Titel:
Ausweisung eines "faktischen Inländers"
Normenketten:
AufenthG § 53 Abs. 1, Abs. 2, § 54 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 1b, § 55 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 5
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1
GG Art. 6
EMRK Art. 8
Leitsätze:
1. Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte haben bei spezialpräventiven Ausweisungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zu der Wiederholungsgefahr zu treffen, wobei sie an die Feststellungen und Beurteilungen der Strafgerichte rechtlich nicht gebunden sind. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für faktische Inländer besteht kein generelles Ausweisungsverbot; vielmehr sind die im jeweiligen Einzelfall gegebenen Merkmale der Verwurzelung zu prüfen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
spezialpräventive Ausweisung, Suchtmittelabhängigkeit, Therapie, Ausweisung, Arbeitslosigkeit, Drogentherapie, Freiheitsstrafe, Handeltreiben, Niederlassungserlaubnis, Wiederholungsgefahr
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 23.02.2021 – 19 ZB 20.696
Fundstelle:
BeckRS 2020, 3944
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
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Der … 1984 in … geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger und wuchs mit seinen beiden jüngeren Geschwistern bei seinen Eltern im Bundesgebiet auf. Er ist mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und Vater eines - zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Bescheides - fünf Jahre alten Kindes mit deutscher Staatsangehörigkeit. Dem Urteil des Landgerichts … vom 26. Juli 2017 ist zu entnehmen, dass der Kläger nach eigenen Angaben mit einer anderen Frau ein weiteres am 5. März 2014 geborenes Kind hat. In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Kläger, dass er auch noch eine fünfjährige Tochter mit deutscher Staatsangehörigkeit hat und zu dieser in Kontakt steht. Nach Erwerb des einfachen Hauptschulabschlusses hat der Kläger eine Ausbildung zum Gebäudereiniger begonnen, diese aber nicht abgeschlossen. Er machte sich zunächst als Gebäudereiniger selbstständig und half danach im elterlichen Betrieb aus. Nach einer Anstellung zum Vertrieb von Beratungsverträgen zur medizinisch-psychologischen Untersuchung machte sich der Kläger nach etwa einjähriger Arbeitslosigkeit im selben Geschäftsfeld selbstständig. In diesem Zusammenhang wurde er am 21. Juli 2016 durch das Amtsgericht … wegen Betruges in zwei Fällen verurteilt. Seit dieser Verurteilung im Juli 2016 bis zur Inhaftierung am 25. Januar 2017 ging der Kläger keiner geregelten Tätigkeit mehr nach. Zum Zeitpunkt des Strafurteils beliefen sich die Schulden des Klägers nach eigenen Angaben auf mehr als 100.000 EUR.
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Der Kläger ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 35 AufenthG.
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Nach den Feststellungen des Landgerichts … im Urteil vom 26. Juli 2017 nahm der Kläger im Alter von 13 Jahren erstmals Cannabinoide. Erste Erfahrungen mit Amphetaminen in Form von Liquid Ecstasy sammelte er zwischen dem 19. und dem 21. Lebensjahr, mit Kokain im 25. Lebensjahr, mit Metamphetamin im 26. Lebensjahr sowie mit Tilidin und anderen Opioiden im 27. Lebensjahr.
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Der Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 28. September 2017 enthält folgende Eintragungen:
1. 30.11.2007 AG … Fahrlässiger Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz
15 Tagessätze zu je 40 EUR Geldstrafe
2. 20.01.2016 AG … Betrug
90 Tagessätze zu je 30 EUR Geldstrafe
3. 21.07.2016 AG … Betrug in 2 Fällen
11 Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung Bewährungszeit 3 Jahre unter Einbeziehung der Entscheidung vom 20.01.2016
4. 26.07.2017 LG … unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und vorsätzlicher unerlaubter Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz erlaubnispflichtiger Munition
6 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe Unterbringung einer Entziehungsanstalt
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Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts … vom 7. Dezember 2017 wurde die im Urteil des Amtsgerichts … vom 21. Juli 2016 gewährte Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung widerrufen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde durch Beschluss des Oberlandesgerichts … vom 1. Februar 2018 verworfen.
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Der Verurteilung vom 26. Juli 2017 lag im Wesentlichen zugrunde, dass der Kläger im November 2016 seine Großtante darum gebeten hatte, dass diese von ihrem Lieferanten Kokain besorgt, welches er nach Erwerb teilweise gewinnbringend weiterverkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Die Großtante hatte daraufhin von ihrem Lieferanten 244,07 Gramm Kokain auf Kommission übernommen. Am 9. Dezember 2016 wurde bei der Großtante das Rauschgift sichergestellt. Am 25. Januar 2017 hatte der Kläger in seiner Wohnung in … eine halbautomatische Selbstladepistole sowie diverse Patronen in Besitz.
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Der Kläger wurde am 25. Januar 2017 in Untersuchungshaft genommen und befand sich anschließend in Strafhaft. Seit dem 27. August 2018 ist er im Bezirkskrankenhaus (BKH) … aufgrund des Urteils des Landgerichts … vom 26. Juli 2017 untergebracht.
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Die Beklagte hörte den Kläger und dessen Ehefrau jeweils mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 zu den beabsichtigten aufenthaltsbeenden Maßnahmen gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG an.
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Mit Bescheid vom 19. Juli 2018 wies die Beklagte den Kläger aus dem Geltungsgebiet des Aufenthaltsgesetzes aus (Ziffer I), ordnete unter Ziffer II den Sofortvollzug der Maßnahme unter Ziffer I an, befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf die Dauer von acht Jahren ab Ausreise bzw. Abschiebung (Ziffer III), ordnete unter Ziffer IV die Abschiebung unmittelbar aus der Haft bzw. aus dem Maßregevollzug heraus insbesondere nach Serbien an und forderte den Kläger unter Ziffer V auf, das Bundesgebiet innerhalb einer Woche ab Haftentlassung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung insbesondere nach Serbien angedroht.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bei dem Kläger aufgrund der Verurteilung durch das Landgericht … vom 26. Juli 2017 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz erlaubnispflichtiger Munition zu 6 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bestehe. Zudem liege ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG vor, da der Kläger im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei und als Ehemann sowie sorgeberechtigter Vater mit deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebe. Die Ausweisung erfolge aus general- und spezialpräventiven Gründen. Ausweisungszweck sei die Abschreckung anderer Ausländer vor gleichartigem Verhalten. Aufgrund des Gesamtverhaltens des Klägers und dessen Persönlichkeit bestehe auch eine begründete Wiederholungsgefahr. Bei der Interessenabwägung überwiege letztendlich das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers. Im Rahmen der Abwägung wurde berücksichtigt, dass der Kläger im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen ist. Eine wirtschaftliche Integration im Bundesgebiet sei aber nicht erfolgt. Bereits seit dem 13. Lebensjahr konsumiere der Kläger Drogen und sei ab dem 16. Lebensjahr mehrfach straffällig geworden. Zwar bringe der Kläger vor, dass er eine Drogentherapie erfolgreich abschließen und künftig straffrei leben wolle, jedoch konnten insbesondere der familiäre Einfluss der Geburt des Kindes sowie die Beziehung zur damaligen Lebensgefährtin, nun Ehefrau, den Kläger auch bisher nicht dauerhaft vom Drogenkonsum sowie der Begehung von Straftaten abhalten. Die zuletzt abgeurteilte Straftat habe der Kläger während des laufenden Bewährungszeitraums begangen.
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Mit Schriftsatz vom 9. August 2018 erhob der Klägerbevollmächtigte Klage und beantragte,
den Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2018 aufzuheben.
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Mit einem weiteren Schriftsatz ebenfalls vom 9. August 2018 stellte der Klägerbevollmächtigte einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO und beantragte die aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. August 2018 gegen den Bescheid vom 19. Juli 2018 anzuordnen.
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Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 21. August 2018 und beantragte
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Mangels Klage- und Antragsbegründung wurde auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen.
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Mit Schreiben vom 20. August 2018 beteiligte sich die Regierung … als Vertreterin des öffentlichen Interesses an dem Verfahren und trat mit Schriftsatz vom 6. September 2018 der Auffassung der Beklagten bei. Es sei von einer sehr hohen Gefährlichkeit des Klägers auszugehen. Bei dem Kläger handle es sich um einen Bewährungsversager mit Alkohol- und Betäubungsmittelabhängigkeit, der zuletzt zu einer ganz erheblichen Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten verurteilt wurde. Das Vorleben des Klägers sei bereits seit der Jugend durch Alkohol- und Betäubungsmittelmissbrauch geprägt. Die Betäubungsmittelabhängigkeit sei auch nicht bewältigt. Selbst wenn der Kläger die Maßregel erfolgreich durchlaufen würde, wäre die Rückfallgefahr noch außerordentlich hoch. Die Ausweisung sei vor allem auch im Hinblick auf die gefährdeten Rechtsgüter rechtmäßig und verhältnismäßig.
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Laut Therapiebericht des Bezirkskrankenhauses … vom 18. Dezember 2019 befindet sich der Kläger seit dem 27. August 2018 in der Maßregelvollzugsbehandlung gemäß § 64 StGB. Bei ihm bestehen folgende Diagnosen: Psychische und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch - Abhängigkeitssyndrom (ICD-10 F19.2) und dissoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.2). Der Kläger habe das Basisbehandlungsprogramm der Suchttherapie durchlaufen. Die Aufarbeitung seiner Taten habe aber noch nicht begonnen werden könne, stelle jedoch einen integralen Bestandteil der weiteren Behandlung dar. Der Kläger habe somit zwar den suchtspezifischen Teil der Behandlung bereits größtenteils absolviert, jedoch sei die Deliktbearbeitung noch ausstehend. Im gesamten Behandlungsverlauf sei der Kläger rückfallfrei geblieben und zeige Abstinenzmotivation. Aktuell befinde er sich in der Lockerungsstufe C (alleiniger Ausgang außerhalb der Klinik).
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Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2020 äußerte sich der Klägerbevollmächtigten dahingehend, dass auf Seiten des Klägers eine positive Entwicklung zu beobachten sei. Der Kläger habe während der Haft und der Therapie hochmotiviert an der Aufarbeitung seiner Vergangenheit gearbeitet und gemeinsam mit den Therapeuten die Gründe für seine Delinquenz in der Vergangenheit ergründet. Der Therapieverlauf sei sehr positiv und das Ende der Therapie sei absehbar. Dem Kläger werde gestattet, die Therapieeinrichtung über das Wochenende ohne Begleitung zu verlassen und es gebe keine Anhaltspunkte, dass er während der Therapie Kontakt zu Suchtmitteln gehabt habe. Aus diesem Grund könne von einer weiterhin bestehenden Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden. Des Weiteren bestehe ein besonders schweres Bleibeinteresse nach § 55 AufenthG. Der Kläger sei im Bundesgebiet geboren sowie aufgewachsen und spreche die deutsche Sprache perfekt. Er sei mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und habe ein deutsches Kind. Zu seinen Familienangehörigen habe er auch während der Haft- und Unterbringungszeit intensiven Kontakt gehabt. Darüber hinaus sei die Ausweisung unverhältnismäßig, da der Kläger als faktischer Inländer anzusehen sei. Er sei im Bundesgebiet fest verwurzelt und vom Land der Staatsangehörigkeit entwurzelt. Seine Familie lebe hier und er habe intensiv in der Therapie mit dem Therapeuten gearbeitet.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Behördenakte und die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid vom 19. Juli 2018 nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
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Die in Ziffer I verfügte Ausweisung des Klägers ist ebenso wenig zu beanstanden wie die in Ziffern IV und V verfügten Annexentscheidungen. Ebenso wenig zu beanstanden ist das unter Ziffer III auf die Dauer von 8 Jahren befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot.
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Die in Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheids vom 19. Juli 2018 verfügte Ausweisung ist rechtmäßig. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12; BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 25).
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Gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem Verbleib des Ausländers ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Dies ist hier der Fall.
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Die Beklagte hat die Ausweisung unter anderem auf generalpräventive Gründe gestützt. Dies ist nicht zu beanstanden. Das BVerwG hat zuletzt in den Urteilen vom 12. Juli 2018 und 9. Mai 2019 entschieden, dass sich auch nach dem seit 1. Januar 2016 geltenden Recht mit generalpräventiven Gründen ein Ausweisungsinteresse begründen lässt (BVerwG, U.v. 12.7.2018 - 1 C 16.17 - juris Rn. 16; BVerwG, U.v. 9.5.2019 - 1 C 21.18 - juris Rn. 17). Dem Gedanken der Generalprävention liegt zugrunde, dass - über eine ggf. erfolgte strafrechtliche Sanktion hinaus - ein besonderes Bedürfnis besteht, durch die Ausweisung andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Erforderlich ist regelmäßig, dass eine Ausweisungspraxis, die an die Begehung ähnlicher Taten anknüpft, geeignet ist, auf potentielle weitere Täter abschreckend zu wirken. Bei der generalpräventiven Aufenthaltsbeendigung ist besonders sorgfältig das Gewicht der mit ihr verfolgten, im öffentlichen Interesse liegenden Ziele zu ermitteln. Hierzu gehört auch für die Verwaltungsgerichte eine genaue Kenntnisnahme und Würdigung des der Aufenthaltsbeendigung zugrundeliegenden Tatgeschehens und seiner strafgerichtlichen Bewertung (BVerfG, B.v. 21.3.1985 - 2 BvR 1642/83 - juris Rn. 24). Zudem gehört der Kläger nicht zu den durch § 53 Abs. 3, 3a und 3b AufenthG privilegierten Personengruppen, so dass auch insoweit das Abstellen auf generalpräventive Gründe nicht ausgeschlossen ist.
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Die generalpräventiven Erwägungen der Beklagten sind im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Der Kläger hat sich zuletzt wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz erlaubnispflichtiger Munition strafbar gemacht. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid ausführt, dass ein gewichtiges öffentliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Einhaltung der Rechtsvorschriften besteht und anderen Ausländern deutlich vor Augen geführt werden soll, dass ein Verhalten, wie vom Kläger gezeigt, nicht hingenommen wird und zur unverzüglichen Aufenthaltsbeendigung mit allen rechtlichen Konsequenzen führt. Andere Ausländer sollen durch die Ausweisung des Klägers angehalten werden, die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beachten. Es soll damit erreicht werden, dass bei anderen Ausländern die Hemmungen verstärkt werden, Straftaten zu begehen.
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Die Beklagte hat die Ausweisung zutreffend aber auch auf spezialpräventive Gründe gestützt. Die Kammer geht mit der Beklagten davon aus, dass von dem Kläger eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zu der Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris, Rn. 18). Dabei sind die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte an die Feststellungen und Beurteilungen der Strafgerichte rechtlich nicht gebunden. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris, Rn. 33). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U.v.4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18; BayVGH, B.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 31). Bei Straftaten, die auch auf der Suchterkrankung des Ausländers beruhen, kann von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr zudem nicht ausgegangen werden, solange der Ausländer nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat. Angesichts der erheblichen Rückfallquoten während einer andauernden Drogentherapie und auch noch in der ersten Zeit nach dem erfolgreichen Abschluss einer Drogentherapie kann allein aus der begonnenen Therapie noch nicht auf ein künftiges straffreies Leben geschlossen werden (BayVGH, B.v. 26.11.2015 - 10 ZB 14.1800 - juris Rn. 7; B. v. 13.5.2015 - 10 C 14.2795 - juris Rn. 4; B.v. 21.2.2014 - 10 ZB 13.1861 - juris Rn. 6).
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Gemessen an diesen Grundsätzen geht die Kammer mit dem Beklagten davon aus, dass nach dem persönlichen Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass von ihm auch künftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Die Gefahrenprognose wird konkret durch das Verhalten des Klägers im Bundesgebiet getragen. Anlass für die Ausweisung ist die Verurteilung des Klägers durch das Landgericht … vom 26. Juli 2017 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz erlaubnispflichtiger Munition zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten. Der Kläger hatte mit seiner Großtante vereinbart, dass diese für ihn Kokain zum Weiterverkauf bzw. Eigenkonsum liefern sollte. Die Lieferung der von der Großtante beschaffenen Menge von 244,07 Gramm Kokain ist jedoch sichergestellt worden. Der Kläger hatte in seiner Wohnung eine halbautomatische Selbstladepistole sowie diverse Patronen in Besitz. Das Strafgericht sah zu Lasten des Klägers die mehrfachen Vorstrafen, die hohe Rückfallgeschwindigkeit, die Tatsache, dass er erst dreieinhalb Monate vor der Tat zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden war, dass es sich bei Kokain um eine gefährliche Droge handelt und dass die Grenze zur nicht geringen Menge um mehr als das 49-fache überschritten war.
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Ausgehend davon, dass gerade bei Fallgruppen besonders schwerer und schädlicher Delikte wie Betäubungsmitteldelikten an den Grad der Wiederholungswahrscheinlichkeit regelmäßig nur geringe Anforderungen zu stellen sind, geht die Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid daher zutreffend von einer Wiederholungsgefahr beim Kläger aus. Insbesondere nach der Höhe der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe handelt es sich bei dem abgeurteilten Betäubungsmitteldelikt um eine schwerwiegende Straftat, die typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft sind. Dies gilt insbesondere für den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln, der regelmäßig mit einer hohen kriminellen Energie verbunden ist und in besonders schwerwiegender Weise Gesundheit und Leben anderer Menschen gefährdet (BVerwG, U.v. 14.5.2013 - 1 C 13/12 - juris Rn. 12).
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Zudem wurde in dem Strafurteil die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, nachdem der im Strafverfahren eingeschaltete Sachverständige … dargelegt hatte, dass beim Kläger zur Tatzeit eine Abhängigkeitserkrankung von multiplen Substanzen vorgelegen hat. Demnach begründet die Kombination aus Abhängigkeitserkrankung und Persönlichkeitsstörung einen Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich nehmen. Laut Gutachter besteht bei Fortbestehen der Suchtmittelproblematik ein Risiko für neuerliche Straftaten aus dem Bereich der Betäubungsmitteldelinquenz. Die beim Kläger offensichtlich vorliegende Drogenabhängigkeit ist bisher auch noch nicht erfolgreich therapiert. Der Kläger befindet sich seit dem 27. August 2018 im BKH … Laut Therapiebericht des BKH … vom 18. Dezember 2019 ist der Kläger im gesamten Behandlungsverlauf rückfallfrei geblieben und befindet sich aktuell in der Lockerungsstufe C (alleiniger Ausgang außerhalb der Klinik). Er habe das Basisbehandlungsprogramm der Suchttherapie durchlaufen, die Aufarbeitung seiner kriminellen Anteile habe jedoch noch nicht begonnen werden können. Auch wenn nach den Angaben der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung die Deliktsaufarbeitung mittlerweile bereits begonnen hat, der Kläger wahrscheinlich im März 2020 in das Probewohnen wechseln können wird und das Therapieende in sechs Monaten vorgesehen ist, so genügt dies noch nicht für ein Entfallen der Wiederholungsgefahr. Um die Wiederholungsgefahr ernsthaft in Zweifel ziehen zu können, wäre jedenfalls erforderlich, dass der Kläger die Therapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig straffreien Verhaltens auch nach Straf- bzw. Therapieende glaubhaft gemacht hat (BayVGH, B.v. 3.2.2015 - 10 b 14.1613 - juris Rn. 32). Dies ist bislang nicht geschehen. Trotz der Tatsache, dass die Therapie positiv verläuft und der Kläger bisher rückfallfrei geblieben ist, ist die Kammer der Auffassung, dass nach dem persönlichen Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass von ihm auch künftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.
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Für die Wiederholungsgefahr spricht vorliegend zudem, dass der Kläger auch in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und trotz offener Bewährung wieder Straftaten begangen hat, weshalb auch die Bewährung widerrufen worden ist. Dem Beschluss des Oberlandesgerichts … vom 1. Februar 2018 ist zu entnehmen, dass sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zur Bewährung zugrunde lag, nicht erfüllt hat und dass keine günstige Sozialprognose besteht. Allein die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB genügt hierfür nicht. Der Erfolg der Behandlung kann - gerade im Hinblick auf die langjährig verfestigte Suchtmittelproblematik des Klägers - nicht als gewiss gelten.
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Nach dem Verhalten des Klägers, der Schwere der abgeurteilten Tat, der gefährdeten gewichtigen Rechtsgüter, seiner nicht therapierten Suchtmittelabhängigkeit sowie im Hinblick auf die längerfristig angelegte ausländerrechtliche Gefahrenprognose geht die Kammer daher weiterhin von einer Wiederholungsgefahr aus.
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Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt, auch unter Berücksichtigung des Art. 6 GG, des Art. 8 EMRK und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung überwiegt. Die streitgegenständliche Ausweisung des Klägers ist weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG - allerdings nicht abschließend - aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig.
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Im Fall des Klägers liegt ein vertyptes besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 1b AufenthG vor, da der Kläger durch das Landgericht … vom 26. Juli 2017 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz erlaubnispflichtiger Munition zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt worden ist.
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Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht im vorliegenden Fall ein vertyptes besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG gegenüber, da der Kläger eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie mit deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebt. Zu Gunsten des Klägers wird hinsichtlich seines weiteren Kindes jedenfalls ein schwerwiegendes Bleibeinteresse gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG angenommen.
34
Nach der erforderlichen Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (§ 53 Abs. 1 und 2 AufenthG) ist das Ausweisungsinteresse gegenüber dem Bleibeinteresse des Klägers als vorrangig anzusehen. Ob der Kläger - wie die Klägerseite vorträgt - als „faktischer Inländer“ anzusehen ist, kann letztlich dahinstehen, da die Bezeichnung eines Ausländers als „faktischer Inländer“ nicht davon entbindet, die im jeweiligen Einzelfall gegebenen Merkmale der Verwurzelung zu prüfen, und auch für faktische Inländer kein generelles Ausweisungsverbot besteht (vgl. BVerfG, B.v. 19.10.2016 - 2 BvR 1943/16 - juris Rn. 19). Die Beklagte hat im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen ist. Sie hat aber auch den langjährigen Suchtmittelkonsum und die mehrfache Straffälligkeit des Klägers gesehen sowie die Tatsache, dass eine wirtschaftliche Integration im Bundesgebiet nicht gelungen ist. Der Beklagte hat auch gewürdigt, dass weder die Geburt des Kindes noch die Beziehung zur damaligen Lebensgefährtin, nun Ehefrau, den Kläger von seinem Drogenkonsum und der Begehung von Straftaten abgehalten hat und dass die zuletzt abgeurteilte Straftat während des laufenden Bewährungszeitraums begangen worden ist. Dem Kläger ist es trotz seines langjährigen Aufenthaltes letztlich nicht gelungen einen rechtschaffenden Lebenswandel zu führen, weshalb nicht von einer erfolgreichen Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse ausgegangen werden kann. Massiv gegen den Kläger spricht auch dessen nicht therapiertes Suchtmittelproblem und die Schwere der gefährdeten Rechtsgüter, wie Leib und Leben, aufgrund des Handels mit Betäubungsmitteln. Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen Art. 6 GG und Art. 8 EMRK und erscheint angesichts der Gesamtumstände nicht unverhältnismäßig. Zu berücksichtigen ist, dass Art. 6 GG und Art. 8 EMRK keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt gewähren, sondern lediglich eine Verpflichtung begründen, die familiären Bindungen entsprechend ihrem Gewicht angemessen in die Abwägung einzustellen (BVerfG, B.v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 12). Die Trennung von seiner Familie ist dem Kläger schon insoweit zuzumuten, da sie ausschließlich Konsequenz seines kriminellen Verhaltens ist. Zudem haben ihn weder die Geburt seiner Kinder noch seine Ehefrau von der Begehung von Straftaten abgehalten. Im Übrigen besteht seit der Inhaftierung des Klägers im Jahr 2017 nur ein eingeschränkter Kontakt zu seiner Familie. Auch wenn der Kläger vorträgt, dass er im Bundesgebiet fest verwurzelt ist, keinerlei Bezug zum Heimatland hat und seine Familie hier lebt, so ist die Kammer dennoch der Überzeugung, dass es dem Kläger möglich und zumutbar ist, sich sprachlich und kulturell in Serbien zu integrieren. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger insbesondere durch seine Eltern mit der dortigen Sprache, Kultur und Tradition vertraut ist. Der Kläger wird sich, wenn auch nach anfänglichen Schwierigkeiten, in Serbien zurechtfinden. Die Schwere seiner Straftat und die daraus resultierende Gefahr für höchste Güter der Gesellschaft - hier die Unversehrtheit von Leib und Leben - rechtfertigt vorliegend den Eingriff in sein Privatleben. Dem Kläger ist auch zuzumuten, den Kontakt zu seiner Familie auf andere Weise (Telefon etc.) weiterhin aufrechtzuerhalten. Im Rahmen einer Gesamtabwägung kommt die Kammer damit unter Berücksichtigung des verfassungsmäßigen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK zu dem Ergebnis, dass vorliegend das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.
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Ist somit die Ausweisung nicht zu beanstanden, so sind auch die in Ziffern IV und V des streitgegenständlichen Bescheids gemäß §§ 58, 59 AufenthG verfügten ausländerrechtlichen Annexentscheidungen rechtlich nicht zu beanstanden.
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Keinen Bedenken begegnet auch das auf die Dauer von acht Jahren ab Ausreise bzw. Abschiebung befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot in Ziffer III des streitgegenständlichen Bescheids.
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Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in der Fassung vom 15. August 2019 ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot hat nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zur Folge, dass der Kläger nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf. Ihm darf selbst im Falle eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 AufenthG von Amts wegen zu befristen, wobei die Frist mit der Ausreise zu laufen beginnt. Über die Länge der Frist, die nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten darf, wird nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Die in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG genannte Höchstfrist von fünf Jahren ist dabei fallbezogen ohne Bedeutung, da der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zu Grunde liegt, das öffentlichen Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 56). Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Sperrwirkung muss sich dabei an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 56). Gemessen an diesen Vorgaben kann der Kläger auch nicht hilfsweise die Verpflichtung des Beklagten beanspruchen, über die Befristung der Wirkung der Ausweisung und Abschiebung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Die Beklagte ist aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Klägers, den zur Ausweisung führenden Gründen und unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid beanstandungsfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Befristung von acht Jahren angemessen ist. Dass nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gesondert angeordnet werden muss, macht den Bescheid vom 19. Juli 2018 nicht fehlerhaft, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur früheren Rechtslage war in der behördlichen Befristungsentscheidung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG a.F. regelmäßig auch die Verhängung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots von bestimmter Dauer enthalten (BVerwG, U.v. 25.7.2017 - 1 C 13.17 - juris Rn. 23).
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Im Übrigen folgt das Gericht den ausführlichen und zutreffenden Gründen des Bescheides des Beklagten vom 19. Juli 2018 und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Die Klage war somit vollumfänglich abzuweisen.
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Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.