umliegende Gemeinden über 20.000 Einwohner nicht mit in die Beurteilung einbezogen werden. Die Wohnortnähe sei ein zentrales Kriterium für eine bedarfsgerechte Versorgung. Es seien lediglich die Verhältnisse innerhalb des Planungsbereichs maßgeblich, Verhältnisse außerhalb des Planungsbereichs dürften nicht einbezogen werden. Die konkreten Verhältnisse der hausärztlichen Versorgung am Ort der Filialbildung seien zu berücksichtigen. Eine pauschale Betrachtung eines 10-km-Umkreises sei unzulässig, da hierdurch die tatsächliche Versorgungssituation sachwidrig verzerrt würde. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung sei der Zeitpunkt der Antragstellung vom 4. März 2018. Der Beklagte habe den Begriffsinhalt fehlerhaft ausgelegt und das Ermessen fehlerhaft ausgeübt bzw. eine Ermessensprüfung vollständig unterlassen. ... sei mit einem Versorgungsgrad von weniger als 71,7% unterversorgt. 20% der Bevölkerung in ... seien über 65 Jahre alt, die Zahl werde bis 2028 noch um 7,6% steigen. Der Versorgungsgrad werde sich in den kommenden Jahren noch verschlechtern, wie sich im Bedarfsplan der KVB für den Planungsbereich ... zeige. Der Beklagte habe sich mit der Entwicklung der Altersstruktur in ... nicht auseinandergesetzt. In ... gebe es neben der Stammpraxis der Klägerin keinen Hausarzt mehr. Der Patientenzustrom, der durch die Praxisaufgabe der bisher noch in ... ansässigen Praxis auf die Praxis der Klägerin zukomme, könne von dieser allein nicht gestemmt werden. Hiervon gehe auch der Beklagte aus, leite daraus aber fälschlicherweise eine Mitversorgung durch die Gemeinde, ... und die Stadt ... aufgrund der guten öffentlichen Verkehrsanbindung ab. Die nächste in ... gelegene Hausarztpraxis sei 7,4 km entfernt und bereits voll ausgelastet. Im Rahmen der kassenärztlichen Genehmigung vom 2. Oktober 2017 habe die KVB festgestellt, dass die Filialbildung insoweit zur Versorgungsverbesserung beitrage. Diese Einschätzung berücksichtige der Beklagte nicht. Mangels zumutbarer Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sei auch die Mitversorgung durch die in den Gemeinden ... und ... ansässigen Hausärzte nicht möglich. Die Feststellungen des Beklagten zur Häufigkeit und zur Fahrtzeit seien fehlerhaft und entsprächen nicht den realen Fahrtzeiten. Mit dem Regionalbus seien nach ... lediglich an Schultagen zwei Hinfahrten und eine Rückfahrt pro Tag möglich. Zugverbindungen seien stets mit mindestens zwei Umstiegen verbunden und bestünden nicht täglich. Die Verkehrsanbindung nach ... sei äußerst schlecht. Pro Tag seien letztlich nur eine Hinfahrt und eine Rückfahrt möglich. Eine Mitversorgung ... durch in ... ansässige Hausärzte laufe dem Zweck der Förderrichtlinien zuwider und hätte bei der Beurteilung der Versorgungssituation ... nicht einbezogen werden dürfen. Gerade älteren Menschen dürften keine überlangen Wegstrecken zugemutet werden. Auch der Verweis auf die Mitversorgung durch die Stadt ... sei zweckwidrig. Es solle gerade die hausärztliche Versorgung im ländlichen Raum gestärkt werden. ... habe auch deshalb nicht einbezogen werden dürfen, weil die Stadt außerhalb des Planungsbereichs ... liege. Die Berechnungen des Beklagten zum Versorgungsgrad der Nachbargemeinden hätten keinerlei Aussagegehalt, da insofern die Ärzte pro Kopf berücksichtigt worden seien und nicht die Anzahl von Ärzten nach der Anrechnung in der Bedarfsplanung. Für den Planungsbereich ... ergebe sich aus dem Versorgungsatlas der KVB eine Pro-Kopf-Summe von 36 Ärzten; nach Anrechnung in der Bedarfsplanung eine Zahl von 32,8 Ärzten. Da der Beklagte die Versorgungsgrade der Nachbargemeinden auf Grundlage der Pro-Kopf-Summe der Ärzte errechnet habe, seien diese nicht repräsentativ und bildeten nicht den tatsächlichen Versorgungsgrad ab. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der zugrunde gelegten Einwohnerzahlen. Bereits 2017 habe die Einwohnerzahl in ... nicht wie vom Beklagten angenommen bei 4.694, sondern bei 4.713 gelegen. Auch hierdurch habe eine Verzerrung der Versorgungsgrade stattgefunden. Durch die Gemeinde ... finde zudem eine Mitversorgung der Gemeinde ... statt, da dort kein Arzt ansässig sei. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte zur Betrachtung der Versorgungssituation einen Umkreis von 10 km um ... heranziehe. Für die Bildung genau dieses Radius gebe es keine sachlichen Gründe. Die somit einbezogenen Städte ... und ... lägen außerhalb des Planungsbereichs .... Hierdurch würde die sinnhafte Einteilung der Planungsbereiche durch die KVB umgangen. ... und ... seien zudem Städte von jeweils über 22.000 Einwohnern, ihre Einbeziehung führe zu einer willkürlichen Verzerrung der Versorgungssituation vor Ort. Die durch die Bildung des pauschalen Umkreises berücksichtigte Einwohnerzahl von 61.607 liege deutlich über der Einwohnerzahl des Planungsbereichs ... mit 54.645. Gleiches ergebe sich mit Blick auf die Ärztezahl, die im Planungsbereich ... bei 36 Ärzten, nach Maßgabe des gebildeten Radius bei 40 Ärzten liege. Nicht berücksichtigt worden sei, dass infolge der Filialbildung eine Weiterbildungsassistentin und eine Fachärztin für Allgemeinmedizin eingestellt worden sei, sodass deutlich mehr Sprechzeiten angeboten würden und die Versorgungssituation in ... verbessert würde.
11
Auf die Klagebegründung wird im Einzelnen Bezug genommen.
12
Der Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Eine besondere Bedeutung für den ländlichen Raum habe nicht festgestellt werden können. Die Förderung der Filialpraxisgründung liege im Rahmen des behördlichen Ermessens der Bewilligungsbehörde, ein Anspruch hierauf bestehe nicht. Zur Ausübung des behördlichen Ermessens und der Sicherstellung einer einheitlichen Förderpraxis sei für diese Feststellung bei dem Beklagten ein standardisiertes Prüfverfahren entwickelt und etabliert worden. Die Prüfung erfolgte anhand verschiedener Bewertungskriterien vor allem unter Berücksichtigung der regionalen Versorgungssituation auf Basis vorhandener sozioökonomischer Daten. Hierbei werde die Versorgungssituation am Maßnahmenort, in den angrenzenden Gemeinden sowie den nächsten Kreisstädten betrachtet. Für die Betrachtung des Maßnahmenortes ... seien die Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik mit dem zum Zeitpunkt der Entscheidung aktuellen Stand vom 30. September 2017 herangezogen worden. Die prognostizierte Zunahme der älteren Bevölkerung in ... liege mit 7,6% weit unterhalb der bayernweit prognostizierten Entwicklung. Die Versorgungssituation werde auch unter Einbeziehung der angrenzenden Gemeinden geprüft. Die Versorgungsgrade der Nachbargemeinden seien nach KVB-Versorgungsatlas vom 30. Januar 2018 errechnet worden. Die Betrachtung der ärztlichen Versorgung des ländlichen Raumes finde über die Planungsbereichsgrenzen hinweg statt. Für Patienten seien diese Grenzen nicht maßgeblich. Die Förderrichtlinien fordere die explizite Berücksichtigung von Mitversorgungseffekten. Eine Begrenzung auf Orte mit weniger als 20.000 Einwohnern werde nicht vorgenommen. Das Pendlerverhalten von Erwerbstätigen finde in den meisten Fällen von ländlichen Regionen in größere Städte statt. Dass sich die Versorgungssituation in ... innerhalb der nächsten drei Jahre zu einer drohenden Unterversorgung hin verschlechtern werde, sei unzutreffend. Der Bedarfsplan der KVB diagnostiziere keine Unterversorgung oder drohende Unterversorgung. Zudem sei der betrachtete Prognosezeitraum bereits verstrichen, da der Bedarfsplan den Versorgungsstand für den Mittelbereich ... mit Stand vom 28. August 2015 ausweise. Der nunmehr begründete Planungsbereich ... sei entgegen der Prognose mit einem Versorgungsgrad von 110% gerade noch nicht überversorgt. Die Betrachtung im Rahmen eines 10-km-Umkreises um den Maßnahmenort sei weder willkürlich, noch führe sie zu einer Verzerrung der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort. Der Beklagte betrachte die hausärztliche Versorgung im Rahmen eines standardisierten Prüfverfahrens in ständiger Verwaltungspraxis im 10-km-Umkreis. Dies finde seine Stütze auch im Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung im Sinne der §§ 99 ff. SGB V, nach dem für die hausärztliche Versorgung ein Erreichbarkeitswert von 15 Minuten vorgeschlagen werde. In 15 Minuten könnten 10 km gut erreicht werden. Die Prüfung der Anbindung an den ÖPNV erfolge im Rahmen des Prüfverfahrens standardmäßig. Für die Prüfung werde der Bayern-Fahrplan verwendet, wobei die beste Verbindung des zu prüfenden Ortes an die angrenzenden Nachbargemeinden ausgewählt und entsprechend bewertet werde. Die klägerseitig aufgeführte Verbesserung der Versorgungssituation durch Gewinnung von mehr Personal bei der Filialbildung sei nicht berücksichtigt worden. Weiterbildungsassistenten würden bei der Bedarfsplanung keine Berücksichtigung finden. Die Anstellung einer Fachärztin sei zum Zeitpunkt der Filialeröffnung nicht erfolgt. Dem Zuwendungsgeber stehe es frei, das „ob“ und „wie“ der Förderung zu bestimmen. Er sei hierbei lediglich durch den allgemeinen Gleichheitssatz bzw. das Willkürverbot, das Rechtsstaatsprinzip sowie den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eingeschränkt.
15
Auf die Klageerwiderung wird im Einzelnen Bezug genommen.
16
Das Klageverfahren der verstorbenen Kollegin der Klägerin wurde nach Rücknahme der Klage mit Beschluss vom 28. Januar 2020 eingestellt (Au 8 K 18.1891).
17
In der Sache wurde am 28. Januar 2020 mündlich vor Gericht verhandelt. Auf das Protokoll über die öffentliche Sitzung wird im Einzelnen Bezug genommen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Zuwendung in Höhe von 15.000,-- EUR. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 13. September 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz VwGO).
19
1. Die von der Klägerin begehrte Zuwendung ist eine freiwillige Leistung, die der Beklagte auf der Grundlage von und im Einklang mit Art. 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 23 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) und der Richtlinie zur Förderung der Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten sowie von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im ländlichen Raum vom 2. Oktober 2013 (im Folgenden: Förderrichtlinie) gewährt. Er gewährt sie nach billigem Ermessen und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. In diesem Rahmen hat der Beklagte das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) zu beachten, daneben auch den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis gemäß der einschlägigen Richtlinie.
20
Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in einer Förderrichtlinie geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in der selbst gegebenen Richtlinie zum Ausdruck kommt (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26). Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ggf. ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - a.a.O. Rn. 26; BVerwG, U.v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 27.7.2009 - 4 ZB 07.1132 - juris Rn. 13). Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden.
21
2. Die Versagung der Förderung der Klägerin im Jahr 2018 auf der Grundlage der Förderrichtlinie steht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz in Einklang. Der Beklagte hat die gesetzlichen Grenzen eingehalten, die Art. 3 Abs. 1 GG seiner Ermessensausübung zieht (§ 40 VwVfG). Das gilt sowohl mit Blick auf die Förderrichtlinien (a) als auch für deren Anwendung im Einzelfall (b).
22
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellen Richtlinien wie die Förderrichtlinie keine Rechtsnormen, sondern lediglich verwaltungsinterne, das Ermessen der für die Verteilung der staatlichen Leistungen zuständigen Stellen steuernde Weisungen und damit Verwaltungsvorschriften dar. Sie vermögen eine anspruchsbegründende Außenwirkung nur mittels des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Art. 20 und 28 GG) zu begründen (BVerwG, U.v. 8.4.1997 - 3 C 6.95 - BVerwGE 104, 220; U.v. 23.4.2003 - 3 C 25.02 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 104 S. 13; U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris). Förderrichtlinien müssen aber in sich den Gleichbehandlungsgrundsatz wahren. Dass dies hier missachtet wäre, ist nicht erkennbar.
23
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich beispielsweise aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. VG München, U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15 m.w.N.) bei der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, nicht „willkürlich“ verteilen: Subventionen müssen sich gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Normgeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 17 f. m.w.N.).
24
Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Klägerseite erweist sich die in der Förderrichtlinie vorgesehene Differenzierung zwischen der Niederlassung als Vertragsarzt und der Bildung einer Filialpraxis als sachgerecht und willkürfrei. Zweck der Zuwendung ist es gemäß Ziffer 1 der Förderrichtlinie, die Entscheidung für eine Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum zu forcieren und Praxisgründungen und -übernahmen zu erleichtern, um auch in Zukunft eine flächendeckende und möglichst wohnortnahe medizinische Versorgung auf qualitativ hohem Niveau gewährleisten zu können. Zwar kann die Versorgungssituation auch durch die Gründung einer Filialpraxis verbessert werden. Die Niederlassung eines weiteren Arztes wird dadurch aber nicht erreicht. Beim Betrieb einer Filialpraxis kann es zudem zu Beeinträchtigungen der medizinischen Versorgung am Vertragsarztsitz kommen, da der Vertragsarzt die Leitung und Überwachung weder am Vertragsarztsitz noch in der Filiale aus der Hand geben darf. Zwar mag es - wie von der Klägerin vorgetragen - möglich sein, Beeinträchtigungen durch erweiterte Arbeitszeiten oder zusätzlich angestellte Ärztinnen und Ärzte zu gewährleisten. Der Gesetz- bzw. Richtliniengeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen jedoch berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Eine typisierende Gruppenbildung ist zwar nur zulässig, wenn die mit ihr verbundenen Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (VG Göttingen, U.v. 14.10.2015 - 1 A 282/13 - juris Rn. 39 m.w.N.). Dass Filialpraxen nur unter erhöhten Anforderungen, möglicherweise gar nicht gefördert werden, obwohl im Einzelfall die medizinische Versorgung am Vertragsarztsitz sichergestellt ist, wiegt jedoch nicht besonders schwer. Der jeweilige Antragsteller weiß um diese Anforderungen und die Gefahr einer Ablehnung seines Förderantrags und kann dies in seiner Planung berücksichtigen. Eine detaillierte Prüfung jedes Einzelfalls wäre praktisch auch nicht umsetzbar. Entgegen der klägerischen Ansicht steht den erhöhten Anforderungen im Fall einer Filialpraxisbildung auch der Zweck der Förderrichtlinie, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen und Anreize für eine dortige Niederlassung zu schaffen, nicht entgegen. Dem Risiko einer durch die Filialbildung begründeten defizitären Versorgung am Vertragsarztsitz konnte der Richtliniengeber mit dem Aufstellen höherer Anforderungen begegnen, ohne dass dies dem Förderzweck widerspricht. Beeinträchtigungen der medizinischen Versorgung am Vertragsarztsitz sind erkennbar nicht gewollt. Der Beklagte durfte damit innerhalb seines Förderermessens die Förderung einer Filialpraxis unter strengere Voraussetzungen stellen als die Niederlassung als Vertragsarzt.
25
Ein strengerer Maßstab in der Sache ergibt sich auch nicht daraus, dass von der Versagung der Zuwendung Freiheitsgrundrechte betroffen sein könnten. In Betracht kommt allenfalls Art. 12 Abs. 1 GG. Die Klägerin teilt freilich die Berührung ihrer Berufsfreiheit mit sämtlichen potentiellen Empfängern von Zuwendungen, die Ärzten gewährt werden; allein dieser Umstand hebt die im Streit stehende Zuwendung nicht heraus und vermag daher nicht zu einer Änderung des verfassungsrechtlichen Maßstabs zu führen (BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 21).
26
b) Die auf die konkrete Situation der Klägerin bezogenen Ermessenserwägungen des Beklagten lassen keinen rechtlich beachtlichen Fehler zu Lasten der Klägerin erkennen, da sie an den Zielen der Förderrichtlinie orientiert sind und auch die von der Klägerin für erforderlich gehaltene Betrachtung der tatsächlichen Versorgungssituation am Ort der Filialpraxisgründung enthalten. Der Beklagte hat insoweit ausgeführt, dass die beantragte Filialpraxisgründung gemäß Ziffer 2 Satz 2 der Förderrichtlinie nur bei besonderer Bedeutung für den ländlichen Raum gefördert werden kann. Zur Ausübung des behördlichen Ermessens sei ein standardisiertes Prüfverfahren entwickelt und etabliert, welches vor allem die regionale Versorgungssituation berücksichtige. Betrachtet wurden dabei die Versorgungssituation am Maßnahmenort und - unabhängig von den Grenzen des jeweiligen Planungsbereichs - in den umliegenden Gemeinden. Berücksichtigung fanden zudem die Bevölkerungsentwicklung und das Vorhandensein öffentlichen Personennahverkehrs (vgl. Behördenakte Bl. 94 - 98). Soweit die Klägerin die vom Beklagten zugrunde gelegten Einwohnerzahlen in Zweifel zieht, führt dieser zurecht aus, dass nur die im Zeitpunkt der Antragsprüfung veröffentlichten Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik mit Stand vom 30. September 2017 Berücksichtigung finden konnten. Bei der Bewertung der Bevölkerungsentwicklung in ... (Zunahme der älteren Bevölkerung in den Jahren 2014 - 2028 um 7,6%) legte der Beklagte Daten des Bayerischen Landesamts für Statistik zugrunde. Mit dieser Zahl, die weit unterhalb der bayernweiten prognostizierten Entwicklung (23,89%) liegt, setzte sich der Beklagte im Rahmen seines Prüfverfahrens auch auseinander (vgl. Behördenakte Bl. 96). Wie die Klägerseite zur Auffassung gelangt, dass dem Planungsbereich ... nach dem Bedarfsplan der KVB Unterversorgung drohe, ist nicht nachvollziehbar. Im zur Zeit der Antragsprüfung maßgeblichen Bedarfsplan (Stand: 28. Mai 2015) ist lediglich von einer Verschlechterung der Versorgungssituation die Rede. Hinsichtlich der Mitversorgung ... durch umliegende Gemeinden führt der Beklagte aus, die entsprechenden Versorgungsgrade nach dem KVB-Versorgungsatlas vom 30. Januar 2018 errechnet zu haben. Unter Berücksichtigung der dort genannten Personenanzahl von Ärzten je Gemeinde seien die beiden Mittelzentren ... und ... mit Versorgungsgraden von 150,6% bzw. 175% überversorgt, die Metropole ... mit 111,4% regelversorgt. Zwar führt die Zugrundelegung der Personenanzahl von Ärzten - und nicht der Zahl nach Anrechnung in der Bedarfsplanung - möglicherweise zu Unschärfen hinsichtlich der tatsächlichen Versorgungsgrade der Gemeinden. Dass die Abweichungen jedoch so eklatant wären, dass der Zweck der Förderrichtlinie verfehlt würde, ist nicht ersichtlich. Zu beachten ist des Weiteren, dass für die besondere Bedeutung für den ländlichen Raum gemäß der Förderrichtlinie nicht zwangsläufig dieselben Maßstäbe gelten wie für die Bedarfsplanung der KVB. Nach welchen Kriterien der Beklagte fördert, steht grundsätzlich in seinem Ermessen. Auch die Annahme der Klägerseite, für die Beurteilung dürften Gemeinden mit über 20.000 Einwohnern nicht berücksichtigt werden, geht fehl. Voraussetzung für eine Zuwendung ist nach Ziffer 4 Förderrichtlinie zwar, dass die Niederlassung oder Filialbildung in einer Gemeinde mit höchstens 20.000 (bzw. 40.000) Einwohnern erfolgt. Über die maximale Einwohnerzahl der für die konkrete Versorgungsituation zu betrachtenden umliegenden Gemeinden spricht sich die Förderrichtlinie jedoch nicht aus. Es ist auch nicht ersichtlich, warum die Mitversorgung einer Gemeinde durch größere Gemeinden und Städte nicht berücksichtigt werden sollte. Dies wäre gerade eine von der Klägerseite bemängelte Missachtung der tatsächlichen Versorgungssituation am Ort der Filialpraxisbildung. Ebenso wenig widerspricht es dem Förderzweck, für die Beurteilung der tatsächlichen Versorgungssituation einen 10-km-Umkreis um den Maßnahmenort zu ziehen, wie vom Beklagten in ständiger Verwaltungspraxis vorgenommen. Er war im Rahmen seines Förderermessens nicht gehalten, die Grenzen des Planungsbereichs zu berücksichtigen. Patienten kennen diese üblicherweise nicht und suchen auch nahegelegene Ärzte jenseits der Planungsbereichsgrenzen auf. Insoweit war es auch nicht zweckwidrig, die sich in dem 10-km-Umkreis ergebende Verhältniszahl zwischen Ärzten und Einwohnern zu berechnen, um diese mit der bundesweiten zu vergleichen. Auch die Erwägungen des Beklagten zur Erreichbarkeit der umliegenden Gemeinden mit dem öffentlichen Personennahverkehr lassen keine Fehler erkennen. Der Beklagte geht dabei im Rahmen seines Prüfverfahrens von dem verkehrsgünstigsten Standort im Gemeindegebiet aus, welcher im vorliegenden Fall ...-Bahnhof ist. Von dort aus sind, ... und ... in angemessener Zeit und mit mehreren Verbindungen pro Tag erreichbar. Darüber hinaus sieht der Beklagte auch Verbindungen mit einem Umstieg als zumutbar an. Auch von ...-Ort aus wären, ... und ... daher mit einem Umstieg in ...-Bahnhof angemessen erreichbar. Sowohl die Busse zwischen ...-Ort und ...-Bahnhof als auch die Züge zwischen ...-Bahnhof und, ... bzw. ... fahren mehrmals täglich. Dass die Klägerin nur direkte (Schul-)Busverbindungen zwischen ...-Ort und ... berücksichtigen will, ist nicht nachvollziehbar. Da somit auch ... in angemessener Zeit erreicht werden kann, war dessen Berücksichtigung für eine Mitversorgung ... trotz der längeren Wegstrecke nicht zweckwidrig. Ermessensgerecht war es des Weiteren, die von der Klägerin geltend gemachte Einstellung einer Weiterbildungsassistentin und einer Fachärztin unberücksichtigt zu lassen. Dass die Einstellungen zu einer Verbesserung der Versorgung geführt haben mögen, wird nicht in Zweifel gezogen. Nach dem Prüfverfahren des Beklagten ist die Versorgung ... schon aufgrund der Mitversorgung durch umliegende Gemeinden gewährleistet, sodass es auf die Einstellung weiteren Personals nicht mehr angekommen ist. Berücksichtigt werden muss wiederum, dass die Planungsmaßstäbe der KVB auf die Frage der Förderfähigkeit nicht ohne weiteres übertragbar sind. Der Beklagte hat darüber hinaus nachträgliche Erwägungen zu den vorgetragenen Einstellungen getätigt und eine Berücksichtigung dieser mit der Begründung abgelehnt, dass die Einstellungen nicht zum Zeitpunkt der Filialeröffnung erfolgt sind.
27
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.