Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 21.12.2020 – AN 1 E 20.01447
Titel:

Aufhebung einer Auswahlentscheidung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens

Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123
LlBG Art. 2 Abs. 2
BayPVG Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 3
Leitsätze:
1. Es handelt sich gerade nicht um einen Abbruch des Auswahlverfahrens, wenn der Dienstherr eine bereits getroffene Auswahlentscheidung aufhebt, um seiner Verpflichtung, eine rechtmäßige, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG standhaltende Auswahlentscheidung zu treffen, gerecht zu werden, ohne für die erneut vorzunehmende Auswahlentscheidung den Bewerberkreis zu verändern. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßnahmen, die nicht durchgeführt werden, bei deren ursprünglicher Entscheidung der Personalrat aber bereits zugestimmt hat, bedürfen keiner Mitbestimmung. Die Personalvertretung hat keinen Anspruch darauf, dass eine Maßnahme, der sie zugestimmt hat, auch von der Dienststelle durchgeführt wird. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Auswahlentscheidung, Bewerber, Auswahlverfahren, Besoldungsgruppe, Dienstherr, Personalrat, Beteiligung, Anordnungsgrund, Stellenbesetzung, Leistungen, Dienstposten, Konkurrentenstreitverfahren, Rechtsschutzbedürftnis, Stellenbesetzungsverfahren, Aufhebung, sachlicher Grund, Organisationsermessen, Bewerberkreis, Stellenausschreibung, gestuftes Auswahlverfahren, Anforderungsprofil, Statusamt, Vergleichbarkeit
Fundstelle:
BeckRS 2020, 39998

Tenor

1.    Der Antrag wird abgelehnt.
2.    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3.    Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Aufhebung einer Auswahlentscheidung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens für die Amtsleitung des Ordnungsamtes der Antragsgegnerin.
2
Mit Rundschreiben Nr. … vom 9. Dezember 2019, veröffentlicht im Intranet der Antragsgegnerin und Interkommunal, schrieb die Antragsgegnerin die Amtsleitung für das Ordnungsamt aus:
„Rundschreiben Nr. … Mitteilung über Stellenausschreibung Die Vorgesetzten werden gebeten, Dienstkräfte, die für die Besetzung der Planstellen in Frage kommen, ggfs. auch während urlaubs- und krankheitsbedingter Abwesenheit entsprechend zu informieren.

Dienststelle

Ordnungsamt (Amt 23)

Information:

Der Personal- und Organisationsausschuss hat am 25.11.2019 beschlossen, das bisherige Ordnungsamt in zwei Ämter zu teilen Neben dem „Ordnungsamt“ (Amt 23) wird es künftig auch ein eigenständiges „Einwohner- und Meldeamt“ (Amt 24) geben. Die Sachgebiete des bisherigen Ordnungsamtes verteilen sich auf diese beiden Ämter.

Funktion/Bewertung:

Amtsleitung (w/m/d) wird für das Ordnungsamt (Amt 23)

Die Planstelle ist in Vollzeit ausgewiesen und mit: BesGr. A 13 QE 3 BayBesG bzw. EG 12 TVöD bewertet.

Sachgebiete/ Bereiche des Ordnungsamtes:

- Ordnungs- und Gewerbeangelegenheiten inkl. ÖPNV

- Straßenverkehr- und Fahrerlaubnisangelegenheiten

- Brand- und Katastrophenschutz

Aufgaben:

- Verantwortliche Leitung des Amtes

- Steuerung des Amtes und Festlegung von Grundsatzentscheidungen zur strategischen Ausrichtung

- Steuerungs- und Budgetverantwortung

- Vertretung des Amtes nach außen und in städtischen Gremien

- Verantwortung für den Brand- und Katastrophenschutz der Stadt …

- Öffentlichkeitsarbeit zur Verkehrssicherheit und Aufbereitung von Konzepten und Vorlagen für Stadtratsgremien

- Ausbau und Koordination von Bürgerdiensten im Rahmen des E-Governments

Anforderungen:

- Laufbahnbefähigung für die dritte Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, oder den erfolgreich abgeschlossenen Beschäftigtenlehrgang II

- Sehr gute Verwaltungs- und Rechtskenntnisse

- Mehrjährige Berufserfahrung in der öffentlichen Verwaltung, idealerweise mit einschlägigen Erfahrungen

- Führungs- und Sozialkompetenz

- Überdurchschnittliches Engagement und Durchsetzungsvermögen sowie Entscheidungsstärke

- Hohe Belastbarkeit, starke Problemlösungskompetenz und Selbstständigkeit

- Ausgeprägtes Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein

- Souveräner Umgang mit Mitarbeitenden, Bürgerinnen und Bürgern, Führungskräften aller Ebenen und mit politischen Vertreterinnen und Vertretern

Besonderheiten:

Die Position einer Amtsleitung wird für die Dauer von zwei Jahren auf Probe übertragen. Während dieser Zeit bieten wir im Beamtenbereich ein Beamtenverhältnis auf Probe. Für Tarifbeschäftigte gilt § 31 TVöD.

Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung und Qualifikation vorrangig berücksichtigt. Die Stadt … verfolgt eine Politik der Chancengleichheit.

…“

3
Hierauf bewarben sich der Antragsteller, der mit Beschluss vom 11. November 2020 notwendig Beigeladene sowie zwei weitere Bewerber P. und S.
4
Mit allen vier Bewerbern wurde am 29. Januar 2020 ein strukturiertes Interview durchgeführt.
5
Im Auswahlvermerk vom 5. März 2020 wurde festgestellt, dass ein strukturiertes Interview mit Fachfragen zu den Themengebieten Heimaufsicht, Ordnungsrecht, Katastrophenschutz, Brandschutz, ÖPNV mit integrierten Elementen einer spontanen Präsentation und eines Rollenspiels (90 Minuten) durchgeführt worden sei. Die Wahrnehmungen aus dem Interview dienten neben den Zeugnissen und dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für die Beurteilung und Entscheidung und seien in Interviewleitfäden handschriftlich dokumentiert. Als Anforderungsprofil auf Grund der Stellenausschreibung seien die Punkte „Vorstellung/Motivation/Vorbereitung“, „fachliche und strategische/methodische Kompetenz“ sowie „Führungskompetenz und soziale Kompetenzen“ definiert. Bei der Gegenüberstellung der vier Bewerber wurde das Gesamtergebnis festgestellt, dass der Bewerber S. und der Beigeladene eine Absage erhalten sollten, der Antragsteller auf Rang 1 und der Bewerber P. auf Rang 2 lägen. Aus dem Vergleich der aktuellsten dienstlichen Beurteilungen/fiktiven Laufbahnnachzeichnungen der Beamtinnen hinsichtlich der Führungskompetenz ergab sich:

Beurteilungskriterium

Beigeladener

Bewerber P.

Antragsteller

Einzelmerkmal Führungspotential

12 Punkte

Kein Eintrag

Kein Eintrag

Einzelmerkmale zum Führungserfolg

Kein Eintrag

durchgehend

13 Punkte

durchgehend

13 Punkte

Potentialeinschätzung Führungseignung

Für Sachgebietsleitung und Arbeitsbereiche mit Personalverantwortung

Für Sachgebietsleitung und stv. Amtsleitung

Für Amtsleitung

6
Im Auswahlvorschlag wurde ausgeführt:
„Aufgrund des Leistungsgrundsatzes (Eignung, Befähigung und Leistung, vgl. Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 BV) und unter Einbeziehung der Ergebnisse der dienstlichen Beurteilungen sowie des einvernehmlichen Ergebnisses im Vorstellungsgespräch soll die Stelle mittels folgender Reihung besetzt werden:

Reihenfolge

Name

1.

Antragsteller

2.

Bewerber P.

Begründung im Detail:
Wer ein konstitutives Anforderungsprofil nicht erfüllt, kommt für die Auswahl von vornherein nicht in Betracht, mag er auch sonst dienstlich besser beurteilt sein. Zum konstitutiven Anforderungsprofil gehören neben der beruflichen Qualifikation auch „sehr gute Verwaltungs- und Rechtskenntnisse“ sowie „sichere und umfassende EDV-Kenntnisse“. Insbesondere auf Grundlage der dienstlichen Beurteilungen bzw. Arbeitszeugnisse konnte bei keinem der Bewerber festgestellt werden, dass diese Anforderungen nicht erfüllt sind (siehe hierzu auch Punkt 7 Anforderungsprofil als Kriterium).
Das beschreibende Anforderungsprofil bietet dem Dienstherrn hingegen die Gelegenheit, diejenigen Kriterien, auf die es ihm besonders ankommt, und die im Rahmen des Leistungsvergleichs von besonderem Gewicht sein sollen, aufzustellen. Bei einem lediglich beschreibenden Anforderungsprofil handelt es sich um ein Kriterium, das einen Beurteilungsvorsprung ausgleichen kann (vgl. BayVGH vom 25.5.2011).
Von dieser Möglichkeit wurde im vorliegenden Verfahren durch die Aufstellung und Veröffentlichung eines entsprechenden Anforderungsprofils Gebrauch gemacht (siehe Stellenausschreibung, in welcher auch auf das Stattfinden entsprechender Vorstellungsgespräche hingewiesen wurde).
Damit wurde auch eine entsprechende Gewichtung im Vorfeld anhand des Anforderungsprofils festgelegt und kommuniziert.
Die Bewerber durften und mussten davon ausgehen, dass es neben den Beurteilungen gleichermaßen auch auf die Erkenntnisse aus den geführten Auswahlgesprächen ankommt.
Auswahlverfahren nach Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG können zusätzlich neben dienstlichen Beurteilungen Grundlage für die Entscheidung des Dienstherrn sein, wobei der Dienstherr nach Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG die Gewichtung bestimmt (siehe soeben hierzu).
Rein unter Rekurs auf die vorliegenden Beurteilungen ergibt sich folgendes Bild:
Im Gesamturteil haben der Antragsteller, der Beigeladene und der Bewerber P. das punktgleiche Gesamturteil (jeweils 13 Punkte). Dabei handelt es sich bei dem Antragsteller und dem Beigeladenen um Beamte der Besoldungsgruppe A 12, bei Bewerber P. um einen Beamten der Besoldungsgruppe A 11 (der sich erst seit 11/2017 im Dienst der Stadt … befindet und noch in A 10 beurteilt wurde). Bewerber S. ist Tarifbeschäftigter in EG 10.
Dabei ist zu sehen, dass den Beurteilungen/Leistungsnachweisen in der vorliegenden Fallkonstellation schon von daher kein „überproportionales“ Gewicht zukommen kann, weil sie nur über eine eingeschränkte Aussagekraft verfügen, da 4 verschiedene Falltypen aufeinandertreffen: namentlich handelt es sich bei der Beurteilung des Beigeladenen um eine Regelbeurteilung der Stadt … (2014 - 2017), bei der Beurteilung des Antragstellers um eine fiktive Fortschreibung/Laufbahnnachzeichnung (2014 - 2017), bei der Beurteilung von Bewerber P. um eine Regelbeurteilung der Stadt … (2016 - 2018), deren Beurteilungszeitraum sich nur auf ein Jahr bei der Stadt … bezieht (01.07.2017 - 31.10.2018), bei Bewerber S. liegt ein Zwischenzeugnis als Leistungsnachweis (2015) vor.
Es ist eine punktgleiche Beurteilung im niedrigeren Statusamt grds. „weniger wert“ (vgl. analog Leistungsnachweis für Tarifbeschäftigte) als im höheren Amt, so dass der Antragsteller und der Beigeladene jedenfalls rein nach der Beurteilung vorne liegen.
Im Auswahlverfahren stellte sich die Situation wie folgt dar:
Der Beigeladene und Bewerber S. werden mit Blick auf die im Anforderungsprofil aufgestellten Kriterien nicht in die Reihung mit aufgenommen (vgl. die Tabelle Punkt 7 „Anforderungsprofil als Kriterium“).
Die beiden gereihten Bewerber wiesen im Auswahlverfahren nach, dass sie das Anforderungsprofil in verschiedenem Maß erfüllen (vgl. die Tabelle, Punkt 7 „Anforderungsprofil als Kriterium“).
Ausschlaggebend für die festgelegte Reihenfolge sind daher wiederum die dienstlichen Beurteilungen. Zwar erreichten beide gereihten Bewerber in ihrer letzten dienstlichen Beurteilung/fiktiven Laufbahnnachzeichnung 13 Punkte, jedoch erhielt der an Rang 2 gereihte Bewerber P. diese Beurteilung in Besoldungsgruppe A 10, während sich der Rang 1 an gereihte Antragsteller bereits in Besoldungsgruppe A 12 befand. Der Beamte des höheren Statusamtes weist damit einen höheren Leistungsstand auf, da das Ergebnis seiner fiktiven Laufbahnnachzeichnung auf der Anlegung eines strengeren Maßstabs beruht. Eine Binnendifferenzierung nach Art. 16 Abs. 2 LlbG zwischen den beiden in der Reihung befindlichen Beamten und des nicht gereihten Beamten ist aufgrund des im Auswahlverfahren festgestellten Unterschieds hinsichtlich der Eignung nicht notwendig.“
7
Mit Schreiben des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2020 wurde der Personalrat über die beabsichtigte Stellenbesetzung informiert. Auf Anforderung wurden dem Personalrat weitere Informationen zu den Bewerbern mit Schreiben vom 13. März 2020 übermittelt:

Bewerber

Punkte der letzten BU

Eingruppierung

Beigeladener

13

A 12

Bewerber P.

13

A 11

Bewerber S.

Zwischenzeugnis vom 14.09.2015 - entspricht etwa der Note gut bis sehr gut

EG 10

Antragsteller

13

A 12

8
Daraufhin stimmte der Personalrat der beabsichtigten Maßnahme am 19. März 2020 zu.
9
In nicht öffentlicher Sitzung des Ferienausschusses am 27. März 2020 wurde die Besetzung der Planstelle entsprechend der Reihung genehmigt.
10
Daraufhin teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 2. April 2020 mit, dass beabsichtigt sei, die Stelle der Leitung des Ordnungsamtes mit ihm zu besetzen. Mit Schreiben gleichen Datums wurde dem Beigeladenen und dem Bewerber S. mitgeteilt, dass sich der Ferienausschuss für einen anderen Bewerber entschieden habe. Dem Bewerber P. wurde mit Schreiben vom 2. April 2020 mitgeteilt, dass er im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens den 2. Rang erreicht habe und dementsprechend zum Zuge kommen würde, falls der Bewerber, auf den die Entscheidung gefallen sei, die Stellenbesetzung ablehnen sollte.
11
Der Antragsteller informierte mit Schreiben vom 6. April 2020, dass er als Personalratsvorsitzender der Antragsgegnerin bis zum 31. Juli 2021 freigestellt sei und es ihm daher leider nicht möglich sei, die Stelle tatsächlich anzutreten. Er wolle seiner eingegangenen Verpflichtung gerne in vollem Umfang nachkommen. Gleichzeitig bitte er im Rahmen der gesetzlich normierten fiktiven Laufbahnnachzeichnung für vollständig freigestellte Personalratsmitglieder, die mögliche Beförderung in die Besoldungsgruppe A 13, 3. QE, unter Berücksichtigung des Verfahrensergebnisses zur Besetzung der Leitung des Ordnungsamtes der Antragsgegnerin wohlwollend zu prüfen und in die Wege zu leiten.
12
Mit Schreiben vom 3. April 2020, eingegangen bei der Antragsgegnerin per Telefax am selben Tag, legten die Bevollmächtigten des Beigeladenen Widerspruch gegen die Ablehnung vom 2. April 2020 ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Bewerbung des Beigeladenen ohne unzureichende Begründung zurückgewiesen worden sei. Der Dienstherr sei jedoch verpflichtet, dem unterlegenen Bewerber rechtzeitig vor der beabsichtigten Ernennung des erfolgreichen Bewerbers eine begründete Mitteilung zu erteilen, damit der unterlegene Bewerber seine Rechte im vorläufigen Rechtsschutz wahren könne. Es werde daher um Mitteilung gebeten, wie viele Bewerber es für die streitgegenständliche Stelle gegeben habe und welche Auswahlkriterien für die Besetzung der streitgegenständlichen Stelle zu Grunde gelegt worden seien.
13
Die Antragsgegnerin übermittelte den Bevollmächtigten des Beigeladenen mit Schreiben vom 8. April 2020 den Auswahlvermerk und bestätigte, dass bis 27. April 2020 von einer Stellenbesetzung abgesehen werde.
14
Die Bevollmächtigten des Beigeladenen trugen mit Schriftsatz vom 20. April 2020 unter Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen für ein Stellenbesetzungsverfahren vor, dass auf Grund des Auswahlvermerkes nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Beigeladene nicht in die Reihung aufgenommen worden sei. Bei dem Punkt Entscheidungsstärke/Führungskompetenz fehle es bereits an einem konstitutiven Anforderungsprofil. Darüber hinaus habe der Beigeladene in der dienstlichen Beurteilung 2017 bezüglich des Einzelmerkmals Führungspotenzial 12 Punkte zuerkannt erhalten. Die Fähigkeit zur Entwicklung und Durchsetzung von Zielen sei ebenfalls mit 12 Punkten bewertet worden. Entschlusskraft, Entscheidungsfreude sei mit 12 Punkten bewertet worden. Vor diesem Hintergrund würden mit der dienstlichen Beurteilung 2017 gerade Führungs- und Sozialkompetenz sowie Entscheidungsstärke bestätigt. Der Beigeladene habe nicht mehr am Leistungsvergleich teilgenommen. Dies wäre aber unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zwingend erforderlich gewesen. Die durchgeführten Vorstellungsgespräche könnten nur neben den dienstlichen Beurteilungen berücksichtigt werden.
15
Vorliegend habe zwischen dem Beigeladenen und dem ausgewählten Bewerber auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilungen schon keine im wesentlichen gleiche Leistung und damit eine Patt-Situation vorgelegen, die ergänzend ein Vorstellungsgespräch zur Leitungsauswahl erforderlich gemacht hätte. Zwar seien beide Bewerber in der letzten dienstlichen Beurteilung mit 13 Punkten bewertet worden, der Beigeladene habe dies jedoch im Statusamt der Besoldungsgruppe A 12, der Antragsteller hingegen in einer um zwei Stufen niedrigeren Besoldungsgruppe erhalten. Damit bestehe ein eindeutiger Leistungsvorsprung zu Gunsten des Beigeladenen. Des Weiteren wurden Ausführungen zum Auswahlgespräch vom 29. Januar 2020 gemacht.
16
Der ausgewählte Bewerber sei zuletzt in der Besoldungsgruppe A10 beurteilt worden, so dass ihm das streitgegenständliche Amt nicht übertragen werden könne, da dieser zunächst in die Besoldungsgruppen A 11 und A 12 befördert werden müsste, um dann den mit A 13 bewerteten Beförderungsdienstposten erhalten zu können. Es werde um kurzfristige Bestätigung gebeten, dass auch weiterhin von einer Besetzung des Dienstpostens abgesehen werde.
17
Die Antragsgegnerin sagte mit Schriftsatz vom 21. April 2020 zu, dass bis zum 2. Juni 2020 die streitgegenständliche Stelle nicht besetzt werde, da Zeit für eine sachgerechte Prüfung der Ausführungen benötigt werde. Mit weiterem Schreiben vom 20. Mai 2020 wurde den Bevollmächtigten des Beigeladenen mitgeteilt, dass die streitgegenständliche Stelle bis zum 30. Juni 2020 nicht besetzt werde.
18
Der Personal- und Organisationsausschuss beschloss in nicht öffentlicher Sitzung am 22. Juni 2020 die Aufhebung der Auswahlentscheidung „Amtsleiter/in Ordnungsamt“ und die Wiederholung des Auswahlverfahrens. Der Beschlussvorschlag enthielt folgende Ausführungen:
"I. Sachvortrag
Die Nachbesetzung der Planstelle 295 „Amtsleiter/in Ordnungsamt“ wurde aufgrund der zum 1. Mai 2020 erfolgten Umsetzung des Stelleninhabers erforderlich. Nachdem im Jahre 2019 bereits zwei Ausschreibungen erfolglos blieben, wurde das bisherige Ordnungsamt in zwei Ämter aufgeteilt. Anschließend wurde die Stelle am 9. Dezember 2019 erneut intern und interkommunal ausgeschrieben, worauf interne Bewerbungen von drei Beamten und einem Tarifbeschäftigten eingingen.
Mit allen Bewerbern wurden strukturierte Interviews durchgeführt, die Fachfragen und integrierte Elemente einer spontanen Präsentation sowie eines Rollenspiels enthielten.
Infolge dieser Vorstellungsgespräche legte das Vorstellungsgremium eine Reihung fest, die dem Ferienausschuss zur Entscheidung vorgelegt wurde.
Mit Schreiben vom 2. April 2020 informierte das Amt für Personal und Organisation die Bewerber über die am 27. März 2020 durch den Ferienausschuss getroffene Auswahlentscheidung im Stellenbesetzungsverfahren „Amtsleiter/in Ordnungsamt“. Der Sachvortrag für den Ferienausschuss liegt als Anlage bei.
Daraufhin legte ein unterlegener Bewerber, vertreten durch den …, mit Schreiben vom 3. April 2020 Widerspruch gegen die Ablehnung seiner Bewerbung ein. Der Widerspruch wurde mit einem weiteren Schreiben vom 20. April 2020 ausführlich begründet.
Nach eingehender Prüfung der Einwände, welche die Rechtsvertretung des Widerspruchsführers vorgebracht hat, ist die Verwaltung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auswahlentscheidung einer gerichtlichen Prüfung möglicherweise nicht standhält.
Insbesondere lag keine vergleichbare Beurteilungslage vor, da keine Anlassbeurteilungen eingeholt wurden. Zudem war die Dokumentation der Bewerbungsgespräche möglicherweise mängelbehaftet.
Daher soll die Auswahlentscheidung aufgehoben und eine neue herbeigeführt werden. Hierdurch wird das Auswahlverfahren auf den Stand des Eingangs der Bewerbungen zurückgesetzt. Von diesem Punkt an ist es zu wiederholen.“
19
Anschließend wurden den Bevollmächtigten des Beigeladenen mit Schreiben vom 30. Juni 2020 mitgeteilt, dass der Widerspruch des Beigeladenen zum Anlass genommen worden sei, die Auswahlentscheidung einer eingehenden rechtlichen Prüfung zu unterziehen, auf Grund derer die Auswahlentscheidung aufgehoben worden sei. Das Verfahren werde daher als Ganzes auf den Stand des Eingangs der Bewerbungen zurückgesetzt und sei von diesem Punkt an zu wiederholen. Der mit Schreiben vom 3. April 2020 eingegangene Widerspruch werde daher als erledigt erachtet.
20
Dem Antragsteller wurde mit Schreiben gleichen Datums, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 1. Juli 2020, mitgeteilt, dass der Widerspruch eines Mitbewerbers zum Anlass genommen worden sei, die Auswahlentscheidung nochmals einer eingehenden rechtlichen Prüfung zu unterziehen, auf Grund derer beschlossen worden sei, die getroffene Auswahlentscheidung insgesamt aufzuheben. Das Verfahren werde daher als Ganzes auf den Stand des Eingangs der Bewerbung zurückgesetzt und sei von diesem Punkt an zu wiederholen. Das Schreiben vom 2. April 2020 sei daher gegenstandslos. Es werde um Mitteilung gebeten, ob die Bewerbung im Hinblick auf die neue Situation aufrechterhalten werde. Gleichlautende Schreiben erhielten auch die weiteren Bewerber.
21
Daraufhin teilten der Antragsteller, der Beigeladene und der auf Rang 2 gereihte Bewerber P. mit, die Bewerbung aufrechterhalten zu wollen. Der vierte Bewerber S. nahm seine Bewerbung zurück.
22
Der Personalrat der Antragsgegnerin wies mit Schreiben vom 2. Juli 2020 darauf hin, dass dem Personalrat keine Informationen über die Aussetzung des Verfahrens vorlägen. Bei dem Verfahrensabbruch durch den Beschluss des Personal- und Organisationsausschusses vom 22. Juni 2020 handele es sich um einen Beteiligungsvorgang nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 1. Alternative BayPVG. Es werde um Erläuterung gebeten, weshalb diese Beteiligung nicht erfolgt sei. Eine entsprechende Beteiligung müsse vor Vorlage im Entscheidungsgremium erfolgen. Der Personalrat fordere daher, den Punkt in der nächsten Personalratssitzung mit entsprechenden Informationen nochmals vorzulegen, um diesen nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPVG beschlussmäßig zu behandeln.
23
Der Antragsteller ließ mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28. Juli 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen per Telefax am selben Tag, wegen Abbruchs des Stellenbesetzungsverfahrens einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen und beantragen,
1.
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den mit Bescheid vom 30. Juni 2020 vorgenommenen Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens als „Leiter des Ordnungsamtes“ rückgängig zu machen und das diesbezügliche Auswahlverfahren umgehend fortzusetzen,
2.
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
24
Zur Begründung wurde auf den Bewerbungsverfahrensanspruch gemäß Art. 33 Abs. 2 GG verwiesen. Dieser Anspruch erlösche, wenn das Verfahren beendet werde. Dies könne zum einen durch die Ernennung des ausgewählten Bewerbers geschehen, zum anderen aber auch dadurch, dass das Stellenbesetzungsverfahren ohne Ergebnis, d.h. ohne Ernennung eines Bewerbers abgebrochen werde. Wie eine Ernennung ziehe auch ein Abbruch diese Rechtsfolge nach sich, wenn er rechtsbeständig sei.
25
Der Dienstherr sei bei der Entscheidung über den Abbruch eines Auswahlverfahrens in unterschiedlichem Maße rechtlich gebunden. Es komme darauf an, ob sich der Dienstherr entschieden habe, die konkrete Stelle nicht mehr zu besetzen, oder aber das eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen werde, die Stelle aber in einem neuen Verfahren weiterhin besetzt werden solle. Bei der Entscheidung eine Stelle nicht mehr besetzen zu wollen, sei der Dienstherr auch dann, wenn er ein Stellenbesetzungsverfahren bereits begonnen habe, keinen strengeren Bindungen unterworfen, als sie für personalwirtschaftliche Entscheidungen darüber, ob und welche Ämter geschaffen würden und wie Dienstposten zugeschnitten werden sollten, auch ansonsten gelten würden. Eine solche Entscheidung unterfalle dem Organisationsermessen des Dienstherrn. Anderes gelte, wenn der Dienstherr unbeschadet der getroffenen Abbruchentscheidung die Stelle weiterhin vergeben wolle, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich halte. Da die Stelle weiterhin vergeben werden solle, sei Art. 33 Abs. 2 GG Prüfungsmaßstab. Die Entscheidung, das in Gang gesetzte Auswahlverfahren abzubrechen, beziehe sich insofern nicht auf Zuschnitt und Gestaltung des Amtes, sondern auf die organisatorische Ausgestaltung seiner Vergabe, die als wesentliche Weichenstellung für die nachfolgende Auswahlentscheidung bereits selbst den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen müsse. Deswegen bedürfe es für die Abbruchentscheidung eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG genüge. Der Dienstherr könne demnach das Auswahlverfahren abbrechen, wenn es fehlerhaft sei und nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen könne oder wenn eine erneute Ausschreibung erforderlich werde, um eine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber zu erhalten. Genüge die Abbruchentscheidung diesen Vorgaben nicht, sei sie unwirksam und das in Gang gesetzte Auswahlverfahren nach dessen Maßgaben fortzuführen. Eine neue Ausschreibung dürfe dann nicht erfolgen. Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs setzte darüber hinaus voraus, dass der wesentliche Abbruchgrund schriftlich dokumentiert werde. Bei der demnach anzustellenden Prüfung, ob die Gründe für den Abbruch vor Art. 33 Abs. 2 GG Bestand haben würden, sei allein auf die in der Begründung abgegebene Erwägungen abzustellen. Die vorliegende Abbruchentscheidung genüge diesen Maßgaben der Rechtsprechung nicht. Es sei in dem Fall nicht ersichtlich, warum aus dem vorhandenen Bewerberkreis keine Auswahlentscheidung nach Bestenauslesegesichtspunkten mehr möglich sei. Ein durchgreifender sachlicher Grund, der die Antragsgegnerin berechtigen würde, das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen, sei nicht erkennbar und sei von der Antragsgegnerin zudem nicht ausreichend vorgetragen. Somit gelte nach wie vor die Zusage an den Antragsteller.
26
Ein Anordnungsgrund liege vor. Er ergebe sich bereits aus dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens, das auf eine sofortige Verpflichtung des Dienstherrn gerichtet sei und daher bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden könne.
27
Die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin zeigten sich mit Schriftsatz vom 4. August 2020 an und bestätigten, dass von der Durchführung eines erneuten Stellenbesetzungsverfahrens abgesehen werde, bis über den streitgegenständlichen Antrag nach § 123 VwGO rechtskräftig entschieden worden sei.
28
Die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin beantragten mit Schriftsatz vom 11. August 2020, den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.
29
Es wurde darauf hingewiesen, dass für die Bewerber folgende aktuelle periodische Beurteilungen vorgelegen hätten:
„- Bewerber S.
Zwischenzeugnis vom 14.9.2015 (bei dem Bewerber handelt es sich um einen Beschäftigten in der EG 10).
- Beigeladener Periodische Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1.12.2014 - 30.11.2017 in der Besoldungsgruppe A 12 (Gesamturteil 13 Punkte)
- Bewerber P.
Periodische Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1.7.2016 - 31.10.2018 in der Besoldungsgruppe A 10 (Gesamturteil 13 Punkte)
Beförderung nach A 11 am 1.11.2018 - Antragsteller Fiktive Laufbahnnachzeichnung für den Zeitraum 1.12.2014 - 30.11.2017 in der Besoldungsgruppe A 12 (Gesamturteil 13 Punkte). Bei dem Antragsteller handelt es sich um ein voll freigestelltes Mitglied des Personalrats.“
30
Mit Beschluss vom 27. März 2020 sei der Antragsteller als bester Kandidat für die Stelle ausgewählt worden, an zweiter Stelle sei der Bewerber P. gereiht worden.
31
Zur Begründung wurde ausgeführt:
32
Der Streitwert bemesse sich bei einem Antrag, der lediglich auf die Fortsetzung des Auswahlverfahrens gerichtet sei, nach dem Regelstreitwert im Sinne von § 52 Abs. 2 GKG. Lediglich wenn der Antrag auch auf die Vergabe des Dienstpostens gerichtet sei, betrage der Streitwert ¼ der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes. Vorliegend sei beantragt worden, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den mit Bescheid vom 30. Juni 2020 vorgenommenen Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens rückgängig zu machen und das diesbezügliche Auswahlverfahren umgehend fortzusetzen. Dies stelle einen Antrag auf Fortsetzung des Auswahlverfahrens dar und nicht auf Vergabe des Dienstpostens, so dass vorliegend der Auffangstreitwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,00 EUR anzusetzen sei. Für den Fall, dass die angerufene Kammer darüber hinaus von einem Antrag auf Vergabe des Dienstpostens ausgehen wolle und ¼ der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes anzusetzen wäre, werde mitgeteilt, dass es sich hierbei um einen Betrag in Höhe von 17.438,05 EUR handele (¼ der Jahresbezüge in A 13 inklusive Jahressonderzahlung, aber ohne familienbestandsabhängige Bestandteile).
33
Vorauszuschicken sei, dass das streitgegenständliche Stellenbesetzungsverfahren nicht abgebrochen, sondern lediglich die zunächst getroffene Auswahlentscheidung aufgehoben worden sei. Ein Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens liege vor, wenn das Verfahren insgesamt abgebrochen und die Stelle neu ausgeschrieben werde. Denn mit dem Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens werde unmittelbar Einfluss auf die Konkurrenzsituation und damit auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung genommen, weil sich hierdurch die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern lasse. Vorliegend bleibe aber der Bewerberkreis unverändert, eine erneute Ausschreibung der Stelle erfolge gerade nicht, sondern das Auswahlverfahren werde auf den Stand des Eingangs der Bewerbungen zurückversetzt, um Mängel des bisherigen Auswahlverfahrens zu heilen. Diese Vorgehensweise sei z.B. angezeigt, wenn - wie hier - versäumt worden sei, Anlassbeurteilungen einzuholen, um eine vergleichbare Beurteilungslage zu schaffen (BayVGH, B.v. 5.2.2019 - 3 CE 18.2608 -). Vor diesem Hintergrund fehle es vorliegend schon an einem Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Fortsetzung des Auswahlverfahrens. Denn der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers laufe nicht Gefahr, unterzugehen, vielmehr bleibe ihm die Rechtsschutzmöglichkeit der Geltendmachung von Eilrechtsschutz für den Fall, dass er nach Fortsetzung des Auswahlverfahrens und einer getroffenen neuen Auswahlentscheidung nicht zum Zuge kommen sollte, unbenommen. Aus den selben Erwägungen sei vorliegend auch keine Eilbedürftigkeit in Form eines Anordnungsgrundes gegeben.
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Auch ein Anordnungsanspruch fehle. Die zunächst getroffene Auswahlentscheidung sei auf Grund des Widerspruchs eines der Bewerber einer rechtlichen Prüfung unterzogen worden. Diese habe zum Ergebnis, dass zum einen dem grundsätzlichen Vorrang der dienstlichen Beurteilungen bei Auswahlentscheidungen nach dem Leistungsgrundsatz wohl nicht ausreichend Rechnung getragen worden sei. Insbesondere sei vor der Entscheidung, Auswahlgespräche zu führen, kein Vergleich der Beurteilungslage vorgenommen worden. Darüber hinaus sei versäumt worden, zunächst eine vergleichbare Beurteilungslage zu schaffen, indem Anlassbeurteilungen für die Bewerber erstellt würden. Dies habe nämlich im Hinblick auf die Bewerber S. und P. erfolgen müssen. Denn für den Bewerber S. habe nur ein Zwischenzeugnis aus dem Jahr 2015 vorgelegen, für den Bewerber P. eine Beurteilung für den Zeitraum 1. Juli 2016 - 31. Oktober 2018. Letzterer sei zudem unmittelbar nach Ablauf des Beurteilungszeitraums seiner nachgeholten Beurteilung, nämlich zum 1. November 2018, nach A 11 befördert worden. Dieser Tatsache habe im Auswahlverfahren bei Fehlen einer Beurteilung, die dessen Leistungen in diesem Statusamt bewertet habe, nicht berücksichtigt werden können. Hierbei habe es sich um einen Zeitraum von 14 Monaten bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 2. Januar 2020 gehandelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die Einholung einer Anlassbeurteilung in einer solchen Konstellation geboten.
35
Auch habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass bei einer von der Dienstherrin vorgenommenen strikten Gewichtung zwischen Beurteilungen und wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren erforderlich sei, dass eine solche Gewichtung im Vorhinein anhand des Ausschreibungsprofils festgelegt werde. Dies sei vorliegend nicht erfolgt, vielmehr sei auf Grund der fehlenden Vergleichbarkeit der Beurteilungen davon ausgegangen worden, dass eine Gewichtung dahingehend erfolgen könne, dass den Beurteilungen und den Auswahlgesprächen jeweils das gleiche Gewicht zukomme, ohne dass dies zuvor in der Ausschreibung dokumentiert worden sei. Dieser Mangel solle nun dadurch geheilt werden, dass zunächst nach der Schaffung einer vergleichbaren Beurteilungslage diese ausgewertet und sodann ergänzend Auswahlgespräche geführt würden, die neben den dienstlichen Beurteilungen als Entscheidungsgrundlage herangezogen würden, wie dies von der Rechtsprechung vorgesehen sei. Darüber hinaus gebe es Diskrepanzen bei den Äußerungen des Beigeladenen im strukturierten Interview, die dieser im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geltend gemacht habe. Das strukturierte Interview sei in der Gestalt dokumentiert worden, dass nicht die inhaltlichen Aussagen der Bewerber sämtlich im Ergebnis festgehalten worden seien, sondern in erster Linie die Bewertung dieser Aussagen durch die Auswahlkommission. Auch dies würde bei einer Wiederholung des Auswahlverfahrens nicht mehr so gehandhabt werden, so dass auch dieser Mangel geheilt wäre.
36
Die Gründe für die Aufhebung der ursprünglichen Auswahlentscheidung und die Fortsetzung des Auswahlverfahrens mit den selben Bewerbern sei auch in den Akten dokumentiert worden. Hierüber hätte sich der Antragsteller durch Akteneinsicht und/oder Anforderung der konkreten Begründung für die Aufhebung der Auswahlentscheidung innerhalb der Monatsfrist, binnen derer der Antrag auf Fortsetzung des Auswahlverfahrens vor dem Verwaltungsgericht eingereicht habe werden müssen, Kenntnis verschaffen können.
37
Durch die Aufhebung der Auswahlentscheidung, für die ein sachlicher Grund bestehe, werde auch der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht verletzt. Dieser werde erneut in das fortgesetzte Auswahlverfahren einbezogen, ohne dass sich der Bewerberkreis verändert habe. Nicht mehr einbezogen werde lediglich der Bewerber S., da dieser seine Bewerbung zwischenzeitlich zurückgezogen habe. Die von der Antragsgegnerin einzuholenden Anlassbeurteilungen zur Schaffung einer vergleichbaren Beurteilungslage würden sich auf einen Zeitraum beziehen, der am 21. Dezember 2019 ende, da die Bewerbungsfrist am 2. Januar 2020 abgelaufen sei, so dass auch insoweit eine Rückversetzung des Verfahrens auf den Stand des Eingangs der Bewerbungen erfolgen und alle Bewerber nach wie vor die selben Chancen haben würden.
38
Die Regierung von Mittelfranken teilte mit Schreiben vom 26. August 2020 mit, dass sie von ihrer Beteiligungsbefugnis gemäß § 36 VwGO, § 5 LABV Gebrauch macht.
39
Die Bevollmächtigten des Antragstellers erwiderten mit Schriftsatz vom 3. September 2020: Es liege entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ein Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens vor. Entscheidend sei insoweit, dass das Verfahren als Ganzes auf den Stand des Eingangs der Bewerbung zurückgesetzt und von diesem Punkt an zu wiederholen sei. Dies führe die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 30. Juni 2020 ausdrücklich an. Selbst wenn dies nicht der klassische Abbruch sein solle, komme diese Maßnahme einem Abbruch gleich.
40
Der Antragsteller habe sich schon mehrfach auf eine entsprechende Stelle beworben. Jedes Mal habe die Antragsgegnerin die Stellenbesetzung mit dem Antragsteller abgelehnt. Dass der Antragsteller die Stelle bekomme, sei für ihn von enormer Wichtigkeit, vor allem im Hinblick auf die Häufigkeit der Zurückweisungen erscheine es als sehr wahrscheinlich, dass dem Antragsteller sich in absehbarer Zeit nicht mehr eine solche Gelegenheit ergeben würde. Es ergäben sich für ihn auf Grund seiner Stellung als freigestellter Personalratsvorsitzender nur eingeschränkte Möglichkeiten, was von der Antragsgegnerin verkannt werde. Entgegen den Darstellungen der Antragsgegnerin bestehe vor diesem Hintergrund ein Rechtsschutzbedürfnis. Auch bestehe ein Anordnungsgrund und Eilbedürftigkeit, weil sich dem Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit eine solche Gelegenheit nicht mehr ergeben werde. Bei einem unter völlig neuen Bedingungen durchzuführenden neuen Verfahren sei es für den Antragsteller völlig offen und unberechenbar, ob er noch einmal die Stelle erhalten werde.
41
Bis auf den Beigeladenen hätten alle anderen offensichtlich schon nicht in die Bewerberauswahl einbezogen werden dürfen. Die anderen Mitbewerber gehörten einer niedrigeren Besoldungsgruppe an. In dem Fall wäre eine Beförderung schon auf Grund der Tatsache, dass eine Sprungbeförderung nicht möglich sei, rechtswidrig gewesen. Der einzige andere Mitbewerber, der in die Bewerberauswahl hätte mit einbezogen werden müssen, habe seinen Widerspruch gegen die Beförderung des Antragstellers erst eingelegt, nachdem der Antragsteller erklärt habe, dass er auch nach Erhalt der Stelle weiterhin seine Stelle als Personalratsvorsitzender, für die er freigestellt sei, ausüben wolle. Dieser Vorgang sei der Antragsgegnerin aus zahlreichen Vorgesprächen mit dem Antragsteller bekannt. In dieser Beziehung liefere die Antragsgegnerin keine nachvollziehbare Begründung, warum die Auswahl nicht auf den einzig möglichen Mitbewerber gefallen sei.
42
Die Ausführungen der Antragsgegnerin hinsichtlich der Verfahrensfehler bei der Auswahlentscheidung seien irrelevant, weil der Antragsgegnerin von vornherein bekannt gewesen sein musste und auch gewesen sei, dass diese Mitbewerber diese Stelle nicht erhalten könnten. Es könne nicht sein, dass sich die Antragsgegnerin nunmehr auf diesen Umstand berufe, obwohl ihr bereits von vorneherein klar gewesen sei, dass die Mitbewerber gar nicht in die Auswahlentscheidung hätten einbezogen werden dürfen. Warum dies dennoch geschehen sei, entziehe sich der Kenntnis. Im Hinblick auf den Beigeladenen als einzig entscheidenden Mitbewerber würden keine Verfahrensfehler von der Antragsgegnerin geltend gemacht. Der Antragsteller habe die Stelle daher zu Recht erhalten.
43
Es sei zu vermuten, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller nur deswegen die Stelle infolge des Stellenabbruchsverfahrens entzogen habe, weil er bekanntermaßen weiterhin Personalratsvorsitzender habe bleiben wollen und er die Stelle damit tatsächlich nicht ausgeübt hätte. Hierin sei eine Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers als Personalratsvorsitzender zu sehen. Die Antragsgegnerin benachteilige ihn durch den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens auf Grund seiner Stellung im Personalrat und verstoße damit gegen personalvertretungsrechtliche Grundsätze. Dies wäre allerdings als ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz anzusehen.
44
Die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin replizierten mit Schriftsatz vom 14. September 2020, dass trotz des Vortrags der Bevollmächtigten des Antragstellers weiterhin kein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers bzw. das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erkennbar sei. Für die Qualifizierung als Abbruch eines Auswahlverfahrens sei maßgeblich, ob damit unmittelbar Einfluss auf die Konkurrentensituation, d.h. die Bewerberlage, genommen werde oder nicht. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Bewerberlage unverändert bleibe, also keine neuen Bewerbungen zugelassen würden.
45
Soweit der Antragstellervertreter ausführe, dass es für diesen von enormer Wichtigkeit sei, dass er die Stelle bekomme und für ihn auf Grund seiner Stellung als freigestellter Personalratsvorsitzender nur eingeschränkte Möglichkeiten verblieben, gehe an der Sache vorbei. Dadurch, dass das Auswahlverfahren ab dem Stand des Eingangs der Bewerbungen wiederholt würde, würden die Rechte des Antragstellers und seine Möglichkeiten nicht beeinträchtigt werden.
46
Unabhängig davon treffe nicht zu, dass bis auf den Beigeladenen die anderen Mitbewerber nicht in das Auswahlverfahren hätten einbezogen werden dürfen. Für den Bewerber S. könne dies dahinstehen, da dieser seine Bewerbung nicht mehr aufrechterhalte. Für den Bewerber P. ergebe sich aus den Verwaltungsakten, dass für den Fall, dass dieser zum Zuge gekommen wäre, beabsichtigt gewesen sei, den Beamten zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Planstelle im Rahmen des Organisationsermessens der Behörde in besoldungsrechtlicher Unterbesetzung zuzuweisen und die notwendigen Beförderungen erst nach Vorliegen der jeweiligen laubahnrechtlichen Voraussetzungen vorzunehmen. Die Einbeziehung auch dieses Bewerbers sei deswegen keineswegs rechtswidrig. Die Tatsache, dass dieser Bewerber ein niedrigeres Statusamt innegehabt habe bzw. innehabe, sei natürlich im Leistungsvergleich und dort insbesondere im Beurteilungsvergleich zu berücksichtigen.
47
Vor diesem Hintergrund sei aus den in der Antragserwiderung vom 11. August 2020 nochmals dargelegten Gründen das Auswahlverfahren zu wiederholen. Die Vermutung des Vertreters des Antragstellers, dass eine Wiederholung auf Grund der Tatsache erfolge, weil der Antragsteller die Stelle nicht angetreten, sondern weiterhin Personalratsvorsitzender habe bleiben wollen, werde zurückgewiesen. Die Gründe für die Wiederholung des Auswahlverfahrens seien bereits ausführlich dargelegt worden. Anlass hierzu habe insbesondere der Widerspruch des Beigeladenen gegeben, so dass schon hieraus ersichtlich sei, dass die Wiederholung des Auswahlverfahrens in keinem Zusammenhang mit der Entscheidung des Antragstellers stehe, die Stelle nicht anzutreten. Es treffe auch nicht zu, dass bei der Wiederholung des Auswahlverfahrens völlig neue Bedingungen gelten würden. Tatsächlich erfolge zunächst ein Beurteilungsvergleich, diesmal unter Herstellung einer vergleichbaren Beurteilungslage, wie dies im Widerspruch des Beigeladenen u.a. moniert worden sei und sodann gegebenenfalls erneute Auswahlgespräche mit umfangreicherer Dokumentation erfolgen würden. Dies dürfe gerade den Antragsteller nicht tangieren, müsse für diesen doch ohnehin auf Grund seiner Vollfreistellung als Personalrat eine fiktive Laufbahnnachzeichnung zu Grunde gelegt werden. Auch sei der Antragsgegnerin in der Tat bekannt, dass damit zu rechnen gewesen sei, dass der Antragsteller sein Amt als Personalratsvorsitzender behalten und das in Streit stehende Amt gar nicht antreten werde. Dennoch habe sie diesen auf Grund der überzeugenden Ergebnisse im strukturierten Interview, die im Einklang mit dem Ergebnis seiner fiktiven Laufbahnnachzeichnung stünden, ausgewählt, sodass die Argumentation des Antragstellervertreters, dass die Beibehaltung des Amtes als Personalratsvorsitzender der Grund für die Wiederholung des Auswahlverfahrens sei, nicht plausibel sei.
48
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte verwiesen.

Gründe

II.
49
Der Antrag ist bereits unzulässig.
50
1. Dem Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
51
a) Zwar kann effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gegen den unberechtigten Abbruch eines Auswahlverfahrens nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden, da die zeitnahe Fortführung eines Auswahlverfahrens mit dem bestehenden Bewerberkreis nicht mit der Hauptsacheklage erreicht werden kann. Aus dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens, das auf eine sofortige Verpflichtung des Dienstherrn zur Fortsetzung des Auswahlverfahrens gerichtet ist und daher bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden kann, ergibt sich in der Regel der Anordnungsgrund für einen Antrag nach § 123 VwGO (BVerwG, U. v. 3.12.2014 - 2 A 3/13 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 8.7.2011 - 3 CE 11.859 - juris Rn. 22).
52
Auch vorliegend begehrt der Antragsteller die Fortsetzung des Auswahlverfahrens für die Stelle der Amtsleitung des Ordnungsamtes der Antragsgegnerin. Genau dieses Vorgehen hat jedoch die Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber mit Schreiben vom 30. Juni 2020 angekündigt. Denn der Antragsteller wurde in diesem Schreiben über die Aufhebung der auf dem Auswahlvermerk vom 5. März 2020 basierenden Auswahlentscheidung vom 27. März 2020 wegen formeller und materiell-rechtlicher Fehlern und die Wiederholung des Auswahlverfahrens ab Eingang der Bewerbungen mit dem gleichen Bewerberkreis informiert. Insoweit geht der Antrag des Antragstellers ins Leere.
53
Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers handelt es sich bei der Aufhebung der Auswahlentscheidung gerade nicht um den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahren. Vielmehr hat die Antragsgegner in rechtlich gebotener Weise gehandelt, indem sie die zu Gunsten des Antragstellers getroffene Auswahlentscheidung zurückgenommen hat (BayVGH, B.v. 29.9.2005 - 3 CE 05.1705 - juris Rn. 23).
54
Nach ständiger Rechtsprechung kann der Dienstherr aufgrund seines Organisationsermessens ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden. Liegt kein solcher Grund für den Abbruch vor, so darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen. Durch eine gleichwohl in einem neuen Auswahlverfahren getroffene Auswahlentscheidung werden die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt (BVerwG, B.v. 29.7.2020 - 2 VR 3/20 - juris Rn. 12 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 12.7.2011 - 1 BvR 1616/11 - RiA 2012, 29 Rn. 24, B.v. 28.11.2011 - 2 BvR 1181/11 - NVwZ 2012, 366 Rn. 22 f. und BVerwG, U.v. 3.12.2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 16 ff.).
55
Ein sachlicher Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens ist u.a. gegeben, wenn der Dienstherr den unverändert bleibenden Dienstposten weiterhin vergeben will, aber den Ausgang des ersten Auswahlverfahrens als unbefriedigend empfindet oder das bisherige Verfahren nach seiner Einschätzung an nicht behebbaren Mängeln mit der Folge leidet, dass eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung allein in einem weiteren Auswahlverfahren denkbar erscheint. Insoweit geht es nicht um das dem Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerte Organisationsermessen des Dienstherrn, sondern bereits um das Auswahlverfahren, für das die aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensansprüche maßgebend sind (BVerwG, B.v. 29.7.2020, a.a.O., Rn. 13).
56
Entsprechend handelt es sich gerade dann nicht um einen Abbruch des Auswahlverfahrens, wenn der Dienstherr eine bereits getroffene Auswahlentscheidung aufhebt, um seiner Verpflichtung, eine rechtmäßige, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG standhaltende Auswahlentscheidung zu treffen, gerecht zu werden, ohne für die erneut vorzunehmende Auswahlentscheidung den Bewerberkreis zu verändern. Denn unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung (s.o.), dass der Abbruch eines Auswahlverfahrens ohne sachlichen Grund einer Neuausschreibung entgegensteht, ist für einen an diesen Anforderungen zu messenden Verfahrensabbruch denknotwendig erforderlich, dass für den Fall, dass der Dienstherr den Dienstposten weiterhin besetzen will, eine neue Stellenausschreibung, aufgrund der sich ggf. der Bewerberkreis verändern kann, durchgeführt werden soll.
57
So liegt hier jedoch der Fall offensichtlich nicht, da die Antragsgegnerin keine neue Stellenausschreibung vornehmen möchte, sondern im Rahmen des bereits mit Stellenausschreibung vom 9. Dezember 2019 eingeleiteten Auswahlverfahrens aufgetretene Mängel beseitigen möchte.
58
Dieses Vorgehen der Antragsgegnerin trägt dabei auch dem in der Rechtsprechung angenommenen sachliche Grund, dass ein Verfahren abgebrochen werden kann, wenn nach Einschätzung des Dienstherrn das Verfahren an nicht behebbaren Mängeln leidet, mit der Folge, dass eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung allein in einem weiteren Auswahlverfahren denkbar erscheint, Rechnung. Danach ist der Dienstherr letztlich verpflichtet, vor einem Abbruch zu prüfen, ob die Mängel im laufenden Auswahlverfahren, beseitigt werden können, und ggf. einzelne Phasen des Auswahlverfahrens zu wiederholen.
59
Insoweit ist der vorliegende Sachverhalt mit der Situation vergleichbar, dass im Rahmen eines durch einen unterlegenen Bewerber eingeleiteten gerichtlichen Eilverfahrens das Gericht aufgrund festgestellter Mängel im Auswahlverfahren die Besetzung der Stelle mit dem ausgewählten Bewerber vorläufig untersagt und aufgrund dessen der Dienstherr das Auswahlverfahren ab dem Zeitpunkt vor dem festgestellten Mangel wiederholt. Dabei ist kein Grund erkennbar, dass eine andere Beurteilung sachgerecht sein sollte, wenn der Dienstherr - wie hier - bereits vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens seine Fehler erkennt und von sich aus die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um diese zu beseitigen. Denn für die Antragsgegnerin war es nicht zumutbar, trotz - anlässlich eines vom Beigeladenen eingeleiteten Widerspruchsverfahrens - erkannter Mängel an der Auswahlentscheidung festzuhalten und damit sehenden Auges weitere gerichtliche Schritte des Beigeladenen und daraus folgend höhere Kosten zu provozieren.
60
Die Antragsgegnerin hat die Gründe für die Aufhebung der Auswahlentscheidung bereits in der Sitzungsvorlage für die Sitzung des Personal- und Organisationsausschusses am 22. Juni 2020 dokumentiert und diese Vorlage dem Auswahlvorgang beigefügt, sodass der Antragsteller die maßgeblichen Gründe im Rahmen einer Akteneinsicht, die weder bei der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren beantragt worden ist, hätte in Erfahrung bringen können.
61
Insoweit erachtet die Kammer auch die von der Antragsgegnerin in der Sitzungsvorlage dokumentierten und im gerichtlichen Verfahren ausführlicher vorgetragenen Gründe für die Aufhebung der Auswahlentscheidung als stichhaltig. Über die dokumentierten Gründe hinausgehende, sachwidrige Gründe für die Aufhebungsentscheidung sind nicht erkennbar. Insbesondere handelt es sich bei dem Hinweis des Bevollmächtigten des Antragstellers, die Aufhebung sei nur erfolgt, um den Antragsteller als freigestelltes Personalratsmitglied von der Stellenbesetzung auszuschließen, um eine nicht belegbare Mutmaßung. Dass der Antragsteller bei früheren Stellenbesetzungsverfahren nicht zum Zug gekommen sei, ist als Beleg für diese Feststellung nicht ausreichend, da bei Annahme von ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren eine Auswahl nach den Grundsätzen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung erfolgt sein sollte. Im Übrigen spricht gegen eine Aufhebung zum Ausschluss des Antragstellers die Tatsache, dass der Antragsteller erst einmal ausgewählt worden ist. Hätte die Antragsgegnerin die ausgeschriebene Stelle nicht mit dem Antragsteller besetzen wollen, so hätte die Antragsgegnerin in dem fehlerhaft durchgeführten Verfahren sicherlich auch ein Argument gefunden, um die Auswahlentscheidung nicht zu Gunsten des Antragstellers treffen zu müssen.
62
Die Aufhebung der Auswahlentscheidung ist darüber hinaus auch nicht fehlerhaft, weil der Personalrat erst mit Schreiben vom 30. Juni 2020 und damit nach der Entscheidung des Personal- und Organisationsausschusses am 22. Juni 2020 über die Aufhebung informiert worden ist. Auch wenn die Beförderung im Sinn des Art. 2 Abs. 2 LlbG (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayPVG) bzw. die Übertragung der Dienstaufgaben eines anderen Amts mit höherem Endgrundgehalt (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPVG) grundsätzlich mitbestimmungspflichtig ist, so bedürfen Maßnahmen, die nicht durchgeführt werden, bei deren ursprünglicher Entscheidung der Personalrat aber bereits zugestimmt hat, keiner Mitbestimmung (Dirnberger/Henneke/Meyer/Schliesky/ Schwarting/Sponer/Steger/Stubenrauch/Winkel/Klang/Bülow/Dieter/Haßenkamp/Zimmermann, PdK Bay C-17a Art. 75 Ziff. 1). Die Personalvertretung hat keinen Anspruch darauf, dass eine Maßnahme, der sie zugestimmt hat, auch von der Dienststelle durchgeführt wird (Schleicher in: Ballerstedt/Schleicher/Faber, Bayerisches Personalvertretungsgesetz mit Wahlordnung, Art. 75 BayPVG Rn. 9).
63
b) Anlässlich der bevorstehenden Wiederholung des Auswahlverfahrens ab dem Zeitpunkt des Eingangs der zu berücksichtigenden Bewerbungen sieht sich die Kammer veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:
64
aa) Aufgrund des durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensanspruchs kann eine Auswahlentscheidung grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerfG, B.v. 11.5.2011 - 2 BvR 764/11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09, a.a.O.; U.v. 17.8.2005 - 2 C 37/04, BVerwGE 124, 99; U.v. 28.10.2004 - 2 C 23/03, BVerwGE 122, 147).
65
Über die Eignung des Bewerberfeldes kann in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - juris). Bewerber, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (BVerwG, B.v. 20.06.2013, a.a.O., Rn. 23; BVerwG, B.v. 6.4.2006 - 2 VR 2.05 - juris Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 23; ebenso: OVG Lüneburg, B.v. 21.4.2015 - 5 ME 64/15; B.v. 1.3.2016 - 5 ME 10/16). Es ist grundsätzlich zulässig, dass der Dienstherr im Anforderungsprofil des zu besetzenden Dienstpostens zwischen Kriterien, die zwingend erfüllt sein müssen (konstitutives/zwingendes Anforderungsprofil), und solchen Kriterien, deren Erfüllung wünschenswert ist (beschreibendes/fakultatives/nicht-konstitutives Anforderungsprofil), differenziert, und dass er Bewerber schon dann ablehnt, wenn sie bestimmte zwingende Merkmale des Anforderungsprofils nicht erfüllen (OVG Lüneburg, B.v. 1.12.2016 - 5 ME 153/16 - juris Rn. 27, BVerwG, U.v. 25.2.2010 -2 C 22.09 - juris Rn. 15; Nds. OVG, B.v. 26.10.2012 - 5 ME 220/12 - juris Rn. 13; B.v. 5.9.2014 - 5 ME 135/14 - juris Rn. 7; B.v. 1.3.2016 - 5 ME 10/16). Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit - soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht - auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauslese verpflichtet. Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 24; B.v. 19.12.2014, a.a.O., Rn. 20, 24). Einen Bewerber (bereits in einer ersten Auswahl) vom Auswahlverfahren auszuschließen - ihn also gar nicht in den Leistungsvergleich einzubeziehen, weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht -, steht mit dem Laufbahnprinzip nicht in Einklang (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 28; B.v. 19.12.2014, a.a.O., Rn. 25).
66
Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt. Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (BVerwG, B. v. 19.12.2014 - 2 VR 1/14 - juris; B. v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 24 ff. <28> m.w.N.).
67
Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, B.v. 19.12.2014, a.a.O., Rn. 20; B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 31). Das Anforderungsprofil muss dabei zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt und dokumentiert werden‚ damit die Gründe für diese Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2016 - 3 CE 16.1912 - juris Rn. 22; B.v. 15.2.2016 - 3 CE 15.2405 - juris Rn. 75; B.v. 4.2.2015 - 6 CE 14.2477 - juris Rn. 16).
68
Die in der Stellenausschreibung als Anforderungen festgelegten Kriterien stellen mit Ausnahme der Laufbahnbefähigung für die dritte Qualifikationsebene bzw. dem Abschluss des Beschäftigtenlehrgangs II kein konstitutives Anforderungsprofil dar. Die in der Stellenausschreibung angeführten Anforderungen stellen keine zwingend geforderten besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten dar, hinsichtlich derer davon auszugehen ist, dass eine Einarbeitung in angemessener Zeit nicht möglich sein wird. Die genannten Kriterien sind bereits Gegenstand der dienstlichen Beurteilungen und können damit im Rahmen des Leistungsvergleiches aufgrund der Beurteilungen ausreichend berücksichtigt werden und ggf. als fakultative Anforderungen im Rahmen der Binnendifferenzierung herangezogen werden.
69
Dabei steht entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers einer Einbeziehung aller Bewerber in das Stellenbesetzungsverfahren auch nicht entgegen, wenn ein Bewerber bisher noch nicht die Besoldungsgruppe A 12 erreicht (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 LlbG) oder noch nicht die erforderliche Beförderungswartezeit für eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 13 erfüllt hat (Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 LlbG). Die Bewertung des Amtes des Leiters des Ordnungsamtes als Amt der Besoldungsgruppe A 13 führt nicht zwingend dazu, dass der Dienstposten ausschließlich mit Beamten, denen das jeweilige Statusamt sofort übertragen werden kann, besetzt werden kann. Denn die nichtnormative Dienstpostenbewertung erfolgt nicht im Hinblick auf ein konkretes Dienstverhältnis oder die tatsächliche Besetzung eines Dienstpostens. Vielmehr werden Dienstposten abstrakt nach Inhalt, Art und Schwierigkeit der von ihnen umfassten Dienstgeschäfte bestimmten Ämtern und dementsprechenden Besoldungsgruppen zugeordnet (Möller in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 19 BayBesG Rn. 17). Gemäß Art. 20 Abs. 3 BayBesG richtet sich die Besoldung ausschließlich nach dem statusrechtlichen Amt; die Wahrnehmung einer Funktion oder die Erfüllung von Funktionsmerkmalen sind grundsätzlich unbeachtlich (Möller in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 20 BayBesG Rn. 7). Die Bewertung eines konkreten Amtes bringt damit zum Ausdruck, welche Besoldungsstufe der Stelleninhaber erreichen kann, nicht aber welche Besoldungsamt er zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bzw. der Stellenzuweisung innehat bzw. innehaben kann. Insoweit genügt es, wenn die Bewerber die Befähigung für die Laufbahn, der das jeweilige Besoldungsamt zugeordnet wird (hier: dritte Qualifikationsebene), besitzen.
70
Allerdings werden sich regelmäßig im Rahmen des Leistungsvergleiches Auswirkungen ergeben, wenn am Auswahlverfahren Bewerber unterschiedlicher Besoldungsgruppen beteiligt sind (vgl. hierzu auch bb)).
71
bb) Die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern ist in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.1.2018 - 3 CE 17.2440 - juris Rn. 20; B.v. 8.4.2015 - 3 CE 14.1733 - juris Rn. 28). Maßgeblich hierfür ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 22.11.2012 - 2 VR 5/12 - juris Rn. 25).
72
Daran hat sich auch nichts durch die seit 1. August 2013 geltenden Fassung des Art. 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 LlbG geändert. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat insoweit mehrfach ausgeführt, dass Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG dahingehend eine Abstufung trifft, dass dienstliche Beurteilungen stets verwendet werden müssen und weitere Auswahlmethoden zusätzlich gestattet sind (BayVGH, B.v. 11.8.2020 - 3 CE 20.1370 - juris Rn. 16; B.v. 5.8.2014 - 3 CE 14.771 - juris Rn. 45; B.v. 8.2.2018 - 3 CE 17.2304 - juris Rn. 8).
73
Die Antragsgegnerin hat diese Abstufung in der aufgehobenen Auswahlentscheidung nicht beachtet, indem sie aufgrund der unterschiedlichen Statusämter bzw. der Beschäftigteneigenschaft der Bewerber von einer fehlenden Vergleichbarkeit der vorliegenden Beurteilungen bzw. Arbeitszeugnisse ausgegangen ist, ohne den Versuch zu unternehmen eine Vergleichbarkeit herbeizuführen. Trotz der Beteiligung von Beamten und Beschäftigten an dem Stellenbesetzungsverfahren durfte die Antragsgegnerin nicht davon absehen, einen Leistungsvergleich auf der Grundlage von (ggf. einzuholenden aktuellen) dienstlichen Beurteilungen bzw. Arbeitszeugnissen oder Leistungsberichten durchzuführen.
74
Grundsätzlich müssen - um dem Gedanken der Bestenauslese bei der Auswahlentscheidung Rechnung zu tragen - für eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen in aller Regel das gewählte Beurteilungssystem gleich sein und die bei der Beurteilung zur Anwendung kommenden Beurteilungsrichtlinien, -merkmale und -maßstäbe wie Punkteskalen gleichmäßig auf sämtliche Beamte angewendet werden, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können (BVerwG U.v. 2.3.2000 - 2 C 7.99 - NVwZ-RR 2000, 621). Ihre wesentliche Aussagekraft erhalten dienstliche Beurteilungen nämlich erst in Relation zu den Bewertungen in anderen dienstlichen Beurteilungen. Um zu der erforderlichen objektiven Bewertung des einzelnen Beamten zu führen und um die Vergleichbarkeit der beurteilten Beamten zu gewährleisten, muss so weit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Die Beurteiler müssen ihrer Bewertung denselben Begriffsinhalt der Noten (Punktewerte) zugrunde legen und diese mit demselben Aussagegehalt verwenden. Das gilt insbesondere für das die Beurteilungen abschließende Gesamturteil (BVerwG, U.v. 27.2.2003 - 2 C 16.02 - NVwZ 2003, 1397; BayVGH, B.v. 14.8.2014 - 3 CE 14.377 - juris Rn. 26; B.v. 6.11.2007 - 3 CE 07.2163 - juris Rn. 41 f.).
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Um größtmögliche Vergleichbarkeit herbeizuführen, sind ggf. Anlassbeurteilungen anzufertigen (zu den Voraussetzungen für eine Anlassbeurteilung vgl. u.a. BayVGH, B.v. 27.10.2016 - 3 CE 16.1457 - juris Rn. 47 m.w.N.). Beziehen sich die Beurteilungen der Bewerber auf verschiedene Statusämter, so ist es zulässig, bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich als besser anzusehen als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten. Dieses Vorgehen ist mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar, da mit einem höheren Amt regelmäßig auch gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden sind. Dieser Grundsatz ist aber nicht schematisch anzuwenden. Vielmehr hängt das Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab (BayVGH, B.v. 27.10.2016 - 3 CE 16.1457 -juris Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 11.5.2011 - 2 BvR 764/11 - juris Rn. 11).
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Auch wenn der einzige Beschäftigte im Auswahlverfahren seine Bewerbung zwischenzeitlich zurückgezogen hat, wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass bei der Beteiligung von Beschäftigten und Beamten an einem Auswahlverfahren und der daraus resultierenden grundlegenden Unterschiede zwischen einer dienstlichen Beurteilung und einem Dienst- oder Arbeitszeugnis (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 18.11.2015 - 6 CE 15.2260 - juris Rn. 13; B.v. 8.2.2018 - 3 CE 17.2304 - juris Rn. 11; OVG SH, B.v. 27.1.2016 - 2 MB 29/15 - juris Rn. 25) zur Wahrung der Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG für Bewerber außerhalb des Beamtenverhältnisses mit den dienstlichen Beurteilungen vergleichbare aussagekräftige Leistungseinschätzungen - insbesondere qualifizierte Arbeitszeugnisse - einzuholen (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2010 - 1 WB 39/09 - juris Rn. 37 f.; Thür. OVG, B.v. 9.10.2017 - 2 EO 113/17 - juris Rn. 12; B.v. 20.7.2012 - 2 EO 361/12 - juris Rn. 11; Hess. VGH, B.v. 16.11.2008 - 1 B 1870/08 - juris Rn. 5) und an sich nicht vergleichbare dienstliche Beurteilungen mittels eines einheitlich gebildeten Vergleichsmaßstabs vergleichbar zu machen sind (vgl. NdsOVG, B.v. 21.12.2015 - 5 ME 196/15 - juris Rn. 13 f.).
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cc) Soweit nachrangig zu der Auswertung der dienstlichen Beurteilungen bzw. qualifizierten Arbeitszeugnissen auch wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, wie insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center, durchgeführt werden sollen, so ist darauf hinzuweisen, dass es einer vorhergehenden Festlegung der jeweiligen Gewichtung von Beurteilung(en) und wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren bedarf. Diese Festlegung ist bereits im Vorhinein anhand des Ausschreibungsprofils oder anhand von Ausschreibungsrichtlinien zu treffen, da sich der Dienstherr ansonsten dem Verdacht aussetzt, die Gewichtung erst in Kenntnis des Abschneidens der Bewerber getroffen zu haben (vgl. BayVGH, U.v. 8.2.2018 - 3 CE 17.2304 - juris Rn. 13; VG Ansbach, B.v. 8.6.2020 - AN 1 E 19.01521 - juris Rn. 80). Außerdem würde den Beförderungsbewerbern ansonsten die Möglichkeit genommen, sich auf eine entsprechende Gewichtung einzustellen und vorzubereiten (vgl. VG Greifswald, U.v. 14.9.2017 - 6 A 2308/16 HGW - juris Rn.50).
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Da wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren - wie ein Assessment-Center oder ein Auswahlgespräch - nach Ablauf und Inhalt einer Prüfungssituation ähnlich sind, sind bei der Rechtskontrolle die für die gerichtliche Überprüfung von Prüfungsentscheidungen entwickelten Grundsätze entsprechend heranzuziehen. Danach gilt, dass konkrete und substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung erhoben werden müssen. Darüber hinaus steht der Auswahlkommission ein Bewertungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt dahingehend überprüfbar ist, ob die objektiven Grenzen des Bewertungsspielraums verletzt wurden. Dies ist nur der Fall, wenn die Auswahlkommission Verfahrensfehler begeht, anzuwendendes Recht verkennt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt. Darüber hinaus ist auf schlüssige Rüge zu untersuchen, ob die Auswahlkommission ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt hat, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem das Auswahlverfahren dient, verkannt hat, ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und ob sie den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht (VG München, B.v. 25.5.2020 - M 5 E 19.5164 - juris Rn. 63 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 25.2.2019 - 3 CE 18.2550 - juris Rn. 12 m.w.N.). Für diese Überprüfung ist es aber erforderlich, dass auch der Ablauf und der Inhalt der wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren dokumentiert ist und nicht - wie hier - lediglich die Bewertung der Auswahlkommission.
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2. Zusätzlich konnte der Antragsteller auch keinen Anordnungsgrund geltend machen.
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Da die Antragsgegnerin angekündigt hat, dass sie das Auswahlverfahren mit dem gleichen Bewerberkreis erneut durchführen wird, kann dem Antragsteller zugemutet werden, dass er die erneute Auswahlentscheidung abwartet und dann - im Fall, dass seine Bewerbung keinen Erfolg haben sollte - diese Auswahlentscheidung mit einem Antrag gemäß § 123 VwGO angreift, um die Besetzung der Stelle mit einem anderen Bewerber vorläufig zu verhindern.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Beigeladene hat sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt, § 154 Abs. 3 VwGO. Billigkeitsgründe, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Antragsteller oder der Staatskasse aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich, § 162 Abs. 3 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der Ansatz des Auffangstreitwerts ist angemessen, weil der Antrag nur auf die Fortsetzung des Auswahlverfahrens, nicht jedoch bereits auf die Vergabe des Dienstpostens gerichtet ist. Eine Halbierung des Streitwerts scheidet ungeachtet des Umstands, dass es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, schon deshalb aus, weil allein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für das Begehren auf Fortführung des abgebrochenen Auswahlverfahrens in Betracht kommt (BayVGH, B.v. 31.8.2020 - 6 CE 20.1325 - juris Rn. 19 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 10.12.2018 - 2 VR 4.18 - juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 5.2.2019 - 3 CE 18.2608 - juris Rn. 36). Auch wenn vorliegend kein Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens vorlag, ändert sich an dieser Bewertung nichts, da der Bevollmächtigte des Antragstellers den Antrag nach § 123 VwGO unter der Annahme des Vorliegens eines Abbruchs eines Stellenbesetzungsverfahrens gestellt hat.