Inhalt

Anwaltsgerichtshof München, Urteil v. 09.03.2020 – BayAGH I - 5 - 7/19
Titel:

Bescheid, Ermessensentscheidung, Rechtsanwaltschaft, Zulassung, Widerruf, Gerichtsvollzieher, Anwaltshaftung, Streitwertfestsetzung, Verwaltungsverfahren, Mitwirkungspflicht, Schuldnerverzeichnis, Stellungnahme, Vollstreckung, Klageverfahren, Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, Zulassung der Rechtsanwaltschaft, Gelegenheit zur Stellungnahme

Schlagworte:
Bescheid, Ermessensentscheidung, Rechtsanwaltschaft, Zulassung, Widerruf, Gerichtsvollzieher, Anwaltshaftung, Streitwertfestsetzung, Verwaltungsverfahren, Mitwirkungspflicht, Schuldnerverzeichnis, Stellungnahme, Vollstreckung, Klageverfahren, Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, Zulassung der Rechtsanwaltschaft, Gelegenheit zur Stellungnahme
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 17.11.2020 – AnwZ (Brfg) 20/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 38462

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist im Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
V. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über den Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO.
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Der am … in … geborene Kläger wurde mit Urkunde der Rechtsanwaltskammer München vom 07.05.2009, ausgehändigt am 14.05.2009, zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Er ist seitdem Mitglied der Beklagten.
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Mit Bescheid vom 09.04.2019 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft aufgrund Vermögensverfalls und dadurch gegebener Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO. Der Bescheid wurde dem Kläger am 10.04.2019 zugestellt.
4
Die Beklagte begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids folgende Eintragung im zentralen Schuldnerverzeichnis hatte:
DR II …, 12.10.2018, Nichtabgabe der Vermögensauskunft vom 12.10.18 aufgrund VU des LG München I vom 05.04.18 über 164.576,65 €, Az.: … (E. R.)
DR II …, 03.05.2017, Nichtabgabe der Vermögensauskunft vom 03.05.17, Vollstreckungsbescheid des AG W. vom 15.12.16 über restliche 2,65 €, Az.: … (C. T. LLP).
5
Zudem wurde Bezug genommen auf die bei der Obergerichtsvollzieherin Hö. und dem Gerichtsvollzieher Ha. vorliegenden Zwangsvollstreckungsaufträge, wobei die Forderung aus dem Urteil des AG München vom 24.11.2017, Az. …nur einmal berücksichtigt wurde. Folgende Zwangsvollstreckungsaufträge lagen vor:
6
Zwangsvollstreckungsaufträge der Obergerichtsvollzieherin Hö.:

OGVin

Hö.

Stand: 04.03.2019

Aktenzeichen

Gläubiger

Titel

Forderungshöhe

54 DR II

…0/18

J. H.

Urteil des AG München vom 24.11.17, Az.: …

4.321,63 €

54 DR II

…1/18

D. GmbH

KFB des AG München vom 10.06.18, Az.: …

697,91 €

7
Zwangsvollstreckungsaufträge des Gerichtsvollziehers Ha:

GV Ha. Stand: 21.08.2018

Aktenzeichen

Gläubiger

Titel

Forderungshöhe

DR…8/18

+

DR …4/18

J. H.

Urteil AG München vom 24.11.17, Az.: …

4.725,23 €

DR …2/18

D. GmbH

Urteil AG München vom 03.05.17

3.614,61 €

8
Der Vermögensverfall des Klägers könne vermutet, aber aufgrund der Umstände vorliegend auch positiv festgestellt werden. Die Interessen der Rechtssuchenden seien gefährdet. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO seien somit erfüllt und für eine Ermessensentscheidung kein Raum.
9
Gegen den Widerrufsbescheid vom 09.04.2019 wendet sich der Kläger mit seiner am 09.05.2019 beim Bayerischen Anwaltsgerichtshof eingegangen Klageschrift vom 09.05.2019 (vgl. Bl. 1 d.A.), die er nach Aufforderung des Anwaltsgerichtshofs mit Schriftsatz vom 17.10.2019 begründete.
10
Der Kläger wendet ein, der angefochtene Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, da ihm von der Beklagten trotz dringenden Ersuchens ein persönliches Gespräch versagt wurde. Die Anhörung im Widerrufsverfahren sei somit mangelhaft. Eine Mitwirkungspflicht des Klägers an der Aufklärung des Sachverhaltes gemäß § 32 BRAO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 2, 26 Abs. 2 BayVwVfG bestünde entgegen der Auffassung der Beklagten nicht. Eine umfassende schriftliche Stellungnahme zu dem Schreiben der Beklagten sei ihm aufgrund privater Umstände nicht möglich gewesen.
11
Im Übrigen sei die dem Bescheid zugrunde liegende Annahme eines Vermögensverfalls unzutreffend. Der Kläger habe die sich aus dem Eintrag im Schuldnerverzeichnis ergebende Vermutung des Vermögensverfalls widerlegt. Seine Aktiva würden die Passiva bei weitem übersteigen. Sämtliche in dem Widerrufsbescheid aufgeführten Titel seien längst durch Zahlung erledigt.
12
In dem Verfahren vor dem Landgericht München I, Az. …, habe er am 05.04.2018 zu Unrecht ein Versäumnisurteil als Beklagter aus Anwaltshaftung kassiert. Wegen einiger Verlegungen finde der Termin zur (nächsten) mündlichen Verhandlung erst im Dezember 2019 statt. Die Klage habe nicht die geringsten Erfolgsaussichten. Er beabsichtige gegen die Gläubigerin Anzeige wegen mehrfachen Prozessbetruges und Betruges zu erstatten. Bei einem Versäumnisurteil sei eine Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung möglich. Er sei aber nicht bereit gewesen, auf den Titel zu bezahlen, da das Geld ansonsten bei der Klägerin „weg“ gewesen wäre. Doch selbst im Falle eines Obsiegens der Klägerin dem Grunde nach wäre die geltend gemachte Forderungshöhe völlig überzogen.
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Im Übrigen verfüge der Kläger über erhebliche Aktiva, zum Beispiel über einen Miteigentumsanteil an einer Immobilie in der …, die einen geschätzten Wert von 2,8 Millionen habe. Zudem verfüge er über wertvolle Kunstgegenstände, deren Gesamtwert sich auf ca. 600.000 € belaufen würde. Darüber hinaus erhalte er monatlich eine familiäre Zuwendung in Höhe von 3.000 €. Seine Ehefrau würde aus einer Teilzeitbeschäftigung monatlich 2.000 € netto verdienen.
14
Der Kläger beantragt,
Der Bescheid der Beklagten vom 09.04.2019, zugestellt am 10.04.2019 mit dem Aktenzeichen P …, mit dem die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft widerrufen wird, wird aufgehoben.
15
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
16
Die Beklagte bringt vor, dem Kläger sei wiederholt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, sodass der Kläger ordnungsgemäß angehört wurde. Der Kläger sei auch insoweit zur Mitwirkung verpflichtet, als er Nachweise hinsichtlich Tilgungsplänen oder etwaiger Vermögenswerte, die zur Tilgung bereitstünden, zu erbringen habe. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen.
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Der Kläger habe sich im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung im Vermögensverfall befunden. Die Eintragungen im zentralen Schuldnerverzeichnis bestünden zudem bis heute. Bereits aufgrund der Eintragung im Schuldnerverzeichnis im Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids, habe die Vermutung des Vermögensverfalls bestanden. Im Übrigen habe die Beklagte nach ständiger Rechtsprechung Titel und Vollstreckungsmaßnahmen nicht auf ihre inhaltliche und verfahrensrechtliche Richtigkeit hin zu überprüfen. Ihr Bescheid sei formell und materiell rechtmäßig.
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Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 30.12.2019, dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 03.01.2020 zugestellt, wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf 09.03.2020 bestimmt und der Kläger nach § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne. Der Senat hat am 09.03.2020 mündlich verhandelt, der Kläger ist zum Termin nicht erschienen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, auf die den Kläger betreffenden Personal- und Zulassungsakten der Beklagten (Az.: P …) und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2020.

Entscheidungsgründe

I.
20
Die gemäß §§ 112a Abs. 1, 112c Abs. 1 BRAO, 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Anfechtungsklage ist zulässig. Die Klage ist auch form- und fristgerecht erhoben worden, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO i.V.m. §§ 112 c Abs. 1 BRAO. Gemäß Art. 15 Abs. 2 BayAGVwGO war ein Vorverfahren nach § 68 VwGO nicht durchzuführen.
21
Der Senat konnte ohne den nicht erschienenen Kläger verhandeln. Er wurde mit der Ladung auf die Folgen seines Fernbleibens hingewiesen, § 102 Abs. 2 VwGO (Bl. 20 d. A.; AGH Hessen Beschluss vom 12.4.2010 - 1 AGH 14/09, BeckRS 2010, 29262, BAYERN.RECHT)
II.
22
Die Klage ist jedoch unbegründet und war abzuweisen. Der streitgegenständliche Widerrufsbescheid vom 09.04.2019 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 112c Abs. 1 BRAO.
23
1) Der Widerrufsbescheid ist formell rechtmäßig.
24
Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 12.02.2019, zugestellt am 13.02.2019, Gelegenheit zur Stellungnahme zum beabsichtigten Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls gegeben, § 32 Abs. 1 S. 1 BRAO i.V.m. Art. 28 BayVwVfG. Soweit der Kläger vorbringt, er hätte persönlich angehört werden müssen, ist festzustellen, dass gesetzlich nicht vorgegeben ist, in welcher Form die Anhörung zu erfolgen hat. Die Anhörung ist vielmehr formfrei (OVG Weimar NVwZ-RR 1997, 287 (288)). Insofern obliegt es der Ermessensentscheidung der Behörde, wie sie die Anhörung vornimmt, ob diese schriftlich, mündlich oder auch fernmündlich erfolgt. Ausreichend ist es, wenn dem Betroffenen die Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich - auch in elektronischer Form - zu äußern (vgl. bereits BVerwG DVBl 1986, 430). Ein Anspruch darauf, eine mündliche Anhörung durchzuführen, besteht grundsätzlich nicht (BeckOK VwVfG/Herrmann, 46. Ed. 1.1.2020, VwVfG § 28 Rn. 17). Die Stellungnahme des Klägers vom 28.02.2019 per E-Mail wurde von der Beklagten bei ihrer Entscheidung berücksichtigt. Damit wurde dem Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör Genüge getan.
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Im Übrigen obliegt dem Kläger nach ständiger Rechtsprechung gemäß § 32 BRAO i.V. m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 2, 26 Abs. 2 BayVwVfG eine Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren. Er hat seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen (BGH Beschluss vom 06.07.2009 - AnwZ(B) 71/08, BeckRS 2009, 22020, BAYERN.RECHT).
26
2) Der Widerrufsbescheid ist auch materiell rechtmäßig.
27
Rechtsgrundlage des Widerrufs wegen Vermögensverfalls ist § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO. Nach dieser Vorschrift ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass des angegriffenen Bescheids erfüllt.
28
a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dabei ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs allein auf den Zeitpunkt des Ausspruchs des Widerrufsbescheids abzustellen, nachdem in Bayern die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich ist. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. zum Beispiel BGH Beschluss vom 8.2.2010 - AnwZ (B) 11/09 unter II 1 a). Der Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen ist (BGH Beschluss vom 10.07.2014 - AnwZ (Brfg) 15/15 unter II 1 b).
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So verhielt es sich hier. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids am 09.04.2019 war der Kläger in zwei Zwangsvollstreckungsverfahren in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts Hof eingetragen; bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist keine Löschung dieser Eintragungen erfolgt. Weitere Zwangsvollstreckungsaufträge waren anhängig. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Eintragung vom 03.05.2017 einen sehr niedrigen Restbetrag aus einer früheren Vollstreckung ausweist, allerdings schon seit langem besteht und bis zum Erlass des Widerrufsbescheides auch nicht gelöscht wurde.
30
b) Der Kläger hat die Vermutung des Vermögensverfalls auch nicht widerlegt. Um die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, muss er seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darlegen. Insbesondere muss er eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobenen Forderungen vorlegen und im Einzelnen darlegen, ob diese Forderungen inzwischen erfüllt sind oder in welcher Weise er sie zu erfüllen gedenkt (BGH Beschluss vom 15.09.2008 - AnwZ (B) 70/07 unter 2 c). Eine derartige auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids bezogene substantiierte Vermögensaufstellung unter Angabe aller bestehenden Verbindlichkeiten sowie gegebenenfalls der Vorlage eines entsprechenden Tilgungsplans ist der Kläger schuldig geblieben. Eine solche Darstellung hatte der Kläger weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch dem Senat im Klageverfahren vorgelegt. Er hat auch nicht dargelegt, dass die den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zugrunde liegende Forderungen gegen ihn erfüllt oder in anderer Weise erledigt waren. Insbesondere reichen die Ausführungen des Klägers in seiner Stellungnahme per E-Mail vom 28.02.2019 und in seiner Klagebegründung vom 17.10.2019 hierfür nicht aus. Auch zu der weiteren Entwicklung in dem Verfahren vor dem Landgericht München I unter dem Az. …, in dem im Dezember 2019 eine weitere Verhandlung hätte stattfinden sollen, trug der Kläger nicht weiter vor.
31
c) Der Hinweis auf bestehendes Immobilienvermögen vermag die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls nicht zu widerlegen. Unabhängig davon, dass die diesbezüglich vorgelegten Unterlagen unvollständig und damit wenig aussagekräftig sind, ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung Immobilienvermögen bei der Beurteilung der Vermögensverhältnisse nur dann von Bedeutung, wenn es dem Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung stand (BGH, Beschluss vom 09.02.2015 - AnwZ (Brfg) 46/14, juris, Rn. 10 m. w. N.). Der Kläger hat aber nicht vorgetragen, dass Verkaufsbemühungen vor Erlass des Widerspruchsbescheides entfaltet worden seien, um durch Verwertung seines Immobilienvermögens ausreichend Geldmittel zur Erfüllung der fälligen Forderungen zur Verfügung zu haben, zumal dem Kläger offensichtlich auch nur ein Miteigentumsanteil an der Immobilie gehört. Mit seinem Verweis auf vorhandenes Immobilienvermögen bzw. sonstiges Vermögen kann er deshalb nicht durchdringen.
32
d) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, waren bei Erlass des Widerrufsbescheids nicht erkennbar. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist von dem in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalt zu fordern, dass er die zum Schutz der Interessen Rechtssuchender erforderlichen Vorkehrungen trifft, sowie deren Einhaltung vertragsrechtlich und tatsächlich sicherstellt. Das setzt regelmäßig die Aufgabe einer Tätigkeit als selbständiger Anwalt und den Abschluss eines Anstellungsvertrags mit einer Anwaltssozietät voraus, der nach der Organisation der Sozietät, dem Umfang der Tätigkeitsverpflichtung des Rechtsanwalts gegenüber der Sozietät und den getroffenen Maßnahmen einen effektiven Schutz (auch in Vertretungsfällen) erwarten lässt (BGH Beschluss vom 04.01.2014 - AnwZ (Brfg) 62/13 unter II 1 b aa). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger derartige Schutzmaßnahmen ergriffen hat.
33
Allein der Hinweis darauf, er sei „im Bereich des Äußerungsrechts bei Facebook“ tätig und hauptsächlich mit der „Abwehr von Abmahnungen“ beschäftigt, so dass Mandantengelder nicht in Gefahr seien (E-Mail vom 28.02.2019 an die Beklagte), reicht jedenfalls nicht aus.
III.
34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 709 S. 2 ZPO.
35
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 194 Abs. 2 BRAO.
36
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung waren nicht gegeben, § 124 Abs. 2 VwGO.