Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 18.11.2020 – AN 16 K 20.01503
Titel:

Mindestnoten als zwingendes Kriterium in einem Anforderungsprofil

Normenkette:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die zwingende Vorgabe einer Mindestnote in einem Anforderungsprofil ist gemessen am Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG zulässig, weil die Prüfungsnote als ausschließlich sachliches Kriterium geeignet ist, die fachliche Eignung zu beurteilen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Eingrenzung des Bewerberkreises durch ein Mindestnotenerfordernis als Eignungskriterium verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG; dieses Freiheitsrecht begründet für Bewerber keine Ansprüche, die über diejenigen aus Art. 33 Abs. 2 GG hinausgehen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Diensther ist nicht verpflichtet, einen Ausgleich nicht hinreichender Examensnoten durch später erworbene vergleichbare berufliche Fähigkeiten zuzulassen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Recht der Bundesbeamten, Einstellungskonkurrenz, höherer nichttechnischer Verwaltungsdienst, Zulassung zum Auswahlverfahren, Bestenauslese, Mindestnotenniveau Staatsexamen, Parlamentsvorbehalt, keine (durchgreifende) Ungleichbehandlung zulasten der Klagepartei, Prüfungsnote, Mindestnote, Bewerbungsverfahrensanspruch, Stellenausschreibung, Anforderungsprofil, Berufsfreiheit, Berufserfahrung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 16.02.2022 – 6 ZB 21.197
Fundstelle:
BeckRS 2020, 38176

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Der Klägerin begehrt die Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten über die Einstellung von Volljuristinnen und Volljuristen in die Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes des Bundes.
2
Die … 1976 geborene Klägerin hat die Erste Juristische Staatsprüfung am … 2005 mit der Prüfungsgesamtnote „ausreichend (4,25)“ und die Zweite Juristische Staatsprüfung am … 2008 mit der Prüfungsgesamtnote „ausreichend (4,65)“ bestanden. Sie steht seit … 2016 als Beamtin im gehobenen Dienst der Beklagten und ist beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) tätig.
3
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schrieb unter der Kennziffer BAMF* … für den Dienstort … für verschiedene Referate der Zentrale mehrere Stellen für Volljuristinnen bzw. Volljuristen aus. Ausweislich des Anforderungsprofils wird für eine Bewerbung der Abschluss des Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamens mit mindestens 13 Punkten in der Summe der beiden Staatsexamina gefordert. Geboten werde eine unbefristete Einstellung in die Entgeltgruppe 13 TV EntgO Bund, bei Erfüllung der beamtenrechtlichen Voraussetzungen sei eine Verbeamtung vorgesehen (BesGrp A 13h BBesO). Im Rahmen des Auswahlverfahrens sei ein Assessment Center zu absolvieren.
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Mit E-Mail vom 24. März 2020 teilte das Bundesverwaltungsamt der Klägerin mit, dass ihrer Bewerbung nicht entsprochen werden könne. Die Klägerin verfüge nicht über die im Ausschreibungstext geforderte Mindestpunktzahl von 13,0 Punkten in der Summe der beiden Staatsexamina und könne daher im weiteren Auswahlverfahren nicht berücksichtigt werden.
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Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 7. April 2020 Widerspruch mit folgender Begründung: Die Zurückweisung ihrer Bewerbung allein gestützt auf das Nichterreichen der geforderten Mindestpunktzahl von 13,0 Punkten in beiden juristischen Staatsexamina verletze sie in ihrem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG. Es gehe vorliegend nicht darum, ob eine bestimmte Note isoliert betrachtet in einer Stellenausschreibung als Ausschlusskriterium verlangt werden dürfe. Eine Einengung des Bewerberkreises bedürfe sachlicher Erwägungen. Art. 33 Abs. 2 GG schütze als Gleichheitsrecht vor einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte, wie sie vorliegend gegeben sei. In anderen Ausschreibungen seien Bewerber mit Masterabschlüssen der Fachrichtungen Wirtschafts-, Verwaltungs-, Sozial- oder Politikwissenschaften gesucht worden, ohne dass eine bestimmte Abschlussnote gefordert wurde. Dort seien Leistungen einer inhomogenen Gruppe unter externen und internen Bewerbern miteinander verglichen worden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen würden sowohl Beamte des gehobenen Dienstes als auch Tarifbeschäftigte im höheren Dienst verbeamtet. Volljuristen hingegen könnten gegenüber nichtjuristischen Bewerbern lediglich über das Juristenauswahlverfahren (JAV) im Geschäftsbereich des BMI Ämter im höheren Dienst erreichen. Hieraus ergebe sich eine Ungleichbehandlung. Der Organisations- und Stellenplan des Bundesamtes unterscheide gerade nicht nach Stellen für Volljuristen und für andere Absolventen. Die Praxis zeige auch, dass teilweise einem Volljuristen ein Masterabsolvent eines anderen Studienganges oder umgekehrt nachfolge. Dies verdeutliche, dass derartige Aufgaben gleichermaßen von Volljuristen als auch Masterabsolventen ausgeführt werden können. Damit seien keine sachlichen Erwägungen für eine Ungleichbehandlung von Volljuristen gegenüber Masterabsolventen anderer Studiengänge ersichtlich, die Anknüpfung an eine bestimmte Abschlussnote bei Juristen stelle sich vielmehr als willkürlich dar. Im Übrigen sei die Validität von Studienleistungen als sehr niedrig einzuschätzen. Es sei auch nicht sachgerecht, Leistungen von Berufserfahrenen auf deren länger zurückliegende Note in deren Studienabschluss zu reduzieren. Es liege auch nicht im Interesse des BAMF, engagierten und hochmotivierten Beschäftigten keinerlei Entwicklungsperspektiven zu bieten.
6
Mit Schreiben vom 14. April 2020 sicherte die Beklagte gegenüber der Klägerin zu, eine der mit der streitgegenständlichen Ausschreibung unter der Kennziffer BAMF* … ausgeschriebenen Planstellen bis zur bestands- oder rechtskräftigen Entscheidung über ihre Bewerbung nicht zu besetzen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2020 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte in den Gründen hierzu in rechtlicher Hinsicht aus, dass der Widerspruch zwar zulässig, aber unbegründet sei. Die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin sei recht- und zweckmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zunächst erweise sich ihr Vorbringen zu nichtjuristischen Akademikern als nicht relevant, da sich die streitgegenständliche Ausschreibung ausschließlich an Volljuristinnen und Volljuristen richte. Es gehe auch nicht um die Prüfung der Frage, welche Personalentwicklungsmöglichkeiten ein Volljurist im gehobenen Dienst generell beim BAMF habe oder haben sollte. Rein vorsorglich werde aber darauf hingewiesen, dass auch bei einem Aufstiegsverfahren nach § 24 BLV der Dienstherr berechtigt wäre, eine bestimmte Mindestpunktzahl im Staatsexamen zu verlangen. Die Klägerin könne als Volljuristin nicht beanspruchen, mit nichtjuristischen Bewerbenden gleichgestellt zu werden (VG Ansbach, B.v. 4.3.2020 - AN 16 K 19.01692). Als Einstellungsvoraussetzung eine Gesamtpunktzahl von 13 Punkten aus beiden Staatsexamina zu verlangen und ungeeignete Bewerbende bereits im Vorfeld aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerbenden auszuschließen, sei rechtmäßig. Das vorliegende Anforderungsprofil der zu besetzenden Stellen sei angemessen und gewährleiste eine Auswahl- und Besetzungsentscheidung nach dem Prinzip der Bestenauslese, da die Fähigkeiten der Bewerbenden an den aufgestellten Kriterien gemessen worden seien, um dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gerecht zu werden. Dabei sei die Vorgabe einer Mindestnote in den Staatsexamina im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG zulässig, da die Prüfungsnote als ausschließlich sachliches Kriterium geeignet sei, die fachliche Eignung zu beurteilen. Das Anforderungsprofil stelle auch nicht auf Berufserfahrung ab. Die Klägerin könne daher nicht als schlichte Beförderungsbewerberin, sondern nur als Einstellungs- oder Aufstiegsbewerberin betrachtet werden. Es würden nicht die für Beförderungen entwickelten Grundsätze gelten, denn dienstliche Beurteilungen seien insoweit nur im Binnensystem eines Dienstherrn aussagekräftig. Zudem seien Beurteilungen aus dem gehobenen Dienst nur eingeschränkt für die Bewertung der Eignung in einem Auswahlverfahren im höheren Dienst berücksichtigungsfähig. Im Übrigen sei bei einem Abstellen auf berufliche Leistungen jedenfalls für jeden Bewerber eine dienstliche Beurteilung oder aussagekräftige Leistungseinschätzung zu erstellen, dies sei allerdings bei Berufsanfängern gar nicht möglich. Deshalb durfte zulässigerweise auf andere Auswahlkriterien abgestellt werden. Es sei auch zweifelhaft, dass Berufserfahrung, die ein Bewerber nach Abschluss der Zweiten Juristischen Staatsprüfung gewonnen hat, zum nachträglichen Erwerb aller derjenigen eignungsrelevanten fachlichen und insbesondere auch persönlichen Befähigungskomponenten in einer solchen Qualität zu führen vermag, wie sie regelmäßig durch das Erreichen einer Mindestnote in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung belegt worden seien. Die Klägerin sei daher im Ergebnis in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt worden. Die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung in einer ersten Auswahl sei auch nicht ermessensfehlerhaft, da keine Anhaltspunkte für einen bewussten Ausschluss aus dem Bewerbungsverfahren vorliegen. Das Ermessen sei auch nicht durch die Verwaltungspraxis der Beklagten gebunden worden, da die angeführten Verfahren gerade keine Relevanz hätten bzw. nicht vergleichbar seien.
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 4. August 2020, per Telefax beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am selben Tag, hat die Klägerin Klage gegen die Absage des Bundesverwaltungsamtes mit E-Mail vom 24. März 2020 zur Stellenausschreibung unter der Kennziffer BAMF* … in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 2. Juli 2020 erhoben.
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Zur Klagebegründung verweisen die Prozessbevollmächtigten auf das Vorbringen der Klägerin im Widerspruchsverfahren. Ergänzend wird ausgeführt, dass die Praxis des BAMF zur Besetzung von Referentenstellen nicht nachvollziehbar sei. Beim BAMF seien regelmäßig nichtjuristische Akademiker des gehobenen Dienstes über das Aufstiegsverfahren nach § 24 Abs. 1 BLV an Referentenstellen des höheren Dienstes gelangt. Volljuristen im gehobenen Dienst sei ein solches Aufstiegsverfahren verwehrt; dies sei auch Gegenstand des Monatsgesprächs für September 2020 zwischen Gesamtpersonalrat und Behördenleitung beim BAMF gewesen. Diese Verwaltungspraxis sei fehlerhaft und nicht haltbar. Die Kernaufgaben des BAMF seien rechtlich geprägt. Trotz der unabdingbar benötigten rechtlichen Kenntnisse seien zahlreiche Referentenstellen nicht etwa auf Volljuristen, sondern nichtjuristische Akademiker übertragen worden, die beim BAMF im gehobenen Dienst beschäftigt gewesen seien. Konsequenz sei gewesen, dass solche Referenten sich regelmäßig in rechtlichen Fragen rückversichernd an die ihnen untergeordneten Juristen des gehobenen Dienstes wandten. Auch sei eine schwerbehinderte Volljuristin, die 13 Punkte in beiden Staatsexamina nicht erreicht habe, zum Auswahlverfahren zugelassen und damit aus sachfremden Gründen bevorzugt worden. Die Beklagte habe im Rahmen einer Verbeamtungsaktion 2019 auch vormals tarifbeschäftigte Referatsleiter, die nichtjuristische Akademiker seien, als Beamte im höheren Dienst eingestellt. Demgegenüber würden als Referatsleiter eingesetzte Volljuristen auf Positionen als Tarifbeschäftige verwiesen und ihnen dennoch anspruchsvolle Leitungsfunktionen im Justiziariat des BAMF übertragen. Diese Vorgänge seien nicht mehr erklärbar. In Anbetracht einer solchen Besetzungspraxis könne von einer Bestenauslese und einer am Leistungsprinzip angelehnten Auswahl von Bewerbern schlicht nicht mehr gesprochen werden. Nichtjuristische Akademiker würden ungerechtfertigt besser behandelt werden als Volljuristen, die die Mindestpunktzahl nicht erreichen. Dies würde auch der örtliche Personalrat und der Gesamtpersonalrat des BAMF so sehen. Auch der Verweis der Beklagten, dass ein Vergleich mit nichtjuristischen Referenten nicht relevant sei, greife zu kurz, denn der Klägerin bleibe als Volljuristin des gehobenen Dienstes ohne Mindestpunktzahl für das Juristenauswahlverfahren überhaupt keine andere Wahl als sich dennoch auf eine derartige Ausschreibung zu bewerben, um die anschließende Absage verwaltungsgerichtlich überprüfen zu lassen. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG sei im vorliegenden Verfahren daher die gesamte, unzulässige Verwaltungspraxis der Beklagten im Geschäftsbereich des BAMF zu überprüfen. Juristen würden bei der Besetzung von Beamtenstellen im höheren Dienst gegenüber nichtjuristischen Akademikern systematisch benachteiligt. Mag eine Mindestpunktzahl in beiden Staatsexamina zulässig sein, werde diese aber zur Farce, wenn den betroffenen Volljuristen regelmäßig nichtjuristische Akademiker bei der Verbeamtung im höheren Dienst vorgezogen werden und den Juristen ohne Mindestnote diese Aufstiegsmöglichkeit von vornherein genommen wird. Letztere besäßen die sachnächste Qualifikation für die Zielstellen. Ihnen nichtjuristische Akademiker vorzuziehen, begründe keine von Sachkriterien getragene Entscheidungen. Im vorliegenden Gesamtauswahlverfahren seien interne und externe Bewerber miteinander zu vergleichen und in Relation zu setzen, dies erfordere auch die Berücksichtigung einer Bewährung in der Praxis. Zwar biete die Examensnote nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Ansbach in seinem Urteil vom 17. Januar 2017 (AN 1 K 16.00995) insbesondere bei Fehlen vorheriger praktisch erbrachter fachlicher Leistungen eine diskriminierungsfreie fachliche Eignungsvoraussetzung. Somit könne bei Berufsanfängern zulässigerweise auf die Prüfungsnote als ausschließlich fachliches Kriterium abgestellt werden, im Umkehrschluss sei allerdings bei einer Konkurrenz zwischen Berufsanfängern und erfahrenen sowie bewährten Volljuristen selbstverständlich zugunsten der nachweislich bewährten Bewerber zusätzlich auf Kriterien zur Einschätzung der fachlichen Leistung abzustellen. Zwar seien möglicherweise Bewertungen praktischer Stationsleistungen im juristischen Vorbereitungsdienst nicht vergleichbar, dies gelte aber nicht bezüglich periodischer dienstlicher Beurteilungen oder Anlassbeurteilungen von Beamten. Auch den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 3. März 2011 (Az. 5 C 16.10, Rn. 22) sei zu entnehmen, dass zwar bei Ersteinstellungen von Berufsanfängern in den höheren Justizdienst ausschließlich auf die erreichten Prüfungsnoten in den beiden juristischen Staatsexamina abgestellt werden dürfe, im Umkehrschluss ergebe sich daraus allerdings, dass bei bewährten Volljuristen des gehobenen Dienstes selbstverständlich zusätzlich zu diesen Noten auf die fachliche Leistung, wie sie sich aus dienstlichen Beurteilungen, Leistungsprämien etc. ergebe, abzustellen sei. Zudem würden bei anderen Stellenausschreibungen für Referenten unterschiedlichste Hochschulabschlüsse auf Masterniveau miteinander verglichen. Die Klägerin habe sich im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit beim BAMF außerdem hervorragend bewährt, hierfür werde auf die Ausführungen in der Antragsschrift vom 22. August 2019 im Verfahren AN 16 E 19.01648 Bezug genommen. Die Beklagte dürfe ihre Personal- und Organisationshoheit im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung nicht willkürlich ausüben. Ihr Beurteilungsspielraum sei insoweit gerichtlich prüfbar. Das Abstellen auf eine Prüfungsgesamtnote im Staatsexamen sei durch die aufgezeigte Einstellungspraxis der Beklagten beim BAMF ad absurdum geführt worden. Die Willkürgrenze sei klar überschritten. Zudem habe die Praxis der Besetzung von Referentenstellen des höheren Dienstes mit nicht nichtjuristischen Akademikern zu einer Ermessensreduktion auf null geführt, sofern es um die Zulassung von Volljuristen des gehobenen Dienstes beim BAMF zum Auswahlverfahren hinsichtlich Referentenstellen des höheren Dienstes gehe. Die Einstellungspraxis sei schließlich auch verfassungswidrig, weil die isolierte Forderung einer Mindestnote bei Volljuristen, während bei nichtjuristischen Akademikern nur ein Hochschulabschluss verlangt werde, als wesentlicher, grundrechtsrelevanter Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu werten sei, der durch Parlamentsgesetz geregelt werden müsste. Die Anforderung der streitigen Mindestpunktzahl sei jedoch vorliegend nicht einmal in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Weiter sei das Kriterium einer Mindestnote von 13 Punkten als subjektive Berufswahlbeschränkung oder jedenfalls Berufsausübungsbeschränkung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Vernünftige Gemeinwohlerwägungen dafür, den Zugang von Volljuristen des gehobenen Dienstes ohne Mindestnote zu Referentenstellen des höheren Dienstes zu verhindern, nichtjuristischen Akademikern jedoch Zugang auch ohne Mindestnote zu ermöglichen, seien schlicht nicht ersichtlich. Andere Ressorts der Bundesverwaltung, etwa das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, würden eine solche Mindestpunktzahl auch nicht fordern.
10
Die Klägerin beantragt zuletzt,
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 24. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2020 verpflichtet, die Klägerin zur Teilnahme am Auswahlverfahren hinsichtlich der unter der Kennziffer BAMF* … vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausgeschriebenen Stellen für Volljuristinnen und Volljuristen zuzulassen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, und wiederholt zur Klageerwiderung ihre Ausführungen aus dem streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2020. Ergänzend führt sie aus, dass § 21 Abs. 2 BLV einer Einengung des Bewerberkreises mittels Notenvorgabe nicht entgegenstehe. Dort seien lediglich die Voraussetzungen für die Laufbahnbefähigung festgelegt. Einengende Anforderungskriterien wie vorliegend das Erfordernis einer Mindestnote stünden jedoch im organisatorischen Ermessen des Dienstherrn. Die von der Klägerin angeführte schwerbehinderte Volljuristin sei zum Assessment Center eingeladen worden, da bei schwerbehinderten oder gleichgestellten Bewerbern nach Auffassung der obersten Dienstbehörde nicht von einer „offensichtlichen Ungeeignetheit“ ausgegangen werden könne, wie … (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) mit E-Mail vom 29. September 2020 ausführt. Da die Klägerin nicht schwerbehindert sei, könne sie sich nicht auf eine Ungleichbehandlung gegenüber schwerbehinderten Bewerbern nach Art. 3 Abs. 1 GG berufen. Der klägerische Vortrag zu § 24 BLV gehe am Streitgegenstand vorbei, zumal § 24 BLV auf Volljuristen bereits nicht anwendbar sei. Auch der Verweis auf Ausschreibungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur sei unbehelflich.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Gerichtsakte zum Verfahren AN 16 E 19.01648, die Gerichtsakte AN 16 K 20.01503 und die Behördenakten Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

13
1. Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten im Rahmen der Stellenausschreibung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge unter der Kennziffer BAMF* … hat. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 24. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14
a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Das in Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 Satz 1 BBG statuierte Leistungsprinzip, welches für sämtliche Ernennungen gilt, dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes und vermittelt zum anderen Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Art. 33 Abs. 2 GG begründet einen Anspruch des Bewerbers, dass über seine Bewerbung in fehlerfreier Weise entschieden und sie nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (vgl. BVerwGE 124, 99 - NVwZ 2006, 212). Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung, Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - NJW 2008, 194). Die Prognoseentscheidung über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung erfolgt in der Auslegung und Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, bei denen dem Dienstherrn ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht. Das Gericht kann nur überprüfen, ob der Dienstherr die Begriffe Eignung, Befähigung und fachliche Leistung verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, ob er das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat, ob er allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (BVerwG, U.v. 13.5.1965 - II C 146/62 - juris Rn.40; BVerfG, B.v. 20.9. 2016 - 2 BvR 2453/15 - juris Rn. 18).
15
b) Nach diesen Maßgaben erweist sich die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin durch die Beklagte als rechtsfehlerfrei und verletzt die Klägerin nicht in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG. Denn die Klägerin erfüllt das von der Beklagten geforderte, rechtlich nicht zu beanstandende Mindestnotenkriterium von 13 Punkten in der Summe beider Staatsexamina deutlich nicht. Sie erzielte in der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung in der Summe lediglich eine Punktzahl von 8,9. aa) Die Beklagte durfte die Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes rechtsfehlerfrei an die notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung knüpfen, dass Bewerber in der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung ein bestimmtes Mindestnotenniveau erreicht haben. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass in einer Stellenausschreibung eine bestimmte Mindestnote oder andere besondere Qualifikationen in zulässiger Weise gefordert werden können, um schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung anhand bestimmter Kriterien als ungeeignet angesehene Bewerber aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber auszuschließen (BVerwG, B.v. 14.11.1986 - 2 B 123.86 - juris Rn. 5; U.v. 3.3.2011 - 5 C 16.10 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 7.5.2019 - 3 ZB 17.557 - juris Rn. 6; OVG NRW - B.v. 12.11.2019 - 1 A 1112/17 - juris Rn. 8; B.v. 16.7.2020 - 1 A 438/18 - juris Rn. 19 ff., VG Ansbach, U.v. 17.1.2017 - AN 1 K 16.00995 - juris Rn. 35 ff.). Ein Spielraum des Dienstherrn zur Festlegung des Anforderungsprofils besteht jedoch nur insoweit, als das Prinzip der Bestenauslese für die zu besetzenden Stellen gewährleistet ist. Das Anforderungsprofil muss jedenfalls diskriminierungsfrei und der zu besetzenden Stelle angemessen sein. Bei einem rechtmäßigen Anforderungsprofil werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber an den aufgestellten Kriterien gemessen. Um dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gerecht zu werden, darf und soll die Beklagte zur Besetzung der Stellen ihres höheren Dienstes höhere Anforderungen stellen als lediglich die zum Bestehen der juristischen Staatsprüfungen geforderte Mindestnote. Die Vorgabe einer solchen Mindestnote ist gemessen am Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG zulässig, weil die Prüfungsnote als ausschließlich sachliches Kriterium geeignet ist, die fachliche Eignung zu beurteilen. Mit der Festlegung einer solchen Notenuntergrenze übt der Dienstherr den ihm zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignung der Bewerber in typisierender Weise aus. Dem liegt die nicht zu beanstandende Annahme zugrunde, dass eine oberhalb der festgesetzten Grenze liegende Benotung in der Regel auf eine bessere Qualifikation hindeutet als eine Benotung, die die Grenze nicht überschreitet, weil die in dieser Prüfung erzielte Gesamtnote für die im Rahmen der Bestenauslese erforderliche Beurteilung der fachlichen und persönlichen Eignung der Bewerber besonders aussagekräftig ist.
16
bb) Die Eingrenzung des Bewerberkreises durch ein Mindestnotenerfordernis als Eignungskriterium verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, da dieses Freiheitsrecht keine Ansprüche der Klägerin statuiert, die über diejenigen aus Art. 33 Abs. 2 GG hinausgehen (BVerfG, B.v. 28.2.2007 - 2 BvR 2494/06 - juris Rn. 14). Denn das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet das Maß an Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG), welches angesichts der von der jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft zulässigerweise begrenzten Zahl von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst möglich ist. Die freie Berufswahl wird mithin nach Maßgabe der staatlichen Organisationsgewalt eingeschränkt bzw. besteht nur in deren Rahmen (Scholz in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 91. EL April 2020, Art. 12 Rn. 212). Funktionell gilt das Gleiche für das Verhältnis von freier Berufsausübung und öffentlicher Diensttätigkeit. Deshalb ist allein das Gleichheitsrecht des Art. 33 Abs. 2 GG und nicht das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG maßgebend; eine Ausnahme bildet lediglich - hier nicht betroffenes - ausschließlich im öffentlichen Dienst angesiedeltes Ausbildungsrecht. Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Bewerbung der Klägerin ist mithin maßgeblich am Prinzip der Bestenauslese zu bewerten (Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 44. Auflage, Stand: 15.8.2020 - Art. 12 GG Rn. 43; OVG Münster, B.v. 16.7.2020 - 1 A 438/18 - juris Rn. 8).
17
cc) Die Regelung einer Mindestnote als Eignungskriterium für die Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst der Beklagten unterliegt auch nicht dem Parlamentsvorbehalt. Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip verpflichten den Gesetzgeber dazu, für die Grundrechtsverwirklichung maßgebende Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen, wobei wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte Regelungen sind, die insoweit erhebliche Bedeutung haben und sie besonders intensiv treffen. Über die Festlegung einer Mindestnote wird der Grundsatz der Bestenauslese aus Art. 33 Abs. 2 GG allerdings bereits nicht eingeschränkt, sondern lediglich im Sinne einer Grenzziehung konkretisiert. Die Note stellt ein ausschließlich sachliches Kriterium zur Beurteilung der fachlichen Eignung eines Bewerbers dar, welches die Beklagte rechtsfehlerfrei in der Stellenausschreibung zum hier streitigen Einstellungsverfahren aufstellen durfte (ebenso OVG NRW, B.v. 16.7.2020 - 1 A 438/18 - juris Rn. 13 ff.).
18
dd) Der Dienstherr darf das hier streitige Mindestnotenkriterium schließlich auch vor dem Hintergrund der Berufserfahrung der Klägerin als Beamtin im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes fordern, ohne dabei den ihm zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignung der Bewerber zu überschreiten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sucht mit der streitgegenständlichen Stellenausschreibung Volljuristinnen und Volljuristen für eine Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst. Die Ausschreibung richtet sich zuvorderst an Bewerber, die eine Einstellung in den Bundesdienst anstreben. Angeboten wird nämlich eine unbefristete Einstellung im Beschäftigtenverhältnis (Entgeltgruppe 13 TV EntgO Bund) bzw. bei Erfüllung der beamtenrechtlichen Voraussetzungen eine Verbeamtung (BesGrp A 13 BBesO). Verbeamtete oder als Tarifbeschäftigte in einem Dauerarbeitsverhältnis angestellte Bewerber in der Funktionsebene des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes werden auf die Möglichkeit einer Abordnung mit dem Ziel der Versetzung verwiesen. Ausweislich des klaren Wortlauts der Ausschreibung müssen sie als Versetzungsbewerber die geforderte Mindestnote von 13 Punkten in der Summe beider juristischer Staatsexamina ebenso nachweisen wie neu einzustellende Bewerber. Die Ausschreibung setzt weiter keinerlei Berufserfahrung voraus, sondern richtet sich an Berufsanfänger. Dies wird aus dem Anforderungsprofil deutlich, welches neben dem hier streitigen Mindestnotenerfordernis den Hinweis enthält, dass eine Bewerbung bereits unter Vorlage der schriftlichen Ergebnisse des zweiten Staatsexamens zulässig sei, sofern davon auszugehen sei, dass die Notenvorgabe erfüllt werde. Das Einstellungskonzept der Beklagten, alle Bewerber einzubeziehen und dabei einheitlich auf die in den beiden juristischen Staatsexamina erzielten Ergebnisse abzustellen, erweist sich deshalb als sachgerecht. Denn insbesondere beim Fehlen vorheriger praktisch erbrachter fachlicher Leistungen bietet diese Note eine diskriminierungsfreie fachliche Eignungsvoraussetzung. Der gewählte Vergleichsmaßstab bleibt auch aussagekräftig, wenn manch Bewerber berufliche Erfahrungen vorweist (ebenso OVG Koblenz, B.v. 11.7.2000 - 2 B 11038/00.OVG - juris Rn. 4). Weiter durfte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dabei bestimmen, dass eine Gesamtnote, die die Mindestpunktzahl von 13 Punkten in beiden juristischen Staatsexamina unterschreitet, bei der zulässigen typisierenden Betrachtung längerfristig eine belastbare Aussage über die mangelnde fachliche und persönliche Eignung trifft. Im hier zu entscheidenden Fall zwingt die mehrjährige Berufserfahrung der Klägerin das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zudem bereits deshalb zu keiner anderen Bewertung, weil die Klägerin diese nach Abschluss der Zweiten Juristischen Staatsprüfung nicht im höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes, sondern im gehobenen Dienst gesammelt hat. Die nachträglich erworbenen beruflichen Fähigkeiten der Klägerin sind damit schon nicht gleichwertig. Vielmehr lassen die in einer niedrigeren Laufbahngruppe gezeigten Leistungen der Klägerin nur bedingt Schlüsse auf ihre Eignung für ein Amt einer höheren Laufbahngruppe zu. Zudem konnte die Klägerin dort ersichtlich eindeutig keine eignungsrelevanten fachlichen und persönlichen Komponenten in derselben Qualität erwerben, wie sie regelmäßig durch das Erreichen einer Mindestnote in der für den höheren Dienst befähigenden Zweiten Juristischen Staatsprüfung belegt werden (zu Berufserfahrung im höheren Dienst: OVG NRW, B.v. 12.11.2019 - 1 A 1112/17 - juris Rn. 23). Anhaltspunkte dafür, dass sich einzig die Möglichkeit eines Ausgleichs nicht hinreichender Examensnoten durch später erworbene vergleichbare berufliche Fähigkeiten als beurteilungsfehlerfrei erweist, hat die Klägerin somit weder vorgebracht noch sind sie sonst ersichtlich. Der Dienstherr durfte bei seiner Vorauswahl maßgeblich auf die in den Jahren 2005 und 2008 erzielten Ergebnisse der Klägerin in den beiden juristischen Staatsexamina abstellen. Eine Schlechterstellung der Klägerin als interne Bewerberin gegenüber externen Bewerbern geht damit nicht einher. Die Beklagte misst vielmehr sämtliche Bewerber (mit Ausnahme eines schwerbehinderten Bewerbers, auf den noch einzugehen ist) am hier streitigen Mindestnotenkriterium. Soweit die Klägerin eine Zulassung zum Auswahlverfahren begehrt, obwohl sie keine 13 Punkte in der Summe ihrer Staatsexamina nachweisen kann, beansprucht sie für sich eine Ausnahme von den allgemeinen Einstellungskriterien und erstrebt eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu ihren Gunsten.
19
ee) Die Klägerin hat auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine Diskriminierung vorgebracht. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten verletzt die Klägerin nicht in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
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(1) Ausweislich einer anonymisierten Aufstellung bewarben sich neben der Klägerin 39 weitere Personen auf die unter der Kennziffer BAMF* … ausgeschriebenen Stellen, von denen im Rahmen einer formalen Vorauswahl mit Ausnahme eines schwerbehinderten Bewerbers lediglich denjenigen eine formale Eignung zugesprochen worden ist, die in der Summe ihrer beiden Staatsexamina mindestens 13 Punkte erreicht haben. Die Beklagte hat die Eignung der Bewerber damit an ihrem aufgestellten Mindestnotenkriterium gemessen. Ausnahme bildet ein schwerbehinderter Bewerber, den die Beklagte zum Auswahlverfahren zuließ, obwohl er lediglich 9,91 Punkte in seinen Staatsexamina erzielt hat. Dieser Umstand begründet jedoch keinen Anspruch der Klägerin auf Zulassung zum Auswahlverfahren. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt der Klägerin zwar einen Anspruch darauf, dass über ihre Bewerbung fehlerfrei entschieden wird und diese nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Sie kann damit sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung von Konkurrenten rügen. Indem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wohl aufgrund einer ministeriellen Weisung (E-Mail des …, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, v. 29.9.2020) einen schwerbehinderten Bewerber zum juristischen Auswahlverfahren zugelassen hat, ohne diesen im Ansatz am Mindestnotenkriterium zu beurteilen, dürfte eine unzulässige Bevorzugung eines Konkurrenten naheliegen. Denn § 165 Satz 4 SGB IX entbindet öffentliche Arbeitgeber nicht von jedweder Eignungsprüfung, sondern regelt lediglich, dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bei offensichtlichem Fehlen der fachlichen Eignung entbehrlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Bewerber bei Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG jedoch nur dann eine neue Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl bei rechtsfehlerfreiem Verlauf ernsthaft möglich erscheint (vgl. etwa BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - juris Rn. 32; BVerfG, B.v. 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 - juris Rn. 19). Demgemäß führt die dargestellte sachgrundlose Bevorzugung eines schwerbehinderten Bewerbers nicht zum Erfolg der Klage. Denn auch bei fehlerfreier Wiederholung der Vorauswahl durch die Beklagte scheitert die Bewerbung der Klägerin am zulässigen Mindestnotenkriterium. Fehlerfrei müsste die Beklagte nämlich sämtliche, auch schwerbehinderte Bewerber hieran messen.
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(2) Dass die Beklagte die Zulassung zum Auswahlverfahren vorliegend an den Nachweis des Erreichens von mindestens 13 Punkten in der Summe beider juristischer Staatsexamina knüpft, stellt sich auch im Übrigen nicht als willkürlich dar.
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Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet das Begehren der Klägerin auf Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten hinsichtlich unter der Kennziffer BAMF* … ausgeschriebenen Stellen für Volljuristinnen und Volljuristen. Eine ungerechtfertigte Bevorzugung nichtjuristischer Akademiker mit Masterabschlüssen gegenüber Volljuristen, die die geforderte Mindestnote nicht nachweisen können, ist im streitgegenständlichen Auswahlverfahren bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin dort lediglich mit anderen Volljuristinnen und Volljuristen konkurriert. Der klägerische Verweis auf andere Stellenausschreibungen erweist sich deshalb als unbehelflich. Auch der Einwand der Klägerin, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge würden zahlreiche Referentenstellen des höheren Dienstes mit nichtjuristischen Akademikern besetzt, die an keiner Mindestnote gemessen würden, führt zu keiner Sachwidrigkeit des hier streitigen Mindestnotenkriteriums für Volljuristinnen und Volljuristen. Denn die Beklagte ist aus Gründen der Gleichbehandlung keineswegs verpflichtet, sämtliche Bewerber mit Hochschulabschlüssen an denselben Einstellungskriterien zu messen. Dass eine differenzierte Betrachtung geboten ist, ergibt sich bereits daraus, dass Juristinnen und Juristen im Gegensatz zu nichtjuristischen Akademikern mit Abschluss der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung die Befähigung zum Richteramt (§ 5 Abs. 1 DRiG) und damit die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst (§ 21 Abs. 2 BLV) erwerben. Ihre Ausbildung unterscheidet sich grundlegend von anderen, nichtjuristischen Ausbildungen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass es bei der hier streitigen Einstellungskonkurrenz um statusrechtliche Ernennungen geht, mit welchen erst in einem weiteren - vorliegend nicht streitgegenständlichen - Schritt Dienstpostenübertragungen einhergehen. Damit geht auch der Einwand der Klägerin, dass beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Volljuristen besetzte Referentenstellen teilweise mit nichtjuristischen Akademikern nachbesetzt würden, fehl. Schließlich begründet auch die Kritik der Klägerin bezüglich fehlender Möglichkeiten beruflichen Fortkommens von Volljuristinnen und Volljuristen im gehobenen Dienst der Beklagten keine Sachwidrigkeit des Mindestnotenkriteriums im vorliegenden Einstellungsverfahren. Denn der Dienstherr ist nicht verpflichtet, der Klägerin einen Ausgleich ihrer nach dem Anforderungsprofil nicht hinreichenden Examensnote durch berufliche Erfahrung einzuräumen (vgl. 1. b) dd). Im Übrigen ist anzumerken, dass die Klägerin als Volljuristin die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst besitzt und damit weder einer Zulassung zum höheren Dienst gemäß § 24 BLV noch eines Aufstiegsverfahrens gemäß § 22 Abs. 5 BBG, §§ 35 ff. BLV bedarf.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens trifft die Kammer nicht, weil sie davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft der Entscheidung nicht vollstreckt.