Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 09.12.2020 – W 6 K 20.72
Titel:

Aufhebung einer Meldesperre wegen Ermessensausfalls rechtswidrig

Normenketten:
BMG § 6, § 14, § 51 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4
BayVwVfG Art. 35 S. 1, Art. 48, Art. 49
VwVfG § 35 S. 1, § 48, § 49
Leitsätze:
1. Sowohl Eintragung als auch Aufhebung einer Auskunftssperre iSd § 51 Abs. 1 BMG stellen jeweils einen Verwaltungsakt iSd § 35 S. 1 VwVfG dar. (Rn. 14 – 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Aufhebung einer Auskunftssperre auf der Grundlage des Art. 48 bzw. 49 BayVwVfG bedarf einer Ermessensentscheidung. (Rn. 16 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Da weder § 51 BMG noch die § 6 Abs. 1, § 14 BMG eine spezielle Rechtsgrundlage für eine vorzeitige oder generelle Aufhebung einer Auskunftssperre enthalten, ist für den Erlass eines Aufhebungsbescheides auf die allgemeinen Regelungen des VwVfG zurückzugreifen. (Rn. 19 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Allein die berufliche Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragter einer Firma oder der Umstand, dass bereits eine Auskunftssperre eingerichtet wurde, begründen keine Gefahr iSd § 51 Abs. 1 BMG. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Unterrichtung des Betroffenen gem. § 51 Abs. 4 S. 3 BMG dient dem Zweck, Gründe, die einer Aufhebung der Auskunftssperre entgegenstehen und die ein Absehen von der Aufhebung durch eine Verlängerung der Auskunftssperre auch von Amts wegen gebieten könnten, zum Schutz des Begünstigten rechtzeitig vor Aufhebung der Auskunftssperre zu erfahren. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
6. Die Eintragung einer Auskunftssperre erfordert für die betroffene Person kein Leben in Anonymität. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Melderecht, generelle Aufhebung einer Auskunftssperre vor Fristablauf, maßgebliche Rechtsgrundlage, Ermessensausfall, Auskunftssperre, Verwaltungsakt, Fristablauf, Gefahrbegriff, Rechtsgrundlage, Ermessensentscheidung, Ermessensreduzierung auf Null, Abwägung, öffentliches Interesse
Fundstelle:
BeckRS 2020, 39888

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2019 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung einer Auskunftssperre im Melderegister der Beklagten.
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1. Am 23. Mai 2016 (Formblatt) sowie mit Schreiben vom 31. Mai 2016 (Hinweis auf die berufliche Tätigkeit im Sicherheitsbereich der Firma … … … beantragte der Kläger für sich und seine Familie bei der Beklagten die Einrichtung von Übermittlungssperren im Melderegister der Beklagten nach dem Bundesmeldegesetz (BMG). Dem kam die Beklagte nach Rücksprache mit der Polizeiinspektion L. a.M. nach und richtete für den Kläger und seine Familie (Ehefrau und Sohn) eine Auskunftssperre wegen glaubhaft gemachter Gefährdungen für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit o. ä. schutzwürdige Interessen gemäß § 51 Abs. 1 BMG ein, befristet bis 31. Mai 2018 (Schreiben vom 13.6.2016).
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Mit E-Mail vom 12. Februar 2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten für sich und seine Familie die Verlängerung der Auskunftssperre. Die Polizei L. a.M., bei der die Beklagte mit Schreiben vom 14. Februar 2018 anfragte, ob die früher bestehende Gefährdung durch die Tätigkeit bei der Firma … … aus Sicht der Polizei noch bestehe, teilte mit, dass die Gefährdungslage unverändert fortbestehe. Daraufhin verlängerte die Beklagte die bestehende Auskunftssperre bis zum 31. Dezember 2020 (Schreiben vom 21.2.2018)
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Mit Bescheid vom 5. Dezember 2019 hob die Beklagte die am 31. Mai 2016 eingerichtete Auskunftssperre im Melderegister wegen Gefahr für Leben, Gesundheit oder ähnlich schutzwürdige Interessen für den Kläger und seine Familie auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach Überprüfung der Auskunftssperre sei festgestellt worden, dass die Wohnanschrift des Klägers durch ihn im Internet verbreitet werde. Eine Auskunftssperre durch die Behörde sei somit wirkungslos. Bei der Einrichtung einer Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 BMG (wegen Gefahr für Leben, Gesundheit o. ä. schutzwürdige Interessen) sei ein strenger Maßstab anzulegen. Die Beklagte sei daher verpflichtet, bei Bedarf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Einrichtung der Auskunftssperre erneut zu prüfen. Die Auskunftssperre sei eingerichtet worden, weil der Kläger der Meldebehörde das Vorliegen von Tatsachen habe glaubhaft machen können, die die Annahme rechtfertigen, dass ihm oder einer anderen Person hieraus eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit o. ä. schutzwürdige Interessen erwachsen könne. Könne eine derartige Gefährdung nicht (mehr) glaubhaft gemacht werden, sei die Einrichtung der Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 BMG aufzuheben. Nachdem nicht glaubhaft gemacht werden könne, dass die Voraussetzungen für eine Auskunftssperre wegen Gefahr für Leben, Gesundheit o. ä. schutzwürdige Interessen weiterhin vorliegen, sei die Ausgangssperre somit aufzuheben gewesen. Auf den dem Kläger am 6. Dezember 2019 zugestellten Bescheid wird im Übrigen verwiesen.
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2. Am 3. Januar 2020 ließ der Kläger Klage erheben mit dem Antrag,
den Bescheid der Stadt L. a. M. - Einwohnermeldeamt - vom 5. Dezember 2019 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, erstmals im Jahr 2016 habe der Kläger für sich und seine Familie eine Auskunftssperre im Melderegister der Stadt L. am Main beantragt. Auslöser sei seine damalige berufliche Tätigkeit in der Sicherheitsabteilung der Firma … … in … … … gewesen. Der Kläger habe bei Verdacht auf Straftaten auch firmenintern gegen Mitarbeiter des vorgenannten Unternehmens ermittelt. Die Ermittlungstätigkeit des Klägers habe im Ergebnis für eine Vielzahl von Mitarbeitern der Fa. … … zu arbeits- und teilweise strafrechtlichen Konsequenzen geführt. Die Tätigkeit des Klägers habe daher erheblichen Unmut unter der Kollegenschaft zum Resultat gehabt. Dem Kläger und seine Familie seien deshalb mehrfach Straftaten angedroht worden. Damit lägen Tatsachen im Sinne des § 51 Abs. 1 BMG vor, die die Annahme rechtfertigten, dass dem Kläger und seiner Familie durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit o. ä. schutzwürdiger Interessen erwachsen könne. Vor diesem Hintergrund und unter der Referenz des Dienststellenleiters der Polizeidirektion L. a.M., Herrn … R., sowie der Leiterin des Ordnungsamtes M.-Sp., Frau K., habe der Kläger die Auskunftssperre im Melderegister der Stadt L. a.M. beantragt, welche auch erteilt worden sei. Auch die Verlängerung der Auskunftssperre sei nach erneuter Referenz des Herrn … R. erteilt worden, da dieser mitgeteilt habe, dass die Gefährdung des Klägers und seiner Familie unverändert fortbestehe. Der Bescheid vom 5. Dezember 2019, mit dem die Klägerin die geltende Auskunftssperre aufgehoben habe, sei rechtswidrig und verletze den Kläger seinen Rechten. Die Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit o. ä. schutzwürdige Interessen des Klägers und seiner Familie bestehe unverändert fort. Unabhängig davon, dass der Kläger zwischenzeitlich nicht mehr bei der Firma … … tätig sei, bestehe auch die Gefahr von Angriffen seitens der ehemaligen Kollegen bei … … fort. Die Ermittlungstätigkeit des Klägers sei mit dessen Fortgang nicht „vergeben und vergessen“. Vielmehr stehe nach wie vor zu befürchten, dass ehemalige Mitarbeiter den Kläger ausfindig machen wollten, um aus Rache strafrechtlich relevante Handlungen gegen diesen und seine Familie zu begehen. Eine Veränderung der Gefährdungssituation, die noch im Jahr 2018 durch die Polizei bestätigt worden sei, sei durch bloßen Zeitablauf nicht eingetreten. Darüber hinaus sei der Kläger zwischenzeitlich als Schöffe am Landgericht Würzburg berufen. Auch aus dieser Tätigkeit folge eine Gefahr im Sinne des § 51 Abs. 1 BMG. Soweit zur Begründung des Bescheides vom 5. Dezember 2019 ausgeführt werde, der Kläger verbreite seine Wohnanschrift im Internet, sei dies als unrichtig zurückzuweisen. Der Kläger verbreite seine Wohnanschrift nicht. Was der Beklagten ausweislich der Behördenakte vorliege, seien Interneteintragungen zweifelhafter Wirtschaftsauskunfteien. Diese Einträge erfolgten automatisiert über die öffentlich bekannt gemachten Eintragungen der Registergerichte. Die Einträge wiesen nicht die Wohnanschrift des Klägers, sondern den Unternehmenssitz der … UG (haftungsbeschränkt) aus, deren Mitgesellschafter der Kläger sei. Die Einträge seien nicht vom Kläger veranlasst. Der Kläger habe keinerlei Einflussmöglichkeiten gegen diese Eintragungen. Das zeige sich schon daran, dass zahlreiche dieser Einträge veraltet seien. Der Kläger sei bereits seit längerer Zeit nicht mehr Geschäftsführer der vorgenannten Unternehmung. Es gebe somit keine Veranlassung für die Beklagte, die erteilte Auskunftssperre aufzuheben.
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Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2020 ließ der Kläger ergänzend ausführen, dass er beabsichtige, spätestens zum Ende des Jahres 2022 die Stadt L. zu verlassen und seinen Wohnsitz in eine andere Gemeinde zu verlegen. Es werde deshalb angeregt, dass die Beklagte im Rahmen einer einvernehmlichen Regelung die Auskunftssperre noch für den Zeitraum von zwei Jahren aufrechterhalte.
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Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2020 beantragte die Beklagte sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, die Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 BMG sei im Einzelfall nach strengen Maßstäben zu prüfen. Die vom Kläger am 31. Mai 2016 beantragte Auskunftssperre für sich und seine Familie sei im Melderegister nach Prüfung und Rücksprache mit dem ehemaligen Leiter der Polizeiinspektion L. a.M., Herrn … R., eingetragen worden. Auch dem Antrag vom 21. Februar 2018 auf Verlängerung der Auskunftssperre sei seitens der Beklagten zugestimmt worden. Nach vermehrten Behördenanfragen über die Familie des Klägers habe sich die Beklagte gezwungen gesehen, den Sachverhalt erneut zu prüfen. Hierbei sei festgestellt worden, dass die private Anschrift der Familie ohne großen Suchaufwand in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen zu finden sei. Hierbei sei es nicht von Belang, wer die Einträge verwalte oder wie alt diese seien, sondern dass die Anschrift für jedermann sichtbar und nachvollziehbar sei. Eine Eintragung der Auskunftssperre gemäß § 51 Abs. 1 BMG sei im Hinblick auf die bereits schon bekannte Adresse des Klägers und seiner Familie daher wirkungslos. Ebenso sei die berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit des Klägers nicht von Belang. Das alleinige Vorliegen einer abstrakten Gefahr genüge laut BMG nicht zur Eintragung einer Auskunftssperre gemäß § 51 Abs. 1 BMG. Nach sorgfältiger Prüfung sei die Beklagte daher zu dem Schluss gekommen, die am 31. Mai 2016 eingetragene Auskunftssperre gemäß § 51 Abs. 1 BMG mit Bescheid vom 5. Dezember 2019 aufzuheben. Auf den Schriftsatz und die beigefügten Unterlagen wird verwiesen.
10
Mit Schriftsatz vom 6. November 2020 teilte die Beklagte ergänzend mit, dass die zuständige Sachbearbeiterin Frau N., sich noch daran erinnere, dass der Kläger den Antrag im Jahr 2016 dergestalt begründet habe, er sei Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung der Fa. … … gewesen. Er habe 2016 angegeben, er sei im Zuge seiner Tätigkeit verantwortlich für die Entlassung einer Mehrzahl von Mitarbeitern der Fa. … … gewesen. Der Kläger habe damals erklärt, er fühle sich deshalb bedroht. Der Leiter der Polizeiinspektion L. a.M., bei dem die Sachbearbeiterin zur Verifizierung der Angaben angerufen habe, habe die Angaben des Klägers bestätigt. Weitere Erinnerungen an das Verwaltungsverfahren im Jahr 2016 bei erstmaliger Einrichtung der Auskunftssperre habe die Sachbearbeiterin nicht.
11
In der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2020 stellten die Beteiligten die bereits schriftsätzlich formulierten Klageanträge. Für die Regierung von ... als Vertreter des öffentlichen Interesses war trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand erschienen. Mit dem Beteiligten wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

13
Über die Klage konnte trotz des Ausbleibens von Beteiligten entschieden werden, da hierauf in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 1 VwGO). Die Regierung von ... als Vertreter des öffentlichen Interesses war zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen.
14
1. Die erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) ist zulässig. Die Aufhebung der aktuell noch im Melderegister der Beklagten eingetragenen Auskunftssperre mit Bescheid vom 5. Dezember 2019 stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 BayVwVfG dar.
15
Die Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister stellt - zumindest wenn eine Bekanntgabe nach außen erfolgt - einen Verwaltungsakt dar. Hierbei handelt es sich um einen konstitutiven Rechtsakt der Meldebehörde, der die Anforderungen an eine Regelung mit Außenwirkung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG (entspricht Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) erfüllt, da hiermit die gegenüber Dritten wirkende Anordnung verbunden ist, die Anschrift des Klägers nicht bekannt zu geben (BVerwG, U.v. 21.6.2006 - 5 C 5/05 - juris Rn. 12; ebenso OVG Schl.-H., U.v. 28.4.2016 - 4 LB 8/15 - juris Rn 66) und nach Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes (zum 31.10.2015) wird mit der Einrichtung der Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 BMG ein zugunsten des Betroffenen durchzuführendes Anhörungsverfahren vor evtl. Auskunftserteilung konstituiert (§ 51 Abs. 2 BMG). Die generelle Aufhebung der Auskunftssperre und der damit für den Betroffenen verbundene Entzug dieser Rechtsposition erfüllt deshalb als sog. actus contrarius zur Einrichtung einer solchen ebenfalls die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts. Die Beklagte hat vorliegend zudem förmlich in Bescheidform entschieden.
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2. Die Klage ist begründet. Der Bescheid vom 5. Dezember 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da es zur vorzeitigen Aufhebung der Auskunftssperre auf der Grundlage des Art. 48 bzw. 49 BayVwVfG einer Ermessensentscheidung bedurft hätte, die vorliegend fehlte (Ermessensausfall).
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Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 5. Dezember 2019 hat die Beklagte die im Juni 2016 eingerichtete und im Februar 2018 (Bescheid vom 21.2.2018) nochmals befristet bis zum 31. Dezember 2020 verlängerte Auskunftssperre vor Ablauf ihrer Befristung zur Gänze aufgehoben. Da - wie oben dargestellt - sowohl die Einrichtung einer Auskunftssperre im Melderegister und damit auch deren Verlängerung Verwaltungsaktsqualität besitzen, bedarf es zur Aufhebung dieser Auskunftssperre und der damit eingeräumten Rechtsposition der Betroffenen einer Rechtsgrundlage. Da eine spezialgesetzliche Regelung hierfür im Bundesmeldegesetz nicht vorliegt, ist auf die allgemeinen Regelungen des Art. 48 bzw. 49 BayVwVfG zurückzugreifen, deren Voraussetzungen jedoch nicht vorliegen (fehlende Ermessensentscheidung). Im Einzelnen:
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2.1 Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Auskunftssperre nicht in § 51 BMG gesehen werden und auch § 6 BMG (Fortschreibung des Melderegisters) und § 14 BMG (Löschung von Daten) sind nicht einschlägig.
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2.1.1 Nach § 51 Abs. 1 BMG hat die Meldebehörde auf Antrag oder von Amts wegen unentgeltlich eine Auskunftssperre im Melderegister einzutragen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass dem Betroffenen oder einer anderen Person durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann. Nach § 51 Abs. 2 Satz 1 BMG ist eine Melderegisterauskunft dann nicht zulässig, sofern nach Anhörung der betroffenen Person eine Gefahr nach Abs. 1 nicht ausgeschlossen werden kann. Die Auskunftssperre wird nach § 51 Abs. 4 Satz 1 BMG auf zwei Jahre befristet. Sie kann auf Antrag oder von Amts wegen verlängert werden (§ 51 Abs. 4 Satz 2 BMG). Die betroffene Person ist vor Aufhebung der Sperre zu unterrichten, soweit sie erreichbar ist (§ 51 Abs. 4 Satz 3 BMG).
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Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass eine im Melderegister eingerichtete Auskunftssperre nicht absolut wirkt, sondern bei einem Auskunftsersuchen zu einem Prüfverfahren gemäß § 51 Abs. 2 BMG führt. Kommt die Meldebehörde im Rahmen dieses Prüfverfahrens zu der Bewertung, dass durch vorliegende Auskunftsersuchen keine Gefährdung des Betroffenen zu erwarten ist, so ist die Auskunft zu erteilen; ist nach dem Ergebnis des Prüfverfahrens davon auszugehen, dass eine Gefährdung nicht auszuschließen ist, so ist die Auskunftserteilung abzulehnen (siehe hierzu auch das Flussdiagramm in Anlage 13 zu den Verwaltungsvorschriften zum BMG - BMGVwV). Die Vorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 3 BMG sieht die Aufhebung einer eingerichteten Auskunftssperre vor, bestimmt in diesem Zusammenhang jedoch zwingend die vorherige Unterrichtung des Betroffenen. Vom Fall des Ablaufs der Befristung abgesehen, die dann zur Aufhebung der Auskunftssperre führt - sofern die vorherige Unterrichtung der betroffenen Person nicht weitere Gründe für eine eventuelle Verlängerung der Auskunftssperre ergibt - ist dieser Vorschrift jedoch keine Regelung dergestalt zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen eine - wie hier erfolgte - vorzeitige und generelle Aufhebung einer Auskunftssperre möglich sein soll, wodurch dann für weitere Auskunftsersuchen das oben dargestellte Prüfverfahren noch vor Ablauf der Zwei-Jahresfrist entfällt und dem Betroffenen damit die durch die Einrichtung der Auskunftssperre zu seinem Schutz vermittelte Rechtsposition entzogen wird.
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2.1.2 Eine solche Rechtsgrundlage ist auch nicht im § 6 Abs. 1 BMG oder § 14 BMG zu sehen. Nach § 6 BMG hat, wenn das Melderegister unrichtig oder unvollständig ist, die Meldebehörde es nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) 2016/679 zu berichtigen oder zu vervollständigen (Fortschreibung). Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit liegt vor bei fehlender Übereinstimmung der Eintragungen mit den zu erfassenden Tatsachen. Nach § 14 Abs. 1 BMG hat die Meldebehörde gespeicherte Daten zu löschen, wenn sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sind (Satz 1). Das gleiche gilt, wenn bereits die Speicherung der Daten unzulässig war (Satz 2). Daten sind die Angaben, die gemäß § 3 BMG im Melderegister zur Erfüllung der Aufgaben der Behörde (§ 2 BMG) gespeichert werden, u. a. auch Auskunfts- und Übermittlungssperren (§ 3 Abs. 1 Nr. 18 BMG). Auch durch bloßen Zeitablauf können Daten löschungsbedürftig werden, z. B. sobald eine Auskunftssperre abgelaufen ist. Die Löschung bedeutet die Unkenntlichmachung der Daten und ist wie die Fortschreibung des Melderegisters als schlichtes Verwaltungshandeln anzusehen (Breckwolth, Melderechts-Kommentar, Okt. 2015, § 14 BMG Rn. 7, 12, 14, str.). Zwar hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in Art. 10 BayMeldeG (Vorgängerregelung zu § 6 BMG, a. Kr. getreten zum 31.11.2015) im Wege der Auslegung und des sich ergebenden Sinn und Zweck der Vorschrift eine gesetzliche Ermächtigung für den Erlass von Verwaltungsakten zur Berichtigung von Meldedaten gesehen (BayVGH, U.v. 9.12.1988 - 5 B 87.04031 - juris Rn. 14,15 zu Art. 10 Satz 1 MeldeG - alt; Fall der Bestimmung einer Hauptwohnung eines Internatschülers; in diesem Sinne auch BayVGH, B.v. 23.9.2016 - 5 ZB 15.142 - juris Rn 5 unter Bezugnahme auf die Entscheidung v. 9.12.1988; ebenso VG Magdeburg, U.v. 20.9.2018 - 1 A 393/15 - juris Rn. 12 - ohne weitere Begründung), dies erscheint der Kammer im Falle der generellen Aufhebung einer Auskunftssperre, die eine Prognoseentscheidung der Behörde unter Abwägung öffentlicher und privater Interessen dahingehend erfordert, ob weiterhin von einer Gefährdung des Betroffenen auszugehen ist, jedoch fraglich. Die Feststellung der Unrichtigkeit des Melderegisters, das einer Fortschreibung vorangeht, würde damit erst durch die Meldebehörde im Wege eines Aktes wertender Erkenntnis geschaffen werden. Für eine solche der Fortschreibung vorgelagerte Entscheidung, durch die dann die Fortschreibung des Melderegisters nach § 6 BMG veranlasst wird, kann in § 6 BMG (gleiches gilt für § 14 BMG) jedoch nicht gleichzeitig die Rechtsgrundlage gesehen werden.
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2.1.3 Da im Bundesmeldegesetz keine spezielle Rechtsgrundlage für den Erlass eines Aufhebungsbescheides zu sehen ist, ist auf die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, nämlich Art. 48 bzw. Art. 49 BayVwVfG zurückzugreifen.
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Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 - 4 zurückgenommen werden (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG). Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde (Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG). Auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann widerrufen werden kann (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. A., § 49, Rn. 12).
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Ob der mit dem streitgegenständlichen Bescheid in der Sache aufgehobene vorangegangene Bescheid vom 21. Februar 2018 (Verlängerung der Auskunftssperre bis zum 31.12.2020) rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist, lässt sich anhand der vorliegenden Erkenntnisse nicht eindeutig beantworten. Das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 51 Abs. 1 BMG für eine Person hängt von deren individuellen Verhältnissen ab, wozu auch deren berufliche Tätigkeit gehört. Allein die berufliche Tätigkeit und damit die Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe kann eine Gefahr im Sinne des § 51 Abs. 1 BMG allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen begründen, wenn nach hinreichend dichten Tatsachenfeststellungen sich abstrakt das Vorliegen einer Gefahr für alle Angehörigen dieser Berufsgruppe ergibt (BVerwG, U.v. 14.2.2017 - 6 B 49/16 - juris Rn. 6, 7, verneint für berufsbedingte Gefährdungslage für alle Bewährungshelfer; BVerwG, U.v. 7.3.2016 - 6 B 11/16 - juris, verneint für Mitarbeiter des Sozialreferats; Sächs. OVG, U.v. 21.6.2016 - 3 A 500/15 - juris Rn. 17, verneint für den Beruf des Polizeibeamten, Richters oder Staatsanwalts; ebenso BayVGH, U.v. 2.12.2015 - 5 B 15. 1423 - juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 16.1.2020 - 17 K 2200/18 - juris, verneint für AfD-Politiker; VG Köln, U.v. 11.9.2013 - 24 K 6780/12 - juris, verneint für Finanzbeamte; VG Würzburg, U.v. 18.12.2006 - W 6 K 04.1281, „Informant der Polizei“). Gleiches gilt für die Tätigkeit des Klägers als (ehemaliger) Sicherheitsbeauftragter bei der Firma … … … an sich. Das Antragsschreiben des Klägers vom 31. Mai 2016, in dem er seine berufliche Tätigkeit und daraus erwachsende Gefährdungen schildert (Gruppenleiter Unternehmenssicherheit bei der Firma … …, Durchführung des Ermittlungsdienstes gegen Verdächtige bei Diebstählen, Unterschlagung oder ähnlichen Dingen, immer wieder Entstehen von Situationen, in denen Personen gegen ihn Drohungen aussprechen), enthält nur allgemein gehaltene Ausführungen und der angegebene Kontakt mit der Polizei bzw. dem Ordnungsamt des Landratsamts M.-Sp. bezieht sich nicht auf konkrete Vorkommnisse. Eine hinreichend konkrete Gefährdung des Klägers lässt sich daraus nicht erkennen. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Fragen des Gerichts seine beruflichen Aufgaben bei der Firma … …, die er bis zum 30. Juni 2019 ausübte, noch präzisiert und hierbei ausgeführt, Aufgabe der Sicherheitsabteilung bei der Firma … … sei es gewesen, technische Sicherheit zu leisten sowie die Organisation des Werksschutzes, wozu auch zum Beispiel der Brandschutz gehörte. Seine Aufgabe sei es zudem gewesen, Straftaten in der Firma aufzuklären. Hierzu sei die Einbindung der Personalabteilung oder der Werksleiter sowie sonstiger nötiger Stellen erforderlich gewesen. Gegebenenfalls habe es eine Anzeige bei der Polizei gegeben, z. B. wenn kein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde. Es habe ca. 30 - 40 Fälle pro Jahr gegeben, in denen er aufgrund von Meldungen aus den Abteilungen oder vom Werksleiter Untersuchungen durchgeführt habe. Er habe dann Betroffene angehört und gegebenenfalls überwacht. Im Zusammenhang mit seiner Ermittlungstätigkeit sei es mitunter in Gesprächen zur verbalen Bedrohungen gekommen. Konkret vor seiner Tür sei niemand gestanden. Die Sachbearbeiterin hat in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Gerichts angegeben, dass sie sich erinnern könne, dass seitens der Polizei L. a.M. bestätigt worden sei, dass es verbale Drohungen gegeben habe.
25
Es erscheint fraglich, ob sich aus diesem Vorbringen eine zum Zeitpunkt der Verlängerung der Auskunftssperre im Februar 2018 hinreichend konkrete Gefährdung des Klägers und seiner Familie ableiten lässt. Dies bedürfte noch näherer Präzisierung und Aufklärung (etwa der konkreten Erkenntnisse und Bewertung der ausgesprochenen Drohungen aus polizeilicher Sicht). Allein der Umstand, dass für den Kläger zuvor bereits im Jahr 2016 eine Auskunftssperre eingerichtet wurde, besagt in jedem Fall nichts darüber, ob der Kläger anlässlich der Verlängerung im Jahr 2018 noch gefährdet war. Eine nach früherem Recht eingetragene Auskunftssperre vermittelt insoweit keinen Besitzstand (BayVGH, B.v. 6.2.2014 - 5 CE 13.2667 - juris).
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Letztlich kann dahinstehen, inwieweit sich die Aufhebung der Auskunftssperre auf Art. 48 oder Art. 49 BayVwVfG stützen lässt, da es in beiden Fällen einer Ermessensentscheidung der Meldebehörde bedurft hätte, die vorliegend jedoch nicht vorliegt. Der streitgegenständliche Bescheid vom 5. Dezember 2019 enthält keine Ausführungen, die die Ausübung des Ermessens (Entschließungsermessens, Umfang und Zeitpunkt der Aufhebung) erkennen lassen. Es liegt somit ein Ermessensausfall vor, weshalb die Ausübung des Ermessens nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden kann. Nach § 114 Satz 2 VwGO können Ermessenserwägungen hinsichtlich eines Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Eine Ergänzung ist jedoch nur möglich, wenn Ermessen zumindest ansatzweise im Rahmen der angefochtenen Entscheidung ausgeübt wurde, nicht jedoch im Falle eines Ermessensausfalls.
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Im vorliegenden Fall kann insbesondere nicht von einer sog. Ermessensreduzierung auf Null im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Richtigkeit des Melderegisters (s. §§ 6, 14 BMG), dem öffentlichen Interesse an der Aufgabenerfüllung der Meldebehörden, der Erteilung von Melderegisterauskünften und der nur unter strengen Anforderungen einzurichtenden Auskunftssperre ausgegangen werden. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich auch nicht daraus, dass sich die Adresse des Klägers durch Internetveröffentlichungen bezüglich der Firma … UG, deren Gesellschafter der Kläger (früher Geschäftsführer) nunmehr ist, relativ leicht ermitteln lässt und deswegen - wie von der Behörde im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt - die Auskunftssperre weitgehend wirkungslos ist. Gleiches gilt für den Hinweis der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung, dass der Kläger zum Zeitpunkt der gewerberechtlichen Anmeldung der … UG gebeten habe, diese mit ihrer Adresse auf der Gewerbeseite der Stadt L. a.M. zu veröffentlichen.
28
Von einer Ermessensreduzierung auf Null kann nur dann ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde alle maßgeblichen Umstände bekannt sind und sich diese so gestalten, dass keine andere Entscheidung als die getroffene möglich ist. Zum Zwecke der Kenntniserlangung maßgeblicher Umstände ist regelmäßig eine vorherige Anhörung des Betroffenen erforderlich. Vorliegend wurde der Kläger weder vor Erlass der Aufhebungsentscheidung vom 5. Dezember 2019 gemäß Art. 28 BayVwVfG angehört noch gemäß § 51 Abs. 4 Satz 3 BMG vor Aufhebung der Sperre unterrichtet. Auch eine Rückfrage bei der PI L. a.M., die sowohl im Jahr 2016 als auch anlässlich der Verlängerung der Auskunftssperre im Jahr 2018 noch eine Gefährdung des Klägers bestätigt hat, hat vorliegend nicht stattgefunden. Die Unterrichtung des Betroffenen gemäß § 51 Abs. 4 Satz 3 BMG dient dem Zweck, Gründe, die einer Aufhebung der Auskunftssperre entgegenstehen und die ein Absehen von der Aufhebung durch eine Verlängerung der Auskunftssperre auch von Amts wegen gebieten könnten, zum Schutz des Begünstigten rechtzeitig vor Aufhebung der Auskunftssperre zu erfahren. Die Unterrichtung des Betroffenen im Sinne des § 51 Abs. 4 Satz 3 ist deshalb zwingend und dient - wie auch die Anhörung gemäß Art. 28 BayVwVfG - der Ermittlung der maßgeblichen Umstände, die einer Entscheidung zugrunde zu legen sind. Zwar kann eine fehlende Anhörung gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayVwVfG noch bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt und damit geheilt werden. Auch sind Verfahrensfehler nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass deren Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Hiervon kann vorliegend jedoch bereits deshalb nicht ausgegangen werden, da erst durch den schriftsätzlichen Vortrag des Klägers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bekannt wurde, dass der Kläger zwischenzeitlich ein Schöffenamt beim Landgericht Würzburg ausübt und hieraus für sich eine zusätzliche Gefährdung ableitet. Unabhängig von der Frage, ob sich hieraus eine Gefährdung - evtl. nach weiterem konkretisierenden Vortrag - hätte ableiten lassen, hätte dies jedoch in den Ermessenserwägungen berücksichtigt werden müssen, die im Kern eine Abwägung der im öffentlichen Interesse für eine Aufhebung sprechenden Gründe mit den Interessen des Betroffenen an der Beibehaltung der Auskunftssperre beinhaltet. Damit kann nicht festgestellt werden, dass durch den Verfahrensmangel der fehlenden Anhörung bzw. Unterrichtung des Klägers, wodurch das rechtzeitige Bekanntwerden dieses Umstandes (Ausübung eines Schöffenamtes) verhindert wurde, die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst worden wäre.
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Im Übrigen kann von einer Ermessensreduzierung auf Null auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil die Anschrift des Klägers wegen der Internetveröffentlichungen betreffend die Firma … UG leicht ermittelbar ist und die Auskunftssperre deshalb wirkungslos sein soll, da die Ermittelbarkeit der Anschrift eines Betroffenen in sonstiger Weise, etwa durch Handelsregistereinträge und entsprechende Auskünfte hieraus, die Eintragung einer Auskunftssperre nicht per se hindert. Die Eintragung einer Auskunftssperre erfordert nicht, dass Gefahren für die begünstigte Person insgesamt abgewendet werden und diese nicht durch sonstige Umstände (z.B. Eintragungen in anderen öffentlichen Registern, Interneteinträge u. ä.) auf sonstige Weise ermittelbar ist. Die Eintragung einer Auskunftssperre erfordert für die betroffene Person kein Leben in Anonymität (Breckwoltd, a.a.O., § 51 Rn. 36). Für solche Fälle sieht Nr. 51.0.2 der Verwaltungsvorschrift zum BMG vor, dass anlässlich der Eintragung von Auskunftssperren die Meldebehörden auf andere Ausforschungsmöglichkeiten Dritter hinweisen soll, damit von der betroffenen Person weitere, eigene Schutzmaßnahmen ergriffen werden können, wie z. B. eine Sperrung von Daten in anderen öffentlichen Registern.
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Es hätte somit zur generellen Aufhebung der Auskunftssperre einer Ermessensentscheidung bedurft, die jedoch nicht erfolgte. Der Bescheid vom 5. Dezember 2019 war damit wegen Ermessensausfalls rechtswidrig. Die dem Kläger durch die Einrichtung der Auskunftssperre vermittelte Rechtsposition wurde deshalb zu Unrecht vorzeitig vor Fristablauf entzogen und der Kläger ist dadurch in seinen Rechten verletzt. Der Bescheid war deshalb aufzuheben und die Klage hatte Erfolg.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.