Titel:
Abgrenzung Boardinghouse von Wohnnutzung
Normenketten:
BayVwVfG Art. 26 Abs. 2
UStG § 4 Nr. 12 S. 2
Leitsätze:
1. Der Begriff des Boardinghauses im Zweckentfremdungsrecht ist nicht abschließend höchstrichterlich geklärt und sowohl von einer Nutzung als Wohnheim als auch von einer Wohnnutzung durch eine studentische WG abzugrenzen. In allen Fällen ist typisch, dass die Wohnnutzung durch den Benutzerkreis im Ergebnis zeitlich begrenzt ist. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wenn eine Etagenwohnung mit vier Zimmern nach ihrer Ausstattung mit Möbeln, Kochecke etc. objektiv dafür geeignet ist, dass die Benutzer in den jeweiligen Räumen ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten könnten, kommt es maßgeblich auf das zugrundeliegende Nutzungskonzept des Vermieters und sein konkretes Geschäftsmodell im Einzelfall dafür an, ob eine Fremdenverkehrsnutzung vorliegt. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die vorübergehende Unterbringung von Studenten mit zweckgebundenen kurzfristigen Visa ist keine Aufgabe des Nutzungskonzepts eines Boardinghouses. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fälligkeit Zwangsgeld, Abgrenzung Boardinghouse von Wohnnutzung (Sprachstudenten), weitere Zwangsgeldandrohung, Zwangsgeld, Abgrenzung, Boardinghouse, Wohnnutzung, Student, Fremdenverkehr, kurzzeitige Vermietung, Nutzungskonzept, Zweckentfremdung von Wohnraum, Fremdenverkehrsnutzung, Wohnheim, studentische Wohngemeinschaft, studentische WG
Fundstelle:
BeckRS 2020, 4053
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 15. April 2019 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Klage gegen die Fälligerklärung und Androhung eines erneuten Zwangsgelds mit Schreiben/Bescheid der Beklagten vom 18. März 2019.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2018 wurde die Klägerin als Mieterin der verfahrensgegenständlichen Wohnung Nr. 3 zur Beendigung der Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken verpflichtet und ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro unter Fristsetzung von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids angedroht. Die dagegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Februar 2020 abgewiesen (M 9 K 19.2393).
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Vorgeschichte und des zugrundeliegenden Sachverhalts zunächst auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 12. Februar 2020 im Verfahren M 9 K 19.2393 Bezug genommen.
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Ergänzend dazu liegt der Fälligkeitsmitteilung/dem Bescheid vom 18. März 2019 folgender Sachverhalt zugrunde:
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Nach Erlass des Bescheids vom 2. Oktober 2018, Untersagung der Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken, führte die Beklagte am 26. November 2018 und am 8. März 2019 nach Anmeldung Ortseinsichten in Anwesenheit von Vertretern der Klägerin durch. Bei der Ortseinsicht am 26. November 2018 stand die Wohnung leer und wurde ausweislich der dort vorgefundenen Gerätschaften und Materialien renoviert. Bei der Ortseinsicht am 8. März 2019 wurden drei tunesische Staatsangehörige angetroffen, die nach ihren eigenen Angaben erst seit kurzem dort wohnten, jeweils 500,00 Euro für das einzeln vermietete Zimmer zahlten und Aufenthaltstitel für studienvorbereitende Deutschkurse hatten. Einer der Mieter legte einen Mietvertrag vor, datiert vom 1. Januar 2019. Ein Zimmer war frei. Es handelte sich um die Herren Louay H., Mohamed E. und Karam E.
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Mit Schreiben/Bescheid vom 18. März 2019 erklärte die Beklagte das mit Bescheid vom 2. Oktober 2018 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro für fällig (Ziff. I) und drohte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 20.000,00 Euro unter Fristsetzung von drei Wochen an (Ziff. II). Die Ortseinsicht am 8. März 2019 habe ergeben, dass die Klägerin dem Bescheid vom 2. Oktober 2018 nicht Folge geleistet habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
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Die Bevollmächtigten der Klägerin erhoben mit Schriftsatz vom 15. April 2019 Klage und beantragten,
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1. Es wird festgestellt, dass entgegen Ziff. 1 des Schreibens der Beklagten vom 18. März 2019 das in Ziff. III des Bescheids vom 2. Oktober 2019 betreffend Wohnung 3 angedrohte Zwangsgeld von 10.000,00 Euro nicht zur Zahlung fällig ist.
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2. Der Bescheid der Beklagten vom 18. März 2019 (Ziff. II) betreffend Wohnung 3 wird aufgehoben.
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Die Klägerin habe mit ihrer Vermieterin durch Vereinbarung vom 18. Oktober/24. Oktober 2018 eine grundlegende Änderung des Nutzungskonzepts als vorübergehende Abänderung des Gewerbemietvertrags vom 21. Dezember 2017 geschlossen. Danach wird die Klägerin als Mieterin bis zur rechtskräftigen Klärung der Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 2. Oktober/9. Oktober 2018 nicht mehr an Personen aus dem arabischsprachigen Raum sowie deren Begleitpersonen, die sich lediglich vorübergehend zu Zwecken der medizinischen Behandlung in München aufhalten, vermieten. Die Klägerin habe diese Vereinbarung umgesetzt. Die Beklagte habe selber bei den Ortsbesichtigungen feststellen können, dass keine Vermietung an Medizintouristen aus dem arabischsprachigen Raum erfolgt sei. Zur Ortsermittlung vom 8. März 2019 werde mitgeteilt, dass Herr Mohamed E. am 28. Dezember 2018 eingezogen und sich am 10. Januar 2019 in München angemeldet habe. Der unbefristete Mietvertrag liege anbei; der Sprachkurs dauere noch sechs Monate und im Anschluss wolle Herr Mohamed E. in München Maschinenbau studieren. Auch Herr Karam E. und Herr Louay H. hätten die in Kopie beiliegenden unbefristeten Mietverträge vom 15. Februar 2019 abgeschlossen und planten, im Anschluss an den Sprachkurs in München, Maschinenbau zu studieren. Mit weiterem Schriftsatz vom 2. Februar 2020 teilte der Bevollmächtigte mit, dass die Wohneinheit weiterhin an drei Studenten vermietet sei. Ausweislich der beigefügten Mietverträge bewohne der Mieter Yassine Ch. S. seit dem 1. April 2019 ein Zimmer und Herr Ahmed H. seit dem 18. September 2019 ein weiteres Zimmer. Immer noch in der Wohnung sei seit dem 15. Februar 2019 Herr Karam E.
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Die Beklagte beantragte,
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Es läge weiterhin nach dem Nutzungskonzept der Klägerin eine kurzzeitige Vermietung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung im bewussten Zusammenspiel mit der Vermieterin vor. Für die Annahme eines Nutzungskonzepts zur kurzzeitigen Vermietung sei unerheblich, ob die Wohnung an Medizintouristen mit Kurzzeitvisa oder an Sprachschüler mit Kurzzeitvisa vermietet würde. Alle drei angetroffenen Personen hätten lediglich befristete, zweckgebundene Aufenthaltstitel zum Besuch von studienvorbereitenden Deutschintensivkursen. Bei der Ortsansicht am 8. März 2019, der letzten vor Bescheiderlass, hätten alle angetroffenen Personen angegeben, dass sie bisher einen Mietzins in Höhe von 500,00 Euro pro Zimmer bezahlt hätten. Mietverträge wurden ebenfalls erst im Klageverfahren vorgelegt. Es werde davon ausgegangen, dass es sich wie in der Vergangenheit um Scheinmietverträge handele. Dies werde bereits dadurch deutlich, dass unbefristete Mietverträge abgeschlossen worden seien, obwohl die bei der Ortsbesichtigung angetroffenen Personen überwiegend angaben, sich nur kurzzeitig in München aufzuhalten. Außerdem habe das Datum des Mietvertrags vor der Ortsbesichtigung gelegen und dennoch habe keiner der angetroffenen Nutzer der Wohnung sich an den Abschluss eines entsprechenden Mietvertrags erinnern können. Keiner der angetroffenen Sprachstudenten habe einen Aufenthaltstitel für ein nachfolgendes Studium gehabt und nur Herr Karam E. habe angegeben, dass er in München Maschinenbau studieren wolle.
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Die Beklagte hat am 24. Juli 2019 und am 17. Januar 2020 weitere Ortseinsichten durchgeführt. Ausweislich der Namen am Briefkasten und an der Wohnungstür wird die Wohnung weiterhin an Einzelpersonen vermietet; es handelt sich nach Angaben der Klägerseite im Schriftsatz vom 2. Februar 2020 um die darin genannten Studenten.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
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1. Der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand des Art. 1 Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) wurde fortgesetzt verwirklicht. Dies ist ausreichend belegt und durch die im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen der Klägerin auch bestätigt worden. Das entsprechende Vorgehen der Beklagten, den Nachweis des Tatbestands der Fremdenbeherbergung durch Ortseinsichten mit dokumentierten Beobachtungen und Ermittlungen zu führen, ist nach ständiger Rechtsprechung nicht zu beanstanden (statt aller: VG München U. v. 13.3.2019 - M 9 K 18.4612). Die Mitarbeiter der Beklagten haben insoweit ein Betretungsrecht gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 ZwEWG, § 12 Abs. 1 Satz 1 ZEG. Ausweislich der Ortseinsicht vom 8. März 2019, die zeitnah vor der Fälligkeitsmitteilung erfolgte, und bestätigt durch die Ortsansichten vom 24. Juli 2019 und 17. Januar 2020 wurde die hier verfahrensgegenständliche Wohnung zimmerweise zu einem Pauschalpreis an Sprachstudenten vermietet, die sich alle nur vorübergehend mit einem zweckgebundenen und befristeten Visum im Bundesgebiet aufhielten.
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Fälligkeit des angedrohten Zwangsgelds ist der Zeitpunkt des Ablaufs der im Bescheid vom 2. Oktober 2018 gesetzten Frist von vier Wochen. Unerheblich sind die von der Klägerseite nachträglich gemachten Angaben und nach Bescheiderlass im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen (BayVGH B.v. 2.12.2019 - 9 ZB 19.999). Da die Klägerin ihrer verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht nach Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG über den Nachweis der Beendigung der kurzfristigen Vermietung zu Fremdenverkehrszwecken nicht innerhalb der Vierwochenfrist nachgekommen ist, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerseite, wie im Klageverfahren geschehen, nachträglich Angaben gemacht hat, aus denen sich ggf. eine Beendigung der Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken ergeben könnte.
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Zum Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit, überprüft durch die Ortseinsicht vom 8. März 2019, hat die Klägerin gemeinsam mit ihrer Vermieterin weiter das Nutzungskonzept eines Boardinghouses verfolgt. Die verfahrensgegenständliche Wohnung wurde nicht zu Wohnzwecken als Studentenwohnheim oder Studentenwohngemeinschaft genutzt. Die Beklagte hat den nachträglich vorgelegten unbefristeten Mietverträgen und Mietaufhebungsvereinbarungen angesichts dessen, dass die Nutzer der Wohnung sich nach eigenen Angaben nur zweckgebunden und für eine bestimmte Zeitdauer in München aufhielten, zurecht keine Bedeutung beigemessen und unwiderlegt die Vermutung geäußert, dass es sich um Scheinmietverträge gehandelt hat. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass es für den Betrieb eines Boardinghouses als Beherbergungsbetrieb unerheblich ist, ob sich dort Medizintouristen mit Kurzzeitvisa oder Sprachstudenten mit Kurzzeitvisa aufhalten.
20
Der Begriff des Boardinghauses im Zweckentfremdungsrecht ist nicht abschließend höchstrichterlich geklärt und sowohl von einer Nutzung als Wohnheim als auch im vorliegenden Fall von einer Wohnnutzung durch eine studentische WG abzugrenzen. In allen Fällen ist typisch, dass die Wohnnutzung durch den Benutzerkreis im Ergebnis zeitlich begrenzt ist.
21
Eine Fremdenbeherbergung im Sinne des Zweckentfremdungsrechts liegt immer dann vor, wenn ein lediglich beherbergungsartiges Unterkommen ohne Verlegung des Lebensmittelpunktes vorliegt. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn eine Wohnung für die Dauer eines bestimmten Zwecks, aber nur einem vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt wird (BayVGH, B.v. 1.8.2016 - 12 CS 16.969; VG München U.v. 15.11.2017 - M 9 K 17.557). Maßgeblich ist im Falle einer Fremdenbeherbergung grundsätzlich der vorübergehende Aufenthalt und der Umstand, dass es sich um ein übergangsweises, nicht alltägliches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen für Personen handelt, die ihre eigentliche Wohnung typischerweise an einem anderen Ort haben.
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Schwierig ist die Abgrenzung, wenn wie hier keine fremdenverkehrstypischen Serviceleistungen angeboten werden und die vollständig eingerichtete Unterkunft länger genutzt wird, ohne dass der Lebensmittelpunkt des Bewohners dorthin verlagert wird. Wenn wie hier eine Wohnung zimmerweise für einen Pauschalpreis an Studenten vermietet wird, bedarf es darüber hinaus auch der Abgrenzung zu einem Wohnen als studentische Wohngemeinschaft und ggf. zum Wohnen in einem Wohnheim, da es für diesen Personenkreis typisch ist, dass der Aufenthalt häufig semesterweise zeitlich begrenzt ist. Ausschlaggebend ist deshalb für die Abgrenzung einer Wohnnutzung von einem Boardinghouse als gewerblicher Fremdenverkehrsbetrieb nicht die Möglichkeit einer uneingeschränkten eigenen Haushaltsführung in Abgrenzung zu einer Unterkunft mit fremdenverkehrstypischen Dienstleistungen, wie sie in Hotels oder Pensionen angeboten werden. Die dazu vorliegende bauliche Rechtsprechung zur Einstufung eines Boardinghauses je nach Schwerpunkt der Nutzung und Einrichtung als Wohnen oder als Beherbergungsbetrieb/Ferienhaus (z.B. VGH Mannheim, B.v. 17.1.2017 - 8 F 16.41/16) kann für das Zweckentfremdungsrecht nicht übernommen werden (VG München, U.v. 15.11.2017 - M 9 K 17.557).
23
Wenn wie hier eine Etagenwohnung mit vier Zimmern nach ihrer Ausstattung mit Möbeln, Kochecke etc. objektiv dafür geeignet ist, dass die Benutzer in den jeweiligen Räumen ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten könnten, kommt es deshalb maßgeblich auf das zugrundeliegende Nutzungskonzept des Vermieters und sein konkretes Geschäftsmodell im Einzelfall dafür an, ob eine Fremdenverkehrsnutzung vorliegt.
24
Die Länge des Aufenthalts kann dafür als Indiz berücksichtigt werden (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 26.4.2019 - OVG 5 S 24.18 - juris Rn. 12). Dabei muss aber nach Ansicht der Kammer bereits das Nutzungskonzept erkennbar und nachprüfbar auf eine längere Aufenthaltsdauer ausgelegt sein und diese auch sicherstellen. Vorliegend ist schon aufgrund des Gewerbemietvertrages zwischen der Klägerin und der Eigentümerin ein starkes Indiz dafür vorhanden, dass eine kurzfristige Fremdenbeherbergung beabsichtigt ist. Denn nach dem Vertrag verpflichtet sich die Klägerin, den Mietgegenstand zu 95% zu umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen zu verwenden. Langfristige Vermietungen zu Wohnzwecken sind allerdings umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst a) UStG. Nicht befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Die zeitliche Grenze zwischen kurzfristiger und langfristiger Vermietung wird nach der steuerrechtlichen Rechtsprechung bei sechs Monaten gezogen (BFH, U.v. 27.10.1993 - XI R 69/90 - juris Rn. 13). Dabei ist nicht die tatsächliche Dauer der Vermietung entscheidend, sondern die aus den äußeren Umständen ableitbare diesbezügliche Absicht des Vermieters (BFH, B.v. 23.9 2014 - V B 37/14 - juris Rn. 7). Nach dem Gewerbemietvertrag zwischen der Klägerin und der Eigentümerin liegt es damit nahe, dass auch bezüglich der verfahrensgegenständlichen Wohnung nur Mietverhältnisse unter sechs Monaten angestrebt wurden. Bei einer derartigen vertraglichen Gestaltung und bei Übernahme der zeitlichen Grenze von sechs Monaten für die Zweckentfremdung (VG München, U.v. 29.7.2015 - M 9 K 14.5596 - juris), kann keine Wohnnutzung angenommen werden.
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Im vorliegenden Fall ist daher weiterhin von einem Boardinghouse und nicht von einer studentischen Wohngemeinschaft auszugehen. Die Klägerin bietet nach ihrer eigenen Einlassung, nach Aktenlage und nach dem Ergebnis der Ortseinsichten durch die Beklagte, eine flexible, vorübergehende Unterkunft zum vorübergehenden Aufenthalt an und keine Wohnung im Sinne einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit. Die Vermietung durch die Klägerin erfolgte ausweislich des Mietvertrags mit ihrer Vermieterin als Gewerbemiete mit dem Nutzungszweck, die Einheiten als möblierten Wohnraum unter Einhaltung der gerichtlichen Vereinbarung unter zu vermieten. Die Untervermietung selbst erfolgte ausweislich der bei den Ortseinsichten gegebenen Auskünfte der angetroffenen Nutzer an Personen, die sich befristet und zu einem bestimmten Zweck vorübergehend im Bundesgebiet aufhielten und die ihr Zimmer dementsprechend für einen begrenzten Zeitraum des Deutschkurses flexibel nutzten. Eine Wohngemeinschaft liegt danach bereits deshalb nicht vor, weil bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit des Zwangsgelds die Vermietung der Zimmer einzeln an voneinander unabhängige Personen erfolgte, die lediglich Küche und Bad gemeinsam nutzten und keine auf Dauer angelegte, gemeine Häuslichkeit im Sinne einer Gemeinschaft erkennbar war.
26
Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt hatte die Beklagte keine anderen Erkenntnisse. Ungeachtet dessen, dass die Klägerin nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ihr Nutzungskonzept eines Boardinghouses nicht aufgegeben hat und in Zukunft ein solches weiter betreiben will, hat sie der Beklagten trotz ihrer Mitwirkungspflichten nach Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG auch keine Nachweise für eine Änderung des Nutzungskonzepts in studentisches Wohnen vorgelegt.
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2. Die Anfechtungsklage gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 20.000,00 Euro durch Bescheid vom 8. März 2019 Ziff. II, ist unbegründet.
28
Der Bescheid über die Androhung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 20.000,00 Euro war rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
29
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, Art. 18 ff. Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Der Bescheid über die Untersagung der Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken vom 2. Oktober 2018 ist in Ziff. I auf ein Unterlassen gerichtet, Art. 18 Abs. 1 VwZVG. Die sofortige Vollziehbarkeit ergibt sich als Art. 3 Abs. 3 Zweckentfremdungsgesetz (ZwEWG); die aufschiebende Wirkung der Klage dagegen wurde nicht angeordnet und die Klage abgewiesen.
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Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor, Art. 31, 36 VwZVG. Das Zwangsgeld wurde in bestimmter Höhe angedroht, Art. 36 Abs. 5 VwZVG und der Betrag von 20.000,00 Euro hält den Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG ein, da es angemessen ist, bei einer erneuten Zwangsgeldandrohung den Betrag zu erhöhen. Mit der erneuten Androhung wurde zugewartet, bis feststand, dass die vorausgegangene Androhung erfolglos geblieben war, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG. Dabei bedeutet erfolglos in diesem Zusammenhang nur, dass die Behörde abzuwarten hat, bis das zunächst angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist (VG München, B.v. 9.5.2019 - M 9 S 18.5843 mit weiteren Nachweisen). Das ist immer dann der Fall, wenn der Grundverfügung - hier der Nutzungsuntersagung - nicht fristgerecht nachgekommen wurde. Keinesfalls ist erforderlich, dass das zunächst angedrohte Zwangsgeld auch beigetrieben wurde.
31
Soweit die Bevollmächtigten der Klägerin vortragen, diese habe ihre Verpflichtung aus dem Bescheid vom 2. Oktober 2018 durch die Einzelvermietung an Studenten mit Aufenthaltserlaubnissen zum Zwecke des Deutschsprachkurses befolgt, trifft dies nicht zu. Die vorübergehende Unterbringung von Studenten mit zweckgebundenen kurzfristigen Visa ist keine Aufgabe des Nutzungskonzepts eines Boardinghouses. Weder soll der Boardinghousebetrieb beendet werden, noch findet in der verfahrensgegenständlichen Wohnung eine dauerhafte Wohnnutzung durch eine Wohngemeinschaft statt, wenn wie hier die Vermietung im Rahmen eines Gewerbemietvertrags über eine Boardinghousenutzung nur im Hinblick auf den offenen Rechtsstreit und die Zwangsgeldforderungen erfolgt.
32
Nach alledem ist die Klägerin nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten sowie nach Aktenlage ihrer Verpflichtung zur Beendigung der Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken nicht nachgekommen. Damit blieb die Androhung im Grundbescheid erfolglos und ein erneutes Zwangsgeld durfte angedroht werden. Die Höhe des Zwangsgelds entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG.
33
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
34
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
35
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m §§ 708 f. ZPO.